Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Senat für Familiensachen) - 8 UF 180/12

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 13. Juni 2012 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Merseburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf den Korrekturantrag des Antragstellers wird das am 07. Februar 2007 ver-kündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts – Merseburg für die Zeit ab Januar 2012 dahingehend korrigiert, dass der Antragsteller verpflichtet wird, an den (am 11. Mai 2006 geb.) Antragsgegner zu Händen von dessen Großmutter folgenden Kindesunterhalt zu zahlen:

für die Zeit ab Januar 2012

90,3 % des Mindestunterhalts, jeweilige Altersstufe,
abzüglich hälftigen Kindergelds für ein 1. Kind
(in Höhe von EUR 92 monatlich zurzeit)
abzüglich folgender SGB XII-Leistungen:

        

ab Januar 2012 bezogener

EUR 246,00 mtl.,

        

ab Mai 2012 bezogener

EUR 297,35 mtl.,

        

von Juni 2012 bis einschließlich
Februar 2013 bezogener

 
EUR 318,00 mtl. 

Der weitergehende Korrekturantrag des Antragstellers wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Der Beschwerdewert beträgt EUR 2.364.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller erstrebt die Abänderung (Korrektur) eines Urteils, in dem er zur Zahlung von Kindesunterhalt an sein minderjähriges Kind (Antragsgegner) verurteilt worden ist. Die Abänderung (Herabsetzung des Urteils) wird für die Zeit „ab Rechtshängigkeit“ des Titelabänderungsantrags des Antragstellers erstrebt, wobei der Antragsteller meint, die Rechtshängigkeit sei am 02. November 2011 eingetreten.

2

Der Antragsteller und die Mutter des minderjährigen Antragsgegners, S. T., nahmen miteinander eine nichteheliche Lebensgemeinschaft auf. Aus der Lebensgemeinschaft ging

3

der (am 11. Mai 2006 geb.) minderjährige Antragsgegner
- im November 2011 in der 1. Altersstufe, seit Mai 2012 in der 2. Altersstufe -

4

hervor, um dessen Unterhalt es im vorliegenden Titelabänderungsverfahren (Korrekturverfahren) geht.

5

Nachdem sich der Antragsteller und die Mutter des minderjährigen Antragsgegners getrennt hatten, so dass der Antragsgegner in der alleinigen Obhut seiner Mutter verblieben war, beantragte die Mutter des Antragsgegners beim Jugendamt des Landkreises Q. die Einrichtung einer Beistandschaft (§§ 1712 ff. BGB), woraufhin das Amt als Beistand (d.h. als gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Antragsgegners) im Jahre 2006 – als sich der Antragsgegner noch in der 1. Altersstufe befand – beim Familiengericht ein Vaterschaftsfeststellungs- und Kindesunterhaltsverfahren (nach § 653 ZPO a.F.) anhängig machte. In jenem Verfahren hat das Familiengericht – auf Grund mündlicher Verhandlung vom 24. Januar 2007 – mit einem am 07. Februar 2007 verkündeten rechtskräftigen Urteil die Vaterschaft des (jetzigen) Antragstellers hinsichtlich des (jetzigen) Antragsgegners festgestellt und den (jetzigen) Antragsteller zur Zahlung folgenden dynamischen Kindesunterhalts an den (jetzigen) Antragsgegner zu Händen der Kindesmutter verurteilt (Bl. 6 ff. d.A.):

6

für die Zeit ab der Geburt
des Antragsgegners

100 % des Regelbetrags nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung (2005),
1. Altersstufe,
abzüglich anzurechnenden Kindergelds (damals EUR 11 mtl.),

für die Zeit ab Juli 2007

100 % des Regelbetrags nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung (2007),
jeweilige Altersstufe,
abzüglich „anteiligen Kindergelds für ein 1. Kind insoweit,
als der Unterhalt 135 % des Regelbetrags nach § 2 der Regelbetrag-
Verordnung abzüglich hälftigen Kindergelds für ein 1. Kind übersteigt“.

7

Zum Zeitpunkt der besagten mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2007 war der (jetzige) Antragsteller arbeitslos und bezog SGB II-Leistungen. Den für den (jetzigen) Antragsgegner titulierten Kindesunterhalt zahlte und zahlt der (jetzige) Antragsteller – wie der (jetzige) Antragsgegner unbestritten vorträgt – nicht, für den (jetzigen) Antragsgegner wird also gar kein Kindesunterhalt gezahlt (Bl. 70 d.A.).

