Urteil vom Landgericht Hagen - 10 O 154/13
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.807,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2012 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 459,40 EUR für die außergerichtliche Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.03.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung der Kosten für eine Kurzzeitpflege sowie Dauerpflege in der Zeit vom 20.06.2012 bis zum 15.10.2012 geltend.
3Die Klägerin ist Trägerin mehrerer Pflegeeinrichtungen unter der Bezeichnung „Cordian Hausgemeinschaften“. Hierzu zählt auch die im Jahre 2011 eröffnete Pflegeeinrichtung „Cordian Hausgemeinschaften“ in der Unterdelle 21 in 44388 Dortmund-Bövinghausen.
4Der am 20.03.1940 geborene Beklagte ist pflegebedürftig. Durch Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 06.12.2010 war für ihn eine Betreuung eingerichtet worden und Frau T, M-Straße, 44225 Dortmund, zur Betreuerin bestellt worden. Der Aufgabenkreis der Betreuerin umfasste nach diesem Beschluss die Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten sowie die Vertretung bei Behörden und Ämtern. Wegen des weiteren Inhalts der Betreuungsurkunde vom 06.12.2010 wird auf Blatt 18 der Akte verwiesen.
5Nachdem sich der Beklagte im Juni 2012 zunächst im Elisabethkrankenhaus in Dortmund-Kurl aufgehalten hatte, wurde er dort am 20.06.2012 wegen Pflegebedürftigkeit entlassen. Die Betreuerin des Beklagten wollte den Beklagten in einem Pflegeheim zwecks Dauerpflege unterbringen, hatte allerdings erst ab dem 20.08.2012 einen entsprechenden Q-Platz in einem Pflegeheim in Schwerte gefunden. Sie vereinbarte daher mit der Klägerin, dass der Beklagte in der Zeit vom 20.06.2012 bis zum 02.08.2012 in deren Pflegeeinrichtung in Dortmund-Bövinghausen im Rahmen einer Kurzzeitpflege untergebracht werden sollte. Demgemäß wurde der Beklagte am 20.06.2012 in der Pflegeeinrichtung der Klägerin aufgenommen. In der Folgezeit schloss die Klägerin mit dem Beklagten persönlich unter dem Datum 17.06.2012 einen schriftlichen Heimvertrag. Gegenstand dieses Vertrages war die Überlassung eines Einzelzimmers sowie die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen (Dauerpflege) für die Zeit ab dem 17.07.2012. Wegen der weiteren Einzelheiten des schriftlichen Heimvertrags wird auf Blatt 20 ff. der Akte verwiesen.
6Mit Faxschreiben vom 17.07.2012 teilte die Klägerin der Betreuerin des Beklagten mit, dass sie mit dem Beklagten einen Heimvertrag geschlossen habe. Daraufhin übersandte die Betreuerin des Beklagten mit einem Anschreiben vom 18.07.2012 der Klägerin eine Abschrift der Bestellungsurkunde vom 06.12.2010. In Ihrem Anschreiben teile sie der Klägerin mit, dass der Beklagte geschäftsunfähig sei und selbst rechtswirksam keine Verträge abschließen könne. Sie bat die Klägerin, den Aufenthalt des Beklagten bis zum 01.08.2012 über die Verhinderungspflege abzurechnen. Das Schreiben der Betreuerin des Beklagten vom 18.07.2012 wurde vom Pflegedienstleiter Bardong mit E-mail vom 20.07.2012 beantwortet. Dieses Schreiben lautete wie folgt:
7„Vielen Dank für Antwortschreiben und die Übersendung Ihrer Bestellungsurkunde. Da diese Bestellungsurkunde uns bisher nicht vorlag, habe ich mit Herrn Q2 einen Heimvertrag abgeschlossen. Da Herr Q2 - wie es sich jetzt herausstellt – nicht geschäftsfähig ist, gehen wir davon aus, dass sie die Verträge nachträglich anerkennen und bestätigen. Sollten diese für sie nicht akzeptabel sein, hätte ich ein Problem und müsste das Amtsgericht Dortmund um Hilfe bitten. Ihnen ist es vielleicht entgangen, aber ihr Aufgabenkreis umfasst nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht über Herrn Q2.“
8Dieses Schreiben wiederum wurde von der Betreuerin des Beklagten mit E-mail vom 23.07.2012 beantwortet. In diesem Schreiben wies die Betreuerin darauf hin, dass der Beklagte nur für die „Überbrückung“ bis zum 02.08.2012 bei der Klägerin untergebracht werden und danach in ein anderes Pflegeheim verlegt werden solle. Ein vollstationärer Vertrag mit der Klägerin solle daher keinesfalls abgeschlossen oder genehmigt werden.
