Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 1 AK 90/14; 1 AK 90/14 - 6 Ausl A 184/14

Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten nach Österreich zur Strafverfolgung aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft U. vom 06. August 2014 ist zulässig, soweit dem Verfolgten hierin

unter Ziffer 1 ein im August 2013 in O.,

unter Ziffer 5 ein am 27. Oktober 2013 in O.,

unter Ziffer 6 ein am 02.November 2013 in C. und

unter Ziffer 8 ein am 08. Februar 2014 in O.

begangenes Verbrechen nach § 3 g Verbotsgesetz 1947 zur Last gelegt wird.

2. Im Übrigen wird die Auslieferung des Verfolgten nach Österreich zur Strafverfolgung aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft U. vom 06. August 2014 für derzeit unzulässig erklärt.

3. Soweit die Auslieferung für zulässig erklärt wird, erfolgt dies mit der Maßgabe, dass die österreichischen Justizbehörden vor Überstellung eine ausdrückliche Zusicherung abgeben, den Verfolgten im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder einer sonstigen Sanktion auf seinen Wunsch zur Strafvollstreckung wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen.

4. Es wird festgestellt, dass die Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15. September 2014, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, rechtsfehlerfrei getroffen ist.

5. Soweit der Senat die Auslieferung für unzulässig erklärt hat, fallen die ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Verfolgten der Staatskasse zur Last.

