Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (4. Kammer) - 4 A 161/13

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit im Bescheid des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern vom 13.10.2008 Zinsen von mehr als 1.761,84 € gefordert worden sind und die Beteiligten die Erledigung der Hauptsache erklärt haben.

Der Bescheid des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern vom 13.10.2008 in der Fassung durch den Teilaufhebungsbescheid vom 16.04.2013 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

1

Das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern bewilligte dem Kläger mit Zuwendungsbescheid vom 23.09.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22.02. 2001, 01.10.2001 und 19.09.2002 für das Vorhaben Ortsentwässerung Hinrichshagen im Rahmen einer anteiligen Projektförderung einen Zuschuss bis zu einer Höhe von maximal 1.400.000 DM. Der Bewilligungszeitraum erstreckte sich nach vorgenannten Bescheiden vom Tag der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheides am 28.09.1999 bis zum 30.09. 2002. Das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern machte die dem Bescheid beigefügten allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) zum Bestandteil des Bescheides. Unter 7. des Bescheides wies die Bewilligungsbehörde auf die Mitteilungspflichten gemäß Nummer 5 der ANBest-K hin. Den Änderungsbescheiden vom 22.02.2001und 01.10.2001 waren jeweils als Anlagen unter anderem neue ANBest-K beigefügt.

2

Die geförderten Arbeiten wurden in mehreren Abschnitten und Losen fertiggestellt. Der Kläger rief die Fördermittel in mehreren Teilbeträgen ab. Eine erste Auszahlung erfolgte am 17.12.1999 in einer Höhe von 300.000 DM (153.387,56 €), am 06.09.2000 in einer Höhe von 193.000 DM, am 23.10.2000 in einer Höhe von 118.000 DM und am 18.12.2000 in einer Höhe von 193.000 DM, mithin zusammen im Jahr 2000 in einer Höhe von 504.000 DM (207 50.691,10 €). Im Jahr 2001 erfolgte am 30.10.2001 eine Auszahlung in einer Höhe von 149.000 DM (76.182,49 €) und im Jahr 2002 am 21.11.2002 eine Auszahlung in einer Höhe von 88.702,89 DM.

3

Der Kläger reichte den am 26.06.2002 erstellten Verwendungsnachweis über das geförderte wasserwirtschaftliche Vorhaben über das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Ueckermünde bei dem Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern ein. Nach den Vorgaben des Zuwendungsbescheides war das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Ueckermünde für die Erstprüfung des Verwendungsnachweises zuständig.

4

Der Prüfvermerk des Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur Ueckermünde datiert auf den 07.11.2002. Er ging am 18.11.2002 mit dem Verwendungsnachweis bei dem Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern ein.

5

Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg Vorpommern verfügte mit Änderungsbescheid und Anhörung zur Zinserhebung vom 28.07.2008 eine Reduzierung des Zuschusses aufgrund der abschließenden Prüfung des Verwendungsnachweises auf 575.964,05 € (1.126.487,770 DM) und verlängerte den Bewilligungszeitraum bis zum 31.12.2002. Gemäß § 28 Absatz 1 VwVfG M-V hörte das nunmehr zuständige Ministerium den Kläger zu einer beabsichtigten Geltendmachung einer Zinsforderung in einer Höhe von 4.321,93 € an. Aus den Verwendungsnachweisen habe sich ergeben, dass Fördermittel teilweise zu früh abgerufen worden seien, da die Fördermittel jeweils nicht innerhalb von drei Monaten nach der Auszahlung zweckentsprechend ausgegeben worden seien. Dementsprechend könnten Vorgriffszinsen gemäß § 49a Abs. 4 VwVfG M-V erhoben werden. Der Kläger erklärte Rechtsmittelverzicht hinsichtlich des Bescheides vom 28.07.2008.

6

Der Kläger äußerte sich im Rahmen der Anhörung dahingehend, dass er davon ausgehe, dass eine mögliche Zinsforderung verjährt sei.

7

Mit Zinsbescheid vom 13.10.2008 setzte das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern gegenüber dem Kläger eine Zinsforderung gemäß § 49a Abs. 4 VwVfG M-V in einer Höhe von 4.321,93 € fest. Die Berechnung des Zinsanspruches ergab sich aus der beigefügten Anlage 1a. Zur Begründung führte das Ministerium aus, dass die Vorgriffszinsen erhoben werden könnten, da der Kläger die jeweils abgerufenen Fördermittel nicht vollständig innerhalb von drei Monaten zweckentsprechend ausgegeben habe. Dass Fördermittel innerhalb von drei Monaten nach Auszahlung für den Förderungszweck einzusetzen seien, ergebe sich aus Nummer 8.6 der VV-K zu § 44 LHO und Nummer 8.5 der ANBest-K.