9Am 02.08.2012 wollte die Betreuerin des Beklagten diesen in der Pflegeeinrichtung der Klägerin abholen und in ein anderes Pflegeheim nach Schwerte bringen lassen. Da der Beklagte gegenüber Mitarbeitern der Klägerin äußerte, dass er sich in der Pflegeeinrichtung der Klägerin wohlfühle und dort bleiben möchte, verhinderten diese eine Verlegung des Beklagten. Danach beantragte die Betreuerin des Beklagten beim Amtsgericht Dortmund eine Erweiterung ihres Aufgabenkreises. Daraufhin beschloss das Amtsgericht Dortmund nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Axel Spenner aus Dortmund vom 30.08.2012 am 14.09.2012, dass die für den Beklagten geführte Betreuung aufrecht erhalten werde und der Aufgabenkreis der Betreuerin nunmehr Folgendes umfasse:
10Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Wohnungsangelegenheiten, Heimangelegenheiten und Entgegennahme und Öffnen der Q2 im Rahmen der Aufgabenkreise.
11Mit Schreiben vom 04.10.2012 teilte die Betreuerin der Klägerin mit, dass der Beklagte am 15.10.2012 nach Schwerte verlegt werden solle, da dort ein Q-Platz für ihn frei werde. Weiter heißt es in diesem Schreiben:
12„Bitte stellen Sie Heimkosten vom 14.09.2012 bis 14.10.2012 separat in Rechnung, diese sollen vereinbarungsgemäß beglichen werden.“
13Am 15.10.2012 verließ der Beklagte die Pflegeeinrichtung der Klägerin und wurde in ein Pflegeheim nach Schwerte gebracht.
14Bereits am 23.07.2012 hatte die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung über Unterkunft und Verpflegung in der Kurzzeitpflege in Höhe von 722,62 EUR (Eigenanteil des Beklagten) erteilt. Für die Dauerpflege in der Zeit vom 17.07.2012 bis zum 15.10.2012 stellte die Klägerin dem Beklagten Beträge in Höhe von insgesamt 5.085,18 EUR in Rechnung. Insoweit wird auf die Rechnungen vom 03.08.2012 (Blatt 38 der Akte), vom 04.09.2012 (Blatt 39 der Akte), vom 05.10.2012 (Blatt 40 der Akte) und vom 09.10.2012 (Blatt 41der Akte) sowie die Gutschrift vom 17.10.2012 (Blatt 42 der Akte) verwiesen.
15Da inzwischen der Klägerin und der Betreuerin des Beklagten Streit darüber bestand, ob ein wirksamer Vertrag über eine Dauerpflege des Beklagten zustande gekommen war und die Klägerin berechtigt war, die von der Betreuerin des Beklagten am 02.08.2012 geplante Verlegung des Beklagten in ein anderes Pflegeheim zu verhindern, weigerte sich die Betreuerin des Beklagten, die Rechnungen der Klägerin zu begleichen und beauftragte die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Mit einem an die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten gerichteten Schreiben vom 19.10.2012 wies die Klägerin die ihr gegenüber geltend gemachten Schadensersatzansprüche zurück. Zugleich verlangte sie die vollständige Bezahlung ihrer Rechnungen bis zum 31.10.2012. Nachdem die gesetzte Zahlungsfrist abgelaufen war, beauftragte die Klägerin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche. Diese forderten daraufhin mit einem an die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten gerichteten Schreiben vom 20.12.2012 den Beklagten auf, die noch offenen Heimkosten in Höhe von 5.807,80 EUR innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens zu begleichen. Dies wurde mit Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 21.01.2013 abgelehnt.
