1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 26.06.2009 - 11 O 109/07 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.461,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.03.2007 zu bezahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 87 % und die Beklagte 13 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
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| Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz aus einem Transportvertrag wegen Verlustes von drei Paletten Neusilberdraht, die von der Beklagten von Hamburg nach Hongkong zum Empfänger der Sendung, der Firma O… Ltd., verbracht werden sollten. |
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| Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil vom 26. Juni 2009 Bezug genommen. |
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| Durch dieses Urteil wurde nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 18.776,16 EUR nebst Zinsen verurteilt. Der Ersatzanspruch beruhe auf §§ 660 Abs. 1, 3 HGB, 67 VVG (a.F.). Die Versicherungsnehmerin der Klägerin, die Firma W… AG, habe die Beklagte zu festen Kosten mit dem Transport der Sendung beauftragt. Dieser Auftrag sei hinreichend durch den Dispositionsbeleg vom 18.09.2006 und die Exportrechnung der Beklagten vom 20.09.2006 belegt. Das Bestreiten der Beklagten sei insoweit ohne Substanz. Die Klägerin habe nachgewiesen, dass die Streitverkündete die beauftragte Sendung übernommen und somit Gewahrsam hieran erlangt habe. Aus dem Hafendatensatz und der Übernahmebestätigung der Streithelferin sowie dem Containerladeplan ergebe sich dies mit hinreichender Sicherheit. Die Anzahl der Paletten und das Gewicht stimme mit dem Dispositionsbeleg und dem Lieferschein überein. Dass die Höhenmaße unterschiedlich angegeben seien, begründe keinen Zweifel daran, dass es sich um die identische Sendung handle, zumal keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich seien, dass zum gleichen Zeitpunkt eine weitere vergleichbare Sendung durch die Streithelferin angenommen worden sei. Allein die theoretische Möglichkeit reiche nicht, um Zweifel zu wecken. Die Sendung sei verlustig gegangen. Dies ergebe sich aus dem Outturn-Report. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Sendung dennoch dem Container entnommen worden sei. Schließlich hätten die Beklagten und die Streithelferin nicht ansatzweise dargelegt, welche Maßnahmen sie unternommen haben, um den Verlust der Sendung zu verhindern. Das qualifizierte Verschulden werde deshalb vermutet. Der Anspruch sei nicht verjährt. Die Höhe des der Klägerin zustehenden Schadensersatzes werde gemäß § 287 ZPO auf 18.776,61 EUR geschätzt. Der Sachverständige W… habe im schriftlichen Gutachten vom 18.03.2009 überzeugend bestätigt, dass der von der Klägerin in der Pro-forma-Rechnung vom 18.09.2006 dargestellte Wert der Sendung nachvollziehbar sei. |
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| Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die vom Landgericht ausgesprochene Zahlungsverpflichtung angreift, soweit diese über den Gegenwert in Euro von 2.202 Sonderziehungsrechten hinausgeht. Die Beklagte könne sich auf die Haftungsbegrenzung des § 660 Abs. 1 HGB von 2 Sonderziehungsrechten pro Kilogramm berufen. Das unstreitige Sendungsgewicht habe 1.101 kg betragen, sodass die Haftungsverantwortlichkeit der Beklagten auf den Gegenwert in Euro von 2.202 Sonderziehungsrechten beschränkt sei. Ein qualifiziertes Verschulden der Organe der Beklagten sei nicht festzustellen. Auf die Zurechnung des Verhaltens sonstiger Leute der Beklagten als Verfrachter, die im Zuge der Beförderung eingeschaltet worden seien, komme es nicht an, da § 607 Abs. 1 HGB bei der Beurteilung des § 660 Abs. 3 HGB keine Anwendung finde. Das Landgericht führe in seinen Entscheidungsgründen als einzigen Ansatzpunkt für die Annahme eines qualifizierten Verschuldens lediglich aus, dass die Beklagte und die Streithelferin nicht dargelegt hätten, welche Maßnahmen sie unternommen haben, um den Verlust der Sendung zu verhindern. Weshalb aber den Organen der Beklagten der Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens gemacht werden solle, habe das Landgericht nicht ausgeführt. Tatsächlich sei den Geschäftsführern der Beklagten bezüglich der Organisation kein Vorwurf zu machen. Die Beklagte sei mit der Seebeförderung von Hamburg nach Hongkong beauftragt gewesen. Zur Abwicklung der Seebeförderung habe sie ständige und überaus zuverlässige Geschäftspartner eingesetzt. Dabei handle es sich u.a. um die Streitverkündete, eine international tätige Speditionsgruppe, die anerkanntermaßen einen guten Ruf genieße. Mit der Streitverkündeten, die mit dem Packen des Containers beauftragt worden sei, arbeite die Beklagte ständig zusammen. Der Container sei sodann von dem Seeschiff „A…“ der Reederei A… befördert worden. Die Reederei A… sei eine der größten Linienreedereien weltweit und genieße ebenfalls anerkanntermaßen einen zuverlässigen Ruf. Die Annahme des Containers in Hongkong sei in der Weise organisiert worden, dass die Tochterfirma der Beklagten, die Firma D… Ltd., die Abwicklung als Empfangsspediteur vorgenommen und mit der Entgegennahme und der Dekonsolidierung des Containers ihren ständigen Geschäftspartner, die Firma S… Ltd., beauftragt habe. |
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| Das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26.06.2009 zum Aktenzeichen 11 O 109/07 KfH abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie über den Gegenwert in EUR von 2.202 Sonderziehungsrechte hinausgeht. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil. Es sei zwar richtig, dass zur Haftungsdurchbrechung im Seerecht nach § 660 Abs. 3 HGB ein eigenes, qualifiziertes Verschulden des Verfrachters erforderlich sei. Die Beklagte übersehe jedoch, dass die Anforderungen an die Entlastung der Organe der üblichen Entlastung von einem groben Organisationsverschulden gleichgestellt sei, mithin sich die Vermutung eines groben Organisationsverschuldens auch auf das Verhalten seiner Organe erstrecke, wenn der Verfrachter der ihm obliegenden Darlegungslast nicht nachkomme. Das Landgericht habe zu Recht das qualifizierte Verschulden vermutet, weil die Beklagte und die Streithelferin nicht dargelegt hätten, welche Maßnahmen sie unternommen haben, um den Verlust der Sendung zu verhindern. Die Angaben der Beklagten in der Berufungsinstanz zur angeblich sorgfältigen Auswahl der Unterfrachtführer seien vage und ungenügend und zudem verspätet. Die Beklagte trage auch in der Berufungsinstanz nicht substantiiert vor, wie sie etwa ihre Subunternehmer ausgewählt und überwacht habe, welche Qualitätsanforderungen sie stelle und wie diese in der Praxis umgesetzt worden seien und was sie unternommen habe, um bei der Vielzahl der eingeschalteten Subunternehmer sicherzustellen, dass alles Angelieferte in die Container geladen und das in die Container Geladene auch vollständig wieder entladen werden würde. |
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| Die Streitverkündete, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist (Bl. 35 d.A.), hat sich im Berufungsverfahren nicht beteiligt. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen. |
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| Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Beklagte haftet lediglich gem. § 660 Abs. 1 HGB. Aus dem unterbliebenen Vortrag der Beklagten zum Ablauf und der Kontrolle ihres Betriebes kann im vorliegenden Fall nicht geschlossen werden, dass sie ihren Betrieb in einer den Vorwurf der absichtlichen Schadensherbeiführung oder der Leichtfertigkeit im Sinne des § 660 Abs. 3 HGB rechtfertigenden Weise mangelhaft eingerichtet habe und ihr die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bewusst war. |
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| Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte für den während der Seebeförderung von Hamburg nach Hongkong entstandenen Verlust der drei Paletten Neusilberdraht dem Grunde nach gem. §§ 459, 452 a, 606 S. 2 HGB haftet. |
