Urteil vom Landgericht Neubrandenburg (1. Zivilkammer) - 1 S 19/19
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 10.01.2019, Az. 102 C 949/17, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 714,39 € festgesetzt.
Gründe
i.
- 1
Die Berufungsbeklagte - im Folgenden Klägerin - macht gegen den Berufungskläger - im Folgenden Beklagter - Schadensersatzansprüche wegen Verschmutzung einer Bundesstraße geltend.
- 2
Die Klägerin betreibt ein Straßenreinigungsunternehmen. Sie macht mit der Klage Straßenreinigungskosten aus abgetretenem Recht geltend. Der Beklagte ist ein Versicherungsverein, gegen den Ansprüche aus Auto-Haftpflichtschadensfällen in Deutschland, die durch ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug verursacht wurden, geltend gemacht werden können.
- 3
Die Klägerin schloss mit der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Mecklenburg- Vorpommern, vertreten durch das Straßenbauamt ... mit Datum 16.03.2011/22.03.2011 einen Rahmenvertrag (Bl. 49 ff. Bd. II) über die Beseitigung von verkehrs- und umweltgefährdenden Verunreinigungen auf öffentlichen Verkehrsflächen und Nebenanlagen. Dieser Vertrag enthält die folgenden Regelungen zur Auftragserteilung und zu Abtretungs- / Abrechnungsmodalitäten:
- 4
„§ 6 Auftragserteilung, Information
- 5
1. Die Alarmierung im Einzelfall kann erfolgen durch
- 6
a) das Straßenbauamt ...
b) die zum Straßenbauamt ... gehörenden Straßenmeisterei: ... , ... , ... , ... und ...
c) die Rettungsleitstelle ... und ... .
- 7
Die Auftragserteilung erfolgt per Telefon und/oder per Fax an den Auftragnehmer unter (...)
- 8
2. Sofern im Havariefall einer Auftragserteilung an den Auftragnehmer nicht durch den Auftraggeber erfolgt, ist der Auftraggeber sofort über Ort, Art und Umfang der geplanten bzw. durchgeführten Arbeiten zu informieren. (...)
- 9
§ 8 Abrechnungsmodalitäten/Abtretung
- 10
1. Der Auftragnehmer übersendet für den Fall, dass der Verursacher der Verunreinigung bekannt ist, eine die Leistungen betreffende Rechnung unmittelbar an diesen und/oder dessen Haftpflichtversicherung. Das Mahn- und Betreibungsverfahren übernimmt in diesem Falle der Auftragnehmer. Zur Sicherstellung der Aktivlegitimation verpflichtet sich der Auftraggeber als Geschädigter dem Auftragnehmer die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Schädiger und bei Verunreinigungen, die bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden sind, gegenüber dem Fahrer, Halter und die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des für die Verunreinigung verantwortlichen Fahrzeugs in Höhe der Kosten der durchgeführten Arbeiten abzutreten. Dazu wird zu jedem Einzelfall eine Abtretungserklärung durch den Auftraggeber erstellt und dem Auftragnehmer zugesandt. In der Annahme der Abtretungserklärung durch den Auftragnehmer liegt eine Leistung an Erfüllung statt seitens des Auftraggebers. In diesem Fall erlischt die Zahlungsverpflichtung des Auftraggebers für die Abreinigungskosten. Absatz 2 bleibt unberührt.
- 11
2. (...)
- 12
3. Die Rechnungslegung erfolgt mit prüfbaren Stunden- und Materialnachweisen per Arbeitsblatt. (...)“
- 13
Am 09.01.2014 kam es durch das Fahrzeug (amtliches Kennzeichen: ... ) des polnischen Verkehrsteilnehmers ... , Halter und Fahrer des Fahrzeugs, zu einer Straßenverunreinigung auf der B... / B.... Die Klägerin beseitigte die Straßenverunreinigung und stellte diese mit Rechnung vom 24.11.2017 in Höhe von 714,39 € (Klagesumme) dem Halter und Fahrer des Fahrzeuges in Rechnung. Eine Zahlung erfolgte nicht. Wegen des Inhalts der Rechnung wird auf die Anlage K 3 (Bl. 14 f. Bd. I) Bezug genommen.
- 14
Es gibt ein als „Auftragsbestätigung und Abtretungserklärung“ unterschriebenes Schriftstück der Bundesrepublik Deutschland, Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch das Straßenbauamt ... Straßenmeisterei ... vom 14.01.2014 an die Klägerin (Bl. 4 f. Bd. I), welches u.a. den Schadenstag, den Schadensort, den Halter und die Größe der Kontaminierung angibt. Auf der Seite 2 wird der Auftrag und die ordnungsgemäße Beseitigung der Verunreinigung bestätigt. Auf Seite 1 befindet sich eine Abtretungserklärung, die den folgenden Wortlaut hat:
- 15
„Der Straßenbaulastträger der oben bezeichneten Straße, das Straßenbauamt ..., die Straßenmeisterei ... , ... , ... tritt hiermit den ihm gegen den Schädiger bzw. seinen Haftpflichtversicherer aufgrund des genannten Schadensereignisses zustehenden Schadensersatzanspruch in Bezug auf die geleisteten Reinigungsarbeiten erfüllungshalber unwiderruflich an die beauftragte Reinigungsfirma ab. Die Firma nimmt die Abtretung an. Wir weisen hiermit die/den Ansprechgegner unwiderruflich an, den Forderungsbetrag der Firma unmittelbar dorthin zu begleichen.“
- 16
Die Klägerin behauptet, der Träger der Straßenbaulast, die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch das Straßenbauamt ... , Straßenmeisterei ... habe sie mit der Durchführung der Straßennassreinigung beauftragt. Die Beauftragung sei auf Grundlage des Rahmenvertrages nach durchgeführter Ausschreibung mit dem Straßenbauamt ... ... zustande gekommen.
- 17
Die Arbeiten seien durch den Straßenbaulastträger abgenommen worden und dieser habe die Ansprüche aus dem Schadensereignis an die Klägerin abgetreten.
