Urteil vom Verwaltungsgericht Sigmaringen - 5 K 3625/17

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine fristlose Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines freiwillig Wehrdienstleistenden.
Er wurde am 01.01.2016 als freiwillig Wehrdienstleistender in der Laufbahn Mannschaften des Truppendienstes in die Bundeswehr einberufen. Seine Dienstzeit wurde auf 20 Monate festgesetzt (reguläres Dienstzeitende: 31.08.2017). Zuletzt hatte er den Dienstgrad eines Hauptgefreiten inne und wurde er im Ausbildungszentrum Spezielle Operationen, Bereich Unterstützung in P. eingesetzt.
Im Januar 2017 erlangten die Dienstvorgesetzten des Klägers Erkenntnisse über „Aufnahmerituale“ am Standort P. und leiteten Ermittlungen ein. Befragungen von Soldaten am Standort - auch des Klägers - ergaben Hinweise auf zumindest vier derartige Vorfälle. Der Kläger räumte bei seiner Befragung ein, an solchen Vorfällen im Oktober/November 2016, am 15./16.12.2016 und am 12.01.2017 beteiligt gewesen zu sein.
Bei dem Vorfall im Oktober/November 2016 - das genaue Datum ist nicht mehr feststellbar - holten der Kläger und wenigstens drei weitere Beteiligte unter (äußerlich) körperlichem Zwang zwei Kameraden aus deren Stuben, zogen diesen Stiefelbeutel über den Kopf und fixierten ihre Hände mit Klebeband. Sodann wurden die so gefesselten Kameraden im Duschraum auf Stühle gesetzt und mit kaltem Wasser abgespritzt. Anschließend wurden die sog. „Opfer“ ins Freie verbracht. Dort wurde das Klebeband gelöst und die Stiefelbeutel wurden entfernt. Während des Vorfalls trugen einige der später als „Täter“ bezeichneten Beteiligten Uniformen mit Hoheitsabzeichen und waren mit Gas- bzw. Sturmmasken vermummt. Der ebenfalls an diesem Vorfall beteiligte Kläger im Verfahren 5 K 1934/17 erläuterte bei seiner Vernehmung (vgl. Niederschrift über die Vernehmung eines Soldaten vom 25.01.2017, Behördenakte zum Verfahren 5 K 2001/17, S. 8), dass es sich bei diesem Vorfall um eine „CAC inspirierte Aktion“ gehandelt habe (im Folgenden: „Gefangenenspiel“; CAC steht für „Conduct after Capture“ und bezeichnet ein militärisches Training für das Verhalten nach einer Gefangennahme). Auch der Kläger erklärte, dass es kein Ritual, sondern „ein Spiel“ gewesen sei. Wenigstens einer der Beteiligten filmte den Vorfall mit seinem Handy und schickte Aufnahmen an seine Freundin.
Bei den Aufnahmeritualen am 15./16.12.2016 und am 12.01.2017, die von den Beteiligten in ihren Vernehmungen als „Taufen“ bezeichnet wurden, holte der Kläger zusammen mit wenigstens drei anderen Beteiligten einen bzw. zwei Kameraden aus deren Stuben. Die betroffenen Kameraden mussten sich im Duschraum hinknien und wurden wiederum von den sog. „Tätern“ mit kaltem Wasser abgespritzt. Ob die sog. „Opfer“ bei diesen Vorfällen ebenfalls gefesselt und ihnen Stiefelbeutel über den Kopf gezogen wurden, ist unklar; einigen Zeugenaussagen zufolge sei dies der Fall gewesen, der Kläger und andere Zeugen verneinen dies.
Bei ihren Befragungen durch Dienstvorgesetzte gaben der Kläger und andere Beteiligte an, alkoholisiert gewesen zu sein. Die „Opfer“ seien vor den Vorfällen über den Ablauf der „Taufen“ bzw. des „Gefangenenspiels“ informiert worden und hätten sich mit ihrer Rolle als „Opfer“ einverstanden erklärt. Bei und nach den Vorfällen sei gelacht worden und man habe anschließend gemeinsam getrunken und gefeiert. Bei Zeugenbefragungen gaben die „Opfer“ z.T. an, die Geschehnisse als „feuchten Spaß“ und „einzigartiges Erlebnis“ in Erinnerung zu haben und bestanden darauf, dass kein Zwang ausgeübt worden sei.
Ende Januar wiederholte die Beklagte die Befragung einiger Beteiligter bzw. einiger Zeugen, weil der Verdacht aufgekommen war, dass es Absprachen über den Inhalt der Aussagen gegeben habe. Insbesondere die „Opfer“ bestanden bei ihrer erneuten Befragung darauf, an dem Aufnahmeritual und am „Gefangenenspiel“ freiwillig teilgenommen zu haben und nicht unter Druck gesetzt worden zu sein.
Am 23.01.2017 gab der Disziplinarvorgesetzte die Sache nach § 33 Abs. 3 WDO an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung und Gewaltdarstellung ab. Über die Frage, ob Anklage erhoben wird, hat die Staatsanwaltschaft bislang nicht entschieden.
Am 27.01.2017 beantragte der nächste Disziplinarvorgesetzte die Entlassung des Klägers nach §§ 58h Abs. 1, 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG. Dem Kläger wurde der Antrag am selben Tag eröffnet und mit ihm erörtert. Er gab an, mit der Personalmaßnahme nicht einverstanden zu sein und verzichtete ausdrücklich auf die Abgabe einer Stellungnahme. Die Anhörung der Gruppe der Soldaten im Personalrat lehnte er nicht ab. Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte unterstützte mit seiner Stellungnahme vom 30.01.2017 den Entlassungsantrag. Die Stellungnahme wurde dem Kläger am selben Tag eröffnet und mit ihm erörtert. Der Kläger verzichtete erneut ausdrücklich auf die Abgabe einer Stellungnahme. Die Gruppe der Soldaten im örtlichen Personalrat Ausbildungszentrum Spezielle Operationen erklärte in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2017, dass der Entlassungsantrag in der Personalratssitzung vom 26.01.2017 besprochen worden sei. Nachdem der Kläger keine Stellungnahme abgegeben und die Möglichkeit des Gesprächs mit dem Personalrat nicht wahrgenommen habe, habe sie beschlossen, den Antrag zu befürworten.
