Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 42/12

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Zwangsgeldbeschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Grundbuchamtes - Burg vom 03. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 5.000,- Euro.

Gründe

A.

1

Im Grundbuch von B. Blatt ... sind als Eigentümer der im Beschlussrubrum näher bezeichneten verfahrensgegenständlichen Grundstücke noch R. G. und G. G. in ehelicher Vermögensgemeinschaft verzeichnet. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Kinder der vormaligen Miteigentümerin G., deren Ehe mit dem Miteigentümer R. G. geschieden wurde. Der Aufenthalt des Miteigentümers R. G. ist nicht bekannt, für ihn hat das Amtsgericht Burg deshalb mit Beschluss vom 11. Februar 1997 einen Abwesenheitspfleger mit dem Wirkungskreis „Verwaltung und Auseinandersetzung des im Grundbuch von B. Blatt ... eingetragenen Miteigentumsanteils“ bestellt.

2

Die Miteigentümerin G. G. verstarb am 10. Oktober 1998 in L., wovon das Grundbuchamt durch ein Schreiben der Grundpfandrechtsgläubigerin, der Sparkasse J. vom 27. April 2010 erfuhr. Die Sparkasse J. regte zugleich an, ein Grundbuchberichtigungszwangsverfahren nach § 82 GBO einzuleiten.

3

Ausweislich einer Auskunft des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Lauterbach kommen als gesetzliche Erben laut Sterbefallanzeige nur die Beteiligten als Kinder der zu Lebzeiten von dem Miteigentümer R. G. geschiedenen Erblasserin in Betracht. Dass die Erblasserin ein Testament errichtet hätte, ist nicht bekannt.

4

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes forderte daraufhin die Beteiligten mit jeweils gesondertem Schreiben vom 30. April 2010 auf, einen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich des Miteigentumsanteils der Erblasserin zu beantragen, und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, welche Nachweise zur Feststellung der Erbfolge benötigt würden.

5

Da die Beteiligten auf das Aufforderungsschreiben nicht reagierten, erinnerte das Grundbuchamt sie mit weiteren Schreiben vom 11. August 2011 an die Grundbuchberichtigung. Da auch die hierbei gesetzte Frist ergebnislos verstrich, wiederholte die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes unter dem 27. Oktober 2010 die erteilten Auflagen mit weiterer Fristsetzung gegenüber jedem Beteiligten und drohte zugleich an, bei ergebnislosem Ablauf der Frist ein Zwangsgeld bis zu 25.000,- Euro zu verhängen oder ersatzweise Zwangshaft bis zu sechs Monaten anzuordnen. Daraufhin meldete sich der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) und zu 2) am 26. November 2010 zur Akte und erbat eine angemessene Verlängerung der den Beteiligten gesetzten Stellungnahmefrist, da die Feststellung der Erbfolge noch weiterer Nachforschungen bedürfe. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 ließen die Beteiligten zu 1) und zu 2) das Grundbuchamt wissen, dass sie gegenwärtig Verhandlungen mit der Grundpfandrechtsgläubigerin über einen Erwerb des Miteigentumsanteils führen würden.

6

Das Grundbuchamt hat - nach einer entsprechenden Anfrage bei der Sparkasse J. über den Sachstand der Vergleichsgespräche - den Beteiligten mit Schreiben vom 07. Februar 2011 jeweils erneut aufgegeben, die Grundbuchberichtigung nunmehr zu beantragen und binnen zehn Tagen nachzuweisen, dass ein Erbschein bei dem Nachlassgericht beantragt wurde. Innerhalb der bis zum 15. März 2011 verlängerten Nachfrist beantragte die Beteiligte zu 3) bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Lauterbach die Erteilung eines Erbscheins nach der verstorbenen Erblasserin G. G. . Das Nachlassgericht hat den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins allerdings mit Beschluss vom 30. August 2011 zurückgewiesen, weil die Antragstellerin ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen sei. Trotz mehrfacher schriftlicher Erinnerung des Nachlassgerichts vom 11. April 2011, 19. Mai 2011 und 27. Juni 2011 seien die angeforderten Personenstandsurkunden, nämlich die Sterbeurkunden der Erblasserin und deren früheren Ehemanns R. G. und die Geburtsurkunden der Beteiligten, nicht vorgelegt worden.

