Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 A 164/14

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen eine Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge.

2

Der am 20. Dezember 1981 geborene Kläger stand als Soldat auf Zeit zuletzt im Rang eines Stabsunteroffiziers (Besoldungsgruppe A 7) im Dienst der Beklagten. Mit Ablauf des 31. Dezember 2011 endete seine achtjährige Verpflichtungszeit. In der Zeit vom 01. Januar 2012 bis zum 30. September 2013 bezog der Kläger aufgrund des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung Nord (WBV) vom 19. November 2011 Übergangsgebührnisse nach § 11 Soldatenversorgungsgesetz (SVG). In einem dem Bescheid beigefügten Merkblatt wies die WBV den Kläger u.a. darauf hin, dass er die Höhe der Einkünfte aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst mitzuteilen habe und beim Bezug derartiger Einkünfte die Übergangsgebührnisse ggf. gekürzt würden. Bereits mit Schreiben vom 03. November 2011 hatte die WBV den Kläger darauf hingewiesen, dass er als Empfänger von Übergangsgebührnissen verpflichtet sei, der zuständigen WBV seine Einkünfte mitzuteilen.

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Am 21. November 2011 teilte das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein der WBV mit, dass der Kläger zum 01. Januar 2011 beim Landespolizeiamt Schleswig-Holstein in der Entgeltgruppe 9 Stufe 3 TV-L mit einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 2.666,15 Euro eingestellt werde. Daraufhin erstellte die WBV unter dem 18. Dezember 2011 einen sog. Ruhensregelungsbescheid, mit dem die dem Klägerzustehenden Übergangsgebührnisse unter Beachtung seines (Verwendungs-)Einkommens ab 01. Januar 2012 berechnet wurden. Aufgrund von Besoldungserhöhungen berechnete die WBV mit Bescheiden vom 22. Januar und 22. Juli 2012 die Übergangsgebührnisse neu, wobei sie jeweils ein Einkommen aus der Verwendung in Höhe von 2.666,15 Euro zugrundelegte.

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Unter dem 01. August 2012 übersandte das Landespolizeiamt der WBV Verdienstabrechnungen des Klägers für die Monate Januar bis März 2012, wonach dem Kläger ein über 2.666,15 Euro hinausgehendes Bruttoentgelt gezahlt worden war. Gleichwohl legte die WBV einer - wegen einer weiteren Besoldungserhöhung notwendigen - Neuberechnung der Übergangsgebührnisse mit Bescheid vom 16. Dezember 2012 weiterhin ein Einkommen aus der Verwendung in Höhe von 2.666,15 Euro zugrunde. In diesem Bescheid wies die WBV den Kläger ebenso wie in den vorangegangenen Ruhensregelungsbescheiden auf die ihm nach § 60 SVG obliegende Mitteilungspflicht hin.

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Auf eine Bitte des nunmehr zuständigen Bundesverwaltungsamtes (BVA) teilte das Finanzverwaltungsamt Schleswig-Holstein am 05. August bzw. 23. September 2013 die dem Kläger ab März 2012 bis August 2013 zustehenden Bruttogehälter mit. Daraufhin berechnete das BVA mit Bescheid vom 20. Oktober 2013 die dem Kläger ab März 2012 zu zahlenden Übergangsgebührnisse neu. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger keinen Widerspruch ein.

6

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2013 teilte das BVA dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, überzahlte Versorgungsbezüge in Höhe von 7.243,04 Euro von ihm zurückzufordern, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger wies daraufhin mit Schreiben vom 29. November 2013 darauf hin, ihm sei bei Antritt seiner Stelle beim Land Schleswig-Holstein mitgeteilt worden, dass der Abgleich seiner Einkünfte zwischen den Ämtern selbständig ablaufe und er sich darum nicht mehr zu kümmern brauche. Zudem habe sich seine Entgeltgruppe - mit Ausnahme des letzten Monats - nicht geändert. Mit den zusätzlichen Einnahmen habe er Ausgaben getätigt, die er sonst nicht gemacht hätte.

