Urteil vom Landgericht Essen - 6 O 12/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger nahmen zur Finanzierung eines Eigenheimes in F 2005 und 2006 insgesamt drei Darlehen bei der Beklagten in Anspruch. Zwei Darlehensverträge schlossen die Parteien am 05.08.2005 ab, und zwar zum einen den Vertrag Nr. … über 220.000 € (1,5 % Tilgung pro Jahr, 4,3 % Zinsen pro Jahr, monatliche Rate 1.063,33 €), zum anderen den Vertrag Nr. … über 160.000 € (1,5 % Tilgung pro Jahr, 3,8 % Zinsen pro Jahr, monatliche Rate 706,67 €). Einen dritten Darlehensvertrag Nr. … über 30.000 € schlossen die Parteien am 20.04.2006, hierbei handelte es sich um ein Darlehen der L (2 % Zinsen pro Jahr, quartalsweise Rate 475,45 €). Die Darlehensverträge enthielten jeweils Widerrufsbelehrungen. In diesen hieß es übereinstimmend unter anderem: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen… widerrufen“, wobei hinter „Wochen“ eine Fußnote gesetzt war, in der es wie folgt hieß: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Weiter lautet die Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Darlehensverträge wird auf Anlage K3 (Bl. 26 - 28 d. A.) verwiesen.
3Im Jahre 2012 baten die Kläger um Ablösung der Darlehensverträge zum 01.09.2012. Die Beklagte erklärte sich hierzu bereit, errechnete für die drei Darlehensverträge jeweils Vorfälligkeitsentschädigungen und unterbreitete entsprechende Angebote mit mehreren Schreiben vom 06.07.2012. Hinsichtlich des genauen Inhalts und der Berechnungen wird auf die Anlagen K5 (Bl. 30 - 55 d. A.) Bezug genommen. Dieses Angebot zum Abschluss eines Auflösungsvertrags nahmen die Kläger mit Schreiben vom 01.08.2012 an. Die Kläger zahlten die vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe der ursprünglichen Klageforderung (= 26.194,04 €).
4Nach Beratung durch die Verbraucherzentrale I erklärten die Kläger den Widerruf der drei Darlehensverträge mit Schreiben vom 27.08.2013 und forderten die Beklagte zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe der Klageforderung bis zum 15.09.2013 auf. Die Beklagte widersprach dem Widerruf, zahlte aber nach weiterem Schriftverkehr die – wegen eines jederzeitigen Kündigungsrechts der Kläger hinsichtlich des L-Darlehens unstreitig zu Unrecht – begehrte Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen in Höhe von 214,94 € zurück.
5Darüber hinaus erklärten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 die Anfechtung ihrer Annahme der Ablösungsverträge wegen Täuschung über Grund und Höhe der Vorfälligkeitsentschädigungen.
6Die Kläger meinen, sowohl ihr Widerruf der Darlehensverträge als auch ihre Anfechtung der Ablösungsverträge seien wirksam.
7Die Widerrufsbelehrungen seien unwirksam, sie hätten den Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. nicht genügt. Der Hinweis, die Widerrufsfrist begänne „frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung“ sei nicht hinreichend und daher unrichtig. Verwirrend sei außerdem der Fußnotenhinweis „2“ hinter „innerhalb von zwei Wochen“ mit dem Inhalt „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Aus diesem Grund hätten sie – die Kläger – auch zum Zeitpunkt des Widerrufs am 27.08.2013 ein Widerrufsrecht noch wirksam ausüben können, zumal es die Beklagte pflichtwidrig unterlassen habe, sie – die Kläger – später über ihr noch vorhandenes Widerrufsrecht aufzuklären.
8Die Beklagte habe ferner bei Abschluss der Ablösungsverträge über mehrere Punkte arglistig getäuscht. Erstens sei ein Widerruf der Verträge möglich gewesen. Zweitens sei der Beklagten kein Schaden in behaupteter Höhe durch die Ablösung der Verträge entstanden. Sie habe über die Höhe der Verwaltungskosten, die Werte für das entfallene Risiko und die Höhe der Zinssätze vorsätzlich getäuscht und habe keine Bearbeitungsentgelte in Höhe von 300,- € und abstrakt berechnete Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen verlangen können. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die Klageschrift (Bl. 12 f. d. A.) verwiesen. Außerdem habe es der Zustimmung der L1-Bank zur Ablösung nicht bedurft; jenes Darlehen habe im Gegenteil – unstreitig – jederzeit ohne Kosten abgelöst werden dürfen.