7

Von der Zurückweisung des Erbscheinsantrages erlangte das Grundbuchamt erst auf dessen Sachstandsanfrage bei dem Nachlassgericht hin am 21. Februar 2012 Kenntnis. Da sich die Beteiligten auch im Folgenden nicht um die Einleitung eines Grundbuchberichtigungsverfahrens bemühten, hat das Grundbuchamt schließlich mit Beschlüssen vom 03. Mai 2012 zur Erzwingung der gerichtlichen Anordnungen vom 30. April 2010, 11. August 2010 und 27. Oktober 2010 gegen die Beteiligten jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro festgesetzt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Zwangsmaßnahme nach § 35 Abs. 1 FamFG gegen die berichtigungspflichtigen Beteiligten anzuordnen gewesen sei, weil sie nicht in zielführender Weise im Grundbuchberichtigungsverfahren tätig geworden seien.

8

Gegen diesen, dem Beteiligten zu 1) am 09. Mai 2012 zugestellten Zwangsgeldbeschluss hat er mit einem am 23. Mai 2012 bei dem Grundbuchamt eingegangenen Schriftsatz seines Verfahrensvertreters sofortige Beschwerde eingelegt.

9

Er ist der Meinung, dass die Verhängung eines Zwangsgeldes gegen ihn unstatthaft, jedenfalls aber unverhältnismäßig sei. Ihm könne nämlich nicht vorgeworfen werden, an der Grundbuchberichtigung nicht ordnungsgemäß mitgewirkt zu haben. Über den Fortgang des von der Beteiligten zu 3) absprachegemäß beantragten Erbscheinserteilungsverfahrens seien die Beteiligten zu 1) und zu 2) von der Beteiligten zu 3) nicht unterrichtet worden. Sie hätten vielmehr erst zusammen mit der angefochtenen Zwangsgeldanordnung erfahren, dass der Erbscheinsantrag vom 15. März 2012 mangels Vorlage der erforderlichen Personenstandsurkunden mit Beschluss vom 30. August 2011 durch das Nachlassgericht zurückgewiesen worden sei. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) hätten ihrem Verfahrensbevollmächtigten darüber hinaus zwischenzeitlich ihre Heiratsurkunden vorgelegt, weitere Urkunden zum Nachweis ihrer Abstammung seien gegenwärtig nicht verfügbar, da diese bei ihrer Flucht aus ihrem Geburtsort S. in der heutigen Tschechischen Republik verloren gegangen seien. Ihr Verfahrensbevollmächtigter habe sich zudem an das Nachlassgericht gewandt und dort angefragt, welche Urkunden konkret erfordert würden, um nunmehr die Erbscheinserteilung voran zu bringen.

10

Das Grundbuchamt hat am 25. Mai 2012 beschlossen, den sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1) und zu 2) nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem Oberlandesgericht zur Entscheidung in der Sache vorzulegen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass es Sache der Beteiligten zu 1) und zu 2) gewesen sei, sich über den jeweiligen Stand des von der Beteiligten zu 3) absprachegemäß beantragten Erbscheinserteilungsverfahrens zu informieren. Dies hätten sie hier aber offensichtlich versäumt, was zu ihren Lasten gehen müsse. Dass ihm tatsächlich bekannt gewesen sei, dass das Nachlassgericht im Erbscheinserteilungsverfahren weitere Urkunden angefordert habe, ginge im übrigen aus einem anwaltlichen Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Februar 2012 an die Grundpfandrechtsgläubigerin hervor. Dem Grundbuchamt sei vor diesem Hintergrund aber nicht nachvollziehbar, warum die Beteiligten zu 1) und zu 2) sich nicht schon viel früher um die Herbeischaffung der Abstammungsnachweise bemüht hätten. Nicht dargetan hätten die Beteiligten zu 1) und zu 2) überdies, welche Schritte sie zwischenzeitlich unternommen hätten, um ihre Geburtsurkunde aus der Tschechischen Republik zu erlangen. Das Zwangsgeld sei überdies weder dem Grunde noch der Höhe nach unangemessen. Denn zu beachten sei, dass ein öffentliches Interesse daran bestünde, nunmehr den wahren Eigentümer im Grundbuch einzutragen, zumal seit dem Erbfall bereits 13 Jahre vergangen seien.

