Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (5. Zivilsenat) - 5 U 26/21

Tenor

1) Die Berufung des Klägers gegen das am 28. Oktober 2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.

2) Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3) Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Der damals wie heute in A. wohnhafte Kläger stellte unter dem 21. August 2017 über das A. Autohaus GmbH bei der Beklagten einen Darlehensantrag (Anlage K 2, Anlagenband Kläger; Anlagen B 7, Anlagenband Beklagte) zur Finanzierung eines Pkw Passat Variant Comfortline 1.4 TSI, den er bei einer Anzahlung von € 13.000,00 zum Kaufpreis von € 34.620,00 erworben hatte. Ausweislich des Darlehensantrages schloss der Kläger ferner die Versicherung KSB für AU und Tod zum Preis von € 996,40 ab.

2

Nach den Angaben im „Finanzierungsplan“ auf Seite 1 des Darlehensantrages belief sich der Nettodarlehensbetrag auf € 22.616,40, der Sollzins betrug 1,97 %, der effektive Jahreszins belief sich bei einer Laufzeit von 48 Monaten auf 1,99 %. Die Darlehenssumme von € 24.088,16 war nach den Angaben bei „Rückzahlung - Annuitätendarlehen“ in 48 Raten von jeweils € 201,37 und einer Schlussrate von € 14.422,40 zurückzuführen. Zur Fälligkeit heißt es dort:

3

„Die erste Rate über EUR 201,37 ist 30 Tage nach Auszahlung des Darlehens fällig.
47 Folgeraten über je EUR 201,37 sind fällig am gleichen Tag jeden Folgemonats.
1 Schlussrate über EUR 14.442,40 ist fällig mit der letzten regulären Rate.
Laufzeit: 48 Monate.
Der Darlehensnehmer wird unmittelbar nach erfolgter Auszahlung mit gesondertem Schreiben über den Auszahlungszeitpunkt informiert.“

4

Ferner heißt es im Darlehensantrag nach „Hinweis“:

5

„Für den Vertrag gelten weiter die aufgeführten Darlehensbedingungen. Auch die ausgehändigten Merkblätter sowie die Versicherungsbedingungen des KSB/KSB Plus sind zu beachten“.

6

Der ersten Seite des Darlehensantrages folgen auf den weiteren Seiten Ausführungen zu „Sicherheiten“, den Auszahlungsbedingungen und die Darlehensbedingungen (Ziffer 1 - 14).

7

Auf Seite 2 des Darlehensantrages heißt es unter Auszahlungsbedingungen:

8

„Das Darlehen wird ausgezahlt, wenn die vollständig ausgefüllten und unterschriebenen Vertragsunterlagen (Darlehensantrag, Empfangsbestätigung der Darlehensannahme, Identitätsfeststellung nach dem Geldwäschegesetz, Selbstauskunft, SEPA-Lastschriftmandat, aktuelle Nachweise für das angegebene Einkommen sowie das verbriefte Rückgaberecht beim AutoCredit und, sofern ein abweichender Fahrzeughalter gewünscht ist, ein Zulassungsrevers) bei der Bank eingegangen sind. Ferner müssen die vorgesehenen Sicherheiten bestellt worden sein, die darauf bezogenen vollständig ausgefüllten unterschriebenen Unterlagen sowie die Zulassungsbescheinigung Teil II für das finanzierte Fahrzeug bei der Bank eingegangen sein.“

9

In den Darlehensbedingungen heißt es u.a.:

10

2. Vorzeitige Rückzahlung und Vorfälligkeitsentschädigung:

11

a) Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen. Soweit der Darlehensnehmer seine Verbindlichkeiten vorzeitig erfüllt oder die Restschuld vor der vereinbarten Zeit durch Kündigung fällig wird, vermindern sich die Gesamtkosten (§ 6 Abs. 3 der Preisangabenverordnung) um die Zinsen und sonstigen laufzeitabhängigen Kosten, die bei gestaffelte Berechnung auf die Zeit nach der Fälligkeit oder Erfüllung entfallen. Sofern der vorzeitige Rückzahlungsbetrag größer oder gleich der Summe von 2 ursprünglich vereinbarten Raten ist, wird dieser - unter Verminderung der Gesamtkosten - an das Laufzeitende gebucht, sofern der Bank vorab keine anderweitige Tilgungsbestimmung mitgeteilt wird.

12

b) Eine Rückvergütung erfolgt nur, sofern die Rückzinsen höher als 5,- EUR sind.

13

c) Für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden kann die Bank eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Den Schaden wird die Bank nach den vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen (Aktiv-Passiv-Methode) berechnen, die insbesondere

14

- ein zwischenzeitlich verändertes Zinsniveau,

15

- die für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme,

16

- den der Bank entgangenen Gewinn,

17

- den mit der vorzeitigen Rückzahlung verbundenen Verwaltung Aufwand (Bearbeitungsentgelt) sowie

18

- die infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko- und Verwaltungskosten berücksichtigen.

