Urteil vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 9 U 536/09 - 5

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. Oktober 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, 15 O 321/07, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe

I.

Die Parteien, die am ... November 1995 die Ehe geschlossen hatten und seit dem Auszug des Klägers aus der vormals ehelichen Wohnung am 3. Januar 2003 getrennt leben, sind durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken vom 26. Juni 2008 - 41 F 817/03 S - seit dem 6. November 2009 rechtskräftig geschieden. Mit vorbezeichnetem Urteil hatte das Familiengericht zugleich den Versorgungsausgleich durchgeführt und die Verbundverfahren UE (Nachehelichenunterhalt) und WH (Zuweisung der ehelichen Wohnung) abgetrennt (Bl. 89 ff d. BA 41 F 817/03 S).

Die Beklagte hatte den Kläger in dem Verfahren 41 F 381/04 UE auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Das Amtsgericht – Familiengericht – Saarbrücken hatte mit Urteil vom 12. Februar 2009 dem Klagebegehren teilweise entsprochen. Hierbei wurde in die Unterhaltsberechnung auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens bei der Beklagten, die in der Ehewohnung verblieben war, ein Wohnwert in Höhe von monatlich 400 EUR eingestellt.

In dem Verfahren 41 F 817/03 S hatte das Familiengericht mit Urteil vom 12. Februar 2009 die Unterhaltsklage abgewiesen und die Ehewohnung dem Beklagten zugewiesen.

Der Kläger hat die Beklagte in vorliegendem Verfahren auf Erstattung von ihm für die Beklagte verauslagter verbrauchsabhängiger Nebenkosten – Heizkosten, Wasser/Abwasser, Müll – gemäß von ihm gefertigter Nebenkostenabrechnungen für die Abrechnungsperioden 1. Juli 2003 bis 30. September 2004 in Höhe von 1.697,80 EUR (Bl. Bl. 11, 12 d.A.), 1. Oktober 2004 bis 30. September 2005 in Höhe von 2.284,88 EUR (Bl. 13, 14 d.A.), 1. Oktober 2005 bis 30. September 2006 in Höhe von 2.802,56 EUR (Bl. 16 bis 19 d.A.), 1. Oktober 2006 bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 3.522,65 EUR (Bl. 123 ff d.A.) und 1.Januar 2008 bis 30. November 2008 in Höhe von 2.621,85 EUR (Bl. 112 bis 122 d.A.), gesamt 12.929,74 EUR, in Anspruch genommen. Er hat hierzu vorgetragen, dass zwischen den Parteien Einvernehmen darüber bestanden habe, dass die Nutzung der Ehewohnung nicht unentgeltlich erfolge und dass unterhaltsrechtlich der Wohnwert bedarfsdeckend zu berücksichtigen sei. Insoweit existiere zumindest ein stillschweigend abgeschlossener Mietvertrag, im Rahmen dessen die Übernahme der Nebenkosten durch die Beklagte als vereinbart gelte.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten. Sie hat die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Ferner hat sie darauf verwiesen, dass nach dem Auszug des Klägers aus der ehegemeinsamen Wohnung nur eine Regelung über die Nutzung der Wohnung, nicht jedoch eine solche über die Tragung der Betriebskosten getroffen worden sei und die Nebenkosten im Trennungsunterhaltsverfahren im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen seien. Im Übrigen seien die Nebenkostenabrechnungen nicht nachvollziehbar und daher einer Überprüfung nicht zugänglich. Hilfsweise hat sie mit ihr zustehenden Unterhaltsansprüchen aufgerechnet.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 6. Oktober 2009, auf das Bezug genommen wird (Bl. 151 ff d.A.), die Beklagte zur Zahlung von Nebenkosten in Höhe von 12.929,74 EUR nebst Zinsen verurteilt und sich hierbei unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf in NJW-RR 1999, 441 auf eine entsprechende Anwendung von §§ 1361 b Abs. 2, 745 Abs. 2 BGB gestützt. Ferner hat es ausgeführt, dass die Nebenkostenabrechnungen formell ordnungsgemäß seien und es wegen der hilfsweise erklärten Aufrechnung mit Unterhaltsforderungen an einer wirksamen Aufrechnungserklärung im Sinne von § 388 BGB mangele.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht geltend, dass das Landgericht unzuständig sei, vielmehr sei das Familiengericht für die Entscheidung sachlich zuständig. Das Landgericht habe zu Unrecht die Begründetheit der Klageforderung entsprechend §§ 1361 b Abs. 2, 745 BGB unter Bezugnahme auf das Urteil des OLG Düsseldorf angenommen, weil diese Entscheidung zur alten Rechtslage zu § 1361 b a.F. ergangen sei. Soweit nach der geänderten und seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung des § 1361 b BGB für die freiwillige Überlassung der Wohnung ein Nutzungsentgelt verlangt werden könne, sei nicht entschieden, ob hierin auch die Nebenkosten enthalten seien. Es komme entscheidend darauf an, ob neben der Nutzungsvergütung zusätzlich Nebenkosten zu zahlen seien oder deren Zahlung als Naturalunterhalt zu werten sei. Soweit in dem Trennungsunterhaltsverfahren für die Nutzung der Wohnung einkommenserhöhend ein Wohnwert in Höhe von 400 EUR berücksichtigt worden sei, habe diese Regelung Vorrang und komme daneben eine Nutzungsvergütung nicht – auch nicht für verbrauchsabhängige Nebenkosten – in Betracht. Mit Blick auf die Vereinbarung über die Wohnungsnutzung hätte es dem Kläger oblegen, auch eine Vereinbarung über die Nebenkosten zu treffen oder bei der Berechnung des Unterhalts einen entsprechend höheren Wohnwert einzustellen. Einen Automatismus, dass eine Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten bestehe, kenne das Mietrecht nicht. Auch seien die Nebenkostenabrechnungen nach der Rechtsprechung des BGH nicht prüffähig und die Forderungen mithin nicht fällig.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 6. Oktober 2009 – 15 O 321/07 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend verweist er darauf, dass die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit auch mit Blick auf die erst zum 1. September 2009 in Kraft getretenen Neuregelungen nicht in Frage stehe. Im Übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche auch auf Grund stillschweigend im Zusammenhang mit der Wohnungsüberlassung getroffener Vereinbarung, da eine Nutzungsentschädigung verbrauchsabhängige Kosten nicht erfasse, begründet, hilfsweise aus Auftragsverhältnis bzw. Geschäftsführung ohne Auftrag.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG findet das bis zum 31. August 2009 geltende Recht Anwendung.