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Mit Bescheid vom 18. Dezember 2013 forderte das BVA den Kläger gemäß § 49 Abs. 2 SVG auf, bis zum 15. Januar 2014 im Zeitraum vom 01. Januar 2012 bis 30. September 2013 überzahlte Übergangsgebührnisse in Höhe von 7.243,04 Euro zurückzuzahlen. Dies tat der Kläger am 16. Januar 2014 unter Vorbehalt.

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Unter dem 15. Januar 2014 legte der Kläger gegen den Rückforderungsbescheid Widerspruch ein. Zur Begründung führte er in einem späteren Schreiben im Wesentlichen aus:

9

Er berufe sich auf Entreicherung. Er habe die Überzahlungen im Rahmen seiner allgemeinen Lebensführung verbraucht. Er hafte nicht verschärft, weil ihm weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit im Hinblick darauf vorgeworfen werden könnten, dass er den Mangel des rechtlichen Grundes nicht erkannt oder eine Mitteilungspflicht verletzt habe. Er habe sich darauf verlassen können, dass der notwendige Datenabgleich zwischen den Ämtern automatisch erfolgen würde. Er habe daher auch keinen Anlass gehabt, Bezügemitteilungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, zumal sich sein Einkommen nicht durch Einweisung in eine höhere Entgeltgruppe verändert habe.

10

Mit Änderungsbescheid vom 01. August 2014 berechnete das BVA auch die dem Kläger im Januar und Februar 2012 zustehenden Übergangsgebührnisse neu. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger unter dem 03. September 2014 Widerspruch ein mit der Begründung, die Versorgungsbezüge seien korrekt ermittelt worden und dürften nicht rückwirkend nach mehr als zwei Jahren zu seinem Nachteil verändert werden.

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Durch Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2014 wies das BVA die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 18. Dezember 2013 und 01. August 2014 als unbegründet zurück und korrigierte die Höhe des Rückforderungsbetrages auf 7.448,76 Euro. Rechtsgrundlage für die Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge, zu denen gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 1 SVG die Übergangsgebührnisse zählten, sei § 49 Abs. 2 SVG in Verb. mit §§ 812 ff BGB. Der Kläger könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, da er der verschärften Haftung nach § 49 Abs. 2 Satz 1 SVG in Verb. mit §§ 820 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB unterliege. Ruhegehaltsfestsetzungsbescheiden sei bzgl. der Anwendung der Ruhensvorschriften (hier § 53 SVG) ein gesetzlicher Vorbehalt der Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge immanent mit der Folge, dass die Einrede des Wegfalls der Bereicherung ausgeschlossen sei. Ein solcher Vorbehalt sei auch dann anzunehmen, wenn der Pensionsfestsetzungsbehörde erst nach Festsetzung der Versorgung bekannt werde, dass der Versorgungsberechtigte von Anfang an anderweitiges zu berücksichtigendes Einkommen gehabt habe. Dieser immanente Gesetzesvorbehalt unterliege grundsätzlich keinen zeitlichen Beschränkungen. Eines ausdrücklichen Vorbehalts bedürfe es nicht. Es komme auch nicht darauf an, ob sich der Versorgungsempfänger dieses Vorbehalts bewusst gewesen sei. Ruhensberechnungen seien in der Regel keine endgültigen Bescheide und trügen den Vorbehalt einer späteren Änderung in sich.

