Urteil vom Verwaltungsgericht Lüneburg (5. Kammer) - 5 A 330/15

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Teilwiderruf eines Zuwendungsbescheides, mit dem ihm der Rechtsvorgänger des Beklagten eine Zuwendung zur Förderung des Tourismus gewährt hatte, und begehrt Zahlung von C. EUR durch den Beklagten.

2

Mit Schreiben vom 14. März 2013 beantragte der Kläger beim Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen (LGLN), dem Rechtsvorgänger des Beklagten, die Gewährung einer Zuwendung für Projekte nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur integrierten ländlichen Entwicklung (ZILE) des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung zur Umsetzung eines Energietourismusprojektes im Wendland. Das Projekt umfasste die Erstellung und Aufstellung von Informationstafeln an zunächst zehn ausgesuchten „Erneuerbare Energien-Infopunkten“, wobei sich Layout, Bauart und Platzierung der Schilder an die bereits vorhandene Beschilderung in Naturpark und Biosphärenreservat anlehnen sollte. Geplant war zudem die Erstellung eines Internetauftrittes zum Gesamtangebot des Energietourismus in der Biosphärenregion Elbtalaue-Wendland sowie eine parallele Zusammenarbeit mit der regionalen Presse. Die Gesamtkosten des Projekts sollten D. EUR plus Mehrwertsteuer betragen. Dem Antrag auf Gewährung einer Zuwendung in Höhe von E. EUR waren Angebote verschiedener Firmen für die einzelnen Arbeiten beigefügt.

3

Das LGLN bewilligte dem Kläger mit Zuwendungsbescheid vom 13. Juni 2013 unter dem Zeichen „F.“ für die Zeit vom 13. Juni 2013 bis 31. März 2014 (Bewilligungszeitraum) eine Zuwendung in Höhe von 75 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben in Höhe von G. EUR, höchstens jedoch H. EUR. Dabei wurden die Kosten für die parallele Zusammenarbeit mit der regionalen Presse sowie der bisher nicht berücksichtigte Skonto in einem der vorgelegten Angebote abgezogen. Dem Zuwendungsbescheid waren als Anlage die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gebietskörperschaften und Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften (ANBest-GK) beigefügt; im Bescheid selbst wurde unter der Überschrift „6 Nebenbestimmungen“ ausgeführt, dass die beigefügten Nebenbestimmungen Bestandteil des Bescheids sind. Zudem enthielt der Bescheid unter anderem die folgenden Nebenbestimmungen:

4

„8. Falls Sie entgegen den Auflagen dieses Bescheides die genannten Vorschriften zur Vergabe von Aufträgen nicht befolgen, kann dies zum Widerruf des Zuwendungsbescheides führen.“

5

„16. Es ist ein Vergabeverfahren nach den Bestimmungen der VOB/VOL durchzuführen.

6

Für die Wahl der Durchführung des Vergabeverfahrens sind die Bestimmungen und Schwellenwerte des. Gem RdErl. d. MW, d. StK und der übrigen Min. vom 25.11.2011, „Öffentliches Auftragswesen; Festsetzung von Wertgrenzen unterhalb der geltenden EU-Schwellenwerte für 1. Bauaufträge (VOB/A), 2. Liefer- und Dienstleistungsaufträge (VOL/A), Nds. MBl. 46/2011, S. 898, zuletzt geändert durch Erlass vom 03.12.2012, MBl. 46/2012, S. 1252, maßgeblich.“

7

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 erinnerte das LGLN den Kläger an die Vorlage der Vergabeunterlagen. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2013 übersandte der Kläger folgende Unterlagen:

8

Für die Erstellung der Internetseite legte er neben einem Vergabevermerk des Landkreises B., Rechnungsprüfungsamt, Außenstelle C., nach dem sich aus vergaberechtlicher Sicht keine Bedenken ergäben, insgesamt drei eingeholte Angebote sowie die Auftragserteilung an die Werbeagentur Blauzweig vom 12. November 2013 vor.

9

Hinsichtlich des Bereichs Text und Organisation legte er ein Schreiben des Landkreises B., Rechnungsprüfungsamt, Außenstelle C., vom 21. August 2013 vor, aus dem sich ergibt, dass die vorgelegten Verdingungsunterlagen stichprobenartig geprüft worden seien. Die Bedingungen der Freihändigen Vergabe seien erfüllt, eine Abweichung von den derzeit gültigen Vergabebestimmungen, die zu einer Beanstandung dieses Vergabeverfahrens führen müsse, sei nicht festgestellt worden. Zugleich legte er sein Schreiben an den Landkreis Lüneburg vom 15. August 2013 vor. Darin geht er davon aus, dass für freiberufliche Leistungen unter einem Wert von I.EUR keine Vergabevorschriften zu beachten seien. Beigefügt war das Angebot der J. e.V. von Januar 2013 über die Umsetzung des ersten Teils des Konzepts für den nachhaltigen Energietourismus im Landkreis A. 2010. Zu einem Gesamtnettopreis von K. EUR plante L. e.V. die folgenden Leistungen: Organisation und Text für die Erstellung und Aufstellung von Informationstafeln an zehn ausgesuchten Erneuerbare Energien-Infopunkten, Organisation und Text der Integration der Energie-Infopunkte in die Beschilderung der im Besucherlenkungskonzept Elbtalaue-Wendland geplanten Radrouten und deren Vermarktungsinstrumente, Organisationen und Text der Erstellung eines Internetauftritts zum Gesamtangebot des Energietourismus in der Biosphärenregion Elbtalaue-Wendland sowie die parallele Zusammenarbeit mit der regionalen Presse, um dem neuen Angebot erst Aufmerksamkeit zu verschaffen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger mit Schreiben vom 28. August 2013 „nach erfolgter Vergabeprüfung“ L. e.V. den Auftrag laut des genannten Angebotes erteilte.

10

Auch im Hinblick auf den Auftrag für das Layout legte er ein Schreiben des Landkreises B., Rechnungsprüfungsamt, Außenstelle C., vor, das ihm bestätigte, die Bedingungen der Freihändigen Vergabe seien erfüllt. Ebenfalls reichte er sein Schreiben an den Landkreis Lüneburg vom 15. August 2013 ein, worin er feststellt, dass für freiberufliche Leistungen unter dem Schwellenwert von M. EUR keine Vergabevorschriften zu beachten seien. Beigefügt war ein Angebot der Firma N. vom 19. Dezember 2012 über insgesamt O. EUR netto für Auftragsorganisation und Abwicklung des Gesamtprojektes, individuelle, technische Darstellung der jeweiligen Energieanlage durch eine Kombination aus Handzeichnung und Computergrafik sowie die Gestaltung der zweiteiligen Infotafel (Layout und Satz), im Einzelnen: redaktionelle Überarbeitung der Texte, gegebenenfalls Bildnachbearbeitung, Konzeption und Gestaltung der druckfertigen Fassung zur Übergabe an den Auftraggeber in einheitlichem Layout, wobei Texte Logos und zusätzliche Bilder vom Auftraggeber geliefert werden sollten. Des Weiteren legte er ein Angebot von P. vom 19. Dezember 2012 über insgesamt Q. EUR für eine vergleichbare Leistung vor. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger mit Schreiben vom 28. August 2013 „nach erfolgter Vergabeprüfung“ N. den Auftrag laut des genannten Angebotes erteilte.

11

Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 beantragte der Kläger die Verlängerung des Bewilligungszeitraums bis zum 30. September 2014, die ihm mit Änderungsbescheid vom 26. Februar 2014 gewährt wurde, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die übrigen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides weiterhin Gültigkeit hätten.

12

Unter dem 15. Mai 2014 legte der Kläger weitere Unterlagen für erteilte Aufträge vor. Im Einzelnen:

13

Hinsichtlich des Drucks der zehn Resoplan-Schilder legte er ein Schreiben des Landkreises B., Rechnungsprüfungsamt, Außenstelle C., vom 28. April 2014 vor, in dem bestätigt wurde, dass die Bedingungen der Freihändigen Vergabe erfüllt worden seien. Beigefügt waren zudem verschiedene Angebote über die Herstellung und Lieferung der bedruckten Schilder. Zwei Angebote stammten von der Firma R. GmbH, davon eines vom 19. Dezember 2012 (S. EUR netto), adressiert an L. e.V., das andere vom 4. April 2011 (T. EUR netto), adressiert an die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Uelzen. Ein weiteres Angebot, ebenfalls adressiert an die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, datiert vom 14. April 2011 und stammt von der Firma U., wobei dieses Angebot unterschiedliche Alternativen bei Dicke und Stückzahl der Tafeln darstellt (Nettosumme für die mit R. GmbH vergleichbare Leistung: V. EUR). Das Angebot der Firma W. vom 4. April 2011, adressiert an die Landwirtschaft, Niedersachsen, beinhaltet verschiedene Teilleistungen und verschiedene Stückzahlen (vergleichbare Teilleistung: X. EUR netto). Ein aktualisiertes Angebot vom 21. Dezember 2012, adressiert an L. e.V., beinhaltet die erforderten Leistungen zu einem Preis von Y. EUR netto. Beigefügt war ebenfalls ein Vergabevermerk des Klägers vom 28. April 2014, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die Lieferung der Tafeln als Freihändige Vergabe durchgeführt worden sei und aufgrund der Verzögerungen in der Umsetzung des Projektes auf die Unterlagen aus „2013“, gemeint sein dürfte 2011, Bezug genommen worden sei.

