Urteil vom Landgericht Magdeburg (11. Zivilkammer) - 11 O 1037/09

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.753,66 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten aus einem Betrag von 2.189,60 € seit dem 2. August 2008 und aus einem Betrag von 564,06 € seit dem 21.11.2008, nebst weiteren 316,18 € zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt 66 %, die Beklagte 34 % der Kosten des Rechtsstreits. Die Klägerin hat 66 % der Kosten der Nebenintervention zu tragen. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.

4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist es vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn sie nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Zugleich wird beschlossen: Der Streitwert wird auf 8.153 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, streitet mit der Beklagten um Vergütungsansprüche aus Beratungsleistungen.

2

Die Beklagte ist ein kleines mittelständisches Unternehmen, das in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird. Die Nebenintervenientin ist die frühere Steuerberaterin des Beklagten. Im Januar 2008 wechselte die Beklagte ihre bisherige Steuerberaterin und vereinbarte mit der Klägerin, die laufende Finanz- und Lohnbuchhaltung der GmbH zu übernehmen und auch den Jahresabschluss 2007 zu erstellen. In diesem Zusammenhang übernahm die Klägerin zugleich auch die Begleitung einer von den zuständigen Finanzbehörden angesetzten Umsatzsteuersonderprüfung des vierten Quartals 2007 und des ersten Quartals 2008. Im Zuge des Mandatswechsels gab die Nebenintervenientin die von ihr geführten Unterlagen an die Klägerin heraus.

3

Die Klägerin legte schließlich mehrere Rechnungen.

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Die Rechnungen vom 3.7.2008 (a) und die Rechnung vom 22.10.2008 (b) sind Gegenstand des Rechtsstreits.

5

a) Mit der Rechnung vom 3.7.2008 (Anlage K 4 Bd. I, B. 30 d.A.) begehrt die Klägerin Zahlung von 5.759, 60 € für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Finanz- und Lohnbuchhaltung und der Vorbereitung des Jahresabschlusses 2007. Sie rechnet nach Zeitaufwand ab und gibt 59,75 Stunden Aufwand an. Den Stundensatz bemisst die Klägerin mit 110 € für einen Steuerberater und 80 € für qualifizierte Mitarbeiter (Buchhalter).

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In einem Zeitnachweis (Anlage K 2, Bl. 27 Bd. I d.A. ) erläutert sie den Stundenaufwand, unterscheidet nach dem Einsatz qualifizierter Mitarbeiter und Steuerberater und führt neben einer Kurzbeschreibung das Datum der erbrachten Leistungen auf.

7

Für qualifizierte Mitarbeiter dokumentiert sie in der Zeit vom 26.3.2008 bis 16.4.2008 einen Aufwand von 15,25 Stunden. Als Erläuterung gibt sie die Übernahme der Fremdbuchhaltung und den Versuch aufgetretene Differenzen zu klären, an.

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Vom 17.4.2008 bis zum 20.5.2008 dokumentiert sie weitere 3,75 Stunden für die Anforderung von Unterlagen und die Klärung von Salden.

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Am 22.5.2008 ist ein einstündiges Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten und seiner Ehefrau dokumentiert, das sich mit der Einreichung der Unterlagen für den Jahresabschluss 2007 und der Frage beschäftigt, was sich auf den Bilanzkonten verbirgt. Steuerberaterleistungen sind am 20.5.2008 mit 2 Stunden zum Zwecke der Saldenklärung erfasst.

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Im Weiteren verweist die Klägerin in ihren Erläuterungen auf einen Mehraufwand wegen Schwierigkeiten bei der Datenerfassung und auf einen Mehraufwand infolge von Korrekturbuchungen. Wegen des dokumentierten Zeitaufwands im Übrigen wird auf den Zeitnachweis Bezug genommen.

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b) Mit der Rechnung vom 22.10.2008 (Anlage K 5 Bd. I., Bl 31 d.A.) begehrte sie zunächst die Zahlung von 3.560,24 € für ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit einer 3-tägigen Umsatzsteuersonderprüfung. Nachdem die Beklagte auf die abgerechneten Gebühren nach § 24 Nr. 7 StBGebV, 23 Abs 1 Nr. 2 und 8 StBGebV und 28 StBGeV leistete und 6 Stunden Zeitaufwand anerkannte, verlangt die Klägerin aus dieser Rechnung noch den Differenzbetrag, nämlich eine Zeitgebühr für insgesamt 24,25 Stunden in Höhe von 2.394,28 € ( incl. MWSt) und erläutert diesen im Wesentlichen mit Vorbereitung und Teilnahme an der Umsatzsteuersonderprüfung und der Durchsicht des Prüfberichts. Den Stundensatz dieser Rechnung bemisst die Klägerin mit 92 € für den Steuerberater und 80 € für qualifizierte Mitarbeiter (Buchhalter) und gibt hierzu an, dass sie die Interessen der Beklagten während der Umsatzsteuersonderprüfung vertreten hat

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Entweder zum 24.9.2008 oder zum 14.10.2008 wurde die Kündigung des Vertrages erklärt.

13

c) Die Klägerin behauptet, mit der Beklagten ein Zeithonorar vereinbart zu haben, jedenfalls habe sie eine übliche Vergütung abgerechnet. Der Beklagte habe soweit dies die Arbeiten für die Jahresbilanz 2007 betraf keinen Festpreis gewollt. Der Zeitaufwand sei sowohl erforderlich gewesen, als auch angesichts des Mehraufwandes von 761 Korrekturbuchungen angemessen. Von dem Mehraufwand und den Gründen habe sie den Geschäftsführer der Beklagten rechtzeitig vorher in Kenntnis gesetzt. Dieser habe sich mit der weiteren Bearbeitung durch die Mitarbeiter der Klägerin einverstanden erklärt. Ebenso habe sie die Umsatzsteuersonderprüfung begleiten sollen.