8

Nachdem der (jetzige) Antragsteller mit Sn. W. eine nichteheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen hatte, ging aus der Lebensgemeinschaft – wenige Wochen nach der Verkündung des besagten rechtskräftigen Urteils vom 07. Februar 2007 –

9

das (am 18. April 2007 geb.) Kind A. W.
- nach wie vor in der 1. Altersstufe -

10

hervor. Der Antragsteller lebt zwar spätestens seit 01. Juli 2010 mit seiner jetzigen Lebensgefährtin in einer Mietwohnung unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Adresse an der P. Straße 17 in M. zusammen (Mietvertrag des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin Bl. 108 ff. VkH-Heft Antragsteller), das gemeinschaftliche Kind A. lebt aber nach wie vor nicht im gemeinsamen Haushalt, wie der Antragsteller unbestritten vorträgt (Bl. 3 d.A.) und sich auch aus den von ihm vorgelegten SGB II-Bescheiden (Bl. 3, 84 ff. VkH-Heft Antragsteller) ergibt, nach denen die Bedarfsgemeinschaft für das Kind A. keine SGB II-Leistungen bezieht; stattdessen lebt das Kind A. bei einer Pflegeperson an der S. Straße 4 in M. (Bl. 1, 38 VkH-Heft Antragsteller). Der Antragsteller hat nun mehr zweitinstanzlich belegt, dass er für sein Kind A. Kindesunterhalt zahlt, und zwar „jeden Monat EUR 100 monatlich“ an seine – des Antragstellers – Mutter B. O., bei der das Kind lebt (Bescheinigung von Frau O. vom 01. Februar 2013; Bl. 164 d.A.).

11

Der minderjährige Antragsgegner selbst wurde von seiner – mit der Pflege und Erziehung überforderten – Mutter S. T. in Familienpflege gegeben, und zwar bei ihrer Mutter, A. T. (Großmutter des minderjährigen Antragsgegners), die an der F. 27 in L. wohnt und bei der sich der minderjährige Antragsgegner seitdem aufhält. Auf Antrag der Großmutter (Pflegeperson) übertrug ihr das Familiengericht mit Zustimmung der Kindesmutter mit Beschluss vom 02. Oktober 2007 die Personen- und Vermögenssorge als (Ergänzungs-)„Pflegerin“ (unter Bezugnahme auf die Bestimmung zu § 1630 Abs. 3 BGB). Soweit die Großmutter bislang den minderjährigen Antragsgegner unterhielt, ist der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Antragsgegners nicht auf sie, die Großmutter, übergegangen; denn ein Anspruchsübergang setzt voraus, dass die Rechtsverfolgung des minderjährigen Antragsgegners gegen seine ihm unterhaltspflichtige Mutter S. T. ausgeschlossen oder zumindest erheblich erschwert wäre (§ 1607 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 BGB), wofür keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen.

12

Am 21. Oktober 2011 hat der Antragsteller (Kindesvater) beim Familiengericht das vorliegende Titelabänderungsverfahren (Korrekturverfahren) anhängig gemacht, in dem er für die Zeit „ab Rechtshängigkeit“ zunächst eine Abänderung (Herabsetzung) des im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) titulierten dynamischen Kindesunterhalts auf statische EUR 26 monatlich erstrebt hat. Die Antragsschrift wurde am 02. November 2011 Frau Sch. vom Jugendamt des Landkreises S. als vermeintlichem „Beistand“ und „Vertreter“ des minderjährigen Antragsgegners zugestellt (Bl. 26 d.A.). Als das Jugendamt unter dem 07. und 23. November 2011 mitteilte, dass ihm „keine aktuelle Vertretungsmacht für das minderjährige Kind … vorliege“ (Bl. 27 d.A.) – die Beistandschaft hatte also geendet (§ 1715 BGB) – und die Großmutter des minderjährigen Antragsgegners, A. T., die Personen- und Vermögenssorge ausübe (Bl. 28 d.A.), wurde die Antragsschrift am 16. Dezember 2011 der Großmutter als „Vertreterin“ des Antragsgegners zugestellt (Bl. 37 d.A.). In der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2012 änderte der Antragsteller seinen Titelabänderungsantrag dahingehend, dass er seitdem „ab Rechtshängigkeit“ eine Abänderung (Herabsetzung) des im Alttitel titulierten dynamischen Kindesunterhalts auf folgenden dynamischen Kindesunterhalt Titelabänderung erstrebt (Bl. 73 f. d.A.):

13

für die streitige Zeit
„ab Rechtshängigkeit“

37,2 % des Mindestunterhalts,
1. Altersstufe,
abzgl. hälftigen Kindergelds für ein 1. Kind
(Zahllast EUR 26 monatlich),

für die streitige Zeit
ab Mai 2012

32,4 % des Mindestunterhalts,
2. Altersstufe,
abzgl. hälftigen Kindergelds für ein 2. Kind
(Zahllast EUR 26 monatlich).

14

Mit einem am 13. Juni 2012 verkündeten Beschluss wies das Familiengericht den Titelabänderungsantrag (Korrekturantrag) des Antragstellers kostenpflichtig ab.