6. Die Auslieferungshaft hat fortzudauern.

Gründe

 
I.
Der Senat hat gegen den am 11.08.2014 festgenommenen Verfolgten - einen deutschen Staatsangehörigen - am 13.08.2014 einen Auslieferungshaftbefehl erlassen. Grundlage desselben ist der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014, welchem in Verbindung mit der Ausschreibung des Verfolgten im Schengener Informationssystem (SIS) zu entnehmen ist, dass gegen den Verfolgten eine nationale Haftanordnung des Landesgerichts für Strafsachen in U. vom 06.08.2014 unter dem mit einer Höchststrafe von zehn Jahren bedrohten Vorwurf eines Verbrechens nach § 3g Verbotsgesetz 1947 besteht. Dem Verfolgten wird im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 nebst rechtlicher Würdigung die Begehung folgender Straftaten vorgeworfen:
Wird ausgeführt:
Im Beschluss vom 13.08.2014 hat der Senat im Hinblick auf die Frage der Haftfortdauer eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für notwendig erachtet und nach Eingang entsprechender Unterlagen mit weiterem Beschluss vom 12.09.2014 die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat am 15.09.2014 beantragt, die Auslieferung im nachgesuchtem Umfang für zulässig zu erklären. Zugleich hat sie entschieden, dass nicht beabsichtigt sei, Bewilligungshindernisse geltend zu machen. Der Verfolgte hat bei seinen richterlichen Anhörungen am 12.08.2014 und 18.08.2014 vor dem Amtsgericht M. einer vereinfachten Auslieferung nicht zugestimmt, nähere Einwendungen gegen die Zulässigkeit seiner Auslieferung jedoch nicht erhoben. Er hat insoweit lediglich Angaben zu seinen persönlichen Verhältnisses gemacht und angegeben, er habe sich vom 14.11.2011 bis zum 13.02.2014 in Österreich zum Arbeiten aufgehalten und sei jetzt wieder in Y. wohnhaft. Auch der vom Verfolgten bevollmächtigte und vom Senat am 28.08.2014 zum Pflichtbeistand bestellte Rechtsbeistand, Rechtsanwalt U. F. aus Y., hat sich mit Schriftsatz vom 11.09.2014 nur zu den persönlichen Verhältnisses des Verfolgten geäußert und zum Zulässigkeitsantrag der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.09.2014 sowie der vom gleichen Tage stammenden Vorabbewilligung trotz einer erneuten Anfrage des Senats vom 08.10.2014 nicht Stellung genommen.
II.
Nach Inkrafttreten des Europäischen Haftbefehlsgesetzes vom 20.07.2006 (BGBL. 2006 I, 1721) am 2.8.2006 richtet sich der Auslieferungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach dem neu eingeführten Achten Teil des IRG, wobei die übrigen Bestimmungen des IRG Anwendung finden, soweit dieser Teil keine abschließende Regelung enthält (78 IRG).
Die Auslieferung des Verfolgten nach Österreich aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 ist bezüglich der dort unter Ziffer 1, 5, 6 und 8 aufgeführten Taten zulässig, da bezüglich dieser Vorwürfe die Auslieferungsvoraussetzungen vorliegen und Auslieferungshindernisse nicht bestehen. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Gründe seines Beschlusses vom 13.08.2014, soweit diese aufgrund der eingeschränkten Zulässigkeitserklärung fortgelten.
1. Bezüglich der vier für zulässig erklärten Tatvorwürfe genügt der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 zunächst den formellen Anforderungen des § 83a Abs.1 IRG. Nach § 83a Abs. 1 Nr. 5 IRG muss ein Europäischer Haftbefehl eine Beschreibung der Umstände enthalten, unter welchen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person. Hierzu ist es notwendig, dass die Haftanordnung eine ausreichende Konkretisierung des Tatvorwurfs enthält, welche einen zureichenden Rückschluss auf das dem Verfolgten vorgeworfene Geschehen ermöglicht (Senat StV 2007, 650; 2005, 232). Auch wenn - wie vorliegend der Fall - der ersuchende Staat ein Verhalten als Katalogtat nach Art. 2 Abs. 2 RbEuHb i.V.m. § 81 Nr. 4 IRG (hier: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit) bezeichnet, muss die Ausschreibung eine Schlüssigkeitsprüfung dahingehend ermöglichen, ob die Sachdarstellung einen nachvollziehbaren Rückschluss hierauf zulässt (Senat StV 2007, 139). Insoweit sind die oben bezeichneten vier Taten nicht nur nach Tatzeit und Tatort konkretisiert, sondern ihnen lässt sich auch der Tatvorwurf hinreichend deutlich entnehmen. Auch die vom Senat durchzuführende Schlüssigkeitsprüfung ergibt, dass die österreichischen Justizbehörden die Taten zu Recht als Katalogtaten nach Art.2 Abs.2 RbEuHb bezeichnet haben, so dass eine Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit entfällt (§ 81 Nr.4 IRG).
Dabei ist zur Auslegung der Begriffe des „Rassismus“ und der „Fremdenfeindlichkeit“ auf den Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28.01.2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ABL. L 328 v. 06.12.2008, S. 55) abzustellen (Böse in: Grützner/Pötz/Kreß, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 26. Lfg. 2012, § 81 IRG Rn. 42), wonach von dieser Deliktsgruppe neben der öffentlichen Aufstachelung zu Gewalt und Hass gegen eine über Hautfarbe, Rasse, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft definierte Gruppe von Personen vor allem das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Sinne der Artikel 6, 7 und 8 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs, das gegen eine solche Personengruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe gerichtet ist, erfasst wird (vgl. Art. 1 Abs.1c RB 2008/913/JI). Die im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 (25 St 168/14t) unter Ziffer 1, 5, 6 und 8 aufgeführten Straftaten sind in diesem Sinne zunächst öffentlich begangen, weil der Verfolgte nationalsozialistische Kennzeichen (§ 86a Abs. 2 StGB) entweder öffentlich zur Schau gestellt (Tat Ziffer 1) oder allgemein über Internet (Tat Ziffer 6), über You Tube (Tat Ziffer 5) oder nach Aufzeichnung mit dem Handy über WhatsApp (Tat Ziffer 8) veröffentlicht bzw. über Dritte verbreitet hat. Da insoweit die österreichischen Justizbehörden diese Deliktsgruppe schlüssig im Europäischen Haftbefehl bezeichnet haben, kommt es mangels Erforderlichkeit der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit nicht darauf an, ob das unter Ziffer 1,5,6, und 8 geschilderte Verhalten auch nach deutschem Recht strafbar wäre.
