Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 2 U 143/18

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 05.07.2018 – Az. 21 O 20/18 KfH – wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert: 40.000,00 Euro

Gründe

 
A
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Unterlassung des Vertriebs von Fleischerzeugnissen mit einem Hinweis auf die Region Hohenlohe, wenn die Tiere tatsächlich aus Ludwigsburg oder Würzburg stammen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen. Zusammenfassend und ergänzend:
1.
Die Klägerin betreibt einen Metzgereifachbetrieb in X (Landkreis Hohenlohe). Der Beklagte ist ein ebenfalls in X ansässiger wirtschaftlicher Verein, dem als bäuerliche Erzeugergemeinschaft rund 1.500 Fleisch und Fleischwaren produzierende Mitgliederbetriebe angehören. Die Klägerin gehört nicht dem Beklagten an.
2.
Für den Beklagten sind seit dem Jahr 2012 die deutschen Wortmarken „Hohenloher Landschwein“ und „Hohenloher Weiderind“ als geografische Kollektivmarken u.a. für Fleisch (Warenklasse 29) eingetragen.
a)
Zur Nutzung der Marken und Bezeichnungen bestimmt § 3 der Markensatzung vom 25.05.2016 (Anlage K 4):
„1 Die unter § 1 genannten Marken [worunter auch die streitgegenständlichen fallen] werden von [dem Beklagten] als Kollektiv der Erzeuger für die Vermarktung der Erzeugnisse [seiner] Mitglieder benutzt und verwendet.
2 Zusätzlich können diese Marken und Bezeichnungen [von] jedem einzelnen Mitglied selbst für die Vermarktung seiner selbst aufgezogenen Tiere und selbst hergestellten Erzeugnisse im Rahmen einer bäuerlichen Direktvermarktung ab Hof genutzt werden, sofern die unter § 7 hinterlegten Erzeugerrichtlinien und Spezifikationen vollständig erfüllt und eingehalten werden und sie an den festgesetzten Kontrollmaßnahmen teilnehmen. (...)
4 Jedes Mitglied, das ein oder mehrere Zeichen verwendet, ist zum Zwecke der Rechtsverfolgung verpflichtet, die Benutzung der Marken oder geografischen Herkunftsangaben bei [dem Beklagten] als kollektiver Marken- und Zeicheninhaberin zu melden.“
In § 4 regelt die Markensatzung zur Mitgliedschaft:
„2 Die Berechtigung zur Zeichennutzung gilt nur für die Zeit der Zugehörigkeit der Mitglieder [zum Beklagten]. [...]
10 
3 Jeder landwirtschaftliche Betrieb, dessen Erzeugnisse aus dem geographischen Gebiet stammen, der die verbindlichen Erzeugerrichtlinien vollständig erfüllt und die Bestimmungen für die Nutzung der Marken einhält, kann Mitglied werden und ist im Rahmen der Satzung zur Benutzung der Marken für seine selbst erzeugten Produkte bei ab Hof Vermarktung befugt.“
11 
In § 2.3 der Markensatzung wird das geografische Herkunftsgebiet wie folgt festgelegt:
12 
„Das geografische Herkunftsgebiet umfasst die Region Hohenlohe mit den Landkreisen Schwäbisch Hall, Hohenlohe, Main-Tauber und Ansbach sowie den umliegenden Kreise Ostalb, Rems-Murr-Kreis, Heidenheim, Ludwigsburg, Heilbronn, Neckar-Odenwald-Kreis und Neustadt a.d. Aisch-Bad-Windsheim.“
13 
Daneben sind in dieser Bestimmung der Markensatzung noch einzeln genannte Städte und Gemeinden der Kreise Würzburg, Kitzingen, Weißenburg-Gunzenhausen und Donau-Ries in das Herkunftsgebiet einbezogen, einschließlich der Stadt Würzburg.
b)
14 
In einer anderen Rechtsstreitigkeit zwischen den Parteien übersandte der Beklagte am 07.12.2016 an die Klägerin Kopien der Markenurkunden und der Markensatzung nebst den Erzeugerrichtlinien für Hohenloher Weiderind und Hohenloher Landschwein (vgl. Anlage K 9). In den Erzeugerrichtlinien werden verschiedene Vorgaben zur Anwendung von Tierzuchtmethoden, zur Tierhaltung, Fütterung, Transport und Schlachtung aufgestellt (Anlagenkonvolut K 9).
