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Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß die Beklagte sie von Schadensersatzansprüchen freizustellen hat.
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Wegen des Sachverhalts und des streitigen Parteivorbringens in I. Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Hierzu ist Folgendes zu ergänzen:
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| Herr ... hatte die Dias per Post an die Klägerin versandt. |
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| Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthalten unter 3.1.3 noch folgende Formulierung: |
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Geld, Urkunden, Dokumente, Wertpapiere und Gegenstände, die eine geldwerte Leistung verkörpern;
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| aus der Ausroll-Liste (Anlage B 8) ergibt sich, dass der Auslieferungsfahrer der Beklagten die Pakete bei verschiedenen Empfängern im 5-Minuten-Takt ausgeführt haben soll. Des Weiteren, dass die an Herrn ... adressierten Pakete in zwei Lieferungen (1 Paket um 16.30 Uhr; 3 Pakete um 16.35 Uhr) übergeben worden sein sollen. Des Weiteren, dass die vom Auslieferungsfahrer vorgenommenen Unterschriften für die Person ... nicht identisch sind. |
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Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Es hat im Tenor klargestellt, dass die Freistellungsverpflichtung der Beklagten sich nur auf Ansprüche von Herrn ... bezieht, die dieser berechtigterweise gegen die Klägerin geltend macht. Ein Feststellungsinteresse i. S. v. § 256 ZPO sei gegeben. Die Klägerin habe gegenüber dem Berufsfotografen ... für den Verlust der Dias einzustehen. Sie sei nach § 604 BGB zur Rückgabe der Dias an Herrn ... verpflichtet gewesen. Hierbei habe es ... sich um eine Bringschuld der Klägerin gehandelt. Die Klägerin habe sich gegenüber Herrn ... schadensersatzpflichtig gemacht. Das schuldhafte Verhalten der Beklagten müsse sie sich im Rahmen der Rückübersendung nach § 278 BGB gegenüber Herrn ... anrechnen lassen.
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Die Beklagte hafte nach § 425 HGB grundsätzlich für den Verlust der Dias. Die Haftungsbegrenzung des § 431 HGB komme der Beklagten nicht zugute. Der Erfüllungsgehilfe der Beklagten habe den Verlust der vier Pakete vorsätzlich nach § 435 HGB verschuldet. Die Beklagte könne sich nicht auf die in den Geschäftsbedingungen vorgesehenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse berufen. Diese verstießen gegen § 449 HGB. Ein Mitverschulden der Klägerin liege nicht vor. Die Höhe des bei Herrn ... eingetretenen Schadens bedürfe in vorliegendem Rechtsstreit keiner Klärung. Aufgrund der Aussage der Zeugin ... stehe zweifelsfrei fest, dass in den vier Paketen 351 Dias versandt worden seien.
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Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten.
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Die Beklagte bringt vor, soweit im Urteilsausspruch die Einschränkung erfolgt sei, es müsse sich um Ansprüche handeln, die Herrn ... gegenüber der Klägerin berechtigterweise geltend mache, handele es sich um einen nicht bestimmbaren, damit unsicheren Rechtsbegriff. Das vorliegende Urteil würde der Klägerin weitgehend jegliches Interesse nehmen, sich gegenüber Schadensersatzansprüchen des Herrn ... zu verteidigen. Es könne keineswegs gesichert davon ausgegangen werden, dass zwischen Herrn ... und der Klägerin eine Bringschuld seitens der Klägerin bestehe. Die Klägerin habe klargestellt, sie mache ausschließlich einen eigenen Schaden geltend, der dem Grund und der Höhe nach vollkommen davon abhängig sei, wie letztlich der Rechtsstreit ... ./. Klägerin ausgehe. Vor dem Hintergrund des Sachverhalts des vorliegenden Falles sei nicht nachvollziehbar, dass der Kunde einer Bildagentur über das hinaus hafte, was im Regressweg bei der Deutschen Bundespost zu erlangen sei. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den ADSp sei heranzuziehen, wonach ein Eigentümer der nicht unmittelbar mit einem Spediteur kontrahiere, sich die Haftungsbeschränkungen nach den ADSp zurechnen lassen müsse. Im Urteilsausspruch hätte eine Einschränkung dergestalt gemacht werden müssen, dass die Haftung der Beklagten sich nach den DPD-Bedingungen orientiere.