19

Die so errechnete Vorfälligkeitsentschädigung wird, wenn sie höher ist, auf den niedrigeren der beiden folgenden Beträge reduziert:

20

- ein Prozent bzw., wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung weniger als ein Jahr beträgt, 0,5 % des vorzeitig zurückgezahlten Betrages.

21

- den Betrag der Soll-Zinsen, den der Darlehensnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätte.
...

22

6. Widerruf:

23

a) Wertverlust

24

Der Darlehensnehmer hat im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeuges entstandene Wertminderung (z. B. Wertverlust aufgrund der Zulassung eines Pkw) zu ersetzen. Diese Verpflichtung kann dadurch vermieden werden, dass die Zulassung des Fahrzeugs erst erfolgt, wenn der Darlehensnehmer sich entschlossen hat, von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch zu machen.“

25

Es schließen sich an Angaben zum Datenschutz und eine Schufa Klausel sowie auf Seite 5 des fortlaufend paginierten Darlehensantrages eine Widerrufsinformation. Dort heißt es nach der Zwischenüberschrift „Widerrufsrecht“ u.a.:

26

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat...“

27

Anschließend finden sich unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ die folgenden Ausführungen:

28

„...
 - Widerruft der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, so ist er auch an den Fahrzeug-Kaufvertrag nicht mehr gebunden
...

29

- Steht dem Darlehensnehmer in Bezug auf den Fahrzeug-Kaufvertrag und/oder die Anmeldung zum KSB/KSB Plus ein Widerrufsrecht zu, so ist er mit wirksamem Widerruf des Fahrzeug-Kaufvertrags und/oder der Anmeldung zum KSB/KSB Plus auch an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Für die Rechtsfolgen des Widerrufs sind die in dem Fahrzeug-Kaufvertrag und/oder der Anmeldung zum KSB/KSB Plus getroffenen Regelungen und die hierfür erteilte Widerrufsbelehrung maßgeblich.“

30

Nach der anschließenden Zwischenüberschrift „Widerrufsfolgen“ finden sich die folgenden Hinweise:

31

Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, hat es der Darlehensnehmer spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 1,24 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde.“

32

In der Widerrufsinformation findet sich unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ nach dem sechsten Spiegelstrich der Hinweis:

33

„Wenn der Darlehensnehmer infolge des Widerrufs des Darlehensvertrages nicht mehr an den weiteren Vertrag gebunden ist, oder infolge des Widerrufs des weiteren Vertrages nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist, gilt ergänzend Folgendes: Ist das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs dem Vertragspartner des Darlehensnehmers aus dem verbundenen Vertrag bereits zugeflossen, tritt der Darlehensgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag ein.“

34

Unter der Widerrufsinformation finden sich die jeweils von dem Kläger unter dem 21. August 2017 unterzeichneten vorformulierten Erklärungen (vgl. Anlage B 7, Anlagenband Beklagte)

35

„Der Darlehensnehmer bestätigt hiermit, dass ihm ein ausgefülltes Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ sowie ein Produkterläuterungsblatt vorvertraglich ausgehändigt wurden. Ferner bestätigt der Darlehensnehmer, die Widerrufsinformation zur Kenntnis genommen zu haben“

36

und

37

„Der Darlehensnehmer beantragt hiermit ein Darlehen bezeichneter Höhe und zu den aufgeführten Bedingungen. Bei Annahme des Darlehensantrages soll das Darlehen an die Verkäufer-/ Vermittler-/ Reparaturfirma überwiesen werden. Die Bank wird die Annahme des Darlehensantrages bestätigen.

38

Die Unterschrift gilt auch für die Darlehensbedingungen und Sicherheitsabrede. Der Darlehensnehmer bestätigte seiner Unterschrift den Empfang und die Kenntnisnahme der maßgeblichen allgemeinen Versicherungsbedingungen ..., die Beratung zu dem auf Seite 1 des Darlehensantrages aufgeführten Versicherungsschutz und die als Ergänzung zur Anmeldeerklärung zum KSB/KSB Plus beigefügten Hinweise zum Widerrufsrecht...“

39

Darunter finden sich vorformulierte Ausführungen des Verkäufers zum Vertrag und unter „Darlehensvermittler“ die Angabe der Verkäuferin mit Anschrift.

40

Der Kläger erhielt die „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ (Anlage B 8, Anlagenband Beklagte), wo ebenfalls unter Ziffer 1 die A. GmbH in A. als Kreditvermittlerin angegeben wird. Das Darlehen wurde an die Verkäuferin ausgezahlt, das Fahrzeug dem Kläger übergeben. Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 20. Oktober 2017 (Anlage B 19, Anlagenband Beklagte) an den Kläger und teilt ihm unter anderem mit:

41

„Gern bestätigen wir Ihnen die Auszahlung des Darlehens ... zum 23.10.2017. Die sich daraus ergebenden Fälligkeiten entnehmen Sie bitte dem unten stehenden Ratenplan ...

        

Rate 1-47 EUR 201,37 ab 22.11.2017

Rate 48 EUR 201,37 am 22.10.2021

Schlussrate 49 EUR 14.422,40 am 22.10.2021

...“   

42

Der Kläger nahm die Ratenzahlung auf und erklärte mit Schreiben vom 17. September 2019 (Anlage K 3, Anlagenband Kläger) gegenüber der Beklagten den Widerruf des Darlehensvertrages vom 21. August 2017.