15

Gegen diese – ihm am 18. Juni 2012 zugestellte – Entscheidung hat der Antragsteller am 16. Juli 2012 beim Senat ein Verfahrenskostenhilfegesuch für eine beabsichtigte Beschwerde angebracht, woraufhin ihm der Senat mit Beschluss vom 04. September 2012 Verfahrenskostenhilfe bewilligt hat. Anschließend hat der Antragsteller am 01. Oktober 2012 beim Senat Beschwerde eingelegt und ein Wiedereinsetzungsgesuch angebracht, dem der Senat mit Beschluss vom 04. Oktober 2012 entsprochen hat. Daraufhin hat der Antragsteller am 15. Oktober 2012 dem Senat die Beschwerdebegründungsschrift vorgelegt, in der er seinen erstinstanzlichen Titelabänderungsantrag (Korrekturantrag) weiterverfolgt, wobei er meint, die „Rechtshängigkeit“ seines erstinstanzlichen Titelabänderungsantrags (Korrekturantrags) sei am 02. November 2011 eingetreten (Bl. 116 f.A.). Zahlungen auf den Alttitel leistete der Antragsteller auch für den minderjährigen Antragsgegner nicht.

II.

16

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers (§§ 58 ff., § 117 FamFG) ist teilweise begründet:

17

1. Der Alttitel (rechtskräftiges Urteil des Familiengerichts vom 07. Februar 2007), dessen Abänderung (Herabsetzung) der Antragsteller erstrebt, ist abänderungsfähig, weil der Alttitel – trotz der missverständlichen abstrakten Kindergeldanrechnung für die Zeit ab Juli 2007 – vollstreckungsfähigen Inhalt hat, so dass der Antragsteller nicht auf einen Vollstreckungsgegenantrag nach § 120 FamFG in Verbindung mit § 767 ZPO analog (vgl. BGH, FamRZ 2006, 261 ff.) verwiesen zu werden braucht:

18

a) Das am 07. Februar 2007 verkündete rechtskräftige Urteil wurde auf Grund einer mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2007 erlassen. Für die Titulierung von Unterhalt sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (hier: 24. Januar 2007) maßgebend, spätere – und künftige – Entwicklungen dürfen der Titulierung auch dann nicht zu Grunde gelegt werden, wenn sie zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung voraussehbar gewesen sind. Spätere – künftige – Veränderungen der Verhältnisse können nicht schon im Ersttitulierungsverfahren Berücksichtigung finden, in dem die Verfahrensbeteiligten noch „keine Möglichkeit“ haben, sich auf die noch nicht eingetretenen veränderten Verhältnisse zu stützen, sondern spätere – künftige Veränderungen – müssen, sobald sie eintreten, späteren Titelabänderungsverfahren der Verfahrensbeteiligten (§§ 238, 239 FamFG) vorbehalten bleiben (so ausdrücklich BGH, NJW 1992, 364).

19

b) Der (am 11. Mai 2006 geb.) minderjährige Antragsgegner befand sich beim Schluss der besagten mündlichen Verhandlung im Vorprozess (24. Januar 2007) in der 1. Altersstufe. Zu diesem Zeitpunkt galt (über § 1612a BGB in der damals geltenden a.F.) noch die Regelbetrag-Verordnung (2005); die Regelbetrag-Verordnung (2007) – deren Erlass und Inhalt noch nicht sicher voraussehbar waren – trat erst im Anschluss an den Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung, nämlich am 01. Juli 2007, in Kraft. In dem Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) wurde per 24. Januar 2007 für den minderjährigen Antragsgegner nach der damals geltenden Regelbetrag-Verordnung (2005) für die Zeit ab seiner Geburt, also für die 1. Altersstufe, Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung, 1. Altersstufe, abzüglich anteiligen Kindergelds für ein 1. Kind in Höhe von damals EUR 11 monatlich tituliert (§ 1612b Abs. 5 BGB in der damals geltenden a.F.: „Eine Anrechnung des Kindergelds unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten“). Dieser Kindesunterhalt entsprach folgender Zahllast:

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100 % Regelbetrag (2005)

        

        

1. Altersstufe

        

EUR 188 monatlich 

abzgl. Kindergeldanteil:

        

        

Unterhalt

EUR 188 mtl.

        

zzgl. ½ Kindergeld für 1. Kind

+ EUR 77 mtl.

        

d.s.

EUR 265 mtl.

        

abzgl.

        

        

135 % von EUR 188 mtl., d.s.

- EUR 254 mtl.

        

anzurechnendes Kindergeld

        

- EUR 11 monatlich 

Zahllast

        

EUR 177 monatlich.

21

Der Betrag des anzurechnenden Kindergelds wurde mithin der Höhe nach – auf EUR 11 monatlich – bestimmt (konkrete Kindergeldanrechnung; vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Auflage, § 655 ZPO a.F. Rn 1a m.w.N.); dies war zutreffend und entsprach der damaligen Rechtslage (siehe vorstehende Berechnung).