8

Die Erhebung der Vorgriffzinsen entspreche dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung. Mit der Erhebung der Vorgriffzinsen sollten die dem Kläger rechtsgrundlos zugeflossenen wirtschaftlichen Vorteile abgeschöpft werden. Außergewöhnliche Umstände, die einen Verzicht auf die Geltendmachung der Zinsforderung möglich erscheinen ließen, seien nicht vorgetragen oder ersichtlich. Verzinst worden sei der vorfristig abgerufene Betrag ab dem ersten Tag des auf die Auszahlung der Fördermittel folgenden Monats. Die Höhe des ausgezahlten Betrages verringerte sich fortlaufend entsprechend den getätigten geförderten Ausgaben und des hierauf anzuwendenden Fördersatzes. Der Anspruch auf Vorgriffszinsen sei nicht verjährt. Die Fälligkeit der Zinsforderung nach § 49a Abs. 4 VwVfG M-V trete erst mit der Bekanntgabe des Zahlungsbescheides ein. Hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist sei auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Anspruch fällig sei. Eine Verwirkung des Zinsanspruches sei ebenfalls nicht eingetreten.

9

Der Kläger hat am 27.10.2008 Klage bei dem Verwaltungsgericht Schwerin erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 21.11.2008 an das Verwaltungsgericht Greifswald verwiesen hat. Letzteres hat auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 26.07.2011 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und den Rechtsstreit am 24.02.2013 wieder aufgenommen.

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Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, dass die Zinsforderung verjährt sei. Die Verjährungsfrist beginne nicht erst mit der Fälligkeit der Zinsforderung mit der Bekanntgabe des Bescheides. Für den Zeitraum vor dem 01.01.2002 habe die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a. F., danach die Frist von drei Jahren gemäß § 195 BGB gegolten. Die Forderungen des Beklagten seien daher spätestens zum 31.12.2005 verjährt. Die Verjährungsfrist habe nach § 198 BGB in dem Zeitpunkt begonnen, in dem der Anspruch entstanden sei. Zinsansprüche aus dem Jahr 2001 seien im Jahr 2001, nämlich zum 31.12.2001, entstanden. Vorliegend handele es sich um vor dem 01.01.2002 entstandene Ansprüche, die zum 01.01.2002 noch nicht verjährt gewesen seien. Sie unterfielen damit der Übergangsregelung des Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB. Für diesen Anspruch gelte gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB, soweit die Frist nach dem alten Recht früher ende, als die Frist nach dem neuen Recht, die alte kürzere Frist. Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung der Gerichte sei bei dem Fristenvergleich auch auf subjektive Elemente abzustellen. Wenn es auf eine Kenntnis ankomme, sei zu prüfen, ob die kenntnisabhängige Verjährungsfrist nach dem neuen Recht früher ende, als die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist nach dem alten Recht. Dabei komme es nur auf den Ablauf der Verjährungsfrist an, nicht auf die Gesamtfrist. Wenn der Beklagte davon ausgehe, dass das beklagte Ministerium erst im Jahre 2008 Kenntnis von dem verfrühten Abruf der Fördermittel gehabt habe, verbleibe es bei der ursprünglichen vierjährigen Verjährungsfrist, da die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist nach altem Recht früher ende als die kenntnisabhängige Verjährungsfrist nach neuen Recht. Auch danach sei die Verjährung zum 31.12.2005 hinsichtlich der mit dem nicht erledigten Teil des Bescheides weiterverfolgten Zinsforderung eingetreten.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Zinsbescheid des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern vom 13.10.2008 in der Fassung durch den Änderungsbescheid vom 16.04.2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte, nunmehr das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern, beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Der geltend gemachte Zinsanspruch sei nicht verjährt. Öffentlich-rechtliche Erstattungs- und Zinsansprüche würden nicht vor der Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides fällig. Ohne den entsprechenden Festsetzungsbescheid schulde der Zuwendungsempfänger noch nichts. Verjährungsfristen könnten daher nicht vor Bekanntgabe des Zinsbescheides zu laufen beginnen. Bis Ende 2001 habe für öffentlich-rechtliche Zinsansprüche eine vierjährige Verjährungsfrist entsprechend § 197 BGB a. F. gegolten, wobei die Verjährung mit der Entstehung des Anspruches begonnen habe.

16

Wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folge, müsse einbezogen werden, dass die Verjährungsregelungen des BGB für Zinsen nach § 49a Abs. 4 VwVfG M-V nur entsprechend gelten würden. Es müsse daher bedacht werden, ob die Vorgriffszinsen wie Zinsen im zivilrechtlichen Sinne behandelt werden dürften. Es sei daher fraglich, ob sowohl die kurze Verjährungsfrist nach § 197 BGB a. F. oder nach § 195 BGB n. F. überhaupt auf die hier in Rede stehenden Vorgriffszinsen anwendbar seien. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 11.12.2008 – 3 C 37/07) gehe davon aus, dass der Gesetzgeber das Verjährungsrecht des bürgerlichen Rechtes grundsätzlich verändert habe, dabei aber das öffentliche Recht ausgespart habe. Eine analoge Anwendung der Vorschriften komme nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe eine Änderung der verjährungsrechtlichen Rechtslage im öffentlichen Recht nicht herbeiführen wollen. Das Rechtsinstitut der Verjährung im öffentlichen Recht diene vor allem der Verwirklichung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Um dem Genüge zu tun reiche die objektive 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. aus. Die mit der Vereinfachung des Schuldrechts verfolgten Gesichtspunkte seien typisch bürgerlich-rechtlicher Art und spielten im öffentlichen Recht allenfalls eine untergeordnete Rolle.