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Mit Bescheid vom 10.02.2017 entließ das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr den Kläger aus dem Dienstverhältnis eines freiwillig Wehrdienstleistenden fristlos. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, der Kläger habe insbesondere gegen seine Pflicht zur Kameradschaft und gegen seine allgemeine Wohlverhaltenspflicht schwerwiegend verstoßen und das in ihn „als Soldaten auf Zeit“ gesetzte Vertrauen grob missbraucht, indem er Kameraden mittels Gewalt aus ihren Unterkünften gezerrt, diese gefesselt und ihnen mittels eines Stiefelsacks jede Orientierung genommen habe, um sie dann unter kaltes Wasser zu setzen. Zudem stehe er im Verdacht, durch die genannten Handlungen mehrere Straftaten begangen zu haben, darunter Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung und Gewaltdarstellung. Die vorsätzlich begangenen Taten stellten schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen nach § 23 Abs. 1 SG dar. Die Bundeswehr sei auf Grund ihrer verfassungsmäßigen Stellung in die Werte- und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland fest eingebunden. Von jedem Soldaten der Bundeswehr werde allgemeine Rechtstreue erwartet. Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Dienstpflichten sei geeignet, andere Soldaten zur Nachahmung zu verleiten und damit einer allgemeinen Disziplinlosigkeit und einer damit einhergehenden Gefährdung der militärischen Ordnung Vorschub zu leisten. Bei einem Verbleib des Klägers im Dienst könne in und außerhalb der Bundeswehr der Eindruck entstehen, dass ein derartiges Verhalten ohne die erforderlichen Konsequenzen bliebe und vom Dienstherrn geduldet würde. Ohne die fristlose Entlassung wäre Anlass zu ähnlichem Verhalten für andere Soldaten gegeben. Ebenso habe er durch sein pflichtwidriges vorsätzliches Verhalten einen schwerwiegenden Vertrauensbruch begangen. Die Bundeswehr müsse uneingeschränktes Vertrauen in ihre Soldaten haben können. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein Soldat einen Kameraden durch Anwendung von körperlichem Zwang und Fixierung bis hin zur völligen Wehrlosigkeit in seiner Menschenwürde verletze. Die Dienstpflichtverletzungen seien dem militärischen Kernbereich zuzuordnen, was eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung begründe. Darüber hinaus sei ein solches Verhalten generell geeignet, sich negativ auf das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit auszuwirken. Dabei komme es allein darauf an, dass die begründete Besorgnis einer Ansehensschädigung durch sein Verhalten gegeben sei. Es entspreche in keiner Weise dem Ansehen der Bundeswehr, wenn sich Soldaten eigenmächtig und auch noch alkoholisiert an sog. „Aufnahmeritualen“ beteiligten. Jedwedes „Aufnahmeritual“ berge im Kern die Gefahr der Verselbstständigung in sich und überschreite schnell die rechtlich und dienstrechtlich tolerablen Grenzen, wie es auch im Fall des Klägers geschehen sei. Es entspreche in keiner Weise dem Ansehen der Bundeswehr und ihrem guten Ruf, wenn Außenstehenden vermittelt werde, Kameraden müssten sich durch die Teilnahme an entwürdigenden „Ritualen“ erst in die Lage versetzen lassen, „dazu zu gehören“. In diesem Zusammenhang sei auch die Berufung auf ein zugesagtes oder auch nur angenommenes Einverständnis der „Opfer“ verwehrt. Zum einen könnten die Betroffenen mangels detaillierten Wissens des in der Zukunft liegenden Geschehens das Ausmaß ihres Einverständnisses nicht absehen, zum anderen sei ein Verzicht auf die eigene Ehre und Würde innerhalb der Bundeswehr rechtlich nicht möglich. Der ernstlichen Gefährdung der militärischen Ordnung und dem Ansehensverlust der Bundeswehr könne nur mit der fristlosen Entlassung wirksam entgegengewirkt werden.
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Gegen die Entlassungsverfügung legte der Kläger am 02.03.2017 Beschwerde ein. In dieser machte er im Wesentlichen geltend, der Sachverhalt sei unvollständig und deshalb falsch dargestellt worden. Die Feststellung im Bescheid vom 10.02.2017 sei falsch, wonach die Geschehnisse im Oktober/November 2016 und die im Dezember 2016 und Januar 2017 identisch abgelaufen seien. Bei dem Geschehen im Oktober/November 2016 habe es sich nicht um ein Taufritual gehandelt. Man habe eine Gefangennahme darstellen wollen. Die „Opfer“ seien sowohl bei der Gefangennahme als auch bei den Taufen mit den Handlungen einverstanden gewesen und der Ablauf sei zuvor exakt angekündigt worden. Aus den Aussagen der „Opfer“ gehe hervor, dass keine Gewalt angewendet und kein Zwang ausgeübt worden sei. Das gesamte Geschehen sei - gerade auch von den „Opfern“ - als Spaß verstanden worden, der gut geeignet gewesen sei, die Kameradschaft zu fördern. Es sei nicht gegen den Willen der Kameraden verstoßen worden, so dass weder Rechtsverstöße noch Verstöße gegen Wertvorstellungen vorlägen. Die Wortwahl „Täter“ und „Opfer“ stamme nicht von ihm selbst, auch wenn er die Niederschrift der Vernehmung mit diesen Bezeichnungen unterschrieben habe. Es handle sich um die Wortwahl des Vernehmenden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass er und die anderen Beteiligten „Bauernopfer“ der Vorfälle rund um P. sein sollten. Es würden - auch in der Presse - „falsche Tatsachen“ verbreitet. Soweit ausgeführt werde, dass ein Einverständnis der Opfer nicht vom Gebot des Art. 1 Abs. 1 GG gedeckt sei, sei dies rechtsirrig. Ein einvernehmliches Geschehen sei nicht geeignet, das Ansehen der Bundeswehr zu gefährden. Es befremde, dass in den Akten die Niederschrift über Vernehmungen des „Opfers“ des Vorfalls im Oktober/November 2016 sowie über die Vernehmungen weiterer Soldaten fehlten. Er sei vom Personalrat zu keinem Zeitpunkt um die Abgabe einer Stellungnahme gebeten worden. Die Möglichkeit eines Gesprächs mit dem Personalrat, die er, wenn er davon gewusst hätte, gerne wahrgenommen hätte, sei ihm nicht aufgezeigt worden.