Hiernach hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

1.

Soweit die Beklagte geltend macht, das Landgericht sei für die Entscheidung der Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten für die von ihr genutzte und im Alleineigentum des Klägers stehenden Ehewohnung sachlich nicht zuständig, ist sie mit dieser Rüge im Berufungsrechtszug gemäß § 513 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Diese Bestimmung dient der Beschleunigung des Verfahrens, indem die Sacharbeit der ersten Instanz auch bei fehlerhafter Annahme der Zuständigkeit erhalten bleiben soll (vgl. BTDrs 14/4722 S. 94; OLG Naumburg, OLGR Naumburg 2008, 965).

2.

Der Anspruch des Klägers auf Vergütung der verbrauchsabhängigen Nebenkosten ergibt sich aus § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB analog.

a. Gemäß § 1361 b Abs. 3 BGB kann, wenn die Ehegatten getrennt leben, der Ehegatte, der dem anderen Ehegatten die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung überlässt, eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

Mit dieser Neuregelung des § 1361 b BGB hat der Gesetzgeber offensichtlich auf das bisherige Erfordernis einer Verpflichtung des die Vergütung fordernden Ehegatten zur Überlassung der Wohnung an den anderen Ehegatten als Tatbestandsmerkmal des Vergütungsanspruchs gemäß § 1361 b Abs. 2 BGB in der bis zum Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes vom 11. Dezember 2001, BGBl I, S. 3513, am 1. Januar 2002 geltenden Fassung verzichtet und einen freiwilligen Auszug eines Ehegatten aus der bisherigen Ehewohnung hierfür ausreichen lassen (vgl. Palandt/ Brudermüller, BGB, 69. Aufl., § 1361 b, Rz. 20, m.w.N.).

