Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 A 10316/15

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. September 2014 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Bescheid des Beklagten vom 17. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2013 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur Gewinnung von Kies sowie zur anschließenden Verfüllung und Rekultivierung der betroffenen Abbauflächen in der Gemarkung H., Flur …, Flurstücke …, …, …, … und …, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Klägerin zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zum Abbau von Kies, welche von dem Beklagten mangels ausreichender Erschließung abgelehnt wurde.

2

Die Klägerin erwarb im Jahre 2008 von Freiherrn A. G. von S. (im Weiteren: der Verkäufer) die Grundstücke in der Gemarkung H., Flur …, Nrn. …, …, …, … und … („J.“). Die umliegenden Grundstücke sind Eigentum des Verkäufers. In unmittelbarer Nähe liegt südwestlich auf den ebenfalls vom Verkäufer erworbenen Grundstücken der Firma K. die Kiesgrube „A. d. H.“. Die hierfür der vorgenannten Firma erteilte wasserrechtliche Erlaubnis vom 2. März 1999 wurde mit Bescheid vom 4. November 2003 auf die Firma Dr. F. übertragen.

3

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 31. August 2009 die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur Gewinnung von Kies sowie zur abschließenden Verfüllung und Rekultivierung der Abbauflächen. Der Abbau soll mittels Frontlader erfolgen, eine Kieswäsche vor Ort ist nicht vorgesehen. Im Antrag ist als Zu- und Abfahrt (im Folgenden: westliche Erschließungsvariante) ausgehend von der Landesstraße 257 eine vorhandene Wegetrasse beschrieben, die zum Teil über die Grundstücke der Firma K. (Flur …, Nrn. …, … und …; Kiesgrube „A. d. H.“) verläuft. Zur Sicherung der Zufahrt unter anderem zu den Grundstücken der Flur … räumte die Firma K. dem Verkäufer sowie den jeweiligen Eigentümern der dortigen Grundstücke bereits 1993 ein durch eine Grunddienstbarkeit gesichertes Geh- und Fahrrecht ein. Die Nutzung dieses Weges als Zu- bzw. Abfahrt zu der geplanten Kiesgrube wurde der Klägerin durch die Firma K. untersagt. Die Nutzungsrechte an dem Weg sind Gegenstand eines noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Zivilrechtsstreits. Die Klägerin ergänzte ihren Antrag mit Schreiben vom 1. September 2010 um eine alternative Zuwegung (im Folgenden: östliche Erschließungsvariante) über die Grundstücke des Verkäufers Flur …, Nr. …, Flur …, Nr. … sowie Flur .., Nr. …. Der Verkäufer erklärte sein Einverständnis mit der entsprechenden Nutzung. Zwei der genannten Grundstücke (Flur …, Nr. … sowie Flur …, Nr. …) liegen innerhalb der Grenzen des landespflegerischen Begleitplans der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 2. März 1999 (Kiesgrube „A. d. H.“). Dieser Plan sieht als Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahme unter anderem die Anlage des „gelben Wanderwegs“ entlang der „J.“ vor.

4

Mit Bescheid vom 17. September 2012 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus, die Erlaubnis sei gemäß § 12 Wasserhaushaltsgesetz – WHG – zu versagen, da die Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt seien. Die Erschließung des Vorhabens, das auch den bauplanungsrechtlichen Vorschriften entsprechen müsse, sei nicht gesichert. Die Nutzung der erstgenannten Zuwegung sei der Klägerin durch die Firma K. untersagt worden. Die in dem Nachtragsantrag vom 1. September 2010 vorgesehene alternative Zuwegung könne nicht genutzt werden, da die auf den dortigen Flurstücken umgesetzten Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen einer Nutzung der Fläche als Zu- bzw. Abfahrt für LKW rechtlich entgegenstünden.

5

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein und führte aus, der wasserrechtliche Erlaubnisbescheid vom 2. März 1999 und der landespflegerische Begleitplan hierzu seien aufzuheben und stünden einer Erteilung der begehrten Erlaubnis nicht mehr entgegen. Nach der Übertragung der Erlaubnis auf die Firma Dr. F. erfolge die Durchführung der Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen zu Unrecht, da es dieser an einer zivilrechtlichen Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer fehle. Ein Besitzrecht sei durch notarielle Urkunde nur der Firma K. eingeräumt worden, die Firma Dr. F. sei nicht deren Rechtsnachfolgerin. Der Verkäufer habe sich bereit erklärt, ihr, der Klägerin, entsprechende Besitzrechte zur Nutzung der Wegegrundstücke einzuräumen sowie auf anderen Flächen entsprechende Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen durchzuführen.