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Die in Ansatz gebrachten Stundensätze seien auch in der Rechnung vom 22.10.2008 angemessen, da die Teilnahme an einer Sonderprüfung voraussetze, dass sich die Mitarbeiter der Klägerin hierauf vorbereiten und mit dem Prüfstoff vertraut sind. Mit der Rechnung vom 22.10.2008 sei man der Beklagten „entgegen gekommen“, in dem die niedrigeren Stundensätze der StBGebV in Ansatz gebracht worden seien.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.153, 88 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf einen Betrag in Höhe von 5.759, 60 seit dem 2.8.2008 und auf einen Betrag in Höhe von 2.394, 28 € seit dem 21.11.2008 sowie nicht anrechenbare Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 603, 70 € zu bezahlen.

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Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte bestreitet, ein Zeithonorar mit der Klägerin vereinbart zu haben. Dies hätte schriftlich geschehen müssen. Die Abrechnung sei ferner sowohl hinsichtlich der Stundenzahl, als auch der Stundensatzhöhe unangemessen und überschreite die übliche Vergütung. Diese sei nach der StBGebV zu ermitteln. Ihre bisherige Steuerberaterin, Frau S, habe nach der StBGebV wesentlich günstiger gearbeitet.

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a) Da die Klägerin den Jahresabschluss nicht erstellt habe, habe sie nur für die Einrichtung der Buchhaltung Vergütung geschuldet. Der geltend gemachte Mehraufwand sei nicht gerechtfertigt. Insbesondere bestreite sie die Behauptung, es seien 761 Korrekturbuchungen aufgrund Fehler ihrer früheren Steuerberaterin erforderlich gewesen, mit Nichtwissen. Zwar habe sie im Jahre 2008 angenommen, dass Ansprüche gegen die Nebenintervenientin bestehen. Eine konkrete Kenntnis habe sie aber nicht. Die Klägerin habe ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt; die behaupteten Fehler seien, wie das Verfahren ergeben habe, anhand der Buchungslisten auch für den Sachverständigen nicht feststellbar gewesen. Die Klägerin hätte die Fehler deshalb weiter substantiieren müssen. Sie gehe davon aus, der Klägerin zutreffende Daten von ihrer früheren Steuerberaterin, Frau S, zur Verfügung gestellt zu haben. Der von der Klägerin behauptete Mehraufwand könne auch darauf beruhen, dass Buchungssätze von der Klägerin anders bewertet wurden, ohne dass dies aus Rechtsgründen notwendig gewesen wäre. Da sie für die Einrichtung der Buchhaltung bereits 400 € bezahlt habe und im Übrigen die Klägerin auch die sonstigen gelegten Rechnungen vergütet habe, stehe der Klägerin nichts mehr zu. Die Klägerin hätte erkennen müssen, dass ihre Tätigkeit nicht mehr wirtschaftlich gewesen ist und deshalb nicht weiterarbeiten dürfen. Einen Auftrag hierzu habe sie nicht gehabt.

21

b)Die Klägerin habe ferner zwar die Umsatzsteuersonderprüfung begleiten sollen, nicht aber sei sie mit einer Vorprüfung beauftragt gewesen. Die von ihr gestellte Rechnung sei deshalb ebenfalls überhöht. Mit dem Ausgleich von den nach der StBGebV angesetzten Gebühren und 6 Stunden Aufwand für 3 Tage Begleitung, sei die Klägerin angemessen vergütet.

22

c) Die vormalige Steuerberaterin, Frau S, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Sie hält die Klage für unschlüssig, die gelegten Rechnungen für überzogen. Die Klägerin habe sich auf dem regionalen Markt mit den von ihr verlangten deutlich höheren Zeithonoraren nicht durchsetzen können. Das was die Klägerin der Beklagten geschuldet habe, nämlich auf dem schnellsten und sichersten Weg zu einem Bilanzabschluss zu gelangen, habe sie nicht geleistet. Wegen der Nichterstellung des Jahresabschlusses sei der Klägerin auch der weitere Aufwand entgegenzuhalten, der durch eine Drittbeauftragung entstanden sei. Sie jedenfalls habe nicht fehlerhaft gearbeitet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Ihr Vorbringen Bezug genommen.

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d)Die Klägerin ist bei ihrer Auffassung, Zeitaufwand und Korrekturbuchungen nicht weiter substantiieren zu müssen geblieben und hat die Buchhaltung entgegen ihrer Ankündigung auch nicht mehr vorgelegt (SS vom 25.1., Bd. III, Blatt 17 und Blatt 25 )

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e) Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F, W, G und M, ferner durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige hat im Wesentlichen ausgeführt, bei der Beklagten handele es sich um kleines Unternehmen. Ihre veröffentlichte Bilanzsumme zum 31.12.2007 betrage nur 117.280,63 €.

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Die erstellte Rechnung vom 3.7.2008 übersteige das Übliche für Unternehme dieser Größenordnung um mehr als das 3-fache (Bd. II, Blatt 16 unten und 14 unten). Lege man die StBGeBV zugrunde, ergebe sich eine angemessene Vergütung von etwa 1.500 € für das Aufstellen des Jahresabschlusses und etwa 1000 € für die Überprüfung der Fremdbuchhaltung (Bd. II, Blatt 17 ). Als Obergrenze einer angemessenen Vergütung sehe er, unter Berücksichtigung eines entstandenen Mehraufwands, höchstens 2.500 € als angemessen.