14

Zu der Teilleistung Pultträger und Betonsockel legte er ein Schreiben des Landkreises B., Rechnungsprüfungsamt, Außenstelle C., vom 28. April 2014 vor, in dem bestätigt wurde, dass die Bedingungen der Freihändigen Vergabe erfüllt worden seien. Beigefügt waren insgesamt drei Angebote für diese Leistung, ein Angebot der Metallbau-Schlosserei „Z.“ vom 8. Januar 2013 (AA. EUR netto pro Stück), ergänzt um ein Angebot für die Betonsockelsteine (AB. EUR pro Stück), ein an L. e.V. adressiertes Angebot der Firma AC. GmbH vom 5. April 2011 (AD. EUR netto pro Stück) sowie eines im Rahmen einer weiteren Teilleistung des Angebots der Firma W. vom 4. April 2011 (AE. EUR netto pro Stück). Ergänzend legte er einen Vergabevermerk vom 28. April 2014 vor, in dem ebenfalls darauf hingewiesen wurde, dass die Lieferung der Aufsteller als Trägersysteme als Freihändige Vergabe durchgeführt worden sei und aufgrund der Verzögerungen in der Umsetzung des Projektes auf die Unterlagen aus „2013“, gemeint sein dürfte ebenfalls 2011, Bezug genommen worden sei. Neben den erwähnten Angeboten seien noch die Kosten für die erforderlichen Betonsockelsteine dazugekommen, wobei eine telefonische Abfrage bei weiteren Anbietern, namentlich der Firma AF. (AG. EUR pro Stück) sowie der AH. GmbH (AI. EUR pro Stück), durchgeführt worden sei. Die Auftragsvergabe sei daher zu einem Nettopreis von insgesamt AJ. EUR an die Firma Metallbau-Schlosserei „Z.“ erfolgt. Das entsprechende Auftragsschreiben vom 28. April 2014 war ebenfalls beigefügt.

15

Mit E-Mail vom 23. Juni 2015 wies der Beklagte den Kläger auf offene Fragen bzw. fehlende Unterlagen hinsichtlich der Vergabe hin. In seiner Antwort vom 30. Juni 2015 teilte der Kläger mit, dass die Umsetzung des Projektes durch verschiedene Verzögerungen erst sehr spät habe erfolgen können, jedoch auch schon in der ersten Phase des Projektes die Kosten für die Umsetzung mit entsprechenden Angeboten hätten hinterlegt werden müssen. Auch für die Beantragung des Projektes seien die entsprechenden Angebote vorzulegen gewesen, weshalb er davon ausgegangen sei, dass auf dieser Grundlage auch die Aufträge hätten erteilt werden können. Bei dem Gewerk „Text und Organisation“ handele es sich um eine freiberufliche Leistung, für die sehr spezielle Kenntnisse in Sachen Bioenergie sowie regionale Kenntnisse hätten vorliegen müssen. Daher habe er keinen weiteren Anbieter gefunden. Hinsichtlich des Layouts gelte das Gleiche. Hier hätten sich lediglich zwei Anbieter für die Umsetzung des Projektes gefunden mit speziellen Kenntnissen in Sachen thematischer und künstlerischer Darstellung von Bioenergieprozessen. Zum Druck der Schilder übersandte er ein aktualisiertes Angebot der Firma W. vom 21. Dezember 2012 (Y. EUR netto) und teilte zugleich mit, dass die Abfragen, die Auftragserteilung und die Absagen telefonisch erfolgt seien. Gleiches gelte für die Pultträger und Betonsockel.

16

Mit weiterer E-Mail vom 26. August 2015 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Vergabeunterlagen bereits 2013 bzw. 2014 übersandt worden seien und er darauf keine Rückmeldung erhalten habe. Aufgrund des kurzen Bewilligungszeitraums seien Preisabfragen, Aufträge und Absagen telefonisch erledigt worden, um mögliche Verzögerungen durch schriftliche Anfragen zu verhindern. So sei auch für den Druck zusätzlich eine telefonische Preisanfrage bei der Firma AK. in AL. erfolgt, die jedoch kein Angebot abgegeben habe. Für die Pultträger und Betonsockel seien im April 2012 insgesamt vier Firmen telefonisch zur Angebotsabgabe aufgefordert worden, allerdings habe sich daraus nur das vorliegende Angebot der Firma Metallbau AM. ergeben, so dass es nur ein aktuelles Angebot gegeben haben.

17

Der Beklagte gab dem Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 Gelegenheit, zum beabsichtigten teilweisen Widerruf des Zuwendungsbescheids vom 13. Juni 2013 wegen im einzelnen dargelegter Verstöße gegen das Vergaberecht Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 trat der Kläger den Einschätzungen des Beklagten entgegen und führte aus, dass das Vergaberecht eingehalten worden sei. Hinsichtlich des Gewerks „Text und Organisation“ habe es sich um eine freiberufliche Dienstleistung behandelt. Zudem sei das Vorgängerprojekt über L. e.V. entwickelt wurden, weshalb eine Vergabe an dieses Unternehmen nach § 3 Abs. 5 lit. b VOL/A zulässig gewesen sei. Auch beim Layout handele es sich um eine freiberufliche künstlerische Leistung, weshalb wegen der technischen Inhalte und der künstlerischen Ausgestaltung nur zwei Auftragnehmer infrage gekommen seien. Verstöße gegen das Vergaberecht bei den übrigen Gewerken lägen ebenfalls nicht vor, da eine telefonische Preisanfrage aufgrund der früheren Angebote und der gegebenen Dringlichkeit ausreichend gewesen sei.

18

Unter dem 16. November 2015 verschickte der Beklagte unter dem Zeichen „AN.“ zum Projekt „Energietourismus, Umsetzung Teil 1, dabei: - Erstellung und Aufstellung von Informationstafeln an 10 Energie-Infopunkten, - Integration der Energie-Infopunkte in das Besucherlenkungskonzept Elbtalaue-Wendland, - Erstellung eines Internetauftritts zum Gesamtangebot des Energietourismus in der Biosphärenregion Elbtalaue-Wendland“ unter Bezugnahme auf den Antrag des Klägers vom 14. März 2013 sowie den Zuwendungsbescheid vom 13. Juni 2013, letztmalig geändert durch den Bescheid vom 26. Februar 2014, ein Schreiben mit folgendem Beginn:

19

„Sehr geehrte Damen und Herren,

20

sehr geehrte Frau AO.,

21

in der vorgenannten Angelegenheit ergeht folgender Bescheid:

22

1. Der Zuwendungsbescheid vom 13.06.2013, letztmalig geändert durch den Bescheid vom 26.02.2014, wird widerrufen, soweit darin eine Zuwendung von über AP. € gewährt wurde.

23

2. Der Zuwendungsbetrag wird auf AP. € festgesetzt.

24

Ausgeführt wurde in dem Schreiben, die Voraussetzungen für einen teilweisen Widerruf nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG seien erfüllt, da der Zuwendungsbescheid mit der Auflage, dass ein Vergabeverfahren durchzuführen sei, verbunden gewesen sei. Vorliegend habe zwar eine Freihändige Vergabe erfolgen dürfen, jedoch seien die Anforderungen, die an eine Freihändige Vergabe gestellt würden, vorliegend nur beim Gewerk Internetauftritt erfüllt. Hinsichtlich des Gewerks Text und Organisation hätten mindestens drei geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden müssen, was vorliegend nicht erfolgt sei. Zudem fehle die Dokumentation der Angebotsaufforderung. Es lägen auch keine Gründe für eine Abweichung vom vorgeschriebene Verfahren vor, insbesondere handele es sich nicht um eine Dienstleistung, die in den Anwendungsbereich der VOF falle. Die Dienstleistung habe als Gegenstand eine Aufgabe, deren Lösung vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden könne. Aber auch anderenfalls seien die Regelungen der VOL/A entsprechend anwendbar. Gleiches gelte für das Gewerk Layout. Beim Gewerk Druck habe es keine ordnungsgemäßen Vergleichsangebote gegeben, da die Angebote aus den Jahren 2011 und 2013 stammten und es sich bei den älteren Angeboten um Mischkalkulationen an einen anderen Adressaten gehandelt habe. Auch beim Gewerk Pultträger und Betonsockel sei letztendlich nur ein aktuelles Angebot dokumentiert. Das öffentliche Interesse an der Beachtung der Vergabevorschriften und der zweckentsprechenden Verwendung der Fördermittel habe Vorrang vor dem Interesse des Klägers am Erhalt der Fördermittel. Durch die Auflage im Zuwendungsbescheid sei ihm bekannt gewesen, dass er ein Vergabeverfahren durchzuführen und die dort gültigen Rechtsvorschriften hätte einhalten müssen. Aus diesem Grund könne er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Er sei in den Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheids ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass im Falle eines Verstoßes gegen die beauflagten Vorschriften zur Vergabe von Aufträgen ein Widerruf des Zuwendungsbescheids drohe. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Erhalt der Förderung trotz Nichtbeachtung der Vergabevorschriften könne daher nicht bestehen.