2. Auch die sich im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit des Verfolgten ergebenden besonderen Auslieferungsvoraussetzungen nach § 80 IRG erfordern eine solche Prüfung nicht. Nach dieser Vorschrift ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur bei Sicherung der Rücküberstellung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG) und bei Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug (§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 IRG) uneingeschränkt zulässig. Bei Straftaten mit maßgeblichem Inlandsbezug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IRG) ist sie hingegen grundsätzlich unzulässig. Bei sog. Mischfällen ist sie nur dann statthaft, wenn neben der Sicherung der Rücküberstellung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG) die beiderseitige Strafbarkeit vorliegt und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 bis 4 IRG). Nach dem im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 mitgeteilten Sachverhalt ist vorliegend davon auszugehen, dass die dem Verfolgten unter Ziffer 1, 5, 6 und 8 zur Last gelegten Taten einen maßgeblichen Auslandsbezug aufweisen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 IRG). Sämtliche Taten sind in Österreich begangen. Auch der in der Gefährdung des Rechtsguts des § 3 g Verbotsgesetz 1947 liegende Erfolg ist entweder vollständig (Tat Ziffer 1) oder in wesentlichen Teilen (Taten Ziffer 5, 6 und 8) in Österreich eingetreten. Allein der Umstand, dass der Verfolgte in den letztgenannten Fällen durch das Einstellen nationalsozialistischer Kennzeichen im Internet oder über You Tube bzw. WhatsApp diese auch außerhalb Österreich öffentlich zugänglich machte, führt nicht zur Annahme eines sog. Mischfalles im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 IRG. Bei einer wertenden Betrachtung verbleibt der Schwerpunkt der Tatbegehung anders als bei reinen Distanz- oder Transportdelikten - vielmehr weiterhin im ersuchenden Staat (vgl. hierzu Böse in: Grützner/Pötz/Kreß, a.a.O., § 80 IRG Rn. 24, 30 m.w.N.), zumal hier keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Veröffentlichung gezielt auf im deutschen Inland wohnhafte Internetbenutzer bezogen war.
Dass entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG noch keine Erklärung der österreichischen Justizbehörden vorliegt, dass der Verfolgte im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung auf seinen Wunsch zur Vollstreckung der Strafe in die Bundesrepublik Deutschland zurück überstellt werden wird, steht der Zulässigkeitserklärung nicht entgegen. Insoweit hat es der Senat vorliegend als ausreichend angesehen, die Auslieferung mit der Maßgabe für zulässig zu erklären, dass die österreichischen Justizbehörden vor Überstellung des Verfolgten eine ausdrückliche Zusicherung abgeben, diesen im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder einer sonstigen Sanktion auf seinen Wunsch zur Strafvollstreckung wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen (vgl. hierzu Senat StV 2005, 32; OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006, 3 Ausl. 52/06).
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3. Auch Auslieferungshindernisse liegen nicht vor. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Verfolgte in Österreich ein faires Verfahren erhalten und zur Wahrung seiner Rechte ihm auch ein Verteidiger beigeordnet werden wird. Dem Verfolgten droht in Österreich im Falle eines Schuldspruchs auch keine unerträglich harte Strafe. Zwar können die ihm vorgeworfenen Straftaten nach österreichischem Recht mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu 10 Jahren und bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren geahndet werden, während §§ 86, 86 a StGB lediglich einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren vorsehen. Insoweit bestehen keine Anhaltspunkte, dass die österreichischen Justizbehörden im Falle eines Schuldspruchs das Maß der Schuld nicht nach europäischen Standards bemessen und eine exorbitante Strafe verhängen würden, so dass eine Aufklärung des Sachverhalts im Hinblick auf ein zu erwartendes Strafmaß nicht angezeigt war. Sonstige mögliche und relevante etwaige Auslieferungshindernisse sind aus den Akten nicht ersichtlich und werden vom Verfolgten oder seinem Rechtsbeistand auch nicht geltend gemacht.
III.
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Die vom Senat nach § 79 Abs. 2 Satz 3 IRG zu überprüfende Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.09.2014, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, ist rechtsfehlerfrei getroffen. Sie ermöglicht dem Senat die gebotene Überprüfung, ob die Bewilligungsbehörde die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 83b Abs. 1 IRG zutreffend beurteilt hat und sich bei Vorliegen von Bewilligungshindernissen des ihr eingeräumten Ermessens unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände des Einzelfalles bewusst war (Senat, Beschluss vom 20.12.2006, 1 AK 46/06). Auch hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihre Bewertung keine unzulässigen Erwägungen mit eingestellt sowie alle wesentlichen und fallrelevanten Gesichtspunkte ausdrücklich bedacht und abwägend gegenübergestellt. Ebenso kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Bewilligungsbehörde bei der erfolgten Einzelfallbetrachtung berücksichtigten sozialen Belange des Verfolgten oder das innerstaatliche Strafverfolgungsinteresse eine Versagung der Bewilligung gebieten würden (vgl. Senat, a.a.O.), so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Bewilligungsbehörde im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null vorliegend verpflichtet gewesen wäre, ein vollumfängliches Bewilligungshindernis nach § 83b Abs. 1 IRG geltend zu machen und die Überstellung des Verfolgten an die österreichischen Justizbehörden zu versagen.
