Urteil vom Hanseatisches Oberlandesgericht - 11 U 15/19

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 18 für Handelssachen, vom 21. Dezember 2018, Geschäfts-Nr. 418 HKO 22/18, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin ist der Berufung verlustig, die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren festgesetzt auf € 152.799,59.

Gründe

I.

1

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

2

Ergänzend hierzu wird festgestellt:

3

Die Klägerin ist eine zugelassene Rechtsdienstleisterin im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, deren satzungsmäßiger Geschäftsgegenstand unter anderem die Prozessfinanzierung und die finanzielle Beteiligung an der gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung von Rechtsansprüchen Dritter ist. Aufgrund gleichlautender Prozessfinanzierungsverträge aus dem Sommer 2017 (Anlagen K 34) ließ die Klägerin sich von sieben Kommanditisten der Beklagten bzw. deren Rechtsnachfolgern aufgrund Erbfalls zeitgleich deren angebliche Ansprüche gegen die Beklagte auf die Erstattung von Zahlungen abtreten, die die betreffenden Kommanditisten aufgrund ihrer jeweiligen Inanspruchnahme gemäß §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB an eine Gläubigerin der Beklagten, die SEB AG, geleistet hatten.

4

Mit Blick auf einen Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 15. April 2018, mit dem die Liquidation der Beklagten beschlossen wurde, hat das Landgericht die auf Zahlung gerichteten Hauptanträge der Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen, auf entsprechende Hilfsanträge der Klägerin aber festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, die auf die einzelnen Kommanditisten der Beklagten entfallenden Teilbeträge der Klageforderung, zuzüglich Zinsen und eines Teilbetrags der vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten sowie der der Klägerin erstinstanzlich entstandenen Verfahrenskosten, zu Gunsten der Klägerin als Einzugsermächtigte in die Auseinandersetzungsrechnung zur Befriedigung der Aufwendungsersatzansprüche der Kommanditisten nach § 110 HGB einzustellen.

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Ihre gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat die Klägerin am 15. April 2019 wieder zurückgenommen. Auf die an sie mit Verfügung vom 17. April 2019 ergangene Fristsetzung zur Berufungserwiderung hat die Klägerin nach entsprechender Fristverlängerung bis zum 10. Juni 2019 mit am 8. und 11. Juni 2019 eingegangenen Schriftsätzen Anschlussberufung eingelegt.

6

Mit der von ihr am 1. Februar 2019 gegen das ihr am 2. Januar 2019 zugestellte Urteil eingelegten Berufung, die sie nach aufgrund Fristverlängerungsantrags vom 27. Februar 2019 bis zum 2. April 2019 verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit an diesem Tag eingegangener Berufungsbegründung begründet hat, verfolgt die Beklagte die vollständige Klageabweisung.

7

Sie macht im Anschluss an ihr erstinstanzliches Vorbringen geltend, die Klage sei schon deshalb unzulässig, weil sie hierdurch gezwungen werde, sich mit der Klägerin als einer gesellschaftsfremden Dritten, und zwar dies nunmehr auch im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung, auseinanderzusetzen. Daneben seien nach Maßgabe von § 717 BGB zudem aber auch die Abtretungen zu Gunsten der Klägerin von vornherein unwirksam gewesen. Mit Blick auf den Liquidationsbeschluss gelte darüber hinaus, dass die klagegegenständlichen Ansprüche nunmehr lediglich noch als unselbständige Posten der Auseinandersetzungsrechnung fortbestünden. Es sei insoweit unter Berücksichtigung des jeweiligen Kapitalkontostandes und etwaiger Innenausgleichsansprüche zu ermitteln, ob ein etwaiges und ggf. an den betreffenden Kommanditisten auszuzahlendes Auseinandersetzungsguthaben bestünde. Vor diesem Hintergrund sei es aber schlechterdings nicht möglich, einzelne unselbständige Forderungen der Kommanditisten gerade zu Gunsten der Klägerin als Einzugsermächtigte in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, die Klägerin könne vielmehr schon mangels Gesellschafterstellung im Zuge der Auseinandersetzungsrechnung überhaupt nicht berücksichtigt werden.