25

Hiergegen hat der Kläger am 2. Dezember 2015 Klage erhoben (Az. 5 A 330/15).

26

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 8. März 2016 und 9. November 2017 den Beklagten erfolglos zur Zahlung von C. EUR aufgefordert hatte, hat er am 20. November 2017 eine weitere Klage erhoben (Az. 5 A 580/17).

27

Er trägt vor, der Widerrufsbescheid sei unwirksam, da er zu unbestimmt sei. So sei aufgrund des fehlenden Aktenzeichens nicht eindeutig bestimmt, welcher Bescheid widerrufen werden solle. Zudem handele es sich aufgrund der Formulierung „ergeht folgender Bescheid“ lediglich um die Ankündigung eines Bescheids, nicht jedoch um einen Bescheid selbst. Auch sei kein Zeitpunkt bestimmt, zu dem der Widerruf gelten solle. Hier hätte der Beklagte Ermessen ausüben müssen, was nicht geschehen sei. Der erfolgte Widerruf für die Zukunft sei unwirksam, da er sinnlos sei. Da der Bescheid in der Vergangenheit Bestand gehabt habe, bestehe weiterhin ein Rechtsgrund für die Auszahlung der Zuwendung. Für die Zeit der Wirksamkeit stelle der Bescheid einen Vollstreckungstitel auf Auszahlung der Zuwendung dar, weshalb er auch die weitere Klage erhoben habe. Eine Rückzahlungspflicht nach § 49 a VwVfG sei nur möglich, wenn der Widerruf für die Vergangenheit erfolge. Zudem liege ein Verstoß gegen die Jahresfrist vor, da dem Beklagten schon 2014 alle relevanten Unterlagen vorgelegen hätten. Der Beklagte habe überdies sein - des Klägers - schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Bescheides nicht hinreichend in die Abwägung eingestellt, weshalb ein Ermessensfehler vorliege. Auch sei ein Verstoß gegen Vergaberecht nicht gegeben, da die VOF anwendbar gewesen sei. Es habe sich um eine geistig-schöpferische Leistung gehandelt und nicht um eine bloße fachliche Umsetzung der Vorgaben.

28

Die Kammer hat mit Beschluss vom 11. April 2018 die beiden Klagen (5 A 330/15 und 5 A 580/17) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

29

Der Kläger beantragt,

30

1. den Bescheid des Beklagten vom 16. November 2015 aufzuheben,

31

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 12.887,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. November 2017 aus dem Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 zu zahlen,

32

hilfsweise,

33

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger C. EUR aus dem bestandskräftigem Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 zu zahlen.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Klage abzuweisen.

36

Er trägt vor, die Jahresfrist habe erst am 30. Juni 2015 begonnen zu laufen, da erst zu diesem Zeitpunkt alle Unterlagen bei ihm vorlagen. Im Übrigen sei der Widerrufsbescheid formell rechtmäßig und somit wirksam. Ein Widerruf mit Wirkung für die Zukunft sei vorliegend ausreichend, da hierdurch der ursprüngliche Bewilligungsbescheid als Rechtsgrund für den Erhalt der Zuwendung vollständig beseitigt worden sei. Ein Verstoß gegen das Vergaberecht liege im Hinblick auf die genannten Gewerke vor, insbesondere sei die geistig-schöpferische Leistung bereits zuvor erbracht worden. Es sei nicht mehr darum gegangen, einen Auftrag zu vergeben, über dessen Lösung man sich noch nicht im Klaren und die nicht beschreibbar gewesen sei. Es sei lediglich die technische Umsetzung Gegenstand des Auftrags gewesen. Die Herstellung eines Layouts und eines Textes samt notwendiger Organisation sei eine eindeutig und erschöpfend beschreibbaren Aufgabe.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

38

Die Klage hat keinen Erfolg.

39

1. Die hinsichtlich des Klagantrags zu 1. zulässige Klage ist unbegründet.

40

Der Teilwiderrufsbescheid des Beklagten vom 16. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

41

Rechtsgrundlage für den Teilwiderruf des Zuwendungsbescheides bildet § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG; das Verwaltungsverfahrensgesetz ist vorliegend nach § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG anwendbar. Zwar besteht mit § 49 Abs. 3 VwVfG eine speziellere Rechtsgrundlage für den Widerruf von Zuwendungsbescheiden mit Wirkung für die Vergangenheit oder für die Zukunft, diese Vorschrift schließt die Anwendung von Absatz 2 aber nicht aus (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 18. Aufl. 2017, § 49 Rn. 62 m.w.N.). Nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise und mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

42

Es handelt sich beim Teilwiderrufsbescheid vom 16. November 2015 um einen Verwaltungsakt (a.), der nicht wegen Nichtigkeit unwirksam (b.) oder wegen Unbestimmtheit formell rechtswidrig (c.) ist. Der Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 war mit Auflagen zur Auftragsvergabe verbunden (d.), die vom Kläger nicht erfüllt wurden (e.). Das hierdurch eröffnete Ermessen ist vom Beklagten dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt worden und seine Entscheidung leidet nicht an einem Ermessensfehler (f.). Zudem ist die Jahresfrist des § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG gewahrt (g.).

43

a. Der Teilwiderrufsbescheid stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG dar und nicht, wie vom Kläger vorgetragen, lediglich die Ankündigung eines Verwaltungsakts. Für die Auslegung eines Verwaltungsaktes - und auch dafür, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt - ist maßgeblich, wie der Adressat den Inhalt des Bescheides und weitere in diesem in Bezug genommene Inhalte bei objektiver Würdigung (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung aller für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste; Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.10.2014 - 8 LA 52/14 -, juris, Rn. 20 m.w.N.). Aufgrund der Formulierung „ergeht folgender Bescheid“, gefolgt von zwei eindeutigen Regelungen hinsichtlich des Teilwiderrufs und des neuen Zuwendungsbetrags, musste der Kläger das Schreiben so verstehen, dass hierin Regelungen bereits getroffen werden. Eine bloße Ankündigung ist ersichtlich nicht beabsichtigt gewesen, zumal der Erlass eines Bescheids bereits im Anhörungsschreiben vom 16. Oktober 2016 angekündigt worden war. Dafür spricht auch, dass der Bescheid mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, was aus Sicht des Klägers unzweifelhaft gegen die bloße Ankündigung eines Bescheids sprechen musste. Die vorliegende Klage zeigt überdies, dass der Kläger den Bescheid nicht als bloße Ankündigung verstanden hat, denn in diesem Fall wäre eine Klage mangels Bescheides nicht angezeigt gewesen.

44

b. Der Teilwiderrufsbescheid vom 16. November 2015 ist nicht unwirksam, insbesondere ist der Verwaltungsakt nicht nach § 44 i.V.m. § 43 Abs. 3 VwVfG nichtig, denn ein besonders schwerwiegender Fehler i.S.d. § 44 Abs. 1 VwVfG liegt nicht vor.

