Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 7 U 128/13

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 25. Juni 2013 - 3 O 249/12 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.591,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 04.05.2010 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 230,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 15.07.2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 55 % und der Beklagte 45%.

IV. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers behinderungsbedingten Betreuungsmehraufwand für das Jahr 2009. Der Kläger hat zunächst gemäß Schriftsatz vom 18.08.2011 (I 239-251) auch den Mehraufwand sowie geburtsschadensbedingten Verdienstausfall für das Jahr 2010 sowie gemäß Schriftsatz vom 23.05.2012 (I 453-455) Anwaltskosten im Zusammenhang mit seiner Unterbringung in einer Behinderteneinrichtung für das Jahr 2011 klageweise geltend gemacht. Das Landgericht hat gemäß Beschluss vom 28.05.2013 (I 593) das Verfahren insoweit abgetrennt und mit Urteil vom 25.06.2013 (I 599-629) über die hinsichtlich des Jahres 2009 geltend gemachten Ansprüche entschieden.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug einschließlich der dort gestellten Anträge sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat nach der Abtrennung der Klage stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgt. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 06.08.2014 (II 67).
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg.
Dem Kläger steht gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2, 843 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz betreuungsbedingten Mehraufwands und Eigenanteilen in Höhe von noch 8.591,00 EUR für das Jahr 2009 zu.
1. Dem Landgericht sind keine eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigenden Verfahrensfehler unterlaufen.
a) Es liegt kein unzulässiges Teilurteil vor, das auch ohne Rüge in der Berufung und ohne entsprechenden Parteiantrag gemäß §§ 301, 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO regelmäßig die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Ausgangsgericht nach sich zöge.
aa) Allerdings soll nach Auffassung des OLG Hamm (NJW 2012, 1743 ff., juris Tz. 137 ff.; so offenbar auch: LAG Hamm, LAGReport 2005, 219 ff., juris Tz. 58 f.), wenn zwischen dem abgetrennten und dem durch Endurteil entschiedenen Teil die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht, jedenfalls dann, wenn das Prozedere der Abtrennung gemäß § 145 ZPO vom Gericht aus prozesstaktischen Gründen bewusst gewählt wurde, um den Erlass eines der Aufhebung nach 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO unterliegenden unzulässigen Teilurteils zu vermeiden, ein derartiges (verdecktes) Teilurteil vorliegen.
Hier war sich das Landgericht ausweislich des Hinweises vom 11.12.2012 (Sitzungsniederschrift S. 2, I 531) bewusst, dass ohne eine Abtrennung die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehen konnte. Eine solche Gefahr hätte ohne die Abtrennung im Instanzenzug - jedenfalls hinsichtlich des für die Jahre 2009 und 2010 geltend gemachten behinderungsbedingten Betreuungsmehraufwandes - auch tatsächlich bestanden, denn es kommt für die durch eine Teilentscheidung getrennten Zeiträume jedenfalls zum Teil auf dieselben Vorfragen an (vgl. Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 301 Rn. 3b/c; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 301 Rn. 7 m.w.N.).
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bb) Das OLG Hamm berücksichtigt indes nicht hinreichend, dass es sich nicht um ein Teilurteil handelt und die Grenze für die Erheblichkeit drohender Widersprüchlichkeit der Streitgegenstand des konkreten Verfahrens bildet (kritisch auch: Toissaint, FD-ZVR 2012, 334281). Besteht die Widerspruchsgefahr zu einem nicht geltend gemachten, vom Streitgegenstand nicht mit umfassten prozessualen Anspruch, liegt eine Teilentscheidung überhaupt nicht vor (BGH, NJW-RR 2012, 849 ff., Tz. 15 ff., juris). Dasselbe trifft auf eine Entscheidung nach Trennung des Rechtsstreits in mehrere Teile gemäß § 145 ZPO zu (Zöller/Vollkommer, a.a.O.). Denn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen steht der Trennung nicht entgegen. Die Zulässigkeit der Prozesstrennung bei Anspruchshäufung begegnet nicht den gleichen Einschränkungen, wie sie gegen die Zulässigkeit eines Teilurteils nach § 301 ZPO in einem solchen Fall angenommen werden (BGH, NJW 2003, 2386 ff., juris Tz. 22; OLG Düsseldorf, ZMR 2011, 864 f., juris Tz. 4; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1302 f., juris Tz. 5; MünchKomm/Wagner, ZPO, 4. Aufl., § 145 Rn. 1; Zöller/Greger, a.a.O., § 145 Rn. 5; a. A. OLG Naumburg, OLGR Naumburg 2002, 526, juris Tz. 23).
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b) Auch der dem Endurteil vorangegangene Trennungsbeschluss gemäß § 145 ZPO rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
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aa) Zwar unterliegt die Prozesstrennung gemäß § 145 ZPO im Rechtsmittelverfahren auf entsprechende Rüge einer Nachprüfung darauf, ob die Trennungsvoraussetzungen bestanden und ob die Anordnung auf fehlerhafter Ermessensausübung beruhte (BGH, NJW 2003, 2386 ff., juris Tz. 19; NJW 1995, 3120 ff., juris Tz. 9, OLG München, Urteil vom 08.04.2010 - 19 U 1565/09, juris Tz. 13/15; OLG Naumburg, a.a.O., juris Tz. 21; Zöller/Greger, a.a.O., § 145 Rn. 6a; MünchKomm/Wagner, a.a.O., Rn. 10). Auch kann eine Verfahrenstrennung in - wie hier hinsichtlich der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO - teilweise nicht rechtsmittelfähige Einzelverfahren aufgrund sachfremder Erwägungen gegen die Gleichheit vor dem Gesetz verstoßen (BVerfG, NJW 1997, 649; vgl. BGH, NJW 1995, 3120 ff., juris Tz. 13).
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bb) Dem Trennungsbeschluss fehlt auch entgegen § 145 Abs. 1 S. 2 ZPO jede Begründung. Eine Nachprüfung hat hier dennoch zu unterbleiben. Eine - grundsätzlich mögliche - Heilung gemäß § 295 ZPO (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 145 Rn. 5 m.w.N.) ist zwar nicht eingetreten, denn die Verfahrenstrennung erfolgte in der Sitzung vom 11.12.2012 erst nach Stellung der Klageanträge. Sie wurde jedoch in der Berufung von keiner der Parteien als verfahrensfehlerhaft gerügt.