17

Sinn der Erhebung der Vorgriffszinsen sei, dass ein schuldhaft bei dem Zuwendungsempfänger erlangter Vorteil aus der Geldleistung abgeschöpft werden solle. Komme der Zuwendungsempfänger seinen sich aus dem Subventionsgesetz ergebenden Verpflichtungen zur unverzüglichen Mitteilung aller Tatsachen, die dem Belassen des Subventionsvorteils entgegenstehen oder die für die Rückforderung des Subventionsvorteils erheblich seien, nicht nach, so könne dies zu einer strafbaren Handlung nach § 264 StGB führen und sei zumindest ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, also eine unerlaubte Handlung. Für unerlaubte Handlungen habe bis Ende 2001 die 30-jährige Verjährungsfrist des § 852 BGB unmittelbar gegolten. Auch nach der Neuregelung der Verjährungsfristen durch die Schuldrechtsreform verjähre der Zinsanspruch, für den § 852 Satz 2 BGB n. F. dann unmittelbar gelte, erst in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Kenntnis vom Schaden oder der Verletzungshandlung beim Anspruchsberechtigten erst nach 30 Jahren.

18

Unter Umständen könne die Erhebung der Einrede der Verjährung sogar eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn ein Begünstigter zuvor seine eigenen Mitwirkungspflichten schuldhaft verletzt habe und sich damit selbst unredlich verhalten habe. Nach den vorliegend vom Kläger zu beachten gewesenen Nebenbestimmungen des Zuwendungsrechtes sei er verpflichtet gewesen, die nicht rechtzeitige Mittelverwendung nach der Auszahlung anzuzeigen.

19

Das Jahr 2001 und später betreffende Zinsforderungen seien nach neuem Recht zu beurteilen. Das Verwaltungsgericht Schwerin habe im Urteil vom 19.7.2010, 3 A 49/10, entschieden, dass die Verjährung hinsichtlich Zinsforderungen aus dem Jahr 2001 und später erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in welchem der Gläubiger Kenntnis von den maßgeblichen Faktoren erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Kenntnis von dem Zinsanspruch habe er, der Beklagte, frühestens bei der Prüfung des vorgelegten Verwendungsnachweises und des dazu vom Staatlichen Amt für Umwelt und Natur Ueckermünde gefertigten Prüfvermerks im Juli 2008 gehabt. Auf den Eingang des Verwendungsnachweises bei dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur könne nicht abgestellt werden. Demgemäß habe die dreijährige Verjährungsfrist nach dem neuen Recht erst am 1.1.2009 begonnen und am 31.12.2011 geendet.

20

Zu berücksichtigen sei auch, dass der Zinsanspruch vorliegend gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft geltend gemacht werde. Anders als bei einem privaten Zuwendungsempfänger befinde sich diese im Verhältnis zum Beklagten nicht in einem Über-Unterordnungsverhältnis, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis. Die Körperschaft bedarf deshalb anders als ein Privater keines besonderen Schutzes vor der Geltendmachung materiell berechtigter Zinsansprüche, die bis zur Schuldrechtsreform gegenüber dem Bürger noch nach 30 Jahren erhoben werden konnten.

21

Der Beklagte hat den Zinsbescheid vom 13.10.2008 mit Bescheid vom 16.04.2013 insoweit aufgehoben, als darin Vorgriffszinsen für die Zeit von Januar bis Dezember 2000 in einer Höhe von 2.560,09 € geltend gemacht worden sind. Der Beklagte hält an einer Zinsforderung in einer Höhe von 1.761,84 € fest. Hinsichtlich des aufgehobenen Teiles des mit der Klage angegriffenen Bescheides haben die Beteiligten die Erledigung der Hauptsache erklärt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Soweit die Beteiligten die Erledigung der Hauptsache erklärt haben, war das Verfahren einzustellen und nur noch über die Kosten zu entscheiden, § 161 Abs. 2 VwGO.

24

Die verbliebene Klage ist zulässig und begründet.

25

Der Bescheid des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern vom 13.10.2008 in der Gestalt des Teilaufhebungsbescheides vom 16.04.2013 ist, soweit von dem Kläger weiterhin Zinsen in einer Höhe von 1.761,84 € verlangt werden, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

26

Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Zinsen ist § 49a Abs. 4, Abs. 3 Satz 1 VwVfG M-V, vom Beklagten angewandt in der Fassung vom 10.08.1998 (GVOBl. M-V S. 743), also der Fassung, die bei Erlass des Zuwendungsbescheides galt. Danach können Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung verlangt werden, wenn eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet wird.