22

c) Die im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) vorgenommene Titulierung für die im Anschluss an den Schluss der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2007 beginnende Folgezeit ab Juli 2007, die mit Blick auf die vom Familiengericht per 01. Juli 2007 erwartete Änderung der Regelbetrag-Verordnung (2007) erfolgte und keine konkrete, sondern nur noch eine abstrakte Kindergeldanrechnung („abzüglich anteiligen Kindergelds für ein 1. Kind insoweit, als …“) enthält, war, da die neue Regelbetrag-Verordnung (vom 01. Juli 2007) noch nicht in Kraft war, nicht nur unzulässig (BGH a.a.O.), sondern auch obsolet, weil dynamisch titulierter Kindesunterhalt immer automatisch an neue gesetzliche Regelbetrags- bzw. Mindestunterhaltssätze angepasst wird, ohne dass es einer gesonderten gerichtlichen Titulierung für die Zukunft bedarf, und sich mit dem Inkrafttreten der neuen Regelbetrag-Verordnung (2007) am 01. Juli 2007 die Höhe des anzurechnenden Kindergelds (EUR 11 monatlich) nicht änderte, wie folgende Berechnung zeigt:

23

100 % Regelbetrag (2007)

        

        

1. Altersstufe

        

EUR 186 monatlich 

abzgl. Kindergeldanteil:

        

        

Unterhalt

EUR 186 mtl.

        

zzgl. ½ Kindergeld für 1. Kind

+ EUR 77 mtl.

        

d.s.

EUR 263 mtl.

        

abzgl.

        

        

135 % von EUR 186 mtl., d.s.

- EUR 252 mtl.

        

anzurechnendes Kindergeld

        

- EUR 11 monatlich 

Zahllast

        

EUR 175 monatlich.

24

D.h., das nach dem Gesetz anzurechnende Kindergeld betrug weiterhin EUR 11 monatlich, nachdem die (neue) Regelbetrag-Verordnung am 01. Juli 2007 in Kraft trat und diese Regelbetrag-Verordnung (2007) am 01. Januar 2008 außer Kraft trat und der Regelbetrag-Unterhalt per 01. Januar 2008 durch den Mindestunterhalt (§ 1612a BGB n.F.) abgelöst wurde. Beim Außerkrafttreten der neuen Regelbetrag-Verordnung (2007) am 01. Januar 2008 befand sich der minderjährige Antragsgegner auch noch in der 1. Altersstufe. Für die Zeit bis 31. Dezember 2007 wurden im Urteil vom 07. Februar 2007 also weiterhin 100 % des Regelbetrags nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung, 1. Altersstufe, abzüglich anzurechnenden Kindergelds in Höhe von EUR 11 monatlich tituliert (Zahllast EUR 175 monatlich, wie vor). Diese Titulierung entsprach dem Willen des Familiengerichts, das in seinem Urteil vom 07. Februar 2007 auf § 1612b Abs. 5 BGB in der damals geltenden a.F. Bezug genommen hat, so dass der Tenor des Urteils in dieser Richtung berichtigend auslegbar ist (§ 319 ZPO).

25

2. Rechnet man den im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) titulierten Regelbetrag-Unterhalt (nach § 1612a BGB a.F. in Verbindung mit der Regelbetrag-Verordnung) per 01. Januar 2008 in Mindestunterhalt (nach § 1612a BGB in der zurzeit geltenden n.F.) um, so ergibt sich aus dem Alttitel folgende Zahllast des Antragsgegners:

26

Urteil vom 07.02.07:

        

Zahllast per 31.12.07:

        

1. Altersstufe (wie vor)

EUR 175 monatlich 

zzgl. ½ Kindergeld (2008) für ein 1. Kind

+ EUR 77 monatlich 

Sa.

EUR 252 monatlich 

d.s. per 01.01.08:

        

90,3 % des Mindestunterhalts 1. Altersstufe

        

(= 90,3 % von EUR 279 mtl.);

        

Umstellung per 01.01.08 also:

        

90,3 % des Mindestunterhalts 1. Altersstufe

EUR 252 monatlich 

abzgl. ½ Kindergeld (2008) für ein 1. Kind

- EUR 77 monatlich 

Zahllast

EUR 175 monatlich.

27

D.h., in dem Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2012) sind – umgerechnet – 90,3 % Mindestunterhalt, jeweilige Altersstufe, abzüglich hälftigen Kindergelds für ein 1. Kind tituliert.

28

Da sich der Mindestunterhalt und das Kindergeld bis zum Jahre 2010 erhöhten, erhöhte sich die Zahllast aus dem Alttitel bis zum Beginn der streitigen Zeit (Januar 2012; siehe unten) wie folgt:

29

90,3 % des Mindestunterhalts (2010)

        

1. Altersstufe

        

(= 90,3 % von EUR 317 mtl.), d.s.

EUR 287 monatlich 

abzgl. ½ Kindergeld (2010)

- EUR 92 monatlich 

Zahllast

EUR 195 monatlich.