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| a) Auf den zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vertrag über den Transport von drei Paletten Neusilberdraht von Hamburg nach Hongkong kommt gemäß Art. 28 Abs. 4 S. 1 EGBGB deutsches Sachrecht zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass ein Güterbeförderungsvertrag mit demjenigen Staat die engsten Verbindungen aufweist, in dem der Beförderer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verlade- oder Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befinden, und sich aus der Gesamtheit der Umstände nicht ergibt, dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist (Art. 28 Abs. 5 EGBGB). Dies gilt auch für multimodale Frachtverträge im Sinne des § 452 HGB (BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 212/06 Rn. 17 m.w.N. - zitiert nach juris). Da die Versicherungsnehmerin und die Beklagte ihre Hauptniederlassung jeweils in Deutschland haben, sind die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 4 S. 1 EGBGB erfüllt. Es spricht auch nichts dafür, dass der in Rede stehende Vertrag zu einem anderen Staat engere Verbindungen aufweist. |
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| b) Die Haftung der Beklagten für den Verlust der Sendung ist nach den Bestimmungen über die Haftung eines Verfrachters gemäß §§ 556 ff HGB zu beurteilen. |
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| aa) Die Versicherungsnehmerin der Klägerin und die Beklagte haben einen multimodalen Transportvertrag gemäß §§ 452a, 559 HGB geschlossen. Ausweislich des Dispositionsbelegs vom 18.09.2006 (Anl. K 7) sowie der Exportrechnung der Beklagten vom 20.09.2006 (Anl. K 5) hatte die Beklagte den Transport der drei Paletten Draht von Hamburg bis zum Empfänger der Lieferung, der Firma O… Ltd., in Kowloon übernommen. Es ist daher davon auszugehen, dass ab Hafen Hongkong die Sendung von der Beklagten nicht auf dem Seewege, sondern mit anderen Transportmitteln durchgeführt werden sollte. Dann hatte die als solche einheitliche Speditionsleistung der Beklagten die Beförderung mit verschiedenen Transportmitteln zum Gegenstand. Einzelne Teile des Vertrages wären, wenn für sie gesonderte Verträge geschlossen worden wären, verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen gewesen. Der Transport der drei Paletten Draht per Schiff von Hamburg nach Hongkong wäre nach den §§ 556 ff HGB zu beurteilen. Für den Transport von Hongkong Hafen bis zum Empfänger der Leistung, der wahrscheinlich per Lkw durchgeführt worden wäre, kämen die Bestimmungen der CMR zur Anwendung. Richtet sich die Leistung eines Fixkostenspediteurs auf die Besorgung eines solchen multimodalen Transports, greift § 452 HGB ein (BGHZ 173, 433 Tz. 23; BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 212/06 Rn. 19 - zitiert nach juris). |
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| bb) Gemäß § 452 S. 1 HGB sind - auch soweit ein Teil der Beförderung zur See durchgeführt wird (§ 452 S. 2 HGB) - die Vorschriften der §§ 407 ff HGB nur dann einheitlich auf die gesamte Beförderungsleistung anzuwenden, wenn sich aus internationalen Übereinkommen oder den besonderen Vorschriften der §§ 452 a ff HGB nichts anderes ergibt. Internationale Übereinkommen greifen im Streitfall nicht ein. Eine Anwendung unterschiedlicher Rechtsvorschriften für einzelne Teilstrecken der Beförderung ergibt sich jedoch aus § 452a S. 1 HGB. Nach dieser Vorschrift bestimmt sich die Haftung bei einem multimodalen Transport nach dem Recht einer Teilstrecke, wenn feststeht, dass der Schaden auf dieser Teilstrecke eingetreten ist, d.h. die Schadensursache auf ihr gesetzt worden ist (BGHZ 173, 344 Tz. 24; BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 212/06 Tz. 20; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., § 452 HGB Rn. 6). |