43

Der Kläger hat vor dem Landgericht im Wesentlichen vorgetragen:

44

Er habe den Verbraucherdarlehensvertrag als verbundenes Geschäft noch widerrufen können, denn die Widerrufsfrist sei infolge von fehlenden und fehlerhaften Pflichtangaben sowie einer insuffizienten Widerrufsinformation nicht abgelaufen gewesen. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion könne sich die Beklagte nicht berufen.

45

Die Pflichtangaben in Ziffer 2 der Darlehensbedingungen am Maßstab des Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB seien unrichtig. Ihm sei entgegen § 309 Nr. 5 b BGB hinsichtlich einer etwaigen Vorfälligkeitsentschädigung die Möglichkeit, einen geringeren Schaden nachzuweisen, nicht gewährt worden. Zum Nachteil des Verbrauchers von der Rechtslage weiche die Klausel ab, wonach eine Rückvergütung von Zinsen nur erfolge, wenn der Betrag von 5,- € überschritten werde.

46

Die Bundesbank als zuständige Aufsichtsbehörde sei entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGBGB nicht genannt worden.

47

Ferner seien entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB die Angaben zur Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen nicht eindeutig. Es sei nicht erkennbar, wann die Raten fällig sein sollten, es sei nämlich kein Auszahlungszeitpunkt für das Darlehen vereinbart worden, von dem die Fälligkeit abhängen solle.

48

Fehlerhaft sei die am Maßstab des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB zu messende Angabe in der Widerrufsinformation, dass der pro Tag zu bezahlende Zinsbetrag € 1,24 betrage. Zutreffend wäre nämlich die Angabe € 0,00, weil in der hier vorliegenden Konstellation des verbundenen Geschäfts von dem Verbraucher keine Zinsen zu zahlen seien.

49

Die Belehrung zur Ersatzverpflichtung für eine Wertminderung des Fahrzeugs in Ziffer 6 a) der Darlehensbedingungen stehe im Widerspruch zu den entsprechenden Angaben in dem in die Widerrufsinformation aufgenommenen Gestaltungshinweis 6 c der Anlage 7; das werde den Anforderungen von Art. 247 § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b EGBGB nicht gerecht. Die Belehrung sei in einer Gesamtschau geeignet, Verbraucher von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten.

50

Entgegen Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB sei die Art des Darlehens nicht angegeben worden.

51

Fehlerhaft sei die Belehrung in der Widerrufsinformation über den Kreditschutzbrief „KSBPlus“, weil die Voraussetzungen des § 358 BGB nur hinsichtlich des Kaufvertrages über das finanzierte Fahrzeug und den Kreditschutzbrief „KSB“ vorlägen. Insoweit seien auch die Gestaltungshinweise des Gesetzgebers betreffend die Musterbelehrung falsch umgesetzt worden, so dass sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen könne.

52

Die Kaskadenverweisung auf § 492 BGB und weiter auf Vorschriften aus dem EGBGB sei nicht klar und prägnant. Da dies im Rahmen der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen sei, sei die Widerrufsbelehrung nicht korrekt, die Widerrufsfrist mithin nicht angelaufen. Die Widerrufsinformation benenne mit dem Satz „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben ... erhalten hat“ nicht klar und prägnant die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist.

53

Der Kläger hat beantragt,

54

festzustellen, dass seine primären Leistungspflichten aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 21.08.2017 über 22.616,40 € zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des erklärten Widerrufs vom 30.07.2019 erloschen sind.

55

Die Beklagte hat beantragt,

56

die Klage abzuweisen

57

sowie im Wege der Hilfswiderklage

58

festzustellen, dass die Klagepartei im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, ihr Wertersatz für den Wertverlust des PKW VW Passat Comfortline 1.4 l TSI mit der Fahrgestellnummer: XXX zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.

59

Sie ist dem Klagevorbringen entgegen getreten.

60

Wegen des weiteren Parteivorbringens erster Instanz wird nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

61

Das Landgericht hat die Klage in der angefochtenen Entscheidung, auf die wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, in Ermangelung seiner örtlichen Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen.

62

Hiergegen wendet sich der Kläger mit im Wesentlichen den folgenden Berufungsangriffen:

63

Zu Unrecht habe das Landgericht die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. In der Sache werde auf die erstinstanzlichen Ausführungen in der Klageschrift und der Replik Bezug genommen.