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Die abgerechnete Stundenzahl von 57,5 Stunden könne zwar angefallen sein, sie sei aber angesichts der Größe des Unternehmens nicht vertretbar ( Bd. II, Blatt 18). In Fällen, in denen ein Mehraufwand bei der Datenbeschaffung und infolge von Fehlerkorrekturen entstehe, sei stets zu erwägen, ob nicht eine Neuerstellung der Buchhaltung gegenüber einer Fehlerkorrektur vorzuziehen sei. Der vorliegende Fall sei für diese Erwägung geeignet gewesen (Bd. II. Blatt 14 Mitte). Die Prüfung der Buchführung habe ergeben, dass es in typisch fehleranfälligen Bereichen, etwa Reise.- und Kfz-Kosten zu Umbuchungen gekommen sei. Ein bedeutender Teil der Buchungen befasse sich mit umsatzsteuerrechtlichen Fragen. Ferner haben sich bei der Buchung von Abschreibungen Stornierungen gefunden. Das spreche für den von der Klägerin behaupteten Aufwand von Korrekturbuchungen, zumal auch Korrekturen in der Eröffnungsbilanz feststellbar seien, als auch Abschlussbuchungen in der Lohnbuchhaltung. Die Buchungsliste alleine lasse allerdings keine Aussage zu, ob es sich tatsächlich um Fehlerkorrekturen gehandelt habe oder derjenige, der die Korrekturbuchung vorgenommen habe, einen Vorgang nur anders bewertet habe, was möglich sei oder seinerseits eine richtige Buchung verfälscht habe und einen Fehler in die Buchung hineingebracht habe (Bd. II, Blatt 70 d.A., Protokoll vom 8.11.2011, Bd. II, Blatt 180 d.A.). Nach seiner Auffassung sei der ungewöhnliche Zeitaufwand nur für die Klägerin erkennbar gewesen, weshalb die Beklagte hierauf hätte hingewiesen werden müssen. Die zeitliche Bandbreite hätte etwa zwischen 15,5 und 26,75 Stunden gelegen (Bd II, Blatt 75).

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Wegen des weiteren Ergebnisses wird auf das Protokoll vom 1.12.2009 und auf das Gutachten vom 6.8.2010, das Ergänzungsgutachten 31.1.2011 und auf das Protokoll vom 8.11.2011 Bezug genommen. Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die Klage ist teilweise begründet.

29

a) Die Klägerin hat gemäß den §§ 675, 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche Vergütung. Denn bei der von der Klägerin abgerechneten Tätigkeit handelt es sich nicht um einen isolierten Auftrag. Zugleich war mit diesen Aufträgen ein Wechsel des Beklagten von ihrer bisherigen Steuerberaterin hin zur Klägerin verbunden, weil die Klägerin sämtliche laufenden buchhalterischen und steuerlichen Angelegenheiten der Beklagten übernommen hat. Verträge die laufende buchhalterische und steuerliche Angelegenheiten erfassen, werden auch bei Steuerberatern regelmäßig als Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter eingeordnet (etwa BGH WM 1997, 330, bei juris Rn 5 ; WM 2006, 1411, bei Juris Rn 4; ). Nichts anderes gilt, wenn derartige Verträge mit Wirtschaftsprüfern geschlossen werden ( etwa KG vom 14.9.2009, 22 U 204/08, bei Juris Rn 3).

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b) Die Parteien haben keine Vergütungsabrede getroffen.

31

aa) Das folgt allerdings nicht aus einem angenommenen Verstoß gegen das Schriftformgebot des § 4 StBGebV. Dieses ist bereits nicht anwendbar, weil die Anwendbarkeit der Gebührenordnung für Steuerberater in Gänze gemäß § 1 StBGebV auf diese Berufsgruppe beschränkt ist. Da der Gesetzgeber für Wirtschaftsprüfer keine Gebührenordnung vorgesehen hat, wird hieraus der Schluss gezogen, dass Steuerberater mit Mehrfachqualifikation, ebenso wie Nur-Wirtschaftsprüfer, zwar nach der StBGebV abrechnen können, wenn sie steuerberatende Tätigkeiten ausüben, dies aber nicht müssen (vgl. etwa OLG München vom 22.2.1995, 18 U 4368/94, bei Juris Rn 3 m.w.n. ; ebenso auch KG Berlin vom 14.9.2009, 22 U 204/08).

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bb) Entscheidend ist, dass die Parteien auch sonst keine Vergütungsabrede, weder nach StBGebV, noch eine Festvergütung vereinbart haben. Das hält die Kammer für erwiesen. Nach den Aussagen der Zeugen F und W ist zwar über Stundensatzhöhen und auch ein Pauschalhonorar gesprochen worden, die Vergütungsfrage blieb aber letztlich offen. Insbesondere hat die Beklagte auch ein entsprechendes Angebot eines Pauschalhonorars nicht angenommen. Das steht nicht im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten. Nach dem ausdrücklichen Vortrag der Beklagten lag ihrerseits eine Erwartung des Geschäftsführers der Beklagten vor, dass nach der StBGebV abgerechnet werde. Er hat dargelegt, er sei ausgegangen, dies sei üblich ( SS 22.7.2009, Bd. I Bl. 42 d.A.). Damit fehlt es schon an einer Willenserklärung nach § 145 BGB, irgendetwas vereinbaren zu wollen.

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cc) Gilt die StBGebV weder kraft Verordnung noch aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung, kann sie gemäß § 612 Abs. 2 BGB 1. Alt. als „bestehende Taxe“ nur dann herangezogen werden, wenn nach der 2 Alt. dieser Vorschrift feststellbar wäre, dass Wirtschaftsprüfer üblicherweise nach der StBGebV abrechnen. Das aber ist nicht der Fall. Kein rechtliches Gewicht hat in diesem Zusammenhang der von der Beklagten angestellte Preisvergleich, der sie zu der Erkenntnis geführt hat, ihre vormalige Steuerberaterin habe günstiger gearbeitet. Denn dass es außerhalb feststehender Gebührenordnungen aufgrund von Zeithonoraren zu unterschiedlichen Preisniveaus kommen kann, ist prinzipiell gewollt, weil derartige Divergenzen sowohl Voraussetzung, als auch Funktionsbedingung eines funktionierenden Wettbewerbs sind. Diese Erscheinung ist deshalb hinzunehmen. Ein Günstigkeitsvergleich im Sinne der Angemessenheit ist für die Frage der „Üblichkeit“, deshalb allenfalls unter Berücksichtigung einer Bandbreite möglich, die sich in einem bestimmten Wirtschaftsbereich auch aus den auf dem Markt verbreiteter Berechnungsregeln ergeben kann (hierzu etwa BGH NJW 2006, 2472, bei Juris Rn 10).

