Beschluss vom Oberlandesgericht Celle (Senat für Familiensachen) - 21 WF 163/17

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 26. Juli 2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Cuxhaven vom 18. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 2.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die am 25. Mai 1993 geborene Antragstellerin, die im Haushalt ihrer Mutter lebt, ist die Tochter des Antragsgegners. Dieser hatte sich durch Urkunde des Jugendamts der Stadt C.xx vom xx. August 2003 zur Zahlung von Kindesunterhalt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres verpflichtet. Seitdem hat der Antragsgegner die Unterhaltszahlungen eingestellt. Die Antragstellerin besuchte den Berufskolleg „FOS Sozial- und Gesundheitswesen“ und hat mit ihrem Antrag vom 12. Mai 2016 als privilegiertes volljähriges Kind Unterhalt für die Zeit von Juli 2011 bis Juli 2014 von insgesamt 16.569 € geltend gemacht.

2

Nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 15. Juni 2016 hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ihren Antrag teilweise zurückgenommen, weil sie den Bedarf für ein volljähriges, auswärts wohnendes Kind zugrunde gelegt hatte, und machte nunmehr einen Betrag von 15.335 € geltend.

3

Der in H.xx wohnenden Antragstellerin wurde ein Terminsvertreter beigeordnet, der für diese den auf den 30. September 2016 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wahrgenommen hat. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage insbesondere zum Anspruch auf Ausbildungsunterhalt kamen die Beteiligten überein, dass das Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten solle.

4

Mit Beschluss vom xx. Dezember 2016 hat das Amtsgericht den Beteiligten einen Vergleichsabschluss dahingehend vorgeschlagen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin einen Betrag von 12.624 € in monatlichen Raten von 500 € zahlt, wobei der Antragsgegner die Kosten zu ¾ zu tragen hat. Die Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligten stimmten dem Vergleichsvorschlag zu, sodass der Abschluss des Vergleichs mit Beschluss vom xx. Januar 2017 im schriftlichen Verfahren gemäß §§ 113 FamFG, § 278 Abs. 6 ZPO vom Amtsgericht festgestellt wurde.

5

Im Kostenausgleichsverfahren brachte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin im Schriftsatz vom 22. Februar 2017 eine Verfahrensgebühr (1,3) nach einem Wert von 16.569 € sowie eine Terminsgebühr (1,2) nach einem Wert von 15.335 € zzgl. Pauschale und Umsatzsteuer mit einem Gesamtbetrag von 2.028,71 € in Ansatz. In seiner Gebührenrechnung vom 17. Oktober 2016 macht der Terminsvertreter der Antragstellerin einen Betrag von 1.547,22 € geltend, der sich aus einer hälftigen Verfahrensgebühr (0,65) mit 422,50 €, einer Terminsgebühr (1,2) von 780 € zzgl. Reisekosten, Tagegeld, Pauschale und Umsatzsteuer zusammensetzt. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners hat mit Schriftsatz vom 16. Februar 2017 seine Gebühren ebenfalls mit 2.028,71 € bemessen.

6

Die Beteiligten streiten darüber, ob sowohl für die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin als auch für deren Terminsvertreter eine Terminsgebühr angefallen ist. Das Amtsgericht hat im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten, dass im vorliegenden Verfahren eine Terminsgebühr zweimal entstanden sei, und die vom Antragsgegner an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin unter Berücksichtigung der von der Landeskasse erbrachten Verfahrenskostenhilfevergütung zu erstattenden Kosten auf 986,63 € und die an den Terminsvertreter zu erstattenden Kosten auf 603,04 € festgesetzt.

7

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der die Auffassung vertritt, dass eine Terminsgebühr zugunsten der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht entstanden sei. Zur Begründung führt er aus, das Amtsgericht habe rechtsfehlerhaft eine Terminsgebühr für die Hauptbevollmächtigte für den Abschluss des Vergleichs neben einer Terminsgebühr für den Terminvertreter für die Wahrnehmung des Termins berücksichtigt. Nur der Terminvertreter könne für die Wahrnehmung des Termins eine Terminsgebühr beanspruchen. Denn in jedem Verfahrensabschnitt könne jede Gebühr nur einmal entstehen. Die von dem Hauptbevollmächtigten geltend gemachte Terminsgebühr für den Abschluss des Vergleiches nach Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG sei gerade nicht entstanden, da Voraussetzung hierfür sei, dass keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe.

II.

8

Die gemäß §§ 85 FamFG, 104 Abs. 3, 576 Abs. 1 Nr., Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

9

Für das vorliegende Beschwerdeverfahren, das allein gebührenrechtliche Fragen betrifft, kann es dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin für ihren Unterhaltsantrag mit Ablauf der befristeten Jugendamtsurkunde nach Vollendung ihres 18. Geburtstags einen Abänderungsverfahren einleiten musste oder auch einen Erstantrag hätte stellen können (vgl. Wendl/Dose/Schmitz, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 10 Rn. 253; FA-FamR/Seiler, 10. Aufl., Kap. 6 Rn. 1139 ff.).