9Die Vorfälligkeitsentschädigung sei insgesamt deutlich zu hoch berechnet; hinsichtlich der verwendeten Berechnungsmethoden und -grundlagen bedürfe es ohnehin einer Korrektur der allzu bankenfreundlichen Rechtsprechung des BGH. Diese sei für die Zukunft zu erwarten und sei im Rechtsstreit BGH XI ZR 512/11 nur deswegen nicht erfolgt, weil die beklagte Bank die Forderung der Kläger anerkannt habe, um ein begründetes Urteil zu vermeiden. Der Senat habe in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass die Banken bei Berechnung ihrer Vorfälligkeitsentschädigung jedenfalls auf den gesetzlichen Verzugsschaden gemäß § 503 Abs. 2 BGB – 2,5 % pro Jahr – beschränkt seien.
10Die Kläger meinen ferner, die Beklagte habe einen zu geringen eigenen Zinserlös angesetzt; hier sei anhand des Jahresberichts 2012 der Beklagten von einem Zinssatz von 6 % auszugehen; ihre Wiederanlagezinssätze seien darüber hinaus falsch berechnet. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnungsweisen wird auf die Klageschrift (Bl. 11 f. d. A.) verwiesen. Auch habe die Beklagte die Darlehen nicht laufzeitkongruent refinanziert. Sie habe ferner fälschlich einen Erhalt der Vorfälligkeitsentschädigung bereits am 01.09.2012 angenommen.
11Hinsichtlich des L-Darlehens habe die Beklagte keinen eigenen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, da die gezahlten Gelder nicht der Beklagten zugestanden hätten, sie also keinen Schaden erlitten habe. Die Beklagte wisse dies, weise aber – so die Behauptung der Kläger – ihre Mitarbeiter dennoch an, systematisch auch für diese Darlehen Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.
12Die Kläger sind schließlich der Ansicht, sie seien auf Nachfrage beim Abschluss der Darlehensverträge pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen könne.
13Die Kläger beantragen nach Rücknahme der Klage in Höhe von 214,94 € betreffend die Vorfälligkeitsentschädigung aus dem L-Darlehen nunmehr,
141. die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.976,10 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2013 zu zahlen,
152. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.872,35 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie ist der Auffassung, dass die Kläger die Darlehensverträge nicht hätten wirksam widerrufen können, da die Verträge bereits durch Aufhebungsverträge, die erfüllt worden seien, vollständig beendet worden seien. Der Zweck des Widerrufs lasse sich seitdem nicht mehr erreichen. Außerdem sei das Widerrufsrecht nach 8 bzw. 7 ½ Jahren nach Abschluss der Darlehensverträge verwirkt.
19Die Aufhebungsverträge seien wirksam, und zwar auch hinsichtlich der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung, da diese zwischen den Parteien vereinbart und die abschließenden Beträge daher von den Klägern akzeptiert worden seien. Die Beklagte meint, auf die Frage, ob die Berechnung durch sie – die Beklagte – richtig und entsprechend der Rechtsprechung des BGH erfolgt sei, komme es daher nicht an. Dies finde seinen Grund darin, dass die Kläger kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Darlehensverträge gehabt hätten, sie – die Beklagte – einer Aufhebung also nicht habe zustimmen müssen. Ohnehin seien die Berechnungen korrekt abstrakt nach Maßgabe des Urteils des BGH zum Aktenzeichen XI ZR 27/00 – Aktiv-Passiv-Methode – erfolgt. Im Hinblick auf die Details der Berechnungsweise wird auf die Klageerwiderung (Bl. 88 ff. d. A.) verwiesen.
20Die Kläger hätten die Aufhebungsverträge nicht wirksam angefochten. Es fehle an einer arglistigen Täuschung. Sie – die Beklagte – habe insbesondere nicht über ein etwaig noch bestehendes Widerrufsrecht der Kläger, von dem sie ohnehin keine Kenntnis gehabt habe bzw. hätte haben müssen, aufklären müssen. Die Beklagte behauptet, über die Bearbeitungsentgelte in Höhe von 300,- € hätten sich die Parteien geeinigt. Hinsichtlich der Forderung nach einer Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen liege ein Versehen vor, weil sie – die Beklagte – übersehen habe, dass das Darlehen jederzeit ohne Kosten auflösbar gewesen sei – deswegen habe sie den Betrag schließlich zurückgezahlt.