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Insoweit merkt der Senat folgendes an: Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe geht vorliegend zunächst zu Recht davon aus, dass hier ein Bewilligungshindernis nach § 83 b Abs. 1 lit a, lit b IRG in Betracht kommt. In Anbetracht der nach §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 91 a StGB jedenfalls teilweise bestehenden deutschen Gerichtsbarkeit kommt es dabei auch nicht darauf an, ob die zuständige Staatsanwaltschaft nach dem Legalitätsprinzip ein Ermittlungsverfahren hätte einleiten müssen (§ 152 Abs. 2 StPO) oder - wie hier mit Verfügung vom 10.09.2014 durch die Staatsanwaltschaft Gera erfolgt - zu Recht von der Einleitung eines solchen abgesehen hat (vgl. hierzu Senat NJW 2007, 617). Rechtsfehlerfrei ist auch die Erwägung, dass nach § 79 Abs. 1 IRG eine grundsätzliche Pflicht zur Bewilligung zulässiger Auslieferungsersuchen besteht und insbesondere bei Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug - um eine solche handelt es sich vorliegend - dem gesteigerten Interesse des ersuchenden Staates in aller Regel ein nur vermindertes Interesses der deutschen Justizbehörden an der Durchführung eines Strafverfahrens gegenüber steht. Zwar hat die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe nicht ausdrücklich bedacht, dass bei der Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an einen EU-Mitgliedsstaat auch bei Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug die Bewilligung dann zu versagen ist, wenn bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung das innerstaatliche Strafverfolgungs-interesse oder die zu berücksichtigenden sozialen Belange des Verfolgten eine solche Entscheidung gebieten (vgl. hierzu Senat StV 2007, 617; Senat, Beschlüsse vom 13.05.2013, 1 AK 63/12, und vom 11.07.2014, 1 AK 56/13; zur besonderen Schutzwürdigkeit deutscher Staatsangehöriger vgl. auch KG StraFo 2010, 191 sowie BVerfG 113, 273; dass. Strafo 2009, 455: „grundrechtsschonende Auslegung“), dies macht die Entschließung jedoch nicht rechtsfehlerhaft, weil solche besonderen sozialen Belange des Verfolgten hier ersichtlich nicht vorliegen. Allein der Umstand, dass er Vater dreier in der Bundesrepublik Deutschland lebender Kinder im Alter von 5, 8 und 15 Jahren ist, begründet solche Umstände nicht, zumal diese familiären Umstände ihn nicht von einem mehrjährigen Aufenthalt im Österreich abgehalten haben und er zudem auf seinen Wunsch eine eventuell verhängte Freiheitsstrafe auch in der Bundesrepublik Deutschland verbüßen kann.
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Der Senat teilt die Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, dass das Strafverfahren gegen den Verfolgten nicht in vergleichbar sachgerechter und effektiver Weise wie in Österreich in der Bundesrepublik Deutschland geführt werden könnte, vor allem liegt kein Fall vor, in welchem der Verfolgte die Begehung der Tat auch vor den deutschen Justizbehörden glaubhaft und nachweislich eingeräumt hat und deshalb schon im Regelfall keine umfangreiche inländische Beweisaufnahme durchgeführt werden muss (vgl. hierzu etwa Senat, Beschluss vom 13.05.2013, 1 AK 63/12).
IV.
14 
Im Übrigen genügen die im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 (25 St 168/14t) aufgeführten Taten nicht den formellen Anforderungen des § 83a IRG. Nach § 83a Abs. 1 Nr. 5 IRG muss ein Europäischer Haftbefehl nicht nur eine Beschreibung der Umstände enthalten, unter welchen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, sondern die Haftanordnung muss auch derart konkretisiert sein, dass eine ausreichende Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit möglich ist. Insoweit sind die im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 aufgeführten Taten entweder in zeitlichen und örtlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt beschrieben (Taten Ziffer 2, 3, 4, 10, 11, 12, 13 und 14) oder aber aus der Beschreibung kann nicht auf eine Verwirklichung der nach deutschem Recht in Frage kommenden Straftatbestände der §§ 86, 86a StGB (Taten Ziffer 7 und 9) oder aber des § 130 StGB (Tat Ziffer 15) geschlossen werden. Eine Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit ist aber insoweit erforderlich, da nach dem mitgeteilten Sachverhalt diese Taten nicht öffentlich im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI des Rates vom 28.01.2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ABL. L 328 v. 06.12.2008, S. 55) begangen worden sind und es deshalb - wie oben unter II 1 näher ausgeführt - am Vorliegen einer Katalogtat nach Art. 2 Abs. 2 RbEuHb i.V.m. § 81 Nr. 4 IRG fehlt.
V.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 IRG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO entsprechend.
16 
Eine Entschädigungspflicht der Staatskasse nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen scheidet schon deshalb aus, weil der Senat die Auslieferung teilweise für zulässig erklärt hat.
VI.
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Die Auslieferungshaft hat fortzudauern. Es besteht auch weiterhin die erhebliche, anderweitig nicht abwendbare Gefahr, dass der Verfolgte ohne eine solche Anordnung versuchen würde, sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung zu entziehen.

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