27

Zweck des § 49a Abs. 4 VwVfG M-V ist es, der Behörde für den Fall, dass eine Leistung nicht alsbald verwendet wird, neben dem Widerruf eine mildere Reaktionsmöglichkeit zu eröffnen. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Erbringung verwendet, kann der die Leistung bewilligende rechtmäßige Verwaltungsakt widerrufen (§ 49 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 VwVfG M-V) und die Erstattung der Leistung gefordert werden (§ 49a Abs. 1 VwVfG M-V). Sieht der Zuwendungsgeber angesichts der letztlich doch noch erfolgten zweckentsprechenden Verwendung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vom Widerruf ab, wird ihm durch die Bestimmung des § 49a Abs. 4 VwVfG M-V die Möglichkeit eröffnet, zumindest den Vorteil abzuschöpfen, den der Zuwendungsempfänger daraus gezogen hat - oder zumindest hätte ziehen können -, dass er die Mittel zinsbringend eingesetzt oder Zinsen für eine sonst notwendige Darlehensaufnahme vermieden hat. Gleichzeitig wird der Nachteil ausgeglichen, der dem Zuwendungsgeber dadurch entstanden ist, dass er in dem maßgebenden Zeitraum die Mittel nicht selbst zinsbringend oder anderweitig fördernd einsetzen konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.2002 – 8 C 30/01 -, juris, Rn. 33).

28

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 49a Abs. 4 VwVfG M-V können Zinsen für die Zeit ab der Auszahlung der Mittel und nicht erst vom Ablauf der Frist für die alsbaldige Verwendung verlangt werden (vgl. BVerwG, aaO, Rn. 40). Der Wortlaut der Bestimmung beschränkt die Verzinsung nicht auf die Zeit nach Ablauf der Frist für deren alsbaldige Verwendung. Vielmehr verdeutlicht er, dass für die gesamte Zeit unberechtigter Inanspruchnahme der Zuwendungsmittel Zinsen zu zahlen sind. Auch der Zweck der Regelung spricht nicht für eine einschränkende Auslegung. Zweck der Vorschrift ist es, einen (potentiellen) ungerechtfertigten Zinsvorteil auf Seiten des Zuwendungsempfängers abzuschöpfen. Dieses Ziel würde teilweise nicht erreicht, wenn die Verzinsung nicht für die gesamte Zeit verfrühter Inanspruchnahme der Zuwendungsmittel möglich wäre (BVerwG, aaO., juris Rn. 40). Vorliegend hat der Beklagte die Zinsen ausweislich des Zinsbescheides ab dem ersten Tag des auf die Auszahlung der Fördermittel folgenden Monats berechnet.

29

Für die Beantwortung der Frage, ob eine Leistung "alsbald" nach der Auszahlung bestimmungsgemäß verwendet wurde, ist es ohne Bedeutung, ob es dem Leistungsempfänger möglich war, die Leistung früher als geschehen zu verwenden. "Alsbald" ist nicht das Gleiche wie "unverzüglich". Ob ein Verschulden des Leistungsempfängers vorliegt, ist bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs "alsbald" - anders als bei dem Begriff "unverzüglich" (vgl. die Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB) - ohne Bedeutung. Vielmehr bedeutet "alsbald" nichts anderes als "kurz danach" (BVerwG, aaO., juris Rn. 30)). „Alsbald“ im Sinne des § 49a Abs. 4 VwVfG M-V ist im vorliegenden Fall ein Zeitraum von drei Monaten nach der Auszahlung. Dies ergibt sich aus Nr. 8.5 der Anlage zur Verwaltungsvorschrift zu § 44 LHO M-V – Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) in der Fassung des Erlasses des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 04.04.2001 (AmtsBl. M-V S. 632), wie sie dem Änderungsbescheid vom 01.10.2001 beigefügt waren. Danach können für die Zeit von der Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen verlangt werden, wenn Zuwendungen nicht innerhalb von drei Monaten nach der Auszahlung für fällige Zahlungen im Rahmen des Zuwendungszwecks verwendet werden und der Zuwendungsbescheid nicht zurückgenommen oder widerrufen wird. Des weiteren ergibt sich aus Nr. 1.3 ANBest-K, dass die Zuwendung nur insoweit und nicht eher angefordert werden darf, als sie innerhalb von drei Monaten nach der Auszahlung für fällige Zahlungen im Rahmen des Zuwendungszwecks benötigt wird. Die ANBest-K, die dem Bewilligungsbescheid vom 23.09.1999 beigefügt waren, sind von der Bewilligungsbehörde gemäß Ziffer 6 des Bescheides ausdrücklich zum Bestandteil desselben gemacht worden. Rechtlich ohne Bedeutung ist es, ob Nebenbestimmungen unmittelbar in einen Bescheid aufgenommen werden oder ob sie in einer beigefügten Verwaltungsvorschrift enthalten sind, die ausdrücklich zum Bestandteil des Bescheids gemacht wurde. Es genügt, wenn der Adressat des Bescheids der Verwaltungsvorschrift entnehmen kann, was von ihm gefordert wird (BVerwG, aaO., juris Rn. 25). Die Beifügung der neueren ANBest-K mit den Änderungsbescheiden haben diese zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides gemacht. Eine Verschlechterung der Rechtsposition des Klägers durch die Anwendung der ANBest-K aus dem Jahr 2001 hat sich zudem nicht ergeben.