12

Es könne auch nicht gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Zwar sei der Versorgungsdienststelle ein gewisses Mitverschulden daran anzulasten, dass die in den Monaten Januar bis März 2012 aufgetretene Überzahlung nicht bereits nach der Meldung des Landespolizeiamtes im August 2012, sondern erst im August 2014 geltend gemacht worden sei. Der Kläger habe jedoch trotz seiner Mitteilungspflichten, auf die er wiederholt hingewiesen worden sei, seine Bezüge nicht selbst beim Landespolizeiamt angezeigt. Der Kläger habe Kenntnis davon gehabt, dass die Höhe seines Verwendungseinkommens ein entsprechendes Ruhen seiner Übergangsgebührnisse zur Folge gehabt habe und diese insoweit unter dem Vorbehalt der Rückforderung gestanden hätten. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn ein Mitarbeiter der Versorgungsdienststelle dem Kläger mündlich zugesagt haben sollte, dass er von einer eigenständigen Mitteilung seiner Einkommensverhältnisse absehen könne. Darin könne keine rechtsverbindliche Zusage gesehen werden, von einer Rückforderung gleichwohl überzahlter Versorgungsbezüge abzusehen. Auch bedürfte diese zu ihrer Wirksamkeit nach § 38 VwVfG der Schriftform. Beamte, Richter und Soldaten seien aufgrund ihrer dem Dienstherrn gegenüber obliegenden Treuepflicht gehalten, die ihnen gewährten Zahlungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Bei Unklarheiten oder Zweifeln seien sie verpflichtet, sich durch Rückfragen bei der anweisenden Stelle Gewissheit zu verschaffen, ob eine Zahlung zu Recht erfolgt sei oder nicht. Demgegenüber sei es im Hinblick auf die Fehlerquote nicht angemessen, ein aufwändiges Kontrollverfahren einzuführen, nur um die in einer Massenverwaltung immer wieder gegebene Möglichkeit gelegentlich auftretender Fehler auszuschalten. Bei Gewichtung der beiderseitigen Verschuldensbeiträge könne ein überwiegendes Verschulden auf Seiten der Bundeswehr nicht festgestellt werden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Begleichung des Restbetrages in Höhe von 205,72 Euro den Kläger in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringe. Unter Berücksichtigung des teilweisen Mitverschuldens der Bundeswehr und um unbillige Härten zu vermeiden, werde eine ratenweise Tilgung zugelassen (jeweils 70,- Euro für Dezember 2014 und Januar 2015 und 65,72 Euro für Februar 2015).

13

Am 05. November 2014 hat der Kläger Klage beim hiesigen Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung trägt er, ergänzend zu seinen Ausführungen in der Widerspruchsbegründung, im Wesentlichen vor:

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Die jetzt noch geltend gemachte Rückforderung in Höhe von 205,72 Euro verstoße gegen Treu und Glauben, da die ursprünglich ergangene Ruhensberechnung nicht nach mehreren Jahren nachträglich zu seinen Ungunsten verändert werden könne.

15

Die Rückforderung von 7.243,04 Euro sei verwirkt. Zum Einen habe die Beklagte Jahre gebraucht, um den Rückforderungsanspruch zu bemerken und zu beziffern. Darüber hinaus sei die Rückforderung aus den in der Widerspruchsbegründung genannten Gründen treuwidrig. Er habe die Absprache zwischen der Beklagten und der aktuellen Besoldungsstelle, Informationen untereinander auszutauschen, nicht als Zusicherung dahingehend verstanden, dass von einer Rückforderung für immer abgesehen würde. Vielmehr habe er dies so verstanden, dass der Informationsaustausch auf dem direkten Weg effizienter und weniger fehleranfällig sei, als wenn er die Informationen weitergeben müsse. Dass die Beklagte erst nach mehreren Jahren mit der Rückforderung an ihn herantrete, zeige aus seiner Perspektive, dass er über die gesamte Zeit davon habe ausgehen können, dass dieser direkte Informationsaustausch auch funktionieren würde. Dies begründe sein Vertrauen auf den Bestand der Festsetzungen. Im Rahmen der Billigkeitserwägungen hätte die Beklagte darauf abstellen müssen, dass die sehr späte Rückforderung ausschließlich auf Fehler zurückzuführen sei, die in ihrem eigenen Verantwortungsbereich lägen. Dies müsse zu einer Reduzierung der zurückgeforderten Summe um wenigstens 30% führen.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 18. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2014 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Sie erwidert, ergänzend zu ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid, im Wesentlichen:

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Der Einwand der Entreicherung sei dem Kläger auch deshalb abgeschnitten, weil der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich war, dass der Kläger ihn hätte erkennen müssen (§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB in Verb. mit § 49 Abs. 2 Satz 2 SVG). Der Kläger sei u.a. mit mehreren Ruhensbescheiden und mit dem „Merkblatt zu den Übergangsgebührnissen“ vom 19. November 2011 ausführlich informiert worden, dass die Zahlung der Übergangsgebührnisse unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Regelung nach den Ruhensvorschriften der §§ 53, 55 und 55a SVG stehe. Der Kläger sei weiter wiederholt darauf hingewiesen worden, dass Übergangsgebührnisse im Falle der Erzielung eines Erwerbseinkommens aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst innerhalb bestimmter Höchstgrenzen der Ruhensregelung unterlägen. Grundlage für die durchgeführten Ruhensregelungen seien ausschließlich die vom Landespolizeiamt übersandten Mitteilungen gewesen, da der Kläger selbst seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen sei. Behauptete Absprachen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gebe und deren Vorliegen bestritten werde, änderten nichts an der gegebenen Sach- und Rechtslage.

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Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 18. Juni 2015 der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

23

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

26

Rechtsgrundlage für die Rückforderung überzahlter Übergangsgebührnisse durch die Beklagte ist § 49 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen in der Fassung vom 16. September 2009 (BGBl. I S. 3054 - SVG). Danach regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Übergangsgebührnisse zählen zur Dienstzeitversorgung der Soldaten auf Zeit (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 SVG). Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, zur Herausgabe verpflichtet. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte zahlte dem Kläger in dem Zeitraum vom 01. Januar 2012 bis 30. September 2013 Übergangsgebührnisse in Höhe von 7.448,76 Euro zu viel aus, da deren Berechnung ein zu niedriges Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst (sog. Verwendungseinkommen, § 53 Abs. 6 Satz 1 SVG) zugrundelag. Der Bescheid vom 20. Oktober 2013 und der Änderungsbescheid vom 01. August 2014, in denen die dem Kläger in dem genannten Zeitraum zustehenden Versorgungsbezüge neu berechnet wurden, sind bestandskräftig geworden, nachdem der Kläger gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2013 keinen Widerspruch eingelegt bzw. nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens den Änderungsbescheid vom 01. August 2014 nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht hat. Gegen die Höhe des zurückgeforderten Betrages hat der Kläger im Übrigen keine Einwände erhoben.

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Der Kläger kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, weil er gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 SVG in Verbindung mit §§ 820 Abs. 1 Satz 2, 818 Abs. 4 BGB verschärft haftet und es deshalb nicht mehr darauf ankommt, ob er bei dem Verbrauch seiner Bezüge gutgläubig war (VG München, Urteil vom 26.04.2013 - M 21 K 11.4308 - zitiert nach juris Rn. 20). War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als ungewiss angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfangs rechtshängig geworden wäre (§ 820 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt (§ 820 Abs. 1 Satz 2 BGB). Gemäß § 818 Abs. 4 BGB haftet der Empfänger von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an nach den allgemeinen Vorschriften. Diese Regelung ist ihrem Sinngehalt nach auf Leistungen unter Vorbehalt anzuwenden, wenn beide Vertragsteile die Möglichkeit einer Rückforderung unterstellt haben, weil z.B. noch das Bestehen der Schuld geprüft werden muss oder es sich um eine vorläufige Leistung handelt. Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht die Vorschrift des § 820 BGB auf Zahlungen entsprechend angewandt, die unter ausdrücklichem oder gesetzesimmanentem Vorbehalt geleistet wurden. Einen solchen Vorbehalt hat das Bundesverwaltungsgericht bei Abschlagszahlungen, bei Fortzahlung von Bezügen, die einem entlassenen Beamten aufgrund einer gerichtlichen Aussetzung der Vollziehung mit Rücksicht auf die von ihm gegen die Entlassungsverfügung erhobene Klage gezahlt worden sind, sowie bei Regelungen über das Ruhen von Versorgungsbezügen angenommen, und zwar nicht nur bei rückwirkender Änderung des Einkommens aus Verwendung im öffentlichen Dienst oder bei rückwirkender Änderung der Versorgung, sondern auch, wenn der Pensionsregelungsbehörde erst nach der Festsetzung der Versorgung bekannt wird, dass der Versorgungsberechtigte von Anfang an anderweitiges Einkommen aus der Verwendung im öffentlichen Dienst hatte (BVerwG, Urteil vom 28.02.1985 - 2 C 16/84 - zitiert nach juris Rn. 22). Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum gesetzesimmanenten Vorbehalt der Rückforderung von Versorgungsbezügen beruht auf der Erwägung, dass rückwirkende Ruhensanordnungen - jedenfalls in der Regel - keine endgültigen Bescheide sind und wegen des gesetzlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen der Versorgung und dem von einem Versorgungsempfänger gleichzeitig erzielten Einkommen den Vorbehalt einer späteren Änderung in sich tragen. Bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge kann die Versorgungsbehörde nicht voraussehen, ob ihr nachträglich ein Einkommen des Versorgungsberechtigten bekannt wird oder ob eine spätere rückwirkende Änderung der Versorgungsbezüge oder des Verwendungseinkommens zugleich eine rückwirkende Änderung der Ruhensberechnung erforderlich macht. Nachträgliche rückwirkende Änderungen früherer Ruhensberechnungen sind daher - für den Versorgungsempfänger erkennbar - unvermeidlich und auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht ausgeschlossen (BVerwG, Urteil vom 25.11.1985 - 6 C 37/83 - zitiert nach juris Rn. 21).