B.

I.

11

Gegen die Anordnung eines Zwangsgeldes ist nach § 82 GBO in Verbindung mit § 35 Abs. 5 FamFG die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, über die gemäß § 35 Abs. 5 FamFG in Verbindung mit § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO der Einzelrichter des Beschwerdesenates zu entscheiden hat (vgl. OLG Frankfurt FGPrax 2011, 322; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. März 2011, 20 W 425/10 zitiert nach juris; OLG Köln FGPrax 2010, 216; OLG Hamm FGPrax 2010, 276; Demharter, Grundbuchordnung, 28. Aufl., Rdn. 3 zu § 71 GBO; ders. Rdn.3 zu § 81 GBO; Zimmermann in Keidel, FamFG, 17. Aufl., Rdn. 66 zu § 35 FamFG).

12

Die Beteiligte zu 2) hat das Rechtsmittel überdies form- und fristgerecht innerhalb der Zwei-Wochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt.

II.

13

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) allerdings ohne Erfolg.

14

1. Der angefochtene Beschluss des Grundbuchamtes vom 03. Mai 2012 ist in dem Grundbuchberichtigungszwangsverfahren nach § 82 S. 1 GBO ergangen. Nach dieser Vorschrift soll das Grundbuchamt, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist, dem Eigentümer die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Die Durchsetzung der auferlegten Verpflichtung erfolgt nach Maßgabe des § 35 FamFG, also durch Androhung eines der Höhe nach bestimmten Zwangsgeldes für den Fall, dass der Beteiligte die ihm auferlegte Verpflichtung nicht innerhalb einer zu bestimmenden Frist erfüllt. Bleibt die Androhung erfolglos, kann das Zwangsgeld anschließend festgesetzt werden.

15

Maßnahmen des Grundbuchberichtigungszwangs dürfen in dem repressiven Verfahren nach § 82 S. 1 GBO allerdings nur dann ergriffen werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die Eintragung des Eigentümers in Abteilung I des Grundbuches unrichtig ist und dies auf einen Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs beruht, also eine nachträgliche Grundbuchunrichtigkeit im Sinne des § 894 BGB eingetreten ist. Außerdem muss feststehen, dass derjenige, der zur Stellung eines Berichtigungsantrages gezwungen werden soll, tatsächlich als dessen zumindest Miteigentümer dazu berechtigt ist, und schließlich der in Anspruch Genommene auch in der Lage ist, sämtliche Eintragungsvoraussetzungen herbeizuführen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. März 2011, 20 W 425/10 zitiert nach juris; OLG Frankfurt FGPrax 2011, 322; OLG Braunschweig NdsRpfl. 2008, 281; Demharter, GBO, 28. Aufl., Rdn. 9 zu § 83 GBO; Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl. Rdn. 3 zu § 82 GBO; Zimmermann in Keidel, FamFG, 17. Aufl., Rdn. 8 zu § 35 FamFG).

16

Wichtigster Anwendungsfall des § 82 GBO und hier einschlägig ist dabei der nach §§ 1922, 1942 BGB durch Erbfolge außerhalb des Grundbuchs vollzogene Rechtsübergang auf einen neuen Eigentümer. Nach § 82 Satz 2 GBO sollen Maßnahmen des Grundbuchberichtigungszwangs allerdings zurückgestellt werden, so lange berechtigte Gründe hierfür vorliegen. Liegen solche Gründe vor, kann von der für eine Zwangsgeldfestsetzung erforderlichen schuldhaften Nichterfüllung der einen Beteiligten auferlegten Verpflichtung nicht ausgegangen werden (vgl. OLG Hamm FGPrax 2010, 276).