10

1. Hiervon unabhängig ist nach dem vorliegenden Verfahrensverlauf eine Terminsgebühr sowohl für den Terminsvertreter als auch für die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin entstanden.

11

Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal in dem jeweiligen Rechtszug fordern. Diese allgemeine gebührenrechtliche Regelung schließt jedoch nicht aus, dass für verschiedene Bevollmächtigte eines Verfahrensbeteiligten dieselben Gebührentatbestände in einer Angelegenheit ausgelöst werden (vgl. Gerold/Schmidt/Meyer, RVG, 23. Aufl., § 15 Rn. 27). Dass eine 1,3 Verfahrensgebühr für die Hauptbevollmächtigte der Antragstellerin nach einem Verfahrenswert von 16.569 € nach Nr. 3100 VV RVG und eine 0,65 Verfahrensgebühr für den Terminsvertreter der Antragstellerin entstanden sind, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Denn nach Nr. 3401 VV RVG steht dem Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr in Höhe der Hälfte der dem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Verfahrensgebühr zu, wenn sich sein Auftrag auf die Vertretung in einem Termin i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 beschränkt.

12

Darüber hinaus entsteht für den Terminsvertreter nach Nr. 3402 VV RVG in diesem Fall eine Terminsgebühr in Höhe der einem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Terminsgebühr zu. Danach hat der Terminsvertreter - vom Antragsgegner nicht infrage gestellt - nach einem Verfahrenswert von 15.335 € eine 1,2 Terminsgebühr abgerechnet.

13

Eine solche steht - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - auch der Hauptbevollmächtigten der Antragstellerin zu. Allerdings verdient der Hauptbevollmächtigte - anders als nach § 33 Abs. 3 BRAGO - nicht bereits dadurch eine Terminsgebühr, dass der Terminsvertreter einen Verhandlungstermin wahrnimmt (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Vorbem. 3 Abs. 3 Rn. 126). Gleichwohl kann eine solche Gebühr neben der Terminsgebühr für den Terminsvertreter dann entstehen, wenn in der Person des Hauptbevollmächtigten die Voraussetzungen für einen entsprechenden Gebührentatbestand gegeben sind. Dies kann u.a. dann der Fall sein, wenn der Hauptbevollmächtigte selbst an einem Verhandlungs- oder Erörterungstermin teilgenommen hat (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., VV 3402 Rn. 6) oder bei einer schriftlichen Entscheidung, die eine Terminsgebühr auslöst, mitgewirkt hat (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O. VV 3401 Rn. 77; Bischoff/Jungbauer, RVG, 6. Aufl., VV 3402 Rn. 61 jeweils m.w.Nw.; juris-PK/Schmidt, Kostenrechtliche Hinweise, Terminsgebühr Rn. 7).

14

Vor diesem Hintergrund steht der Hauptbevollmächtigten der Antragstellerin auch eine 1,2 Terminsgebühr zu. Diese entsteht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (hierzu Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., VV 3104 Rn. 64 ff.; Bischoff/Jungbauer, a.a.O., VV 3104 Rn. 54). Bei dem vorliegenden Unterhaltsverfahren handelt es sich ersichtlich um ein Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 128 Abs. 1 ZPO), in dem nach Maßgabe des § 278 Abs. 6 ZPO ein schriftlicher Vergleich über die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners geschlossen wurde. Schließen die Beteiligten in einer Familienstreitsache (§ 112 FamFG) einen schriftlichen Vergleich, so fällt für den dabei mitwirkenden Anwalt die 1,2 Terminsgebühr an (Bischoff/Jungbauer, a.a.O., VV 3104 Rn. 54; FA-FamR/Keske, 10. Aufl., Kap. 17 Rn. 303, 305 m.w.Nw.). Zweifel an der Verwirklichung dieses Gebührentatbestands sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

15

Auch wenn der Gebührentatbestand in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG eine Terminsgebühr gerade für die Fälle vorsieht, in denen es nicht zu einer mündlichen Verhandlung gekommen ist, und es ein Anliegen des Gesetzgebers ist, den Beitrag eines Rechtsanwalts zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung der Verfahren zu honorieren, rechtfertigt dies für den vorliegenden Verfahrensablauf keine andere Beurteilung. Denn Anknüpfungspunkt für die Terminsgebühren sind jeweils unterschiedliche anwaltliche Tätigkeiten von verschiedenen Bevollmächtigten in Form der Terminswahrnehmung einerseits und der Beratung zum Vergleichsabschluss andererseits, für die jeweils eine Vergütung gesetzlich vorgesehen ist.

16

2. Gegen die Berechnung des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss zum Kostenausgleich, bei dem die vom Terminsvertreter geltend gemachten Reisekosten und das Tagegeld als nicht nach § 91 ZPO erstattungsfähig in Abzug gebracht wurden, haben die Beteiligten keine Einwände vorgebracht. Solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

17

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 35, 40 FamGKG.

 


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