45

Eine Nichtigkeit folgt entgegen des Vorbringens des Klägers nicht daraus, dass der Beklagte den Zuwendungsbescheid gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG mit Wirkung für die Zukunft widerrufen hat. Zwar hat der Gesetzgeber mit § 49 Abs. 3 VwVfG die Möglichkeit geschaffen, Zuwendungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zu widerrufen, u.a. wenn der Zuwendungsnehmer gegen Auflagen verstoßen hat. Diese Vorschrift ist aber im Zusammenspiel mit § 49 a Abs. 1 VwVfG zu sehen, der eine Erstattung bereits erbrachter Leistungen für den Fall vorsieht, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden ist. Eine Rückforderung bereits erbrachter Leistungen kommt somit nur in Betracht, wenn der Rechtsgrund für die Gewährung der Zuwendung mit Wirkung für die Vergangenheit, z.B. nach § 49 Abs. 3 VwVfG, beseitigt worden ist. Bei einem Widerruf mit Wirkung für die Zukunft kann der Empfänger bereits gewährte Zuwendungen hingegen behalten (vgl. Folnovic/Hellriegel, Der Widerruf im Zuwendungsrecht - eine Systematik, NVwZ 2016, 638, 642 f.). Da vorliegend die Zuwendung noch nicht ausgezahlt worden war, ist eine Rückforderung bereits gewährter Mittel aber nicht notwendig. Folglich genügt der Teilwiderruf für die Zukunft, um den Rechtsgrund für eine Auszahlung der Zuwendung zu beseitigen. Im Übrigen stellt der Widerruf für die Zukunft den Regelfall dar, denn nach § 49 Abs. 4 VwVfG wird der widerrufene Verwaltungsakt mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

46

Nichts anderes folgt aus den vom Kläger zitierten Verwaltungsvorschriften. Insbesondere bezieht sich Ziffer 9.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 44 LHO - unabhängig davon, ob diese auf den vorliegenden Fall Anwendung findet - auf die Erstattung der Zuwendung durch den Zuwendungsnehmer, die in Übereinstimmung mit § 49 a Abs. 1 VwVfG nur erfolgen kann, wenn der Zuwendungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen wurde. Nicht umfasst ist hingegen der Fall einer noch nicht ausgezahlten Zuwendung; für die Rechtsfolge, den Anspruch des Zuwendungsnehmers auf Auszahlung zu beseitigen, genügt in diesem Fall der Widerruf mit Wirkung für die Zukunft. Bereits ein solcher Widerruf führt dazu, dass eine spätere Auszahlung durch den Zuwendungsnehmer nicht mehr durchgesetzt werden kann, da es für diesen Anspruch darauf ankommt, dass er zum Zeitpunkt einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Anders als der Kläger annimmt, stellt der Zuwendungsbescheid auch keinen Vollstreckungstitel auf Auszahlung des Betrags der Subvention dar. Stellte er einen Vollstreckungstitel dar, wäre auch die zusätzlich erhobene Klage vom 20. November 2017 (ursprüngliches Az. 5 A 580/17) auf Zahlung des Zuwendungsbetrages bereits unnötig gewesen, da unmittelbar aus dem Bescheid heraus hätte vollstreckt werden können. Hinzu kommt, dass der Zuwendungsbescheid für sich genommen noch keine Rechtsgrundlage für einen unmittelbaren Zahlungsanspruch darstellt. Vielmehr wird im Zuwendungsbescheid vom 13. Juni 2013 lediglich die Höchstfördersumme festgelegt. Die tatsächliche Höhe der Zuwendung ergibt sich erst nach Prüfung des Auszahlungsantrags sowie des Verwendungsnachweises und wird in einem späteren Festsetzungsbescheid festgelegt (vgl. Nds. OVG, Beschl v. 27.03.2014 - 10 LB 94/12 -, juris, Rn. 28). Folglich kann auch aus diesem Grund ein Auszahlungsanspruch nicht damit begründet werden, dass der Zuwendungsbescheid bis zum Teilwiderruf Bestand hatte. Vorliegend genügt der Widerruf mit Wirkung für die Zukunft, um den Grund für eine Auszahlung des Zuwendungsbetrages - soweit er widerrufen wurde - zu beseitigen.

47

c. Der Bescheid ist nicht wegen Unbestimmtheit i.S.d. § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Der Bescheid, der teilweise widerrufen wurde, ist entgegen des Auffassung des Klägers eindeutig bestimmt. Bereits durch den Briefkopf, in dem unter „Mein Zeichen“ das Aktenzeichen sowie die Bezeichnung des Fördergegenstandes benannt sind, wird der Bezugsbescheid eindeutig identifizierbar. Darüber hinaus sind auf der ersten Seite des Bescheids sowohl das Projekt als auch die Daten des Zuwendungsantrags des Klägers sowie des Zuwendungsbescheids aufgeführt, wobei das Datum des Zuwendungsbescheids inklusive des Datums der letzten Änderung im Tenor wiederholt werden. Da nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger unter den gleichen Daten weitere Anträge gestellt bzw. weitere Zuwendungsbescheide durch den Beklagten oder seinen Rechtsvorgänger erhielt, ist der Bescheid, der teilweise widerrufen werden soll, bei objektiver Würdigung für den Kläger unzweifelhaft identifizierbar.

48

d. Der Zuwendungsbescheid vom 13. Juni 2013 enthielt Auflagen i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen. Auflagen sind danach Bestimmungen, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. In Ziffer 16 der Nebenbestimmungen des Bescheids wurde dem Kläger aufgegeben, Vergabeverfahren nach den Vorgaben der VOB/VOL durchzuführen, wobei für die Wahl der Durchführung des Vergabeverfahrens die Bestimmungen und Schwellenwerte des entsprechenden Erlasses des Landes gelten sollte. Zugleich wurde festgelegt, welche Unterlagen der Kläger dem Beklagten zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Vergabe der Aufträge anschließend vorzulegen hat. Hierdurch wurde ihm ein bestimmtes Tun vorgeschrieben (vgl. allgemein zu Nebenbestimmungen zur Beachtung des Vergaberechts als Auflage i.S.d. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG Attendorn, Der Widerruf von Zuwendungsbescheiden wegen Verstoßes gegen Vergaberecht, in: NVwZ 2006, 991, 992; vgl. VG Münster, Urt. v. 07.09.2016 - 9 K 3118/12 -, juris, Rn. 44).

49

e. Der Kläger ist den vergaberechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Gewerke Text und Organisation (aa.), Layout (bb.), Druck (cc.) sowie Pulträger und Betonsockel (dd.) nicht ausreichend nachgekommen.

50

Entgegen der Auffassung des Klägers war der Beklagte nicht aufgrund der Auflage in dem Bescheid vom 13. Juni 2013 gehindert, eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften vorzunehmen. Auch wenn in Ziffer 16 lit. g) der Nebenbestimmungen geregelt ist, dass der Kläger einen Prüfvermerk des zuständigen Rechnungsprüfungsamtes über die ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens vorzulegen hat, folgt hieraus nicht, dass der Beklagte an die Einschätzung des Rechnungsprüfungsamtes gebunden wäre. Denn der Prüfvermerk ist nur eine von mehreren Unterlagen, die der Kläger im Hinblick auf die Durchführung eines Vergabeverfahrens einreichen musste. Die Vorlage ist notwendig, um eine Grundlage für die Prüfung des Vergabeverfahrens zu haben, ohne dass hierdurch zugleich das Ergebnis vorweggenommen wäre. Die Einreichung weiterer Unterlagen, die Ziffer 16 aber ausdrücklich benennt, wäre zwecklos, wenn diese nicht durch den Beklagten geprüft werden könnten. Insofern genügt der Kläger nach den Bestimmungen des Bescheids ersichtlich nicht bereits dadurch den vergaberechtlichen Vorgaben, dass er einen Vermerk des Rechnungsprüfungsamtes über eine ordnungsgemäße Vergabe vorlegen kann. Vielmehr erfolgt eine eigenständige Prüfung durch den Beklagten.

51

aa. Die Vergabe des Auftrags für das Gewerk Text und Organisation an L. e.V. entsprach nicht den vergaberechtlichen Vorgaben. Der Kläger hat durch die Vergabe an L. e.V. ohne die Einholung von Vergleichsangeboten gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) 2009, Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A) verstoßen, da er zuvor nicht mindestens drei Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert hat.

52

Die VOL/A ist auf die Vergabe für das Gewerk Text und Organisation anwendbar. Nach § 1 Satz 2, 2. Alt. VOL/A gilt diese nicht für Leistungen, die ihm Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigkeiten angeboten werden, da hierfür grundsätzlich die VOF anwendbar ist. Voraussetzung für die Anwendung der VOF anstelle der VOL/A ist nach § 1 Abs. 1 VOF aber darüber hinaus, dass Gegenstand der Leistung eine Aufgabe ist, deren Lösung vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. Auch nach § 5 Abs. 2 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) in der zum Zeitpunkt der Vergabe gültigen Fassung ist auf freiberufliche Dienstleistungen die VOF nur anzuwenden, wenn diese Voraussetzung erfüllt ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.04.2010 - VII-Verg 55/09 , juris, Rn. 41 m.w.N.). Umgekehrt hat auch für freiberufliche Tätigkeiten die VOL/A zu gelten, sofern die Lösung der Aufgabe eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.04.2010 - VII-Verg 55/09 -, juris, Rn. 41; Saarl. OLG, Beschl. v. 20.09.2006 - 1 Verg 3/06 -, juris, Rn. 25; Webeler in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 1 VOF 2009, Rn. 16). Die Anwendung der jeweiligen Vergabe- und Vertragsordnung bestimmt sich somit danach, ob die zu vergebende Leistung, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht wird, vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist.