Indes wurde auch nach altem Recht im Falle eines freiwilligen Auszugs eines Ehegatten mangels einer anderen Anspruchsgrundlage eine analoge Anwendung des § 1361 b Abs. 2 BGB (a.F.) in Rechtsprechung und Literatur befürwortet und dem überlassungsberechtigten Ehegatten ein Vergütungsanspruch zugebilligt. So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 15. Februar 2006, XII ZR 202/03 (FamRZ 2006, 930, m.z.w.N. zum Meinungsstand), die die Regelung des § 1361 b BGB (a.F.) zum Gegenstand hatte, ausdrücklich § 1361 b Abs. 2 BGB (a.F.) über seinen Wortlaut hinaus analog jedenfalls auch auf Fälle für anwendbar erklärt, in denen ein Ehegatte die in seinem Alleineigentum stehende Ehewohnung dem anderen Ehegatten freiwillig zur alleinigen Nutzung überlässt, und zwar unabhängig davon, ob diese Überlassung erforderlich war, um für den anderen Ehegatten eine schwere Härte zu vermeiden oder nicht. Hierzu führt der BGH aus, dass sowohl § 1361 b BGB als auch die Hausratsverordnung von der Annahme ausgehen, eine Trennung oder Scheidung könne dazu führen, dass die Nutzungsberechtigung an der bisherigen Ehewohnung abweichend von den Eigentumsverhältnissen geregelt werden muss. Gerade in solchen Fällen soll dem Ehegatten, in dessen Eigentum die Wohnung steht, die Möglichkeit eröffnet sein, eine Entschädigung für die ihm sonst mögliche anderweitige Verwertung der Wohnung zu verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. Eine in Grund und Höhe von Billigkeitserwägungen abhängige Nutzungsvergütung kommt, so der BGH, deshalb nicht nur dann in Betracht, wenn eine schwere Härte die Wohnungsüberlassung an den anderen Ehegatten erfordert oder wenn die Eheleute sich rechtsgeschäftlich bindend über die alleinige Nutzung durch den anderen Ehegatten geeinigt haben, vielmehr ist eine Prüfung, ob und inwieweit die Billigkeit eine Nutzungsvergütung erfordert, in allen Fällen geboten, in denen der Eigentümer-Ehegatte die bisherige Ehewohnung freiwillig verlässt, ohne dass die Ehegatten zuvor eine Übereinkunft über die wesentlichen Modalitäten einer künftigen Alleinnutzung der Wohnung durch den anderen Ehegatten erzielt hätten. Ein Entschädigungsanspruch des weichenden Ehegatten bietet in solchen Fällen eine angemessene Kompensation für das die Trennung überdauernde Besitzrecht des anderen Ehegatten, das dem Herausgabeanspruch des weichenden Ehegatten aus § 985 BGB entgegensteht. Mit dem Kriterium der Billigkeit, an das der Entschädigungsanspruch nach Grund und Höhe anknüpft, kann auch Fällen Rechnung getragen werden, in denen der weichende Ehegatte dem anderen Ehegatten allein durch seinen Auszug eine entgeltliche Allein-Nutzung der Wohnung aufdrängt. Der Umstand, dass das Gesetz eine solche Entschädigungsregelung jedenfalls für Fälle des Alleineigentums des weichenden Ehegatten nicht gewährt und auch § 1361 b Abs. 2 (a.F.) nach seinem Wortlaut diese Fälle nicht abdeckt, begründet eine planwidrige Unvollkommenheit des Gesetzes, und diese Regelungslücke kann, so der BGH, im Wege einer Analogie zu § 1361 b Abs. 2 BGB (a.F.) geschlossen werden (BGH, aaO, m.w.N.).