34

Die Konkurrenzsituation zum Beruf der Steuerberater kann zwar dazu führen, dass sich Wirtschaftsprüfer bei der Bemessung der Höhe ihrer Vergütung an die StBGebV anlehnen, um Zutritt zu einem Markt zu erlangen oder sonstige Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Die Konkurrenzsituation als solche kann aber noch nicht zu einer Übung im Rechtssinne führen, mit der Folge, dass die StBGebV entsprechend gilt (ebenso KG Berlin vom 14.9.2009 s.o., bei Juris Rn 15).

35

dd) Eine Übung im Rechtssinne (§ 612 Abs. 2 BGB) setzt eine feste Übung für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen voraus. Sie ist auf einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Region beschränkt, berücksichtigt die persönlichen Verhältnisse des Dienstberechtigten (vgl. etwa Palandt-Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 612 Rn 8) und verlangt in einer unbestimmten Vielzahl von Einzelfällen die Feststellung gleicher Verhältnisse (bei Hausch/Fandel, juris.PK -BGB, 5. Aufl. 2010, § 612 Rn 29 unter Verweis auf BGH vom 26.10.2000, VII ZR 239/98, dort Rn 14).

36

Bereits an den vergleichbaren Verhältnissen fehlt es. Vergleicht man die Aufgaben eines Wirtschaftsprüfers (§ 2 Abs. 1 und 2 WiPrO) mit denen eines Steuerberaters (§§ 32,33 StBerG) verhält es sich zunächst so, dass sich die Tätigkeitsfelder beider Berufe nicht decken und die Aufgaben des Wirtschaftsprüfers weiter gefasst sind, als die des Steuerberaters. Dieser Zustand führt zunächst zu der Erwartung, dass sich ein von einer Wettbewerbssituation ausgehender Konformitätsdruck dort nicht in erheblicher Weise entfaltet, wo es typischerweise auf die besonderen Qualifikation des Wirtschaftsprüfers ankommt. Wäre dem nicht so und würde es für die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers kein eigenes Tätigkeitsfeld geben, würde es weder Sinn machen, dass der Verordnungsgeber den Wirtschaftsprüfer vom Geltungsbereich der StBGebV ausnimmt, noch wäre die vorgenommene Unterscheidung rechtlich frei von Bedenken.

37

ee) Die Frage der Anwendbarkeit der StBGebV als „übliche Vergütung“ kann sich daher überhaupt nur in den Bereichen stellen, in denen der Wirtschaftsprüfer ausschließlich als Steuerberater tätig wird. Angesichts der nicht einheitlichen Rechtsprechung in dieser Frage (vgl. etwa KG Berlin vom 14.9.2009, 22 U 204/08 einerseits, OLG Düsseldorf vom 6.4.1989 - 18 O 215/88 andererseits, OLG München vom 22.2.1995, 18 U 4368/94 für den Fall des Steuerberaters mit Mehrfachqualifikation), lässt sich eine hinreichend verlässliche tatsächliche Grundlage für die Annahme, dass die Anwendung der StBGebV auf Vergütungsansprüche von Wirtschaftsprüfern allgemein üblich sei, jedenfalls der Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine Vielzahl vergleichbarer Einzelfälle, die bezogen auf die Region zu einer anderen Erkenntnis geführt hätte, lässt sich auch der bei Juris veröffentlichten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Naumburg und der Landgerichte des Landes Sachsen-Anhalt nicht entnehmen. Wenn die Nebenintervenientin, mit dem Hintergrund ihrer Branchenkenntnis meint, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, sich mit ihrer Vergütungsstruktur auf dem regionalen Markt zu behaupten, spricht dies eher dafür, dass es bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auch in der Region keine übliche Anwendung der StBGebV, sondern Wettbewerb gibt. Auch die Ausführungen des Sachverständigen haben insoweit nichts Tragfähiges ergeben. Der Gutachter hat seinerseits darauf verwiesen, dass die Frage streitig sei (Gutachten vom 6.8.2010, Seite 7). Die Beklagte selbst hat zur Frage der Üblichkeit auch nichts Substantiiertes mehr dargelegt. Die Annahme der Beklagten, es sei üblich, die Klägerin nach der StBGebV zu vergüten, ist damit nicht erwiesen. Allenfalls lässt sich bei dieser Sachlage die Annahme begründen, dass es eine optionale „Üblichkeit“ im Sinne eines „sowohl als auch“ geben mag, eben weil der Wirtschaftsprüfer kann, aber nicht muss. Wenn keine anderweitige Honorarvereinbarung vorliegt, kann der Klägerin bei dieser Sachlage deshalb nicht das Recht abgesprochen werden, gemäß § 612 Abs. 2 BGB nach Zeitaufwand abzurechnen, eben weil diese Vergütungsform in der Branche weit verbreitet und deshalb auch üblich ist.

38

ff) Dagegen sind auch unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit keine Bedenken ersichtlich, weil mit der Beantwortung der Frage der Abrechnungsmethode, keine Aussage getroffen wird, ob das Abrechnungsergebnis angemessen oder unangemessen ist.