53

Zwar ist die Voraussetzung, dass es sich bei der Leistung um eine freiberufliche Tätigkeit handeln muss, hinsichtlich des Gewerks Text und Organisation erfüllt. Weder die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) noch die VOF oder die VOL/A selbst definieren den Inhalt einer freiberuflichen Tätigkeit. Insoweit kann aber auf die in der Fußnote zu § 1 VOL/A enthaltene Definition des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zurückgegriffen werden. Danach gehören zu der freiberuflichen Tätigkeit die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit. Die Definition des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist nicht abschließend. Ähnlich definiert § 1 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) die freiberufliche Tätigkeit: Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Ausübung eines Freien Berufs im Sinne dieses Gesetzes ist die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigte Buchrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberuflichen Sachverständigen, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und ähnlicher Berufe sowie der Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher. Der Europäische Gerichtshof hat sich - in einem steuerrechtlichen Zusammenhang - ebenfalls mit der Begriffsbestimmung des freien Berufes auseinandergesetzt. Freie Berufe sind danach Tätigkeiten, die ausgesprochen intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation verlangen und gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen. Bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit hat das persönliche Element besondere Bedeutung, und diese Ausübung setzt auf jeden Fall eine große Selbständigkeit bei der Vornahme der beruflichen Handlungen voraus (EuGH, Urt. v. 11.10.2001 - C-267/99 - juris, Rn. 39, 41; Vergabekammer des Freistaates Sachsen, Beschl. v. 11.10.2010 - 1/SVK/034/10 -, juris, Rn. 165).

54

In Anwendung dieser Grundsätze handelte es sich bei dem Gewerk Text und Organisation um eine freiberufliche Tätigkeit, da die Erstellung der Texte für die Informationstafeln und den Internetauftritt sowie die Organisation des Gesamtprojekts eine besondere berufliche Qualifikation erforderte. Die Dienstleistung war auch durch L. e.V. persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig zu erbringen; es ging nicht um die bloße Ausführung eines Auftrags, vielmehr war die Tätigkeit durch ihren intellektuellen Charakter geprägt. Insbesondere verlangte die Erstellung der Texte durch die notwendige Beschreibung technischer Vorgänge eine hohe Qualifikation der damit befassten Mitarbeiter, bei denen es sich zumindest teilweise um Diplom-Ingenieure handelte.

55

Vorliegend war die Leistung vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar, weshalb die VOL/A anwendbar war.

56

Hinsichtlich der Frage, ob eine Aufgabenlösung eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist, hat der Auftraggeber keinen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der objektiv entweder gegeben ist oder nicht (vgl. Webeler a.a.O., § 1 VOF 2009, Rn. 20). Bei der Beschreibbarkeit geht es um den Inhalt der Aufgabenlösung. Nicht-Beschreibbarkeit ist in Betracht zu ziehen, wenn der Auftragnehmer aufgrund ihm zugestandener Kognitions-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume die Aufgabenlösungen selbständig zu entwickeln hat. Dies bezieht sich insbesondere auf hochqualifizierte und geistig-schöpferische Leistungen. Dabei gibt der Auftraggeber lediglich Zielvorstellungen und einen Leistungsrahmen vor. Die konkrete, detaillierte Aufgabenlösung hat hingegen der Auftragnehmer zu erarbeiten (entweder allein oder auch im Benehmen oder Einvernehmen mit dem Auftraggeber, vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011 - VII-Verg 36/11 -, juris, Rn. 18; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.04.2010 - VII-Verg 55/09, juris, Rn. 42 ff.; Vergabekammer des Freistaates Sachsen, Beschl. v. 29.09.2016 - 1/SVK/021-16 -, juris, Rn. 118). Eine Leistung ist danach z.B. dann nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar, wenn eine noch nicht existierende Lösung für die gestellte Aufgabe gesucht wird. Dabei mögen zwar einzelne Schritte oder Parameter der Auftragsausführung beschrieben werden können, die inhaltliche Lösung der Aufgabe, mithin das Ergebnis der Auftragsausführung, kann aber nicht ausreichend konkretisiert werden, es sei denn, der Auftraggeber nähme einen zumindest wesentlichen Teil der Aufgabenlösung vorweg, löste die Aufgabe also teilweise selbst, um die Leistung entsprechend genau beschreiben zu können. Verpflichtet ist der Auftraggeber hierzu nicht (vgl. zum Vorstehenden insgesamt m.w.N. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011 - VII-Verg 36/11 -, juris, Rn. 18; Vergabekammer des Freistaates Sachsen, Beschl. v. 29.09.2016 - 1/SVK/021-16 -, juris, Rn. 118).

57

Für die Beurteilung, welche Anforderungen an die „eindeutige und erschöpfende Beschreibbarkeit der Aufgabe“ zu stellen sind, ist auf den Zweck der Vorschrift des § 5 VgV abzustellen, der darin liegt, den Anwendungsbereich des Verhandlungsverfahrens nach VOF gegenüber demjenigen des vorrangigen Verfahrens nach VOL/A abzugrenzen. Eine vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbare Lösung im Sinne von § 5 VgV liegt deshalb vor, wenn die Lösung so genau beschrieben werden kann, dass sie Gegenstand eines offenen oder nicht-offenen Verfahrens sein kann (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 27.03.2012 - Verg W 13/11 -, juris, Rn. 54). Beim offenen oder nicht-offenen Verfahren erstellt der Auftraggeber eine umfassende und detaillierte Leistungsbeschreibung. Er gibt nicht nur vor, welche Aufgabe gestellt wird, sondern er legt auch die von ihm gewünschte Lösung in den wesentlichen Punkten fest. Aufgrund dessen können alle Bewerber (grundsätzlich ohne Rücksprache mit der Vergabestelle) ihre Preise kalkulieren und für die gewünschte Leistung Angebote einreichen, die problemlos miteinander vergleichbar sind. Der Auftraggeber erteilt sodann - ebenfalls grundsätzlich ohne weitere Verhandlung oder Rücksprache - nach den von ihm festgelegten Kriterien den Zuschlag auf das günstigste Angebot. Steht die Lösung der Aufgabe dagegen nicht fest, benötigt der Auftraggeber vielmehr gerade das gestalterisch-schöpferische Potential des Auftragnehmers zur Ausarbeitung der optimalen Lösung, ist die Leistung vorab nicht mehr hinreichend erschöpfend beschreibbar. Eingehende Angebote wären auch nicht in der Weise vergleichbar, wie dies für eine Zuschlagsentscheidung im offenen oder nichtoffenen Verfahren nach VOL/A nötig wäre. Hinreichend präzise Vorgaben für eine Leistungsbeschreibung könnte der Auftraggeber nur dann machen, wenn er dem Ergebnis möglicher geistig schöpferischen Gestaltung vorgreift und selbst die Lösung vorgibt. Im Sinne der Abgrenzung beschreibbarer und nicht beschreibbarer Leistungen ist somit im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wie groß der schöpferische, gestalterische und konstruktive Freiraum des potentiellen Auftragnehmers zur Ausfüllung der vom Auftraggeber bereits festgelegten Rahmenbedingungen und gesteckten Zielvorgaben ist. Ist ein solcher Freiraum in erkennbarem Maß vorhanden und gewollt, geht es insbesondere darum, dass der Auftragnehmer aufgrund seiner beruflichen Erfahrung und Kompetenz eine eigenständige, kreative Lösung findet, so mag das planerische Ziel des Auftrags beschreibbar sein, nicht jedoch die planerische Umsetzung (vgl. zum Vorstehenden insgesamt OLG München, Beschl. v. 28.04.2006 - Verg 6/06 -, juris, Rn. 52). Auf Grundlage einer nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbaren Leistung können hingegen (noch) keine vergleichbaren Angebote eingehen, die ohne das weitergehende Führen von Verhandlungsgesprächen oder zusätzliche Angebote die Grundlage für eine vergaberechtskonforme Zuschlagserteilung sein können. Die für den Auftraggeber nicht mögliche eindeutige und erschöpfende Beschreibbarkeit der Leistung schließt also eine Vergleichbarkeit der ersten schriftlichen Angebote und damit eine Zuschlagserteilung aus. Verhandlungsverfahren nach der VOF setzen daher grundsätzlich die Durchführung von Verhandlungsgesprächen vor Zuschlagserteilung voraus, ansonsten besteht ein Indiz dafür, dass die Voraussetzungen für die Wahl der VOF nach § 1 Abs. 1 VOF bereits nicht gegeben sind (vgl. Vergabekammer des Freistaates Sachsen, Beschl. v. 21.03.2013 - 1/SVK/004-13 -, juris, Rn. 60; ähnlich auch Vergabekammer Südbayern, Beschl. v. 31.10.2002 - 120.3-3194-1-42-10/02 -, juris, Rn. 86).