30

Aufgrund des Teilaufhebungsbescheides vom 16.04.2013 zum Zinsbescheid vom 03.10.2008 werden von dem Kläger nur noch Zwischenzinsen in einer Höhe von 1.761,84 € verlangt, wie sie der Beklagte gemäß der Anlage 1a zum Zinsbescheid als in den Jahren 2001 und 2002 angefallen, errechnet hat.

31

Diese noch streitgegenständlichen Zinsansprüche waren im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung durch den Zinsbescheid vom 03.10.2008 bereits verjährt. Der Kläger hat sich auch auf die Einrede der Verjährung berufen. Bereits mit seinem Schreiben vom 12.08.2008 als Reaktion auf den Änderungsbescheid vom 28.07.2008, mit dem auch zur Zinserhebung angehört worden war, hat er geltend gemacht, dass Verjährung eines Zinsanspruches aus § 49a Abs. 4 VwVfG M-V eingetreten sei.

32

Die Vorschrift des § 852 Satz 2 BGB, die eine zehnjährige Verjährungsfrist für einen Herausgabeanspruch bezüglich des durch eine unerlaubte Handlung Erlangten normiert, ist auf den Fall der Forderung von Vorgriffszinsen nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar, wenn – wie hier - der Beklagte seine Zinsforderung nicht auf einen Herausgabeanspruch wegen unerlaubter Handlung durch Verletzung eines Schutzgesetzes gestützt hat, sondern auf die Spezialvorschrift des § 49a Abs. 4 VwVfG M-V (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2012 – 2 L 166/10 -, juris Rn. 33). Insofern kann vorliegend dahinstehen, ob der Zuwendungsempfänger eventuell subventionsrechtlichen Mitteilungspflichten nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist, indem die teilweise nicht innerhalb von drei Monaten erfolgte Mittelverwendung abgerufener Fördermittel nicht mitgeteilt worden ist.

33

Die Verjährung von Zinsansprüchen nach § 49a Abs. 4 VwVfG M-V richtet sich nach den kurzen Verjährungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - (Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2012 – 2 L 166/10 – juris Rn. 23 f). Für öffentlich-rechtliche Zinsansprüche aus den Jahren 2001 und 2002 gelten dabei die entsprechend anwendbaren Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wie sie durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3158) einschließlich der Übergangsvorschriften des EGBGB geschaffen worden sind. Für im Jahr 2002 und später entstandene Zinsansprüche gilt damit stets eine dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n. F. (BVerwG, Urteil vom 21.10.2010 – 3 C 4/10 -, juris Rn. 48). Die Frist beginnt unverändert mit dem Schluss des Jahres, in dem der Zinsanspruch entsteht (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.), sofern der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.). Es spricht vieles dafür, Zinsansprüche aus öffentlichem Recht weiterhin der kurzen Verjährung zu unterwerfen und daher auch deren Verkürzung von vier auf drei Jahre im Verwaltungsrecht nachzuvollziehen (BVerwG, Urteil vom 21.10.2010 – 3 C 4/10 – juris Rn. 50).

34

Zinsansprüche, die noch nicht den neuen Verjährungsvorschriften des BGB n. F. unterfallen, verjähren grundsätzlich entsprechend §§ 197, 201 BGB a. F. in vier Jahren vom Schluss des Jahres ihrer Entstehung an. Dies betrifft unter Berücksichtigung der Übergangsregelungen des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und 4 EGBGB die Zinsen, die vor dem 01. 01.2002 entstanden sind, also Zinsen für die Zeit bis zum 31.12.2001 (BVerwG, Urteil vom 17.03.2016 – 3 C 7/15 -, juris Rn. 26,27). Ob die Verjährung solcher Zinsansprüche, hier derjenigen aus dem Jahr 2001, dann nach den neuen oder nach den alten Verjährungsrechtsvorschriften des BGB zu berechnen ist, richtet sich nach den Übergangsvorschriften des Art. 229 § 6 EGBGB.

35

Die kurzen Verjährungsfristen des BGB kommen auch dann zur Anwendung, wenn sich zwei öffentlich-rechtliche Rechtsträger in einem verwaltungsrechtlichen (Schuld)Verhältnis gegenüberstehen (Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2012 – 2 L 166/10 – juris Rn. 24 f; Beschluss vom 13.11.2012 – 2 L 218/10 -, juris Rn. 10). Vom Grundsatz her besteht hinsichtlich der Anwendbarkeit des Rechtsinstituts der Verjährung im öffentlichen Recht kein Unterschied abhängig davon, ob Gläubiger und Schuldner beide juristische Personen des öffentlichen Rechts sind oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.01.2007 – 3 A 2.05 –, juris Rn. 43). Auch im Subventionsrechtsverhältnis kommt es danach für die Frage, welche Verjährungsregelungen heranzuziehen sind, darauf an, welche die sachnächsten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.01.2007 – 3 A 2.05 –, juris Rn. 45). Eine differenzierte Verjährungsregelung für öffentlich-rechtliche Zinsansprüche, abhängig von der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Rechtsform des Subventionsempfängers wäre auch vor dem Hintergrund der gleichgelagerten Interessenlage der Subventionsbegünstigten insoweit nicht gerechtfertigt.

