Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 4 UF 8/15

Tenor

I.

Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat von den Bewertungen des Amtsgerichts abzuweichen gedenkt, soweit dieses zur Begründung der Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin auf Rückzahlung der ihrem Sohn und der Antragsgegnerin als Ehepartnern zugewendeten Geldbeträge zur Hälfte die Auffassungen vertreten hat, der Anspruch sei verjährt und bestünde auch deswegen nicht, weil der Zweck der Zuwendung nach zehnjährigem Bestand der Ehe erreicht sei, und dass die Beschwerde der Antragstellerin gegen den von dem Amtsgericht – Familiengericht – Bergheim am 22.12.2014 erlassenen Beschluss – 64 F 74/14 – deswegen teilweise erfolgversprechend sein dürfte. Im Einzelnen:

(1) Zunächst einmal bestehen Bedenken, ob die Antragstellerin in vollem Umfang allein Inhaberin der geltend gemachten Forderung ist. Nach ihrem Vortrag erfolgt die Schenkung 1993 durch sie und ihren verstorbenen Ehemann. Ein etwaiger Rückforderungsanspruch dürfte deshalb nur ihr und den Erben ihres früheren Ehemannes als Gesamtgläubigern zustehen. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin Alleinerbin ihres Ehemannes geworden ist.

(2) Bezogen auf die Frage der Begründetheit der Einrede der Verjährung der Antragsgegnerin tendiert der Senat zu folgenden Bewertungen:

Die Zuwendungen der Antragstellerin an ihren Sohn und die Antragsgegnerin in der Höhe von 70.000,00 DM (= 35.790,43 €) vom 31.08.1993 zwecks Verwendung zur Renovierung des von diesen zeitnah erworbenen Hausanwesens und von 10.000,00 DM (= 5.112,91 €) am 31.05.2000 zwecks Verwendung für den Einbau eines Garagentors auf diesem Anwesen sind rechtlich als Schenkungen zu qualifizieren, auf die die Regelungen über die Störungen der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB Anwendung finden (vgl. grundlegend: BGH, Urteil vom 03.02.2010 – XII ZR 189/06 – zitiert  nach  juris  Rn. 18 ff.;  zuletzt: BGH, Beschluss vom 03.12.2014 – XII ZB 181/13 – zitiert nach juris Rn. 14 ff.). Geschäftsgrundlage der Schenkungen der Antragstellerin war deren für die Antragsgegnerin erkennbare Erwartung, ihre Ehe mit dem Sohn der Antragstellerin werde Bestand haben; mit der Schenkung werde zur Schaffung einer Familienwohnung beigetragen, die dem Sohn der Antragstellerin auf Dauer zu Gute komme; diese Geschäftsgrundlage ist infolge des Scheiterns der Ehe der Antragsgegnerin mit dem Sohn der Antragstellerin entfallen (vgl.: BGH, Urteil vom 03.02.2010, a. a. O., Rn. 28, Urteil vom 20.07.2011 – XII ZR 149/09 – zitiert nach juris Rn. 22; Beschluss vom 26.11.2014 – XII ZB 666/13 – zitiert nach juris Rn. 19). Der auf Vertragsanpassung gerichtete Anspruch der Antragstellerin gemäß § 313 Abs. 1 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. § 196 BGB mit der Folge der Geltung einer Verjährungsfrist von 10 Jahren ist nicht anwendbar, da Gegenstand der Schenkungsverträge nicht ein Grundstück der Antragstellerin war und Ansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Übertragung eines Grundstücks nicht im Raum stehen (vgl.: BGH, Beschluss vom 03.12.2014, a. a. O., Rn. 35 ff.). Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Ob der von der Antragstellerin mit Antragsschrift vom 11.06.2014 geltend gemachte und der Antragsgegnerin am 19.07.2014 zugestellte, den (weiteren) Lauf der Verjährungsfrist durch Rechtsverfolgung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmende Anspruch auf Rückgewähr der Hälfte der geschenkten Geldbeträge verjährt ist, hängt – eine zeitnahe Kenntniserlangung der Antragstellerin von den die Ehebeziehung zwischen ihrem Sohn und der Antragsgegnerin betreffenden Ereignisse hier einmal unterstellt – vom Zeitpunkt der Entstehung ihres Anspruchs aus § 313 Abs. 1 BGB ab. „Entstanden“ im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist ein Anspruch, sobald dieser im Wege der Klage geltend gemacht werden kann, was voraussetzt, dass dieser auch fällig ist und nicht bloß bedingt besteht (vgl. nur: Ellenberger in Palandt, BGB, 74. Aufl., § 199 Rn. 3 m. Rspr.-Nachw.). Der Anspruch von Schwiegereltern aus Wegfall der Geschäftsgrundlage für unentgeltliche Zuwendungen an ihr Schwiegerkind entsteht mit dem „Scheitern der Ehe“ zwischen diesem und dem eigenen Kind (vgl.: BGH, Urteil vom 03.02.2010, a. a. O., Rn. 28, Urteil vom 20.07.2011, a. a. O., Rn. 22; Beschluss vom 26.11.2014, a. a. O., Rn. 21; Beschluss vom 03.12.2014, a. a. O., Rn. 17). Ob von einem Scheitern der Ehe bereits von dem Zeitpunkt der „endgültigen Trennung“ der Ehegatten auszugehen oder maßgeblich der Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich bewertet.