64

Er bleibe dabei, dass die Angaben zur Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen am Maßstab von Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nummer 7 EGBGB nicht verständlich angegeben seien. Die Angabe, dass die erste Rate 30 Tage nach Auszahlung und die Folgeraten am gleichen Tag des Folgemonats fällig seien, sei weder unmittelbar noch mittelbar auf einen nach dem Kalender bestimmbaren Zeitpunkt bezogen, wie es der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Regelungen zum Schuldnerverzug vorgesehen habe (Bundestag-Drucksache 16/11643, Seite 124). Ein nach dem Kalender bestimmbarer Zeitpunkt liege nur dann vor, wenn ein Kalendertag unmittelbar oder mittelbar bezeichnet werde. Er mache sich die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Karlsruhe in der Entscheidung vom 7. Oktober 2020 (5 O 196/19) zu derartigen Angaben zur Fälligkeit im Darlehensvertrag zu eigen:

65

„... Die Angaben ... nicht hinreichend deutlich, an welchem Tag des jeweiligen Monats die Raten fällig werden. Zum einen ergibt sich bereits nicht, auf welchen Vorgang es für die „Auszahlung“ ankommt. Unklar ist die Regelung aber auch deshalb, weil es nicht in allen Fällen einen „gleichen Tag jedes Folgemonats“ gibt. Wenn etwa die maßgebliche Auszahlung auf den 1. August fiele, wäre die 1. Rate danach, also am 31. August fällig. Für die Folgerate wäre die Regelung bereits unklar, da der September keinen „gleichen Tag“, nämlich keinen 31. des Monats aufweist. Wenn die Folgerate konsequenterweise erst am 1. Oktober fällig wäre, wäre wiederum unklar, ob die nächste Rate dann nicht im „Folgemonat“, sondern noch im gleichen Monat, am 31. Oktober fällig wäre, oder am 1. des Folgemonats, dem 1. November. Der Wortlaut des Darlehensvertrags lässt hier verschiedene Überlegungen zu und passt nicht auf alle Monate. Dabei wurden die Pflichtangaben zur Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen im Darlehensvertrag selbst nicht hinreichend deutlich erteilt...

66

bb) Die Angaben zur Fälligkeit wurden allerdings - jedenfalls nach Darstellung der Beklagten - im Schreiben vom 11. April 2018 ... nachgeholt, da dort nunmehr die Fälligkeit zu konkreten datumsmäßig bestimmten Terminen mitgeteilt wurde. Die Pflichtangabe zur Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen wurde damit nachgeholt ...

67

Denn auch die Nachholung der Angaben zur Fälligkeit führt im Ergebnis nicht zum Anlaufen der Widerrufsfrist. Zugleich hätte die Klägerin nämlich nochmal auf den Beginn der nunmehr einmonatigen Widerrufsfrist hingewiesen werden müssen...“

68

Die Hilfswiderklage der Beklagten sei abzuweisen. Es fehle an einem verständlichen Hinweis auf die Wertersatzpflicht, weil die Ausführungen auf Seite 3 der Vertragsunterlagen unter Ziffer 6 a „Wertverlust“ widersprüchlich seien.

69

Der Kläger beantragt,

70

das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 28.10.2020 - 3 O 92/220 - abzuändern und

71

1. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten des Klägers aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 21.08.2017 über 22.616,40 EUR zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des erklärten Widerrufs vom 17.09.2019 erloschen sind;

72

2. die Hilfs-Widerklage abzuweisen.

73

Die Beklagte beantragt,

74

die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 28.10.2020 zur Gesch.-Nr.: 3 O 92/20 zurückzuweisen.

75

Hilfsweise für den Fall, dass das Oberlandesgericht von einer Wirksamkeit des Widerrufs ausgeht, beantragt die Beklagte,

76

festzustellen, dass die Klagepartei im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des PKW VW Passat Comfortline 1.4 TSI mit der Fahrgestellnummer: XXX zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.

77

Vorsorglich stellt die Beklagte den weiteren Antrag,

78

das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.

79

Die Beklagte tritt den Berufungsangriffen entgegen und führt im Wesentlichen aus:

80

Falls das Berufungsgericht von einer örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Lübeck ausgehen sollte, dürfte eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO angezeigt sein.

81

Die Belehrung zum Beitritt über die Restschuldversicherung KSB/KSB Plus sei, wie - neben weiteren Oberlandesgerichten - der Senat (Beschluss vom 18. November 2020 - 5 U 110/20) ausgeführt habe, nicht zu beanstanden. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen sei weder falsch noch einseitig.

82

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2021 (Bl. 194 d.A.) Bezug genommen.

II.

83

Die nach den §§ 511, 513, 517, 519 f ZPO zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet: Die zulässige (A) Klage ist nicht begründet (B).

84

A. Die Klage ist zulässig. Die negative Feststellungsklage ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Lübeck für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig gewesen. Nach der ständigen, allerdings vom Landgericht Lübeck weiterhin nicht geteilten Rechtsprechung des Senats besteht für die negative Feststellungsklage des Darlehensnehmers nach § 29 Abs. 1 ZPO eine örtliche Zuständigkeit des für den Wohnsitz des Darlehensnehmers bei Abschluss des Darlehensvertrages zuständigen Gerichts. Angesichts der Entscheidungsreife der Sache verweist der Senat die Sache in Ausübung seines Ermessens nach § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht - wie von der Beklagten in ihrem Hilfsantrag angeregt - an das Landgericht zurück.