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Besonders wertvolle Pakete mit hohen Stückpreisen gehörten nicht in einen Massenpaketversand. Am Markt würden Spezialverkehre angeboten, weshalb die Dienstleister im Paketversandbereich die Übernahme von bestimmten Paketen ausschlössen. Der Beförderungsausschluss habe den Sinn, dass Paketdienste bestimmte Risiken nicht eingehen wollten. Haftung könne nicht unentgeltlich angeboten werden. Je höher die Haftung sei, desto höhere Versicherungsprämien seien zu entrichten. Jeder Kunde könne höhere Leistungen in Anspruch nehmen. Dies setze voraus, dass dies vorher abgesprochen werde und eine höhere Vergütung anfalle.
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Es komme nicht darauf an, ob der Versender im Einzelnen wisse, welchen Inhalt bzw. Wert das von ihm zum Versand aufgegebene Paket habe. Nur die Klägerin habe beurteilen können, was sich in den Paketen befinde und welchen Wert der Inhalt gehabt habe. Wenn dies nicht der Fall sei, so müsse sie sich erkundigen, um nicht Risiken einzugehen, die in den DPD-Bedingungen beschrieben seien. Auch die Bestimmung in 3.1.3 der Allgemeinen Bedingungen sei einschlägig. Bei den Diapositiven handele es sich um Gegenstände, die eine geldwerte Leistung verkörperten.
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Die Übernahme von in den Beförderungsbedingungen ausgeschlossenen Gütern stelle keinen Verzicht auf den Beförderungsausschluss dar, wenn das betreffende DPD-Depot keine Kenntnis von der nicht bedingungsgerechten Sendung habe. Die Beklagte habe davon ausgehen können, dass es sich um übliche Sendungen des Verlags – Buchsendungen – handele, bei denen im Falle des Verlusts kein nennenswerter Schaden und Haftpflichtanspruch auf sie zukomme. Würden einem Paketdienst Pakete aufgedrängt, die nicht in den Paketversand gehörten, komme ein Vertrag erst gar nicht zustande und eine Schadensersatzverpflichtung scheide aus. Die anders lautende Auffassung des OLG Düsseldorf sei nicht zu berücksichtigen. Lediglich eine Haftung bis zu 1.000,– DM sei für gerechtfertigt anzusehen. Die Ausführungen des Landgerichts zur Frage des Mitverschuldens der Klägerin seien unzutreffend. Der Mitverschuldenseinwand führe zur vollständigen Haftungsfreistellung.
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Bei Übergabe von nicht bedingungsgerechten Gütern an einen Paketdienst werde bei der Übergabe eine Vertragsverletzung i. S. eines Verschuldens bei Vertragsschluss begangen. Dies habe zur Folge, dass der Versender einen später eingetretenen Schaden allein zu tragen habe.
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Man könne nicht zu der Feststellung gelangen, dass der Auslieferungsfahrer die 4 Pakete gestohlen oder irgendwo hingeworfen habe. Der Fahrer habe darauf vertraut, jemand sei bereit gewesen, für den Fotografen ... die Pakete entgegen zu nehmen. Aus der Tatsache, dass ein Herr ... in der Nachbarschaft nicht wohne, könne nicht rückgeschlossen werden, dass der Fahrer selbst mit dem Namen ... unterschrieben habe. Dem Fahrer könne nicht vorgeworfen werden, dass er sich nicht an die DPD-Vorgaben gehalten habe.
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Bei Deklaration des Wertes der Pakete wären diese entweder der Klägerin zurückgegeben worden oder die Beförderung wäre unter besonderer Kontrolle erfolgt.
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
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Es sei eindeutig, dass die Beklagte die Klägerin von Schadensersatzansprüchen nur insoweit freizustellen habe als der Geschädigte berechtigte Ansprüche geltend mache. Die Freistellungsverpflichtung betreffe die Erfüllung begründeter Ansprüche. Im Rahmen der Freistellungsverpflichtung sei die Klägerin gegenüber der Beklagten verpflichtet, unbegründete Ansprüche Dritter vom Freistellungsschuldner abzuwehren.