15 
Unter Ziff. 1 der Richtlinien gemäß Anlage K 9 betreffend das Hohenloher Landschwein heißt es in dieser Fassung zum Erzeugergebiet:
16 
„Als geographisch abgegrenztes Erzeugergebiet für das Hohenloher Landschwein die (sic!) gelten die Region Hohenlohe einschließlich der umliegenden Landkreise.“
17 
Die Erzeugerrichtlinien zum Hohenloher Weiderind gemäß Anlage K 9 treffen folgende Bestimmung zum geografischen Herkunftsgebiet:
18 
„Das geographisch zugelassene Erzeugungsgebiet sind die politischen Grenzen der Landkreise Hohenlohe, Schwäbisch Hall, Ostalb, TBB, Rems/Murr und die direkt angrenzenden Landkreise.“
c)
19 
Das Landgericht hat es im Tatbestand des angefochtenen Urteils als unstreitig angesehen, dass ein Verstoß des Beklagten oder eines seiner Mitglieder gegen die Festlegungen des Erzeugungsgebiets in den Erzeugerrichtlinien seit dem Jahr 2012 nicht erfolgt sei. Einen diesbezüglichen Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 19.07.2018 abgelehnt (Bl. 104).
3.
20 
Mit Anwaltsschreiben vom 17.01.2018 (Anlage K 7) hat die Klägerin den Beklagten vorgerichtlich ohne Erfolg abgemahnt.
4.
21 
Die Parteien haben in erster Instanz wie folgt streitig vorgetragen:
a)
22 
Die Klägerin ist der Auffassung, aus der Markensatzung des Beklagten ergebe sich die Erstbegehungsgefahr einer irreführenden Vermarktungspraxis dahingehend, dass Fleischerzeugnisse unter den Bezeichnungen „Hohenloher Landschwein“ bzw. „Hohenloher Weiderind“ auf den Markt gebracht würden, obwohl sie aus den nicht zu Hohenlohe gehörenden Städten Ludwigsburg oder Würzburg stammten. Aus einem vorgerichtlichen Schreiben des Beklagten ergebe sich, dass dieser nicht bereit sei, auf eine Vermarktung von Fleischerzeugnissen aus Ludwigsburg und Würzburg unter den beiden Kollektivmarken zu verzichten. Bereits die Anmeldung der Marke begründe die Vermutung ihrer Benutzung in naheliegender Zukunft. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz führte die Klägerin aus, bei genauer Betrachtung könne sie ihren Anspruch auch auf Wiederholungsgefahr stützen (Bl. 67).
b)
23 
Der Beklagte hat vorgetragen, die Angaben in der Markensatzung zum geografischen Herkunftsgebiet beruhten auf dem Umstand, dass es verschiedene Programme der Erzeugergemeinschaft mit unterschiedlichen Einzugsgebieten gebe. So habe die Käserei Lieferanten aus dem Raum Würzburg. Fleisch vom „Hohenloher Landschwein“ erzeugten 120 Mitgliederbetriebe, Fleisch vom „Hohenloher Weiderind“ 135 Mitgliedsbetriebe; sie stammten alle aus der Region Hohenlohe.
24 
Aus den verbindlichen Erzeugerrichtlinien ergebe sich die Definition des Erzeugergebietes für das betreffende Produkt (Bl. 23). Die verabschiedeten Richtlinien gemäß Anlage B 1 hätten seit Anfang 2017 die Eingrenzung des Bezugsgebietes entsprechend der zuvor stattgehabten Übung umgesetzt (Bl. 61). Der Beklagte habe zu keiner Zeit Schweinefleisch unter der Bezeichnung „Hohenloher Landschwein“ oder Rindfleisch unter der Bezeichnung „Hohenloher Weiderind“ beworben oder vertrieben, welches aus Ludwigsburg oder Würzburg gestammt habe (Bl. 24). Nur Tiere aus der Region Hohenlohe würden am Schlachthof geschlachtet und anschließend vermarktet (Bl. 39).
25 
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz hat der Beklagte vorgetragen, er habe mit Anwaltsschreiben vom 15.06.2018 an das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) zu den streitgegenständlichen Kollektivmarken die erwähnte Markensatzung vom 25.05.2016 neben den Erzeugerrichtlinien gemäß Anlage B 1 übersandt mit der Bitte, diese zu den Unterlagen zu nehmen und im Falle eines Einsichtsgesuchs neben der Markensatzung offenzulegen. In Ziff. 1 der an das DPMA übersandten Richtlinien, welche bereits zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage am 07.03.2018 so gefasst gewesen seien, heiße es zum Erzeugergebiet (vgl. Anlage B 1):
26 
„Als geographisch abgegrenztes Erzeugergebiet für die bäuerlichen Mitgliedsbetriebe [des Beklagten] die an diesem Programm teilnehmen gelten die Landkreise Hohenlohe, Schwäbisch Hall, Main-Tauber und die angrenzenden Gebiete soweit diese der Region Hohenlohe zuzurechnen sind.“
27 
Der Eingang sei durch das DPMA bestätigt worden (Anlage B 3).
5.