39

Diese Frage ist in einem gesonderten Prüfungsschritt, nämlich bei der Beurteilung der marktüblichen Berechnungsregeln, unterteilt nach Stundensatz, Stundenzahl und angewandten Multiplikationsfaktoren zu beantworten. Insoweit unterliegt die Abrechnung nach Zeitaufwand allerdings rechtlichen Schranken, weshalb der Einwand der Unangemessenheit auf dieser Prüfungsebene zu berücksichtigen ist und damit erheblich bleibt. Denn bei einem Zeithonorar geht mit dem Recht, die Vergütung nach Aufwand zu bemessen, die Pflicht einher, die Arbeitszeit wirtschaftlich, d.h. effektiv einzusetzen. Diese Pflicht gründet bei einem Geschäftsbesorgungsverhältnis, das anders als ein Werkvertrag nicht auf Erfolg ausgelegt ist, letztlich in der Erwägung, dass die Geschäftsbesorgung nach § 675 BGB, anders als der bloße Auftrag nach § 662 BGB, entgeltlich ausgeführt wird. Anders als bei einer unentgeltlichen Tätigkeit, bei der die eigene eingesetzte Arbeitszeit nicht zum ersatzfähigen erforderlichen Aufwand zählt (vgl. etwa Palandt-Sprau, BGB 71. Aufl., § 670 Rn 3), kann es bei einer entgeltlichen, ebenso wie bei einer erfolgsabhängigen Tätigkeit, weder eine quantitative, noch eine qualitative Unabhängigkeit der zu erbringenden Tätigkeit von der hierfür aufgewendeten Zeit geben. Das wäre weder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung, der, wie das Recht der Leistungsstörungen zeigt, nach allgemeinem Zivilrecht jeder Unternehmer unterliegt, vereinbar (zu diesem Zusammenhang bei Zeithonoraren, insbesondere BGH NJW 2000, 1107, bei Juris Rn 9 m.w.N.), noch wäre dies mit dem Grundgedanken vereinbar, dass ein nicht erforderlicher Aufwand auch nicht erstattungsfähig ist ( §§ 675, 670 BGB). Aus dem Gebot, die Arbeitszeit wirtschaftlich einzusetzen, folgt allerdings noch nicht, dass ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot automatisch zu einer Vergütungsminderung führt (BGHZ 180, 235, bei Juris Rn 35 m.w.N.). Jedoch führt das schuldrechtliche Rücksichtnahmegebot (§ 241 Abs. 2 BGB) zu einer nach § 280 BGB bewehrten Hinweis- und Aufklärungspflicht, wenn für die Vergütungsberechtigte erkennbar wird, dass das übernommene Mandat unwirtschaftlich wird (vgl hierzu bereits BGH NJW 2000, 1107 für die vergleichbare Situation bei § 632 Abs. 2 BGB; vgl. allgemein auch BGHZ 180, 235, Rn 35).

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c) Zur Überzeugung der Kammer haben die Parteien zwar keine Vergütungsabrede getroffen. Sehr wohl hält es die Kammer aber für erwiesen, dass die Klägerin vom Geschäftsführer der Beklagten beauftragt wurde, trotz eines von ihr angezeigten Mehraufwandes weiterzuarbeiten. Insoweit sind auch keine Bedenken ersichtlich geworden, der Aussage der als Zeugin vernommenen Steuerberaterin F und auch des Buchhalters Walter zu folgen. Auch anhand des Schriftverkehrs lässt sich feststellen, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu der damaligen Zeit bemüht gewesen ist, bei den Finanzbehörden um Verständnis für seine Lage zu werben. Anders vermag es sich die Kammer jedenfalls nicht zu erklären, dass er noch im Juni 2008 an die Oberfinanzdirektion geschrieben hat und von der OFD, so wörtlich, eine „Handlungsanweisung zur weiteren Verfahrensweise“ erbeten hat, u.a. auch deswegen, weil seine ehemalige Steuerberaterin Mängelrügen von ihm als auch der Klägerin ignoriert habe, weshalb er sich darüber zu beschweren habe, dass die Klägerin auf Vorleistungen seiner ehemaligen Steuerberaterin augenscheinlich nicht aufbauen könne (Anlage B 3, SS vom 9.6.2008). Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagte jedenfalls über die Behauptung eines Mehraufwands unterrichtet gewesen ist. Denn ein subjektiver Anlass, sich zu derartigen Inhalten im Schriftverkehr mit Dritten zu äußern - ohne allerdings diesen Vorgang näher zu bewerten - kann nur entstanden sein, wenn der im Schreiben mitgeteilte Zusammenhang, es sei im Verhältnis zur Klägerin bei der Erledigung der übertragenen Arbeiten zu zusätzlichem Aufwand und hierdurch bedingten Verzögerungen gekommen, tatsächlich auch erörtert worden ist. Es gibt deshalb keinen vernünftigen Zweifel an der Aussage der Zeugin F, dass die Klägerin, trotz einer Mehraufwandsanzeige, von der Beklagten noch im Mai 2008 beauftragt wurde, weiter zu arbeiten. Dafür spricht vor allem, dass sich die Beklagte nach eigener Darstellung unter Termindruck gesehen hat, zunächst Wert darauf gelegt hat, den Abgabetermin 30.5.2008 zu halten und erst dann bei den Finanzbehörden eine Fristverlängerung, von ihm als „Handlungsanweisung“ bezeichnet, in Erwägung gezogen hat.

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d)Allerdings hat die Klägerin mit der Übernahme der Mehrarbeiten zugleich auch eine Aufklärungs- und Hinweispflicht verletzt, weil ihr spätestens am 22.5.2008 in zurechenbarer Weise (§ 278 BGB) erkennbar gewesen sein muss, dass die Bearbeitung des Mandats einen unwirtschaftlichen Verlauf nehmen konnte.

42

aa) Die Unwirtschaftlichkeit ergibt sich allerdings nicht bereits aus der vom Sachverständigen angenommene Obergrenze der Vergütung, die er angesichts der Größe des Unternehmens bei maximal 2.500 € angenommen hat. Die Angemessenheit im Falle einer Tätigkeitsvereinbarung mit einer abstrakten angenommenen Obergrenze zu bestimmen, ist mit der Vertragsfreiheit nicht vereinbar. Denn diese erlaubt auch, Verpflichtungen einzugehen, die sich wirtschaftlich nachteilig auswirken. Deswegen gelten solche Abreden trotzdem und müssen eingehalten werden.

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bb) Allerdings hat die Klägerin die Beklagte in schuldhafter Weise darüber im Unklaren gelassen, ob es wirtschaftlich ist, die Klägerin weiterhin zu beauftragen. Der Aussage der Zeugin F lässt sich in diesem Zusammenhang nämlich entnehmen, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten, in für sie erkennbarer Weise angesichts des zusätzlichen Aufwands und der Verzögerungen, auch mit der Frage beschäftigt hat, den Mehraufwand von seiner früheren Steuerberaterin, der Frau S, im Regresswege wieder einzufordern. Damit bestand eine Aufklärungslage. Denn diese Erwägung setzt voraus, dass der Mehraufwand auf eine Pflichtverletzung der früheren Steuerberaterin zurückgeführt hätte werden können. Denn nur dann lassen sich Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB überhaupt schlüssig begründen und gegen einen Anspruch auf Mehrvergütung wirtschaftlich abwägen.