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c) Ohne Erfolg rügt die Berufung (II 21), das Landgericht habe gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gemäß §§ 286, 355 Abs. 1 S. 1 ZPO verstoßen, indem die entscheidende Einzelrichterin nach Richterwechsel die Ausführungen des Sachverständigen als „nachvollziehbar“, „plausibel“ und „überzeugend“ gewürdigt hat.
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aa) Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit, der als Verfahrensfehler verzichtbar i.S. des § 295 ZPO ist, wäre hier allerdings nicht dadurch geheilt worden, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bei der letzten mündlichen Verhandlung die fehlende erneute Anhörung des Sachverständigen nicht gerügt hat. Denn ein Rügeverzicht nach § 295 ZPO scheidet aus, wenn der Verfahrensfehler erst aus dem Urteil ersichtlich wird (BGH, VersR 1992, 883 ff., juris Tz. 25, zum Augenschein; OLG Schleswig, MDR 1999, 761 f., juris Tz. 9).
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bb) Ein Richterwechsel nach einer Beweisaufnahme erfordert jedoch nicht grundsätzlich deren Wiederholung. So können frühere Zeugenaussagen im Wege des Urkundenbeweises durch Auswertung des Vernehmungsprotokolls verwertet werden. Das Gericht darf dann bei der Beweiswürdigung allerdings nur das berücksichtigen, was auf der Wahrnehmung aller an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten. Das gilt auch, wenn das Gericht den persönlichen Eindruck eines Zeugen zur Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit heranziehen will. Eindrücke, die nicht in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen worden sind, zu denen also die Parteien auch keine Stellung nehmen konnten, dürfen daher nach einem Richterwechsel bei der Entscheidung nicht verwertet werden. Kommt es auf einen persönlichen Eindruck von den Zeugen an, insbesondere zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit, so muss das Gericht in der Spruchbesetzung einen persönlichen Eindruck von den Zeugen gewonnen haben oder auf eine aktenkundige Beurteilung zurückgreifen können (BGH, NJW 1997, 1586 f., juris Tz. 13; NJW 1995, 1292 ff, juris Tz. 10; NJW 1991, 1180, juris Tz. 6; KG, BauR 2011, 297 f. juris Tz. 27 m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 355 Rn. 6). Entsprechendes gilt für den Beweis durch Augenschein (BGH, VersR 1992, 883 ff., juris Tz. 25) und die Würdigung eines bei einer Anhörung gemäß § 411 Abs. 3 ZPO ergänzten Sachverständigengutachtens (BGH, Beschluss vom 14.05.2009 - IX ZB 40/08, Tz. 2, juris; BGH, NJW 1970, 946 ff, juris Tz. 138 ff.).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt hier kein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme vor. Vielmehr erfordert ein Richterwechsel nach der Beweisaufnahme die wiederholte Erhebung des Sachverständigenbeweises im Regelfall nicht. Über eine sachliche Würdigung geht die Beurteilung der Ausführungen des Sachverständigen als „nachvollziehbar“, „plausibel“ und „überzeugend“ nicht hinaus. Welche nicht protokollierten Äußerungen des Sachverständigen für die Überzeugungsbildung des Landgerichts daneben noch ursächlich geworden sein können, führt die Berufung zur Begründung ihrer Rüge, die auf solche Möglichkeiten anspielt, nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.2009 - IX ZB 40/08, Tz. 2, juris).
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2. Die Haftung des Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB für den dem Kläger aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung bei seiner Geburt am 01.01.1990 entstehenden Schaden steht aufgrund des rechtskräftigen Anerkenntnis- und Schlussurteils des Landgerichts Baden-Baden vom 29.10.2004 (AH I, 53-67, K2) fest und ist zwischen den Parteien auch außer Streit.
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Danach ist der Beklagte verpflichtet, den durch die Behinderung des Klägers verursachten Mehrbedarf auszugleichen, vgl. § 843 BGB. Allerdings hat das Landgericht ihm 10.538,00 EUR zu viel zugesprochen.
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a) Unter den Mehrbedarf fällt auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger eines durch eine unerlaubte Handlung an Körper und Gesundheit Geschädigten. Kommen mehrere Arten der Betreuung in Betracht, bestimmt sich die Höhe des Anspruchs dabei weder nach der kostengünstigsten noch nach der aufwendigsten Möglichkeit, sondern allein danach, wie der Bedarf in der vom Geschädigten und seinen Angehörigen gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt. Dieser Bedarf bestimmt sich deshalb – das ist zwischen den Parteien unstreitig – nach dem von den Eltern des Klägers für ihn erbrachten Pflege- und Betreuungsmehraufwand. Im Weiteren kommt es für die Ersatzfähigkeit nicht darauf an, ob der Angehörige, der die Pflegeleistungen erbringt, seinerseits einen Verdienstausfall erleidet, weil eine solche Hilfeleistung dem Schädiger entsprechend dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB nicht zugutekommen soll.
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aa) Allerdings muss sich der geltend gemachte Aufwand in der Vermögenssphäre als geldwerter Verlustposten konkret niederschlagen. Dieses Erfordernis dient der Abgrenzung eines ersatzfähigen Mehrbedarfs zu nicht ersatzfähigen Mühewaltungen im Rahmen elterlicher Zuneigung. Dritte können diese elterliche Zuneigung nicht leisten. Deshalb muss es sich, um eine ersatzfähige Schadensposition i.S.d. § 843 Abs. 1 BGB darzustellen, um Tätigkeiten handeln, die sich aus dem allein den Eltern als engsten Bezugspersonen zugänglichen Bereich der unvertretbaren Zuwendung und aus sonstigen, selbstverständlichen, originären Aufgabengebieten der Eltern, insbesondere im Hinblick auf die Personensorge, herausheben. Es muss nicht nur theoretisch, sondern als praktische Alternative ein vergleichbarer Einsatz fremder Hilfskräfte in Betracht kommen (BGH, NJW 1999, 2819 ff., juris Tz. 7 ff; BGH, NJW 1989, 766 f., juris Tz. 6/9 ff.; Senat, GesR 2005, 263 ff., juris Tz. 32; OLG Zweibrücken, GesR 2008, 356 f., juris Tz. 9 f.; GesR 2003, 389 f., juris Tz. 17 f. m.w.N.; OLG Hamm, VersR 2003, 1407 ff., juris Tz. 49; OLGR Frankfurt 2004, 191 ff., juris Tz. 59; vgl. auch: Grunsky, BB 1995, 937 ff.). Dies ist etwa regelmäßig zu bejahen, wenn Eltern ihrem schadensbedingt erheblich pflegebedürftigen Kind Pflegeleistungen erbringen, die nach Art und Umfang weit über die üblichen elterlichen Aufgaben in der Kinderbetreuung hinausgehen (vgl. BGH, NJW 1999, 819 f., juris Tz. 15).