28 
Das Landgericht hat die Klage auf Unterlassung und auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen. Mit der Vermarktung von Fleisch aus dem Bereich Würzburg bzw. Ludwigsburg unter der Bezeichnung „Hohenloher Weiderind“ oder „Hohenloher Landschwein“ werde der Verbraucher zwar in die Irre geführt. Es fehle indes am Nachweis der drohenden Zuwiderhandlung. Die Erstbegehungsgefahr ergebe sich noch nicht einmal aus den Erzeugerrichtlinien in der Fassung der Anlage K 9. Zwar könnten sie einem Mitglied des Beklagten oder einem Dritten für sich genommen das Recht geben, die Kollektivmarken zu benutzen, wenn das Fleisch von Tieren aus Würzburg oder Ludwigsburg stamme. Doch ergebe sich dies nicht zwingend, da ein solcher Fall seit 2012 nicht vorgekommen sei. Zudem sei die Mitwirkung oder auch nur Duldung durch den Beklagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, da dies seinem Vermarktungskonzept zuwiderliefe. Der Beklagte könne sich weigern, die Schlachtung der (registrierten) Tiere in seinem Schlachthof durchzuführen.
6.
29 
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.
a)
30 
Sie rügt als verfahrensfehlerhaft, dass das Landgericht es als unstreitig angesehen habe, dass es nie eine Verletzungshandlung gegeben habe. Davon, dass derartige Vermarktungsleistungen tatsächlich stattgefunden hätten, sei die Klägerin weiterhin überzeugt; eine effiziente Prüfung, woher die Tiere stammen, finde im Schlachthof nicht statt. Einer Entscheidung hierüber habe es jedoch nicht bedurft, da der Antrag nicht eine tatsächliche Vermarktung, sondern die bloße Gestattung der kommerziellen Kollektivmarkennutzung in irreführender Weise zum Gegenstand habe (Bl. 129). Bereits die Eintragung begründe eine entsprechende Wiederholungsgefahr (Bl. 133). Hilfsweise sei jedoch aufgrund der Anmeldung der Kollektivmarke und der Fassung der Markensatzung auch Erstbegehungsgefahr anzunehmen. Die dafür zuständige Mitgliederversammlung habe keinen Beschluss zur Änderung der Erzeugerrichtlinien gemäß Anlage K 9 gefasst. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Anlage B 1 an das DPMA gesandt worden sei (Bl. 143). Jedenfalls sei die darin enthaltene Einschränkung inhaltsleer (Bl. 144).
b)
31 
Die Klägerin stellt den Antrag,
32 
das Urteil der 21. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heilbronn vom 05.07.2018 – Az. 21 O 20/18 KfH – abzuändern und wie folgt zu erkennen:
33 
1. Dem Beklagten wird untersagt, seinen Mitgliedern auch dann zu gestatten, Fleischerzeugnisse unter den Kollektivmarken „Hohenloher Weiderind“ und „Hohenloher Landschwein“ zu bewerben und/oder zu vertreiben und/oder selbst unter den vorgenannten Kollektivmarken Fleischerzeugnisse zu bewerben und/oder zu vertreiben, wenn die so beworbenen und/oder vertriebenen Fleischerzeugnisse von Erzeugern aus Ludwigsburg und/oder Würzburg stammen.
34 
2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer 1 genannte Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro (ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten) bzw. Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken am gesetzlichen Vertreter, angedroht.
35 
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.336,90 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
36 
Hilfsweise,
37 
das Urteil der 21. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heilbronn vom 05.07.2018 – Az. 21 O 20/18 KfH – aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Heilbronn zurückzuweisen.
7.
38 
Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt,
39 
die Berufung zurückzuweisen.
8.
40 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.
B
I.
41 
Die Berufung ist zulässig. Eine beglaubigte Abschrift des Urteils des Landgerichts vom 05.07.2018 wurde dem Berufungskläger am 12.07.2018 zugestellt (Bl. 96). Die Berufung ging formgerecht innerhalb der Monatsfrist am 17.07.2018 ein (Bl. 108). Sie wurde am 05.09.2018 begründet (Bl. 115).
II.
42 
Die Berufung ist unbegründet.
1.
43 
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Verwendung der Bezeichnungen „Hohenloher Landschwein“ bzw. „Hohenloher Weiderind“ für Fleisch von Tieren, die nicht aus dem Raum Hohenlohe, sondern aus Ludwigsburg bzw. Würzburg stammen, gesetzeswidrig wäre.
a)
44 
Nach § 127 Absatz 1 MarkenG, der im Einklang mit den Vorgaben des Unionsrechts steht (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 86/13, juris Rn. 16 – Himalaya Salz), dürfen geografische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geografische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft besteht. Wer entgegen dieser Bestimmung im geschäftlichen Verkehr Namen, Angaben oder Zeichen benutzt, kann von den nach § 8 Absatz 3 UWG zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 128 Absatz 1 Satz 1 MarkenG). Zu diesem Kreis gehören insbesondere Mitbewerber (§ 8 Absatz 3 Nr. 1 UWG). Ein solcher ist gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Die Klägerin steht zum Beklagten in einem solchen Wettbewerbsverhältnis, da beide Parteien selbst bzw. durch die Mitgliedsbetriebe Fleischprodukte erzeugen und an den Endverbraucher absetzen.