28

Unterlagen die dem Kläger gezahlten Übergangsgebührnisse somit dem Vorbehalt einer späteren geänderten Festsetzung, ist eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ausgeschlossen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger den Mangel des rechtlichen Grundes der Leistung kannte (§ 819 Abs. 1 BGB) oder diesen hätte kennen müssen (§ 49 Abs. 2 Satz 2 SVG). Im Übrigen ist der Kläger von der WBV mehrfach schriftlich darauf hingewiesen worden, dass die Höhe der Übergangsgebührnisse von der Höhe anderweitig erzielten Einkommens abhängt. Er konnte sich daher darauf einstellen, dass sich im Falle eines höheren Verwendungseinkommens die ihm zustehenden Übergangsgebührnisse verringern würden (vgl. VG Dresden, Urteil vom 17.08.2015 - 11 K 3942/14 - zitiert nach juris Rn. 42).

29

Die von der Beklagten geltend gemachte Forderung ist nicht verjährt. Im Fall der Rückforderung von überzahlten Versorgungsbezügen gilt § 195 BGB in der jeweiligen Fassung. Nach dieser Vorschrift in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit Kenntnis der Anspruchsvoraussetzungen zum Schluss des Jahres. Es muss seitens der Behörde Kenntnis von Tatsachen vorliegen, auf die ein Rückforderungsanspruch gestützt werden kann (VG Ansbach, Urteil vom 14.03.2012 - AN 11 K 11.02443 - zitiert nach juris Rn. 30 mit weit. Nachw.). Kenntnis von einer möglichen Überzahlung der Übergangsgebührnisse erlangte die WBV für die Monate Januar bis März 2012 am 06. August 2012 und das Bundesverwaltungsamt für die Zeit ab März 2012 am 05. August bzw. 23. September 2013. Als der Leistungsbescheid vom 18. Dezember 2013 mit verjährungshemmender Wirkung (entspr. § 204 BGB; vgl. VG Ansbach, a.a.O.) erlassen wurde, war die dreijährige Verjährungsfrist daher noch nicht abgelaufen.