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bb) Naturgemäß ist es nicht möglich, den zu ersetzenden Schaden für jeden Lebenstag zeitlich exakt zu ermitteln; vielmehr ist der Umfang der erforderlichen Aufwendungen nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren Angaben der mit der Betreuung befassten Angehörigen und unter Zugrundelegung von Erfahrungswerten zu schätzen (OLG Dresden, Urteil vom 23.06.2011 - 4 U 1409/10, juris Tz. 14; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2002, 869 f., juris Tz. 18). Dabei kann sich das Gericht sachverständiger Hilfe bedienen und die auf der Grundlage von überzeugenden Darlegungen der Eltern getätigten Ausführungen des Sachverständigen bei der nach § 287 ZPO gebotenen Schadensschätzung mit berücksichtigen (vgl.: OLG Dresden, a.a.O., juris Tz. 15; OLG Stuttgart, OLGR 2006, 888 ff., juris Tz. 27). Der Einwand der Beklagten (II 21), der Sachverständige habe sich darauf beschränkt, die Angaben der Eltern unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes auf deren Plausibilität zu überprüfen (vgl. Gutachten vom 31.05.2011, S. 12, i 181; Anhörung des Sachverständigen, Sitzungsniederschrift vom 09.11.2011, S. 4, I 291), geht schon aus diesem Grund ins Leere (vgl. OLG Dresden, a.a.O.).
23 
cc) Besteht danach eine Ersatzpflicht, so ist die zusätzliche Mühewaltung der Verwandten, die im Verhältnis zum Schädiger nicht unentgeltlich erfolgen soll, angemessen auszugleichen (BGH, VersR 1986, 59; OLG Zweibrücken, MedR 2009, 88 ff., juris Tz. 65). Es bedarf keiner Entscheidung, ob dabei regelmäßig eine Orientierung an einem tarifvertraglichen Durchschnittsstundensatz naheliegt (so: OLG Stuttgart, a.a.O., juris Tz. 25/37; Senat, GesR 2006, 515 f., juris Tz. 33) oder ein einheitlicher Multiplikator praktikabler und sachgerechter ist (so: OLG Dresden, a.a.O., juris Tz. 25; OLG Düsseldorf, VersR 2003, 1407 ff., juris Tz. 57). Denn hier besteht zwischen den Parteien insoweit Einigkeit, dass die von den Eltern des Klägers für die Pflege und Betreuung aufgewendete Zeit mit einem Betrag von 11,00 EUR je Stunde angemessen abgegolten ist.
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b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern.
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aa) Allerdings hält auch der Senat die Aussage der Zeugin O. sowie die Angaben des Vaters des Klägers, die er bei seiner Anhörung vor dem Landgericht als dessen Betreuer gemacht hat, aus den vom Landgericht dargelegten Gründen für überzeugend. Sie stimmen im Wesentlichen mit der Darstellung der Lebenshilfe e. V. in dem Schreiben vom 09.07.2009 (I 111-113) sowie dem Entlassbericht des Fachkrankenhauses M. vom 09.09.2009 (AH I, 69-83) überein und sind auch nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in dessen Gutachten vom 31.05.2011 (I 159-189) sowie bei seiner Anhörung (Sitzungsniederschrift vom 09.11.2011, S. 4/5, I 291/293) unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes plausibel und nachvollziehbar.
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Entgegen der Berufung (II 23) bedarf es hier nicht einer Ermittlung des Zeitaufwandes anhand einzelner Verrichtungen und einer konkreten Betrachtung einzelner Pflegetätigkeiten mit einer anschließenden Ermittlung des Gesamtbedarfes durch Addition der einzelnen Zeiten. Der Beklagte berücksichtigt nicht hinreichend, dass nicht die Ermittlung des Pflegeaufwandes nach dem SGB XI maßgeblich ist (vgl. § 14 Abs. 4 SGB XI), für den es entscheidend darauf ankommt, wie viel Zeit konkret auf einzelne Tätigkeiten im Zusammenhang mit Verrichtungen der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität etc. entfällt (vgl. auch: OLG Schleswig, GesR 2008, 162 f., juris Tz. 11). Vielmehr stellt auch die von den Eltern des Klägers und dem Sachverständigen anschaulich dargelegte und nach ihren überzeugenden Ausführungen gebotene ständige Überwachung des Klägers unter den oben genannten Voraussetzungen hier einen schadensersatzrechtlich zu berücksichtigenden Betreuungsmehraufwand dar. Soweit der Beklagte weiter beanstandet, es habe der konkreten Darlegung auch zur Abgrenzung von den Zeiten bedurft, in denen die bloße Präsenz einer Aufsichtsperson genügt, bieten die Ausführungen des Klägers und seiner Eltern - wie weiter unten dargelegt - eine hinreichende Grundlage für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO.
27 
bb) Dementsprechend ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger im Jahre 2009 einer durchgehenden 24-stündigen 1:1 Beaufsichtigung und Überwachung bedurfte. Der Sachverständige hat auf der Grundlage des medizinischen Befundes und der Darlegungen der Eltern des Klägers ausgeführt (Gutachten S. 15/16, I 187/189; Anhörung vom 09.11.2011, S. 5, I 293), im Jahre 2009 sei durchgehend ein mindestens 22stündiger Betreuungsbedarf plausibel. In der Nacht habe ferner neben aktiven Pflegeleistungen ein Betreuungsbedarf im Sinne einer ständigen Rufbereitschaft bzw. einer ständigen Bereitschaft, betreuend tätig zu sein, bestanden. Der Kläger habe Tag und Nacht einer durchgehenden Überwachung und Pflegebereitschaft bedurft. Danach handelte es sich hier um Pflegeleistungen, die nach Art und Umfang weit über die üblichen elterlichen Aufgaben in der Kinderbetreuung hinausgehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger im Jahre 2009 volljährig war und es sich damit bei den Leistungen seiner Eltern nicht mehr um eine übliche Kinderbetreuung handelte.