45 
Das Irreführungsverbot gilt auch für den Inhaber einer Marke, denn das Recht, das eine Marke ihrem Inhaber verleiht, umfasst nicht das Recht, die Marke irreführend zu verwenden (BGH, Urteil vom 10. Juni 2010 – I ZR 42/08, juris Rn. 18).
b)
46 
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt allerdings nicht die erforderliche Wiederholungsgefahr vor.
aa)
47 
In zulässiger Weise kann die Klägerin ihre Ansprüche auch noch in der Berufungsinstanz erstrangig auf Wiederholungsgefahr stützen, obgleich sie diesen Klagegrund bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz nicht angeführt hat. In ihrem zweitinstanzlich als neu zu bewertenden Vorbringen liegt keine Klageänderung im Sinne von § 533 ZPO.
48 
Häufig liegen z.B. bei gleichem Antragswortlaut verschiedene Streitgegenstände vor, wenn der Unterlassungsantrag zunächst auf Erstbegehungsgefahr, später wegen einer bestimmten Verletzungshandlung auch auf Wiederholungsgefahr gestützt wird (BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 – I ZR 272/02, juris Rn. 25 – Markenparfümverkäufe; BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 – I ZR 121/03, juris Rn. 22 – Schlank-Kapseln). Ist - wie hier - dem Unterlassungsantrag allerdings nicht zu entnehmen, ob es sich um einen Verletzungsunterlassungsanspruch oder einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch handelt, kommt es auf den Klagegrund, das heißt darauf an, ob es sich um einen einheitlichen Sachverhalt oder um mehrere den Anspruch möglicherweise rechtfertigende Lebenssachverhalte handelt (BGH, Versäumnisurteil vom 10. März 2016 – I ZR 183/14, juris Rn. 20 – Stirnlampen; BGH, Urteil vom 23. September 2015 – I ZR 15/14, juris Rn. 41 – Amplidect).
49 
Im vorliegenden Fall liegt ein einheitlicher, bereits vor Klageerhebung abgeschlossener Sachverhalt vor: Die Klägerin hat erstinstanzlich aus der Fassung der Markensatzung mitsamt den Erzeugerrichtlinien den Schluss gezogen, dass eine Verletzungshandlung unmittelbar bevorstünde. Zweitinstanzlich hat sie aus demselben Vorgang den Schluss gezogen, dass der Rechtsverstoß durch eine „Gestattung“, d.h. eine Erlaubnis an die Mitglieder bereits begangen worden sei, was eine Wiederholungsgefahr begründe. Dabei handelt es sich um denselben Lebensvorgang, aus dem lediglich unter differenzierter Akzentsetzung unterschiedliche rechtliche Schlussfolgerungen gezogen werden sollen.
bb)
50 
Der Beklagte hat jedoch nicht gegen § 127 Absatz 1 MarkenG verstoßen. Nach § 127 Absatz 1 MarkenG dürfen geografische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem entsprechenden Gebiet stammen, wenn hierdurch eine Gefahr der Irreführung entsteht.
51 
Eine irreführende „Benutzung“ der Bezeichnung „Hohenloher Landschwein“ bzw. „Hohenloher Weiderind“ im geschäftlichen Verkehr liegt noch nicht in der Anmeldung der entsprechenden Kollektivmarken und der Fassung der Markensatzung und der Erzeugerrichtlinien.
52 
Vielmehr liegt eine „Benutzung“ des Kennzeichens erst dann vor, wenn es verwendet wird, um darunter Fleischwaren anzubieten, zu verkaufen oder den Verkauf zu fördern. Demgegenüber liegt in der bloßen Anmeldung und Eintragung eines Zeichens als Marke noch keine markenmäßige Benutzungshandlung (BGH, Urteil vom 13. März 2008 – I ZR 151/05, juris Rn. 27 – metrosex). Ebenso ist es zu beurteilen, wenn die Markensatzung auf ein Gebiet, welches nach der Verkehrsauffassung nicht mehr zu der angegebenen Region gehört, ausgedehnt wird. Hierdurch wird eine rechtsverletzende Benutzung lediglich vorbereitet, hingegen das Zeichen noch nicht im Sinne von § 127 Absatz 1 MarkenG benutzt.