(2.1) Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Zeitpunkt des „Scheiterns der Ehe“ des eigenen Kindes und des Schwiegerkindes falle mit der „endgültigen Trennung“ der Eheleute zusammen, die sich in der Regel im Auszug eines Ehegatten aus der gemeinsamen Wohnung zeige (so etwa: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.02.2013 – 7 UF 185/12 – zitiert nach juris, Rn. 78 f.; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 5. Aufl., S. 433 Rn. 13 und S. 439 Rn. 37; Schulz, FPR 2012, 79 ff., 80; Henke/Keßler, NZFam 2014, 307 ff., 307 f.; Stein, FPR 2012, 88 ff., 90, den Zeitpunkt der „endgültigen Trennung“ allerdings nicht näher eingrenzend). Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, die Geschäftsgrundlage in der Ehe werde mit der Trennung in ihrem Bestand erschüttert. Infolge des durch die Trennung dokumentierten Zerwürfnisses sei das Vertrauen auf den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft entfallen; ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung liefe auf eine förmliche Betrachtungsweise hinaus, auf die es aber bei der Bewertung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Rückgewähranspruchs nicht ankomme und der die grundsätzliche Interessenlage an einer zeitnahen Regelung aller Vermögensverhältnisse entgegenstehe (insbesondere: Henke/Keßler, a. a. O., 307). Vorliegend datiert die Trennung der Antragsgegnerin und des Sohnes der Antragstellerin auf den 01.07.2005; auf dieser Grundlage wäre die Verjährung des Rückforderungsanspruchs der Antragstellerin bereits mit Ablauf des Jahres 2008 vollendet gewesen oder, wenn man für Altfälle für den Verjährungsbeginn auf den Zeitpunkt der Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2010 abstellen wollte, mit Ablauf des Jahres 2013 und damit ebenfalls zeitlich schon vor Eintritt der Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung im vorliegenden Verfahren. Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht die von der Antragsgegnerin erhobene Einrede der Verjährung in der angefochtenen Entscheidung für begründet erachtet.

(2.2) In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird überwiegend ein „Scheitern der Ehe“ auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung datiert (vgl.: OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.1991 – 7 U 79/90 – zitiert nach juris Rn. 9; OLG Oldenburg, Urteil vom 22.12.1993 – 3 U 44/93 – zitiert nach juris Rn. 25, 30; OLG Brandenburg, Urteil vom 21.07.2004 – 7 U 185/03 – zitiert nach juris Rn. 24; OLG Naumburg, Urteil vom 05.08.2009 – 6 U 62/09 – zitiert nach BeckRS 2012, 01195, Ziff. II.1.a); OLG Köln, Beschluss vom 20.08.2012 – 4 UF 99/12 – zitiert nach juris Rn. 22, allerdings unter der Einschränkung „spätestens“; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.03.2013 – 6 UF 91/11 – zitiert nach juris Rn. 34, wenn auch letztlich offengelassen). Dieser Auffassung liegt offensichtlich die Erwägung zu Grunde, dass sich die Erwartung des Fortbestandes der Ehe zwischen dem Schwiegerkind und dem eigenen Kind erst mit der Rechtskraft der Scheidung zuverlässig als Fehleinschätzung darstellt. 