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aaa) Das Landgericht hat jedoch für die Zeiten, insbesondere die nächtlichen Zeiten, in denen ein Betreuungsbedarf lediglich in Form einer ständigen Rufbereitschaft bzw. einer ständigen Überwachung einschließlich der Bereitschaft, betreuend tätig zu sein, einen zu niedrigen Abschlag vorgenommen. Denn der Sachverständige hat auch überzeugend ausgeführt (Gutachten S. 14/15, I 185/187), es habe sich relativ viel Aufwand für die notwendige Überwachung ergeben, d.h. es sei nicht davon auszugehen, dass durchgehend über 22 Stunden betreut werde in dem Sinne, dass etwas mit dem Kläger gemacht werde. Allein durch pflegerische Tätigkeiten im Sinne einer Hilfe beim Ankleiden, Hilfe bei der Nahrungsaufnahme und der Körperpflege etc. seien die angegebenen Betreuungsstunden nicht zu rechtfertigen. Wesentlich für den Aufwand bei der Betreuung sei hingegen die Notwendigkeit der ständigen Überwachung (Gutachten, S. 13, I 183).
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Dies wird bestätigt dadurch, dass der Kläger unstreitig im Jahre 2009 in die Pflegestufe II eingestuft war (vgl. die Angaben seines Vaters, I 105), nicht in die Stufe III. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, vgl. § 14 Abs. 4 SGB XI. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, liegt wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II bei mindestens drei Stunden und - in Abgrenzung zur Pflegestufe III - höchstens fünf Stunden; wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden - höchstens vier Stunden - entfallen müssen, § 15 Abs. 3 Nr. 2 u. 3 SGB XI.
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Auch aus den Darlegungen der Eltern des Klägers folgt, dass nicht unerhebliche Zeiten je Tag auf die Überwachung des Klägers bzw. eine nächtliche Rufbereitschaft entfielen. So hat sein Vater bei seiner Anhörung (I 101/103) auch ausgeführt, es habe jedenfalls immer jemand zu Hause sein müssen, sie hätten nie weggehen können. Sie hätten immer präsent sein müssen, sie hätten schon immer einen 24-Stunden-Job gehabt. S. habe immer etwas arbeiten und angeleitet werden wollen. Man habe immer ein Auge auf ihn haben müssen. Auch die Aufgaben, die sie hätten erledigen wollen, hätten sie nicht in dem Umfang erledigen können, wie wenn sie alleine gewesen wären. Es sei häufig vorgekommen, dass der Kläger abends zunächst eingeschlafen sei. Er sei zwischendurch eingeschlafen, dann aber immer wieder gekommen. Zeit-/nuancenweise hätten er und seine Frau im Jahre 2009 Schicht geschlafen. Der Kläger sei teilweise dreimal, teilweise fünf- bis sechsmal je Nacht gekommen. Die Zeugin O. hat dies im Wesentlichen bestätigt (Sitzungsniederschrift vom 09.11.2011, S. 2, I 287-291). Im Februar/März habe es begonnen, schlimm zu werden. Ab April 2009 nach dem Probewohnen in St. - [13.04.-18.04.2009, vgl. K5, AH I, 105] - sei es ganz schlimm geworden. Der Kläger sei nachts drei bis sechsmal gekommen. Sie und ihr Mann hätten sich abgewechselt, damit sie jeder wenigstens 4-5 Stunden in der Nacht hätten Ruhe finden können. Es sei nicht so gewesen, dass man durchgehend neben dem Kläger am Bett habe sitzen müssen, sondern sie seien immer wieder geweckt worden. Nachdem er aus dem Krankenhaus in M. zurückgekommen sei [23.10.2009], habe er sich aufgrund der Medikamentierung wieder auf seinem Level vor diesem Extremzustand befunden. Er gehe um 21.00 Uhr ins Bett und stehe zwischen 4.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens wieder auf. Auf diesem Normallevel schlafe der Kläger zunächst meist zwischen zwei und drei Stunden. Er wache dann ein- bis dreimal nachts auf und müsse dann ca. zehn bis dreißig Minuten betreut werden.
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bbb) Unter Berücksichtigung dieser Angaben geht der Senat davon aus (§ 287 ZPO), dass sich der Kläger im Jahre 2009 innerhalb von ca. vier Monaten (Januar bis ca. 19.02.2009, sowie ab dem 23.10.2009) - der Senat schätzt gerundet 120 Tage - auf dem sog. Normallevel befand. Auf diesem Level beläuft sich die Nachtzeit des Klägers ausgehend von den plausiblen Angaben seiner Eltern auf durchschnittlich ca. 8 Stunden, in denen die Betreuungsperson sich durchschnittlich ca. eine Stunde aktiv mit ihm beschäftigen muss. Ca. 7 Stunden entfallen auf eine nächtliche Rufbereitschaft. Im restlichen Februar bis Ende März - gerundet 40 Tage - geht der Senat von einer nächtlichen Rufbereitschaft von sechs Stunden aus und in dem von den Eltern als „ganz schlimm“ geschilderten Zeitraum von April 2009 bis Anfang August 2009 [04.08.2009 Beginn des Aufenthaltes in M.] - gerundet 125 Tage - von einer nächtlichen Rufbereitschaft von 4 Stunden.