c)
53 
Ein eigener täterschaftlich begangener Erstverstoß, der Wiederholungsgefahr begründen würde, ergibt sich auch nicht aus der Verletzung anderer Rechtsvorschriften.
aa)
54 
Wie sich aus § 128 Absatz 4 i.V.m. § 19d MarkenG ergibt, bleiben Ansprüche aus anderen Gesetzen unberührt. Einschlägig ist vorliegend zunächst § 3a UWG in Verbindung mit dem in Artikel 7 Absatz 1 lit. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung) enthaltenen Verbot der geografischen Herkunftstäuschung bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln.
bb)
55 
Neben § 128 MarkenG kommt auch die Anwendung des wettbewerbsrechtlichen Irreführungsverbots des § 3 Absatz 1 i.V.m. § 5 Absatz 1 UWG in Betracht (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, Kommentar zum UWG, 37. Aufl. 2019, § 5 UWG Rn. 0.104 und 2.247).
cc)
56 
Ein Erstverstoß gegen diese wettbewerbsrechtlichen Tatbestände scheidet jedoch ebenfalls aus. Sie setzen eine geschäftliche Handlung voraus. Darunter fällt jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt (§ 2 Absatz 1 Nr. 1 UWG). Die Wendung „bei Geschäftsabschluss“ erfordert die Herstellung eines Marktbezugs. Ein solcher liegt dann vor, wenn die Handlung ihrer Art nach auf die Marktteilnehmer (Mitbewerber, Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer) einwirken und damit das Marktgeschehen beeinflussen kann (Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., UWG § 2 Rn. 35). Dies ist bei der Fassung einer Markensatzung bzw. von Erzeugerrichtlinien als verbandsinterne Maßnahmen nicht der Fall, da mit diesen die Einwirkung lediglich vorbereitet wird. Erst mit der Verwendung der Kennzeichen im Wettbewerb wird der Marktbezug hergestellt.
d)
57 
Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht auch keine täterschaftliche Haftung unter dem Aspekt einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht.
aa)
58 
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann derjenige, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr in einer ihm zurechenbaren Weise die Gefahr eröffnet, dass Dritte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, die durch das Wettbewerbsrecht geschützt sind, eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von § 3 UWG begehen, wenn er diese Gefahr nicht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren begrenzt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 – I ZR 18/04, juris Rn. 22 – Jugendgefährdende Medien bei eBay). Jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, muss die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind (BGH, a.a.O., juris Rn. 36; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 114/06, juris Rn. 16 – Halzband).
bb)
59 
Diese Haftungsgrundlage setzt allerdings voraus, dass die Merkmale einer täterschaftlichen Haftung nach dem jeweiligen Haftungsregime erfüllt sein müssen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, juris Rn. 13 – Sommer unseres Lebens). Ein auf den Tatbestand des § 3 UWG gestützter Anspruch kommt mithin nur dann in Betracht, wenn in der Person des Beklagten neben der Verletzung der Verkehrspflicht auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des § 8 UWG i.V.m. § 3 UWG erfüllt sind.
60 
Dies ist, wie dargestellt, vorliegend nicht der Fall, da es sich bei der Fassung der Markensatzung und der Erzeugerrichtlinien um rein verbandsinterne Maßnahmen handelt, die keinen Einfluss auf das Marktgeschehen nehmen. Es handelt sich daher nicht um eine geschäftliche Handlung. Der Fall liegt anders als die Bereitstellung einer Plattform für Internetauktionen an die breite Öffentlichkeit, die als geschäftliche Handlung anzusehen ist und die Gefahr von Rechtsverletzungen mit sich bringt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 – I ZR 18/04, juris Rn. 23 – Jugendgefährdende Medien bei eBay).
e)
61 
Schließlich ist dem Beklagten auch kein Rechtsverstoß Dritter zuzurechnen, der einen Unterlassungsanspruch im beantragten Umfang begründen könnte.
aa)
62 
Da das Handeln des Beklagten selbst noch nicht zu einer Rechtsverletzung geführt hat, kommt seine Inanspruchnahme nur in Betracht, wenn ihm der Verstoß eines Dritten, insbesondere eines seiner Mitglieder, gegen § 127 Absatz 1 MarkenG, § 3a UWG i.V.m. Artikel 7 Absatz 1 lit. a VO (EU) Nr. 1169/2011 oder §§ 3, 5 UWG, zuzurechnen wäre.
bb)
63 
Soweit das Landgericht allerdings festgestellt hat, dass nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien kein Verstoß durch den Beklagten bzw. dessen Mitglieder erfolgt sei (LGU S. 4), ist diese Feststellung nicht als bindend im Sinne von § 529 Absatz 1 Nr. 1 ZPO dem Berufungsurteil zugrunde zu legen.