21Die Beklagte vertritt zudem die Ansicht, die Anfechtung der Kläger beziehe sich lediglich auf die Aufhebungsverträge, so dass die Darlehensverträge nach wie vor wirksam seien und die Kläger ohnehin Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen hätten – selbst wenn die Anfechtung „Erfolg“ hätte.
22Wegen des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
23Entscheidungsgründe
24Die zulässige Klage ist nicht begründet.
251)
26Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung als von der Beklagten empfangene Leistung gemäß §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB. Der von den Klägern erklärte Widerruf der Darlehensverträge war nicht wirksam. Im Einzelnen:
27a) Die Parteien schlossen insgesamt drei Darlehensverträge, wobei der Vertrag über die Gewährung eines Darlehens durch die L und die für die Aufhebung dieses Vertrags gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung nicht mehr streitgegenständlich ist, nachdem die Kläger ihre Klage in Höhe eines Betrages von 214,94 € zurückgenommen haben (§ 269 ZPO).
28b) Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 27.08.2013 den Widerruf der Darlehensverträge. Der Wortlaut des Schreibens ist insofern klar und eindeutig, auch wenn die Kläger im Anschluss lediglich die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung forderten. Die Kläger machten jedoch darüber hinaus deutlich – vgl. §§ 133, 157 BGB –, dass ihnen aus der vollständigen Aufhebung der Verträge aufgrund ihres Widerrufs noch weitergehende Ansprüche auf Zahlung der von ihnen geleisteten Zinsen usw. zustünden.
29Es handelte sich jeweils um Verbraucherdarlehensverträge im Sinne der §§ 491ff. BGB, so dass den Klägern als Darlehensnehmern grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB – hier in der Fassung vom 02.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010 – zustand (§ 495 Abs. 1 BGB). Die Darlehensverträge enthalten dementsprechend jeweils eine Widerrufsbelehrung.
30Auch ist die Rechtsauffassung der Kläger zutreffend, dass die Widerrufsbelehrungen missverständlich waren und daher die Frist von 14 Tagen gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. nicht in Gang setzen konnten. Die Belehrungen entsprachen nicht den Erfordernissen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. So ist die Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ unvollständig, weil nicht ausgeführt wird, wann sie spätestens beginnt bzw. welche anderen Anknüpfungspunkte es für den Beginn der Frist geben kann (vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2013, III ZR 145/12, zitiert nach juris, dort Rnr. 10; OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2012, 31 U 97/12). Auch die Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ hinter der Frist „von zwei Wochen“ ist aus sich heraus nicht verständlich und bürdet dem Verbraucher eine Prüfungspflicht auf, die er nicht zu tragen hat und außerdem schon mangels genauer weiterer Angaben zum Fristbeginn nicht erfüllen kann.
31c) Ein Widerruf war jedoch nicht mehr möglich, nachdem die Darlehensverträge durch Vertrag aufgehoben und abgewickelt wurden.
32Die Kläger schlossen mit der Beklagten durch Schreiben vom 06.07.2012 und 01.08.2012 Verträge zur Aufhebung der drei Darlehensverträge. Die Verträge wurden vollständig abgewickelt. Unter diesen Umständen ist der Widerruf der Darlehensverträge ausgeschlossen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2011, 20 U 81/11, zitiert nach juris, dort Rnr. 15f.).
33Indem die Kläger die Aufhebung der Darlehensverträge vereinbarten, machten sie von einer im Zuge der Privatautonomie bestehenden Möglichkeit Gebrauch, die Verträge gerade nicht durch einen Widerruf ex nunc in ein Abwicklungsschuldverhältnis umzuwandeln. Vielmehr erkannten die Kläger dadurch eigenverantwortlich ihre Bindung für die Vergangenheit an. Anders als im Falle einer Kündigung oder Anfechtung, die auf gleiche bzw. ähnliche Rechtsfolgen wie ein Widerruf gerichtet wären (dazu BGH, Urteil vom 16.10.2013, IV ZR 52/12, zitiert nach juris, dort Rnr. 24 mit weiteren, auch abweichenden Nachweisen) – nämlich bei Anfechtung die rückwirkende Wirkung (ex tunc) – ist eine Widerrufsmöglichkeit nach Aufhebung der Darlehensverträge durch vertragliche Vereinbarung auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht geboten. Das Widerrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist. Als die Kläger den Widerruf erklärten, erfolgte dies nicht nur acht Jahre nach Abschluss der Darlehensverträge, sondern auch deutlich nach Abschluss der Aufhebungsverträge. Die Kläger handelten nicht, um sich von übereilt abgeschlossenen Darlehensverträgen zu lösen, sondern um jedenfalls die Vorfälligkeitsentschädigung zurück zu erhalten. Sie befanden sich zudem schon bei Vertragsschluss nicht in völliger Unkenntnis eines Widerrufsrechts. Vielmehr ist eine Belehrung erfolgt. Diese war zwar missverständlich, jedoch nur im Hinblick auf die Widerrufsfrist, nicht auf das Bestehen eines Widerrufsrechts als solches.