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Das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr wies die Beschwerde mit Bescheid vom 07.04.2017, dem Bevollmächtigten des Klägers zugegangen am 11.04.2017, als unbegründet zurück. Unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 10.02.2017 hieß es ergänzend zur Begründung im Wesentlichen, der Hinweis, dass alle Teilnehmer über die Vorgänge eingeweiht und damit einverstanden gewesen seien, gehe fehl. Die Aufnahmerituale seien nicht immer nach exakt dem gleichen Muster abgelaufen, da die „Täter“ ihr Vorgehen, insbesondere unter Alkoholeinfluss, nicht detailliert hätten vorhersagen können. Es sei fraglich, inwieweit sich die Kameraden dazu genötigt gefühlt hätten, ihr Einverständnis zu geben. Eine Kameradschaftspflichtverletzung betreffe immer auch den Kernbereich der militärischen Ordnung. Der Kläger habe gegen seine allgemeine Wohlverhaltenspflicht verstoßen, wonach jeder Soldat zur achtungs- und vertrauensvollen Dienstausübung verpflichtet sei. Der eingetretene Vertrauensverlust lasse sich auch objektiv feststellen, da die Vorgesetzten des Klägers seine Entlassung beantragt hätten. Die Verstöße des Klägers gegen seine Dienstpflichten seien geeignet, andere Soldaten zur Nachahmung zu verleiten und damit einer allgemeinen Disziplinlosigkeit und einer damit einhergehenden Gefährdung der militärischen Ordnung Vorschub zu leisten. Bei einem Verbleiben des Klägers im Dienst würde bei vielen Soldaten der Eindruck hervorgerufen, dass ein Freiwillig Wehrdienstleistender, der in einem besonderen Treueverhältnis stehe, ohne Folgen für seine Dienstverhältnisse derart erhebliche Dienstpflichtverletzungen begehen könne. Durch sein Verhalten habe er auch die Sicherheit der Truppe ernstlich gefährdet. Durch die selbst inszenierten Aufnahmerituale sei die körperliche Unversehrtheit der Kameraden gefährdet worden. Das Verhalten des Klägers habe andere Kameraden stark eingeschüchtert. Kameraden, die bisher nicht getauft worden seien, hätten ständig mit der Angst gelebt, dass sie bald an der Reihe seien und solche Taufen über sich ergehen lassen müssten. In einer Gesamtschau der vom Kläger begangenen schwerwiegenden Dienstpflichtverletzungen sei die Entlassung aus dem Dienstverhältnis das einzig geeignete Mittel, um der ernstlichen Gefährdung der militärischen Ordnung wirksam zu begegnen.
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Der Kläger hat am 09.05.2017 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In der Klagebegründung wiederholt er die Ausführungen aus seinem Beschwerdevorbringen. Ergänzend und vertiefend führt er im Wesentlichen aus, dass es sich bei einer Entlassung gem. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG um eine Entlassung wegen eines Dienstvergehens handle. Ein derartiges Dienstvergehen müsse jedoch durch ein Disziplinarverfahren oder durch das Truppengericht festgestellt werden. Bislang sei weder eine rechtskräftige strafrechtliche Entscheidung getroffen worden noch eine disziplinarrechtliche Würdigung durch eine zuständige Stelle erfolgt. Hieraus folge, dass von seiner Unschuld auszugehen sei. Eine Entlassung verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 3 GG sowie gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK. Der von der Beklagten zugrunde gelegte Sachverhalt habe sich so nicht zugetragen. Die Beklagte habe vergessen auszuführen, dass alle am behaupteten Tatgeschehen beteiligten Soldaten über den exakten Ablauf der Handlungen informiert und hiermit einverstanden gewesen seien. Es sei nicht einmal ansatzweise zu einer Körperverletzung oder einer Freiheitsberaubung gekommen.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Bundesamtes für Personalmanagement der Bundeswehr vom 10.02.2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 07.04.2017 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Entlassungsbescheid vom 10.02.2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 07.04.2017.
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Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung ein Lichtbild und zwei Videos in Augenschein genommen, die bei dem Vorfall im Oktober/November 2016 mit einem Handy aufgezeichnet worden waren. Der Kammer liegen die Akten des Bundesamts für Personalmanagement (drei Bände) sowie die Behörden- und Gerichtsakten aus den zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Parallelverfahren 5 K 1899/17, 5 K 1934/17 und 5 K 3459/17 sowie aus dem Antragsverfahren 5 K 2001/17 vor. Darauf, wie auch auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts für Personalmanagement der Bundeswehr vom 10.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.04.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21 
Rechtsgrundlage für die streitige Entlassung ist § 58h Abs. 1 Alt. 1 i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG.