64 
Zwar liefert der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Beweis für das mündliche Parteivorbringen, den das Landgericht auch auf den Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tatbestandes (§ 320 ZPO) nicht abgeändert hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 – VI ZR 102/14, juris Rn. 48). Ist eine beantragte Berichtigung des Tatbestands nach § 320 ZPO durch das Erstgericht abgelehnt worden, kann eine Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen des Erstgerichts jedoch mit einer Verfahrensrüge geltend gemacht werden, soweit sich aus der den Berichtigungsantrag zurückweisenden Entscheidung des Erstgerichts ergibt, dass seine tatbestandlichen Feststellungen widersprüchlich sind (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 – I ZR 161/08, juris Rn. 12 – Satan der Rache; BGH, Beschluss vom 25. März 2014 – VI ZR 271/13, juris Rn. 4).
65 
Dies ist hier der Fall. Die erhobene Verfahrensrüge der Klägerin ist begründet, weil sich aus dem Beschluss des Landgerichts vom 19.07.2018, mit dem die Tatbestandsberichtigung abgelehnt wurde, selbst ergibt, dass das Landgericht die Tatsache nur deshalb als unstreitig behandelt hat, weil die Klägerin einen solchen Verstoß nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die Frage, ob ein Parteivortrag gehalten wurde, sondern um die Frage, ob ein solcher im Sinne von § 138 Absatz 2 und 3 ZPO ausreichte, um der Darlegungslast zu genügen. Da § 314 ZPO jedoch Beweis für das „Parteivorbringen“ liefern soll, nehmen rechtliche Schlussfolgerung nicht an dieser Tatbestandswirkung teil.
cc)
66 
Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Klägerin – wie sie in der Berufungsbegründung selbst einräumt (Bl. 121) – einen entsprechenden Verstoß durch einen Dritten, insbesondere eines Mitglieds des Beklagten, nicht bewiesen hat. Substantiierten Vortrag oder gar geeigneten Beweis zu konkreten Verletzungshandlungen Dritter hat die Klägerin nicht gehalten bzw. angetreten. Der Nachweis lässt sich insbesondere nicht durch eigene Aussagen des Beklagten führen.
67 
So ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus dem Antwortschreiben des Beklagten vom 07.02.2018 (Anlage K 8), dass Tiere aus Würzburg oder Ludwigsburg unter der auf die Region Hohenlohe hinweisenden Herkunftsbezeichnung vermarktet würden. Vielmehr räumt der Beklagte dort lediglich ein, dass nach seiner Auffassung die Bezeichnung „Hohenlohe“ über die Grenzen der Landkreise Hohenlohe, Schwäbisch Hall und Main-Tauber hinausrage, ohne jedoch Angaben zur konkreten Ausdehnung zu machen.
68 
Der Nachweis ist auch nicht dadurch geführt, dass der Beklagte schriftsätzlich darauf hingewiesen habe, das mit der regionalen Herkunftsbezeichnung gekennzeichnete Fleisch stamme von seinen „weit über 1.000 bäuerlichen Mitgliedsbetrieben“, und dass viele Mitgliedsbetriebe ihren Sitz außerhalb des Gebiets Hohenlohe (wie auch immer es definiert werden mag) hätten (Bl. 21/22). Vielmehr hat der Beklagte stets betont, dass kein Fleisch aus Ludwigsburg und Würzburg unter dieser Bezeichnung vermarktet werde.
2.
69 
Es liegt auch keine Erstbegehungsgefahr vor. Gemäß § 128 Absatz 1 Satz 2 MarkenG besteht der Anspruch auf Unterlassung eines gegen § 127 MarkenG verstoßenden Zeichens auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Entsprechendes gilt nach der Regelung des § 8 Absatz 1 Satz 2 UWG für Verstöße gegen § 3a UWG i.V.m. Artikel 7 VO (EU) 1169/2011 und ggf. gegen §§ 3, 5 UWG.
a)
70 
Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 – I ZR 133/13, juris Rn. 17 – Keksstangen; BGH, Urteil vom 15. April 1999 – I ZR 83/97, juris Rn. 23 – Preissturz ohne Ende). Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (BGH, Urteil vom 10. März 2016 – I ZR 183/14, juris Rn. 21; BGH, Urteil vom 22. April 2010 – I ZR 17/05, juris Rn. 23 – Pralinenform II). Da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, liegt die Beweislast hierfür beim Anspruchsteller (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 – I ZR 180/07, juris Rn. 24 – Stumme Verkäufer II). Nach diesen Maßstäben liegt Erstbegehungsgefahr nur vor, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Beklagte bzw. ein von ihm unterstützter Mitgliedsbetrieb in naher Zukunft unter den streitgegenständlichen geografischen Herkunftsbezeichnungen Fleisch vertreiben werde. Dies ist jedoch nicht dargelegt.