17

2. Das Grundbuchamt hat die Voraussetzungen für eine Zwangsgeldfestsetzung nach § 82 S. 1 GBO in Verbindung mit § 35 FamFG zu Recht bejaht. Insbesondere hat es die Verpflichtung gegenüber den Beteiligten ordnungsgemäß begründet und die Verhängung eines Zwangsgeldes zuvor formgerecht angedroht (§ 35 Abs. 2 FamFG).

18

a) Das Grundbuch ist aufgrund des Versterbens der eingetragenen Miteigentümerin G. durch einen außerhalb des Grundbuchs vollzogenen Rechtsübergang (§ 1922 BGB) unrichtig geworden.

19

b) Die Beteiligten zu 1) bis 3) stehen als berichtigungspflichtige Miteigentümer im Sinne des § 82 GBO fest, denn sie sind als Kinder die gesetzlichen Erben nach ihrer verstorbenen und zu Lebzeiten von ihrem zweiten Ehemann R. G. geschiedenen Mutter G. G. (§§ 1922 Abs. 1, 1924 BGB). Anhaltspunkte für eine durch die Erblasserin errichtete letztwillige Verfügung bestehen nicht, so dass das Grundbuchamt grundsätzlich von der gesetzlichen Erbfolge auch ausgehen durfte (vgl. OLG Braunschweig NdsRpfl 2008, 281; OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 413; Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn.14). Das Grundbuchamt konnte sich hier mithin im Hinblick auf die Einleitung eines Zwangsverfahrens nach § 82 GBO an die Beteiligten als gesetzliche Erben der eingetragenen Miteigentümerin G. halten, da beim Nachlassgericht das Vorhandensein eines Testamentes nicht bekannt war und auch die Beteiligten selbst weder dargetan noch nachgewiesen haben, dass der Erblasser eine testamentarische Verfügung errichtet hatte.

20

c) Mit Verfügung vom 30. April 2010 hat das Grundbuchamt den Beteiligten die konkrete Verpflichtung auferlegt, die Grundbuchberichtigung in Ansehung des Miteigentumsanteils der Erblasserin G. zu beantragen und die erforderlichen, im einzelnen näher bezeichneten Berichtigungsunterlagen, insbesondere den Erbschein, beizubringen. Dieser Verpflichtung sind die Beteiligten gleichwohl trotz erneuter Aufforderung des Grundbuchamtes mit Schreiben vom 11. August 2010 ohne Angaben ausreichender Hinderungsgründe nicht nachgekommen. Das Grundbuch hat sich deshalb veranlasst sehen dürfen, den bis dahin untätigen Beteiligten mit Verfügung vom 27. Oktober 2010 - unter erneuter Fristsetzung - für den Fall der Nichterfüllung der Auflagen ein Zwangsgeld anzudrohen. Die Zwangsgeldandrohung, die den Gegenstand der auferlegten Verpflichtung hinreichend klar und eindeutig hat erkennen lassen, ist dem Beteiligten zu 1) am 29. Oktober 2010 zugestellt worden.

21

d) Dass das Grundbuchamt im weiteren Verlauf des Verfahrens das angedrohte Zwangsgeld schließlich gegenüber dem Beteiligten zu 1) verhängt hat, ist nicht zu beanstanden, auch wenn die Beteiligten zunächst - auf die Zwangsgeldandrohung hin - ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an der Grundbuchberichtigung signalisiert und zu diesem Zweck einen Erbscheinsantrag am 15. März 2011 bei dem Nachlassgericht angebracht hatten.