30

Ab Mai 2012 erhöhte sich die Zahllast aus dem Alttitel nochmals, weil sich der minderjährige Antragsgegner seitdem in der 2. Altersstufe befindet:

31

90,3 % des Mindestunterhalts 2. Altersstufe

        

(= 90,3 % von EUR 364 mtl.), d.s.

EUR 329 monatlich 

abzgl. ½ Kindergeld

- EUR 92 monatlich 

Zahllast

EUR 237 monatlich.

32

3. Abweichend von seiner Ansicht kann der Antragsteller nicht bereits eine Abänderung (Herabsetzung) des im rechtskräftigen Urteil vom 07. Februar 2007 titulierten Kindesunterhalts) für die Zeit ab November 2011, sondern erst ab Januar 2012 verlangen, da die Rechtshängigkeit seines erstinstanzlichen Titelabänderungsantrags, ab welcher der Antrag-steller – seinem Antrag gemäß – eine Abänderung (Korrektur) des Alttitels (Urteils vom 07. Februar 2007) erstrebt, nicht schon mit der unwirksamen Zustellung seines Abänderungsantrags an das (nicht vertretungsberechtigte) Jugendamt des Landkreises S. (02. November 2011) – welches den minderjährigen Antragsgegner nicht mehr vertrat (§ 1715 BGB) –, sondern erst mit der wirksamen Zustellung des Antrags an die (vertretungsberechtigte) Großmutter des minderjährigen Antragsgegners (17. Dezember 2011) eingetreten ist:

33

Allein die Großmutter des minderjährigen Antragsgegners war und ist vom Familiengericht mit Beschluss vom 02. Oktober 2007 als Ergänzungspflegerin mit den Aufgabenbereichen der Personen- und Vermögenssorge für den Antragsgegner betraut worden und damit gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Antragsgegners (§ 1909 BGB). An der gesetzlichen Vertretung ändert sich auch nichts, wenn man annimmt, dass das Familiengericht – abweichend von der Bestimmung zu § 1630 Abs. 3 BGB, die lediglich eine Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge der allein sorgeberechtigten Kindesmutter auf einen „Pfleger“ gestattet (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 71. Auflage, § 1630 Rn 9 m.w.N.) – nicht nur Teilbereiche, sondern die gesamte elterliche Sorge von der Kindesmutter auf die Großmutter des Antragsgegners übertragen hat. Dann wurde die Großmutter des minderjährigen Antragsgegners nämlich nicht nur Ergänzungspflegerin, sondern sogar Vormund des minderjährigen Antragsgegners und damit uneingeschränkt vertretungsberechtigt (§§ 1773 ff. BGB).

34

4. Eine Abänderung (Herabsetzung) des im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) titulierten Kindesunterhalts kann nur für die Zeit nach der Rechtshängigkeit des Titelabänderungsantrags verlangt werden, wie der Antragsteller zutreffend annimmt:

35

Das Urteil vom 07. Februar 2007 ist noch nach der damals geltenden alten Verfahrensordnung (ZPO) ergangen. Es beruhte nicht auf einer konkreten Ermittlung des vom (jetzigen) Antragsteller (als damaligem Beklagten) geschuldeten Kindesunterhalts – also auf einer konkreten Unterhaltsberechnung nach der Leistungsfähigkeit des (jetzigen) Antragstellers –, sondern das Urteil erging im Zusammenhang mit der Vaterschaftsfeststellung des Antragstellers nach § 653 ZPO in der damals geltenden a.F.. Nach dieser Vorschrift hatte das Gericht dem Kind – ohne inhaltliche Prüfung – bis zu 100 % des damaligen Regelbetrags abzüglich anteiligen Kindergelds zuzusprechen, sofern das Kind (wie im vorliegenden Fall) keinen geringeren dynamischen Kindesunterhalt begehrte. Die Titulierung sollte schnell erfolgen, eine Überprüfung der Entscheidung blieb einer anschließenden Korrekturklage nach § 654 ZPO a.F. überlassen.