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Die Auffassung der Beklagten, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen würden einen Beförderungsausschluss enthalten, sei unzutreffend. Der scheinbare Beförderungsausschluss sei als reiner Haftungsausschluss zu bewerten.
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Der Auslieferungsfahrer der Beklagten habe vorsätzlich gegen die Auslieferungsrichtlinien der Beklagten verstoßen.
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Bei der Frage des Mitverschuldens komme es auf die Kenntnis des Auftraggebers von dem höheren Wert des Transportguts an.
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Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
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Der Klägerin steht ein Feststellungsanspruch dahingehend zu, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von den Ansprüchen des Herrn ... freizustellen, die dieser wegen des Verlustes, der mit 4 Paketen verschickten 351 Dias berechtigterweise gegen die Klägerin geltend macht.
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Die Klägerin greift den vom Landgericht festgestellten Sachverhalt mit der Berufung nicht an. Der Senat hat daher seiner Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Klägerin der Beklagten am 13.03.2002 4 Pakete mit insgesamt 351 Dias ohne Wertangabe übergab. Der vom Fotografen ... nunmehr behauptete Wert der Dias war der Klägerin nicht bekannt. Die Dias wurden vom Fotografen ... der Klägerin per Post übersandt. Die von der Klägerin der Beklagten zur Beförderung überlassenen 4 Pakete kamen im Empfangsdepot in ... an. Der Auslieferungsfahrer ... nahm in der Ausroll-Liste auf, er habe die Pakete an eine Person namens ... ausgeliefert. In der vom Empfänger zu unterzeichnenden Empfangsbestätigung quittierte der Auslieferungsfahrer selbst die Anlieferung mit unleserlicher Unterschrift. Eine Person, die die Pakete entgegen genommen hat, ist nicht aufzufinden.
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Zu Recht geht das Landgericht vom Vorliegen eines Feststellungsinteresses der Klägerin aus.
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Die Formulierung des Landgerichts, die Freistellungsverpflichtung der Beklagten beziehe sich auf die berechtigten Ansprüche des Herrn ... stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff nicht dar. Es ist eindeutig, dass hiermit nur die begründeten Ansprüche des Herrn ..., die der Höhe nach zur Zeit nicht feststehen, gemeint sind.
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Ein Feststellungsinteresse für die Klägerin ergibt sich daraus, dass sie wegen des Verlustes der Dias dem Grunde nach Ansprüchen von Herrn ... ausgesetzt ist. Dabei ist unbeachtlich, dass die Klägerin die Ansprüche des Herrn ... der Höhe nach nicht für gerechtfertigt hält. Durch Klärung der Regresspflicht ist bei Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten zu erwarten, dass diese im Prozess ... ./. Klägerin im Wege der Nebenintervention die Verteidigung gegen die Höhe des Anspruchs übernimmt, um die Ersatzpflicht möglichst gering zu halten. Gerade deshalb ist die prozessuale Situation vergleichbar mit Prozessen, in denen ein Versicherungsnehmer die Deckungspflicht seiner Versicherung festgestellt wissen will. Ein Feststellungsinteresse ist anzuerkennen (BGHZ 79, 76 f.).
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Da die Klägerin die Höhe des Anspruchs von Herrn ... anzweifelt, ist ihr nicht zumutbar im Wege der Leistungsklage gegen die Beklagte vorzugehen, oder im Wege der möglichen unmittelbaren Geltendmachung des Schadensersatzanspruches diesen nach § 421 Abs. 1 S. 2 HGB zu beziffern (BGH NJW 1993, 1137).
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Ein Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht aus prozessökonomischen Gründen verneinen. Vielmehr wird der nach einer Verurteilung der Klägerin auf Schadensersatz gegenüber Herrn ... zu erwartende Regressprozess zwischen den Streitparteien vorweggenommen. Nach rechtskräftiger Entscheidung im Verfahren ... ./. Klägerin, an dem über eine Nebenintervention die Beklagte beteiligt werden kann und rechtskräftiger Entscheidung des vorliegenden Verfahrens, wird ein eigentlicher Regressprozess entbehrlich, da dessen Ausgang nach Grund und Höhe bindend feststehen würde.