(2.3) Von einer höchstrichterlichen Klärung dieser Rechtsfrage kann nach der Auffassung des Senats nicht ausgegangen werden. Teilweise hat der zur Entscheidung in Familiensachen berufene 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs erkannt, die Geschäftsgrundlage für eine unentgeltliche Zuwendung von Eltern an ihr Schwiegerkind entfalle mit der „endgültigen Trennung“ von ihrem eigenen Kind, von der wiederum mit dem Auszug des eigenen Kindes aus der ehelichen Wohnung bzw. mit der räumlichen Trennung der Eheleute auszugehen sei (vgl.: BGH, Urteil vom 28.02.2007 – XII ZR 156/04 – zitiert nach juris Rn. 15 – allerdings bezogen auf die Rückabwicklung einer Zuwendung unter Ehegatten und mit der Einschränkung, möge dieser Anspruch auch erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens geltend gemacht werden können; BGH, Urteil vom 03.02.2010, a. a. O., Rn. 28; BGH, Urteil vom 21.07.2010, XII ZR 180/09 – zitiert nach juris Rn. 16). Neuere Entscheidungen des 12. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs deuten allerdings darauf hin, dass dieser an diesen Bewertungen nicht mehr festhält und den Verjährungsbeginn im Gleichlauf mit der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung auf den Tag des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung datiert. So hat der 12. Zivilsenat in seiner Entscheidung (BGH, Urteil vom 20.07.2011, a. a. O., Rn. 10 und 44) über die Revision gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 05.08.2009 (siehe oben OLG Naumburg), in der dieses zur Begründung seiner Berufungsentscheidung ausgeführt hat, die Verjährungsfrist habe mit dem Schluss des Jahres 2004 begonnen, in das die Ehescheidung gefallen sei, angemerkt, die Ausführungen zur Verjährung des Anspruchs auf Rückforderung der Schenkung begegneten keinen rechtlichen Bedenken. Aus seiner Revisionsentscheidung vom 03.12.2014 (BGH, Beschluss vom 03.12.2014, a. a. O., Rn. 11 und 52) lässt sich jedenfalls Gegenteiliges nicht herleiten. Das Oberlandesgericht Frankfurt (siehe oben OLG Frankfurt.) hat zur Begründung seiner zugrunde liegenden Beschwerdeentscheidung ausgeführt, die Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB habe zum Jahresende nach Rechtskraft der Scheidung der Beteiligten zu laufen begonnen. Zum Verjährungsbeginn hat der 12. Zivilsenat in seiner Revisionsentscheidung darauf bezogen ausgeführt, die Verjährungsfrist des § 196 BGB habe „frühestens“ mit der Trennung der Eheleute im Jahre 2004 zu laufen begonnen; die Bewertung des Verjährungsbeginns durch das Oberlandesgericht Frankfurt hat der Bundesgerichtshof damit jedenfalls nicht abgelehnt, sondern hat sich offensichtlich auf eine Argumentation zurückgezogen, wie sie grundsätzlich veranlasst ist, wenn es für die konkrete Entscheidung nicht darauf ankommt, ob der Verjährungsbeginn mit dem Tag der Trennung oder dem der Rechtskraft der Scheidung gleichzusetzen ist.

(2.4) Der Senat hält dafür, dass im Rahmen der Beurteilung eines Anspruchs der Schwiegereltern gegen ihr Schwiegerkind auf Anpassung eines Schenkungsvertrages das den Wegfall der Geschäftsgrundlage auslösende Moment des „Scheiterns der Ehe“ ihres Kindes mit dem Schwiegerkind in der Regel mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung der Ehe zusammenfällt und deswegen die Verjährungsfrist für einen solchen Anspruch gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der Regel mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten ist.