58

In Anwendung dieser Grundsätze kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die im Bereich des Gewerks Organisation und Text geforderte Leistung eindeutig und erschöpfend beschreibbar war. Beide Teilbereiche hatten ausweislich des Angebots von L.. e.V. einen vergleichbaren Umfang, weshalb es für die Beschreibbarkeit auf beide Aufgabenteile ankommt. Hinsichtlich der Organisation der Erstellung und Aufstellung von Informationstafeln, der Integration der Energie-Infopunkte in die Beschilderung der im Besucherlenkungskonzept Elbtalaue-Wendland geplanten Radrouten und deren Vermarktungsinstrumenten sowie der Erstellung eines Internetauftritts geht es im Kern um planerische Fragen, die vom Kläger detailliert und umfassend hätten beschrieben werden können. Es ging hier nicht darum, dass der Auftragnehmer eine Lösung selbständig entwickeln sollte, vielmehr ging es um die Umsetzung des bereits vorliegenden Energietourismuskonzepts, das die Aufstellung der Informationstafeln sowie die Einbindung in die übrige Tourismusinfrastruktur bereits beinhaltete. Gleiches gilt für die Erstellung der Texte. Auch wenn die Formulierung der einzelnen Texte für die Informationstafeln, den Internetauftritt und Vermarktungsinstrumente aus dem Besucherlenkungskonzept eine geistig-schöpferische Leistung darstellt, war die Leistung dennoch hinreichend beschreibbar. Es ging nicht um die kreative Erarbeitung von Texten, sondern lediglich um die zielgruppengerechte Erklärung der verschiedenen Energieanlagen. Eine Konkretisierung der inhaltlichen Lösung der Aufgabe wäre dem Kläger möglich gewesen, ohne wesentliche Teile der beauftragten Arbeit vorwegzunehmen. Der schöpferische, gestalterische und konstruktive Freiraum von L. e.V. zur Ausfüllung der vom Kläger in seinem Energietourismuskonzept bereits festgelegten Rahmenbedingungen und gesteckten Zielvorgaben war folglich eher gering und spielte beim Gesamtauftrag eine untergeordnete Rolle. Dies zeigt sich auch daran, dass der Zuschlag an L. e.V. erteilt wurde, ohne dass zuvor eine weitere Konkretisierung seitens L. e.V. erfolgt ist, wie die gestellte Aufgabe gelöst werden soll. Vielmehr enthielt das Angebot lediglich die reine Leistungsbeschreibung, darüber hinaus aber keine weiteren Ausführungen. Dass eine solche Konkretisierung nach Abgabe des Angebots und vor Auftragserteilung gegenüber dem Kläger im Rahmen einer Präsentation oder eines Verhandlungsverfahrens erfolgt wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Wäre die Leistung nicht bereits durch den Kläger vor Einreichung des Angebots hinreichend beschrieben worden, hätte das Angebot noch keine Grundlage für die Vergabe an L. e.V. darstellen können, da die Lösung der Aufgabe durch das Angebot in keiner Weise konkretisiert worden ist.

59

Den Vorgaben der danach anwendbaren VOL/A hat der Kläger nicht entsprochen. Zwar durfte der Kläger in Anwendung der VOL/A nach Ziffer 3.2 des Gemeinsamen Runderlasses des Wirtschaftsministeriums, der Staatskanzlei und der übrigen Ministerien vom 25. November 2011 bis zu einer Wertgrenze von 50.000,- EUR ohne weitere Einzelbegründung die Auftragsvergabe im Wege einer Freihändigen Vergabe vornehmen. Hierfür wären nach § 3 Abs. 1 Satz 3 und 4 VOL/A sowie nach dem Gemeinsamen Runderlass vom 25. November 2011 aber grundsätzlich mindestens drei geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern gewesen. Dies ist nicht erfolgt; es wurde durch den Kläger lediglich das Angebot von L. e.V. eingeholt. Dass weitere Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden, ist nicht vorgetragen.

60

Eine zugunsten des Klägers greifende Ausnahme von diesem Grundsatz ist nicht ersichtlich. Insbesondere folgt eine solche nicht aus einer entsprechenden Anwendung von § 3 Abs. 5 lit. b) VOL/A, nach dem eine Freihändige Vergabe zulässig ist, wenn im Anschluss an Entwicklungsleistungen Aufträge in angemessenem Umfang und für angemessene Zeit an Unternehmen, die an der Entwicklung beteiligt waren, vergeben werden müssen. Auch wenn L. e.V. bereits an der Entwicklung des Energietourismuskonzepts beteiligt war, ist eine Verpflichtung des Klägers, Folgeaufträge ebenfalls an L. e.V. zu vergeben, weder ersichtlich noch vorgetragen.

61

Auch die vom Kläger vorgetragene Dringlichkeit kann keine Ausnahme begründen. Es ist bereits sehr fraglich, ob von dem Grundsatz, dass mindestens drei geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern sind, mit dem Argument, die Vergabe sei dringlich gewesen, abgewichen werden kann. Jedenfalls lag hier aber keine Dringlichkeit vor. Ob „Dringlichkeit“ vorliegt, bestimmt sich objektiv und abhängig vom Einzelfall danach, ob eine solche kurzfristige Angebotsbearbeitung für eine entsprechend ebenso kurzfristig erforderlich werdende Ausführung notwendig ist. Sie muss also objektiv, nicht vom Auftraggeber subjektiv herbeigeführt sein, d.h. auf Gründen beruhen, die der Auftraggeber nicht herbeigeführt hat (vgl. in Bezug auf die in der VOB/A ausdrücklich genannte Dringlichkeit Lausen in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 10 VOB/A Rn. 26; Planker, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B, Kommentar, 5. Aufl. 2015, § 10 VOB/A Rn. 10). Das Tatbestandmerkmal der Dringlichkeit ist eng auszulegen (vgl. VG Aachen, Urt. v. 14.05.2013 - 3 K 244/11 -, juris, unt. Hinw. auf OVG NRW, Urt. v. 02.09.2008 - 15 A 2328/06 -, juris; Urt. d. Kammer v. 12.04.2017 - 5 A 96/16 -, V.n.b.). Eine vergaberechtliche Dringlichkeit wird insbesondere dann nicht angenommen, wenn das Vergabeverfahren unter einem Zeitdruck steht, den der Auftraggeber selbst verursacht hat oder der ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. VG Aachen, Urt. v. 14.05.2013 - 3 K 244/11 - juris; Urt. d. Kammer v. 12.04.2017 - 5 A 96/16 -, V.n.b.).

62

Vorliegend spricht nichts für eine Dringlichkeit. Einerseits wurde das Angebot von L. e.V. bereits vor der Stellung des Zuwendungsantrags eingeholt, also bevor der Bewilligungszeitraum begonnen hatte. Somit wäre genügend Zeit gewesen, weitere Angebote einzuholen. Andererseits betrug der Bewilligungszeitraum zunächst neun Monate und wurde später noch verlängert, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Zeit für ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren fehlte.

63

bb. Die Vergabe des Auftrags für das Gewerk Layout an N. entsprach ebenfalls nicht den vergaberechtlichen Vorgaben. Der Kläger hat durch die Vergabe an N. ohne die Einholung von mindestens zwei Vergleichsangeboten gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 und 4 VOL/A sowie den Gemeinsamen Runderlass vom 25. November 2011 verstoßen. Der Kläger hat lediglich zwei Unternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert und dadurch gegen das Vergaberecht verstoßen.

64

Die VOL/A ist auf die Vergabe für das Gewerk Layout anwendbar.

65

Es handelt sich bei der Leistung um eine freiberufliche Tätigkeit. Denn in Anwendung der oben dargestellten Grundsätze handelt es sich beim Gewerk Layout um eine Tätigkeit, die eine besondere berufliche - im konkreten Fall auch die technischen Voraussetzungen der Anlagen betreffende - Qualifikation erforderte. Gerade die Erstellung des Layouts für die Informationstafeln bedarf einer schöpferischen Tätigkeit, die geprägt ist von der Einbringung persönlicher Elemente des Auftragnehmers. Beim Layout kommt es auf die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Leistungserbringung an.