36

Spätestens nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 15.03.2017 (10 C 3/16) entschieden hat, dass auf den Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 VwVfG seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 01.01.2002 nicht mehr die kenntnisunabhängige 30-jährige Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung des § 195 BGB a. F., sondern die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung des § 195 BGB n. F. gelte, besteht keine Veranlassung mehr, für Zinsansprüche, sei es aus § 49a Abs. 3 oder 4 VwVfG längere und oder andere Verjährungsfristen in Betracht zu ziehen.

37

Die Verjährungsfrist für den im Jahr 2002 entstandenen Zinsanspruch begann am 01.01.2003 und lief mit dem Ende des Jahres 2005 ab.

38

Nach § 199 Abs. 1 BGB n. F. beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Zinsanspruch entsteht (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (Nr. 2). Der Beginn der Verjährungsfrist setzt nicht die Fälligkeit und damit auch nicht die erfolgte Geltendmachung des Zinsanspruchs durch Verwaltungsakt voraus (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2012 – 2 L 166/10 -, juris Rn. 32).

39

Der Zinsanspruch im Sinne des § 49 a Abs. 4 VwVfG M-V entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Fördermittel nicht „ alsbald“ nach ihrer Auszahlung bestimmungsgemäß verwendet worden sind (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2012 – 2 L 166/10 -, juris Rn. 27 ff, 32; entsprechend für das Land Sachsen-Anhalt OVG Magdeburg, Urteil vom 26.09.2017 – 2 L 151/15 -, juris Rn. 32). Vorliegend entstand der Anspruch auf Zwischenzinsen für die im Jahr 2002 ausgezahlten Fördergelder im Jahr 2002.

40

§ 199 Abs. 1 BGB n. F. verlangt für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist neben dem Entstehen des Zinsanspruchs (Nr. 1) auch die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände und der Person des Schuldners bei dem Gläubiger oder, wenn der Gläubiger diese nicht erlangt hat, dass der Gläubiger diese Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (Nr. 2).

41

Die Kammer geht im Anschluss an die Rechtsprechung des OVG Magdeburg (Urteil vom 26.09.2017 – 2 L 151/15 -, juris Rn. 33 f) davon aus, dass die Zeitpunkte für das Entstehen des Anspruches im Sinne des § 49a Abs. 4 VwVfG und im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht identisch sind. Ein Anspruch im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entsteht erst dann, wenn er auch geltend gemacht werden kann. Dies ist erst ab dem Zeitpunkt möglich, ab dem der zur Entscheidung befugten Behörde die Umstände, die die Erhebung von Zwischenzinsen rechtfertigen, bekannt geworden sind. Dementsprechend beginnt die Verjährungsfrist nach § 195 BGB n. F. für einen Anspruch auf Zinsen gemäß § 49a Abs. 4 VwVfG M-V nicht mit dem Abschluss des Jahres, in dem die Fördermittel ausgezahlt und nicht alsbald zweckentsprechend verwandt worden sind, sondern erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Verwendungsnachweis für das jeweilige Haushaltsjahr, sofern im Rahmen der Bewilligung gefordert, oder der abschließende Verwendungsnachweis bei zur abschließenden Prüfung der Verwendungsnachweise berufenen und die Entscheidung über die Zinserhebung treffenden Behörde eingegangen ist. Andernfalls hätte es der Zuwendungsempfänger durch die bloße Nichtvorlage oder durch eine hinausgezögerte Vorlage des Verwendungsnachweises in der Hand, eine Verjährung möglicher Zinsansprüche herbeizuführen, ohne dass die Bewilligungsbehörde zuvor eine hinreichende Prüfungsgrundlage dafür gehabt hätte, ob Vorgriffszinsen verlangt werden können.

42

Die Klägerin hat den geforderten Verwendungsnachweis im Jahr 2002 entsprechend den Vorgaben des Zuwendungsbescheides bei dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur Ueckermünde vorgelegt. Dieses hat eine Prüfung der vorgelegten Unterlagen sowie des Verwendungsnachweises durchgeführt und den Verwendungsnachweis nebst dem erstellten Prüfvermerk dem damals zuständigen Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt, bei dem die Unterlagen am 18.11.2002 eingegangen sind.

43

Die dreijährige Verjährungsfrist für die im Jahr 2002 entstandenen Zinsansprüche, die mit dem Ablauf des 31.12.2002 begann, ist vor Erlass des mit der Klage angegriffenen Zinsbescheides vom 13.10.2008 verstrichen gewesen. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der in seiner Behörde zuständige Amtswalter im Rahmen seiner Zuständigkeiten erst im Jahr 2008 Kenntnis von den den Zinsanspruch begründenden Umständen erlangt hat und so die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2008 zu laufen begonnen habe.