16Die Klägerin ist der Ansicht, mit dem Beklagten sei zunächst ein wirksamer Vertrag über die Erbringung von Kurzzeitpflege für den Zeitraum vom 16.06.2012 bis zum 16.07.2012 und sodann ein wirksamer Vertrag über Dauerpflege für die Zeit vom 17.07.2012 bis 15.10.2012 zustande gekommen. Der vom Beklagten selbst abgeschlossene schriftliche Heimvertrag habe von seiner Betreuerin nicht genehmigt werden müssen, da dieser im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages noch nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Beklagten übertragen worden sei und der Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 06.12.2010 für Willenserklärungen des Beklagten auch keinen Einwilligungsvorbehalt angeordnet habe. Der Beklagte habe zwar bei Abschluss des Heimvertrages kognitive Beeinträchtigungen aufgewiesen, sei zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht geschäftsunfähig gewesen. Falls der Beklagte allerdings tatsächlich geschäftsunfähig gewesen sei – so meint die Klägerin – stünden ihr Ansprüche auf Zahlung der offenen Heimkosten in Höhe von insgesamt 5.807,80 EUR jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alternative BGB zu. So habe der Beklagte die tadellosen Pflegeleistungen der Klägerin entgegen genommen und damit etwas im Sinne von § 812 BGB durch eine Leistung der Klägerin erlangt. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung sei auch nicht etwa gem. § 814 BGB ausgeschlossen. So sei eine etwaige Geschäftsunfähigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Heimvertrages für die Klägerin bzw. deren Mitarbeiter nicht erkennbar gewesen. Zudem habe die Klägerin die betreuungsrechtliche Situation nicht überblicken können. Der Betreuerin habe zunächst nicht das Recht zugestanden, den Aufenthalt des Beklagten zu bestimmen und diesen dauerhaft in einem Pflegeheim unterzubringen. Der Beklagte habe – so trägt die Klägerin unwidersprochen vor – sowohl gegenüber ihren Mitarbeitern als auch am 31.07.2012 gegenüber einem Herrn U der Heimaufsicht der Stadt Dortmund den deutlichen Willen geäußert, in ihrem Pflegeheim wohnen zu wollen, woraufhin Herr U erklärt habe, dass die Klägerin diesen Willen des Beklagten respektieren müsse. Schließlich meint die Klägerin, der Beklagte und seine Betreuerin verhielten sich mit der Zahlungsverweigerung auch widersprüchlich, da der Beklagte über Monate hinweg die Pflegeleistungen der Klägerin entgegengenommen habe und die Betreuerin auch mit Schreiben vom 23.07.2012 die Zahlung der Kosten für die Kurzzeitpflege und mit Schreiben vom 04.10.2012 die Zahlung der Heimkosten für die Zeit vom 14.09.2012 bis 14.10.2012 ausdrücklich zugesagt habe.
17Die Klägerin beantragt,
18den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.807,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 01.11.2012 zu zahlen;
19den Beklagten zu verurteilen, an sie 546,69 EUR für die außergerichtliche Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
20Der Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er behauptet unter Bezugnahme auf das psychiatrische Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Axel Spenner vom 30.08.2012 in dem Betreuungsverfahren, das er bereits bei Abschluss des schriftlichen Heimvertrages mit der Klägerin geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB gewesen sei. Demgemäß, so meint er, habe kein wirksamer Heimvertrag mit der Klägerin bestanden. Seine Betreuerin habe sich auch – wie unstreitig ist – geweigert, den von ihm geschlossenen Heimvertrag zu genehmigen und mit der Klägerin einen Vertrag über eine Dauerpflege abzuschließen. Hierzu wäre allein die Betreuerin des Beklagten befugt gewesen, auch wenn in dem Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 06.12.2010 noch kein Aufenthaltsbestimmungsrecht vorgesehen gewesen sei. Soweit die Betreuerin des Beklagten mit Schreiben vom 04.10.2012 die Zahlung von Heimkosten zugesagt habe, sei dies nur deshalb geschehen, weil die Klägerin auf Bezahlung bestehender Heimkosten gedrängt und mit einer Verweisung des Beklagten aus ihrer Pflegeeinrichtung gedroht habe. Nach allem ist der Beklagte der Ansicht, dass der Klägerin keine vertraglichen Ansprüche gegen ihn zustünden. Der Klägerin stünden auch keine Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 BGB zu. Vielmehr seien derartige Ansprüche gem. § 814 BGB ausgeschlossen. Hierzu behauptet der Beklagte, der Klägerin bzw. deren Mitarbeitern sei bekannt gewesen, dass er bei Abschluss des Heimvertrages geschäftsunfähig gewesen sei und demgemäß der Heimvertrag gem. § 105 BGB nichtig gewesen sei. Dies ergebe sich aus der E-mail des Pflegedienstleiters der Klägerin Bardong vom 20.07.2012.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage ist zulässig und – abgesehen von einem geringen Teil der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten – auch begründet.