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| Vorliegend ist das Landgericht offenkundig davon ausgegangen, dass die Sendung auf der Seestrecke von Hamburg nach Hongkong verlustig ging. Auch wenn das Landgericht dieses nicht ausdrücklich feststellt, so ergibt sich jedoch aus den Entscheidungsgründen, dass die beauftragte Sendung zum Stauen und der anschließenden Verschiffung an die Streithelferin übergeben wurde und sich bei Ankunft in Hongkong nicht im Container befand. Da die Stauung der zu verschiffenden Ware in einem Container der Seestrecke zuzuordnen ist (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl. 2000, § 561 HGB Rn. 8), steht durch diese - von den Parteien nicht mehr angegriffenen - Feststellungen des Landgerichts fest, dass der Verlust auf der Seestrecke von Hamburg nach Hongkong eingetreten ist. |
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| cc) Gemäß § 452a S. 1 HGB ist für die Haftung des Frachtführers das Recht maßgeblich, das für einen hypothetischen Vertrag über eine Beförderung auf der Teilstrecke gelten würde, auf der der Schaden eingetreten ist. Damit richtet sich die Haftung der Beklagten nach den für einen Verfrachter geltenden Vorschriften der §§ 556 ff HGB. |
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| c) Als (fiktive) Verfrachterin haftet die Beklagte gemäß § 606 S. 2 HGB für den Schaden, der durch Verlust der Güter in der Zeit vor der Annahme bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn, dass der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten. Ein Verschulden seiner Leute und der Schiffsbesatzung hat der Verfrachter gemäß § 607 Abs. 1 HGB in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. |
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| Nach den Feststellungen des Landgerichts ist die Sendung unter ungeklärten Umständen verlustig gegangen. Die insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat nichts dazu vorgetragen, dass sie den Eintritt des Schadens im Sinne von § 606 S. 2 HGB nicht zu vertreten hat. Im Berufungsverfahren wendet sie sich lediglich gegen die vom Landgericht angenommene unbeschränkte Haftung für den während des Seetransports entstandenen Verlust. |
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| Hiermit hat die Beklagte Erfolg; die Beklagte kann sich zu Recht auf die Haftungsbegrenzung des § 660 Abs. 1 S. 1 HGB berufen, ein qualifiziertes Verschulden im Sinn des § 660 Abs. 3 HGB ist vorliegend nicht anzunehmen. |
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| Der Umfang des von einem Verfrachter zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nach § 249 BGB (vgl. Rabe a.a.O., § 606 HGB Rn. 44). Der gemäß § 249 BGB zu berechnende Schadensersatz wird durch die Regelungen in § 660 Abs. 1 S. 1 HGB begrenzt. |
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| a) Gemäß § 660 Abs. 3 verliert der Verfrachter allerdings sein Recht auf Haftungsbeschränkung nach Abs. 1, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Verfrachter in der Absicht, einen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Entsprechend dem Wortlaut des § 660 Abs. 3 HGB, in dem nur von dem „Verfrachter“ und nicht auch - wie etwa in § 435 HGB - von den in § 428 HGB genannten Personen die Rede ist, führt nur ein qualifiziertes Verschulden des Verfrachters selbst zum Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 660 Abs. 1 HGB (BGH Urteil vom 18.06.2009 - I ZR 140/06 Tz. 34 ff; BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 212/06 Tz. 29 m.w.N.). |
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| b) Das Landgericht hat das qualifizierte Verschulden vermutet, weil die Beklagte und die Streithelferin nicht dargelegt hätten, welche Maßnahmen sie unternommen haben, um den Verlust der Sendung zu verhindern. Diese Annahme hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. |
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| Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die im obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner nicht darauf beschränken, den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebes und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr. vgl. BGHZ 127, 275, 283; 129, 345, 349; TransportR 2003, 467, 469; BGHReport 2005, 711; 712; TransportR 2006, 35). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (BGH TransportR 2003, 467, 469; BGHReport 2005, 711, 712). Liegt der Schadenshergang völlig im Dunkeln und weigert sich der Anspruchsgegner auch nur ansatzweise zu den von ihr gegen den Verlust von Transportgut ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen vorzutragen, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, deswegen ungenügende Sicherheitsstandards anzunehmen, die den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden des Anspruchsgegners rechtfertigen (BGH TransportR 2003, 467, 470). |