85

B. Die negative Feststellungsklage des Klägers ist nicht begründet. Es ist nicht festzustellen, dass aufgrund am 17. September 2019 erfolgten Widerrufs der zum Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertragesführenden Willenserklärung des Klägers vom 21. August 2017 der Darlehensvertrag nicht mehr besteht, sondern in ein Rückabwicklungsverhältnis nach §§ 346, 355, § 495 Abs. 1, § 491 BGB in der seit dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung (vgl. Art. 229 §§ 32 und 38 EGBGB) umgewandelt wurde, und der Beklagten damit kein Anspruch mehr auf Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht. Denn der Kläger hat seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Vertragserklärung nicht wirksam widerrufen.

86

Auf das streitgegenständliche Schuldverhältnis sind gemäß Art. 229 §§ 32 und 38 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch und das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch in seit dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung anzuwenden, da der Vertrag in dem genannten Zeitraum (am 21. August 2017) geschlossen wurde.

87

1. Dem Kläger stand im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages ursprünglich ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB zu. Der Verbraucher ist an seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer, aus der der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen muss (§ 355 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Der Widerruf muss keine Begründung enthalten, wobei zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung genügt (§ 355 Abs. 1 Satz 4 und 5 BGB). Die Frist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB 14 Tage und beginnt nach § 355 Abs. 2 Satz 2, § 495 Abs. 1, § 356b BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB bei einem – hier vorliegenden – Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 Abs. 2 BGB) mit dem Zeitpunkt, aber nicht vor Zurverfügungstellung einer für den Verbraucher bestimmten Vertragsurkunde, des schriftlichen Antrages des Darlehensnehmers oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags (§ 356b Abs. 1 BGB) zu laufen, zu dem der Verbraucher, hier der Kläger, eine die Pflichtangaben gemäß Artikel § 492 Abs. 2 BGB, das heißt die Angaben nach Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB, enthaltende Widerrufsinformation erhält (§ 356b Abs. 1, 2 BGB).

88

2. Die Widerrufsfrist für den Kläger war jedoch bei Abgabe der Widerrufserklärung vom 17. September 2019 bereits verstrichen. Denn die Beklagte hatte dem Kläger bei Vertragsschluss alle für den Beginn der Widerrufsfrist nach den §§ 356b Abs. 1, 2, 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB notwendigen Pflichtangaben erteilt. Zwar entspricht die Widerrufsinformation nicht den gesetzlichen Anforderungen (a). Es gilt aber die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Verbindung mit dem Muster in Anlage 7 hierzu (b). Die Beklagte hat dem Kläger alle weiteren notwendigen Pflichtangaben erteilt (c).

89

a) Die Widerrufsinformation ist wegen der Kaskadenverweisung in ihrem Satz 2, der Bezugnahme auf § 492 Abs. 2 BGB, zwar nicht gesetzeskonform. Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag, wie er hier vorliegt, genügt nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Verweis in einer Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben bei der im Hinblick auf die Bestimmungen der Verbraucherkreditrichtlinie gebotenen richtlinienkonformen Auslegung den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB an Klarheit und Verständlichkeit nicht (BGH, Urteile vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 und XI ZR 525/19, Rn. 16; Urteil vom 10. November 2020 – XI ZR 426/19, Rn. 17; vgl. auch EuGH, Urteil vom 26. März 2020 – C-66/19, Leitsatz 2 und Rn. 43 ff.).

90

b) Die Widerrufsinformation ist aber musterkonform. Es gilt die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB, weil die Widerrufsinformation dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB (in der seit dem 21. März 2016 geltenden Version) entspricht (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB). Die Beklagte kann sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen, weil die in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene Widerrufsinformation dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB entspricht. In den fortlaufend paginierten und dem Kläger zur Verfügung gestellten Darlehensantragsunterlagen wird er auf Seite 5 deutlich auf das ihm nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht hingewiesen. Die Widerrufsinformation ist durch die schwarze Umrandung, die Überschrift „Widerrufsinformation" und weitere - in Fettdruck gehaltene - Zwischenüberschriften hervorgehoben und deutlich gestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, Rn. 17). Die von dem Kläger gegen den Eintritt der Gesetzlichkeitsfiktion vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch:

91

aa) Der hier zu bejahenden Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion einer dem Muster der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB entsprechenden Widerrufsinformation steht nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19, Leitsatz 1 und Rn. 10; Beschluss vom 30. Juni 2020 – XI ZR 382/19 zu dem Muster der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der insoweit mit der hier maßgeblichen Fassung identischen Fassung vom 20. September 2013), dass es dort aufgrund der „Kaskadenverweisung“ in § 492 Abs. 2 BGB an einer hinreichend klaren und prägnanten Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist mangelt (vgl. auch EuGH, Urteil vom 26. März 2020 - C-66/19 - Kreissparkasse Saarlouis). Eine richtlinienkonforme Auslegung der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB angeordnete Gesetzlichkeitsfiktion scheidet angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts aus (BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19, Leitsatz 2 und Rn. 13; Beschluss vom 23. Juni 2020 – XI ZR 491/19, Rn. 10; Beschluss vom 30. Juni 2020 – XI ZR 382/19; Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, Rn. 19).