6

Der Kreisrechtsausschuss des Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2013 zurück und führte zur Begründung aus, der Antrag lasse nicht erkennen, dass die geplante Kiesgrube über eine rechtlich und tatsächlich dauerhaft gesicherte wegemäßige Verbindung zum öffentlichen Straßennetz verfüge. Die Erschließung scheitere mit Blick auf die ursprünglich vorgesehene Zuwegung an dem fehlenden Einverständnis der Firma K.. Der alternativen Zuwegung stehe der landespflegerische Begleitplan zu der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 2. März 1999 entgegen. Diese Erlaubnis sei mit der Übertragung auf die Firma Dr. F. nicht rechtswidrig geworden. Eine Nutzung des „gelben Wanderweges“ durch Fahrzeuge zum Kiestransport sei nicht möglich, da der Weg nicht zu anderen als zu Wanderzwecken ausgebaut und genutzt werden dürfe. Eine Verlegung der Ausgleichsflächen komme zwar in Betracht, die Klägerin habe aber bisher keinen Antrag unter Benennung konkreter Ersatzflächen einschließlich eines Arteninventars sowie der Stellungnahme der Forstbehörde eingereicht. Darüber hinaus sei die Nutzung der südlichen Teilstrecke der alternativen Zuwegung nicht gesichert. In tatsächlicher Hinsicht sei dieser Weg gegenwärtig nicht mit Lastkraftwagen befahrbar. In rechtlicher Hinsicht fehle es an einer dinglichen Sicherung in Form der Eintragung einer Baulast. Derzeit sei eine Nutzung nur zu forstwirtschaftlichen Zwecken gestattet. Es sei nicht Aufgabe des Kreisrechtsausschusses, für die Klägerin alternative Wegetrassen zu ermitteln.

7

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es führt zur Begründung im Wesentlichen aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis zur Kiesgewinnung, ihr stünden Versagungsgründe nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG entgegen. Die §§ 30ff. BauGB seien auf das Vorhaben anwendbar. Die zuständige Wasserbehörde entscheide im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Baugenehmigung materiell mit. Weder die westliche noch die östliche Erschließungsvariante genügten den Anforderungen des § 35 Abs. 1 BauGB, eine dauerhafte rechtliche Sicherung fehle. Für die westliche Erschließungsvariante genüge die eingetragene Grunddienstbarkeit nicht. In dem noch nicht abgeschlossenen Zivilrechtsverfahren stehe in Streit, ob die Grunddienstbarkeit durch Verfüllung und Verlegung des Fahrwegs zwischenzeitlich erloschen sei. In erster Instanz habe das Landgericht die Anträge auf Duldung der Wegenutzung zurückgewiesen, da der bisher genutzte Weg nicht identisch mit dem der Grunddienstbarkeit zugrunde gelegten Weg und letzterer damit derzeit nicht vorhanden und mithin tatsächlich nicht benutzbar sei. Die östliche Erschließungsvariante erfülle ebenfalls nicht die Anforderungen an eine gesicherte Erschließung. Der nördliche Teil verlaufe auf dem „gelben Wanderweg“. Dieser sei Teil einer mit Bescheid vom 2. März 1999 bestandskräftig festgesetzten Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahme. Daran sei neben der Adressatin des Erlaubnisbescheids auch der Eigentümer, gegenüber dem Nachfolger in der wasserrechtlichen Erlaubnis gebunden. Dies werde bestätigt durch die dauerhafte Duldungspflicht des Eigentümers nach dem im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung maßgeblichen § 5 Abs. 1 Satz 3 Landespflegegesetz – LPflG –. Die Herstellung einer Trasse zum Abtransport von Kies mit Schwerlastverkehr lasse sich mit der Bestimmung der Ausgleichsfläche als Wanderweg nicht vereinbaren. Die zu erwartenden Emissionen sowie die optischen Veränderungen an der Wegetrasse verhinderten die landespflegerisch geforderte weitest mögliche Annäherung an den ursprünglichen Zustand.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und führt aus, eine ausreichende Erschließung liege vor. Das Oberlandesgericht Koblenz habe ihrem Antrag auf Duldung des Wegerechts gegenüber der Firma K. stattgegeben (Urteil vom 11. November 2014 – 3 U 1179/13 –). Eine im Grundbuch eingetragene rechtliche Sicherung des Wegerechts könne bis zur Löschung der Grunddienstbarkeit nicht in Zweifel gezogen werden. Folge man der Auffassung des Verwaltungsgerichts, habe das „Grunddienstbarkeitsmodell“ des Bundesverwaltungsgerichts ausgedient. Die Genehmigungsbehörde könne sich durch Widerrufsvorbehalt oder eine auflösende Bedingung absichern. Die beiderseitig angebauten Obstbäume könnten die Erschließung nicht hindern, ihr stehe ein Unterlassungsanspruch zur Sicherung der Grunddienstbarkeit zu. Würde auf die faktische Verfügbarkeit abgestellt, habe es der Eigentümer in der Hand, etwa durch Anpflanzung von Bäumen, die Erschließung des herrschenden Grundstücks einseitig verhindern. Zudem seien die Bäume erst vier Monate nach dem Urteil des OLG Koblenz angepflanzt worden. Selbst unterstellt, die Gelbbauchunke komme im Projektgebiet „J.“ vor, lasse dies die Sicherungswirkung der Grunddienstbarkeit nicht entfallen. Ein eventueller Eingriff könne nach §§ 14 ff. Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – ausgeglichen werden. Zudem habe der Beklagte die im Verwaltungsverfahren notwendigen Hinweise nicht erteilt. Die Erschließung über die Ausweichflächen sei ebenfalls gesichert. Der Verkäufer habe einen Antrag auf Eintragung einer Zuwegungsbaulast gestellt, als Grundstückseigentümer habe er einen Anspruch auf Eintragung. Die Festsetzung von Ausgleichsmaßnahmen stehe dem nicht entgegen. Im Übrigen habe der Verkäufer mehrfach schriftlich angeboten, die Ausgleichsmaßnahme auf seine Kosten so zu verschieben, dass der „gelbe Wanderweg“ in sicherer Entfernung zum Lkw-Fahrweg angelegt werden könne. Eine optische Abtrennung sei ebenfalls angeboten worden. Weiterhin spiele der Verweis auf § 5 Abs. 1 Satz 3 LPflG keine Rolle. Der Beklagte habe gegenüber der Genehmigungsinhaberin bestätigt, dass die Ausgleichsmaßnahmen abgeschlossen und alle Auflagen erfüllt seien. Wie § 5 Abs. 1 Satz 2 LPflG zeige, endeten die Verpflichtungen mit vollständigem Abschluss der Maßnahme. Wenn der Eigentümer nach Abschluss der Maßnahme wieder in eine Ausgleichsmaßnahme eingreifen wolle, so sei dies nicht unzulässig, sondern führe allenfalls zu erhöhten Ausgleichsverpflichtungen. Das Kiesabbaugelände sei – trotz der eingetragenen Grunddienstbarkeit für die Firma K. – verfügbar, der Abbau sei nicht unmöglich. Es handele sich um einen 4 m breiten Weg, der ein 110 m breites Grundstück durchteile. Auf jeder Seite könne in einer Breite von mindestens 50 m Kies abgebaut werden, der Abbau werde allenfalls erschwert. Von der Entscheidung des LG Koblenz sei nicht die Feststellung umfasst, dass die Grunddienstbarkeit in Zukunft noch bestehe. Sie sei erloschen, weil sie wegen des Wegfalls des Wegerechts zu dem Grundstück auf dem H. für die Firma K. keinen Vorteil mehr habe. Selbst wenn sie noch bestehe, habe sie als Eigentümerin die Möglichkeit, nach § 1023 BGB die Verlegung der Dienstbarkeit zu verlangen.