8

Daneben wendet sich die Beklagte gegen die Berücksichtigung von Zinsansprüchen der Klägerin über den Tag des Liquidationsbeschlusses hinaus sowie gegen die Berücksichtigung von Verfahrenskosten zu Gunsten der gesellschaftsfremden Klägerin im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung. Ein Anspruch auf die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sei schließlich schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt.

9

Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.12.2018 (Geschäftsnummer: 418 HKO 22/18) insoweit abzuändern als der Klage stattgegeben worden ist und die Klage insgesamt abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

12

1. Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 21.12.2018 - 418 HKO 22 / 18 - wird der Urteilstenor teilweise abgeändert:

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Es bleibt unter dem Urteilstenor 1. c) festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung neben den unter dem Urteilstenor 1. a) genannten Hauptforderungen und den unter dem Urteilstenor 1. b) bereits bis zum 12.8.2017 ausgerechneten Zinsen gemäß den §§ 110 Abs. 2, 352 HGB weitere jährliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.8.2017 aus der Hauptforderung einzustellen - jedoch ab dem 15.4.2018 maximal bis zu 5 % jährlich.

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Es bleibt festgestellt, dass die Beklagte im Rahmen des Urteilstenors 1. d) verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung die zur Befriedigung der vorgerichtlichen Anwaltskosten des RA B. entstandenen Aufwendungen, welche bei den Kommanditisten in Höhe von (…) entstanden sind zuzüglich den jährlichen Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.8.2017 einzustellen, jedoch zeitlich nur bis zum 15.4.2018 begrenzt.

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Im übrigen wird die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.

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Fürsorglich:

17

Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 21.12.2018 - 418 HKO 22 / 18 - wird der Urteilstenor Nr. 1 abgeändert:

18

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung zur Befriedigung der Aufwendungsersatzansprüche nach § 110 HGB, welche bei den Kommanditisten (Zedenten) in Höhe von (…) entstanden sind, neben der Hauptforderung und den bereits bis zum 12.8.2017 ausgerechneten Zinsen weitere jährliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.8.2017 aus der jeweiligen Hauptforderung einzustellen - jedoch ab dem 15.4.2018 maximal bis zu 5 % Jahreszinsen.

19

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung zur Befriedigung der Verzugsschadensansprüche (vorgerichtliche Anwaltskosten des RA B.), welche bei den Kommanditisten (Zedenten) in Höhe von (…) entstanden sind, einen Betrag in Höhe von 8.534,33 EUR einzustellen zuzüglich jährliche Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 24.8.2017 bis zum 15.4.2018.

20

Höchstfürsorglich:

21

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.12.2018 - 418 HKO 22 / 18 - abgeändert:

22

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung zur Befriedigung der Aufwendungsersatzansprüche nach § 110 Abs.1 HGB und der Verzugszinsen, welche bei den genannten Kommanditisten in Höhe von (…) entstanden sind, zugunsten

23

1. des Gesellschafters Dr. W. eine Hauptforderung in Höhe von 35.534,79 EUR sowie bis zum 12.8.2017 entstandene Zinsen in Höhe von 577,59 EUR,

24

2. des Gesellschafters B. eine Hauptforderung in Höhe von 17.767,39 EUR sowie bis zum 12.8.2017 entstandene Zinsen in Höhe von 252,70 EUR,

25

3. der Gesellschafter Dr. K. und Th. N. eine Hauptforderung in Höhe von 10.660,44 EUR sowie bis zum 12.8.2017 entstandene Zinsen in Höhe von 110,70 EUR,

26

4. des Gesellschafters H. eine Hauptforderung in Höhe von 8.883,70 EUR sowie bis zum 12.8.2017 entstandene Zinsen in Höhe von 80,22 EUR,