Sowohl § 1361 b Abs. 2 (a.F.) BGB als auch § 1361 b Abs. 3 S. 2 BGB sieht eine Entscheidung nach Billigkeitsgesichtspunkten vor. Hierbei ist als Orientierungsgröße nicht nur die ortsübliche Miete heranzuziehen (vgl. Johannsen/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 1361 b, Rz. 37, m.w.N.; Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 1, Rz. 3 ); vielmehr orientiert sich die Höhe der Nutzungsvergütung auch an der Höhe der Hauslasten, dem objektiven Nutzungswert, den Eigentumsanteilen und der Frage, ob der bleibende oder der weichende Ehegatte die Lasten trägt. Dabei ist hinsichtlich der Nebenkosten wie beim Unterhalt zwischen verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Kosten zu differenzieren(Faber in: jurisPK-BGB, 4. Aufl., § 1361b BGB, Rz. 31; Palandt/ Brudermüller, aaO, § 1361 b, Rz. 22). Fallen dem allein nutzenden Ehegatten die Hauslasten und nicht umlagefähige verbrauchsunabhängige Nebenkosten zur Last (vgl. hierzu: BGH; Urt. v. 27. Mai 2009, XII ZR 78/08, FamRZ 2009, 1300), ist deshalb in Anlehnung an die zur Berechnung des Unterhalts bei Berücksichtigung eines Wohnvorteils entwickelten Grundsätze die Nutzungsvergütung entsprechend zu kürzen (Palandt/ Brudermüller, aaO). Verbrauchsabhängige Nebenkosten sind indes bei der Unterhaltsberechnung insoweit nicht zu berücksichtigen. Beim Unterhalt muss nämlich der Unterhaltsberechtigte, der in der vormals ehegemeinsamen – im Alleineigentum des weichenden Unterhaltsverpflichteten stehenden – Wohnung bleibt, anerkanntermaßen die verbrauchsabhängigen Kosten aus eigenen Finanzmitteln decken, da diese nach dem Auszug des Unterhaltspflichtigen voll zu seinem eigenen Bedarf gehören. Auch bei Nutzung einer Mietwohnung hätte er diese Kosten selbst zu tragen (vgl. Viefhues in: jurisPK-BGB, 4. Aufl., § 1361 BGB, Rz. 223, m.w.N.).

Ob auch bei der Bemessung der - vom Familiengericht in dem dafür vorgesehenen Verfahren festzusetzenden - geschuldeten Nutzungsvergütung die verbrauchsabhängigen Nebenkosten gemäß § 1361 b Abs. 3 S. 2 BGB grundsätzlich nicht in Abzug zu bringen sind, eine Kürzung der Vergütung also nicht vorzunehmen ist, kann dahinstehen. Hierzu (§ 1361 b a.F.) enthält im Übrigen auch die Entscheidung des BGH vom 15. Februar 2006 (aaO) – ebenso wie die von dem Landgericht herangezogene Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 2. November 1998 (FamRZ 1999, 1271= NJW-RR 1999, 441), da die Nebenkosten dort nicht bestritten waren - keine Feststellungen.

b. Nach der Auffassung des Senats findet nämlich dann, wenn ein Ehegatte nach der Trennung in dem Hausanwesen des anderen Ehegatten, dem das Hausanwesen zu Alleineigentum gehört, wohnen bleibt, § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB, sofern diese Vorschrift nicht unmittelbar anwendbar ist, jedenfalls entsprechende Anwendung, und steht dem überlassenden Ehegatten, der die verbrauchsabhängigen und umlagefähigen Kosten weiter zahlt, hiernach ein Anspruch auf Erstattung dieser Nebenkosten zu.