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Es kann nicht festgestellt werden, dass die von Herrn ... gegen die Klägerin verfolgten Ansprüche aussichtslos sind.
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Die Klägerin haftet gegenüber Herrn ... für den Verlust der Dias. Die Klägerin war gegenüber Herrn ... nach § 604 BGB zur Rückgabe verpflichtet. Wegen des Verlusts der Dias kann sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Sie ist gegenüber Herrn nach § 280 BGB a. F. zum Schadenersatz verpflichtet. Sie hat sich ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten und deren Erfüllungsgehilfen im Rahmen der Rückübersendung gegenüber Herrn ... nach § 278 BGB anrechnen zu lassen (BGH NJW-RR 2002, 1027).
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Konkrete Umstände, dass es sich bei der Verpflichtung zur Rückgabe der Dias durch die Klägerin an Herrn ... um eine Schickschuld handelt, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Es verbleibt daher bei der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach die Rückgabe der Dias als Bringschuld der Klägerin anzusehen ist. In der Klagerwiderung ging die Beklagte selbst noch vom Vorliegen einer Bringschuld aus.
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Das Feststellungsinteresse der Klägerin entfällt nicht dadurch, dass die Klägerin ihren Widerspruch gegen den Mahnbescheid des Herrn ... zurücknehmen könnte bzw. im Rechtsstreit ... ./. Klägerin unbegründete Ansprüche des Herrn ... nicht abwehren würde. Für den Freistellungsanspruch ist es typisch, dass der gegen den Freistellungsgläubiger erhobene Anspruch abgewehrt werden soll. Im Falle der Nichterfüllung der Abwehrpflicht durch die Klägerin hätte die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin (BGH NJW 2002, 2382).
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Der Anspruch der Klägerin ist begründet.
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Zwischen den Parteien wurde – zumindest konkludent – ein Frachtvertrag i. S. d. § 407 HGB abgeschlossen. Die Beklagte ist als Fixkostenspediteur nach § 459 HGB tätig geworden. Sie hat den Transport der Pakete übernommen, hierfür Entgelt erhalten, und ihren eigenen Angaben zufolge eine Auslieferung an eine – wenn auch nicht feststellbare – Person vorgenommen. Grundsätzlich hindern die Klauseln in 3.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Vertragsschluss nicht. Wenn ein Frachtführer das übernommene Paket transportiert, bringt er zum Ausdruck, dass er den Transportauftrag durchführen will. Der Frachtführer macht sich in der Regel keine Gedanken über den Inhalt und den Wert des Paketes. Dem Entgegennehmen des Pakets kann nicht die Erklärung entnommen werden, der Frachtvertrag solle nur zustande kommen, wenn es sich um ein bedingungsgerechtes Paket innerhalb der Wertgrenzen handelt. Ebensowenig wird man der kommentarlosen Übergabe des Pakets durch den Versender die Willenserklärung beimessen können, das Paket weise nur einen bedingungsgerechten Inhalt auf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2003, Anlage B 13).