27

5. des Gesellschafters V. eine Hauptforderung in Höhe von 22.209,24 EUR sowie bis zum 12.8.2017 entstandene Zinsen in Höhe von 200,55 EUR,

28

6. der Gesellschafterin V. eine Hauptforderung in Höhe von 22.209,24 EUR sowie bis zum 12.8.2017 entstandene Zinsen in Höhe von 200,55 EUR und

29

7. des Gesellschafters P. eine Hauptforderung in Höhe von 35.534,79 EUR sowie bis zum 12.8.2017 entstandene Zinsen in Höhe von 256,71 EUR

30

einzustellen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung neben den vorstehend genannten Hauptforderungen und den bereits bis zum 12.8.2017 ausgerechneten Zinsen zugunsten des jeweils genannten Gesellschafters gemäß den Verzugsvorschriften bzw. den §§ 110 Abs. 2, 352 HGB weitere jährliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.8.2017 aus der jeweiligen Hauptforderung einzustellen - jedoch ab dem 15.4.2018 maximal bis zu 5 % Jahreszinsen.

31

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung zur Befriedigung der Verzugsschadensansprüche (vorgerichtliche Anwaltskosten des RA B.), welche bei den Kommanditisten (Zedenten) in Höhe von (…)

32

1. des Gesellschafters Dr. W. eine Verzugsschadensforderung in Höhe von 1.590,91 EUR,

33

2. des Gesellschafters B. eine Verzugsschadensforderung in Höhe von 1.100,51 EUR,

34

3. der Gesellschafter Dr. K. und Th. Neuber eine Verzugsschadensforderung in Höhe von 958,19 EUR,

35

4. des Gesellschafters H. eine Verzugsschadensforderung in Höhe von 808,13 EUR,

36

5. des Gesellschafters V. eine Verzugsschadensforderung in Höhe von 1.242,84 EUR,

37

6. der Gesellschafterin V. eine Verzugsschadensforderung in Höhe von 1.242,84 EUR und

38

7. des Gesellschafters P. eine Verzugsschadensforderung in Höhe von 1.590,91 EUR

39

einzustellen und zwar jeweils zuzüglich jährliche Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 24.8.2017 bis zum 15.4.2018.

40

2. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Kostenentscheidung des Urteils des LG Hamburg vom 21.12.2018 - 418 HKO 22 / 18 - abgeändert:

41

Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz hat die Klägerin 20 %, die Beklagte 80 % zu tragen.

42

Die Beklagte beantragt,

43

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

44

Die Klägerin hält unter Bezugnahme auf ihr diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen die von ihr erhobene Klage ungeachtet der an sie erfolgten Abtretungen auch bereits mit Blick auf die in den Prozessfinanzierungsverträgen zu ihren Gunsten zugleich erklärten Inkassoermächtigungen für wirksam. Im Übrigen werde aber auch die Wirksamkeit der Abtretungen durch die aufgrund des Liquidationsbeschlusses eingetretene Durchsetzungssperre nicht berührt. Der Umstand, dass die an sie abgetretenen Ansprüche nicht mehr als Zahlungsansprüche durchgesetzt werden könnten, stünde der mit dem angefochtenen Urteil zu ihren Gunsten erfolgten Feststellung nicht entgegen.

II.

45

Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich als begründet und führt zur vollständigen Klageabweisung. Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet.

46

1. Die Berufung der Beklagten ist begründet.

47

a) Die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, in die Auseinandersetzungsrechnung zur Befriedigung der Aufwendungsersatzansprüche nach § 110 HGB, welche den Kommanditisten in Höhe von zusammen € 152.799,59 entstanden sind, zu Gunsten der Klägerin als deren Einziehungsermächtigte entsprechende Beträge nebst Zinsen, vorgerichtlicher Anwaltskosten und erstinstanzlich zu erstattender Verfahrenskosten einzustellen, ist zu Gunsten der Klägerin nicht zu treffen.