44

Die Kammer geht wie der Beklagte davon aus, dass es für die Frage des Kenntniserlangens hinsichtlich der den Zinsanspruch begründenden Umstände auf die Kenntnis des zuständigen Amtswalters der zur Entscheidung nach § 49a Abs. 4 VwVfG M-V befugten Behörde und nicht auf eine gegebenenfalls früher eingetretene Kenntnis bei einem Sachbearbeiter einer nachgeordneten Behörde ankommt. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Entscheidungsbefugnis nach § 49a VwVfG M-V durchgängig bei einer obersten Landesbehörde des Landes Mecklenburg-Vorpommern, einem Ministerium, lag. Im Zeitpunkt des Eingehens des Verwendungsnachweises und des Prüfvermerkes im Jahr 2002 war dies das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern. Eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen des bei diesem Ministerium tätigen Mitarbeiters ist dem Beklagten, dem später zuständig gewordenen Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern, zurechnen. Der Zuständigkeitswechsel der mit der Endprüfung befassten obersten Landesbehörde aufgrund des Organisationserlasses des Ministerpräsidenten vom 05.12.2006, mit dem die Aufgabe der Prüfung der fraglichen Maßnahmen im Geschäftsbereich „Wasser und Boden“ vom Umweltministerium auf den Beklagten übertragen wurde, hat keine Auswirkung auf den Lauf bzw. Beginn der Verjährungsfrist (so auch VG Schwerin, Urteil vom 28.01.2014 – 3 A 1077/13 – juris Rn. 28). Nachdem im Jahr 2002 die zu prüfenden Unterlagen bei dem Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern eingegangen waren, hätte es dem dort zuständigen Sachwalter oblegen, die Unterlagen zu sichten und zu prüfen, ob Maßnahmen nach den §§ 48, 49 oder 49a Abs. 4 VwVfG M-V zu ergreifen waren. Dies ist ausweislich der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakten in den nächsten drei Jahren nach Eingang der Unterlagen bei dem Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern nicht geschehen. Die weitere Bearbeitung und Prüfung, zu diesem Zeitpunkt in Zuständigkeit des Beklagten, erfolgte erst im Juli 2008, also fast nach Ablauf einer doppelten Dauer der eigentlichen Verjährungsfrist. Bei einer derartigen Bearbeitung potentiell anspruchsbegründender Verwaltungsverfahren liegt zur Überzeugung der Kammer eine grob fahrlässige Unkenntnis der zur Entscheidung berufenen Behörde hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen aufgrund eines zurechenbaren Organisationsverschuldens vor. Eine Kenntniserlangung von einem Vorgriffszinsanspruch erst sechs Jahre nach Vorlage des Verwendungsnachweises beruht auf einem Organisationsverschulden (OVG Sachsen, Beschluss vom 16.07.2012 – 1 A 842/10 –, juris Rn. 7 und Urteil vom 26.04. 2012 – 1 A 963/10 –, NVwZ-RR 2013, S. 82, 84).

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Dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 28.01.2014 (3 A 1077/13, juris Rn. 30) ist, wobei es sich auf Angaben des Beklagten bezieht, zu entnehmen, dass bei dem Umweltministerium als Funktionsvorgänger des Beklagten vom Jahr 1998 bis Ende 2006 eine einzige Mitarbeiterin, die im Jahr 2005 verstorben sei, für die abschließende Prüfung der wasserwirtschaftlichen Verwendungsnachweise planmäßig eingesetzt worden war. Bei rund 2300 vorliegenden nicht endgeprüften wasserwirtschaftlichen Fördervorhaben, auch diese Angabe stammt von dem Beklagten, ist ein derartiger Personaleinsatz offensichtlich nicht ausreichend und der zuständigen Behörde als Organisationsverschulden anzulasten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass fiskalische Interessen des Landes in Rede stehen, da bei der Abschlussprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung der Subventionsverfahren in nicht unerheblichem Maße Rückerstattungs- oder Zinsansprüche geltend zu machen sein könnten.

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Zu der Einschätzung, dass die über fast sechs Jahre nicht erfolgte Prüfung der ordnungsgemäßen Verwendung der Fördermittel im vorliegenden Fall eine grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen bedeutet, gelangt die Kammer trotz der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2017 – 10 C 1/16. Das Bundesverwaltungsgericht hat darin ausgeführt, dass die Nichtbearbeitung der wasserrechtlichen Förderverfahren durch den Beklagten über einen sehr langen Zeitraum, nämlich 15 Jahre nach Vorlage des Verwendungsnachweises bis zum Ergehen des Schlussbescheides, kein treuwidriges Verhalten darstelle, welches die Geltendmachung eines Rückerstattungsanspruches nach § 49a Abs. 1 VwVfG M-V hindere. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall wurde um Rückerstattungsansprüche nach § 49a Abs. 1 VwVfG M-V gestritten. Diese unterliegen, so das Bundesverwaltungsgericht, keinen speziellen Entscheidungs- und Festsetzungsfristen. Diese Ansprüche entstehen, wie das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung auch ausgeführt hat, erst, wenn auch rückwirkend, mit dem Erlass des Rückforderungsbescheides. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt erst ab diesem Zeitpunkt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dann ausgeführt, dass die in dem von ihm zu entscheidenden Fall sehr lange Zeitspanne, 15 Jahre bis zum Ergehen des Schlussbescheides, keine treuwidrige Verfahrensverschleppung gewesen sei und dass auch keine Verwirkung des Rückerstattungsanspruches, wofür es von einer Frist von 30 Jahren ausgegangen ist, eingetreten sei.