32 
ccc) Der Senat hält es für angemessen, von den Zeiten der nächtlichen Rufbereitschaftschaft 25 % als pflegebedingten Mehraufwand in Ansatz zu bringen (vgl. OLG Zweibrücken, MedR 2009, 88 ff, juris Tz. 68; NJW-RR 2008, 620 ff., juris Tz. 42). Er berücksichtigt dabei, dass es erfahrungsgemäß dem Betreuer nicht immer möglich sein wird, seinerseits wieder rasch in den Schlaf zu finden. Die auch bei einem gesunden Kind in größerem Umfang anfallenden Bereitschaftszeiten sind mit den Leistungen, die für den Kläger zu erbringen waren, nicht vergleichbar. Es liegt auf der Hand, dass insbesondere die bei der Betreuung eines gesunden Kindes anfallenden Bereitschaftszeiten im Unterschied zu der wesentlich umfangreicheren Betreuung des Klägers eher den Mühewaltungen im Rahmen der elterlichen Zuwendung und Sorge zuzurechnen sind. Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Kläger um einen Volljährigen handelt, für den ohne gesundheitliche Beeinträchtigung keine Bereitschaftszeiten mehr anfielen. Diese Art der Betreuung kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht mehr der - grundsätzlich nicht ersatzpflichtigen - vermehrten elterlichen Zuwendung zugerechnet werden. Zwar werden auch die Eltern eines nicht behinderten Kindes dies im Krankheitsfall nicht unbeaufsichtigt lassen und sich ihm während der - zeitweiligen - Hilfsbedürftigkeit verstärkt mit liebevoller Aufmerksamkeit widmen. Mit dieser Situation kann der im Falle des Klägers erforderliche Pflegeaufwand indes nicht gleichgesetzt werden. Muss wegen der Behinderung eines Kindes ständig - auch während der Nachtstunden - die Anwesenheit eines Elternteils gewährleistet sein, um bei Bedarf Hilfe zu leisten, hebt sich diese Betreuung weit aus dem selbstverständlichen originären Aufgabengebiet von Eltern heraus. Es handelt sich nicht mehr um eine den Eltern als nächsten Bezugspersonen zukommende individuelle und nicht austauschbare Zuwendung, sondern um eine Einsatzbereitschaft, die gemäß den Ausführungen des Sachverständigen einer ärztlichen Rufbereitschaft zu vergleichen ist, wie sie in Krankenhäusern und Pflegeheimen ausgeübt wird und auch im Falle des Klägers von einer fremden Pflegekraft ausgeübt werden könnte. Angesichts dessen ist der Vermögenswert des "Bereitschaftsdienstes" entgegen der Ansicht des Beklagten durchaus im Sinne eines "Marktwertes" objektivierbar und demgemäß auch ersatzpflichtig (OLG Zweibrücken GesR 2003, 389 f., juris Tz. 20; vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2003, 1407 ff., juris Tz. 53 ff.; a. A., allerdings unter Berücksichtigung dessen, dass der dortige Kläger - anders als hier - zuletzt 16 Jahre alt war: OLG Schleswig, GesR 2008, 162 f., juris Tz. 13).
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Bei der Bemessung eines angemessenen Ausgleichs ist jedoch zu beachten, dass die betreuenden Eltern sich während der nächtlichen Bereitschaftszeiten nicht aktiv dem Kläger widmen. Im Übrigen ist das bloße „Füreinander-Da-Sein“, die Gegenwart der Eltern in der Nähe ihrer Kinder, z. B. um ihnen in den verschiedenen Situationen beizustehen, selbst dann teilweise Ausdruck unvertretbarer, elterlicher Aufwendung, wenn der dafür betriebene Aufwand insgesamt über dasjenige hinausgeht, was Gegenstand des ansonsten selbstverständlichen, originären Aufgabengebiets der Eltern ist. Der insoweit geltend gemachte Aufwand hat sich damit auch in der Vermögenssphäre nicht hinsichtlich der gesamten Zeit als geldwerter Verlustposten konkret niedergeschlagen. Der „Verlustposten“ der Eltern besteht in erheblichem Umfang darin, dass sie in ihrer Bewegungsfreiheit und Freizeitgestaltung eingeschränkt sind und dass während der Bereitschaft in einem gewissen, allerdings schon anderweitig berücksichtigten Umfang tatsächliche Pflegeleistungen erforderlich sind (OLG Zweibrücken, MedR 2009, 88 ff., juris Tz. 69; NJW-RR 2008, 620 ff., juris Tz. 42).
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ddd) Danach sind, soweit sich der Kläger 120 Tage auf dem o.g. Normallevel befand, für die siebenstündige nächtliche Rufbereitschaft täglich 105 Minuten anzusetzen. Dies bedeutet einen täglichen Abzug von 315 Minuten, mithin 5 Stunden und 15 Minuten täglich. Für die zu berücksichtigenden 116 Tage (120 Tage abzüglich 4 Tage während Freizeiten, vgl. K5, AH I, 103/111) erfolgt danach ein Abzug von 609 Stunden (116 Tage x 315 Minuten).
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Während des restlichen Februar bis Ende März - gerundet 40 Tage - sind bei einer nächtlichen Rufbereitschaft von sechs Stunden täglich 90 Minuten anzusetzen, mithin täglich 270 Minuten bzw. 4 ½ Stunden in Abzug zu bringen. Für die 31 Tage (40 Tage abzüglich 9 Tage Freizeit, vgl. K5, AH I, 103/105) beläuft sich der Abzug damit auf 140 Stunden.
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In den weiteren 125 Tagen mit einer Rufbereitschaft von 4 Stunden ist täglich eine Stunde anzusetzen, sodass sich ein täglicher Abzug von 3 Stunden und ausgehend von 109 Tagen (125 Tage abzüglich 16 Tage Freizeit, vgl. K5, AH I, 103-107) ein solcher von 327 Stunden ergibt.
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Insgesamt ergibt sich danach im Jahr 2009 für die Zeiten der nächtlichen Rufbereitschaft an insgesamt 256 Tagen ein Abzug von 1076 Stunden. Das Landgericht hat demgegenüber an diesen Tagen jeweils nur 2 Stunden, insgesamt 512 Stunden in Abzug gebracht, weshalb weitere 564 Stunden abzuziehen sind. Daraus ergibt sich ein Betrag in Höhe von 6.204,00 EUR (564 Stunden a 11,00 EUR). Der Senat weicht insoweit nicht von der Einschätzung des Sachverständigen ab. Vielmehr hat dieser selbst zutreffend ausdrücklich ausgeführt, dass es sich hinsichtlich der Wertung der Rufbereitschaft um eine Rechtsfrage handelt (Gutachten vom 03.03.2011, S. 15, I 187).
38 
cc) Hinsichtlich der Betreuung des Klägers tagsüber hält der Senat einen weiteren Abzug von 260 Stunden a 11,00 EUR, entsprechend 2.860,00 EUR, für gerechtfertigt.