48

Hierfür bedarf es nicht der Entscheidung des Senats, ob die Abtretung entsprechender Aufwendungsersatzansprüche an die Klägerin wirksam oder die Klägerin jedenfalls aufgrund der im Zusammenhang mit der jeweiligen Abtretung erteilten Einzugsermächtigung zur Geltendmachung entsprechender Zahlungsansprüche im eigenen Namen und zur Leistung an sich selbst berechtigt gewesen ist. Eine Ermächtigung der Klägerin zugleich auch zur Einziehung des den einzelnen Kommanditisten gegen die Beklagte etwa zustehenden Auseinandersetzungsguthabens lässt sich nämlich weder den mit den Kommanditisten zustande gekommenen Prozessfinanzierungsverträgen noch den zu Gunsten der Klägerin erfolgten Abtretungserklärungen entnehmen.

49

Die an die Klägerin abgetretenen Aufwendungsersatzansprüche gemäß § 110 HGB, die zu Gunsten der Zedenten der Klägerin aufgrund der von diesen an die SEB AG geleisteten Zahlungen entstanden sind, bestehen infolge der bereits erstinstanzlich unstreitig gewordenen Auflösung der Beklagten durch Gesellschafterbeschluss vom 15. April 2018 inzwischen aber nicht mehr als rechtlich selbständige Zahlungsansprüche fort, sondern sind lediglich noch als rechtlich unselbständige Rechnungsposten in die Schlussrechnung (Auseinandersetzungsbilanz) aufzunehmen, deren Saldo dann ergibt, wer von wem noch etwas zu fordern hat (BGH, Urt. v. 3. April 2006 - II ZR 40/05 -, ZIP 2006, 994 ff., juris Rn. 17). Die infolge der Auflösung der Beklagten eingetretene Undurchsetzbarkeit der klagegegenständlichen Aufwendungsersatzansprüche muss sich gemäß § 404 BGB auch die Klägerin entgegenhalten lassen (vgl. zur Durchsetzungssperre wg. Eigenkapitalersatzfunktion BGH, Urt. v. 5. Dezember 2007 - XII ZR 183/05 -, ZIP 2008, 177 ff., juris Rn. 29 ff.).

50

Als lediglich noch rechtlich unselbständige Rechnungsposten der Auseinandersetzungsbilanz sind die klagegegenständlichen Aufwendungsersatzansprüche, die mithin gerade Gegenstand der Schlussrechnung sind und bei denen es sich dementsprechend nicht mehr um von der Mitgliedschaft trennbare reine Zahlungsansprüche handelt, nach der in § 717 Satz 1 BGB zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung aber ausschließlich dem Rechtsverhältnis des jeweiligen Zedenten zur Beklagten zuzuordnen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 24. Mai 2006 - 8 U 201/05 -, NZG 2006, 823 f., juris Rn. 7). Insofern hiernach die Auseinandersetzung allein zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft vorzunehmen ist und diese sich im Rahmen der Liquidation insbesondere nicht in eine Auseinandersetzung mit Zessionaren etwaiger Sozialansprüche einzelner Gesellschafter verstricken lassen muss, vermögen die zu Gunsten der Klägerin erfolgten Abtretungen dieser auch vorliegend keinerlei eigene Rechte im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Erstellung der Schlussrechnung mehr zu verschaffen (BGH, Urt. v. 23. Februar 1981 - II ZR 123/80 -, WM 1981, 648 ff., juris Rn. 12).

51

Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 30. November 2019 wörtlich wiedergegebene Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 27. November 2019 zum Urteil des VIII. Zivilsenats vom selben Tag (VIII ZR 285/18) ist für die vorliegende Entscheidung ohne Relevanz. In dem dort zu entscheidenden Rechtsstreit ging es nicht um die Frage, ob ein Rechtsdienstleister im Liquidationsverfahren einer Gesellschaft berechtigt ist, Feststellungsansprüche der Gesellschafter geltend zu machen. Folgerichtig spielte auch § 717 BGB für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs keine Rolle. Die Klägerin lässt im Übrigen auch offen, welche konkreten Schlussfolgerungen für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit sie aus diesem Urteil zieht.