36

Nachdem die alte Verfahrensordnung (ZPO) mit Wirkung vom 01. September 2009 außer Kraft getreten ist (Art. 111 f. FGG-RG), kann eine Korrekturklage nach § 654 ZPO a.F. nicht mehr erhoben werden. Auf das vorliegende Verfahren ist nämlich das seit 01. September 2009 geltende neue Verfahrensrecht (FamFG) anzuwenden (arg. ex Art. 111 Abs. 1 Satz 2 FGG-RG). Das neue Verfahrensrecht (FamFG) sieht in der Bestimmung zu § 240 FamFG einen Korrekturantrag vor, wenn anlässlich einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung eine – von einer Einzelfallprüfung losgelöste und daher abstrakte – Verpflichtung zur Zahlung dynamischen Kindesunterhalts tituliert wurde. Die Bestimmung zu § 240 FamFG meint zwar – ihrem Wortlaut nach – nur Korrekturanträge, die abstrakte Titulierungen von Kindesunterhalt nach § 237 FamFG betreffen, also abstrakte Titulierungen nach derzeit geltendem neuem Verfahrensrecht (FamFG) und nicht mehr nach altem Verfahrensrecht (§ 653 ZPO a.F.). Die Bestimmung zu § 240 FamFG, die ein Korrekturverfahren zulässt, ist aber nach allgemeiner Meinung – ihrem Regelungszweck entsprechend – auch auf Alttitel nach altem Verfahrensrecht (ZPO) anzuwenden (Musielak/Borth, FamFG, 3. Auflage, § 240 Rn 2 unter Bezugnahme auf BGH, FamRZ 2003, 304 ff., wonach § 240 FamFG sogar auf Alttitel Abwendung findet, die bereits vor dem 01. Juli 1998 datieren [die zitierte Entscheidung BGH, FamRZ 2003, 304 ff. betrifft die Korrektur einer nach Art. 5 § 3 KidUG vorgenommenen Dynamisierung eines vormals statischen Alttitels und besagt, dass die Dynamisierung im Korrekturverfahren überprüft werden kann]). Die Bestimmung zu § 238 FamFG (die keine Korrektur, sondern eine bloße Abänderung gerichtlicher Entscheidungen erlaubt) kann auf Alttitel wie den vorliegenden (nach § 653 ZPO a.F.), die nicht auf einer konkreten Unterhaltsberechnung beruhen, keine Anwendung finden, weil die Bestimmung zu § 238 FamFG nur anwendbar ist, wenn es um die Abänderung einer in einem Alttitel vorgenommenen richterlichen Prognose geht (vgl. Musielak/Borth a.a.O., § 238 Rn 2 m.w.N.), an der es in dem vorliegenden – nach § 653 ZPO a.F. ergangenen – Urteil vom 07. Februar 2007 fehlt, weil in jenem Verfahren keine inhaltliche Prüfung des Kindesunterhaltsanspruchs stattgefunden hat (siehe oben).

37

5. Mit seinem Korrekturantrag nach § 240 FamFG kann der Antragsteller – wie nach § 654 ZPO a.F. – gemäß § 240 Abs. 2 FamFG für die Zeit nach Rechtshängigkeit (hier: ab Januar 2012) eine Korrektur des nach § 653 ZPO a.F. ergangenen Urteils vom 07. Februar 2007 im Sinne einer „freien Neufestsetzung“ des von ihm, dem Antragsteller, nach dem Gesetz geschuldeten Kindesunterhalts verlangen, ohne sich eine Bindungswirkung des besagten Urteils vom 07. Februar 2007 entgegenhalten lassen zu müssen. Für das Korrekturverfahren nach § 240 FamFG gelten – wie für das Korrekturverfahren nach § 654 ZPO a.F. – die Regeln des Ersttitulierungsverfahrens (Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Auflage, § 240 Rn 1):

38

a) Der (am 15. März 1984 geb.) Antragsteller, der in M. (bei L. ) wohnt, hat den Abschluss der 8. Klasse (Zeugnis vom 12. Juli 2000; Bl. 52 f. d.A.). Nach der Schulausbildung hat er bis zum Jahre 2001 bei den Berufsbildenden Schulen des Landkreises Q. ein Berufsvorbereitungsjahr absolviert, und zwar mit durchschnittlich mangelhaften Noten (Bl. 55 d.A.). Anschließend nahm er bei dem Transportunternehmen R. in L. eine Ausbildung zum Lagerfacharbeiter auf, die – ebenfalls wegen schlechter Leistungen – von Seiten des Unternehmens zum 31. Mai 2002 gekündigt wurde (Bl. 4, 54 d.A.). Bei der Geburt des minderjährigen Antragsgegners (11. Mai 2006) war der Antragsteller arbeitslos und bezog SGB II-Leistungen. Ab 16. Oktober 2007 war er bei dem Leiharbeitsunternehmen U. GmbH mit Sitz in Mn. angestellt und wurde dadurch wieder in das Erwerbsleben integriert; bei dem Leiharbeitsunternehmen erzielte er ein durchschnittliches Nettoeinkommen von ca. EUR 1.017 monatlich (Bl. 3 f.; Gehaltsabrechnung für Dezember 2010 Bl. 23 d.A.). Per 01. September 2011 wurde der Antragsteller von der Abfallverwertung L. GmbH als Gerätefahrer in den Betriebsstätten des Unternehmens übernommen (Bl. 10 ff. d.A.); bei dieser Arbeitgeberin erzielt er bei 40 Wochenarbeitsstunden ein durchschnittliches Nettoeinkommen von ca. EUR 1.197 monatlich (Gehaltsabrechnung für Dezember 2011 Bl. 58 d.A.).

39

Der Antragsteller macht geltend, für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein Abonnement der L. Verkehrsbetriebe in Anspruch zu nehmen und dafür – nachweislich – ca. EUR 60 monatlich aufzuwenden (Bl. 51, 59 d.A.).