Mit der Trennung der Parteien ist eine Rechtfertigung für eine unentgeltliche Nutzung des Anwesens durch den Ehegatten – hier die Beklagte - entfallen. Während die gemeinsame Nutzung eines Grundstücks oder einer Wohnung als Ehewohnung ohne Rücksicht auf bestehende Eigentumsrechte beider Ehegatten darauf beruht, dass sie einander verpflichtet sind, mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten, was auch die Befriedigung der Wohnbedürfnisse (§§ 1360 Satz 1, 1360a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB) umfasst, lässt sich im Falle des Getrenntlebens der Ehegatten die Nutzung einer im Eigentum des anderen Ehegatten stehenden Immobilie nicht mehr aus den Vorschriften über den Familienunterhalt herleiten, die eine intakte Ehe voraussetzen (BGH, NJW 1986, 1339). Die endgültige Trennung von Ehegatten, die bisher ein im Alleineigentum eines Ehegatten stehendes Haus bewohnt hatten, bedeutet eine so grundlegende Änderung der Verhältnisse, dass der weichende Ehegatte, dem das Hausanwesen gehört, eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung – wie dies auch bei Miteigentum der Fall ist (§ 745 Abs. 2 BGB) - verlangen kann, die der Billigkeit entspricht. Hierzu gehört ungeachtet der Frage, ob § 745 Abs. 2 BGB im Sinne eines „erst-recht“- Schlusses in Fallgestaltungen der vorliegenden Art Anwendung findet (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15. Februar 2006, aaO, m.z.w.N.; zum Meinungsstand; Johannsen, aaO, Rz. 32; Voppel in Staudinger, BGB, Bearb. Stand April 2007, § 83 ff, m.w.N.), auch nach den zu § 745 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätzen nicht nur die Zahlung einer Nutzungsvergütung. Vielmehr sind mit Blick auf die grundlegende Veränderung der Verhältnisse, die im Rahmen der nach § 1361 b Abs. 3 S. 2 BGB zu treffenden Billigkeitsentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben können, auch die verbrauchsabhängigen Nebenkosten, die der Alleineigentümer weiterhin trägt, zu erstatten.

3.

Dass in dem Trennungsunterhaltsverfahren 41 F 381/04 UE des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken in die Unterhaltsberechnung nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen ein Wohnwert in Höhe von 400 EUR für die von der Beklagten genutzte Ehewohnung eingestellt worden ist (Urteil vom 12. Februar 2009 , 41 F 381/04 UE, S. 9, Bl. 647 d. BA.), steht dem Anspruch des Klägers auf Vergütung für die von ihm verauslagten verbrauchsabhängigen und umlagefähigen Nebenkosten nicht entgegen.

Zwar scheidet ein Anspruch auf selbständige Nutzungsvergütung aus, soweit der Wohn –oder Nutzungswert bereits bei der Bemessung des Unterhalts berücksichtigt worden ist. Ansonsten würde ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung vorliegen (vgl. statt aller: Voppel, aaO, § 1361 b, Rz. 71; Gerhardt, aaO, Rz. 364 a, j.m.w.N.; siehe auch BGH, FamRZ 1997, 484). Indes kann nicht festgestellt werden, dass der von dem Familiengericht in dem Verfahren 41 F 381/04 UE auf der Grundlage des Parteivorbringens in die Unterhaltsberechnung eingestellte Wohnwert in Höhe von 400 EUR auch die verbrauchsabhängigen und umlagefähigen Nebenkosten erfasst (hat).

Anerkanntermaßen bestimmt sich der Wohnvorteil nach der objektiven Marktmiete unter Ausschluss der umlagefähigen verbrauchsabhängigen Nebenkosten. Bei der Berechnung des Wohnvorteils sind verbrauchsabhängige Nebenkosten nicht abzugsfähig. Muss sich der Unterhaltsberechtigte einen Wohnvorteil zurechnen lassen, weil er in der vormals ehegemeinsamen – hier im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehenden – Wohnung bleibt, muss er die verbrauchsabhängigen Kosten aus eigenen Finanzmitteln decken. Da er auch bei Nutzung einer Mietwohnung diese Kosten, die zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten gehören (Gerhardt, aaO, § 1, Rz. 336), selbst zu tragen hätte, gehören diese nach dem Auszug des Unterhaltspflichtigen voll zu seinem eigenen Bedarf (vgl. Viefhues in: jurisPK-BGB, 4. Aufl., § 1361 BGB, Rz. 196, 223, m.w.N.; Gerhardt in: Wendl/Staudigl, aaO, Rz. 365; Palandt/ Brudermüller, aaO, § 1361, Rz. 38).

Da die Parteien nach dem Vorbringen der Beklagten keine Vereinbarung über die Nebenkosten getroffen haben und sich auch den Verfahrensakten 41 F 381/04 UE Umstände, die eine Einbeziehung der verbrauchsabhängigen Nebenkosten in die Unterhaltsberechnung bzw. die Bemessung des Wohnvorteils nahe legten, nicht entnehmen lassen, liegen Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung insgesamt nicht vor.