39 
aaa) Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich aus den überzeugenden Ausführungen der Eltern des Klägers und des Sachverständigen jedenfalls für das hier streitige Jahr 2009 tagsüber das Erfordernis einer 1 : 1 Betreuung des Klägers ergibt, die es der jeweiligen Betreuungsperson lediglich in geringem Umfang ermöglichte, daneben zielführend anderen Tätigkeiten nachzugehen. Die Betreuungstätigkeit tagsüber kann hier nicht einer bloßen Bereitschaftsdienstzeit bzw. der nächtlichen Rufbereitschaft gleichgestellt werden. Vielmehr musste durchgängig eine aktive Überwachung des Klägers erfolgen, um Gefahren von ihm und Dritten abzuwenden (vgl. Anhörung des Sachverständigen, Sitzungsniederschrift vom 09.11.2011, S. 5, I 293). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beaufsichtigung und Förderung bei einem gesunden Kind im Gegensatz zum Kläger nach Eintritt der Volljährigkeit regelmäßig entbehrlich ist. Anderseits hat der Vater des Klägers auch dargelegt (Sitzungsniederschrift vom 07.12.2010, S. 3, I 103), sie hätten die Aufgaben, die sie erledigen wollten, nicht in dem Umfang erledigen können, wie sie es hätten machen können, wenn sie allein gewesen wären. Auch aus der oben dargelegten Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich, dass es nicht vollständig unmöglich war, neben der Beaufsichtigung des Klägers tagsüber Tätigkeiten zu verrichten, die der Führung des Haushalts oder der eigenen Freizeitgestaltung im Hause zuzurechnen sind (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 90 f., juris Tz. 30).
40 
bbb) Ausgehend von den Ausführungen oben unter 2 b)bb)bbb) hält der Senat für den Zeitraum von 116 Tagen unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger an der Mehrzahl dieser Tage nicht ganztags zu Hause war (vgl. den unstreitigen Klägervortrag, S. 4 der Klageschrift vom 05.7.2010, I 7) einen Abzug von 1 ½ Stunden (174 Stunden) für angemessen, für denjenigen von 31 Tagen einen solchen von 1 Stunde (31 Stunden) und für denjenigen von 109 Tagen einen solchen von ½ Stunde (55 Stunden), § 287 ZPO. Danach ergibt sich ein weiterer Abzug in Höhe von 2.860,00 EUR (260 Stunden a 11,00 EUR).
41 
c) Soweit der Beklagte sich in der Berufung (Berufungsbegründung vom 11.09.2013, S. 6/7, II 29/31) gegen die Ausführungen des Landgerichts zu den geltend gemachten „besonderen Zeiten“ und Fahrtkosten wendet, hat die Berufung teilweise - in Höhe von weiteren 1.474,00 EUR - Erfolg.
42 
Zu Recht greift die Berufung insoweit allerdings die Beweiswürdigung des Landgerichts bezüglich der Angaben der Eltern des Klägers nicht an. Auch der Senat hält sie aus den vom Landgericht dargelegten Gründen für überzeugend.
43 
aa) Bei der Frage der Ersatzfähigkeit dieser Kosten sind nachstehende Grundsätze zu beachten (vgl. BGH, NJW 1991, 2340 ff., juris Tz. 6 ff.; BGH, NJW 1991, 2340 ff., juris Tz. 14 ff.; KG, Schaden-Praxis 2000, 378 f., juris Tz. 28; OLG Bremen, VersR 2001, 595, juris Tz. 17 ff.):
44 
Das Recht der unerlaubten Handlung folgt dem Grundsatz, dass nur, wer in seinen durch die Haftungsnorm geschützten Interessen beeinträchtigt ist, und nur für die ihm selbst hieraus erwachsenden Schadensfolgen Ersatz verlangen kann. Für Vermögensnachteile, die nur "mittelbar" aus dem Eingriff in Schutzgüter eines anderen erwachsen, schuldet der Schädiger nur in den vom Gesetz zugelassenen Ausnahmefällen der §§ 844, 845 BGB Schadensersatz. Darüber hinaus entspricht es gefestigter Rechtsprechung aufgrund wertender Betrachtung, dass wegen ihrer engen Verbundenheit mit den Heilungskosten des Verletzten ausnahmsweise die Kosten für Besuche nächster Angehöriger am Krankenbett des Verletzten als dessen Gesundheitsschaden erstattungsfähig sein können. Allerdings bedarf es, weil - abgesehen von den im Gesetz ausnahmsweise auch Dritten gewährten Ansprüchen (§§ 844, 845 BGB) - der deliktische Ersatzanspruch des Verletzten gegen den Schädiger grundsätzlich auf einen Ausgleich für dem Verletzten selbst entstandenen Schaden geht, für den Ersatzanspruch bei Aufwendungen der genannten Art der Abgrenzung gegenüber solchen Aufwendungen, die ausschließlich durch die Person des Besuchers ihr entscheidendes Gepräge erhalten. Vor allem reicht allein eine vermögensmäßige Betroffenheit des Dritten nicht aus.
45 
aaa) Es liegt auf der Hand, dass ein Ersatz von vornherein ausgeschlossen ist, wenn es um Besuche anderer Personen als naher Angehöriger geht, die aus gesellschaftlicher oder ähnlicher Verpflichtung den Verletzten besuchen. Der Ersatz auch solcher Aufwendungen aufgrund des Schadensereignisses liegt außerhalb des Schutzzwecks der Deliktsnorm.
46 
bbb) Eine Begrenzung der Erstattungsfähigkeit von Kosten für Krankenbesuche besteht aber auch für Aufwendungen von Personen, die zum Kreis der "nahen Angehörigen" gehören. Stets muss auch hier beachtet werden, dass diese Kosten, weil sie den Verletzten nicht selbst wirtschaftlich belasten, wegen der genannten Begrenzung der Deliktshaftung nur aus besonderen Sachgründen ausnahmsweise dem Schädiger als Einbußen des Verletzten entgegengehalten werden können, damit nicht auf diesem Weg entgegen dem Gesetz ein Einfallstor für bloße Vermögensschäden von durch die unerlaubte Handlung nur "mittelbar" Betroffenen geöffnet wird. Die Rechtsprechung hat deshalb die Erstattungsfähigkeit stets auf den Kreis "nächster" Angehöriger und auf Besuche während des stationären Krankenhausaufenthalts des Verletzten beschränkt. Nur diese Aufwendungen können bei wertender Betrachtung als für die Gesundung des Verletzten nicht nur nützliche, sondern mit den Heilungskosten eng verbundene Kosten gegenüber dem Aufwand abgegrenzt werden, der den Angehörigen durch die Erkrankung des Verletzten rechtlich oder tatsächlich entsteht und der als Schaden nur "mittelbar" Betroffener nach deliktischen Grundsätzen nicht zu ersetzen ist.