(2.4.1) Für diese Annahme spricht nicht lediglich die klare Bestimmbarkeit des Entstehungszeitpunkts und damit des Beginns der Verjährung (so die Kritik von Henke/Keßler, a. a. O., S. 307). Entscheidend ist die aus § 313 BGB abzuleitende materiell-rechtliche Bewertung des Entstehungszeitpunkts. Erfolgsaussicht hat eine Klage der Schwiegereltern gegen ihr Schwiegerkind nur dann, wenn die Voraussetzung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, das heißt, das „Scheitern der Ehe“ feststeht. Gemäß § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Ehe gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen. Das „Scheitern der Ehe“ ist mithin an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich an die des Getrenntlebens i. S. v. § 1567 BGB und kumulativ muss hinzukommen, dass nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen. Auf dieser Grundlage erschließt sich dem Senat nicht, wie die Gegenauffassung an das Kriterium der „endgültigen Trennung“, das im Gesetz keine Stütze findet, meint anknüpfen und dieses Kriterium für den Regelfall mit dem Tag der Trennung (des Auszugs des Kindes oder des Schwiegerkindes aus der Ehewohnung) meint ausfüllen zu können. Aus den Beweislastregeln des § 1566 BGB folgt, dass von einem Scheitern der Ehe in der Regel erst nach Ablauf eines Trennungsjahres auszugehen ist, und auch nur dann, wenn beide Ehegatten die Scheidung wünschen, andernfalls erst nach Ablauf von drei Trennungsjahren. Die Begründung für die Annahme des Beginns des Laufs der Verjährungsfrist mit der „endgültigen Trennung“ (Auszug eines Ehegatten aus der Ehewohnung), die ehebedingte Zuwendung habe ihre Geschäftsgrundlage in der Ehe und diese werde mit der Trennung in ihrem Bestand erschüttert, so dass das Vertrauen auf den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft entfallen sei (so Henke/Keßler, a. a. O., S. 307), überzeugt aus den vorstehenden Gründen weder bezogen auf ein Rückforderungsverhältnis zwischen Ehegatten, worauf sich die angeführte Argumentation bezieht, noch bezogen auf das Verhältnis zwischen Schwiegereltern und ihrem Schwiegerkind. Mit der Trennung ist zwar das Vertrauen auf den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft erschüttert. Mit der Trennung steht indessen nicht fest, dass die Geschäftsgrundlage für die unentgeltliche Zuwendung entfallen ist, das heißt, dass der Zuwendungszweck nicht mehr erreicht werden kann.

(2.4.2) Die Betrachtung darf allerdings nicht bei den an Fristen geknüpften Beweislastregeln des § 1566 BGB stehen bleiben. Auch nach Ablauf von mehreren Trennungsjahren steht das Scheitern der Ehe und damit der Wegfall der Geschäftsgrundlage für die unentgeltliche Zuwendung nicht zwingend fest, weil die Ehepartner wieder zueinander finden können. Ein solcher Fall ist z. B. dokumentiert in der Entscheidung des OLG Oldenburg (OLG Oldenburg, a. a. O.), der der Fall zugrunde lag, dass das Schwiegerkind bereits früher einmal Scheidungsantrag gestellt und diesen wieder zurückgenommen hatte. Dem Senat sind aus seiner langjährigen Tätigkeit als Familiensenat vergleichbare Sachverhalte bekannt, so zuletzt noch in einer anderen Familiensache, in der der Scheidungsantrag im Beschwerderechtszug zurückgenommen und die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufgenommen wurde.

(2.4.3) Die Annahme, Schwiegereltern würden ihre unentgeltlichen  Zuwendungen  mit  der – für das Schwiegerkind erkennbaren – Vorstellung machen, der Zweck ihrer Schenkung sei bereits dann nicht mehr erreichbar, wenn sich das Schwiegerkind und ihr Kind trennen, erscheint denn auch nicht lebensnah. Gescheite Schwiegereltern nehmen in der Regel Rücksicht auf den „Familienfrieden“, der aber empfindlich gestört würde, sowohl das Verhältnis der getrennt lebenden Ehepartner zueinander als auch ihr Verhältnis zu dem Schwiegerkind und möglicherweise auch ihrem eigenen Kind betreffend, wenn sie das Schwiegerkind vor dem Zeitpunkt, in dem feststeht, dass die Ehe keine Zukunft mehr hat, und damit vor der Rechtskraft der Scheidung in Anspruch nähmen.