9

Die Klägerin beantragt,

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unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. September 2014 den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 17. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2013 ihr die wasserrechtliche Erlaubnis zur Gewinnung von Kies sowie zur anschließenden Verfüllung und Rekultivierung der betroffenen Abbauflächen in der Gemarkung H., Flur …, Flurstücke …, …, …, … und … gemäß ihrem Antrag zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

13

Er führt aus, bei der Kiesgewinnung könne der Begünstigte schon am Tag des Zugangs der Erlaubnis mit der Kiesgewinnung beginnen, die Erschließung müsse daher vorhanden sein. Wegen der strengen Vorgaben für die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis könne nicht auf eine Widerrufsmöglichkeit verwiesen werden. In aller Regel werde der Grundbuchinhalt maßgebend sein, auch wenn die Parteien in Streitigkeiten darüber verfallen sein sollten. Sei eine schwierige Rechtsfrage erst über ein Revisionsverfahren zu klären, werde das „Grunddienstbarkeitsmodell“ nicht außer Kraft gesetzt, wenn im Einzelfall von einer nicht gesicherten rechtlichen Erschließung bis zur Abklärung durch den Bundesgerichtshof ausgegangen werde. Die Klägerin habe einen Nachweis darüber, dass die Reaktivierung der ehemaligen Wegefläche mit dem Artenschutz (hier: Gelbbauchunke) in Einklang zu bringen sei, nicht geführt. Schließlich stehe die Wegefläche in tatsächlicher Hinsicht gegenwärtig nicht zur Verfügung, sie sei mit Schwerlastfahrzeugen nicht befahrbar. In einem Abschnitt von ca. 100 m in Höhe des Flurstücks Nr. … seien beidseitig des Weges Obstbäume gepflanzt, sodass die notwendige Durchfahrtsbreite mit der Weiterentwicklung der Jungpflanzen (Apfelbäume) nicht mehr gegeben sei. Für die östliche Wegevariante fehle es an einer Verfügbarkeit, weil die von Westen nach Osten verlaufende Wegefläche sich zugleich als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche darstelle. Der Wanderweg könne nicht als Kiesabfuhrweg dienen. Er verfüge aufgrund der Bepflanzung nicht über die erforderliche Wegebreite. Es liege an der Klägerin, eine akzeptable Ausgleichsfläche anzubieten. Überdies stünden die Kiesabbauflächen rechtlich nicht zur Verfügung und seien ohne Zutun der Firma K., für die eine gerichtlich bestätigte Wegegrunddienstbarkeit eingetragen sei, auch künftig nicht verfügbar. Der Klägerin fehle es an einem Sachbescheidungsinteresse. Sollte der Kiesabbau in geringerem Umfang unter Außerachtlassung des mit einer Grunddienstbarkeit belastenden Bestandsweges vollzogen werden können, wäre der wasserrechtliche Erlass des Antrages entsprechend abzuändern, was bisher nicht erfolgt sei.