- 18
Die Straßenverunreinigung habe sich über eine Länge von 105,1 m und einer Breite von 6,10 m erstreckt. Die Arbeiten seien ordnungsgemäß am Schadenstag unter Einsatz einer Reinigungsmaschine Canter CA 75 und zweier Mitarbeiter im Zeitraum von 21:42 Uhr bis 22:45 Uhr durchgeführt worden, wobei noch ein Absperrfahrzeug im Einsatz gewesen sei. Ausschließlich mit der Nassreinigung könne ein Reinwert von 90% erreicht werden, mit Bindemittelreinigung lediglich bis zu 60%. Zudem sei die Bindemittelreinigung nicht günstiger, da Dutzende Mitarbeiter eingesetzt werden müssten.
- 19
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Straßenbaulastträger in seinem Auswahlermessen berechtigt gewesen sei, die geeignete Methode zu bestimmen. Auch die Preise würden der GGV Branchenpreisumfrage 2009/2010 entsprechen. Auch gehe die IGV Preis- und Strukturumfrage 2013 von einem Stundensatz für Einsatzleiter von 65,00 € netto und für Personal von 60,00 € netto aus. Soweit die Beauftragung auf Grundlage einer Ausschreibung erfolgt ist, spreche die widerlegliche Vermutung dafür, dass die in Rechnung gestellten Beträge angemessen seien.
- 20
Zudem sei die Abtretung wirksam. Es liege kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) vor, da lediglich ein Anspruch aus einem Reinigungsverfahren geltend gemacht werde und kein „Strauß von Ansprüchen“.
- 21
Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 714,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.12.2017 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 124,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.01.2018 zu zahlen.
- 23
Der Beklagte hat beantragt,
- 24
die Klage abzuweisen.
- 25
Der Beklagte behauptet, dass aus dem schadensverursachenden Fahrzeug ölige Betriebsstoffe nicht in der Weise und in einem solchen Ausmaß auf die Fahrbahn gelangt seien, dass diese die von der Klägerin behaupteten und abgerechneten Reinigungsmaßnahmen erforderlich gemacht hätten. Die Bindemittelreinigung und die Nassreinigung seien zwei gleichwertige Verfahren. Es wäre ausreichend gewesen, die Verunreinigung einfach mit Bindemitteln zu entfernen und nicht das wesentlich teurere Nassreinigungsverfahren zur Anwendung zu bringen. Auch habe der Straßenbaulastträger sein Ermessen im Hinblick auf die Reinigungsvarianten nicht ausgeübt.
- 26
Er ist der Ansicht, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei und bestreitet, dass die die Abtretungsurkunde unterzeichnenden Personen zur Abtretung berechtigt gewesen seien und es überhaupt einen Auftrag gegeben habe. Die Abtretung an die Klägerin sei auch wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam gewesen, da die Klägerin in unzulässiger Weise fremde Rechtsangelegenheiten wahrnehme. Die Abtretung sei auch nur erfüllungshalber erfolgt.
- 27
Die Klägerin könne sich im Übrigen im Verhältnis zum Beklagten nicht auf eine erleichterte Darlegungs- und Beweislast berufen, da er nur eine Institution im Rahmen des internationalen Grüne-Karte-Systems sei, nicht aber der Verursacher oder Haftpflichtversicherer. Der Geschädigte sei hier nicht zu privilegieren, da er im Rechtsstreit nicht auftrete. Aufgrund der Abtretung sei der Schadensersatzanspruch zu einem Zahlungsanspruch auf Werklohn umgewandelt worden, wobei die insoweit geltenden Darlegungs- und Beweislastregeln zu berücksichtigen seien. Es obliege auch der Klägerin, die Angemessenheit der Preise nachzuweisen, wobei ein Sachverständigengutachten einzuholen sei. Im Übrigen seien auch die veranschlagten Kosten für die Nassreinigung unangemessen hoch. Entsorgungskosten seien mangels Nachweisen nicht ersatzfähig.
- 28
Das Amtsgericht Neubrandenburg hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... ... . Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.01.2019 (BI. 73 ff. Bd. II) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten und des angefochtenen Urteils vom 01.02.2019 (Bl. 78 Bd. II) Bezug genommen. Mit diesem hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben.
- 29
Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei aktivlegitimiert. Der Anspruch sei (ohne weitere Begründung) wirksam abgetreten worden. Zudem stehe der Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu. Die Leistungen seien erbracht worden und der vernommene Zeuge habe glaubhaft dargelegt, dass das Nasssaugeverfahren das bessere Verfahren gewesen und das Aufbringen des Ölbindemittels nicht ausreichend gewesen sei. Die Preise seien ortsüblich und angemessen.
- 30
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung und beantragt unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klageabweisung. Zur Begründung rügt er, dass sich das Amtsgericht nicht mit der Frage der unwirksamen Abtretung und dem Rechtsdienstleistungsgesetz auseinandergesetzt habe. Zudem sei die Beweiswürdigung fehlerhaft und lückenhaft. Das Amtsgericht habe rechtsfehlerhaft das angebotene Sachverständigengutachten zum Ausmaß des Schadens als auch zur Erforderlichkeit und Umfang der Maßnahmen nicht eingeholt. Zudem greife die Rechtsprechung über die Indizwirkung einer beglichenen Rechnung nicht, da diese nicht gegenüber dem Geschädigten ausgestellt und auch nicht beglichen worden sei. Nur der preisgebundene Geschädigte sei schützenswert. Zu berücksichtigen sei auch die fehlende Ermessensausübung durch den Straßenbaulastträger.
- 31
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und führt aus, dass es keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen der Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast aufgrund des Rahmenvertrages bedurft habe. Die Preise würden auch der IGV Preis- und Strukturumfrage 2018 entsprechen. Die Klägerin beantragte die Verwertung des Gutachtens des Herrn Prof. ... vor dem LG Bonn (5 S 44/18) vom 15.02.2018 bzgl. der Frage der Erforderlichkeit der Nassreinigung. Der Beklagte widersprach der Verwertung.
- 32
Mit Beschluss vom 22.01.2021 wurde die Verwertung des Gutachtens vom 22.11.2018 aus dem beigezogenen Verfahren vor dem Landgericht Neubrandenburg mit dem Aktenzeichen 1 S 101/17 (104 C 976/16 AG Waren) angeordnet.
II.
- 33
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
- 34
Zu Recht hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Das Berufungsvorbringen des Beklagten gibt keinen Anlass, von dieser Entscheidung abzuweichen.