92

bb) Die in dem Darlehensantrag enthaltene Widerrufsinformation setzt die Gestaltungshinweise 2, 2a, 2b, 5, 5a, 5b, 5c, 5f und 5g zu den verbundenen Geschäften zutreffend um.Nach dem Wortlaut des Gestaltungshinweises 2a zu dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB hat der Darlehensgeber nur den von dem Darlehensnehmer konkret abgeschlossenen, mit dem Darlehensvertrag verbundenen weiteren Vertrag anzugeben. Die Gesetzlichkeitsfiktion soll nur eintreten, wenn der Darlehensgeber das Muster richtig ausfüllt und wie für den betreffenden Vertrag vorgegeben verwendet (BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, Rn. 52; Urteile vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 und 525/19, Rn. 19. Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 17/1394, S. 30).

93

Dass die Widerrufsinformation den KSB/KSB Plus als verbundenen Vertrag nennt, lässt die Gesetzlichkeitsfiktion nicht entfallen. Der KSB/KSB Plus ist ein verbundener Vertrag. Der Kläger ist der Gruppenversicherung KSB/KSB Plus beigetreten; die Prämien wurden durch den streitgegenständlichen Darlehensvertrag finanziert. KSB und KSB Plus bezeichnen ein und denselben Vertrag. KSB/KSB Plus umschreiben nur den jeweiligen Umfang des Versicherungsschutzes. Dass die beiden Anmeldungen als Angabe mehrerer Möglichkeiten alternativ nebeneinanderstehen, bringt der Schrägstrich deutlich zum Ausdruck. Dass dieser Vertrag im konkreten Fall als KSB (Kreditschutzbrief) und nicht als KSB Plus (Kreditschutzbrief Plus) abgeschlossen wurde, ist aus dem Vertragstext eindeutig ersichtlich. Dass die Beklagte die beiden Gruppenversicherungen mit zwei unterschiedlichen Versicherern abgeschlossen hat, ändert daran nichts. Denn der Darlehensnehmer beauftragt die Beklagte, sie zu der jeweiligen Gruppenversicherung anzumelden. Im Verhältnis der Parteien entscheidet sich der Darlehensnehmer mithin nur zwischen unterschiedlichen Vertragsbedingungen. Wie die Beklagte den Auftrag der klägerischen Partei im Verhältnis zu ihren Vertragspartnern, den beiden Versicherern, umsetzt, wirkt sich auf die Entscheidung der klägerischen Partei und den aus ihrer Sicht einheitlichen, verbundenen Vertrag nicht aus.

94

Bei dem Darlehensvertrag und den beiden Ratenschutzversicherungen handelt es sich um verbundene Verträge nach § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB. Das Darlehen diente (teilweise) der Finanzierung der beiden Ratenschutzversicherungen. Sie bildeten auch eine wirtschaftliche Einheit. Das Darlehen war zweckgebunden, indem der Darlehensvertrag seine Verwendung zur Bezahlung der Prämien der am selben Tag abgeschlossenen Ratenschutzversicherungen vorsah. Dadurch wurde dem Kläger die freie Verfügungsbefugnis über diesen Teil der Darlehensvaluta genommen. Im Darlehensvertrag wurden die Versicherungsbeiträge selbstständig neben dem Nettokredit ausgewiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19, Rn. 8). Dass die Restschuldversicherungen in Gestalt einer Gruppenversicherung abgeschlossen worden sind, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2020 – XI ZR 491/19, Rn. 11).

95

cc) Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB muss im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten (BGH, Urteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18, Rn. 20). Das gilt auch bei einem verbundenen Geschäft (BGH, Urteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18, Rn. 20; Beschluss vom 11. Februar 2020 - XI ZR 648/18, Rn. 13). Auch insoweit stimmt die Angabe in der Widerrufsinformation mit dem Muster in der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB überein.

96

dd) Die Widerrufsinformation der Beklagten setzt den Gestaltungshinweis 3 zum Zinsbetrag in nicht zu beanstandender Weise um. Der Hinweis auf eine nach Widerruf des Darlehensvertrages grundsätzlich bestehende Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Zahlung von Sollzins für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens und zur Rückzahlung selbst ist zutreffend. Der Text der Belehrung zu den Widerrufsfolgen entspricht exakt der Formulierung in Anlage 7. Darüber, dass im Falle eines verbundenen Vertrages im Sinne des § 358 BGB die Zinszahlungspflicht und die Pflicht zur Darlehensrückzahlung binnen 30 Tagen an die Beklagte gerade nicht besteht, wird in der Widerrufsinformation im Folgenden unter „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ ausdrücklich entsprechend dem Muster der Anlage 7 hingewiesen. Dort wird auch darauf hingewiesen, dass im Falle der bereits erfolgten Auszahlung des Darlehens der Darlehensgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag eintrete. Die von der Berufung vertretene gegenteilige Rechtsansicht steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang; Fragen einer etwaigen richtlinienkonformen Auslegung stellen sich insoweit nicht (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 - XI ZR 648/18, Rn. 13). Die Beklagte hat den pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag auf der Grundlage des Vertragszinses mit € 1,24 rechnerisch richtig angegeben.