14

Die Beigeladene stellt keinen Antrag und äußert sich nicht zur Sache.

15

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie auf die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten (1 Ordner und 3 Hefte verwiesen); sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat in der Sache in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg; insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.

17

Die Ablehnung des Antrags vom 31. August 2009 durch den Bescheid des Beklagten vom 17. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der von ihr verfolgte Anspruch auf die wasserrechtliche Erlaubnis ist im Hinblick auf das von dem Beklagten abgebrochene Verwaltungsverfahren nicht entscheidungsreif. Die Erteilung der Erlaubnis steht im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten
und die weiterhin erforderlichen Ermittlungen und Bewertungen (insbesondere naturschutzrechtlicher Art) wurden bisher nicht vorgenommen. Damit steht der Klägerin ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung ihres Antrags durch den Beklagten zu, im Übrigen ist die Klage abzuweisen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

18

Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Erlaubnis sind die §§ 8 ff. WHG. Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG gelten als Gewässerbenutzung solche Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. Das gewerbsmäßige Gewinnen von Bodenbestandteilen und Mineralien ist nach § 15 Nr. 1 Landeswassergesetz – LWG – (in der Fassung vom 14. Juli 2015, GVBl. S. 127) als eine Benutzung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG anzusehen (vgl. Urteil des Senats vom 22. November 2007 – 1 A 10650/07 – ESOVGRP, zu § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LWG a.F.) und damit zulassungspflichtig. Eine Planfeststellung ist nicht erforderlich, da bei der Auskiesung kein Gewässer geschaffen werden soll (vgl. §§ 18, 67 f. WHG). Der Erteilung der Erlaubnis stehen keine zwingenden Versagungsgründe entgegen, denn eine für ein privilegiertes Außenbereichsvorhaben in Form des Kiesabbaus ausreichende Erschließung ist gesichert (1.). Der Beklagte ist nicht wegen unüberwindlicher naturschutzrechtlicher Einwände an der Erteilung der Erlaubnis gehindert (2.). Die Klägerin hat weiterhin ein Sachbescheidungsinteresse für ihren unveränderten Antrag, da die der Firma K. eingeräumte Grunddienstbarkeit eine Auskiesung nicht ausschließt (3.). Das dem Beklagten bei der Erteilung zustehende Ermessen ist nicht „auf Null“ reduziert (4.).

19

1.

Die für die Erteilung der Erlaubnis erforderliche ausreichende Erschließung (§ 35 Abs. 1 Baugesetzbuch – BauGB –) ist gesichert. Zu den nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG bei der Entscheidung über die Erlaubnis zu berücksichtigenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen gehören auch die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 29 ff. BauGB. Der geplante Abbau mit der nachfolgenden Rekultivierung stellt eine größere Abgrabung und Aufschüttung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB und damit ein den Vorschriften der §§ 30 bis 37 BauGB unterfallendes Vorhaben dar. Mangels Erforderlichkeit einer Planfeststellung findet § 38 BauGB keine Anwendung. Die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis stellt eine Erlaubnis nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne von § 84 Satz 1 Nr. 6 Landesbauordnung (LBauO) dar. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung entscheidet die zuständige Wasserbehörde in dem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren nach § 102 Abs. 2 LWG (entspricht § 117 LWG a.F.) über die materiellen baurechtlichen Voraussetzungen mit, ohne dass eine förmliche Baugenehmigung oder Bebauungsgenehmigung zusätzlich ausgesprochen werden müsste (vgl. Urteile des Senats vom 22. November 2007 – 1 A 10650/07.OVG – und vom 30. November 2015 – 1 A 10317/15.OVG – m.w.N.).

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Das Vorhaben ist ein ortsgebundener Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 – IV C 76.71 –, NJW 1975, 550, und Urteil vom 13. April 1983 – 4 C 21.79 –, BVerwGE 67, 84), der die für seine Zulässigkeit ausreichende wegemäßige Erschließung besitzt. Im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine ausreichende Erschließung für ein Abbauvorhaben gesichert, wenn damit gerechnet werden kann, dass die erforderlichen Anlagen bei Beginn des Abbaus funktionsfähig angelegt sind und auf Dauer zur Verfügung stehen werden (vgl. BVerwG Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 48.81 –, NVwZ 1986, 38). Es genügt, wenn Mindestanforderungen erfüllt sind, da für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB lediglich eine ausreichende Erschließung gefordert wird (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Loseblatt-Kommentar zum BauGB, § 35 Rn 69 f.; Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, Kommentar zum BauGB, § 35 Rn. 7).