40

Der Antragsteller lebt mit seiner Lebensgefährtin Sn. W. (und Kindern seiner Lebensgefährtin, nicht mit seinem Kind A. ; siehe oben) in einer Bedarfsgemeinschaft zusammen und die Bedarfsgemeinschaft bezieht SGB II-Leistungen.

41

Seit Januar 2010 bezieht die Großmutter des minderjährigen Antragsgegners zwar für den Antragsgegner – nach eigenen Anhaben – Sozialhilfe nach dem SGB XII, und zwar nach Aktenlage ab Januar 2012 in Höhe von EUR 246 monatlich (Bl. 46, 151 d.A.), ab Mai 2012 in Höhe von EUR 297,35 monatlich und seit Juni 2012 in Höhe von EUR 318 monatlich (Bl. 151, 155 d.A.), und mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 hat die Großmutter vortragen lassen, der Antragsteller habe vom Träger der Sozialleistung im Mai 2011 eine rechtswahrende Mitteilung nach § 94 SGB XII erhalten und darauf mit einem Schreiben vom 23. Mai 2011 reagiert (Bl. 49 d.A., Bl. 2 VkH-Heft Antragsgegner). Die Ansicht der Großmutter, der durch die Rechtswahrungsanzeige bedingte Übergang des Unterhaltsanspruchs des minderjährigen Antragsgegners auf den Träger der Sozialleistung habe die Unzulässigkeit des vom Antragsteller gegen den Antragsgegner gerichteten Korrekturantrags nach § 240 FamFG zur Folge, weil der Antragsteller wegen der von ihm begehrten Korrektur des Urteils vom 07. Februar 2007 gegen den Träger der Sozialleistung vorgehen müsse, ist aber nicht zutreffend. Denn das Korrekturverfahren nach § 240 FamFG folgt den Regeln des Ersttitulierungsverfahrens, so dass der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialleistung zur Folge hat, dass der minderjährige Antragsgegner insoweit nicht mehr Anspruchsinhaber ist, so dass der im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) titulierte Kindesunterhalt insoweit zu reduzieren (d.h. zu kürzen) ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Auflage, § 240 Rn 3 m.w.N.), so dass sich die Sozialleistung nicht zum Nachteil des Antragstellers (Kindesvaters), sondern zum Nachteil des minderjährigen Antragsgegners (Kindes) auswirkt.

42

b)aa) Nach den Regeln des Ersttitulierungsverfahrens, die im vorliegenden Korrekturverfahren gelten, gilt die gesetzliche Vermutung, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil (hier: Antragsteller) bis zu 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe des Kindes abzüglich hälftigen Kindergelds zu leisten vermag (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 1 Rn 703 ff. m.w.N.). Die gesetzliche Vermutung gilt auch im vorliegenden Fall, in dem für den minderjährigen Antragsgegner im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) für die streitige Zeit ab Januar 2012 lediglich 90,3 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergelds für ein 1. Kind tituliert worden sind (siehe oben zu II. 2.). Die gesetzliche Vermutung, die auf der gesteigerten Erwerbsobliegenheit des barunterhaltspflichtigen Elternteils gegenüber seinem minderjährigen Kind beruht (§ 1603 Abs. 2 BGB), hat der Antragsteller zu widerlegen:

43

Der – darlegungs- und beweispflichtige – Antragsteller erzielt zwar seit Beginn der streitigen Zeit (Januar 2012) lediglich ein durchschnittliches Nettoeinkommen von ca. EUR 1.197 monatlich, er leistet aber bloß 40 Wochenarbeitsstunden. Um seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber dem minderjährigen Antragsgegner (§ 1603 Abs. 2 BGB) nachzukommen, muss der 28-jährige Antragsteller 48 Wochenarbeitsstunden leisten, wenn sein Einkommen nicht ausreicht, den Mindestunterhalt seines Kindes zu decken. Besteht bei seiner Arbeitgeberin keine Möglichkeit zur Ableistung von Überstunden, hat der Antragsteller einer Nebenerwerbstätigkeit (Zeitungaustragen, Kellnern, Taxifahren usw.) nachzugehen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 71. Auflage, § 1603 Rn 42 m.w.N.). In dieser Richtung hatte der Antragsteller schon vor Beginn der streitigen Zeit – eigenständige – Erwerbsbemühungen zu entfalten und diese Bemühungen im vorliegenden Kindesunterhaltsverfahren detailliert darzulegen (vgl. OLG Naumburg, OLG-NL 2005, 138). Da dies nicht geschehen ist, muss sich der Antragsteller – wegen Verletzung seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber seinem minderjährigen Kind (§ 1603 Abs. 2 BGB) – fiktives Erwerbseinkommen hinzurechnen lassen (vgl. Palandt/Brudermüller a.a.O., § 1603 Rn 22 ff. m.w.N.). Rechnet man sein derzeitiges durchschnittliches Nettoeinkommen, das er bei 40 Wochenarbeitsstunden erzielt, auf 48 Wochenarbeitsstunden hoch, so ergibt sich ein – dem Antragsteller anzurechnendes – durchschnittliches Nettoeinkommen von (wenigstens) ca. EUR 1.350 monatlich (d.s. tatsächlich erzielte EUR 1.197 mtl. : 40 x 48 abzüglich Einkommensteuerprogression). Eine unterhaltsrechtliche Nebenerwerbsobliegenheit besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber keine Nebenerwerbstätigkeit erlaubt (Palandt/Brudermüller a.a.O., § 1603 Rn 42 m.w.N.).