22

aa) Seinem Beugezweck entsprechend ist das Zwangsgeld nur gerechtfertigt bei schuldhafter Nichtbefolgung und Fortbestand der zu erzwingenden Verpflichtung (vgl. Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn. 35 zu § 82 GBO m.w.N.; Zimmermann in Keidel, FamFG, 17. Aufl. Rdn. 30 zu § 35 FamFG). An dem erforderlichen Verschulden des Pflichtigen fehlt es, wenn er durch Umstände, die außerhalb seines Willens liegen, an der Befolgung der Anordnung gehindert war oder wenn die Nichtbefolgung auf einem entschuldbaren Missverständnis oder dem Verschulden eines Dritten beruht (vgl. Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn.35 zu § 82 GBO m.w.N.; Zimmermann in Keidel, FamFG, 17. Aufl. Rdn. 30 zu § 35 FamFG). Ebenso kann von der für eine Zwangsgeldfestsetzung erforderlichen schuldhaften Nichterfüllung der den Beteiligten auferlegten Verpflichtung nicht ausgegangen werden, wenn berechtigte Gründe für eine Zurückstellung des Berichtigungszwangs vorliegen (§ 82 S. 2 GBO; vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 2002, 433; OLG Hamm FGPrax 2010, 276). Am nötigen Fortbestand der Verpflichtung fehlt es dann, wenn die festgestellte Grundbuchunrichtigkeit zwischenzeitlich behoben ist, beispielsweise durch Antragstellung und Unterlagenbeschaffung (vgl. Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn. 35 zu § 82 GBO).

23

bb) Nach diesen Maßstäben ist hier aber davon auszugehen, dass die Beteiligten zu 1) und zu 2) ihrer Mitwirkungsverpflichtung im Zusammenhang mit der Grundbuchberichtigung nach § 82 GBO schuldhaft zuwider gehandelt haben. Denn sie haben es - trotz wiederholter Aufforderung durch das Grundbuchamt - schuldhaft versäumt, den Berichtigungsantrag unter Vorlage eines Erbscheins bei dem Grundbuchamt anzubringen.

24

(1) Soweit die Beteiligten zunächst geltend gemacht haben, sie würden mit der Grundpfandrechtsgläubigerin, der Sparkasse J. in Verhandlungen über einen Verkauf des Miteigentumsanteils nach der Erblasserin G. stehen, waren Maßnahmen des Grundbuchberichtigungszwangs nach § 82 S. 2 GBO zwar einstweilen für die Dauer der geführten Verhandlungen zurückzustellen. § 40 GBO gibt nämlich einen berechtigten Anlass für die zeitweilige Zurückstellung des Berichtigungszwangsverfahrens (vgl. Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn. 23 zu § 82 GBO). Nachdem die Grundpfandrechtsgläubigerin jedoch auf Anfrage des Grundbuchamtes mitgeteilt hatte, dass an einem Erwerb des Miteigentumsanteils der Erblasserin gar kein Interesse bestünde, konnte ein rückstellungsrelevanter Fall des § 40 GBO nicht mehr angenommen werden. Auch im Übrigen war nicht abzusehen, ob die von den nicht im Grundbuch eingetragenen Erben beabsichtigte Veräußerung des Miteigentumsanteils überhaupt noch vollzogen wird. Dementsprechend haben hier - ohne Rücksicht auf die Ursachen hierfür - keine berechtigten Gründe vorgelegen, vom Eigentümer die Stellung eines Antrages zur Grundbuchberichtigung nicht zu verlangen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 29. Mai 1991, BReg 2 Z 74/91 zitiert nach juris).