21

a) In dem maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ist die Erschließung rechtlich in dem notwendigen Umfang abgesichert. Dies kann öffentlich-rechtlich durch eine Baulast erfolgen, aber auch zivilrechtlich durch eine dingliche Sicherung, etwa in Form einer Grunddienstbarkeit. Eine rein schuldrechtliche Vereinbarung über ein Nutzungsrecht genügt nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 1995 – 4 B 224.95 –, BRS 57 Nr. 104; Urteil vom 3. Mai 1988, – 4 C 54.85 – NVwZ 1989, 353), ebenso wenig ein zivilrechtliches Notwegerecht (§ 917 BGB; vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. Oktober 2012, LKV 2012, 571). Die rechtliche Sicherung muss in dem Zeitpunkt der Erlaubniserteilung im Rahmen der dort anzustellenden Prognoseentscheidung vorliegen. Bei einer dinglichen Sicherung ist die Eintragung im Grundbuch erforderlich und darf nicht derart belastet sein, dass eine Löschung etwa auf der Grundlage eines rechtskräftigen Urteils unmittelbar bevorsteht. Zu einer weitergehenden Berücksichtigung zivilrechtlicher Streitigkeiten ist der Beklagte als untere Wasserbehörde nicht berufen (vgl. Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2014 – 1 A 10577/14.OVG – zu einer bergrechtlichen Entscheidung). Diese rechtlichen Voraussetzungen liegen für beide Erschließungsvarianten vor. Die Nutzung der Wege ist auch nicht (naturschutz-)rechtlich unzulässig.

22

(1) Für die westliche Erschließungsvariante (verlaufend über Flur 7, Nrn. 2/1, 2/6 und 3/3, vgl. Antrag vom 31. August 2009) ist zu Lasten der im Eigentum der Firma K. stehenden Grundstücksparzellen und zugunsten des Grundeigentums der Klägerin im Grundbuch von B. H. (Amtsgericht Linz am Rhein), Blatt …, Abteilung …, unter Nr. … eine Grunddienstbarkeit eingetragen. Sie räumt dem jeweiligen Eigentümer des begünstigten Grundstücks (hier auch der Klägerin) ein Geh- und Fahrrecht betreffend die Flurstücke Nrn. …, … und … der Flur … in der Gemarkung H. ein. Zu der Grunddienstbarkeit ist weder ein Widerspruch gegen die Eintragung im Grundbuch ersichtlich, noch gibt es eine rechtskräftige zivilrechtliche Entscheidung, die zu ihrer Löschung zwingt.

23

In dem noch anhängigen Zivilrechtsstreit, an dem unter anderem die Klägerin, ihre Konkurrentinnen sowie der Verkäufer beteiligt sind, hat das OLG Koblenz unter anderem auf Antrag der hiesigen Klägerin die Nutzbarkeit der Streckenführung auch für schwere LKW und Spezialfahrzeuge als Zufahrt zu einer Kiesgrube festgestellt (Urteil vom 11. November 2014 – 3 U 1179/13 –). Auf der Grundlage des dortigen Streitgegenstands ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Grunddienstbarkeit in nächster Zeit im Grundbuch gelöscht werden wird. Dies unterscheidet die vorliegende Fallkonstellation von dem Verfahren vor dem OVG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 26. Oktober 2012, LKV 2012, 571), in dem die (dingliche) Sicherung des Notweges erst noch erstritten werden sollte.

24

(2) Die in der Ergänzung des Antrags von der Klägerin eingeführte östliche Erschließungsvariante (verlaufend über Flur …, Nr. …, Flur …, Nr. … und Flur …, Nr. …, vgl. Schreiben vom 1. September 2010) erfüllt ebenfalls alle Anforderungen an eine rechtlich gesicherte Erschließung. Der Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin nicht auf die bisher fehlende Eintragung der beantragten Baulast in das Baulastenverzeichnis berufen. Es liegt eine verbindliche, formgerechte und die angegebene Zufahrt abdeckende Baulasterklärung des Verkäufers vor und der Beklagte ist zu deren Eintragung verpflichtet (§ 86 Abs. 1 LBauO). Ein Verzicht seitens des Beklagten nach § 86 Abs. 4 LBauO wäre nur zulässig, wenn das öffentliche Interesse an der Baulast nicht mehr besteht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Klägerin eine gesicherte Zufahrt zu dem genehmigten Abbau auf anderem Wege zustünde und sie auf eine Zweiterschließung nicht (mehr) angewiesen wäre oder wenn der hier streitige Antrag bestandskräftig abgelehnt ist.

25

(3) Der Nutzung der östlichen und der westlichen Erschließungsvariante steht die von dem Beklagten genannte Ausgleichsmaßnahme „gelber Wanderweg“ für die Kiesgrube „A. d. H.“ rechtlich nicht entgegen. Nach den Darlegungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verläuft die westliche Erschließungsvariante über den nördlichen Teil des „gelben Wanderwegs“. Die östliche Erschließungsvariante verläuft östlich der Kiesgrube „A. d. H.“, schwenkt nördlich davon auf den östlichen Teil des „gelben Wanderwegs“ und nutzt sodann auch den nördlichen Teil dieses Wegs, um zu der geplanten Auskiesungsfläche zu gelangen.