22 
Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des Entlassungsbescheids sind weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich. Der Kläger wurde vor seiner Entlassung angehört. Ebenso erfolgte eine Anhörung des Personalrats gem. § 24 Abs. 1 Nr. 6 SGB i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 SBG, nachdem der Kläger dessen Anhörung nicht abgelehnt hatte.
23 
Die Entlassung ist auch materiell rechtmäßig.
24 
Nach § 58h Abs. 1 Alt. 1 SG endet der freiwillige Wehrdienst durch Entlassung entsprechend § 75 SG. Der Soldat ist gem. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG zu entlassen, wenn nach dem bisherigen Verhalten durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung oder die Sicherheit der Truppe ernstlich gefährdet würde.
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Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger leistete freiwilligen Wehrdienst. Nach seinem bisherigen Verhalten (dazu 1.) würde durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung ernstlich gefährdet (dazu 2.). Hieran knüpft als gebundene Entscheidung die fristlose Entlassung des Klägers aus seinem Dienstverhältnis an (dazu 3.).
26 
1. Der Kläger hat durch seine Beteiligung an den als „Taufe“ bezeichneten Aufnahmeritualen und an dem „Gefangenenspiel“ schuldhaft seine Dienstpflichten aus §§ 7 ff. SG verletzt. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG erfordert anders als § 55 Abs. 5 SG zwar keine schuldhafte Dienstpflichtverletzung, sondern lässt als Anknüpfungspunkt jedes (Fehl-)Verhalten genügen, das der Soldat während des bestehenden Wehrdienstverhältnisses begeht und stellt insoweit niedrigere Anforderungen (vgl. Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Aufl. 2016, § 75 Rn. 19 f.). Mit der Feststellung (sogar) einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung i.S.d. § 55 Abs. 5 SG - wie in den Parallelverfahren 5 K 1899/17 und 5 K 1934/17 - ist der Tatbestand des § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG aber insoweit jedenfalls erfüllt. Dabei liegt es nach Auffassung der Kammer nahe, dass es sich nicht nur bei den „Taufen“, sondern auch bei dem „Gefangenenspiel“ um ein Aufnahmeritual gehandelt hat. Hierfür spricht neben den Parallelen im Ablauf - in beiden Fällen werden Soldaten in den Duschraum verbracht und mit Wasser abgespritzt - auch, dass die sog. „Opfer“ des „Gefangenenspiels“ jedenfalls nach Aktenlage wohl zuvor noch keinem Aufnahmeritual in Form der „Taufe“ unterzogen worden waren. Außerdem gibt es Äußerungen von Beteiligten und Zeugen, die sämtliche Vorfälle als Aufnahmerituale bezeichneten. Dies kann jedoch letztlich offen bleiben, da sich an der Einordnung als Dienstpflichtverletzung bzw. Fehlverhalten und an der rechtlichen Bewertung im Übrigen - wie die folgenden Ausführungen zeigen - nichts ändert.
27 
a) Mit seiner Teilnahme an den „Taufen“ und dem „Gefangenenspiel“ hat der Kläger gegen seine Pflicht zur Kameradschaft gem. § 12 SG verstoßen.
28 
Nach § 12 SG beruht der Zusammenhalt der Bundeswehr wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Inhalt und bestimmende Faktoren der Pflicht zur Kameradschaft sind das gegenseitige Vertrauen des Soldaten, das Bewusstsein, sich jederzeit, vor allem in Krisen- und Notzeiten, aufeinander verlassen zu können, sowie die Verpflichtung zu gegenseitiger Achtung, Fairness und Toleranz (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.02.2017 - 2 WD 14.16 -, Rn. 20, juris; Urteil vom 24.04.2007 - 2 WD 9.06 -, NVwZ 2008, 92, 94; Scherer/Alff/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Aufl. 2013, § 12 Rn. 1). Aus der Verpflichtung, die Rechte des Kameraden zu achten, folgt, dass ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht nicht erst dann vorliegt, wenn ein Recht des Kameraden verletzt wird. Eine Gefährdung seiner Rechte reicht regelmäßig aus (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 12 Rn. 8 mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 31.10.1979 - 2 WD 108.78 -).
29 
Nach diesen Maßstäben ist es schon grundsätzlich kameradschaftswidrig, wenn Soldaten der Bundeswehr vom Dienstherrn nicht vorgesehene, selbst geschaffene Aufnahmerituale durchführen. Ein Aufnahmeritual zielt offenkundig darauf ab, einen geschlossenen Kreis zu bilden, der sich maßgeblich über das Aufnahmeritual definiert und der sich von den übrigen Kameraden, die es nicht durchlaufen haben, abgrenzt. Es wird bewusst eine Auswahl von Kameraden getroffen, die einer besonderen Gruppe angehören (dürfen). Daraus folgt zwangsläufig subjektiv eine Abwertung der Kameraden, die das Aufnahmeritual nicht über sich ergehen lassen (wollen) oder dafür erst gar nicht in Betracht gezogen werden. Eine derartige Abgrenzung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen widersprechen der aus § 12 SG resultierenden Pflicht zu gegenseitiger Achtung, Fairness und Toleranz gegenüber allen Kameraden.
30 
Ferner widersprechen derartige Aufnahmerituale auch dem Kameradschaftsbild des Soldatengesetzes im Ganzen, das dadurch gekennzeichnet ist, dass der Soldat schon durch seinen Eid und sein Gelöbnis nach § 9 SG in die Gemeinschaft aufgenommen ist. Der Kläger hat daher seine Kameradschaftspflicht gegenüber den Kameraden verletzt, die in die Aufnahmerituale nicht einbezogen waren oder gar ausgeschlossen wurden. Dies gilt umso mehr, als die Aufnahmerituale - wie verschiedene Zeugenaussagen in den Ermittlungen der Beklagten nahelegen - in der Einheit des Klägers bekannt waren und neu hinzugekommene Kameraden gezielt darauf angesprochen wurden. Durch die Inszenierung der Aufnahmerituale, die sich abends und nachts in den Stuben- und Duschräumen abspielten, wurden diese auch von nicht beteiligten Kameraden wahrgenommen. Aus den Vernehmungsprotokollen in den Behördenakten geht hervor, dass die Aufnahmerituale in den Gesprächen der Soldaten ein Thema waren und auf einzelne Soldaten offenbar auch durchaus beängstigend wirkten.