25

(2) Auch die Tatsache, dass die Beteiligten untereinander abgestimmt haben, dass die Beteiligte zu 3) bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Lauterbach einen Erbschein nach § 2353 BGB beantragt, hat den Beteiligten zu 1) nicht von einer weiteren Mitwirkung an der Grundbuchberichtigung befreit. Der Beteiligte zu 1) kann sich insbesondere nicht damit entlasten, dass er von der Beteiligten zu 3) über den Fortgang des Erbscheinsverfahrens nicht unterrichtet worden sei. Wie das Grundbuchamt in seiner Nichtabhilfe-Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, hat es dem berichtigungspflichtigen Beteiligten zu 1) vielmehr selbst oblegen, sich über den Stand des Erbscheinserteilungsverfahrens fortlaufend zu informieren und dafür Sorge zu tragen, dass durch das Nachlassgericht erteilte Auflagen zeitnah erfüllt werden. Gegenüber dem Grundbuchamt stehen die Beteiligten zu 1) und zu 2) nämlich zur Vorlage des Erbscheinsantrages genauso in der Pflicht wie die den Erbschein beantragende Beteiligte zu 3). Soweit sich die gesetzlichen Erben - wie hier - im Innenverhältnis untereinander darauf verständigen, dass einer von ihnen den Erbscheinsantrag bei dem Nachlassgericht stellt, ist damit noch nicht zugleich die Verpflichtung nach § 82 GBO allein auf den antragstellenden Beteiligten übergegangen. Die in der Beschwerdeschrift aufgestellte Behauptung der Beteiligten zu 1) und zu 2), von der Auflagenverfügung des Nachlassgerichtes keine Kenntnis erhalten zu haben, steht im Übrigen - wie auch schon das Grundbuchamt mit Recht in seiner Nichtabhilfeentscheidung hervorgehoben hat - in Widerspruch zu einem in dem Beschwerdeverfahren der Beteiligten zu 3) zur Akte gereichten anwaltlichen Schreiben des Verfahrensbevollmächtigen der Beteiligten zu 1) und zu 2) an die Sparkasse J. vom 14. Februar 2012, in dem dieser darauf verweist, dass das Erbscheinserteilungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, weil noch ergänzende Urkunden, insbesondere Abstammungsnachweise der Beteiligten zu 1) und 2). aus Tschechien herbeigeschafft werden müssten. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) hatten danach Kenntnis von den Hindernissen, die der Erbscheinserteilung seinerzeit entgegen standen. Es wäre daher an ihnen gewesen, die erforderten Urkunden dem Nachlassgericht nachzureichen.

26

Von dem Beteiligten zu 1) durfte danach hier aber erwartet werden, dass er sich über das Erbscheinserteilungsverfahren ständig auf dem Laufenden hält und die entsprechenden Auflagen des Nachgerichts erfüllt bzw. zumindest nach der Zurückweisung des Erbscheinsantrages die Beibringung der erforderten Abstammungsnachweise zeitnah nachholt. Diese ihm in eigenen Angelegenheiten obliegende Sorgfaltspflicht hat er hier indessen dadurch verletzt, dass er über einen Zeitraum von mehreren Monaten untätig blieb.

27

cc) Die Verhängung eines Zwangsgeldes ist nach alledem als Druckmittel zur Durchsetzung der Verpflichtung sachlich gerechtfertigt und keineswegs unverhältnismäßig gewesen. Im Rahmen der hier insoweit gebotenen Abwägung der Belange der berichtigungspflichtigen Beteiligten einerseits und des Schutzzweckes des Grundbuchberichtigungszwangsverfahrens nach § 82 GBO andererseits war dem schutzwürdigen Allgemeininteresse an der Aktualisierung und Bereinigung des Grundbuchinhaltes ein Vorrang einzuräumen, da berechtigte Gründe für eine Zurückstellung der Zwangsmaßnahme nicht ersichtlich sind. Der Grundbuchberichtigungszwang aus § 82 GBO dient dem öffentlichen Interesse an der Richtigkeit des Grundbuches zum Schutze eines sicheren Grundbuchverkehrs. Es geht darum, die Löschung oder Umgestaltung aktualisierungsbedürftiger Eintragungen zu erreichen, um damit Quellen möglicher Fehlinformationen des Grundbuchs zu beseitigen und auf diese Weise den Rechtsverkehr vor Irreführung und Komplikationen zu bewahren (vgl. Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn. 1 vor § 82 GBO). Dieser Zielsetzung, die unter Umständen auch eine Einwirkung auf Individualrechte der Beteiligten und den gelegentlichen Einsatz von Druckmitteln erfordert, um das Grundbuchberichtigungsverfahren angemessen voranzutreiben, hat das Grundbuchamt mit der angefochtenen Zwangsgeldanordnung Rechnung getragen.