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cc) Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs lagen aber im Mai 2008 nicht in prüffähiger Weise vor, weil die Beklagte nur über eine Behauptung der Klägerin informiert gewesen ist. Denn die Klägerin hat nur behauptet, die Verzögerungen und die Verantwortung für den Mehraufwand lägen bei der früheren Steuerberaterin S. Diese Vorstellung lässt sich auch dem Beschwerdebrief des Beklagten vom 9.6.2008 entnehmen. Die Klägerin hat es aber unterlassen, die Beklagte so über die Einzelheiten zu informieren, dass sie - die Beklagte - selbst hätte schlüssig beurteilen können, ob ihr Ersatzansprüche gegen die Steuerberaterin S tatsächlich zustehen. Zu dieser Aufklärung war die Klägerin aber verpflichtet, weil ihr im Zusammenhang mit steuerlichen Beratungsleistungen (§ 2 Abs. 2 WiPrO) die allgemeine Pflicht obliegt, die Interessen ihres Mandanten, mithin der Beklagten, wahrzunehmen. Damit ist es nicht vereinbar, die Beklagte im Unklaren zu lassen, ob eine bestimmte Rechtsposition besteht, wenn der Klägerin erkennbar geworden ist, dass diese Frage für die weiteren Dispositionen der Beklagten erheblich gewesen ist.

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dd) Die Kammer erachtet diesen Hergang als erwiesen. Denn, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, lassen sich aus den Buchungslisten allein keine Rückschlüsse auf Pflichtverletzungen der Steuerberaterin S ziehen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Aufwand an sogenannten Korrekturbuchungen auch so erklären lassen könnte, dass er nichts mit Pflichtverletzungen der früheren Steuerberaterin zu tun hat. Diese Erläuterungen hat die Klägerin auch in diesem Verfahren nicht entkräftet, weil sie die Gründe für die Korrekturbuchungen im Einzelnen nicht dargelegt hat. Nichts anderes ergibt sich aus der Vernehmung des Zeugen W, weil das Vernehmungsergebnis sich nur auf die Angabe, Buchungen seien falsch gewesen, beschränkt hat. Zu einer weitergehenden Substantiierung sah sich der Zeuge nur soweit in der Lage, als er nach seiner subjektiven Würdigung auf bestimmte Buchungsbereiche verwiesen hat und angegeben hat sich nicht weiter erinnern zu können. Das ist nicht ausreichend.

46

Es besteht auch kein vernünftiger Zweifel, dass die Vorstellung der Beklagten, es bestünden Ansprüche gegen die Steuerberaterin S, für die Entscheidung, die Klägerin weiter arbeiten zu lassen, erheblich gewesen ist. Das ist bereits in der Aussage der Zeugin F ausgeführt, der Geschäftsführer habe sich in dem maßgeblichen Gespräch im Mai 2008 mit der Erwägung getragen, seine ehemalige Steuerberaterin in Anspruch zu nehmen. Im Übrigen lässt das Verhalten der Klägerin, in Abrede zu stellen, dass die behaupteten fehlerhaften Korrekturbuchungen näher zu erläutern wären, auch gar keinen anderen Rückschluss zu. Denn wenn die Buchungslisten nach sachverständiger Beurteilung nur geeignet sind, mehrdeutige Aussagen zuzulassen, bedarf die Beurteilung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber einer dritten Person notwendiger Weise der weiteren Substantiierung.

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ee) Hierzu ist die Klägerin schon aufgrund ihrer Berufspflichten in der Lage. Denn gemäß § 51 b Abs. 1 WiPrO ist die Klägerin verpflichtet Handakten zu führen und zwar in der Weise, dass sich aus ihnen ein zutreffendes Bild über die von ihr entfaltete Tätigkeit entnehmen lässt. Die Behauptung es seien 761 Korrekturbuchungen wegen fehlerhafter Vorarbeiten erforderlich gewesen, muss sich damit ihren Akten schlüssig entnehmen lassen. Aufgrund dieser Dokumentationspflicht kann von der Klägerin auch verlangt werden, die Beklagte über die Frage des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs vollständig aufzuklären. Denn gemäß § 51 b Abs. 3 Satz 2 i.V.m Abs. 4 Satz 1 WiPrO ist die Klägerin, im Verhältnis zur Beklagten, auch im Falle einer ausstehenden Vergütung nicht befugt, ihre Handakten zurückzuhalten, wenn dies nach den Umständen unangemessen wäre. Ein solcher Fall liegt jedenfalls dann vor, wenn nur der Inhalt der Handakten Aufschluss darüber geben kann, ob und in welchem Umfang ein Vergütungsanspruch entstanden ist oder gegen den Vergütungsanspruch ein Gegenanspruch wegen einer einredebehafteten Pflichtverletzung vorliegt. Aus diesem Grunde trägt die Annahme der Klägerin, sie sei zu keiner weiteren Substantiierung verpflichtet, nicht. Nichts anderes lässt sich zugunsten der Klägerin auch aus der von ihr herangezogenen Entscheidung des BGH vom 17.4.2009 (VII ZR 164/07) = BGHZ 180, 235) herleiten. Denn die eingeschränkten Substantiierungsanforderungen die dort aufgestellt worden sind, beschäftigen sich zwar mit einem Zeithonorar, allerdings in einem völlig anderen unternehmerischen Betätigungsfeld. Die Entscheidung betrifft einen Rechtsstreit in dem baurechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen waren. Dort sei der Unternehmer, ohne gesonderte Abrede, typischerweise nicht darauf vorbereitet, bei der Feststellung eines Zeithonorars einen besonderen Dokumentationsaufwand zu betreiben (BGHZ 180,235 bei Juris Rn 34). Dieses Lebensverhältnis ist aber mit den Verhältnissen des Wirtschaftsprüfers aufgrund der gesetzlich angeordneten Dokumentations- und Herausgabepflichten in § 51 b WiPrO nicht vergleichbar. Beweiserleichterungen kommen der Beklagten deshalb schon nach allgemeinen Regeln der Darlegungslast zu, weil die Nebenintervenientin die Buchhaltungsunterlagen unstreitig an die Klägerin herausgegeben hat.