31 
Überdies hat der Kläger - in der konkreten Ausgestaltung der (wie dargelegt: schon grundsätzlich zu missbilligenden) Rituale - die Würde und Ehre seiner Kameraden missachtet und zudem ihre körperliche Unversehrtheit und ihr körperliches Wohlbefinden gefährdet, indem er sich an den als „Taufe“ bezeichneten Aufnahmeritualen bzw. dem sog. „Gefangenenspiel“ beteiligt und die betroffenen Kameraden Behandlungen unterzogen hat, die an Folter und Missbrauch von Gefangenen erinnern. Wie der Kläger selbst einräumt, hat er sich an mehreren der als „Taufe“ bezeichneten Rituale und insbesondere an dem „Gefangenenspiel“ beteiligt, bei dem Kameraden - jedenfalls nach dem äußeren Erscheinungsbild - unter Anwendung von Zwang aus ihren Stuben geholt und gefesselt wurden, einen Stiefelsack über den Kopf gezogen bekamen und mit kaltem Wasser, teils auch in Kopfhöhe, abgespritzt wurden. Ob sich die betroffenen Soldaten durch das Verhalten des Klägers subjektiv verletzt gefühlt haben, ist dabei unerheblich. Das Gebot, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm beizustehen, ist nicht um des einzelnen Soldaten willen in das Soldatengesetz aufgenommen worden. Es soll vielmehr Handlungsweisen verhindern, die objektiv geeignet sind, den militärischen Zusammenhalt zu gefährden, den Dienstbetrieb zu stören und dadurch letztlich auch die Einsatzbereitschaft der Truppe zu gefährden (BVerwG, Urteil vom 01.07.1992 - 2 WD 14.92 -, Rn. 11, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.10.1999 - 2 K 1634/98 -, Rn. 22, juris; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 12 Rn. 1).
32 
Die „Taufen“ und insbesondere das „Gefangenenspiel“ waren von ihrem Ablauf so gestaltet, dass sie äußerlich an Folterszenen erinnern, die darauf gerichtet sind, die Opfer nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit und körperlichen Unversehrtheit zu beeinträchtigen, sondern sie gerade auch in ihrer Ehre und Würde zu verletzen. Das Geschehen ist insoweit auch nicht - wie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - mit einem militärischen Training oder einem Theaterschauspiel vergleichbar, bei dem sich jemand unter professionellen Bedingungen mit dem Ziel des Erwerbs bestimmter Kompetenzen oder einer schauspielerischen Darstellung in der Rolle eines Opfers möglicherweise einer Belastungssituation aussetzt. Anders als bei solchen Inszenierungen liegt der Zweck und die „Herausforderung“ eines Aufnahmerituals typischerweise gerade darin, dass das „Opfer“ gezielt einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird und diese nach dem Willen der „Täter“ für eine ausreichende Zeit auch aushalten muss.
33 
Das Verhalten des Klägers war - dienstrechtlich betrachtet - auch nicht durch eine Einwilligung der betroffenen Kameraden gedeckt oder gerechtfertigt.
34 
Es ist bereits zweifelhaft, ob eine solche Einwilligung wirksam erfolgt sein kann. Zwar haben betroffene Kameraden in ihrer Vernehmung zum Teil angegeben, dass sie sich vor den Vorfällen mit ihrer Rolle als „Opfer“ und den Geschehensabläufen einverstanden erklärt und diese als „Spaß“ bzw. als „ein einmaliges Erlebnis“ in Erinnerung hätten. Unabhängig von der Bewertung dieser Einlassungen, deren Belastbarkeit durch die zwischenzeitlich zwischen „Tätern“ und „Opfern“ getroffenen Absprachen womöglich nicht unbeträchtlich relativiert ist, würde eine entsprechende „Einwilligung“ jedenfalls daran leiden, dass der exakte Verlauf derartiger Geschehnisse ohnehin überhaupt nicht vorhersehbar ist - und nach der Intention der Rituale auch gar nicht sein soll. Hinzu kommt gerade in der Truppe eine besondere Gruppendynamik, die es betroffenen Soldaten strukturell erschwert, sich einer Beteiligung an den Vorfällen in der Rolle als Opfer zu verweigern bzw. im Ablauf der Geschehnisse ggf. auf einen vorzeitigen Abbruch zu drängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, juris). Dass auch konkret auf einzelnen Kameraden ein ggf. nicht unbeträchtlicher Druck lastete, die Aufnahmerituale über sich ergehen zu lassen, um „dazu zu gehören“, wird beispielsweise an der Aussage des Klägers im Verfahren 5 K 1899/17 (vgl. Niederschrift über die Vernehmung eines Zeugen vom 16.01.2017, dortige Behördenakte, S. 20) deutlich, der berichtete, dass der Kamerad A., um seiner „Taufe“ zu entgehen, angeboten habe, eine Fliege oder Motte zu essen, was er in der Folge auch getan haben soll.