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Die Beklagte haftet nach § 425 HGB für den Verlust der Dias. Es ist davon auszugehen, dass die Dias Herrn ... nicht erreicht haben. Eine ordnungsgemäße Ablieferung des Frachtgutes hat der Frachtführer darzulegen und zu beweisen. Gelingt ihm dies nicht, so wird der Verlust nach § 424 HGB vermutet (BGH NJW-RR 2000, 1631 f.). Die Beklagte trägt vor, der Auslieferungsfahrer habe die Pakete einem Nachbarn von Herrn ... übergeben. Somit steht fest, dass die Beklagte nicht einmal die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegten Grundsätze eingehalten hat. Dort ist festgehalten, das Transportgut sei dem Empfänger selbst oder einer anderen erwachsenen Person, die unter der Zustelladresse angetroffen wird, zu übergeben. Die Zustelladresse ist die Wohnung des Empfängers. Nur an dort angetroffene andere erwachsene Personen kann abgeliefert werden. Zu diesem Personenkreis gehört ein Nachbar nicht. Schon die Festlegung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen ein zweiter und ein dritter Zustellungsversuch zu erfolgen hat, zeigt auf, dass es nicht zulässig ist, Pakete in der Nachbarschaft abzugeben. Hinsichtlich des konkret vorliegenden Sachverhalts ist der Senat an die Feststellungen des Landgerichts gebunden. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts begründen, liegen nicht vor. Hinzu kommen die weiteren Auffälligkeiten in der Ausroll-Liste, wonach der Auslieferungsfahrer der Beklagten in ... jeweils im 5-Minuten-Takt eine Ablieferungsstelle angesteuert hat, die Ablieferung bei Herrn ... bzw. dem Nachbarn in zwei Akten durchgeführt hat und die Ausroll-Liste zwei voneinander verschiedene Unterschriften für die behauptete Empfängerperson ausweist.
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Somit ist davon auszugehen, dass Herr ... die Pakete nicht erhalten hat.
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Die Beklagte hat für den Verlust der Dias in vollem Umfange und ohne Haftungsbegrenzung einzustehen. Der Auslieferungsfahrer, für den die Beklagte einzustehen hat, hat die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich nach § 435 HGB verletzt und dadurch den Verlust herbeigeführt.
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Hierbei legt der Senat die vom Landgericht festgestellten Tatsachen zugrunde. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen begründen, bestehen nicht.
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§ 435 HGB stellt nicht auf Vorsatz im Hinblick auf den Eintritt des Schadens, sondern im Hinblick auf die vorzuwerfende pflichtwidrige Handlung bzw. das pflichtwidrige Unterlassen ab (Koller, Transportrecht, 4. Aufl., Rn. 4 zu § 435 HGB).
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Der Auslieferungsfahrer musste aufgrund der Zustellvorschriften der Beklagten gewusst haben, dass er nur an den Empfänger oder eine unter der Zustellanschrift angetroffene Person ausliefern darf. Das Verhalten des Auslieferungsfahrers kann nur willentlich und wissentlich erfolgt sein. Genauso wie die vom Auslieferungsfahrer vorgenommene Fälschung der Unterschrift des angeblichen Empfängers.
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Der Auslieferungsfahrer hat auch gewusst, dass durch sein pflichtwidriges Verhalten ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten kann. § 435 HGB ist als Ausnahmeregelung konzipiert. Die Beweislast für die Tatbestandselemente des § 435 HGB und den Schadensumfang trägt der Ersatzberechtigte. Der Beweis für das Bewusstsein des Schädigers kann aufgrund von Indizien geführt werden, die den objektiven Umständen, wie dem allgemeinen Schlendrian, sonst zutage getretenen Fehlern und Versäumnissen, insbesondere aber dem Verhalten des Schädigers das zum Schaden geführt hat, entnommen werden. Es ist denkbar, bedingten Vorsatz durch ein so leichtfertiges Verhalten des Schädigers zu beweisen, dass der Schädiger die pflichtwidrige Schädigung in Kauf genommen hat. Im Hinblick auf die subjektive Seite können Erfahrungssätze ins Spiel gebracht werden (Koller, Transportrecht, 4. Aufl. 2000, Rn. 20 zu § 435 HGB). Das Landgericht hat daher aus den Indizien, gefälschte Unterschrift auf der Ausroll-Liste und dem Vortrag der Beklagten, der Fahrer habe noch gesehen, wie der Nachbar die Pakete nur vor die Haustüre gelegt habe, zu Recht den Rückschluss auf ein vorsätzliches Verhalten des Auslieferungsfahrers gezogen.
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Der Senat vertritt im Hinblick auf die Beförderungsausschlüsse nach 3.1 und den darauf Bezug nehmenden Haftungsausschluss nach 6.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten die Auffassung des Landgerichts Stuttgart und weicht insofern von der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Urteil vom 5. Februar 2003 ab. Die in den AGB der Beklagten enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse sind im Zusammenspiel wegen Verstoßes gegen § 449 Abs. 2 i. V. m. § 449 Abs. 1 HGB unwirksam. Nach der gesetzlichen Regelung entfallen die gesetzlichen und vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen, wenn die Voraussetzungen des § 435 HGB erfüllt sind. Abweichende Vereinbarungen sind nur im Rahmen des § 449 HGB möglich. Nach § 449 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 HGB ist die Beschränkung der Haftung über Allgemeine Geschäftsbedingungen nahezu ausgeschlossen. Das Gesetz lässt nur eine Ausnahme in § 449 Abs. 2 Nr. 1 HGB zu, verlangt aber in diesem Fall eine drucktechnisch besondere Hervorhebung. Eine Haftungsbeschränkung für die Fälle nach § 435 HGB ist ausgeschlossen. Lediglich Nichtverbraucher können über eine im Einzelnen auszuhandelnde Vereinbarung von der stringenten gesetzlichen Regelung abweichen. Wenn ein Frachtvertrag abgeschlossen ist, so unterliegt dieser in vollem Umfang den gesetzlichen Regelungen. Dazu gehört auch die Inhaltskontrolle nach § 449 HGB. Die Wirkungen, die die Beklagte der Vereinbarung des Beförderungsausschlusses beimessen will, bestehen darin, dass die Beklagte für Transportverluste oder Transportschaden auch bei qualifiziertem Verschulden nicht bzw. nur in gewissen Höchstgrenzen haften will. Dies hält der Senat nicht mit § 449 HGB vereinbar.
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Die gegenteilige Auffassung des OLG Düsseldorf überzeugt nicht. Die in § 449 HGB vorgesehene Ausnahme bei Briefen und briefähnlichen Sendungen zeigt auf, dass der Gesetzgeber über die Ausnahmeregelung für den postalischen Massenverkehr nicht hinausgehen wollte. Diese Überlegungen gelten gerade nicht in gleicher Weise für Sendungen mit einem bestimmten Wert. Insoweit wäre, bei entsprechendem Willen des Gesetzgebers, die Ausnahme für die Möglichkeit weitergehender Haftungsbeschränkungen wertmäßig festzusetzen gewesen. Genau dies wurde nicht realisiert. Die Argumentation, bei einer Unwirksamkeit der Klausel müsste jeder Frachtführer Sicherungen in seiner Betriebsorganisation vorsehen, die für den Transport wesentlich wertvollerer Güter ausgerichtet sei, weil ein Versender risikolos den Transportweg wählen und Güter von hohem Wert an den Frachtführer übergeben könnte, ist kein Grund, von der eindeutigen Gesetzeslage abzuweichen. Dem potentiellen Missbrauch eines Frachtführers durch einen Versender, der bei Angabe des Werts der Sendung höhere Beförderungstarife zu entrichten hätte, kann mit Hilfe des § 254 Abs. 1 BGB im Schadensfalle begegnet werden. Schwierigkeiten bei der Gewährleistung einer absolut sicheren und verlust- und schadensfreien Beförderung durch einen Paketdienst, der im Massenverkehr tätig ist und relativ günstige Tarife bietet, können nicht zur Änderung der gesetzlich vorgeschriebenen Regelung führen. Das Gesetz gilt generell für alle Arten von Transporten. Dort ist nicht zwischen Pakettransporten im Massenverkehr und individuellen Transporten von werthaltigen Gütern differenziert. Dem Frachtführer im Massenverkehr, der nicht besonders gesetzlich geschützt ist, verbleibt die Möglichkeit der Kontrolle des Wertes der Güter und ggf. die Möglichkeit, die Beförderung abzulehnen.
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Somit haftet die Beklagte ohne Haftungsbegrenzung für den Verlust der Dias und den durch die Klägerin zu ersetzenden Schaden des Herrn ....
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Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass bei dieser Rechtslage im vorliegenden Rechtsstreit der wirkliche Wert der Dias/bzw. der Schaden des Herrn ... dahinstehen kann. Dieser ist im Verfahren des Herrn ... gegen die Klägerin zu klären.
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Ein Mitverschulden der Klägerin wegen des Verlustes der Dias i. S. d. §§ 425 Abs. 2 HGB, 254 BGB liegt nicht vor. Dies gilt auch, wenn der von Herrn ... geltend gemachte Schaden der Höhe nach richtig wäre.
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Grundsätzlich hat der Bundesgerichtshof – auch bei einer Haftung nach § 435 HGB – ein Mitverschulden des Versenders für möglich erachtet, wenn dieser unzutreffende oder keine Angaben über den Wert des Versandgutes gemacht hat (BGHZ 149, 337; BGH Transportrecht 2002, 458; BGHZ WM 2002, 2070; BGH, Urteil vom 5. Juni 2003 – I ZR 234/00; BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 – I ZR 234/02). Für die Feststellung des Vorliegens eines Mitverschuldens hat der BGH gefordert, dass der Versender Kenntnis vom Wert der Sendung hatte, und dass die Ware bei einer entsprechenden Wertangabe besonderen Sicherungen unterstellt wird. Weiter, dass die unterlassene oder falsche Wertangabe den Verlust zumindest mitverursacht hat, weil bei richtiger Wertangabe der Paketdienst seine Sorgfaltspflichten besser bzw. anders erfüllt hätte.
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Zu Recht hat das Landgericht die Voraussetzungen für ein Mitverschulden verneint. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin den nunmehr von Herrn ... behaupteten Wert der Dias nicht gekannt hat. Die Klägerin erhielt die Dias auf dem Postweg von Herrn ... übersandt. Deshalb hatte sie keinerlei Veranlassung, sich über den von Herrn ... jetzt behaupteten Wert der Dias kundig zu machen. Daran ändern auch die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 14.11.2003 nichts. Die Klägerin war im Verhältnis zur Beklagten wegen des Speditionsauftrags nicht gehalten, sich beim Fotografen über den Wert der Dias zu erkundigen. Das Wissen des Eigentümers der Dias muss sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Diese Frage ist im Rahmen eines Mitverschuldens des Herrn ... in einem Prozess ... ./. Klägerin zu klären. Weiterhin verlangt die Entscheidung des BGH vom 8. Mai 2003 – I ZR 234/02 – ein Verhalten des Versenders, das dem Schuldner die Möglichkeit nimmt, den Ort des Schadenseintritts einzugrenzen, um auf diese Weise von einer mit dem Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens begründenden Schadenshaftung freizukommen. Vorliegend ist der Ort des Schadenseintritts eingegrenzt. Es steht fest, dass die Dias bis zum Auslieferungsfahrer gelangt sind, der seinerseits die Voraussetzungen für die Anwendung des § 435 HGB geschaffen hat. Somit liegt seitens der Klägerin weder Fahrlässigkeit für den Schadenseintritt wegen unterbliebener Wertangabe vor, noch ist die unterbliebene Wertangabe für die Entstehung des Schadens mitursächlich geworden. Die Pakete sind unstreitig bis zum Endauslieferungslager ... transportiert worden. Die Beklagte hat keinerlei Angaben gemacht, dass die Dias im Falle der Wertangabe nicht an den Auslieferungsfahrer übergeben worden wären.
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Aufgrund obiger Ausführungen kann der tatsächliche Wert der in Verlust geratenen Dias zur Frage eines Mitverschuldens seitens der Klägerin offen bleiben. Wenn nämlich der Wert pro Paket 13.000,– EUR nicht übersteigt, so kann ein Mitverschulden ohnehin nicht angenommen werden.
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Der Senat lässt die Revision zu. Da die Entscheidung von der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf abweicht, erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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Der Schriftsatz der Beklagten vom 14.11.2003 enthält lediglich Rechtsausführungen. Solche können jederzeit gemacht werden. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sieht der Senat keine Veranlassung.
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Die Voraussetzungen für eine Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit des Rechtsstreits ./. Klägerin liegen nicht vor. Der vorliegende Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Irgendwelche Vorfragen in Bezug auf die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits sind im Verfahren ... ./. Klägerin nicht zu klären.
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