66

Die im Bereich des Gewerks Layout geforderte Leistung war aber eindeutig und erschöpfend beschreibbar. Ein Indiz hierfür ist, dass der Kläger zwei Firmen zur Angebotsabgabe aufforderte und anschließend einzig auf Grundlage der vorgelegten Angebote seine Vergabeentscheidung traf. Wäre die Leistung nicht beschreibbar gewesen, hätte der Kläger die Angebote ohne weitere Informationen, z.B. im Rahmen einer Präsentation der angebotenen Leitungen oder eines Verhandlungsverfahrens, nicht vergleichen können. Bei einer Nicht-Beschreibbarkeit der Leistung wäre der bloße Vergleich der jeweiligen Kosten nicht möglich gewesen, da nicht klar gewesen wäre, welche Leistung im Einzelnen angeboten wird. Hinzu kommt, dass es sich in diesem Einzelfall auch beim Layout für die Informationstafeln um eine beschreibbare Leistung handelte, da wesentliche Teile vorgegeben waren. So wurden Texte, Logos und zusätzliche Bilder vom Kläger geliefert. Übrig blieb danach neben der - beschreibbaren - Auftragsorganisation (Ziffer 1 des Angebots vom 19. Dezember 2012) noch die individuelle technische Darstellung der jeweiligen Energie-Anlage sowie die konkrete Gestaltung der zweiteiligen Informations-Tafeln. Die Darstellung der Energie-Anlagen konnte hier hinreichend beschrieben werden, da es um die bloße grafische Darstellung bereits vorhandener Anlagen ging, so dass nicht nur die Aufgabe, sondern auch die Lösung, nämlich eine allgemein verständliche grafische Darstellung der Anlagen zu gestalten, beschrieben werden konnte. Dass dem Auftragnehmer ein Spielraum blieb, mit welchen Mitteln und Methoden er die Anlagen konkret darstellt, ist dabei unerheblich. Gleiches gilt für die Gestaltung der Informationstafeln. Auch hier waren Ziel und Lösung bereits vorgegeben; es blieb lediglich die konkrete Umsetzung, die dem Auftragnehmer nur kleine Spielräume für die individuelle Gestaltung ließ.

67

cc. Im Bereich des Gewerks Druck hat der Kläger ebenfalls gegen Vergaberecht verstoßen, indem er den Auftrag ohne Durchführung einer ordnungsgemäßen Freihändigen Vergabe an die Firma AQ. GmbH vergab. Für dieses Gewerk ist die VOL/A anwendbar, da es sich bereits nicht um eine freiberufliche Tätigkeit handelt. Dementsprechend hätten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 und 4 VOL/A sowie nach dem Gemeinsamen Runderlass vom 25. November 2011 drei Anbieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden müssen. Dies war vorliegend nicht der Fall. Auch wenn insgesamt drei Angebote vorlagen, wurden im Vorfeld der Auftragsvergabe lediglich zwei Anbieter, nämlich die AQ. GmbH und die Firma W., zur Abgabe eines aktuellen Angebots aufgefordert. Das andere Angebot sowie die älteren Angebote der AQ. GmbH und der Firma W. entstammen nicht dem vorliegenden Vergabeverfahren und waren somit hierfür mangels Vergleichbarkeit nicht verwertbar. Während die aktuellen Angebote von AQ. GmbH und dem W. gegenüber dem späteren Projektpartner L. e.V. abgegeben wurden, stammen die übrigen Angebote aus einem früheren geplanten Projekt und wurden gegenüber der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Uelzen, bereits im April 2011 abgegeben. Hinzu kommt, dass sich diese Angebote auf verschiedene Varianten der Ausführung beziehen und der Druck teilweise nur eine Teilleistung darstellt. Dem Zweck der Angebotseinholung bei der Freihändigen Vergabe, durch den Vergleich unterschiedlicher Angebote über die gleiche Leistung den wettbewerbsfähigsten Anbieter beauftragen zu können, wurde das gewählte Verfahren nicht gerecht. Darüber hinaus fand auch keine ausreichende Dokumentation der Vergabe statt, da bereits keine Dokumentation der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (§ 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a) VOL/A) vorgelegt wurde. Die vorgetragene telefonische Anfrage beim dritten Anbieter genügt nicht den Anforderungen an das Vergabeverfahren, da die einzelnen Schritte durch die Vergabeunterlagen nach § 8 VOL/A dokumentiert werden müssen. Entgegen der Auffassung des Klägers kam eine telefonische Einholung von Angeboten nicht wegen Dringlichkeit in Betracht, da keine nicht vom Kläger zu vertretenden Umstände erkennbar sind, die ein ordnungsgemäßes, schriftliches Vergabeverfahren verhindert hätten. Vielmehr ist ein etwaiger Zeitdruck auch nach dem Vorbringen des Klägers auf „Verzögerungen in der Umsetzung des Projekts“ zurückzuführen, wobei nicht ersichtlich ist, dass die Verzögerungen außerhalb der Einflusssphäre des Klägers lagen.

68

dd. Auch hinsichtlich des Gewerks Pultträger und Betonsockel liegt ein Verstoß gegen Vergaberecht vor, da keine drei Anbieter ordnungsgemäß zur Angebotsaufgabe aufgefordert wurden. Unstrittig war die VOL/A auf diese Vergabe anzuwenden, da es sich nicht um eine freiberufliche Tätigkeit, sondern vielmehr um die Lieferung der Pultträger und Betonsockel handelte. Dabei lag zum Zeitpunkt der Vergabe lediglich ein aktuelles Angebot vor, nämlich das Angebot der Metallbau-Schlosserei Z.. Die übrigen Angebote stammten aus dem Jahr 2011 und waren an die Landwirtschaftskammer Uelzen, Bezirksstelle Uelzen, adressiert; sie waren somit nicht Bestandteil des vorliegenden Vergabeverfahrens. Die geforderte Lieferung stellte hierbei jeweils nur einen Teil des Gesamtangebots dar, weshalb eine Vergleichbarkeit fehlt. Hinzu kommt, dass zunächst kein Angebot für die Lieferung der Betonsockelsteine angefordert wurde. Dies erfolgte nach Auskunft des Klägers erst später telefonisch, so dass auch hier die notwendige Dokumentation fehlt. Gründe, die ein Abweichen vom ordnungsgemäßen Vergabeverfahren rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

69

f. Der Beklagte hat das ihm nach § 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG eröffnete Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt.

70

Der Beklagte musste kein Ermessen ausüben hinsichtlich der Frage, ob der Zuwendungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit oder mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden soll. Denn derartige Erwägungen sind nur anzustellen, wenn ein Widerruf nach § 49 Abs. 3 VwVfG mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen soll. Der Widerruf mit Wirkung für die Zukunft stellt - auch nach § 49 Abs. 3 VwVfG - den gesetzgeberischen Normalfall dar (vgl. § 49 Abs. 4 VwVfG), so dass selbst auf dieser Rechtsgrundlage keine entsprechenden Ermessenserwägungen notwendig gewesen wäre. Vorliegend erfolgte der Widerruf aber bereits nicht nach § 49 Abs. 3 VwVfG, sondern nach § 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG. Dieser lässt ausschließlich den Widerruf mit Wirkung für die Zukunft zu, so dass Ermessenserwägungen zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Widerrufs weder notwendig noch rechtlich überhaupt möglich waren.

71

Der Beklagte führte im Bescheid vom 16. November 2015 aus, dass das öffentliche Interesse an der Beachtung der Vergabevorschriften und der zweckentsprechenden Verwendung der Fördermittel Vorrang vor dem Interesse am Erhalt der Fördermittel habe. Dabei hat der Beklagte berücksichtigt, dass der Kläger durch die Auflage von der Notwendigkeit der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens wusste und darin ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass im Falle eines Verstoßes der Widerruf des Zuwendungsbescheides drohe. Somit habe kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf Erhalt der Förderung trotz Nichtbeachtung der Vergabevorschriften bestanden, so dass dem besonderen öffentlichen Interesse an einem fairen Wettbewerb, insbesondere bei der Auftragsvergabe von öffentlich geförderten Maßnahmen, der Vorrang einzuräumen sei. Die insoweit angestellten Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden, zumal hier ein Fall intendierten Ermessens vorliegt. (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.06.1997 - 3 C 22.96 -, juris, Rn. 14; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2015 - OVG 7 B 4.15 -, juris, Rn. 29). Dem gesetzlichen Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten (§ 7 Abs. 1 LHO i.V.m. § 6 Abs. 1 Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder), ist zu entnehmen, dass bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zweckes im Regelfall das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden kann. Diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verbieten einen großzügigen Verzicht auf den Widerruf von Subventionen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1997 - 3 C 22.96 -, juris, Rn. 16). Es müssten somit besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen; soweit ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vorliegt, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst, so dass es insoweit nach § 39 Abs. 1 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung bedarf (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1997 - 3 C 22.96 -, juris, Rn. 14; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2015 - OVG 7 B 4.15 -, juris, Rn. 29; Nds. OVG, Beschl. v. 23.08.2007 - 5 LA 123/06 -, juris, Rn. 12). Ein Ermessenfehlgebrauch liegt dann nur vor, wenn der Behörde die außergewöhnlichen Umstände des Falles, die eine andere Entscheidung als möglich erscheinen lassen, bekannt oder erkennbar sind, sie diese Umstände aber nicht erwogen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1997 - 3 C 22.96 -, juris, Rn. 14; Urt. v. 23.05.1996 - 3 C 13.94 -, juris, Rn. 51; BayVGH, Urt. v. 15.03.2001 - 7 B 00.107 -, juris, Rn. 31). Anderenfalls ist eine Entscheidung ohne weitere Abwägung des Für und Wider möglich (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1997 - 3 C 22.96 -, juris, Rn. 17), die im Bedarfsfall gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1997 - 3 C 22.96 -, juris, Rn. 19), d.h. es erübrigt sich eine diesbezügliche Begründung (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.05.1996 - 3 C 13.94 -, juris, Rn. 51).