35 
Unabhängig von alledem berühren die „Taufen“ und das sog. „Gefangenenspiel“ die Würde der betroffenen Kameraden. Eine etwaige Einwilligung in eine Verletzung der unverzichtbaren Menschenwürde wäre irrelevant (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, Rn. 13, juris). Die Frage, inwieweit im Übrigen die Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung erfüllt gewesen sein mögen, kann daher letztlich dahinstehen. Selbst wenn die Betroffenen tatsächlich oder zum Schein den Willen gehabt und ausdrücklich oder konkludent erklärt haben sollten, sie würden ein solches Ritual dulden oder akzeptieren, stellt sich die jedenfalls objektiv ehrverletzende Behandlung durch den Kläger als Verstoß gegen die in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG normierte Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zum Schutze der unantastbaren Menschenwürde dar. Von dieser Verpflichtung kann der für den Staat handelnde Amtsträger oder Bedienstete auch nicht durch Einverständnis der Betroffenen als Individualgrundrechtsträger freigestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 2 WD 11.98 -, Rn. 13, juris). Dies gilt nicht nur im Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, sondern auch für den Kläger als einfachen Soldaten im Mannschaftsdienstgrad. Die Ereignisse spielten sich in den Mannschaftsunterkünften ab, die Beteiligten waren alle Soldaten und - jedenfalls bei dem „Gefangenenspiel“ - teils mit Uniformen und Gasmasken bekleidet; ferner zielten die Rituale gerade darauf ab, die Verhältnisse unter Mannschaftskameraden zu bestimmen. Nach dem Verständnis des Klägers und der weiteren „Täter“ sollte zur Truppe im engeren Sinne nur gehören, wer „getauft“ war und damit objektiv erniedrigende Maßnahmen über sich hat ergehen lassen. Die Rituale weisen damit einen starken Bezug zum Dienst auf, auch wenn sie sich erst nach Dienstschluss ereignet haben.
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b) Durch seine Beteiligung an den „Taufen“ und dem „Gefangenenspiel“ hat der Kläger auch gegen seine Pflichten aus §§ 7, 8 SG verstoßen, die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anzuerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten.
37 
Die Kernpflicht des Soldaten aus § 8 SG gebietet, sich mit der Idee der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, der er dienen soll, zu identifizieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, Rn. 4, juris). Identifizieren bedeutet dabei nicht nur, die Grundordnung dieses Staates anzuerkennen, sondern verlangt ein Mehr an staatsbürgerlicher Verpflichtung, das dem Soldaten wie auch dem Richter und Beamten auferlegt ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratie, die von ihren Bürgern die Verteidigung der freiheitlichen Ordnung erwartet. Das Prinzip der streitbaren Demokratie gilt auch für die innere Ordnung der Bundeswehr. Dementsprechend verlangt die politische Treuepflicht von jedem Soldaten die Bereitschaft, sich zu der Idee des Staates, dem er dient, zu bekennen und aktiv für ihn einzutreten. Daher gehört die Verletzung der politischen Treuepflicht zu den schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.11.2003 - 2 WDB 2.03 -, juris, Rn. 29; Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, Rn. 4, juris jeweils zur Verwendung von nationalsozialistischem Bild- bzw. Propagandamaterial). Ein solcher Verstoß liegt nicht nur dann vor, wenn sich ein Soldat für Ziele einsetzt, die geeignet sind, die freiheitlich demokratische Grundordnung auszuhöhlen, sondern bereits dann, wenn er sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die diesen Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, Rn. 4, juris). Ein Soldat wird deshalb nur dann seinen Verpflichtungen aus § 8 SG (und zugleich § 7 und § 17 Abs. 2 SG) gerecht, wenn er sämtliche Verhaltensweisen unterlässt, die objektiv geeignet sind, bei der Öffentlichkeit Zweifel an seiner Verfassungstreue zu erwecken (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 52, juris; VG Bremen, Urteil vom 05.08.2013 - 6 V 745/13 -, Rn. 23, juris).
38 
Das Verhalten des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Die Bundeswehr und ihre Soldaten sind an die Werte des Grundgesetzes wie das Rechtsstaatsprinzip gebunden und zum Schutz der Grundrechte und der Menschenwürde verpflichtet. Hieraus ergibt sich, dass die entwürdigende Behandlung von Personen - unabhängig davon, ob sie der Bundeswehr angehören oder nicht - zu unterbleiben hat. Insbesondere ist die Folter oder Misshandlung von Gefangenen - auch als militärische Maßnahme und ebenso als „Spiel“ - kategorisch auszuschließen. Zwar sind keine expliziten Äußerungen des Klägers oder anderer Beteiligter darüber aktenkundig, dass sie Folter oder die Misshandlung von Gefangenen in ihrer Tätigkeit als Soldaten für notwendig oder zumindest für akzeptabel hielten. Jedoch sind die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ objektiv dazu geeignet, Zweifel daran zu wecken, dass der Kläger und die übrigen Beteiligten die von einem Bundeswehrsoldaten einzufordernde ablehnende Einstellung und Haltung zu solchen Handlungen einnehmen und im Ernstfall auch vertreten werden. Es war dem Kläger als Bundeswehrsoldat abzuverlangen, jeden Anschein zu vermeiden, dass er derartige Maßnahmen (womöglich sogar im Einsatzfall) billigen oder jedenfalls mittragen würde, und sich von den durchgeführten „Taufen“ bzw. dem „Gefangenenspiel“ - auch wenn damit die erniedrigende Behandlung wehrloser Opfer nur „zum Spaß“ nachgestellt worden sein sollte - zu distanzieren und hiergegen vielmehr einzuschreiten.
39 
c) Der Kläger hat durch sein Verhalten auch die inner- und außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verletzt.
40 
Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG muss sein Verhalten dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Die Achtung eines und das Vertrauen in einen Soldaten beruhen wesentlich auf seiner moralischen Integrität (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 17 Rn. 17, m.w.N.). Die Achtungs- und die Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten können durch sein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Zuverlässigkeit weckt oder seine Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -, Rn. 65, juris).