47 
ccc) Darüber hinaus können im Interesse einer sich am Gesetz orientierenden Abgrenzung auch die Besuchskosten nächster Angehöriger nur erstattungsfähig sein, wenn und soweit diese Besuche für die Gesundung des Patienten nach seiner Befindlichkeit medizinisch notwendig sind. Krankenbesuche aufgrund der engen persönlichen Verbundenheit ohne diese herausgehobene medizinische Notwendigkeit sind ungeachtet ihrer Erwünschtheit auch für das psychische und physische Befinden des Patienten selbst bei nächsten Angehörigen nicht erstattungsfähig.
48 
ddd) Entsprechendes muss für die Höhe der Aufwendungen gelten, soweit sie über das Unvermeidbare hinausgehen. Die Ersatzpflicht hat sich auf die unvermeidbaren Kosten zu beschränken. Insoweit kann die Erstattungsfähigkeit sich nicht allein an dem allgemeinen Maßstab der §§ 249 ff. BGB orientieren; die Grenzen sind wegen der prinzipiellen Beschränkung des Deliktsrechts auf den "unmittelbar" Verletzten enger zu ziehen (BGH, NJW 1991, 2340 ff., juris Tz. 14-17).
49 
eee) Zu den dem Verletzten nach §§ 823, 249 BGB zu ersetzenden Heilungskosten gehören danach auch die Aufwendungen, die dadurch entstehen, dass der Verletzte aus medizinischer Notwendigkeit von nahen Angehörigen im Krankenhaus besucht wird. So sind etwa der durch Krankenbesuche des Vaters oder des Ehepartners bedingte Verdienstausfall oder die für solche Besuche aufgewendeten Fahrtkosten zu ersetzen. Demgegenüber sind Aufwendungen an Zeit, die sich nicht konkret in der Vermögenssphäre niederschlagen, im Rahmen deliktischer Beziehungen nicht ersatzfähig (BGH, NJW 1989, 766 f., juris Tz. 6/10, jeweils m.w.N., vgl. zu Fahrtkosten auch: BGH, NJW 1991, 2340 ff., juris Tz. 19; OLG Hamm, GesR 2013, 730 ff., juris Tz. 33; OLG Schleswig, SchlHA 2012, 137 f., juris Tz. 22).
50 
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht dem Kläger einen Betrag in Höhe von 1.474,00 EUR zu Unrecht zugesprochen.
51 
aaa) Der zeitliche Aufwand für das unstreitige und von der Zeugin O. im Übrigen glaubhaft bestätigte Aufsuchen des Dr. M. (01.07.2009, 4 Stunden; 18.11.2009, 4 Stunden), des Fachkrankenhauses M. (20.07.2009, 6 Stunden; 04.08.2009, 14 Stunden; 23.10.2009, 15 Stunden), der Einrichtung der AWO in S. am 02.11.2009 (4 Stunden) und am 13.11.2009 (6 Stunden), der Einrichtung der Stiftung St. F. in H. am 05.11.2009 (8 Stunden), der Einrichtung in T. am 06.11.2009 (6 Stunden) und der Einrichtung S. am 10.12.2009 (8 Stunden) sind zu ersetzen. Daraus ergibt sich ein Betrag in Höhe von 825,00 EUR (75 Stunden x 11,00 EUR).
52 
Insoweit begehrt der Kläger nicht Kosten für Besuche seiner Eltern während eines ambulanten oder stationären Arzt- bzw. Krankenhausaufenthaltes, sondern er verlangt Ersatz für Aufwendungen für seine pflegerische Betreuung während Fahrten zu den ihn behandelnden Ärzten/Krankenhäusern bzw. Einrichtungen, hinsichtlich derer seine Aufnahme in seiner Anwesenheit geprüft werden sollte. Diese Aufwendungen sind unter den oben genannten Voraussetzungen nach § 843 BGB als sein Mehrbedarf erstattungsfähig. Der Beklagte hat nicht bestritten, dass das Aufsuchen der Ärzte medizinisch erforderlich war. Dass der Kläger zu diesen Terminen gefahren werden musste, ist unstreitig und liegt auf der Hand. Nach den oben getroffenen Feststellungen hat der Senat keine Zweifel, dass er, soweit seine Beaufsichtigung und Betreuung nicht während stationärer Aufenthalte von der Einrichtung übernommen wurde, auch während Wartezeiten und Behandlungen einer lückenlosen Betreuung und Beaufsichtigung in der ihm fremden Umgebung bedurfte. Der Senat ist im Hinblick auf die glaubhaften Angaben der Eltern des Klägers und die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen (Gutachten vom 31.05.2011, S. 14, I 185) ferner davon überzeugt, dass eine Begleitung durch beide Elternteile im Hinblick auf das unberechenbare, unkontrollierte Verhalten des Klägers während der Fahrten erforderlich war. Hinsichtlich der Besuche von Einrichtungen, die für eine Aufnahme des Klägers in Betracht kamen, hält der Senat hier das Aufsuchen von vier verschiedenen Einrichtungen zur Prüfung und näheren Auswahl für erforderlich und angemessen. Dass der Kläger, anders als ein nicht geschädigter Volljähriger, zu einer derartigen Prüfung und Auswahl der Einrichtungen allein nicht in der Lage war, ist unstreitig und liegt im Übrigen auf der Hand.
53 
Die Fahrdienste sowie die Beaufsichtigung und Betreuung des Klägers während dieser Fahrten konnte in vergleichbarer Weise auch von einer fremden Hilfskraft übernommen werden, weshalb der Einsatz der Eltern des Klägers bei diesen Hilfeleistungen erstattungsfähig ist (vgl. BGH, NJW 1989, 766 f., juris Tz. 9).