26Soweit es um die Kosten für die Kurzzeitpflege des Betroffenen in der Zeit vom 20.06.2012 bis 16.07.2012 gemäß der Rechnung der Klägerin vom 23.07.2012 in Höhe von 722,62 EUR geht, steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein vertraglicher Zahlungsanspruch zu. Insoweit ist auf Grund des unstreitigen Sachverhalts davon auszugehen, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten, vertreten durch seine Betreuerin, ein mündlicher Vertrag über die Unterbringung des Beklagten in der Pflegeeinrichtung der Klägerin im Rahmen einer Kurzzeitpflege zustande gekommen ist. Die Betreuerin des Beklagten ist befugt gewesen, für diesen einen Vertrag über seine Unterbringung im Rahmen einer Kurzzeitpflege zu schließen, da ihr auch schon nach dem Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 06.12.2010 die Wahrnehmung der Vermögensangelegenheiten des Beklagten als Aufgabenbereich übertragen worden war. Gegen die Höhe der Rechnung der Klägerin vom 23.07.2012, die nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Geschäftsführers der Klägerin Dr. X in der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2013 nur den Eigenanteil des Beklagten an den entstandenen Kosten, die im Übrigen von der Pflegeversicherung sowie von der Stadt Dortmund in Form von Pflegewohngeld beglichen worden sind, betrifft, sind seitens des Beklagten keine Einwendungen erhoben worden.
27Weiterhin kann die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von insgesamt 5.085,18 EUR für die Unterbringung und Verpflegung des Beklagten im Rahmen der Dauerpflege in der Zeit vom 17.07.2012 bis 15.10.2012 verlangen.
28Insoweit kann dahinstehen, ob zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein wirksamer schriftlicher Heimvertrag zustande gekommen ist oder ob dieser Vertrag wegen Geschäftsunfähigkeit des Beklagten gem. § 105 BGB nichtig gewesen ist, wofür das psychiatrische Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Axel Spenner vom 30.08.2012 in dem Betreuungsverfahren spricht (vgl. Blatt 93 ff. der Akte). Denn im Falle der Nichtigkeit des schriftlichen Heimvertrages sind entsprechende Zahlungsansprüche gegen den Beklagten jedenfalls gem. §§ 812 Abs.1 S. 1 1. Alternative, 818 Abs. 2 BGB begründet.
29Wie unstreitig ist, ist der Beklagte in der Zeit vom 17.07.2012 bis zum 15.10.2012 in der Pflegeeinrichtung der Klägerin im Rahmen einer Dauerpflege untergebracht und verpflegt worden.
30Insoweit hat er „etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt. Es ist auch davon auszugehen, dass insoweit eine Leistung der Klägerin an den Beklagten im Sinne einer bewussten und zweckgerichteten Vermögensmehrung vorgelegen hat. So hat die Klägerin ihre Leistungen offenbar zur Erfüllung des mit dem Beklagten geschlossenen Heimvertrags erbracht.