41 
Durch seine Beteiligung an den Aufnahmeritualen bzw. an dem „Gefangenenspiel“ hat der Kläger die Achtung seiner Kameraden und das Vertrauen seiner Vorgesetzten erheblich beeinträchtigt. Zum einen hat er zu erkennen gegeben, dass er nicht davor zurückschreckt, Kameraden einer demütigenden Behandlung zu unterziehen, die mitunter die - gerade, als die Kameraden gefesselt waren und ihnen mit den Stiefelsäcken die Sicht genommen war - nicht vollends beherrschbare Gefahr von Körperverletzungen in sich barg, zumal die Beteiligten teils alkoholisiert waren. Zum anderen begründet die Gestaltung der Aufnahmerituale und des „Gefangenenspiels“ erhebliche Zweifel an der moralischen Integrität des Klägers, der sich an der Inszenierung von Folterszenen zum Spaß beteiligt und somit den für einen Bundeswehrsoldaten notwendigen Respekt vor der Würde und Ehre nicht nur der unmittelbar betroffenen Kameraden, sondern auch vor den tatsächlichen Opfern von Folter und Gewalt missen lässt.
42 
Das - im Kontext des § 17 SG relevante - Ansehen der Bundeswehr ist der gute Ruf der Bundeswehr oder einzelner ihrer Truppenteile bei außenstehenden Personen (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 17 Rn. 16, m.w.N.). Jeder Verstoß eines Soldaten gegen eine gesetzliche Dienstpflicht, die dem § 17 SG vorangestellt ist, enthält einen Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG, wenn dem festgestellten Verhalten unabhängig von anderen Pflichtverstößen die Eignung zur Ansehensminderung innewohnt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -, Rn. 65, juris). Eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr muss zur Feststellung einer Pflichtverletzung nach § 17 Abs. 2 SG nicht eingetreten sein, sondern es genügt, wenn das Verhalten des Soldaten dazu geeignet war. Allein entscheidend ist, ob ein vernünftiger, objektiv wertender Dritter, wenn er von diesem Verhalten Kenntnis erhielte, darin eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr oder der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des Soldaten sehen würde (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -, Rn. 65, juris; Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 50, juris).
43 
Das Verhalten des Klägers war nach diesen Maßstäben geeignet, das Ansehen der Bundeswehr zu schädigen. Die durchgeführten Aufnahmerituale und das sog. „Gefangenenspiel“ rufen bei einem objektiven Beobachter Assoziationen mit Folterszenen und Misshandlungen von Gefangenen hervor. Ungeachtet dessen, dass einzelne betroffene Kameraden ihre Behandlung - im Nachhinein - als „feuchten Spaß“ oder als „unvergessliches Erlebnis“ beschreiben, ist das Bekanntwerden derartiger Vorkommnisse dazu angetan, negative Vorurteile darüber zu schaffen und zu bekräftigen, wie Bundeswehrsoldaten miteinander umgehen und welche Misshandlungen (Nachwuchs-)Soldaten womöglich seitens ihrer Kameraden über sich ergehen lassen müssen. Überdies wecken die Vorfälle Zweifel daran, ob die Bundeswehr bzw. ihre Soldaten ihrer Aufgabe gerecht werden, eine Verteidigungsarmee zu sein, die ihre Bindung an die Verfassung und insbesondere ihre Pflicht, die Menschenwürde zu schützen, ernst nimmt. Auch hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in einer Einheit verwendet wurde, die potentiell an Auslandseinsätzen teilnimmt und dort gerade in Konfliktsituationen kommen kann, bei denen ein Handeln nach hohen moralischen Standards abverlangt wird. Derartige Einsätze und die dafür ggf. vorgesehenen Soldaten stehen in einem besonderen Fokus der Öffentlichkeit, die für die Probleme von Folter und Misshandlungen von Gefangenen nach Vorfällen wie in Abu Ghraib oder im Gefangenenlager Guantanamo besonders sensibilisiert ist.
44 
d) Die Dienstpflichtverletzungen beging der Kläger im Übrigen - ohne dass es darauf nach § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG ankommt - auch schuldhaft, da er diesbezüglich zumindest fahrlässig handelte. Er hätte wissen können und müssen, dass er durch sein Handeln die Rechte und Interessen seiner Kameraden, seine Achtung bei seinen Kameraden und Vorgesetzten, deren Vertrauen sowie das Ansehen der Bundeswehr beeinträchtigt. Bei gehöriger Anspannung seiner intellektuellen Fähigkeiten und seines Gewissens hätte er auch die Pflichtwidrigkeit seines Handelns erkennen können und müssen. Eine diesbezügliche vorhergehende Belehrung durch den Dienstherrn war nicht erforderlich. Dem Kläger mussten zumindest im Kern die Pflichten bekannt sein, die sich aus dem Soldatengesetz ergeben und die den Maßstab seines Handelns als Soldat bilden. Überdies war und ist dem Kläger als Staatsbürger abzuverlangen, Grundkenntnisse über die Wertordnung der Bundesrepublik Deutschland und ihres Grundgesetzes zu besitzen und danach sein Verhalten - gerade auch als Soldat - auszurichten.