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Im vorliegenden Fall liegt der Sachverhalt jedoch anders. Es sind weder Treuwidrigkeit noch allgemeine Rechtsgrundsätze wie Verwirkung zu prüfen. Die dreijährige Verjährungsfrist war vorliegend schon in Lauf gesetzt und nach der anzuwendenden Norm kommt ausdrücklich eine grob fahrlässige Unkenntnis als ein die Durchsetzung des Zinsanspruches hindernder Umstand in Betracht. Die anzuwendende Norm sieht selbst in Verbindung mit § 195 BGB n. F. einen Zeitraum von drei Jahren vor, in dem der Anspruchsinhaber seinen Anspruch geltend gemacht haben muss. Längere Zeiträume sollen die Geltendmachung des Anspruches nur dann hindern können, wenn keine grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf das Nichterlangen oder Nicht zur Kenntnis nehmen der anspruchsbegründenden Tatsachen vorliegt. Das entsprechende Verschuldenselement zu Lasten der zum Erlass des Verwaltungsaktes befugten Behörde ist der Norm also immanent. Insofern kann die identische tatsächliche Sachlage in Bezug auf die Arbeitsbelastung des Beklagten bzw. seines Funktionsvorgängers im vorliegenden Fall zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen als sie das Bundesverwaltungsgericht seiner - zu einer anderen Fallkonstellation ergangenen - Entscheidung zu Grunde gelegt hat.

48

Auch der im Jahr 2001 entstandene Anspruch auf Vorgriffszinsen ist vor Erlass des Zinsbescheides vom 13.10.2008 verjährt gewesen. Auf diesen Anspruch war, wie zuvor schon ausgeführt, die vierjährige Verjährungsfrist der §§ 197, 201 BGB a. F. unter Berücksichtigung der zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ergangenen Übergangsvorschriften anzuwenden. Nach den Maßgaben der Überleitungsvorschrift berechnet sich im vorliegenden Fall die Verjährung nach den Vorschriften des BGB in der vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltenden Fassung.

49

Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung länger als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, so ist die Verjährung mit dem Ablauf der im Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmten Frist vollendet (Abs. 3). Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung kürzer als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, so wird die kürzere Frist von dem 01.01.2002 an berechnet. Läuft jedoch die im Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmte längere Frist früher als die im Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit diesem Tag geltenden Fassung bestimmten Frist ab, so ist die Verjährung mit dem Ablauf der im Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmten Frist vollendet.

50

Der Zinsanspruch auf die Fördergeldauszahlungen im Jahr 2001 war im Jahr 2001 entstanden. Die Verjährung begann mit Ablauf des Jahres 2001 (§ 201 Satz 1 BGB a. F.), also am 01.01.2002. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes und der damit einhergehenden Anwendbarkeit des § 195 BGB n. F. auf den noch nicht verjährten Zinsanspruch, lief die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a. F. auf den Zinsanspruch aus dem Jahre 2001 noch. Sie endete mit dem Ablauf des 31.12.2005. Die neue dreijährige Verjährungsfrist des § 195 n. F. ist zwar kürzer als die vierjährige Frist des § 197 BGB a. F., sie wäre jedoch nicht eher abgelaufen. Die Kenntnisnahme von den den Zinsanspruch begründenden Umstände bei dem Beklagten konnte frühestens im Jahr 2002 mit dem Eingang des Verwendungsnachweises bei ihm erfolgen, weshalb die Verjährungsfrist nach § 195 BGB n. F. nicht vor dem 01.03.2003 beginnen konnte, so dass die Verjährungsfrist nach dem neuen Recht auch nicht vor dem Ende des Jahres 2005 hätte enden können. Die Zinsberechnungen nach dem alten und dem neuen Verjährungsrecht kommen mithin zum selben Ergebnis.

51

Da die Zinsberechnung nach §§ 197, 201 BGB a. F. nicht mit der Problematik der grob fahrlässigen Unkenntnis des Beklagten von den den Zinsanspruch begründenden Umständen und der Frage, ab wann die Nichtkenntnisnahme unter dem Fahrlässigkeitsgesichtspunkt relevant wird, belastet ist, legt die Kammer bei der Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem der Zinsanspruch für das Jahr 2001 verjährt ist, die Berechnung nach §§ 197, 201 BGB a. F. zu Grunde.

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Die Verjährung wäre im Zeitpunkt des Ergehens des angegriffenen Bescheides aber auch eingetreten gewesen, wenn der Eintritt der Verjährung nach den ab dem 01.01.2002 geltenden Verjährungsvorschriften des BGB bestimmt würde. Dann würden für den Zinsanspruch aus dem Jahr 2001 die Erwägungen gelten, die, wie vorstehend dargelegt, zur Verjährung des Zinsanspruchs aus dem Jahr 2002 geführt haben.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens hinsichtlich des erledigten Klageteils aufzuerlegen, denn er hat den angefochtenen Verwaltungsakt nach Rechtshängigkeit teilweise aufgehoben, ohne dass dies erkennbar auf Gründen beruht, die im Bereich des Klägers liegen und die dieser zu vertreten hätte. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 11 ZPO.

54

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

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