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ff) Ohne eine hinreichend verlässliche Beurteilbarkeit der Frage, ob und in welcher Höhe Schadensersatzansprüche gegeben sind, ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich die Beklagte im Irrtum darüber befunden hat, ob die Weiterarbeit der Klägerin unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten noch vertretbar gewesen ist. Klarheit bestand im Mai 2008 nämlich nur hinsichtlich des Ergebnisses der Umsatzsteuerprüfung. Denn hier kam es nach dem Prüfbericht unstreitig nur zu drei Beanstandungen (Bd. I, Bl. 47 unten); ein Ergebnis, das Schadensersatzansprüche gegen die Steuerberaterin S offensichtlich nicht trägt. Im Übrigen steht auch fest, dass die Beklagte die Klägerin bei vollständiger Aufklärung nicht weiterbeschäftigt hätte, wenn sich ergeben hätte, dass kein Schadensersatzanspruch gegen die Nebenintervenientin besteht, weil es ihr gerade auch darauf ankam, keine Mehrkosten tragen zu müssen.

49

e) Die Kammer sieht sich auch in der Lage, den Zeitpunkt dieser Aufklärungspflichtverletzung auf den 22.5.2008 einzugrenzen.

50

Zum einen hat die Zeugin F bekundet, dass das Gespräch im Mai stattgefunden hat. Zum anderen lässt sich dem vorgelegten Zeitnachweis entnehmen, dass unter dem 22.5.2008 ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten und Frau M vermerkt ist, in dem es gerade um Buchungsprobleme ging. Dass sich unter dem 22.5.2012 nur ein Zeitnachweis für den qualifizierten Mitarbeiter findet, nicht aber für die Steuerberaterin F, steht dem nicht entgegen. Das ist offensichtlich mit einer Nachlässigkeit bei der Führung des Zeitnachweises zu erklären, die der Klägerin selbst zur Last fällt, weil damit nicht feststellbar ist, wie lange Frau F an dem Gespräch teilgenommen hat.

51

Jedenfalls sind die Kontenblätter für Buchungen nach dieser Dokumentation erst nach dem 22.5.2008 angefordert worden. Ferner ist der Aufwand für die Korrekturbuchungen auch erst nach dem 22.5.2008 vermerkt.

52

Die weiteren nach dem 22.5.2008 aufgewandten Stunden, muss sich die Klägerin deshalb als nicht abrechnungsfähig entgegenhalten lassen, weil die Beklagte aufgrund der Verletzung der Auskunfts- und Hinweispflicht nach den §§ 280, 249 Abs.1 BGB Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, als wenn die Klägerin nicht weiter beauftragt worden wäre. Der bis zum 22.5.2008 geltend gemachte Stundenaufwand ist hingegen plausibel. Insbesondere der hohe Stundenaufwand für die Übernahme der Buchhaltung ergibt sich offensichtlich aus Gründen technischer Inkompatibilität, weil die Klägerin mit Datev, die Nebenintervenientin hingegen mit einem anderen System gearbeitet hat. Das lässt sich ebenfalls dem Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten vom 9.6.2008 (Anlage B 3) entnehmen, der seinen damaligen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung auch nicht widersprochen hat. Dieses „Problem“ hat die Klägerin nicht zu vertreten. Es ist Sache der Beklagten, der Klägerin die erforderlichen Buchhaltungsunterlagen bei Mandatsübernahme in der Weise zur Verfügung zu stellen, dass diese effektiv arbeiten kann. Die Nebenintervenientin ist in diesem Verhältnis nur Erfüllungsgehilfin der Beklagten. Die von der Beklagten unternommenen Versuche, ihre eigene Verantwortung auf ein „Qualitätsmanagement der steuerberatenden Berufe“ (Anlage B 3) zu verlagern, liegen deshalb neben der Sache. Mit welchen Hilfsmitteln Steuerberater und Wirtschaftsprüfer arbeiten, bestimmen sie - wenn nichts anderes vereinbart ist- grundsätzlich selbst. Auch auf dem Markt dieser Hilfsmittel gibt es im Übrigen Konkurrenz. Dass sich die Beklagte einen Berater sucht, der mit anderen technischen Hilfsmitteln arbeitet, hat wiederum die Nebenintervenientin nicht zu vertreten. Sie hat in so einem Fall die von ihr geführten Akten an den neuen Berater herauszugeben.

53

f) Insgesamt führt dies zu folgender Neuberechnung der Vergütung.

54

aa)Die zugrunde gelegten Stundensätze für Steuerberater und qualifizierte Mitarbeiter waren - bezogen auf die Rechnung vom 3.7.2008 - angemessen. Die Kammer schließt sich insoweit der sachverständigen Beurteilung an, die insoweit keine durchgreifenden Bedenken hat erkennen lassen.

55

Anders verhält es sich mit der Rechnung vom 22.10.2008. Hier ist eine Korrektur veranlasst, weil die Klägerin den Abstand zwischen der Qualifikation eines Steuerberater und der eines Buchhalters, von dem sie noch in der Rechnung vom 3.7.2008 ausgegangen ist, ohne ersichtlichen Grund anders beurteilt, obwohl sie ausdrücklich erklärt hat, dass sie der Beklagten mit der Bemessung der Stundensatzhöhe in dieser Rechnung entgegenkommen wollte. Die Bemessung ist, gemessen an dem Zweck, den Stundensatz anhand der Qualifikation zu beurteilen, weder plausibel noch schlüssig nachvollziehbar. Denn wenn die Klägerin in der Rechnung vom 3.7.2008 ein Verhältnis von 110 zu 80 zugrunde gelegt hat, führt der Qualifikationsabstand bei gleichem Verhältnis, ausgehend von den niedriger angesetzten 92 € für den Steuerberater, zu einem Stundensatz von ca. 67 € für den Buchhalter. Aus welchem Grunde ein anderes Verhältnis gerechtfertigt wäre, hat sich nicht erschlossen und ist von der Klägerin auch nicht plausibel dargelegt worden.