342)
35Die Kläger haben ferner keinen Anspruch auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.
36Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung war eine Leistung der Kläger an die Beklagte zur Erfüllung der Aufhebungsverträge. Für diese Leistung besteht nach wie vor ein Rechtsgrund in Form der wirksamen Aufhebungsverträge. Diese sind nicht durch Anfechtung der Kläger rückwirkend nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).
37Ein Anfechtungsgrund für die mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 fristgerecht im Sinne der § 143 Abs. 1, § 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB erklärte Anfechtung der Kläger bestand nicht.
38Die Beklagte täuschte die Kläger bei Abschluss der Aufhebungsverträge nicht arglistig (§ 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB); dies ergibt sich weder aus dem Parteivorbringen noch aus den sonstigen Umständen des Sachverhalts.
39Arglistig täuscht, wer zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums täuscht, wobei der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten muss (Palandt-Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 123 Rnr. 2, 11). Der Täuschende muss also nicht absichtlich, wohl aber mindestens vorsätzlich handeln. Dabei stellt nicht jede unrichtige Angabe eine Täuschung dar.
40a) Die Mitarbeiter der Beklagten mussten die Kläger bei Abschluss der Darlehensverträge nicht über die Möglichkeit, dass ggf. eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden könne, aufklären. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist weder Hauptpflicht des Darlehensvertrags noch sonst zwingende Folge des Abschlusses eines Darlehensvertrags. Im Gegenteil entstand der Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung erst mit Abschluss der Aufhebungsverträge.
41b) Die Vorfälligkeitsentschädigung ist zudem weder nicht grundlegend falsch berechnet noch zu hoch, sondern orientiert sich vielmehr durchgängig an den Grundsätzen der Entscheidung des BGH vom 07.11.2000 zum Az. XI ZR 27/00. Die Beklagte übervorteilt die Kläger nicht rechtswidrig, indem sie sich an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert, auch wenn mittlerweile andere, für die Darlehensnehmer günstigere Rechtsauffassungen wie jene der Kläger existieren mögen.
42Insbesondere ist der von den Klägern herangezogene, dem Anerkenntnisurteil des BGH vom 17.01.2013 zum Az. XI ZR 512/11 zugrunde liegende Rechtsstreit mit dem streitgegenständlichen nicht vergleichbar, so dass sich aus dessen Umständen keine andere, für die Kläger vorteilhaftere Rechtsanwendung ergibt. Jenem Fall der Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung lag nämlich kein Aufhebungsvertrag zugrunde, sondern die Kündigung eines Darlehens durch die Bank wegen Nichtzahlung von Raten. Neben der Forderung der Vorfälligkeitsentschädigung hatte die Bank auch die Zwangsvollstreckung in das Grundstück (erfolgreich) betrieben und gleichzeitig Verzugszinsen geltend gemacht. Diese doppelte Anspruchshaltung der Bank lehnte der BGH ab. Im vorliegenden Fall forderte die Beklagte jedoch „lediglich“ eine Vorfälligkeitsentschädigung und keine weiteren Verzugszinsen; darüber hinaus liegt diesem Anspruch keine Kündigung der Bank, sondern jeweils – wie bereits ausgeführt – ein Aufhebungsvertrag zugrunde.
43c) Die konkrete, von der Beklagten vorgenommene Anwendung der Aktiv-Passiv-Methode bei Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung begegnet keinen Bedenken. Sie orientiert sich an der aktuellen Rechtsprechung des BGH (vgl. oben
44b)). Hinsichtlich der Details der Berechnungsweise wird auf die Darstellung in der Klageerwiderung (Bl. 88-91 d. A.) verwiesen.