28

dd) Der Beteiligte zu 1) ist der ihm durch das Grundbuchamt auferlegten Verpflichtung auch nicht zwischenzeitlich nachgekommen. Soweit ersichtlich, hat er bislang keinen Grundbuchberichtigungsantrag gestellt sowie die hierzu erforderlichen Unterlagen, nämlich den Erbschein nach der eingetragenen Miteigentümerin G. G., vorgelegt.

29

Die Zwangsgeldanordnung wäre aufzuheben, wenn der Beteiligte zu 1) zumindest nachträglich dafür gesorgt hätte, dass die Grundbuchunrichtigkeit behoben wird. Das Zwangsgeld im Sinne des § 35 FamFG ist nämlich keine Sühne oder Buße für begangene Pflichtwidrigkeiten, sondern ein Beugemittel, das ausschließlich dazu dient, für die Zukunft die Befolgung gerichtlicher Anordnungen zu erzwingen. Wird die Handlung, die durch die angedrohte Festsetzung des Zwangsgeldes erzwungen werden soll, vorgenommen, so entfällt dadurch der Grund für die Durchführung der Zwangsmaßnahme. Wird die Verpflichtung erst nach Erlass des Zwangsgeldfestsetzungsbeschlusses erfüllt, so ist dieser wegen veränderter Umstände aufzuheben. Eine nachträgliche Erfüllung hätte der Beschwerdesenat auch noch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens als neue Tatsache zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigen müssen (vgl. BayOblG FGPrax 2002, 118; OLG Frankfurt FGPrax 2011, 322; Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn. 39; Zimmermann in Keidel, FamFG, 17. Aufl. Rdn. 41 zu § 35 FamFG). Daran fehlt es hier jedoch.

30

Der Beteiligte zu 1) behauptet mit seiner Beschwerde zwar, dass er seinen Verfahrensbevollmächtigten zwischenzeitlich seine Heiratsurkunde als Abstammungsnachweis für das Erbscheinserteilungsverfahren vorgelegten habe. Es ist aber schon nicht dargetan, dass zwischenzeitlich ein neues Erbscheinserteilungsverfahren unter Vorlage der erforderten Abstammungsnachweise bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Lauterbach betrieben wird. Der Beteiligte zu 1) hat bislang weder gegenüber dem Grundbuchamt die Grundbuchberichtigung beantragt, noch hat er zum Verfahrensstand des Erbscheinserteilungsverfahrens vor dem Nachlassgericht vorgetragen. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hatte er ausreichend Gelegenheit, die erforderlichen Handlungen nachzuholen. Davon hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Dass der Beteiligte zu 1) die ihm nach § 82 GBO obliegende Verpflichtung zwischenzeitlich erfüllt habe, ist nach Lage der Grundbuchakten jedenfalls nicht ersichtlich.

31

e) Auch der Höhe nach ist die Zwangsgeldfestsetzung des Grundbuchamtes nicht zu beanstanden. Das angeordnete Zwangsgeld bewegt sich betragsmäßig innerhalb der Grenzen des § 35 Abs. 3 FamFG und bleibt unterhalb der Zwangsmittelandrohung. Um seinen Zweck als Beugemittel zur Erzwingung der auferlegten Verpflichtung angemessen erfüllen zu können, muss das verhängte Zwangsgeld jedoch nachhaltig und insgesamt spürbar sein.

III.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG.

33

Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegt nach § 82 GBO in Verbindung mit § 35 Abs. 5 FamFG, § 574 Abs. 2 ZPO nicht vor.

34

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO. Danach war der Regelwert von 5.000,-- DM festzusetzen, da es letztlich um die Durchsetzung der Verpflichtung zur Grundbuchberichtigung geht und deshalb nicht die Höhe des angedrohten oder festgesetzten Zwangsgeldes maßgeblich ist (vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 2002, 433; BayObLG, Beschluss vom 29. Mai 1991, BReg 2 Z 74/91; Demharter: GBO, 28. Aufl., Rdn. 27 zu § 83 GBO).


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