(2.4.4) Schließlich hat der Senat auch Zweifel an der Praktikabilität einer auf Vertragsanpassung des Schenkungsvertrages gerichteten Inanspruchnahme des Schwiegerkindes durch die Schwiegereltern vor Scheidungsausspruch. In einem gerichtlichen Verfahren mit entsprechendem Rechtsschutzziel müsste das Scheitern der Ehe als Voraussetzung für den Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB inzident geprüft werden. Zwecks Vermeidung abweichender Erkenntnisse zu der Frage, ob die Ehe des Schwiegerkindes mit dem eigenen Kind gescheitert ist, müsste eine Entscheidung über den Antrag der Schwiegereltern wegen Vorgreiflichkeit des Ehescheidungsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss zurückgestellt werden. Die Annahme, der Lauf der Verjährungsfrist beginne vor der Rechtskraft der Scheidung und die Schwiegereltern müssten ihren Anspruch zum Zwecke der Hemmung der Frist gegebenenfalls vor Eintritt der Rechtskraft der Scheidung gerichtlich verfolgen, liefe letztlich auf eine der offensichtlichen Interessenlage der Beteiligten zuwiderlaufende formale Betrachtungsweise hinaus. Entsprechendes gilt, soweit das Ehescheidungsverfahren nicht rechtshängig ist. In diesem Falle wäre das Gericht gehalten, die Voraussetzungen der §§ 1565 ff. BGB außerhalb des dafür gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zu prüfen. Auch in diesem Falle bestünde die – wenn auch verfahrensrechtlich zulässigerweise – Gefahr widersprechender Erkenntnisse, wenn es in der Folgezeit zur Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit nicht zur Scheidung käme. Auf dieser Grundlage ist die Verjährung bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens nicht vollendet gewesen und der Lauf der Verjährungsfrist bis zur Beendigung der Rechtsverfolgung weiterhin gehemmt. Der im Verfahren 64 F 15/07 des Amtsgerichts Bergheim am 20.07.2012 erlassene Scheidungsbeschluss ist seit Januar 2013 rechtskräftig.

(2.5) Wie aus der vorstehenden Bewertung folgt, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch der Schwiegereltern gegen ihr Schwiegerkind auf Anpassung eines Schenkungsvertrages „in der Regel“ mit der Rechtskraft der Ehescheidung beginnt, ist eine abweichende Beurteilung im Einzelfall nicht ausgeschlossen. Die Beurteilung, von welchem Zeitpunkt an die Ehe zwischen dem Schwiegerkind und dem leiblichen Kind gescheitert ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dieser Zeitpunkt kann unter Umständen auf einen Zeitpunkt vor Eintritt der Rechtskraft der Scheidung zu datieren sein. Ein solcher Ausnahmefall kommt vorliegend in Betracht, weil zwischen dem Zeitpunkt der Trennung und der Ehescheidung eine eher außergewöhnlich lange Zeitspanne von nahezu acht Jahren verstrichen ist und das Scheidungsverfahren bereits im Jahr 2007 anhängig gemacht wurde. Wiederum andererseits kann dem Umstand Bedeutung zukommen, dass die Antragsgegnerin in der Ehewohnung bis zu dem Jahr blieb, in dem die Scheidung rechtskräftig wurde, und erst daraufhin die Verwertung des gemeinsamen Hausanwesens in Gang gebracht wurde. Damit kann die Vorstellung der Antragsgegnerin und/oder des Sohnes der Antragstellerin verknüpft gewesen sein, dass man erst von da an von der „Endgültigkeit der Trennung“ ausging. In diesem Zusammenhang kann auch selbständige Bedeutung dem Tatbestandsmerkmal der Kenntnis i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zukommen, wenn die Antragstellerin über die schon vorherige Endgültigkeit der Trennung nicht informiert wurde und ihr sich diese auch nicht aus den sonstigen Umständen erschließen musste. Dies bedenkend ist die Beiziehung der Scheidungsakte angeordnet und wird eine persönliche Anhörung der Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung zu erwägen sein.

(2.6) Der Senat ist von einer Festlegung zum Beginn der Verjährungsfrist in einer zu treffenden Endentscheidung nicht mit Blick auf die Vorschrift des § 207 BGB, die eine Hemmung der Verjährung aus familiären und ähnlichen Gründen vorsieht, enthoben. Diese Vorschrift sieht u. a. eine Hemmung der Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten bis zur Rechtskraft der Scheidung und von Ansprüchen zwischen dem Kind und seinen Eltern, insoweit allerdings auch nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes, vor. Ansprüche im Verhältnis zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern sind von dieser Regelung weder direkt noch entsprechend erfasst (vgl. dazu: OLG Köln, Beschluss vom 08.12.1998 – 13 U 105/98 – abgedruckt in NJW-RR 2000, 558 f., 559; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.11.2013 – 14 W 1107/13 – abgedruckt in NJW 2014, 1111 ff., 1112;  Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 207 Rn. 10; Henrich in BeckOK, Stand: 01.11.2014, § 207 BGB Rn. 7).

(3) Der Senat teilt auch nicht die auf eine Meinung in der Literatur (Jüdt, FuR 2013, 431 ff., 437 f.) gestützte Hilfserwägung des Amtsgerichts, der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch bestehe auch deswegen nicht, weil zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs zu den in §§ 528 f. BGB (Ausschluss der Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers) und zu §§ 530 ff. BGB (Ausschluss des Widerrufs der Schenkung wegen groben Undanks) anzunehmen sei, dass das Geschenkte nach mehr als 10 Jahren nicht mehr zurückgefordert werden könne.

(3.1) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt im Falle einer Schwiegerelternschenkung noch nicht zu einer Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Vielmehr muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem Zuwendenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Hierfür ist erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für den Zuwendenden zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. Ob dies der Fall ist, kann nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände festgestellt werden. Hierbei sind neben der Ehedauer und der Dauer der Teilhabe des eigenen Kindes an dem Zuwendungsgegenstand unter anderem die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten sowie der Umfang der durch die Zuwendung bedingten beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung zu berücksichtigen (vgl.: BGH, Urteil vom 20.07.2011, a. a. O., Rn. 28 ff.; Beschluss vom 03.12.2014, a. a. O., Rn. 18 ff.). Die Ehe der Antragsgegnerin mit dem Sohn der Antragstellerin, die im Jahr 1987 geschlossen wurde, hatte etwa 26 Jahre Bestand. Was die Teilhabe des Sohnes der Antragstellerin an den Geschenken anbetrifft, ist allerdings ein kürzerer Zeitraum maßgeblich und zu differenzieren. Die Zuwendungen erfolgten in den Jahren 1993 und 2000. Es bestand für ihn die Möglichkeit, an diesen bis zu dem nach oben stehender Maßgabe maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung (auch, weil dem Schwiegerkind „die erwiesene Begünstigung nur für die Zeit nach dem Scheitern der Ehe zu entziehen“ ist, vgl.: BGH, Urteil vom 07.09.2005 – XII ZR 316/02 – zitiert nach juris Rn. 15; Haußleiter/Schulz, a. a. O., S. 434 Rn. 15) teilzuhaben. Die Zuwendungen waren grundstücksbezogen, denn diese erfolgten zwecks Verwendung bei der Renovierung des von der Antragsgegnerin und dem Sohn der Antragstellerin zum gemeinsamen Eigentum erworbenen Hausanwesens in C. Unter Berücksichtigung der Art der Verwendung ist von der erkennbaren Erwartung der Antragstellerin auszugehen, dass die Zuwendung ihrem Sohn anders als bei konsumbezogenen Zuwendungen auf eine längere Dauer zwecks Unterstützung seiner Lebensführung zu Gute kommen sollte.