26

Etwaige Pflichten des Verkäufers (als Eigentümer), der Firma K. (als ursprüngliche Erlaubnisinhaberin) oder der Dr. F. (als Nachfolgerin in der Erlaubnis) gegenüber dem Beklagten aus dem Bescheid vom 2. März 1999 hindern nicht die Einbeziehung des „gelben Wanderwegs“ in die Entscheidung über die Erschließung des klägerischen Vorhabens.

27

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts enthalten der Bescheid vom 2. März 1999 und das seinerzeit geltende Landespflegegesetzes (LPflG) in der Fassung vom 5. Februar 1979 (GVBl. 1979, 36) keine Grundlage für eine auf Dauer angelegte Bindung der Fläche für die im Bescheid 2. März 1999 vorgesehene Ausgleichsmaßnahme mit der Folge, dass sämtliche entgegenstehenden privaten und öffentlichen Nutzungen zwingend und für alle Zukunft ausgeschlossen wären. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Satz 3 LPflG. Nach dieser Vorschrift hatte im Falle eines Eigentümerwechsels der nicht zwangsläufig in das Genehmigungsverfahren eingebundene nachfolgende Eigentümer die weitere Durchführung der landespflegerischen Maßnahmen zu gestatten. Diese Pflicht bestand nur bis zum Ausgleich des Eingriffs (§ 5 Abs. 1 Satz 2 LPflG), der im Übrigen durch Abnahme der Ausgleichsmaßnahmen im Januar 2014 durch den Beklagten festgestellt wurde. Eine grundstücksbezogene Pflicht zur dauerhaften Überlassung der Flächen zu Zwecken des landespflegerischen Ausgleichs wurde weder in dem Bescheid vom 2. März 1999 festgesetzt, noch bestand oder besteht sie kraft Gesetzes. Außerdem endete die öffentlich-rechtliche Duldungspflicht des Grundstückseigentümers spätestens mit Inkrafttreten des neuen Landesnaturschutzgesetzes – LNatSchG – am 13. Oktober 2005. § 5 Abs. 1 Satz 3 LPflG trat am 12. Oktober 2005 außer Kraft, ohne dass das neue Recht eine gleichartige Sicherung vorsieht oder in einer Übergangsregelung dessen Weitergeltung für alte Erlaubnisse anordnet. Vielmehr erfolgt nunmehr die Sicherung über eine Sicherheitsleistung des Verursachers nach § 12 LNatSchG. Auch das Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – kennt keine gleichartige grundstücksbezogene Duldungspflicht kraft Gesetzes, vielmehr sind dort der Verursacher und sein Rechtsnachfolger auch für die Sicherung der Maßnahmen verantwortlich. Eine auf unabsehbare Dauer erfolgte Bindung der Ausgleichsmaßnahme gegenüber dem Grundstückseigentümer ist hiernach nicht erfolgt.

28

Derartige Bindungen auch für die Zukunft sind lediglich über spezielle Unterschutzstellungen nach Europarecht, Bundes- oder Landesrecht möglich. So sieht etwa das Recht für die Bindung von (Wege-)Flächen zu einem bestimmten (auch naturschutzrechtlichen) Zweck und zum dauerhaften Ausschluss einer anderen Nutzung gesonderte Verfahren vor, wie etwa eine Planfeststellung (ggf. mit Widmung einer Straße), den Erlass eines Bebauungsplanes oder entsprechender (naturschutzrechtlicher) Rechtsverordnungen. Das Naturschutzrecht fordert nicht, dass einmal zur Verfügung gestellte Ausgleichsflächen über Generationen der baulichen oder sonstigen Nutzung entzogen sind und unbegrenzt der Natur zur Verfügung stehen (vgl. etwa § 15 Abs. 4 BNatSchG).

29

Im Rahmen der hier zu treffenden Entscheidung über die Erlaubniserteilung nach § 8 WHG wird nach § 17 Abs. 1 i.V.m. § 15 BNatSchG ggf. in Abwägung mit den naturschutzrechtlichen Belangen darüber zu befinden sein, in welchem Umfang die benannten Flächen als Zuwegung herangezogen werden können und welche Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder gar Ersatzgeldzahlungen hierfür erforderlich sind. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 BNatSchG kann im Rahmen der naturschutzrechtlichen Abwägung eine Versagung der Erlaubnis in Betracht kommen, eine entsprechende Prüfung durch den Beklagten hierzu steht noch aus. Die vom Verwaltungsgericht genannten Umstände können zwar das Maß des Eingriffs näher beschreiben, führen jedoch im Hinblick auf ein privilegiert im Außenbereich zulässiges Vorhaben in einer dafür vorgesehenen Konzentrationsfläche nicht von vornherein zu dessen Unzulässigkeit.

30

b) Auch die tatsächlichen Anforderungen an eine ausreichende Erschließung im Außenbereich sind erfüllt. Die in tatsächlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen beurteilen sich maßgeblich danach, welchen Zu- und Abgangsverkehr das konkrete und nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben auslöst (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 48.81 –, NVwZ 1986, 38, und Beschluss vom 20. Mai 2010 – 4 B 20.10 –, BRS 76 Nr. 95; Urteil des Senats vom 5. November 2007 – 1 A 10351/07.OVG – esovgrp).