72

Außergewöhnliche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere ist hierfür nicht von Bedeutung, ob letztlich durch den Verstoß gegen das Vergaberecht ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist, weil durch die Bestimmungen der VOL/A insbesondere auch der faire Wettbewerb gesichert werden soll (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.10.2013 - 9 S 123/12 - juris, Rn. 30; VG Münster, Urt. v. 07.09.2016 - 9 K 3118/12 -, juris, Rn. 58 ff.). Da die Einbeziehung vergaberechtlicher Vorschriften in den jeweiligen Zuwendungsbescheid dazu dienen soll, hypothetischen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen vorzubeugen, indem ein formalisiertes Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots durchgeführt wird, bleibt es der für den Widerruf zuständigen Behörde erspart, praktisch kaum durchführbare Nachforschungen im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit durchzuführen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.10.2013 - 9 S 123/12 -, juris, Rn. 61; Attendorn, a.a.O., 994). Hinzu kommt hier, dass es sich nicht um einen einmaligen oder - wertmäßig - ganz geringfügigen Verstoß handelt, sondern bei der Vergabe mehrerer Aufträge Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften festgestellt worden sind.

73

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 26. Februar 2014 den Bewilligungszeitraum bis zum 30. September 2014 verlängerte. Die Verlängerung des Bewilligungszeitraums erfolgte ohne eine Prüfung der zuvor eingereichten Unterlagen. Sie erweckte ersichtlich keinen Rechtsschein, dass eine Prüfung der Unterlagen in vergaberechtlicher Sicht zuvor erfolgt wäre und es keine Beanstandungen gäbe.

74

g. Schließlich war der Beklagte auch nicht nach § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG aufgrund der Jahresfrist gehindert, den Zuwendungsbescheid teilweise zu widerrufen. Danach ist der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche den Widerruf eines Verwaltungsakts rechtfertigen. Unabhängig davon, ob - wie vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - aufgrund der Geltung des EU-Rechts die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG vorliegend überhaupt anwendbar ist, kann sich der Kläger als Gebietskörperschaft (§ 3 Abs. 1 NKomVG) aufgrund seiner eigenen Bindung an Recht und Gesetz nicht auf die besonderen Vertrauensschutzbestimmungen des § 48 VwVfG berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2015 - 10 C 15.14 -, juris, Rn. 20 zu dem insoweit identischen § 48 Bay. VwVfG; BayVGH, Urt. v. 10.12.2015 - 4 BV 15.1830 -, juris, Rn. 45, ebenfalls zu § 48 Bay. VwVfG). Insoweit bestehen aber schutzwürdige Interessen, die beim Rücknahmeermessen zu berücksichtigen wären (vgl. BayVGH, Urt. v. 10.12.2015 - 4 BV 15.1830 -, juris, Rn. 45).

75

Hinzu kommt, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses des Rücknahmebescheids vom 16. November 2015 noch kein Jahr seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Beklagten von den Tatsachen, die eine Rücknahme rechtfertigen (können), vergangen war. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt erst zu laufen, wenn dem nach der behördeninternen Geschäftsverteilung zuständigen Amtswalter alle für die Rücknahme erheblichen Tatsachen vollständig und zweifelsfrei bekannt sind (vgl. BayVGH, Urt. v. 10.12.2015 - 4 BV 15.1830 -, juris, Rn. 47 unter Verweis auf BVerwG [GS], Beschl. v. 19.12.1984 - GrSen 1/84 u.a. -, BVerwGE 70, 356/364 f.). Die Behörde muss hierfür die Verwendungsnachweise und sonstigen Unterlagen des Zuwendungsempfängers vollständig erhalten und konkret geprüft haben (vgl. Folnovic/Hellriegel, a.a.O., 639 f.). Bedenken im Hinblick auf die hier festgestellten vergaberechtlichen Verstöße sind beim Beklagten ausweislich der vorgelegten Verwaltungsvorgänge erstmalig nach Prüfung der mit dem Verwendungsnachweis vorgelegten Unterlagen im Juni 2015 entstanden. Diese sind in der Folgezeit weiter geprüft worden, der Kläger hat Gelegenheit zur Erläuterung und Stellungnahme erhalten. Bei dem (Teil-)Widerruf des Zuwendungsbescheides am 16. November 2015 war die Jahresfrist jedenfalls nicht abgelaufen. Dabei ist unerheblich, dass die Vergabeunterlagen größtenteils schon mit dem Verwendungsnachweis im September 2014 vorgelegt worden sind. Denn die Prüfung dieser Unterlagen erfolgte erst im Juni 2015. Die bloße Möglichkeit, von dem Vergaberechtsverstoß Kenntnis zu nehmen, setzt noch nicht die Jahresfrist in Gang. Im Übrigen beginnt die Jahresfrist erst dann zu laufen, wenn die Behörde den Auflagenverstoß erkannt hat und ihr die weiteren für die Widerrufsentscheidung erheblichen Tatsachen - damit insbesondere die für die Ermessensbetätigung wesentlichen Umstände - vollständig bekannt sind. Daher gehört es zur Herstellung der Entscheidungsreife, dass der Behörde auch die Umstände bekannt sind, die in der Sphäre des anzuhörenden Betroffenen liegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.10.2013 - 9 S 123/12 -, juris m.w.N.), so dass die Frist regelmäßig erst mit Beendigung der Anhörung zu laufen beginnt (vgl. Attendorn, a.a.O., 995). Wie oben dargestellt, ändert hieran nichts, dass der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 26. Februar 2014 den Bewilligungszeitraum bis zum 30. September 2014 verlängerte.

76

2. Die Klage ist hinsichtlich des Klagantrags zu 2. unzulässig. Die Leistungsklage ist ausgeschlossen, wenn und soweit sich der Rechtsstreit auf einen Verwaltungsakt bezieht oder auf eine Regelung, die eine Behörde durch Verwaltungsakt treffen soll. Wenn die Behörde über die Gewährung oder Versagung der begehrten Leistung durch Verwaltungsakt entscheidet, ist ausschließlich die Verpflichtungsklage zulässig. Geht es um eine öffentlich-rechtliche Zahlung des Staates an den Bürger und ist für diese der vorherige Erlass eines Bewilligungsbescheides notwendig, muss zunächst Verpflichtungsklage auf Vornahme erhoben werden. Raum für einen Rechtsschutz allein mittels einer allgemeinen Leistungsklage bleibt nur dort, wo die in einem Verwaltungsakt bewilligte Leistung durch den Hoheitsträger nicht erbracht wird oder wenn der Kläger einen Rechtsanspruch auf eine Geldleistung hat und dieser nicht zwingend ein Verwaltungsakt vorgeschaltet ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 23. Aufl. 2017, § 42 Rn. 13).

77

Zwar war durch den Beklagten bereits der Zuwendungsbescheid vom 13. Juni 2013 erlassen worden. Dieser allein ist aber noch nicht die Grundlage, um die Zahlung der Zuwendung unmittelbar vom Beklagten verlangen zu können. Vielmehr ist durch den Zuwendungsbescheid lediglich eine Entscheidung dem Grunde nach getroffen und eine Förderhöchstsumme festgelegt worden; somit steht er unter dem Vorbehalt der Prüfung des Auszahlungsbetrags. Die Festsetzung des konkreten Auszahlungsbetrags erfordert einen weiteren Verwaltungsakt, durch den der Beklagte nach Prüfung des Verwendungsnachweises den Rechtsgrund für die Auszahlung schafft. In Höhe des geforderten Betrages von C. EUR ist aber noch kein entsprechender Verwaltungsakt erlassen worden, weshalb lediglich eine Klage auf Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts zulässig sein könnte.

78

Die Klage wäre aber, wenn sie zulässig wäre, auch unbegründet, da der Kläger aufgrund des Teilwiderrufsbescheids keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung des geforderten Betrages hat. Wie oben ausgeführt, folgt ein solcher Anspruch nicht daraus, dass der Zuwendungsbescheid lediglich mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen wurde. Denn zum für die Verpflichtungsklage erheblichen Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung war der Zuwendungsbescheid widerrufen und somit nach § 49 Abs. 4 VwVfG unwirksam, so dass auch aus diesem Grund keine Zahlung auf Grundlage des Zuwendungsbescheids beansprucht werden kann.

79

Der hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung, dass ein Anspruch auf Zahlung besteht, ist aus den o.g. Gründen wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ebenfalls unzulässig. Denn danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte - wie hier - durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Zudem wäre die Feststellungklage aus den o.g. Gründen unbegründet.

80

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

81

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.

 


Abkürzung FundstelleWenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE180001619&psml=bsndprod.psml&max=true

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen