Beschluss vom Oberlandesgericht Bamberg - 2 UF 8/22

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 14.12.2021, Aktenzeichen W 003 F 546/20, wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.427,80 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1. Durch Beschluss des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 04.11.2020, Az. 3 F 143/20, ist die Ehe der Antragstellerin und des weiteren Beteiligten geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt worden. Unter anderem wurde zu Lasten des Anrechts des weiteren Beteiligten bei der Antragsgegnerin (Vers.-Nr. …) im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 34,7124 Entgeltpunkten bezogen auf den 31.03.2020 übertragen. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 12.01.2021 rechtskräftig.

Mit am 15.10.2020 eingegangenem Antrag begehrte die Antragstellerin die Aussetzung der Kürzung der Versorgung des weiteren Beteiligten hinsichtlich dessen Anrecht bei der Antragsgegnerin gemäß § 33 VersAusglG wegen eines ihr gegen den weiteren Beteiligten zustehenden Unterhaltsanspruchs. Der weitere Beteiligte bezieht seit dem 01.10.2021 eine gesetzliche Altersrente.

2. Mit Beschluss vom 14.12.2021 hat das Amtsgericht - Familiengericht - die mit Beschluss vom 04.11.2020 im Verfahren 3 F 143/20 erfolgte Kürzung des Anrechts des weiteren Beteiligten bei der Antragsgegnerin (Vers.-Nr. …) mit Wirkung zum 01.10.2021 in Höhe von 1.011,22 € ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 33 VersAusglG gegeben seien, da die Antragstellerin mangels Erreichen der Regelaltersgrenze keine Versorgung aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalte und ohne die Kürzung der Versorgung des weiteren Beteiligten in der Entscheidung zum Versorgungsausgleich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bestanden hätte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 47 d.A.) Bezug genommen. Der Beschluss enthält eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung. In dieser wird insbesondere auf die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für juristische Personen des öffentlichen Rechts zur Beschwerdeeinlegung und die diesbezüglichen Anforderungen hingewiesen

3. Dieser Beschluss ist der Antragsgegnerin (D. R. B.) am 22.12.2021 zugestellt worden. Mit am 07.01.2022 beim Familiengericht eingegangenem Schreiben vom gleichen Tag, eingereicht über ihr elektronisches Behördenpostfach (beBPo), hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Aussetzung der Kürzung des Anrechts des weiteren Beteiligten aufzuheben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass für die Antragstellerin nach den Informationen der Antragsgegnerin bereits die Voraussetzungen für einen eigenen Bezug von Altersrente gegeben seien, so dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Kürzung nach § 33 Abs. 1 VersAusglG nicht mehr vorliegen würden. Das Schreiben trägt weder Unterschrift noch Namensnennung einer verantwortenden Person, sondern endet mit der Formel „Mit freundlichen Grüßen“. Im Kopf des Schreibens ist unter der Anschrift der Antragsgegnerin sowie Angaben zur Erreichbarkeit lediglich angegeben „Auskunft erteilt: Hr. M.“. Auch eine qualifizierte elektronische Signatur ist nicht erfolgt.

Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 17.01.2022 hat der Senat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen, da die Beschwerdeeinreichung nicht den Anforderungen der §§ 14b Abs. 1, 14 Abs. 2 FamFG, 130a Abs. 3 S. 1 2. Alt., Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ZPO genüge. Es fehle an einer einfachen Signatur am Ende der Beschwerdeschrift, um das zwingende Unterschriftserfordernis gem. § 64 Abs. 2 S. 4 FamFG zu erfüllen. Die Antragsgegnerin wurde auf die Möglichkeit der Nachholung durch ordnungsgemäße Beschwerdeeinlegung beim Amtsgericht bis zum Ablauf der Beschwerdefrist hingewiesen.

Mit am 24.01.2022 über das elektronische Behördenpostfach beim Amtsgericht - Familiengericht - Gemünden a. Main eingegangenem Schreiben hat die Antragsgegnerin daraufhin erneut Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.12.2021 eingelegt. Das auf den 24.01.2022 datierte Schreiben entspricht inhaltlich und formal vollständig der bereits am 07.01.2022 eingelegten Beschwerde. Es weist erneut weder eine Unterschrift bzw. Signatur am Ende des Schreibens noch eine qualifizierte elektronische Signatur auf.

Der Senat hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 27.01.2022 die Antragsgegnerin auf die nicht formgerechte Einlegung der Beschwerde sowie den zwischenzeitlichen Ablauf der Beschwerdefrist hingewiesen. Eine Erklärung der Antragsgegnerin hierauf ist nicht erfolgt.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen.

1. Der angefochtene Beschluss des Familiengerichts vom 14.12.2021 ist der Antragsgegnerin am 22.12.2021 zugestellt worden. Die Beschwerde hätte deshalb gemäß § 63 Abs. 1 FamFG binnen eines Monats ab Zustellung des amtsgerichtlichen Beschlusses, somit gemäß §§ 113 Satz 1 FamFG i.V.m. §§ 188 Abs. BGB, 222 Abs. 2 ZPO bis zum Ablauf des 24.01.2022 (Montag), beim hierfür gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG zuständigen Amtsgericht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form des § 64 Abs. 2 FamFG eingelegt werden müssen.

2. Zwar ist die Beschwerde der Antragstellerin sowohl mit Schriftsatz vom 07.01.2022 wie auch mit Schreiben vom 24.01.2022 jeweils innerhalb der genannten Frist beim Amtsgericht eingegangen. Nach § 64 Abs. 2 Satz 4 FamFG muss die Beschwerdeschrift allerdings vom Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Nach dem Wortlaut des Gesetzes handelt es sich um eine zwingende Voraussetzung einer wirksamen Beschwerdeeinlegung (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 01.08.2012, Az. 2 UF 175/12; Zöller-Feskorn, ZPO, 34. Auflage, [2022], § 64 FamFG Rn. 5 m.w.N.). Das gesetzliche Erfordernis der Unterschrift soll nämlich die Identifizierung des Urhebers einer Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen unautorisierten Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGH, Beschluss v. 26.06.2019, Az. XII ZB 35/19).

Nachdem die als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasste Antragsgegnerin als juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG seit dem 01.01.2022 verpflichtet ist, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument gemäß §§ 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 130a ZPO einzureichen, ist die Voraussetzung einer eigenhändigen Unterzeichnung gemäß § 64 Abs. 2 Satz 4 FamFG durch §§ 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 130a Abs. 3 Satz 1 2. Alt., Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ZPO modifiziert. Die als elektronisches Dokument eingelegte Beschwerde muss von der verantwortlichen Person entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß Art. 3 Nr. 12 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (elDAS-VO) versehen werden oder von der verantwortenden Person einfach signiert (Art. 3 Nr. 10 elDAS-VO) und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 14 Abs. 2 S. 2 FamFG iVm § 130a Abs. 3 ZPO).

3. Eine qualifizierte elektronische Signierung gemäß Art. 3 Nr. 12 elDAS-VO ist durch die Antragsgegnerin nicht erfolgt. Zwar liegt vorliegend bei beiden Beschwerdeschreiben die Nutzung eines sicheren Übermittlungsweges durch die Antragstellerin gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 FamFG iVm § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZPO vor, nachdem sich die Antragsgegnerin des besonderen elektronischen Behördenpostfachs (beBPo, vgl. § 6 ERVV) bedient hat. Es fehlt jedoch insoweit an einer einfachen Signierung der Beschwerdeschrift. Die einfache Signatur erfordert die Wiedergabe des Namens am Ende des Schriftstücks, mit der der Erstellende zu erkennen gibt, die Verantwortung für das Dokument übernehmen zu wollen (vgl. BT-Drs. 17/12634, S. 25; Zöller-Greger, a.a.O., § 130 a ZPO Rn. 9 m.w.N.). Im konkreten Fall enden die Schriftstücke jedoch mit einer Grußformel ohne Namensangabe.

4. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Angabe einer konkreten Auskunftsperson im Briefkopf der Antragsgegnerin in beiden Beschwerdeschreiben. Zwar kann unter bestimmten Umständen auch eine Unterschrift am Anfang oder innerhalb eines Textes, ggfs. auch die Unterzeichnung eines Begleitschreibens (vgl. BGH, Beschluss v. 10.03.2009, Az. VIII ZB 55/06), die erforderliche Übernahme der inhaltlichen Verantwortung dokumentieren (Keidel-Sternal, FamFG, 20. Aufl. [2020], § 64 FamFG Rn. 30a m.w.N.). Der Angabe einer Kontaktperson für zukünftige Anfragen fehlt jedoch bereits der Bezug zu der mit der Beschwerde abgegebenen Erklärung und damit die dokumentierte Übernahme der Verantwortlichkeit.

Nachdem somit trotz noch vor Ablauf der Beschwerdefrist erteilten Hinweises des Senats keine wirksame Beschwerdeerhebung erfolgt ist, war die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 2 FamFG zu verwerfen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG; die Festsetzung des Verfahrenswertes ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.

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