b)
71 
Zwar ergibt sich die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr der Zeichenbenutzung daraus, dass eine Marke angemeldet wird (BGH, Urteil vom 15. Januar 2004 – I ZR 121/01, juris Rn. 29 – d-c-fix). Die Gefahr einer irreführenden Benutzung einer Kollektivmarke kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass die Markensatzung so ausgestaltet wird, dass eine irreführende Benutzung der Kollektivmarke begünstigt wird.
aa)
72 
Unerheblich ist zunächst, dass die „Markensatzung für die Kollektivmarken, Marken und Bezeichnungen“ des Beklagten (Anlage K 9) auch Ludwigsburg und Würzburg zum geografischen Herkunftsgebiet zählt. Diese Markensatzung bezieht sich auf eine Vielzahl von Kennzeichen und bezeichnet alle Regionen, in denen wenigstens eine der dort genannten geografischen Herkunftsangaben nach den Verbandsregeln genutzt werden darf. Maßgeblich geregelt wird das geografische Herkunftsgebiet in den sog. Erzeugerrichtlinien, die jedes Mitglied einzuhalten hat (§ 4 Absatz 3 der Markensatzung).
bb)
73 
Die – ursprünglich gültigen – Erzeugerrichtlinien, welche mit der Anlage K 9 vorgelegt worden sind, waren bei gebotener objektiver Auslegung nach dem Empfängerhorizont (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2002 – I ZR 207/00, juris Rn. 36 – Dresdner Christstollen) auch so zu verstehen, dass Rinder aus Ludwigsburg in das Erzeugergebiet für „Hohenloher Weiderind“ einbezogen waren. Das Erzeugergebiet war in der Richtlinie durch die politischen Grenzen bestimmter Landkreise und der direkt angrenzenden Landkreise definiert, zu denen auch der Landkreis Ludwigsburg (angrenzend an den Rems-Murr-Kreis) gehört. In Bezug auf Würzburg bestand allerdings keine entsprechende Regelung, da zwar der Landkreis Würzburg (angrenzend an den Main-Tauber-Kreis/TBB) zum relevanten Gebiet gehörte, die Stadt Würzburg jedoch kreisfrei ist.
74 
Hinsichtlich der Schweine waren ebenfalls (nur) solche aus Ludwigsburg in das Erzeugergebiet einbezogen. Wenn dieses als „Region Hohenlohe einschließlich der umliegenden Landkreise“ umschrieben wurde, ergab sich unter Rückgriff auf Ziff. 2.3 der Markensatzung, dass der Beklagte als Satzungsgeber jedenfalls den Kreis Ludwigsburg als einen um die Region Hohenlohe liegenden Landkreis ansah. Würzburg ist hingegen in Ziff. 2.3 der Markensatzung nicht aufgeführt.
c)
75 
Jedoch kommt es auf die frühere Fassung der Erzeugerrichtlinien gemäß Anlage K 9 nicht an. Maßgebend für die Beurteilung der Erstbegehungsgefahr ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz (BGH, Urteil vom 31. Mai 2001 – I ZR 106/99, juris Rn. 38 – Berühmungsaufgabe). Dabei sind an die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in der Zukunft. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch besteht nur so lange, wie die Gefahr der Begehung droht; er entfällt mit dem Fortfall der Begehungsgefahr (BGH, Urteil vom 23. Februar 1989 – I ZR 18/87, juris Rn. 39 – Kachelofenbauer; BGH, Urteil vom 10. März 2016 – I ZR 183/14, juris Rn. 22 – Stirnlampen).
76 
Zum jetzigen Zeitpunkt liegt keine Erstbegehungsgefahr (mehr) vor. Für die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr genügt grundsätzlich ein „actus contrarius“, also ein der Begründungshandlung entgegengesetztes Verhalten. Bei der durch eine Markenanmeldung oder -eintragung begründeten Erstbegehungsgefahr führt demnach im Regelfall die Rücknahme der Markenanmeldung oder der Verzicht auf die Eintragung der Marke zum Fortfall der Erstbegehungsgefahr (BGH, Urteil vom 13. März 2008 – I ZR 151/05, juris Rn. 30 – Metrosex). Ergibt sich die Erstbegehungsgefahr – wie hier – aus einer Fassung der Markensatzung und der darin in Bezug genommenen Erzeugerrichtlinien, die eine irreführende Benutzung der Kollektivmarken begünstigen, entfällt sie mit einer Änderung der Satzung bzw. der Erzeugerrichtlinien, durch die die Gefahr einer irreführenden Benutzung beseitigt wird.
d)
77 
Der Beklagte hat die Markensatzung nun so ausgestaltet, dass Mitgliederbetriebe aus Ludwigsburg und Würzburg nicht beanspruchen können, Fleisch unter einer auf Hohenlohe bezugnehmenden Kennzeichnung vermarkten zu dürfen.