97

ee) Eine fehlerhafte Belehrung zum Wertersatz liegt in der Widerrufsinformation nicht vor. Der Kläger räumt ein, dass die Belehrung zum Wertersatz innerhalb der Widerrufsinformation zutreffend erfolgt ist. Die vermeintlich fehlerhaften Ausführungen in den „Darlehensbedingungen“ unter Ziffer 6 a) „Wertverlust“ ändern nichts an der ordnungsgemäßen Widerrufsinformation. Eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung wird nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2015 - IV ZR 71/14, Rn. 11; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 443/16, Rn. 25; BGH, Beschluss vom 2. April 2019 – XI ZR 463/18; BGH, Beschluss vom 9. April 2019 – XI ZR 511/18).

98

b) Auch die weiteren Pflichtangaben hat die Beklagte erteilt.

99

aa) Die Beklagte hat mit den Angaben auf Seite 1 des Darlehensantrages bei „Finanzierungsplan“ und bei „Rückzahlung - Annuitätendarlehen“ gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB klar und prägnant über die „Art des Darlehens“ informiert und damit zugleich den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 10 Abs. 2 Buchst. a Verbraucherkreditrichtlinie entsprochen (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18, Rn. 41). Es ist sowohl über die Vertragsart als auch dessen nähere Ausgestaltung zu informieren (BT-Drucks. 16/11643 Seite 123), wobei eine kurze schlagwortartige Bezeichnung ohne weitergehende Erläuterung ausreicht (OLG Schleswig, Urteil vom 4. März 2021 - 5 U 108/20, n.v.; Münscher in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 81, Rn. 88; Merz/Wittig in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Kreditgeschäft mit Verbrauchern, Rn. 5.84; Schürnbrand/Weber in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 491a, Rn. 15 mwN). Es genügt, wenn aus den Angaben hervorgeht, dass es sich um einen Ratenkredit mit gleichbleibenden Monatsraten, erhöhter Schlussrate und festem Zinssatz handelt (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 - XI ZR 648/18, Rn. 42). Das ist hier der Fall.

100

bb) Die Pflichtangaben in Ziffer 2 der Darlehensbedingungen zur Vorfälligkeitsentschädigung sind am Maßstab des Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB nicht zu beanstanden. Bei den von der Beklagten hiernach vorzunehmenden Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung handelt es sich bereits nicht um einen pauschalierten Schadensersatz im Sinne des § 309 Nr. 5 b BGB. Eine etwaige Unwirksamkeit der Regelung zur fehlenden Rückvergütung von unter € 5 liegenden Überzahlungen des Verbrauchers nach § 307 BGB führt nicht dazu, dass die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt wird.

101

Im Übrigen führte eine fehlerhafte Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 Nr. 2 BGB nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich zum Ausschluss des Anspruchs auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, ohne das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 Abs. 2, § 356b BGB zu berühren. Insoweit hat die Erteilung einer ordnungsgemäßen Pflichtangabe nur Bedeutung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung geltend zu machen (BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, Rn. 24 [zur vom 11. Juni 2010 bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung]).

102

cc) Die Pflichtangabe nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB zu der zuständigen Aufsichtsbehörde liegt mit der Angabe in Ziffer 13 der Darlehensbedingungen vor. Die zuständige Aufsichtsbehörde ist nach § 6 KWG die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2020 – XI ZR 491/19, Rn. 14). Die Deutsche Bundesbank ist keine Aufsichtsbehörde. Weder die ihr obliegende laufende Überwachung (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KWG) noch die Zusammenarbeit mit der BaFin (§ 7 Abs. 1 Satz 1 KWG) machen sie zur Aufsichtsbehörde (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 KWG).

103

dd) Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung sind die Angaben zur Fälligkeit seiner Ratenzahlungen auf Seite 1 des Darlehensantrages in der Rubrik „Rückzahlung - Annuitätendarlehen“ nicht zu beanstanden. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB muss der Verbraucherdarlehensvertrag klar und verständlich die Angaben zu Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen enthalten. Die Angaben in dem Darlehensantrag werden diesen Anforderungen nach der am Maßstab der Verbraucherkreditrichtlinie (nachfolgend: Verbraucherkredit-RL) gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der Bestimmungen gerecht. Im Einzelnen:

104

Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB dienen der Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 lit. h Verbraucherkredit-RL, Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1 lit. a sowie 10 Abs. 2 h) Verbraucherkredit-RL. Die gesetzliche Formulierung wurde dem Wortlaut von § 502 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF (gültig bis 10. Juni 2010: „Die vom Verbraucher zu unterzeichnende Vertragserklärung muss bei Teilzahlungsgeschäften angeben ... 3. Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen“), entnommen, der die erforderlichen Angaben und Rechtsfolgen von Formmängeln bei Teilzahlungsgeschäften regelte. Der Begriff Teilzahlungen bezieht sich sowohl auf die Tilgung als auch auf Zinszahlungen. Die Fälligkeit wird in Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 lit. h), in Artikel 6 Abs. 3 a) sowie in Art. 10 Abs. 2 h) Verbraucherkredit-RL als Periodizität beschrieben. Diese Formulierung nimmt das Merkblatt „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ (Anhang II zur Richtlinie) auf, wenn es dort zu Teilzahlungen heißt:

105

„Teilzahlungen und gegebenenfalls Reihenfolge, in der die Teilzahlungen angerechnet werden

106

Sie müssen folgende Zahlungen leisten:

107

[Betrag, Anzahl und Periodizität der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen]

108

Zinsen und/oder Kosten sind wie folgt zu entrichten:“

109

Der Begriff der Periodizität ist weiter als derjenige der Fälligkeit. Insoweit reicht die Bestimmbarkeit der Zahlungstermine für den Verbraucher aus; sie müssen nicht mit einem genauen Datum angegeben werden. So hat der EuGH in seinem Urteil vom 9. November 2016 - C 42-/15, Rn. 50) zur Auslegung von Art. 10 Abs. 2 h) der Verbraucherkredit-RL ausgeführt:

110

„Daher ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. h der Richtlinie 2008/48 so auszulegen ist, dass im Kreditvertrag nicht jeder Fälligkeitstag der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen durch Bezugnahme auf ein genaues Datum angegeben werden muss, sofern die Bedingungen dieses Vertrags es diesem Verbraucher ermöglichen, ohne Schwierigkeiten und mit Sicherheit die Daten dieser Zahlungen zu erkennen.“

111

Dementsprechend heißt es in der Bundestagsdrucksache 16/11643 vom 21. Januar 2009 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht“ auf Seite 124 u. a.:

112

„Nummer 7 regelt die Angabe von Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen. Dabei wurde auf den Wortlaut des bisherigen § 502 Abs. 1 Nr. 3 BGB zurückgegriffen. Speziell bei der Fälligkeit ist es ausreichend, wenn sie auf einen nach dem Kalender bestimmbaren Zeitpunkt bezogen wird. Dies entspricht der Vorgabe, die von „Periodizität“ spricht. Im Darlehensvertrag ist nach deutschem Recht bisher die Art und Weise der Rückzahlung anzugeben (§ 402 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 BGB). Die Angabe entspricht der Vorgabe in Artikel 5 Abs. 1 Satz 4 Buchstabe h, Artikel 6 Abs. 3 Buchstabe a der Verbraucherkreditrichtlinie. Nummer 7 wird durch Absatz 4 Satz 4 ergänzt.“

113

Hiernach gilt auch für die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht, dass die Bestimmbarkeit der Fälligkeit für den Verbraucher erforderlich, aber auch ausreichend ist (vgl. Gerlach/ Kuhle/ Scharm in: beck-online.Grosskommentar, Stand 15. August 2020, Art. 247 § 3 EGBGB, Rn. 17 - 20; Weber in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2021, Art. 247 § 3 EGBGB, Rn. 14; Kessal-Wulf in: Staudinger, BGB, Kommentar, 2012, § 491a, Rn. 17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. April 2020 - I-16 U 150/19, Anlage B 20, Anlagenband Beklagte, S. 12 unter dd).

114

Die Fälligkeiten für die Zahlung von Zins und Tilgung ist für den Verbraucher nach den Angaben im Darlehensvertrag in diesem Sinne nach dem Kalender bestimmbar, im Sinne der Ausführungen des EuGH erlauben die „Bedingungen dieses Vertrags es diesem Verbraucher …, ohne Schwierigkeiten und mit Sicherheit die Daten dieser Zahlungen zu erkennen“. Den Zeitpunkt der Auszahlung (= Valutierung) des Darlehens, also des Eingangs der Darlehensvaluta auf dem Konto des das Fahrzeug verkaufenden Autohauses, kann der Darlehensnehmer auch unabhängig von dem Schreiben der Beklagten durch Rückfrage bei dem Autohaus ermitteln. Damit ist die Fälligkeit der ersten Rate - 30 Tage nach Auszahlung des Darlehens - für den Darlehensnehmer durch eine Rückfrage bei seinem Verkäufer zum Zeitpunkt des Zahlungseingangs der Darlehensvaluta bestimmbar. Es kommt hinzu, dass die Beklagte den Darlehensnehmer vereinbarungsgemäß über den Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens informiert. Hiernach ist auch die Fälligkeit der Folgeraten - jeweils am gleichen Tag (der Fälligkeit der ersten Rate) jedes Folgemonats - für den Darlehensnehmer bestimmbar. Bei einer Fälligkeit der ersten Rate an dem 31. eines Monats bzw. am 28. oder 29. Februar eines Jahres ist der Termin für die Folgeraten durch entsprechende Heranziehung von § 188 Abs. 3 BGB zu bestimmen, ist die Zahlung also am letzten Tag des Monats vorzunehmen. Fällt der Fälligkeitstag für eine Rate hiernach auf einen Sonntag, Feiertag oder Sonnabend, ist für die Bestimmung der Fälligkeit einer jeden Rate ergänzend § 193 BGB heranzuziehen, ist mithin der nächste Werktag der Fälligkeitstag.

115

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.


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