44

Als gesteigert erwerbspflichtiger Elternteil muss der Antragsteller auch seinen Wohnort am Arbeitsort nehmen und kann sich im Mangelfall – abweichend von seiner Ansicht – ohne konkreten Nachweis nicht auf berufsbedingte Fahrtkosten berufen (vgl. Palandt/Brudermüller a.a.O., § 1603 Rn 43 m.w.N.; Nr. 10.2.1 der Unterhaltsleitlinien des OLG Naumburg). Wenn man die vom Antragsteller geltend gemachten berufsbedingten Fahrtkosten (ca. EUR 60 monatlich) aber als Einkommensminderung akzeptieren, so müsste sich der Antragsteller im Gegenzug einkommenserhöhend eine Haushaltsersparnis durch Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin Sn. W. anrechnen lassen.

45

Zwar mag sich der Antragsteller auf seine – gleichrangige (§ 1609 Nr. 1 BGB) – Unterhaltspflicht gegenüber seinem (am 18. April 2007 geb.) zweiten Kind A. W. berufen können, das nicht in seinem Haushalt lebt. Denn weitere – gleichrangige – Unterhaltspflichten mindern das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils insoweit, wie sie tituliert sind oder tatsächlich (durch Unterhaltsleistungen) erfüllt werden (Palandt/Brudermüller a.a.O., § 1603 Rn 6 m.w.N.). Zahlungen hat der – darlegungs- und beweispflichtige – Antragsteller zweitinstanzlich dargelegt, er zahle EUR 100 monatlich an Frau O., in deren Familie das Kind lebt.

46

Gleichwohl ist aber für die streitige Zeit (ab Januar 2012) von folgender Leistungsfähigkeit des Antragstellers auszugehen:

47

ohne berufsbedingte Fahrtkosten und ohne Haushaltsersparnis:

tatsächliches Nettoeinkommen

        

zzgl. fiktives Zusatzeinkommen

EUR 1.350 monatlich 

abzgl. Unterhalt 2. Kind

- EUR 100 monatlich 

abzgl. notwendiger Selbstbehalt

- EUR 950 monatlich 

bleiben für Kindesunterhalt verfügbar

EUR 300 monatlich;

ab 2013 (höherer Selbstbehalt):

        

tatsächliches Nettoeinkommen

        

zzgl. fiktives Zusatzeinkommen

EUR 1.350 monatlich 

abzgl. Unterhalt 2. Kind

- EUR 100 monatlich 

abzgl. notwendiger Selbstbehalt

- EUR 1.000 monatlich 

bleiben für Kindesunterhalt verfügbar

EUR 250 monatlich.

48

Damit kann der Antragsteller ab Beginn der streitigen Zeit (Januar 2012) den im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2007) für den minderjährigen Antragsgegner titulierten Kindesunterhalt

49

bis April 2012

EUR 195 monatlich

seit Mai 2012

EUR 237 monatlich

50

(siehe oben) decken. D.h., insoweit ist der Alttitel nicht (nach § 240 FamFG) zu korrigieren.

51

bb) Allerdings müssen von dem im Alttitel (Urteil vom 07. Februar 2012) titulierten Kindesunterhalt von 90,3 % des Mindestunterhalts, jeweilige Altersstufe, abzüglich hälftigen Kindergelds für ein 1. Kind für die Zeit von Mai 2011 (Rechtswahrungsanzeige) bis zum Schluss der zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung im vorliegenden Korrekturverfahren

52

(21. Februar 2013) die für den minderjährigen Antragsgegner bezogenen Sozialhilfeleistungen

53

für Mai 2011 in Höhe von

EUR 297,35 monatlich

seit Juni 2012 in Höhe von

EUR 318,00 monatlich

54

(siehe oben) abgesetzt werden. Denn soweit der Antragsgegner bislang Sozialhilfe bezog, ist sein Unterhaltsanspruch ab der Rechtswahrungsanzeige des Trägers der Sozialleistungen (Mai 2011) auf den Träger übergegangen (§ 94 SGB XII).

III.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG. Unter Billigkeitsgesichtspunkten hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er mit seinem Korrekturantrag unterlegen ist mit der Folge, dass es bei dem im Alttitel titulierten Kindesunterhalt verbleibt, und lediglich SGB-Leistungen abzusetzen sind. Der Beschwerdewert beruht auf § 51 FamGKG.


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