31Soweit dieser Vertrag wegen Geschäftsunfähigkeit des Beklagten im Sinne von § 104 Nr. 2 BGB gem. § 105 BGB nichtig gewesen sein sollte, wären die Leistungen der Klägerin ohne rechtlichen Grund erfolgt. Eine Erbringung von Unterkunfts- und Pflegeleistungen über den 16.07.2012 hinaus im Rahmen einer mit der Betreuerin des Beklagten vereinbarten Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege kann nicht angenommen werden. Denn wie der H der Klägerin Dr. X in der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2013 unwidersprochen erklärt hat, habe eine Kurzzeitpflege über den 16.07.2012 hinaus nicht durchgeführt werden können, weil dann die Pflegeversicherung im Hinblick darauf, dass Kurzzeitpflege immer nur für maximal 28 Tage pro Jahr von der Pflegeversicherung bewilligt werde, keine weiteren Kosten übernommen hätte. Eine Verhinderungspflege habe nicht durchgeführt werden können, da eine solche nicht von der Pflegeversicherung bewilligt worden sei. Es habe somit nur die Möglichkeit bestanden, den Beklagten über den 16.07.2012 hinaus im Rahmen der Dauerpflege bei der Klägerin unterzubringen.
32Da die Herausgabe der Leistungen der Klägerin wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, hat der Beklagte gem. § 818 Abs. 2 BGB deren Wert zu ersetzen. Insoweit ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Kosten, die die Klägerin dem Beklagten für Unterkunft und Pflegeleistungen berechnet hat, üblich und angemessen sind. Danach besteht ein Anspruch der Klägerin auf Wertersatz in Höhe von 5.085,18 EUR.
33Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten gem. § 812 Abs.1 BGB ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht gem. § 814 BGB ausgeschlossen.
34Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Dieser Kondiktionsausschluss greift nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst ein, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, dass er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Zweifel daran, dass diese Voraussetzungen vorliegen, gehen zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Leistungsempfängers (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2002, Aktenzeichen: III ZR 58/09, Randnummer 11, zitiert nach juris). Eine derartige Kenntnis der Klägerin von einer Nichtschuld hat die Beklagte aber schon nicht dargetan, jedenfalls aber nicht unter Beweis gestellt.
35Dass den Geschäftsführern der Klägerin oder den in ihrer Dortmunder Pflegeeinrichtung tätigen Mitarbeitern der Klägerin positiv bekannt war, dass die auf den Abschluss des schriftlichen Heimvertrags gerichtete Willenserklärung des Beklagten gem. § 105 BGB nichtig und der Vertrag somit unwirksam war, kann nicht festgestellt werden. Zwar war den Mitarbeitern der Klägerin bei Aufnahme des Beklagten am 20.06.2012 unstreitig bekannt, dass für diesen eine Betreuung bestand. Da allerdings die Einrichtung einer Betreuung die Geschäftsfähigkeit des Betreuten grundsätzlich unberührt lässt, bedeutete die Kenntnis von einer Betreuung noch nicht notwendigerweise auch die Kenntnis von einer Geschäftsunfähigkeit des Beklagten. Eine derartige Kenntnis auf Seiten der Klägerin lässt sich auch nicht etwa der E-mail des Pflegedienstleiters der Klägerin Bardong vom 20.07.2012 entnehmen. Soweit es darin heißt, es habe sich jetzt herausgestellt, dass der Beklagte nicht geschäftsfähig sei, hat es sich offensichtlich nur um eine Schlussfolgerung gehandelt, die der Pflegedienstleiter Bardong aus der ihm von der Betreuerin des Beklagten übersandten Bestellungsurkunde vom 06.12.2010 gezogen hat. Ein derartiger Schluss ist allerdings allein auf Grund des Inhalts der Bestellungsurkunde nicht nachvollziehbar gewesen, zumal in der Bestellungsurkunde für Willenserklärungen des Beklagten kein Einwilligungsvorbehalt der Betreuerin angeordnet worden war. Dass allein auf Grund des Verhaltens des Beklagten die Mitarbeiter der Klägerin zwingend auf eine Geschäftsunfähigkeit des Beklagten im Sinne von § 104 Nr. 2 BGB hätten schließen müssen, ist vom Beklagten nicht hinreichend dargetan, jedenfalls aber nicht unter Beweis gestellt worden.
36Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin der Beklagte sowohl gegenüber ihren Mitarbeitern als auch gegenüber deren Geschäftsführerin Frau Dr. S2 sowie auch einem Herrn U der Heimaufsicht der Stadt Dortmund geäußert hat, dass er sich in der Pflegeeinrichtung der Klägerin wohl fühle und dort bleiben wolle. Wie die Klägerin weiter unwidersprochen vorgetragen hat, hat ihr im Hinblick auf diese Willensäußerung des Beklagten Herr U der Heimaufsicht erklärt, dass diesem Wunsch des Beklagten zu entsprechen sei und dieser daher auch gegen den Willen der Betreuerin über den 02.08.2012 hinaus im Heim der Klägerin verbleiben solle. Danach aber kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Klägerin – wenn auch möglicherweise zu Unrecht – verpflichtet fühlte, den Beklagten auf Grund des von ihm geäußerten Willens auch über den 16.07.2012 hinaus in ihrem Heim unterzubringen und zu pflegen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Aufgabenkreis der Betreuerin des Beklagten gemäß der Bestellungsurkunde vom 06.12.2010 nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Beklagten umfasste und erst durch Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 14.09.2012 eine entsprechende Erweiterung des Aufgabenkreises erfolgt ist. Nimmt der Leistende auf Grund eines Rechts- oder Tatsachenirrtums an, zur Leistung verpflichtet zu sein, scheidet eine Anwendung von § 814 BGB aus (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 72. Auflage, § 814 Randnummer 3).
37Soweit es um den Zeitraum vom 14.09.2012 bis zum 14.10.2012 geht, kann die Klägerin vom Beklagten die Kosten für Unterkunft und Pflege jedenfalls auf Grund des Schreibens der Betreuerin des Beklagten an die Klägerin vom 04.10.2012 verlangen. In diesem Schreiben hat die Betreuerin des Beklagten die Klägerin gebeten, die Heimkosten vom 14.09.2012 bis 14.10.2012 separat in Rechnung zu stellen und erklärt, diese sollten vereinbarungsgemäß beglichen werden. In dieser Erklärung ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Betreuerin des Beklagten jedenfalls bezüglich des Grundes eines vertraglichen Anspruchs zu sehen. Wie sich aus den Rechnungen der Klägerin vom 04.09.2012 (Bl. 39 der Akte) und vom 05.10.2012 (Bl. 40 der Akte) ergibt, hat die Klägerin dem Beklagten für den Zeitraum vom 14.09. – 14.10.2012 insgesamt 2.220,59 EUR (3.499,59 EUR – 1.279,00 EUR Pflegekassenpauschale) berechnet. Gegen die Höhe dieser Forderung hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben. Insoweit ist die Klage daher jedenfalls auf Grund eines deklaratorischen Anerkenntnisses seitens der Betreuerin des Beklagten begründet.
38Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs.1 BGB begründet. Wie unstreitig ist, hat die Klägerin den Beklagten aufgefordert, die offenen Rechnungsbeträge in Höhe von 5.807,80 EUR bis zum 31.10.2012 zu zahlen. Da keine Zahlung erfolgt ist, befindet sich der Beklagte seit dem 01.11.2012 im Verzug und schuldet Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.807,80 EUR.
39Schließlich kann die Klägerin vom Beklagten gem. §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB den Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verlangen. Nachdem der Beklagte in Zahlungsverzug geraten war, war die Klägerin berechtigt, ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Klageforderung zu beauftragen. Die Kosten, die ihr hierdurch entstanden sind, kann sie vom Beklagten als Verzugsschaden ersetzt verlangen. Die ersatzfähigen Kosten betragen 459,40 EUR (1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 5.807,80 EUR zuzüglich 20,00 EUR Q2- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV RVG). Mehrwertsteuer in Höhe von 87,29 EUR kann die Klägerin nicht geltend machen, da davon auszugehen ist, dass sie vorsteuerabzugsberechtigt ist. Insoweit war die Klage daher abzuweisen.
40Ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 459,40 EUR ist gem. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB für die Zeit ab dem 19.03.2013 (ein Tag nach Klagezustellung, vgl. § 487 Abs. 1 BGB) begründet.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 487 Abweichende Vereinbarungen 1x
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- BGB § 814 Kenntnis der Nichtschuld 4x
- BGB § 812 Herausgabeanspruch 6x
- III ZR 58/09 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 286 Verzug des Schuldners 3x
- BGB § 105 Nichtigkeit der Willenserklärung 4x
- BGB § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs 2x
- BGB § 247 Basiszinssatz 2x
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 2x
- BGB § 291 Prozesszinsen 1x
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 1x
- BGB § 104 Geschäftsunfähigkeit 3x