aa)
78 
Zwar hat die Klägerin bestritten, dass die mit der Anlage B 1 vorgelegten Erzeugerrichtlinien aktuelle Gültigkeit beanspruchen. Hiervon ist der Senat jedoch überzeugt auf Grund der Vorlage des Übersendungsschreibens der Bevollmächtigten des Beklagten an das DPMA vom 15.06.2018 sowie der Eingangsbestätigung des DPMA vom 20.06.2018. Da diese Tatsachen nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz eingetreten sind, sind sie gemäß § 529 Absatz 1 Nr. 1 i.V.m. § 531 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Aus der Eingangsbestätigung ergibt sich, dass die Erzeugerrichtlinien in der Fassung der Anlage B 1 zu den Markenakten gereicht wurden. Die Bestätigung des DPMA lautet (Anlage B 3): „Die ‚Verbindliche Richtlinien für die Erzeugung von Qualitätsfleisch‘ zu o.g. Marken liegen vor.“ Damit übernimmt das DPMA die Bezeichnung aus der Anlage B 1. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Beklagte die ältere Fassung der Erzeugerrichtlinien an das DPMA hätte übersenden sollen. Jedenfalls hat die Klägerin keinen Beweis angetreten, obwohl ihr dies aufgrund ihres Akteneinsichtsrechts (§ 102 Absatz 5 MarkenG) möglich gewesen wäre.
bb)
79 
Die Erzeugerrichtlinien gemäß Anlage B 1 lassen es nicht zu, dass Schweine- oder Rindfleisch aus Würzburg oder Ludwigsburg unter der Bezeichnung „Hohenloher Landschwein“ bzw. „Hohenloher Weiderind“ vermarktet wird.
80 
Die maßgebliche Definition des Erzeugergebietes lautet nun:
81 
„Als geographisch abgegrenztes Erzeugergebiet für die bäuerlichen Mitgliedsbetriebe [des Beklagten] die an diesem Programm teilnehmen gelten die Landkreise Hohenlohe, Schwäbisch Hall, Main-Tauber und die angrenzenden Gebiete soweit diese der Region Hohenlohe zuzurechnen sind.“
(1)
82 
Ludwigsburg fällt schon deshalb nicht unter diese Bestimmung, da dieser Landkreis u.a. an die Landkreise Heilbronn und Rems-Murr grenzt, nicht aber an die maßgeblichen Landkreise Hohenlohe, Schwäbisch Hall und Main-Tauber.
(2)
83 
Auch Würzburg fällt nicht unter die Bestimmung des Erzeugergebietes, da es sich um eine kreisfreie Stadt handelt, die (im Gegensatz zum Landkreis Würzburg) nicht an den Main-Tauber-Kreis angrenzt. Zudem bezieht das Erzeugergebiet nur solche Gebiete ein, die der Region Hohenlohe zuzurechnen ist. Dies ist sowohl nach dem Verkehrsverständnis als auch nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien hinsichtlich Würzburg nicht der Fall. Es gibt insoweit auch keinen Spielraum für eine fehlerhafte Interpretation, da die Markensatzung selbst die Stadt Würzburg nicht der Region Hohenlohe zurechnet, sondern dem umliegenden Gebiet.
III.
84 
In Ermangelung des Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung vom 17.01.2018.
85 
Schon im Jahr 2017 – vor der Abmahnung – hatte der Beklagte den Umfang des Gebiets in den Erzeugerrichtlinien auf die Region Hohenlohe beschränkt. Unerheblich ist, ob die Änderungen erst mit der Eintragung im Register wirksam wurde (§ 104 Absatz 3 MarkenG) oder ob es sich um einen Teil einer Verbandssatzung handelt, bei dem eine Änderungsanzeige nicht erforderlich sein soll (Fezer, Markenrecht, 4. Auflage 2009, § 102 MarkenG Rn. 4; § 104 MarkenG Rn. 1). Entscheidend ist allein, dass verbandsintern die Änderung umgesetzt wurde. Ob dies entsprechend der Vereinssatzungen erfolgte, kann ebenfalls dahingestellt bleiben, da jedenfalls kein Kollektivmitglied die Änderungen angegriffen hat, die neuen Erzeugerrichtlinien mithin von allen Kollektivmitgliedern als wirksam anerkannt werden. Damit hat der Beklagte bereits vor dem Zeitpunkt der Abmahnung hinreichend deutlich gemacht, dass er eine Verwendung der Bezeichnungen für Betriebe aus Ludwigsburg und Würzburg nicht toleriert.
C
86 
Der hilfsweise gestellte Antrag auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht ist unbegründet. Gründe zur Zurückverweisung im Sinne von § 538 Absatz 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
D
87 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Absatz 2 ZPO nicht vorliegen.

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