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| Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des § 660 Abs. 3 HGB (BGH TransportR 2006, 35, 37; BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 212/06 Tz. 34). Voraussetzung ist aber auch im Rahmen des § 660 Abs. 3 HGB, dass der Anspruchsteller Anhaltspunkte für das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens darlegt, die sich insbesondere aus der Art und dem Ausmaß des Schadens ergeben können (BGHZ 174, 244 Tz. 25). |
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| Nach den Umständen des vorliegend zu beurteilenden Einzelfalls kann aus dem fehlenden Vortrag der Beklagten zu getroffenen Sicherungsmaßnahmen nicht auf ein qualifiziertes Verschulden gem. § 660 Abs. 3 HGB geschlossen werden. |
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| Die Beklagte hat den Seetransport nicht selbst durchgeführt. Nur ein eigenes qualifiziertes Verschulden im Sinne des § 660 Abs. 3 HGB kann zum Wegfall der Haftungsbeschränkung des § 660 Abs. 1 HGB führen. Anders als in den Fällen, in denen der Fixkostenspediteur sich auch das qualifizierte Verschulden seiner Leute anrechnen lassen muss und daher fehlender Vortrag zu den getroffenen Sicherungsmaßnahmen und Betriebsabläufen unter Berücksichtigung typischer Geschehensabläufe den Schluss auf das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zulässt, kann dies im Rahmen der Haftung gem. § 660 Abs. 3 HGB nicht ohne weitere Anhaltspunkte angenommen werden. In Fällen, wie dem vorliegenden, bei denen der Fixkostenspediteur einen Dritten mit der Verschiffung des Frachtgutes beauftragt hat und der Verlust des Frachtgutes auf der Seestrecke eingetreten ist, entspricht es eben nicht dem typischen Geschehensablauf, dass fehlende Sicherungsvorkehrungen des fiktiven Verfrachters für das Schadensereignis ursächlich war. Mindest genauso wahrscheinlich ist es, dass das Schadensereignis allein auf - ggf. leichtfertige - Handlungen oder unterlassene Vorkehrungen des mit der Verschiffung beauftragten Unterverfrachters zurückzuführen ist, was keinen Wegfall der Haftungsbeschränkung des § 660 Abs. 1 HGB beim fiktiven Verfrachter nach sich zieht. Allein aus dem Umstand, dass der Schadenshergang im Dunkeln liegt und die Beklagte nichts zum Schadenshergang oder Sicherungsvorkehrungen vorträgt, kann daher nicht (unter Heranziehung typischer Geschehensabläufe) geschlossen werden, sie habe leichtfertig und im Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadens gehandelt. Lediglich die Erwägung, dass eine Partei über die besseren Aufklärungsmöglichkeiten verfügt und einer Schadensursache nähersteht, ist nicht geeignet, Abweichungen von der an sich geltenden Gesetzes- oder Vertragslage bezüglich der Beweislast zu rechtfertigen. Denn die vom Gesetzgeber gewollte Beschränkung der Verfrachterhaftung würde wirkungslos werden, wenn der Verfrachter bei verbleibenden Zweifeln am Schadensverlauf immer zu einer qualifizierten Haftung herangezogen werden könnte (vgl. BGHZ 127, 275, 284). |
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| Auch ein qualifiziertes Organisationsverschulden der Beklagten kann vorliegend nicht vermutet werden. Insoweit fehlt es an Anhaltspunkten, die ein leichtfertiges Organisationsverschulden der Beklagten nahelegen. Allein aus dem Verlust des Frachtgut kann ein solches nicht geschlossen werden, da - wie dargelegt - auch Schadensursachen in Betracht kommen, für die die Beklagten jedenfalls nicht unbeschränkt gem. § 660 Abs. 3 HGB einzustehen hat. Darüber hinausgehende Anhaltspunkte trägt die Klägerin, die insoweit darlegungsbelastet ist, nicht vor. |