30

Der Rückforderungsanspruch war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht verwirkt. Zwar kann nach dem auch im Versorgungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben der Rückforderungsanspruch auch schon vor dem Ablauf der Verjährungsfrist verwirkt sein, was von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Für die Annahme der Verwirkung genügt aber - anders als für den Eintritt der Verjährung - nicht der bloße Zeitablauf. Vielmehr setzt sie zusätzlich ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten voraus, das geeignet ist, beim anderen Teil die Vorstellung zu begründen, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden. Außerdem wird eine Verletzung oder Gefährdung berechtigter Interessen des anderen Teils gefordert, etwa weil dieser sich auf die vom Berechtigten erweckte Erwartung, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht, einrichten durfte und eingerichtet hat (BVerwG, Beschluss vom 29.10.2008 - 2 B 22/08 - zitiert nach juris Rn. 4). Hier fehlt es bereits an einem bestimmten Verhalten der Beklagten, aus dem der Kläger schließen durfte, dass diese trotz seines gestiegenen Verwendungseinkommens und der damit verbundenen Überzahlung der Übergangsgebührnisse keine Rückzahlung verlangen würde. Allein die Untätigkeit der Behörde über einen längeren Zeitraum reicht dafür nicht aus. Darüber hinaus verstößt der Kläger seinerseits gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, indem er sich auf eine Verwirkung des Rückforderungsanspruchs beruft, obwohl sein eigenes Verhalten mit ursächlich für die eingetretene Überzahlung war. Der Kläger war im Hinblick auf seine beamtenrechtliche Treuepflicht gehalten, seine Bezügemitteilungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf evtl. Überzahlungen zu achten (BVerwG, Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 15/10 - zitiert nach juris Rn. 17). Hätte er der ihm gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SVG im Hinblick auf sein Verwendungseinkommen obliegenden Mitteilungspflicht, auf die er seitens der Beklagten mehrfach hingewiesen worden war, genügt, wäre es nicht zu den Überzahlungen gekommen. Dafür, dass dem Kläger seitens der Beklagten zugesagt wurde, der notwendige Datenabgleich zwischen den Ämtern würde automatisch erfolgen, gibt es in den Verwaltungsvorgängen keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere keine Aktennotiz. Dokumentiert in der Versorgungakte sind vielmehr die zahlreichen an den Kläger gerichteten Hinweise, Änderungen in seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere hinsichtlich seiner Einkünfte, unverzüglich der WBV mitzuteilen. Im Übrigen könnte im Hinblick auf die fehlende Schriftform in einer solchen Aussage - sollte sie gemacht worden sein - auch keine verbindliche Zusicherung gesehen werden. Darauf weist die Beklagte in ihrem WB zutreffend hin.

31

Von der Rückforderung kann mit Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung aus Billigkeit ganz oder zum Teil abgesehen werden (§ 49 Abs. 2 Satz 3 SVG). Die von der Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung leidet nicht an Ermessensfehlern. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezweckt die Billigkeitsentscheidung nach der inhaltsgleichen Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmal unter den Gesichtspunkten von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkung auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen. Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen (BVerwG, Urteil vom 27.01.1994 - 2 C 19.92 - zitiert nach juris Rn. 21f). Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt (BVerwG, Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 15/10 - zitiert nach juris Rn. 26). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hat in ihre Billigkeitserwägungen mit einbezogen, dass sie insofern einen Teil der Mitverantwortung trägt, als die in den Monaten Januar bis März 2012 aufgetretene Überzahlung nicht bereits nach der Meldung seitens des Landespolizeiamtes im August 2012, sondern erst im August 2014 geltend gemacht wurde. Dieses Mitverschulden ist jedoch als gering im Verhältnis zur Mitverantwortung zu werten, die den Kläger hinsichtlich der Überzahlung trifft. Dieser konnte den Ruhensregelungsbescheiden entnehmen, welches Einkommen aus seiner Verwendung der Berechnung seiner Übergangsgebührnisse zugrundelag. Durch einfaches Vergleichen mit der Bezügeabrechnung seines neuen Dienstherrn hätte der Kläger ohne Weiteres die deutliche Abweichung des bei der Ruhensberechnung berücksichtigten Einkommens von seinem tatsächlichen Einkommen erkennen können. Von einem Beamten kann eine sorgsame Prüfung seiner Abrechnungen erwartet werden. Der ihm im Hinblick auf sein Verwendungseinkommen gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SVG obliegenden Mitteilungspflicht ist der Kläger hingegen über 1,5 Jahre nicht nachgekommen. Mit der hinsichtlich des noch offenen Rückforderungsbetrages in Höhe von 205,72 Euro eingeräumten Ratenzahlung hat die Beklagte ihrem Mitverschulden an der eingetretenen Überzahlung hinreichend Rechnung getragen.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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