1.
- 35
Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch aus abgetretenem Recht der Bundesrepublik Deutschland dem Grunde nach zu gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - VI ZR 184/10 -, juris, Rn. 13 ff.).
- 36
Es wird nicht infrage gestellt, dass Dieselkraftstoff aus dem streitgegenständlichen Fahrzeug die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehende Bundesstraße B 104 / B 197 (Art. 90 Abs. 1 GG) in deren bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht unerheblich beeinträchtigte, infolgedessen eine Sachbeschädigung vorlag, die dem Fahrzeug des polnischen Verkehrsteilnehmers ... zuzuordnen war. Bundesstraßen unterliegen gemäß Art. 90 Abs. 2, 3 GG der Auftragsverwaltung durch die Länder, wobei die übertragene Unterhaltung und Instandsetzung gemäß § 60 StrWG - MV den Landkreisen und kreisfreien Kleinstädten obliegt.
- 37
Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig gegeben.
a)
- 38
Es besteht nach Ansicht der Kammer kein Zweifel daran, dass Gegenstand der durch die Straßenmeisterei ... erklärten Abtretung die Ansprüche der Bundesrepublik Deutschland wegen der Verschmutzung auf der B ... / B ... sein sollten. Die Abtretungsvereinbarung (Bl. 4 Bd. I) ist durch den Benachrichtigungszeitpunkt, den Schadensort, den Fahrzeughalter, das Fahrzeug und das Kennzeichen sowie die Größe der Kontaminierung und die vergebene Schadensnummer hinreichend individualisiert.
- 39
Die Abtretungserklärung vom 14.01.2014 wurde durch die Straßenmeisterei ... gestempelt und ist mit einer Unterschrift versehen. Soweit der Beklagte Bedenken gegen die Berechtigung der unterzeichnenden Person zur Abtretung äußert, genügt das pauschale Anzweifeln der Befugnis der Person zur Abgabe einer solchen Abtretungserklärung durch die Beklagtenseite nicht. Zwar ist dies ein Umstand, der aus dem Wahrnehmungsbereich der Klägerin stammt, die Handhabung entspricht aber der getroffenen Regelung zwischen der Klägerin und dem Straßenbaulastträger in dem Rahmenvertrag von 2011. Denn dort ist in § 8 Nr. 1 explizit geregelt, dass sich der Auftraggeber (damit der Straßenbaulastträger) verpflichtet, dem Auftragnehmer (hier die Klägerin) die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Schädiger, dem Fahrer, Halter und der Versicherung abzutreten. Dem entspricht die Erklärung vom 14.01.2014.
b)
- 40
Die Abtretung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 2, 3 RDG unwirksam.
- 41
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen eine Rechtsdienstleistung, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistung ist nach § 3 RDG nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 RDG dürfen Inkassodienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG nur von Personen erbracht werden, die bei der zuständigen Behörde registriert sind und über besondere Sachkunde verfügen. Die Klägerin ist unstreitig nicht nach § 10 Abs.1 RDG registriert.
- 42
Es liegt auch kein von § ... 2 Abs. 2 Satz 1 RDG erfasster Forderungskauf vor. Die streitgegenständliche Forderung wurde nicht endgültig auf den Erwerber übertragen. Dieser übernimmt insbesondere nicht das volle Durchsetzungsrisiko sowie das Bonitätsrisiko. Aus dem im Jahr 2011 geschlossenen Rahmenvertrag ergibt sich zwar, dass in der Annahme der Abtretungserklärung durch den Auftragnehmer eine Leistung an Erfüllung statt seitens des Auftraggebers liegen soll, aus dem Wortlaut der Abtretungserklärung vom 14.01.2014 ergibt sich jedoch, dass die Klägerin sich die Forderung lediglich erfüllungshalber übertragen lassen hat. Demgemäß wäre das Straßenbauamt als Zedent weiterhin in der Haftung für die Verbindlichkeit neben dem nunmehr in Anspruch genommenen Beklagten. So muss das Straßenbauamt die von ihr beauftragte Werkleistung vergüten, wenn die Versicherung die Regulierung verweigert.
- 43
Dieser Umstand steht der Aktivlegimitation der Klägerin jedoch nicht entgegen.
- 44
Auch wenn die ihr übertragene Forderung für sie weiterhin wirtschaftlich fremd ist, liegt in der Forderungseinziehung der Klägerin als Reinigungsunternehmen kein eigenständiges Geschäft der i.S.d. § 2 Abs. 2 RDG vor. Jedenfalls ist diese als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsbild gem. § 5 Abs. 1 RDG erlaubt.
- 45
Ein eigenständiges Geschäft liegt vor, wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt. Da im vorliegenden Fall eine ständige haupt- oder nebenberufliche Inkassotätigkeit der Klägerin nicht in Rede steht, kommt es allein darauf an, ob die Forderungseinziehung durch die Klägerin lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt. Für die Abgrenzung zu einer Hauptleistung sind auch im Rahmen des eigenständigen Geschäfts nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG die in § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG genannten Kriterien maßgeblich (BGH, Urteil vom 30.10.2012 - XI ZR 324/11 -, juris Rn. 22). Ob eine Nebenleistung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
- 46
Das Amtsgericht Ludwigslust hat in dem vom Beklagten zitierten Urteil vom 09.10.2018 - 41 C 534/17 - (Anlage B 29, Bl. 59 ff. Bd. II) in einem vergleichbaren Fall entschieden und eine Aktivlegitimation mit folgender Argumentation verneint:
- 47
„Die Einziehung abgetretener Forderung bleibt erkennbar an der formularmäßigen Ausgestaltung der Auftragsbestätigung/Abtretungserklärung wesentlicher Bestandteil der kaufmännisch-betrieblichen Tätigkeit der Klägerin. Sie wird nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erbracht, denn sie gehört nicht zum Betriebsbild des klägerischen Unternehmens, das die Reinigung von Straßenflächen betreibt. Die vollumfängliche Geltendmachung des Schadensersatzes gegenüber Versicherungen u.a. erfordert spezielle Rechtskenntnisse im Schadensrecht und stellt in einer Gesamtbetrachtung keine untergeordnete Nebenleistung dar, da der Träger der Straßenbaulast, das Straßenbauamt hinsichtlich der Vergütung der von ihr beauftragten Werkleistung letztendlich frei werden soll. “
- 48
Das Landgericht Schwerin hat in dem Berufungsverfahren mit Beschluss vom 07.04.2020 - 2 S 63/18 - (Anlage B 28, Bl. 45 ff. Bd. III) gegen das oben genannte Urteil des AG Ludwigslust ebenfalls die Ansicht vertreten, dass die Klägerin eine Rechtsdienstleistung vornimmt, die nicht von einem Erlaubnistatbestand umfasst ist. Begründet wird dies damit, dass die Forderungseinziehung durch die Klägerin keine Nebenleistung, sondern ein eigenständiges Geschäft sei, da die Geltendmachung von streitigen Schadensersatzansprüchen unabhängig von Grund und Höhe mit dem Kerngeschäft der Klägerin, der Nassreinigung, welches substantielle Rechtskenntnisse nicht erfordere, nichts zu tun habe.