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| Die Beklagte hat auch in ausreichendem Umfang zur Auswahl der von ihr beauftragten Unterfrachtführer vorgetragen. Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte sich die Beklagte darauf beschränken, sie habe die Unterfrachtführer sorgfältig ausgewählt. Denn nur wenn für die Beklagte Anhaltspunkte dafür erkennbar gewesen wären, dass die von ihr beauftragte Reederei und die übrigen mit der Verschiffung beauftragten Unternehmen, unzureichende Sicherheitsvorkehrungen treffen und hierdurch bereits in der Vergangenheit Schäden entstanden sind, könnte der Beklagten eine leichtfertige und bewusste Schadensherbeiführung vorgeworfen werden. Insoweit genügt also der pauschale Vortrag, dass die von der Beklagten Unternehmen als zuverlässig anerkennt sind. Im Übrigen verfügte die Beklagte insoweit auch nicht über einen Informationsvorsprung, der es rechtfertigen könnte, ihr eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen. Die Klägerin kannte die von der Beklagten beauftragten Unternehmen. Es wäre ihr als Transportversicherer auch möglich gewesen, Erkundigungen über die Zuverlässigkeit der von der Beklagten ausgewählten Transportunternehmen einzuholen. |
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| Soweit die Klägerin weiter geltend macht, die Beklagte hätte auch zur gewählten Seestrecke vortragen müssen, kann aus dem insoweit fehlenden Vortrag schon deshalb kein qualifiziertes Eigenverschulden geschlossen werden, da es der Reederei und eben nicht der Beklagten oblag, die Strecke auszuwählen. |
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| Fehlt somit jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hatte und leichtfertig handelte und kommt auch ein entsprechender Rückschluss wegen unterbliebenen Vortrages zu getroffenen Sicherungsvorkehrungen nicht in Betracht, ist die Haftung der Beklagten durch § 660 Abs. 1 HGB begrenzt. |
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| d) Danach haftet der Verfrachter für den Verlust der Güter in jedem Fall höchstens bis zu einem Betrag von 666,67 Rechnungseinheiten für das Stück oder die Einheit oder einem Betrag von 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts der verlorenen oder beschädigten Güter, je nach dem, welcher Betrag höher ist. Das unstreitige Sendungsgewicht im Streitfall betrug 1.101 kg, sodass die Beklagte der Klägerin den Gegenwert in Euro von 2.202 Sonderziehungsrechten zu ersetzen hat. Maßgeblich ist der Tag der Verkündung des Urteils (§ 660 Abs. 1 S. 3 HGB; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 140/06 Tz. 29). Der Wert eines Sonderziehungsrechtes am 16.03.2010 betrug 1,117780 EUR, sodass sich rechnerisch ein Haftungsbetrag in Höhe von 2461,35EUR ergibt. |
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| c) Die Hauptforderung ist gem. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 02.03.2007 zu verzinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin Zinsen für einen Zeitraum vor dem 02.03.2007 begehrt hat. Hiergegen hat die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt, so dass die Entscheidung des Landgerichts insoweit einer Überprüfung in der Berufungsinstanz entzogen ist. (§ 528 ZPO). |
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| Die Kostenentscheidung für die erste Instanz folgt aus § 92 ZPO; die Kosten des Berufungsverfahrens sind von der Klägerin zu tragen, da die Beklagten im Umfang des eingelegten Rechtsmittels vollumfänglich Erfolg hatten (§ 91 ZPO). |
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| Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung fußt auf der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast des Transporteurs bei ungeklärten Schadenverläufen und möglichen Rückschlüssen auf ein qualifiziertes Verschulden. Ob ein solcher Rückschluss möglich ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. nur BGHReport 2005, 711, 712 m.w.N.). Diese haben vorliegend die Annahme eines qualifiziertes Verschulden i.S.d. § 660 Abs. 3 HGB nicht zugelassen. Die Rechtssache hat daher weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. |
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