56

bb) Unangemessen sind auch die abrechneten Stundenzahlen aus der Rechnung vom 22.10.2008.

57

Zwar ist dem Einwand der Beklagten, dass die Klägerin nicht mit einer „Umsatzsteuervorprüfung“ beauftragt war nicht zu folgen. Denn wenn die Klägerin die Interessen der Beklagten in der Umsatzsteuersonderprüfung vertreten soll, muss sie auch mit der Buchführung vertraut sein.

58

Auf Vorprüfungen durch Dritte braucht sich die Klägerin nicht einzulassen. Das folgt schon aus ihren allgemeinen Berufspflichten nach § 43 WiPrO, die ihr eigenverantwortliches Handeln zuweisen. Damit ist es grundsätzlich unvereinbar, Vorarbeiten von Dritten, die die Klägerin für die allein von ihr zu verantwortenden Arbeitsergebnisse benötigt, ungeprüft zu übernehmen.

59

Angesichts dessen, dass die Klägerin die Übernahme der Buchführung in der Rechnung vom 3.7.2008 mit insgesamt 15, 5 Stunden angesetzt hat ( Anlage K 2 ), sich den Ausführungen des Sachverständigen hat entnehmen lassen, dass ein erheblicher Teil der Buchführung sich auch mit umsatzsteuerrechtlichen Fragen befasst hat, erschließt sich der Kammer aber nicht, was sich hinter den gesondert abgerechneten 24,25 Std. in der Rechnung vom 22.10.2008 verbirgt. Die Umsatzsteuersonderprüfung hat zwar unstreitig 3 Arbeitstage in Anspruch genommen. Geprüft hat aber das Finanzamt nicht die Klägerin. Eine weitere Substantiierung, insbesondere welche Schwierigkeiten etwa die Durchsicht des Prüfberichts verursacht hat, oder Gründe die es erforderlich haben werden lassen, dass der qualifizierte Mitarbeiter an den Prüftagen ausschließlich mit diesem Mandat beschäftigt war, haben sich der Klage auch nicht entnehmen lassen. Die Kammer hat unter diesen Umständen die angesetzten Stunden nicht für plausibel dargelegt angesehen und die Stundenzahl des qualifizierten Mitarbeiters auf das Maß der abgerechneten Stunden der Steuerberaterin abgesenkt. Konkrete Anhaltspunkte, die auf eine weitergehende Teilnahme an der Prüfung hinweisen, als sie auch von der Steuerberaterin geltend gemacht worden sind, sind jedenfalls nicht ersichtlich. 6 Std, sind im Übrigen von der Beklagten auch anerkannt gewesen.

60

Eine Überprüfung, die sich im Rahmen der Schlüssigkeit auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt, erachtet die Kammer für zulässig, weil die Nachteile die entstehen, wenn in jedem Einzelfall darüber gestritten werden muss, ob ein bestimmter Zeitaufwand für die jeweils geltend gemachte Position erforderlich war, in keinem Verhältnis mehr zu den erzielbaren Vorteilen stehen (BGH NJW-RR 2008, 99).

61

cc) Nach dem oben Ausgeführten waren die Stundenzahlen aus der Rechnung vom 3.7.2008 auf das Leistungsdatum 22.5.2008 zu kürzen.

62

Damit ergibt sich für die abgerechneten Leistungen aus der Rechnung vom 3.7.2008 folgende Korrektur:

63

26.3.08-22.5.08 : 

qualifizierter Mitarbeiter: 

20,25 Std.

x 80 €

        

        

Steuerberater

2 Std.

 x 110 €

        

        

        

        

        

1.840 €

zzgl. MWSt

        

        

        

  349,60 €

        

        

        

        

2.189,60

64

Für die Rechnung vom 22.10.2008 ergibt sich folgende Neuberechnung:

65

6 x 67 € =

402 €

        

6 x 92 € =

552 €

        

        

994 €

        

./.

 480 €

 (bereits bezahlt, s. Anlage K 5)

        

474 €

        

66

Zuzüglich MWSt hat die Beklagte auf diese Rechnung mithin noch

67

564, 06 €

68

geschuldet.

69

Beide ermittelten Beträge führen zu einem begründbaren Gesamtbetrag von 2.753,66 €.

70

g) Die weiter eingewandten Zahlungen für die Finanzbuchhaltung Januar bis März 2008 und Lohnbuchhaltung Januar bis Mai 2008 (Bd. I, Bl. 86) betreffen nicht die streitgegenständliche Rechnung vom 3.7.2008. Gleiches gilt für die behauptete Zahlung von 400 € für das Einrichten der Finanzbuchhaltung. Auch diese betraf das Jahr 2008 ( Anlage B 8, Bd. I Bl. 62 ). Sie stellen daher keine Erfüllungsleistungen nach § 362 Abs. 1 BGB auf die streitgegenständlichen Rechnungen dar.

71

Ansprüche wegen weiterer Mehraufwendungen sind in das Verfahren nicht in substantiierter Weise eingeführt worden und waren deshalb auch nicht zu beurteilen.

72

h) Darüber hinaus ist die Klage unbegründet.

73

Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es nicht. Insbesondere ist es nicht erheblich, jede Einzelne der 761 behaupteten Fehlbuchungen nachzuprüfen, weil der Mehraufwand, der für eine Fehlerkorrektur geltend gemacht worden ist, aus den dargelegten Gründen bereits nicht plausibel dargestellt und damit auch nicht mehr in die Abrechnung einzustellen gewesen ist. Die Angaben der nicht erwähnten, aber vernommenen Zeugen, waren unergiebig.

III.

74

Die Nebenforderungen ergeben sich aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288, Abs. 2 BGB. Die nicht anrechenbaren Rechtsverfolgungskosten waren auf den obsiegenden Anteil zu kürzen. Bei einem Streitwert bis 3000 € beträgt die Geschäftsgebühr 189 €, bei Faktor 1,3 (VV Nr. 2300), 20 € Auslagenpauschale und 19 % MWSt ergeben sich 316,18 €.

75

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 101 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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