- 49
Nach Ansicht der Kammer ist jedoch bei der Frage, ob die Einziehung von Forderungen ein eigenständiges Geschäft der Klägerin darstellt und falls ja, ob dies nach § 5 Abs. 1 RDG zulässig wäre, entscheidend die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes über die Zulässigkeit der Einziehung von Gutachterkosten durch einen Sachverständigen zu beachten (BGH, Urteil vom 17.10.2017 - VI ZR 527/16 -, juris Rn. 15 ff.). In dem Urteil wird im Einzelnen ausgeführt:
- 50
„Die Einziehung ... fremder oder zum ... Zwecke ... der ... Einziehung auf fremde ... Rechnung abgetretener Forderungen gilt nach § 2 Abs. 2 RDG schon unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen ... des § ... 2 ... Abs. ... 1 RDG als Rechtsdienstleistung, ... wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Ein solches eigenständiges Geschäft liegt nach allgemeiner Auffassung aber nicht vor, wenn Kfz- Werkstätten die Einziehung abgetretener Erstattungsansprüche übernehmen (Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Auflage, § ... 2 Rn. 91; Kleine-Kosack, Rechtsdienstleistungsgesetz, 3. Aufl., § ... 2 Rn. 107; Offermann-Burckart in Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2010, § 2 Rn. 135; Otting, SVR 2011, 8, 9; ferner Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes, BT-Drs. 16/3655, S. 49). Für Sachverständige kann - bezogen auf den Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenkosten - nichts anderes gelten (vgl. Kleine-Kosack aaO; Otting aaO). Wie häufig der Sachverständige im Zusammenhang mit der Erstellung eines Unfallschadensgutachtens zugleich die Einziehung des die Sachverständigenkosten betreffenden Schadensersatzanspruchs beim Unfallgegner beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer übernimmt, ist entgegen der Auffassung der Revision von vornherein unerheblich. Denn die Einziehung bleibt unabhängig von ihrer Häufigkeit in jedem Einzelfall bloßer Annex zur Hauptleistung „Gutachtenerstellung“ (vgl. Otting aaO). Schon deshalb stellt sie kein eigenständiges Geschäft im Sinne des § 2 Abs. 2 RDG dar. “
- 51
Diese Ansicht lässt sich ebenso auf den vorliegenden Fall übertragen. Hauptgeschäft der Klägerin ist immer noch die Straßenreinigung als solche. Ob sie bei der Beauftragung durch den Bund bzw. das Land MV zugleich regelmäßig auch die Beitreibung der Forderung übernimmt, wäre nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes irrelevant.
- 52
Zudem hat der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 17.10.2017 - VI ZR 527/16 - (juris Rn. 18) weiter ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob eine Rechtsdienstleistung nach § 2 RDG vorliege, weil diese jedenfalls nach § 5 RDG erlaubt sei:
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„In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist anerkannt, dass die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung auf Erstattung von Mietwagenkosten durch das Mietwagenunternehmen jedenfalls nach § 5 Abs. 1 RDG grundsätzlich erlaubt ist, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten im Streit steht (Senatsurteile vom 31. Januar 2012 - VI ZR 143/11, BGHZ 192, 270 Rn. 7ff.; vom 11. September 2012 - VI ZR 296/11, DAR 2012, 637 Rn. 12; vom 11. September 2012 - VI ZR 238/11 Rn. 19, juris; vgl. ferner Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes, BT-Drs. 16/3655 S. 53). Für die Geltendmachung der an den Sachverständigen abgetretenen Forderung auf Erstattung der Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen kann nichts anderes gelten (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 19. Februar 2014 - 7 U 111/12, BeckRS 2014, 06732; Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Aufl, § 5 Rn. 111; Kleine-Kosack, Rechtsdienstleistungsgesetz, 3. Aufl., § 5 Rn. 168; vgl. ferner Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes, BT-Drs. 16/3655, S. 53). Ist - wie im Streitfall - allein die Höhe der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten streitig, so darf deshalb auch der Sachverständige den ihm insoweit vom Geschädigten erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzanspruch gemäß § 5 Abs. 1 RDG gegenüber dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer geltend machen. “
- 54
Dem schließt sich die Kammer an und überträgt die Rechtsprechung auf die Fälle der Einziehung ... einer ... abgetretenen ... Schadensersatzforderung ... durch ... ein Straßenreinigungsunternehmen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Schadensregulierung generell dem Tätigkeitsprofil eines mit der Schadensbeseitigung befassten Reinigungsbetriebes entsprechen mag. Denn jedenfalls dann, wenn der Schaden des Zedenten allein in der Belastung mit der Forderung des Zessionars besteht, spielt es bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Rolle, ob das Reinigungsentgelt gegenüber dem Auftraggeber - hier: dem Zedenten -, dies wäre unzweifelhaft ein Nebengeschäft im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG, oder aber gegenüber dem Schädiger geltend gemacht wird. Dies muss vorliegend umso mehr auch deshalb gelten, weil die Haftung der Beklagten gegenüber dem für die Bundesstraße im hier maßgeblichen Abschnitt “zuständigen“ Straßenbaulastträger dem Grunde nach außer Streit steht (so auch OLG Dresden, Urteil vom 15.07.2020 - 12 U 2866/19 -, Bl. 70 ff. Bd. III; vgl. auch BGH, Urteil vom 31.01.2012 - VI ZR 143/11 -, juris Rn. 8 f. zur Einziehung abgetretener Mietwagenforderungen).
2.
- 55
Die Feststellungen des Amtsgerichts zur Höhe des Schadensersatzanspruches sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.
- 56
Grundsätzlich hat das Berufungsgericht gemäß § 529 ZPO die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches ist in erster Linie Sache des nach § ... 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters und deshalb lediglich daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zu Grunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 20.12.2016 - VI ZR 612/15 -, juris Rn. 7).
- 57
Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, nur darauf ist der - hier an die Klägerin zedierte - Anspruch des Geschädigten gerichtet, nicht etwa auf den Ausgleich einer an ihn gerichteten Rechnung. Der Vortrag des Beklagten, dass sich der Inhalt der Schadensersatzforderung durch die Abtretung ändere, weil nicht mehr der Geschädigte die Schadensersatzforderung geltend mache, ist unzutreffend. Denn der Zessionar erwirbt die Forderung in der Form, wie sie zuvor in der Person des Zedenten bestand (BGH, Urteil vom 19.07.2016 - VI ZR 491/15 -, juris Rn. 22).
- 58
Als erforderlicher Herstellungsaufwand sind jedoch nur die Kosten anzusehen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig bzw. angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zur wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGH, Urteil vom 19.07.2016 - VI ZR 491/15 -, juris Rn. 16; BGH, Urteil vom 20.12.2016 - VI ZR 612/15 -, juris Rn. 9).
a)
- 59
Die Klägerin genügt mit der Rechnungslegung allein nicht ihrer Darlegungs- und Beweislast, da diese von dem in Anspruch genommenen Fahrzeughalter nicht beglichen wurde. Denn im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO kann wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages nur eine Rechnung sein, wenn diese vom Geschädigten auch tatsächlich beglichen wurde (BGH, Urteil vom 19.07.2016 - VI ZR 491/15 -, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 09.12.2014 - VI ZR 612/14 -, juris Rn. 10; OLG Dresden, Urteil vom 15.07.2020 - 12 U 2866/19 -). Der BGH führt dazu im Hinblick auf eine vom Sachverständigen ausgestellte Rechnung im Einzelnen aus (Urteil vom 19.07.2016 - VI ZR 491/15 -, juris Rn. 19 ff.):
- 60
„Nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand bildet einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des vom Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher.
- 61
Diese Grundsätze gelten auch bei einer Abtretung der Forderung auf Ersatz der Sachverständigenkosten. Legt der an die Stelle des Geschädigten getretene Zessionar lediglich die unbeglichene Rechnung vor, genügt danach ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht der Zessionar andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringen kann. Bei der dann vom Tatrichter zu leistenden Bemessung der Schadenshöhe ist zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen.
- 62
Soweit das Berufungsgericht meint, eine der beglichenen Rechnung vergleichbare Indizwirkung trete auch bei einer Abtretung der Schadensersatzforderung erfüllungshalber an den Sachverständigen ein, irrt es (ähnlich AG Bad Neustadt, DV 2016, 138, 139). Abgesehen davon, dass regelmäßig die Abtretung bereits mit dem Gutachtenauftrag, also vor Kenntnis der endgültigen Honorarforderung und Vorliegen der Rechnung erfolgt, stellt die Entscheidung für eine Abtretung, mit der der Geschädigte eine Erfüllung der Honorarforderung des Sachverständigen ohne seinen eigenen finanziellen Beitrag anstrebt und die ihn deshalb nicht unmittelbar belastet, keinen der Zahlung vergleichbaren Hinweis auf seine Erkenntnismöglichkeiten dar (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, juris Rn. 12). Sein Interesse an der Prüfung der Höhe der Forderung ist nämlich gering, wenn er darauf vertrauen kann, dass sie von einem Dritten bezahlt werden wird. “
- 63
Eine beglichene Rechnung liegt hier gerade nicht vor. Damit kann sich die Klägerin zur Begründung der Höhe der an sie abgetretenen Schadensersatzforderung nicht mit Erfolg auf die Indizienwirkung ihrer eigenen und unberichtigt gebliebenen Rechnung als solche berufen.
b)
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Die Klägerin kann Schadensbeseitigungskosten jedenfalls in Höhe der gemäß § 632 Abs. 2 letzte Alt. BGB für solche Reinigungsleistungen eines zertifizierten Fachbetriebes üblichen Vergütung beanspruchen. Rechtlich ist ein solcher Reinigungsvertrag als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB zu qualifizieren, weil ein Reinigungserfolg, nämlich die vollständige Beseitigung des Kraftstoffauftrags, geschuldet ist.
- 65
Es bestehen nach der durch das Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme keine Zweifel daran, dass die Klägerin vom Straßenbaulastträger vermittelt von der Einsatzleitstelle für den Bereich der Bundesstraße wirksam beauftragt wurde. Der Zeuge ... hat im Rahmen der Hauptverhandlung am 10.01.2019 bekundet, dass es üblicherweise so sei, dass die Einsatzkräfte über die Einsatzleitstelle informiert werden würden, was in diesem Fall auch so gewesen sei. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 des Rahmenvertrages kann die Alarmierung u.a. durch die Rettungsleitstellen ... und ... erfolgen. In Satz 2 heißt es dann, dass die Auftragserteilung per Telefon oder Fax an den Auftragnehmer erfolgt. Damit dürfte es sich hier um eine wirksame Beauftragung der Klägerin durch die Rettungsleitstelle handeln. Selbst wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Beauftragung durch die Leitstelle bestehen bleiben würden, so hätte das für die Eigentümerin der Bundesstraße handelnde Straßenbauamt den Vertragsschluss jedenfalls genehmigt, § 177 Abs. 1 BGB. Dass dieses das Geschäft gegen sich gelten lassen wollte, verdeutlicht das Schreiben der Straßenmeisterei vom 14.01.2014, wonach die Abtretung urkundlich belegt ist und ausdrücklich erfüllungshalber erfolgte sowie der Auftrag und die Ordnungsmäßigkeit der Beseitigung der Verunreinigung der Fläche bestätigt wird.
c)
- 66
Sofern der Beklagte einwendet, das Amtsgericht habe den tatsächlich entstandenen Beseitigungsaufwand unrichtig ermittelt, so verhilft auch das seiner Berufung nicht zum Erfolg. Die Tatsachenfeststellung des Amtsgerichts, welches sich seine Überzeugung nach Beweiserhebung durch die Zeugenvernehmung gebildet hat, ist nicht zu beanstanden.