31

Eine Gleichsetzung mit Vorhaben, die in der Regel nur im Innenbereich (§§ 30 bis 34 BauGB) zulässig sind, ist im Hinblick auf den unterschiedlichen Wortlaut (§ 35 Abs. 1 BauGB: „die ausreichende Erschließung“, § 30 Abs. 1, § 33 Abs. 1 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Satz 1 und § 35 Abs. 2 BauGB: „die Erschließung“) nicht zulässig (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 35 BauGB Rn. 69 ff.; Mitschang/ Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 35 Rn. 7). Zu einer Nutzung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB führt das BVerwG (a.a.O., NVwZ 1986, 38f.) aus:

32

„Die Erschließung derartiger Betriebe erfolgt herkömmlicherweise über landwirtschaftliche Wirtschaftswege, auch über Feld- oder Waldwege. Sie sind auch nicht generell auf betonierte oder asphaltierte Straßen angewiesen; je nach den örtlichen Gegebenheiten kann ein nur geschotterter Weg oder ein Feldweg als Erschließung ausreichen.

33

Wollte man generell für die Erschließung einzelner land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe eine asphaltierte oder ähnlich befestigte Straße in einer Breite fordern, die – wie in innerörtlichen Bereichen – stets einen reibungslosen Gegenverkehr ermöglicht, so liefen derart hohe Mindestanforderungen an die Sicherung einer ausreichenden Erschließung im Ergebnis der vom Gesetzgeber bestimmten Privilegierung von Vorhaben zuwider, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen. Übrigens sind auch aus Gründen des Umweltschutzes, zur Schonung des Bodens nicht für jeden der Erschließung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs dienenden Weg derart hohe Anforderungen an Breite und Befestigung zu stellen. Allerdings erhöhen sich die Anforderungen an die Sicherung einer ausreichenden Erschließung umso mehr, je stärker der von dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zu erwartende Ziel- und Quellverkehr sein wird. Auch insoweit können sich also bei der Prüfung der Mindestvoraussetzungen die Größe des Betriebes, seine spezielle Ausprägung, die Zugehörigkeit von Wohnnutzung und das hiernach zu erwartende Verkehrsaufkommen auswirken.“

34

Diese Grundsätze gelten auch für nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierte Abbauvorhaben im Außenbereich (vgl. die Urteile des Senats vom 21. Oktober 2009 – 1 A 10482/09.OVG – und – 1 A 10482/09.OVG – zur Nutzung gemeindlicher Wirtschaftswege). Dies gilt zunächst für die Breite des Erschließungsweges, der nicht zwingend an jeder Stelle einen Begegnungsverkehr von LKW ermöglichen muss, wenn wie hier lediglich mit einem Verkehr von 5 LKW/Stunde in jede Richtung zu rechnen ist. Zudem ist auch ein (teilweiser) Einbahnverkehr über die beiden Erschließungsvarianten bis zum südlichen Beginn des nördlichen Teils des „gelben Wanderwegs“ denkbar. Damit stehen auch die kürzlich gesetzten Obstbäume der Wegenutzung nicht entgegen, unabhängig davon, ob sie zivil- oder öffentlich-rechtlich noch zu beseitigen sein werden oder ohne weiteres beseitigt werden können.

35

Eine Gleichsetzung mit den Anforderungen im Innenbereich darf auch für die Belastbarkeit und den Untergrund der Wege nicht erfolgen. In einem Gewerbegebiet müssen die Erschließungsanlagen für den dort zu erwartenden Verkehr (vgl. § 123 Abs. 2 BauGB) und damit auch für geländeuntaugliche reine Straßenfahrzeuge einschließlich Schwerlast-LKW geeignet sein. Hingegen ist bei der Kiesgrube nicht zu erwarten, dass diese mit allein straßentauglichen LKW angefahren werden soll. Nach dem Antrag ist eine Kieswäsche vor Ort nicht vorgesehen, so dass nur baustellengeeignete LKW zur Kiesgrube fahren werden. Die Umladestationen liegen außerhalb des zur Entscheidung gestellten Antrags, „betriebsfremder“ An- und Abfahrtsverkehr ist ebenfalls nicht zu erwarten. Es ist nicht ersichtlich, dass im Hinblick auf die besondere Lastverteilung der Achsen und den besonderen Antrieb der zu nutzenden LKW sowie etwa notwendige Geschwindigkeitsbegrenzungen die vorgesehenen Wege von vornherein und auf Dauer ungeeignet wären. Näheres ist dem fortzusetzenden Erlaubnisverfahren vorzubehalten. Im Übrigen muss die tatsächliche Erschließung erst im Zeitpunkt der Ausnutzung der zur Erlaubnis gestellten Kiesgrube nutzbar sein. Dies bedeutet, dass der entsprechende Weg nicht schon bei Genehmigungserteilung die zu fordernde Ausstattung, Breite und Belastbarkeit haben muss (vgl. das Urteil des Senats vom 21. Oktober 2009 – 1 A 10482/09.OVG – zu der Frage der Erschließung in einem bergrechtlichen Verfahren). Im Rahmen des weiteren Verfahrens ist zu prüfen, ob und inwieweit Anpassungen des Weges erforderlich und naturschutzrechtlich auszugleichen sind.