54 
bbb) Nicht ersatzfähig ist dagegen entgegen der Auffassung des Landgerichts der zeitliche Aufwand für die Besuche der Eltern des Klägers bei diesem während seines Aufenthaltes in M. (15.08.2009, 03.09.2009, 19.09.2009, 04.10.2009, 13.10.2009, 18.10.2009; insgesamt 130 Stunden) sowie für die Fahrt zur AWO S. ohne den Kläger am 21.10.2009 (4 Stunden), insgesamt mithin 1.474,00 EUR (134 Stunden x 11,00 EUR).
55 
Denn der Kläger kann unter den vorliegend gegebenen Verhältnissen keinen Schadensersatz hinsichtlich des Zeitaufwandes seiner Eltern dafür beanspruchen, dass sie ihn während seines Krankenhausaufenthaltes besucht haben. Einerseits war hiermit unstreitig kein Verdienstausfall verbunden. Vielmehr haben sich die Eltern des Klägers ausschließlich in ihrer Freizeit im Krankenhaus aufgehalten. Auch auf anderem Wege ist dieser Einsatz seiner Eltern - dessen Förderlichkeit für die Gesundung des Klägers der Senat unterstellt, auch wenn der Entlassbericht des Krankenhauses vom 09.11.2009, S. 7 (AH I, 81, K3), worauf der Beklagte zu Recht hinweist, daran Zweifel weckt - als Vermögenseinbuße nicht hinreichend objektiviert. Der Kläger selbst - auch darauf weist der Beklagte zutreffend hin (I 41) - hat nicht geltend gemacht, dass seine Eltern während seines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus Pflegeleistungen erbracht hätten, die andernfalls von fremden Pflegekräften zu erbringen und dementsprechend zu vergüten gewesen wären (BGH, NJW 1989, 966 f., juris Tz. 11; vgl. auch: BGH, NJW 1991, 2340 ff., juris Tz. 25). Auch bezüglich der Fahrt seiner Eltern zur AWO nach S. am 21.10.2009 sind hinreichende Anhaltspunkte für eine Vermögenseinbuße weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
56 
cc) Hinsichtlich der Fahrtkosten hat der Beklagte dagegen den vom Kläger begehrten und vom Landgericht ausgeurteilten Betrag in Höhe von 1.737,60 EUR nach den obigen Grundsätzen zu ersetzen.
57 
Den Zuspruch der Fahrtkosten zur und von der Werkstatt der Lebenshilfe greift der Beklagte mit der Berufung zu Recht nicht an.
58 
Anders als die Berufung meint (II 31), sind hier aus den oben dargelegten Gründen auch die Fahrtkosten für die Besichtigung von Einrichtungen, hinsichtlich derer eine Aufnahme des Klägers geprüft werden sollte, ersatzfähig. Denn ohne die Schädigung des Klägers hätte es dieser Fahrten nicht bedurft.
59 
Entgegen der Berufung hat der Kläger auch Anspruch auf Ersatz der Fahrtkosten für die Besuchstermine seiner Eltern während seines stationären Aufenthaltes im Fachkrankenhaus M.. Die Berufung weist zwar zutreffend darauf hin (II 29), dass der Sachverständige zur Frage der medizinischen Notwendigkeit der Besuche nicht Stellung genommen hat, sondern sich seine Ausführungen auf die Notwendigkeit einer Begleitung während der Fahrten (vgl. Gutachten vom 31.05.2011, S. 14, I 185) beschränken. Diese Frage bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen, die auch für den Arzthaftungsprozess gelten, trägt der Schädiger das Prognoserisiko (vgl. BGH, NJW 1985, 793 ff., juris Tz. 10; KG, Urteil vom 06.09.2010 - 20 U 221/08, juris Tz. 10; OLG Hamm, Urteil vom 07.10.2009 - 3 U 275/07, juris Tz. 36; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 249 Rn. 13 m.w.N.). Die Zeugin O. hat glaubhaft ausgesagt (Sitzungsniederschrift vom 28.05.2013, S. 3, I 579), die Ärzte des Krankenhauses hätten ihr und ihrem Mann empfohlen, den Kläger in einem entsprechenden Rhythmus zu besuchen. Diese für ihn günstige Aussage hat sich der Kläger jedenfalls hilfsweise konkludent zu eigen gemacht (vgl. BGH, Beschluss vom 01.07.2014 - VI ZR 243/10, Tz. 8, juris; Beschluss vom 14.01.2014 - VI ZR 340/13, Tz. 11, juris; Beschluss vom 04.12.2012 - VI ZR 320/11, Tz. 4; NJW-RR 2010, 495, Tz. 5). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich die Eltern des Klägers auf diesen fachlichen Rat nicht hätten verlassen dürfen oder er auf einer Fehlinformation ihrerseits beruhte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Eltern durften im Hinblick auf diese Empfehlung vielmehr die entsprechenden Vermögensdispositionen treffen.
60 
Die in Ansatz gebrachten Kilometer sowie die Höhe der Kilometerpauschale mit 0,30 EUR je Kilometer sind zwischen den Parteien außer Streit.
61 
d) Die Verurteilung zum Ersatz der Eigenanteile des Klägers in Höhe von 1.365,93 EUR greift die Berufung zu Recht nicht an.
62 
e) Änderungen hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Ersatz seiner weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergeben sich nicht.
63 
Zwar hat die Berufung in Höhe von 10.538,00 EUR Erfolg und war damit auch der vorgerichtlich geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers insoweit unbegründet. Ausgehend von der vorgerichtlich vor den Zahlungen des Beklagten geltend gemachten Forderung in Höhe von 64.682,63 EUR ergibt sich jedoch kein Gebührensprung gemäß der Anl. 2 zu § 13 Abs. 1 S. 3 RVG.
64 
Der Zinsanspruch folgt insoweit im Hinblick auf die Klagezustellung am 14.07.2010 (I 29) aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Dabei ist die Verzinsung entgegen dem landgerichtlichen Urteil erst ab dem 15.07.2010 auszusprechen, denn die Zinspflicht beginnt wegen § 187 Abs. 1 BGB erst mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 291 Rn. 6).
III.
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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