- 67
Aus der Berufungsbegründung ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit bzw. Vollständigkeit der Beweisaufnahme. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Ausmaß des Schadens scheidet mangels noch verfügbarer Anknüpfungstatsachen aus. Dass die Lichtbilder vom Schadensort aufgrund der Dunkelheit das Ausmaß des Schadens nicht belegen, ist unerheblich, da das Amtsgericht seine Überzeugung durch die Aussage des Zeugen ... gewonnen hat. Das Amtsgericht hat sich im Urteil mit dieser Zeugenaussage umfassend auseinandergesetzt. Der Zeuge war mit der Vornahme der streitgegenständlichen Reinigungsarbeiten selbst betraut und hat den Umfang bestätigt. Soweit im Urteil Aussagen des Zeugen wiedergegeben werden, finden sich diese im Protokoll. Allein der Umstand, dass der Zeuge ... Mitarbeiter der Klägerin ist, macht seine Aussage entgegen der Auffassung der Beklagten nicht per se unglaubhaft. Anhaltspunkte dafür, dass das Aussageverhalten des Zeugen ... durch die Nähe zu seinem Arbeitgeber geprägt war, ergeben sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2019 nicht. Derartige Anhaltspunkte, die geeignet wären, die vom Amtsgericht getroffene Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen, werden auch von der Berufung nicht vorgetragen.
d)
- 68
Soweit der Beklagte weiter vorträgt, mit dem Einsatz eines Reinigungsfahrzeuges sei ein nicht notwendiges Reinigungsverfahren gewählt worden, da eine Bindemittelreinigung mit deutlich geringerem Aufwand möglich gewesen sei und die Auswahl des Verfahrens auch nicht dem beauftragten Unternehmen überlassen werden dürfte, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Geschädigte grundsätzlich die freie Wahl der Mittel zur Schadensbehebung hat. Bei der Beseitigung von Fahrbahnverschmutzungen steht den zuständigen Behörden ein erheblicher Entscheidungsspielraum hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen zu, um die Befahrbarkeit und einen sicheren Zustand der Straße so schnell wie möglich wiederherzustellen. Dabei verstößt es in der Regel nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn bei der Beauftragung auf den zu erwartenden Beseitigungsaufwand und den sichersten Weg einer vollständigen Schadensbeseitigung abgestellt wird. Ob sich im Nachhinein herausstellt, dass ein geringerer Aufwand ausgereicht hätte, ist aus schadensrechtlicher Sicht unerheblich, soweit keine Maßnahmen veranlasst wurden, die ersichtlich außer Verhältnis zu dem Anlass und dem zu erwartenden notwendigen Schadensbeseitigungsaufwand standen (BGH, Urteil vom 20.12.2016 - VI ZR 612/15 -, juris Rn. 11 ff.).
- 69
Soweit der Beklagte einwendet, dass der Straßenbaulastträger als Geschädigter sein Ermessen im Hinblick auf die Reinigungsvariante nicht ausgeübt hat, muss dem entgegengehalten werden, dass der Straßenbaulastträger mit Abschluss des Rahmenvertrages und der damit getroffenen Entscheidung nur das Nassreinigungsverfahren anwenden lassen zu wollen, bereits sein Ermessen ausgeübt hat. Denn der Zeuge ... hat im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht bekundet, dass von der Klägerin ausschließlich das Nassreinigungsverfahren angewendet werde und das Trockenreinigungsverfahren nicht zum Einsatz komme. Es ist nach Ansicht der Kammer nicht erforderlich, dass der Straßenbaulastträger bei jedem Schadensfall sein Ermessen neu ausübt, wenn er grundsätzlich das Nassreinigungsverfahren für vorzugswürdig hält.
- 70
Soweit der Beklagte vorträgt, die Bindemittel- und die Nassreinigung seien zwei gleichwertige Verfahren, so spricht dafür nicht nur das DWA-Regelwerk, Merkblatt BWA-M 715 des technischen Hilfswerkes, sondern auch der Sachverständige ... kommt in seinem Gutachten vom 22.11.2018 in einem vergleichbaren Verfahren vor dem Landgericht Neubrandenburg (Az.: 1 S 101/17), in dem auch der Beklagte Partei des Rechtsstreites war und deren Verwertung gemäß § 411a ZPO angeordnet wurde, zu der Einschätzung, dass es sich um zwei alternative Reinigungsmethoden handelt. Er kommt aber auch zu dem Schluss, dass beide jeweils für sich Stärken und Schwächen hätten. Die Anwendung der Trockenreinigung habe vor allem bei kleinen und mittleren Verunreinigungen Vorteile, wobei er aber bereits eine Fläche mit 800 m2 als relativ große Fläche einstuft, wovon die hiesige Fläche mit 641 m2 nicht groß abweicht.
- 71
Entscheidend ist aber aus Sicht der Kammer bei der Frage der Wahl des Reinigungsverfahrens zu bedenken, dass es sich bei der Unfallstelle um eine Bundesstraße handelt. Aus diesem Grunde war es geboten, die Verkehrsbehinderungen in Folge des Unfalls so gering wie möglich zu halten sowie die Störungen und die mit der Flüssigkeitsspur verbundene Gefahrenquelle schnell und nachhaltig zu beseitigen. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat der Beklagte nicht erbracht.
- 72
Der Einsatz des Reinigungsfahrzeuges durch die Klägerin war nach den zeitlichen Angaben in der Rechnung geeignet, den Schaden bei einer Einsatzzeit von nur 45 min zu beseitigen. Damit erscheint diese Maßnahme aus vorausschauender Sicht auch als äußerst vernünftig und steht nicht außer Verhältnis zu dem Anlass und zu dem erwartenden notwendigen Schadensbeseitigungsaufwand. Gerade vor dem Hintergrund, dass eine Bundesstraße derart verunreinigt worden ist, dass der Verkehr stark beeinträchtigt oder gar verhindert wird, ist die zuständige Behörde gehalten, in die Prognose mit einfließen zu lassen, dass die Befahrbarkeit und ein sicherer Zustand der Straße so schnell wie möglich wiederhergestellt wird, was bei einer vom Beklagten vorgeschlagenen Trockenreinigung nicht der Fall gewesen wäre. Dies ergibt sich für die Kammer aus den theoretischen Ausführungen des Beklagten und der von ihm vorgelegten Anlage B 14 (Bl. 206 ff. Bd. I) selbst. Dort ist in einer Modellrechnung für eine ungefähr halb so große Fläche (375 m2) bereits eine Reinigungszeit von 2,5 h bzw. bei zwei Arbeitern von 1,2 h errechnet worden. Hierauf musste sich die Klägerin bzw. die zuständige Behörde aus Schadensminderungsgesichtspunkten zu Recht nicht verweisen lassen.
e)
- 73
Im Hinblick darauf, ob zum Nachweis der Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Preise es der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurft hätte, ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin hier am Ende eines Vergabeverfahrens mit den streitgegenständlichen Arbeiten betraut worden ist. Ergebnis war 2011 das Zustandekommen eines Rahmenvertrages über die Beseitigung von Verkehrs- und umweltgefährdenden Verunreinigungen auf öffentlichen Verkehrsflächen und Nebenanlagen. Die zur Abrechnung in der Rechnung vom 24.11.2017 in Ansatz gebrachten Einzelpreise entsprechen der Preisliste Anlage 1 (Bl. 55 Bd. II) zum Rahmenvertrag von 2011.
- 74
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine Vergütungsvereinbarung oder eine Rahmenvereinbarung zwischen der zuständigen Behörde und dem Reinigungsunternehmen dem Schadensumfang zugrunde gelegt werden, wobei aber die Fachbehörde aufgrund ihres Sachverstandes Sorge dafür zu tragen hat, dass sich keine von den Reinigungsunternehmen diktierte unangemessene Preisgestaltung etabliert. Verlangt das Reinigungsunternehmen für die Behörde erkennbar deutlich überhöhte Preise, kann sich die Beauftragung dieses Reinigungsunternehmens als nicht erforderlich erweisen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 612/15 -, juris Rn. 13). Liegt der Vereinbarung eine Ausschreibung zugrunde, kann im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung neben den Erkenntnismöglichkeiten der Behörde der Frage besondere Bedeutung zukommen, ob und inwieweit diese die Höhe der für die Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten (mithin die Preisgestaltung) beeinflussen kann (vgl. Senatsurteil vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 22). Ist etwa aufgrund entsprechender Marktkonstellationen nur ein Bieter aufgetreten, der den Zuschlag erhalten hat, so ist es grundsätzlich nicht Aufgabe der Zivilgerichte, im Rahmen der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Kontrolle der wirtschaftlichen Angemessenheit der auf Grundlage der Ausschreibung zustande gekommenen Preise vorzunehmen und hierzu ein Sachverständigengutachten einzuholen (BGH, Urteil vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14 - juris Rn. 21; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 612/15 -, juris Rn. 13).
- 75
Dies gilt auch für den Fall, dass eine unbeglichene Rechnung vorliegt und die erleichterte Darlegungslast nicht greift. Bei einem Vergabeverfahren sind gerade wirtschaftliche Gesichtspunkte relevant und sprechen deshalb schon für ein preislich nicht überteuertes Unternehmen. Zweck des Vergabeverfahrens ist vor allem die wirtschaftliche Beschaffung - wenn auch mit Blick auf eine möglichst sparsame Haushaltsführung - und damit Leistungen zu angemessenen Preisen zu vergeben. Aufgrund der Merkmale, dass der Zuschlag auf Angebote, die in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, nicht erteilt werden darf und der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen ist, steht die Wahl des Vergabeverfahrens nach VOL/A für die Beauftragung eines Reinigungsunternehmens mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Einklang (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 612/15 -, juris Rn. 17).
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Soweit allein der Umstand der Ausschreibung mit dem darauf basierenden Rahmenvertrag von 2011 als Beleg für die Angemessenheit der Preise nicht ausreichen sollte, helfen zwar die von den Parteien vorgelegten Preis- und Strukturumfragen hier konkret nicht weiter, weil die in den Umfragen vorgenommene Kategorisierung der Maschinen nicht ohne Weiteres für die von der Klägerin benutzte Reinigungsmaschine vorgenommen werden kann, jedoch lassen sich die Ausführungen des Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom 22.11.2018 in einem vergleichbaren Verfahren vor dem Landgericht Neubrandenburg (Az.: ... 1 S 101/17) auf den vorliegenden Fall übertragen, der der Verwertung in anderen Verfahren zugestimmt hat. Dem Gutachter wurde mit Beschluss vom 19.04.2018 u.a. die Beantwortung folgender Beweisfrage aufgegeben:
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„Es ist Beweis zu erheben über die Behauptungen der Klagepartei, (...) dass die (von) der Autobahnmeisterei (...) angesetzte Vergütung von 335,00 € netto pro Stunde für den streitgegenständlichen Reinigungseinsatz ortsüblich gewesen sei (...). Sollte der Sachverständige zu dem Ergebnis kommen, dass (...) die aufgeführte Vergütung nicht ortsüblich gewesen ist, hat er (...) die ortsübliche Vergütung zu bestimmen.“
- 78
Hierauf hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 22.11.2018 nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass sich deutschlandweit kein einheitliches Preisgefüge ergebe. Bei Vergleich der Preise in Mecklenburg-Vorpommern habe sich ein Mittelwert von 337,- € pro Stunde für den Einsatz einer Reinigungsmaschine ergeben. Die hier angesetzten Kosten für die selbstfahrende Reinigungsmaschine von 320,- € pro Stunde würden sich daher im Mittelfeld bewegen, selbst wenn auch Unternehmen, die an der Grenze zum Bundesland ihren Sitz haben, in die Vergleichsberechnung mit einbezogen werden.