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2.

Die in der ersten Instanz vorgebrachten naturschutzrechtlichen Bedenken, insbesondere das Vorkommen der Gelbbauchunke in der Kiesgrube „A. H.“, führen nicht zum Abbruch des Erlaubnisverfahrens. Die erhobenen Bedenken sind im Rahmen des fortzusetzenden weiteren Erlaubnisverfahrens mit den vorgesehenen Verfahrensrechten der Klägerin zu klären. Sie berechtigen nicht dazu, das Erlaubnisverfahren zu beenden, insbesondere kann – wie dargelegt – die nach § 15 Abs. 5 BNatSchG erforderliche naturschutzfachliche Bewertung und Abwägung nicht außerhalb des Verwaltungsverfahrens und ohne Rücksicht auf den Rechtstatus des Vorhabens erfolgen. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Hinblick auf die Sonderregelungen des § 44 Abs. 5 BNatSchG unausweichlich bei der Erteilung der Erlaubnis zu einem Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG (naturschutzrechtliches Tötungsverbot) kommen wird. Danach liegt ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Bei der Abwägung nach § 15 Abs. 5 BNatSchG hat der Beklagte zu beachten, dass es sich um ein bauplanungsrechtlich privilegiertes Vorhaben handelt, das in einer in dem Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Linz festgesetzten Konzentrationsfläche für den Kiesabbau liegt. Die Beigeladene hat hierzu auch das nach § 36 BauGB erforderliche Einvernehmen erklärt. Zudem ist bei dieser Fläche in dem „Konzept für einen umweltverträglichen Kiesabbau Landkreis Neuwied“ (1996) kein Konfliktpotential erkannt worden. Der Klägerin ist auf der Grundlage von entsprechenden Hinweisen der unteren Naturschutzbehörde – soweit erforderlich – die Gelegenheit zur Ergänzung der Antragsunterlagen um Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen einzuräumen.

37

3.

Dem Sachbescheidungsinteresse der Klägerin steht nicht entgegen, dass nach dem rechtskräftigen Urteil des LG Koblenz vom 15. April 2014 – 1.O.626/13 – derzeit noch eine Grunddienstbarkeit zugunsten der Firma K. besteht, die für diese ein Wegerecht über die zur Auskiesung vorgesehenen Grundstücke vorsieht. Das Wegerecht ist räumlich beschränkt und hindert allenfalls auf einer geringen Teilfläche die Ausnutzung der beantragten Erlaubnis. Der Klägerin stehen zudem zivilrechtlich Möglichkeiten zur Verfügung, die Auswirkungen des derzeit noch mittig im geplanten Abbaugelände gelegenen und über zumindest drei verschiedene Parzellen führenden Weges durch die Geltendmachung eines Anspruchs auf Verlegung der Grunddienstbarkeit nach § 1023 BGB erheblich zu reduzieren (vgl. Mayer in: Staudinger, Großkommentar zum BGB, § 1023 Rn. 20 f.). Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin den Weg auf Dauer auf dieser Trasse erhalten müsste. Für diesen Fall dürfte zumindest die vorübergehende Verlegung der Ausübung des Wegerechts auf eine andere Trasse und die Rückverlegung nach entsprechender Verfüllung des Tagebaus möglich sein. Dem Beklagten obliegt nicht die Aufgabe, die zivilrechtlichen Streitigkeiten der Klägerin als Antragstellerin mit Dritten zu klären (vgl. Beschluss des Senats vom 21. Januar 2014 – 1 B 11194/13.OVG – zum Bergrecht).

38

4.

Das Erlaubnisverfahren ist nicht entscheidungsreif und kann vom Senat auch nicht spruchreif gemacht werden. Zwar stehen nach alledem der Erteilung der Erlaubnis nach § 12 WHG keine zwingenden Versagungsgründe entgegen, dem Beklagten ist jedoch nach § 8 WHG bei der Erteilung ein Ermessen eingeräumt. Eine Ermessensreduzierung „auf Null“ ist im Hinblick auf die noch fehlenden ergänzenden Antragsunterlagen, die erforderlichen Ermittlungen und Bewertungen des Beklagten und die Natur des hier gewährten Ermessens (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 –, BVerfGE 58, 346 f.; Czychowski/Reinhardt, Kommentar zum WHG, 10. Aufl., § 8 Rn. 3 ff.) nicht ersichtlich. Wie oben dargelegt, ist das Erlaubnisverfahren „stecken geblieben“ (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2010 – 1 A 10779/09.OVG –, NVwZ-RR 2010, 418; BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 – 4 C 52/87 – NVwZ 1990, 115; OVG RP Urteil vom 27.01.2010 – 1 A 10779/09.OVG – NVwZ-RR 2010, 418).

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht vorliegend nicht der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, der Beigeladenen einen Kostenerstattungsanspruch zuzuerkennen, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

40

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

41

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

42

Beschluss

43

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,- Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).

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