4.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Parteien, so der Kläger, eine ausdrückliche oder – was möglich ist – eine konkludente Vereinbarung über die Nutzung der Wohnung getroffen haben oder ob, wie die Beklagte behauptet, der Kläger, ohne dass eine Einigung über die Nutzung der Wohnung und die Vergütung zustande gekommen ist, die Wohnung verlassen hat. Da die Verpflichtung zur Überlassung der Ehewohnung nicht nur auf einer Anordnung des Gerichts, sondern auch auf einer Vereinbarung der Parteien beruhen kann, kommt § 1361 b Abs. 3 S. 2 BGB nicht nur im Falle einer fehlenden Einigung zur Anwendung, sondern kann ein Vergütungsanspruch nach § 1361 b Abs. 3 BGB – direkt oder analog - auch dann bestehen, wenn sich die Ehegatten über die Nutzung der Wohnung geeinigt haben (vgl. zum alten Recht: OLG Köln, FamRZ 1998, 1434; Voppel, aaO, Rz. 65 ff/ 68, m.z.w.N.).

5.

Dem Zahlungsanspruch des Klägers stehen auch keine sonstigen begründeten Einwendungen entgegen. Insbesondere sind in Anlehnung an die zum Mietrecht entwickelten Grundsätze die von dem Kläger erstellten Abrechnungen über die Nebenkosten ordnungsgemäß.

Formell ordnungsgemäß ist danach eine Betriebskostenabrechnung, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Maßgeblich für die formelle Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung ist die Nachvollziehbarkeit und Prüffähigkeit für den Mieter. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen. Freilich ist nicht in jedem Fall die Erläuterung des angewandten Verteilungsmaßstabs Voraussetzung für eine formell ordnungsgemäße Abrechnung. Notwendig, aber auch ausreichend ist es, dass der Mieter die ihm angelasteten Kosten bereits aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen kann, also gedanklich und rechnerisch nachvollziehen kann, so dass die Einsichtnahme in dafür vorliegende Belege nur noch zur Kontrolle und zur Behebung von Zweifeln erforderlich ist; die Pflichten zur Spezifizierung der Kosten dürfen nicht überspannt werden. Abzustellen ist auf das Verständnis eines durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters. Allgemein verständliche Verteilungsmaßstäbe bedürfen keiner Erläuterung. (BGH, WuM 2009, 516 und 669; BGH, NJW 2007, 1059; BGH, WuM 2009, 42 j.m.w.N.).

Da sich die Abgrenzung zwischen formeller Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung gemäß § 556 BGB einerseits und deren inhaltlicher Richtigkeit andererseits danach richtet, ob der durchschnittliche Mieter in der Lage ist, die Art des Verteilerschlüssels der einzelnen Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an den Gesamtkosten rechnerisch nachzuprüfen, betrifft die Frage, ob die abgerechneten Positionen dem Ansatz und der Höhe nach zu Recht bestehen oder sonstige Mängel der Abrechnung vorliegen, etwa ein falscher Anteil an den Gesamtkosten zugrunde gelegt wird, die inhaltliche Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung (BGH, WuM 2009, 42).

Die Nachvollziehbarkeit und Prüffähigkeit für den Mieter ist gewährleistet, wenn - nach der Verkehrsanschauung ohnehin eng miteinander zusammenhängende - Kosten in der Abrechnung in einer Summe zusammengefasst und einheitlich abgerechnet werden. Dies gilt beispielsweise für Frischwasser und Abwasser dann, wenn die Umlage einheitlich nach dem durch Zähler erfassten Frischwasserverbrauch vorgenommen wird. Anhand dieser Angaben ist es dem Mieter ohne weiteres möglich zu überprüfen, ob die ihm in Rechnung gestellten Kosten nach dem Mietvertrag umlagefähig sind und ob der richtige Umlageschlüssel verwendet wurde, sowie den Rechenschritt nachzuvollziehen, mit dem der von ihm zu tragende Anteil der Frischwasser- und Abwasserkosten ermittelt wurde (vgl. BGH, WuM 2009, 516). Ferner begegnet es keinen Bedenken, wenn der Vermieter mit den untereinander ins Verhältnis zu setzenden Flächenangaben zur beheizten und mit Warmwasser versorgten Gesamtfläche einerseits und dem hieran jeweils bestehenden Flächenanteil der Mieter andererseits bestimmte Werte mitteilt, die den Mieter gedanklich und rechnerisch nicht vor Schwierigkeiten stellen. Die mögliche inhaltliche Unrichtigkeit der einer Betriebskostenverteilung zugrunde gelegten Werte ist deshalb sachlich zu klären und führt wie in denjenigen Fällen, in denen sich der abrechnende Vermieter zwar durch Wahl eines falschen Umlageschlüssels im Verteilungsmaßstab vergriffen, auf dieser Grundlage aber die Kostenverteilung gedanklich und rechnerisch verständlich dargestellt hat, bei Feststellung eines Messfehlers nur zu einer entsprechenden betragsmäßigen Korrektur des mit der Abrechnung fällig gewordenen Abrechnungssaldos (BGH, aaO sowie WuM 2008, 407).