(3.2) Die tatsächliche Nutzung des Eigenheims durch den Sohn der Antragstellerin, in das die geschenkten Geldbeträge investiert wurden, belief sich bezogen auf die Zuwendung von 70.000,00 DM vom Tag der Schenkung an am 31.08.1993 bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung auf rd. 20 Jahre und bezogen auf die Schenkung von 10.000,00 DM vom 31.05.2000 an auf rd. 13 Jahre. Der Umfang der durch die Zuwendung bedingten, bei der Antragsgegnerin noch vorhandenen Vermögensmehrung besteht, nachdem die Antragsgegnerin aus dem betroffenen Anwesen im Jahr 2013 ausgezogen ist, in dem um die aufgrund der Zuwendungen erfolgten Renovierungsarbeiten gesteigerten und unter Berücksichtigung des bisherigen Zeitablaufs noch verbliebenen Wert ihres 1/2-Miteigentumsanteils.

(3.3) Vielfach wird angenommen, der von Schwiegereltern mit ihrer Schenkung verfolgte Zweck sei in der Regel bei einer Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft von 20 Jahren erreicht (vgl.: OLG Köln, Beschluss vom 21.11.2013 – 12 UF 51/13 – soweit ersichtlich nicht veröffentlicht; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.02.2013, a. a. O., Rn. 51; OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.06.2012 – 6 UF 12/12 – zitiert nach juris Rn. 10; Haußleiter/Schulz, a. a. O., S. 434 Rn. 16). Unter besonderer Berücksichtigung  der Verwendung des Schenkungsgegenstandes durch Investition in ein „wertbeständiges“ Immobiliarvermögen, an dem die Antragsgegnerin aufgrund ihres ½-Miteigentumsanteils weiterhin teilnimmt, sieht der Senat den mit den Schenkungen verfolgten Zweck, die Ehe des eigenen Kindes aufrechtzuerhalten und zu unterstützen, im vorliegenden Fall erst bei einer Dauer der Ehe des Kindes mit dem Schwiegerkind von 30 Jahren als erreicht an. Das bedeutet, dass der Zweck der im Jahr 1993 erfolgten Schenkung von 70.000,00 DM im Zeitpunkt der Rechtskraftentscheidung zu einem Bruchteil von etwa 20/30 und die Zuwendung von 10.000,00 DM zu einem Bruchteil von etwa 13/30 verbraucht waren. Auf dieser Grundlage beläuft sich die nicht verbrauchte Vermögensmehrung auf Seiten der Antragsgegnerin rechnerisch auf (35.097,43 € : 2 = 17.548,72 € : 3 =) 5.849,57 € zuzüglich (5.112,91 € : 2 = 2.556,46 € x 17/30 =) 1.448,66 €, also auf insgesamt 7.298,23 €. Unter weiterer Berücksichtigung im Rahmen der gebotenen Billigkeitsabwägung, dass den Investitionskosten nicht eine gleich hohe Wertsteigerung der renovierten Immobilie gegenüberstehen muss, erwägt der  Senat eine Abrundung auf 7.000,00 €.

(4) Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen erhellt, dass der Senat die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen eine im vorliegenden Verfahren zu treffende Endentscheidung erwägt.

II.

Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung des für die Antragstellerin verbleibenden Risikos in der Bewertung der Verjährungseinrede sowie der Wertungsbandbreite zur Rechtsfolge schlägt der Senat den Beteiligten den Abschluss folgenden

V e r g l e i c h s

vor:

1. Zum Ausgleich des von der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Anspruchs verpflichtet sich die Antragsgegnerin, an die Antragstellerin 5.000,00 € zu zahlen.

2. Die in beiden Rechtszügen entstandenen Kosten des Verfahrens übernehmen die Antragstellerin zu 80 % und die Antragsgegnerin zu 20 %; die Kosten dieses Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Termin zur mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf

Dienstag, den 24.03.2015, 10.30 Uhr, Saal 148.

Zu diesem Termin wird das persönliche Erscheinen der Beteiligten angeordnet und angeregt, dass auch der Sohn der Antragstellerin teilnimmt.

IV.

Für die Beteiligten besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zu 12.03.2015.

Sollten sich die Parteien auf den Abschluss eines Vergleichs mit dem vorstehenden Inhalt oder auch mit anderem Inhalt verständigen können, besteht die Möglichkeit, den Vergleich gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO durch den Senat bestätigen zu lassen. In diesem Falle würde der anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben werden.


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