52

Dafür, dass im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung Ansprüche der Kommanditisten der Beklagten zu Gunsten der Klägerin als Einziehungsermächtigte festzustellen sein könnten, besteht nach alledem kein Raum.

53

b) Ebenso wenig kann die Klägerin entsprechende Feststellungen, wie sie dies mit den von ihr mit der Anschlussberufung hilfsweise verfolgten Feststellungsanträgen begehrt, aber auch zu Gunsten derjenigen Kommanditisten der Beklagten verlangen, die ihr entsprechende Ansprüche gemäß § 110 HGB abgetreten haben.

54

Für eine derartige Feststellung lediglich zu Gunsten ihrer Vertragspartner fehlt es bereits an einem eigenen Feststellungsinteresse der Klägerin (§ 256 Abs. 1 ZPO). Schon in Ansehung dessen, dass ein entsprechendes Feststellungsurteil nach Maßgabe von § 325 Abs. 1 ZPO ohnehin keine Rechtskraftwirkung zu Gunsten der Zedenten der Klägerin entfalten könnte, kann es an Stelle eines eigenen rechtlichen Interesses der Klägerin auf ein „gebündeltes“ rechtliches Interesse der Zedenten der Klägerin insoweit aber ebenfalls nicht ankommen. Im Übrigen bleibt es mit Blick auf § 717 Satz 1 BGB ohnehin dabei, dass die Beklagte sich im Zusammenhang mit der Erstellung der Schlussrechnung gerade keinen Rechtsstreit mit der Klägerin als gesellschaftsfremder Dritter aufzwängen lassen muss. Hierin liegt der maßgebliche Unterschied zu den von der Klägerin im Schriftsatz vom 30. November 2019 herangezogenen Entscheidungen des Senats in den Parallelverfahren 11 U 35/18, 11 U 65/18 und 11 U 66/18, in denen die Feststellung unmittelbar im Verhältnis der Kommanditisten zur Beklagten erfolgt ist.

55

Auf die Auffassung der Klägerin zur gewillkürten Prozessstandschaft im Schriftsatz vom 30. November 2019 kommt es folglich ebenso wenig an wie auf die umfangreichen, mit Auszügen aus einer Dissertation unterlegten Ausführungen zur Liquidation, zur Durchsetzungssperre und zum Schicksal einer Abtretung. Die nach den Hinweisen des Senats gebotene Auseinandersetzung mit § 717 BGB hat dagegen nicht stattgefunden.

56

Gleichfalls ins Leere gehen die Beanstandungen der Klägerin darüber, dass ihr weder das Landgericht noch der Senat geholfen hätten, einen sachgerechten Antrag zu stellen. Die Klage scheitert nicht an der Antragstellung, sondern aus Gründen des materiellen Rechts.

57

2. Die auf die Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung sowie die Höhe der Verzinsung der klagegegenständlichen Aufwendungsersatzansprüche gerichtete Anschlussberufung der Klägerin bleibt schon mit Blick auf die aus den vorstehenden Erwägungen gebotene Abweisung der Klage auch hinsichtlich der zunächst nur hilfsweise verfolgten Feststellungsanträge ohne Erfolg.

58

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

59

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

60

4. Der Streitwert errechnet sich aus der Addition der einzelnen Werte der Berufungen der Klägerin, deren Berufung mit 20 Prozent des Zahlungsantrags in Höhe von € 152.799,59 zu bemessen ist, und der Beklagten, deren Berufung einen Wert von 80 Prozent dieses Antrags hat. Während die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 15. April 2019 mit ihrer später zurückgenommenen Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiterverfolgen wollte, hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren Klageabweisung begehrt.

61

Die diversen Hilfsanträge der Klägerin haben sich nicht werterhöhend ausgewirkt (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Dasselbe gilt in Bezug auf die Zinsansprüche. Auch der Anschlussberufung der Klägerin kommt im Verhältnis zu den selbständigen Berufungen kein eigenständiger Wert zu.

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