- 79
Des Weiteren überschreiten die in der Rechnung ausgewiesenen Personalkosten von 55,- €/h nicht die Preise der von den Parteien vorgelegten Preis- und Strukturumfragen der IGV von 2013 und 2018 sowie der GGVU Branchenpreisumfrage 2009/2010 (mit Ausnahme der Kosten für Hilfskräfte, die jedoch mehrheitlich nicht eingesetzt werden) und bewegen sich im Rahmen dessen, was der Sachverständige in seinem Gutachten mit 50,- € bis 60,- € ansetzt.
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Soweit der Beklagte der Ansicht ist, dass Entsorgungskosten mit 75,- € (0,25 €/l) nicht ersatzfähig seien, muss bedacht werden, dass außer Streit steht, dass eine fachgerechte Entsorgung des Öl-Wassergemisches erforderlich war. Zudem legt der Beklagte selbst die Preis- und Strukturumfrage 2013 der IGV vor, wonach Entsorgungskosten im Median mit 0,32 €/l angegeben werden und wovon die Beurteilung in der neueren Umfrage der IGV von 2018 nicht abweicht.
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Damit sind die in Rechnung gestellten Kosten auch unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zur nicht zu beanstandenden Wahl des Nassreinigungsverfahrens angemessen. Soweit es dennoch erforderlich sein sollte, eine Vergleichsrechnung mit hypothetischen Kosten infolge einer Trockenreinigung mit Ölbindemittel anzustellen, kann das Gutachten des Sachverständigen ... ebenfalls herangezogen werden.
- 82
Der Sachverständige führt aus, dass sich unabhängig davon, ob eine Trockenreinigung manuell oder maschinell (Kehrmaschine) vorgenommen wird, sich mit zunehmender Flächengröße der erforderliche Ölbindemitteleinsatz und damit der Entsorgungsaufwand erhöht. Bei einer rein manuellen Trockenreinigung liege bei größeren Flächen zudem ein erheblicher Personalaufwand vor. Hinzu komme, dass sich bei regennassen Fahrbahnen der Material-, Entsorgungs- und Reinigungsaufwand zusätzlich erhöhe, da gängige Ölbindemittel oftmals auch Regenwasser absorbieren und sich auch aufwendiger aufnehmen/aufkehren lassen würden.
- 83
Grob überschlägig wäre bei einer Trockenreinigung einer Fläche von rund 800 m2 bei regennasser Fahrbahn ein geschätzter Zeitaufwand bei manueller Vornahme von rund 30 Mannstunden anzusetzen. Damit wäre bei einem Stundenlohn von 55,00 € allein 1.650,00 € Stundenlohn zu berechnen. Der Stundenlohn überschreite damit die geltend gemachte Forderung der Nassreinigung, wobei die Kosten des Materials des Ölbindemittels (ca. 1.000 - 1.600 kg x 0,90 ... € bis 1,00 ... €) und der Entsorgung (1.000 kg bis 1.600 kg x 1,5 [Volumenzunahme durch Nässe] x 0,65 €) noch nicht einmal berücksichtigt wurden (S. 21 f. des Gutachtens). Auf die hier streitgegenständliche Fläche von ca. 600 m2 wären somit ca. 22,5 Mannstunden mit Kosten von 1.237,50 € anzusetzen. Aber auch bei trockener Fahrbahn sei realistischer Weise nur mit 60 m2 bis 100 m2 Mannleistung die Stunde zu rechnen, sodass bei der hiesigen Fläche von 641 m2 vorliegend auch dann ca. 6-10 Mannstunden mit Kosten von 330,00 € bis 550,00 € netto anzusetzen wären. Bei einem Einsatz von einer kleinen bis mittleren Kehrmaschine, so der Sachverständige im Parallelverfahren weiter, müsse bei einem Kehraufwand von 3 Stunden mit Kosten von 300 bis 380 € ausgegangen werden. Hinzu würden Personalkosten (6 Mannstunden) und der gleichbleibende Bedarf von Ölbindemittel und dessen Entsorgung von jeweils 1.000 € bis 1.600 € kommen.
- 84
Die hier streitgegenständlich geltend gemachten Kosten der Nassreinigung von 714,39 € sind daher in jedem Fall, nicht zuletzt aufgrund der Größe der zu reinigenden Fläche, nicht übersetzt und angemessen. Nach Aussage des Zeugen ... war die Fahrbahn zum Reinigungszeitpunkt nass, was zu deutlich höheren Kosten bei einer Reinigung mit Ölbindemittel geführt hätte. Letztlich kommt es aber auf die Frage, ob die Straße trocken oder nass war, nicht an, da die Trockenreinigung, unabhängig davon ob sie auch genauso gut ist, in jedem Fall auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Kosten für das Ölbindemittel und die deutlich teureren Entsorgungskosten insgesamt teurer gewesen wäre.
- 85
Im Ergebnis können daher die in der Rechnung der Klägerin vom 24.11.2017 zugrunde gelegten Preise als erforderlicher Geldbetrag für die Herstellung des mangelfreien Zustandes der Straße für den Schadensersatzanspruch zugrunde gelegt werden.
3.
- 86
Soweit der Beklagte in dem Berufungsverfahren erstmals die Einrede der Verjährung erhebt, ist dies zwar zulässig, da die zugrundeliegenden Tatsachen unstreitig sind. Jedoch ist der Schadensersatzanspruch nicht innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren nach § ... 195 BGB verjährt. Der Beginn der Verjährungsfrist war am Schluss des Jahres 2014.
- 87
Verjährung wäre mit Ablauf des Jahres 2017 eingetreten. Die Klägerin hat am 18.12.2017 Klage beim Landgericht gegen den Beklagten erhoben. Die Zustellung erfolgte am 23.01.2018, damit demnächst i.S.d. § 167 ZPO, so dass die Verjährung mit Eingang der Klage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt wurde.
4.
- 88
Die Entscheidung des Amtsgerichts über die Zinsen nach §§ 286, 288 BGB und über die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach § ... 249 Abs. 2 BGB nebst Zinsen seit dem 23.01.2018 ist nicht zu beanstanden.
5.
- 89
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
- 90
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
6.
- 91
Die Revision war zuzulassen, da die instanzgerichtlich streitige Frage, ob die Forderungseinziehung von Straßenreinigungskosten eine erlaubte Rechtsdienstleistung darstellt oder nicht, grundsätzliche Bedeutung hat und Veranlassung gibt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen (§ 543 Abs.2 ZPO).
7.
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