Dasselbe gilt für die Heizölverbrauchsmengen. Soweit bestimmte, durch Messeinrichtung erfasste Verbrauchswerte in die Abrechnung eingestellt werden, bedarf es grundsätzlich keiner näheren Erläuterung. Denn solche Werte sind aus sich heraus verständlich. Ob sie zutreffend angesetzt sind, ist nicht eine Frage der formellen Ordnungsmäßigkeit, sondern der materiellen Richtigkeit der Abrechnung (BGH, aaO). Werden der in der Abrechnungsperiode angefallene Heizölverbrauch, so beispielsweise auch durch die Mitteilung des Heizölverbrauchs durch die weiteren Angaben zum Anfangsbestand und zum Heizölbezug am Ende der Abrechnungsperiode, und die hierfür entstandenen Brennstoffkosten (§ 2 Abs. 4 Buchst. a BetrKV), in verständlicher Form dargestellt, so dass der Mieter in der Lage war/ist, den geltend gemachten Zahlungsanspruch, gerade auch mit Blick auf die Bestands- und Bezugsangaben, auch insoweit gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen und damit dem Zweck der Abrechnung entsprechend nachzuprüfen, bestehen gegen die formelle Wirksamkeit der Abrechnung keine Bedenken. Auch hierbei ist der Vermieter bei den von ihm abgerechneten Gesamtkosten nicht gehalten, jeden einzelnen Rechnungsbetrag anzugeben. Es genügt vielmehr grundsätzlich, dass er hierbei nach den Kostenarten des in § 2 BetrKV enthaltenen Betriebskostenkatalogs differenziert und diese nach ihrem Entstehungsgrund gleichartigen Kosten summenmäßig zusammenfasst (BGH, WuM 2010, 156).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bestehen, wovon das Landgericht zu Recht ausgeht, gegen die formelle Wirksamkeit der von dem Kläger erstellten Nebenkostenabrechnungen keine Bedenken. Der Kläger hat – bezogen auf die umlagefähigen verbrauchsabhängigen Nebenkosten Heizkosten, Wasser/Abwasser und Müll - die jeweiligen Gesamtkosten angegeben, den zugrunde gelegten Verteilerschlüssel angegeben und erläutert und den Anteil der Beklagten, die unstreitig keine Vorauszahlungen geleistet hat, berechnet. Die Abrechnungen entbehren – entgegen der Auffassung der Beklagten – hierbei insgesamt nicht - auch nicht in Bezug auf den Heizölverbrauch (siehe BGH, aaO) - der formellen Wirksamkeit. Sonstige rechtserhebliche Einwendungen gegen die formelle Wirksamkeit hat die Beklagte nicht, auch nicht im Berufungsrechtszug, vorgebracht.

Ob die abgerechneten Positionen dem Ansatz und der Höhe nach zu Recht bestehen oder sonstige Mängel der Abrechnung vorliegen, etwa ein falscher Anteil an den Gesamtkosten zugrunde gelegt wird, betrifft die inhaltliche Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung. Hierzu hat sich die Beklagte nicht geäußert.

Von daher sind die von dem Kläger abgerechneten umlagefähigen verbrauchsabhängigen Nebenkosten prüffähig, fällig und damit insgesamt erstattungsfähig.

III.

Demzufolge hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg und ist diese mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.

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