45Im Einzelnen:
46Insbesondere folgt aus der zitierten Rechtsprechung des BGH, dass eine abstrakte Berechnung des der Bank entstandenen Schadens möglich und rechtmäßig ist. Die Beklagte war folglich nicht verpflichtet, den von ihr bei Darlehensgewährungen zugrunde gelegten durchschnittlichen Zinssatz oder aber besonders hohe, von ihr erhaltene Zinssätze wie beispielsweise bei Überziehungskrediten für die Berechnung zu verwenden.
47Darüber hinaus musste die Beklagte keine weitere Berechnung zum tatsächlichen Aufhebungsdatum vornehmen, das geringfügig nach dem im Angebot der Kläger benannten Tag lag. Die Beklagte berechnete nämlich für die verzögerte Ablösung nach dem 01.09.2012 Tageszinsen.
48Ferner erscheinen die durch die Beklagte angesetzten Verwaltungskosten von lediglich 1,25 €/Monat für EDV realistisch und damit im Sinne des § 287 ZPO schätzbar. Werden Darlehen – wie hier – regelmäßig bedient, beschränken sich die Verwaltungskosten der Bank in der Regel auf die monatlichen Kosten für die Anschaffung, den Unterhalt und die Wartung und Kontrolle von Computerprogrammen, die die monatlichen Zahlungseingänge zuordnen, verbuchen und kontrollieren. Dagegen ist der von den Klägern „ins Blaue hinein“ behauptete Betrag von 45 € monatlichen Verwaltungskosten weder durch Sachvortrag untermauert noch sonst für die Kammer nachvollziehbar. Gleiches gilt hinsichtlich des Vortrags zu den Risikokosten. Ebenso ist nicht deutlich, aus welchem Grunde die Beklagte zwangsläufig einen EURIBOR-Zinssatz für die Laufzeit von 3 Monaten hätte zugrunde legen sollen, zumal dies nicht der Laufzeit der Darlehen entsprach.
49Das Bearbeitungsentgelt wurde zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart, und zwar bereits zu Beginn der Verhandlungen über den Abschluss von Aufhebungsverträgen. Es wurde individualvertraglich und damit wirksam vereinbart. Zudem betrifft es nicht einen Teil der Vorfälligkeitsentschädigung, sondern einen anderen Schadensposten der Beklagten, nämlich im Wesentlichen die Kosten für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sowie für die Verhandlungen und für den Schriftverkehr mit den Klägern. Das Entgelt war schließlich auch nicht unangemessen hoch (§ 287 ZPO).
50Unklar bleibt darüber hinaus bereits nach dem Vortrag der Kläger, inwiefern die Beklagte über die Berechnungsgrundlagen bewusst getäuscht haben sollte. Die Berechnungen wurden vollständig offen gelegt und konnten durch die Kläger vor Abschluss des Aufhebungsvertrages im Einzelnen überprüft werden, ggf. unter Zuhilfenahme rechtlichen Beistandes.
51d) Eine arglistige Täuschung der Beklagten lässt sich schließlich auch nicht aus der Forderung einer Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen herleiten. Diese erfolgte zwar unberechtigt. Die Beklagte hat hierzu jedoch ausgeführt, ihre Mitarbeiter seien irrtümlich von einem möglichen Anspruch auch im Hinblick auf jenes Darlehen ausgegangen. Dies bestreiten die Kläger zwar, treten für ihre Behauptung einer systematischen unberechtigten Forderung von Vorfälligkeitsentschädigungen durch die Beklagte jedoch keinen Beweis an. Die anschließende Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung für dieses Darlehen nach vorgerichtlichem Schriftverkehr bestätigt zudem den Vortrag der Beklagten.
52e) Darüber hinaus fehlt es am Vortrag der Kläger zum Vorsatz der Mitarbeiter der Beklagten hinsichtlich einer Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB.
533)
54Andere Zahlungsansprüche der Kläger sind nicht erkennbar. Insbesondere scheiden aufgrund der obigen Ausführungen zu Ziffer 2) Ansprüche wegen Verletzung einer Nebenpflicht zur korrekten Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung aus. Abgesehen davon, dass die Kläger der Vorfälligkeitsentschädigung in dieser Höhe mitsamt ihrer Berechnung durch Annahme des Aufhebungsvertrags zustimmten, erscheinen die Bedenken der Kläger gegen die Berechnung nicht durchgreifend.
554)
56Mangels Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung der beantragten Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§§ 280 Abs. 1 Satz 1, 286, 288 Abs. 1, 249 ff. BGB).
575)
58Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
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