45 
e) Der Annahme von Dienstpflichtverletzungen bzw. von einem (Fehl-)Verhalten i.S.d. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG steht auch nicht entgegen, dass es derzeit an entsprechenden (bindenden) Feststellungen in einem Disziplinar- oder Strafverfahren fehlt. Das Fehlverhalten des Klägers bzw. die schuldhafte Dienstpflichtverletzung konnte vielmehr vom Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr festgestellt werden und unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle; sie muss nicht durch den Disziplinarvorgesetzten oder durch das Truppendienstgericht festgestellt werden. Zwar steht die schuldhafte Dienstpflichtverletzung dem Dienstvergehen in § 23 Abs. 1 SG begrifflich gleich (vgl. Sohm in: Walz/Eichen/Sohm, a.aO., § 55 Rn. 67; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 55 Rn. 20). Die fristlose Entlassung nach § 58h Abs. 1 Alt. 1 , § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG ist aber - abgesehen von den positiven Bindungswirkungen des § 145 Abs. 2 WDO - nicht den Regeln der Wehrdienstordnung (WDO) unterworfen. Dabei gilt für das Verhältnis zwischen einfachen Disziplinarmaßnahmen und der fristlosen Entlassung nach § 58h Abs. 1 Alt. 1 SG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG sinngemäß das gleiche wie für das Verhältnis zwischen einfachen Disziplinarmaßnahmen und der fristlosen Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG. Dies ergibt sich daraus, dass § 55 Abs. 5 SG und § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG nach ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck die gleiche Funktion einnehmen (vgl. auch Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 75 Rn. 7, die pauschal auf die Kommentierung zu § 55 Abs. 5 SG verweisen). Dabei sind die Anforderungen des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG geringer, da diese Vorschrift lediglich ein Fehlverhalten und keine schuldhafte Dienstpflichtverletzung erfordert und für freiwillig Wehrdienstleistende, die sich ohnedies höchstens für 23 Monate verpflichten können, keine zeitliche Begrenzung vorsieht. Einfache Disziplinarmaßnahmen einerseits und die fristlose Entlassung gemäß § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG bzw. § 55 Abs. 5 SG andererseits sind rechtlich nebeneinander stehende Möglichkeiten einer Reaktion auf ein Fehlverhalten bzw. eine Dienstpflichtverletzung des Soldaten mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.1994 - 2 WDB 7.93 -, Rn. 8 f., juris zu § 55 Abs. 5 SG). Die Disziplinarmaßnahme zielt vorrangig auf eine erzieherische Wirkung ab und es liegen ihr ggf. auch generalpräventive Erwägungen zugrunde. Die fristlose Entlassung eines freiwillig Wehrdienstleistenden, dessen Rechtsstellung von vornherein nicht so gefestigt ist, dass er nur im Wege eines disziplinargerichtlichen Verfahrens aus dem Dienstverhältnis entfernt werden könnte, ist demgegenüber eine personalrechtliche Maßnahme, die allein dem Schutz der Streitkräfte vor künftigem Schaden dient. Diese unterschiedlichen gesetzgeberischen Intentionen finden auch in den jeweiligen Zuständigkeitsregelungen ihren Ausdruck. Für die Verhängung von einfachen Disziplinarmaßnahmen ist gemäß §§ 23, 25 Abs. 1 WDO grundsätzlich der nächste Disziplinarvorgesetzte, für die fristlose Entlassung eines freiwillig Wehrdienstleistenden gemäß § 58h Abs. 1, § 75 Abs. 3, § 4 Abs. 2 SG die zur Ernennung berufene Stelle zuständig. Wenngleich regelmäßig das Fehlverhalten bzw. die Dienstpflichtverletzung eines freiwillig Wehrdienstleistenden Voraussetzung für eine Entscheidung des Dienstherrn über dessen fristlose Entlassung ist, ist allein die Zukunftsprognose für die Wahrung der militärischen Ordnung oder die Sicherheit der Truppe bei einem weiteren Verbleiben des Soldaten im Dienstverhältnis maßgeblich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.1994 - 2 WDB 7.93 -, Rn. 8 f., juris zu § 55 Abs. 5 SG bzw. BVerwG, Urteil vom 07.07.2004 - 6 C 17/03 -, Rn. 44 zum gleichlautenden § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG). Auf die Schuldform oder die Schwere des Fehlverhaltens kommt es nicht an; insbesondere eine strafrechtliche Relevanz ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 2 C 17.91 -, Rn. 12, juris zu § 55 Abs. 5 SG; Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, a.a.O., § 75 Rn. 19). Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich erst beim Tatbestandsmerkmal der „ernstlichen Gefährdung“. Erst dort ist insbesondere zu prüfen, ob die Anwendung von Disziplinarmaßnahmen ggf. als milderes Mittel ausreichend und angemessen gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 2 C 17.91 -, Rn. 14, juris; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 55 Rn. 24).
46 
2. Durch ein Verbleiben des Klägers in der Bundeswehr würde die militärische Ordnung ernstlich gefährdet.
47 
Die fristlose Entlassung nach § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 3 SG soll - genau wie § 55 Abs. 5 SG - die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gewährleisten. Sie stellt ein Mittel dar, um eine Beeinträchtigung der uneingeschränkten Einsatzbereitschaft zu vermeiden (BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 8, juris zu § 55 Abs. 5 SG). Der Begriff der Gefährdung setzt - anders als die Störung - keinen Eintritt eines konkreten Schadens voraus; vielmehr reicht es aus, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden in absehbarer Zeit eintreten wird (vgl. allgemein zum Gefahrenbegriff BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, Rn. 34 f., juris.). Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die Gefahr gerade als Auswirkung des Fehlverhaltens des Soldaten drohen muss. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, haben die Verwaltungsgerichte im Rahmen einer „objektiv nachträglichen Prognose“ nachzuvollziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 8, juris; Urteil vom 20.06.1983 - 6 C 2.81 -, Rn. 19, juris, jeweils zu § 55 Abs. 5 SG; Urteil vom 06.05.2010 - 6 B 73/09 -, Rn. 6, juris zu § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG).
48 
Unter militärischer Ordnung ist dabei der Inbegriff der Elemente zu verstehen, die die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.1983 - 6 C 2.81 -, Rn. 19, juris zu § 55 Abs. 5 SG; Urteil vom 06.05.2010 - 6 B 73/09 -, Rn. 6, juris zu § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG). Schutzgut der militärischen Ordnung ist die innerbetriebliche Funktionsfähigkeit der Streitkräfte in dem Umfang, wie dies zur Aufrechterhaltung der personellen und materiellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erforderlich ist (VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 61, juris; VG Schleswig, Beschluss vom 18.08.2014 - 12 B 14/14 -, Rn. 36, juris). Dabei hängt die personelle Funktionsfähigkeit von der individuellen Einsatzbereitschaft des einzelnen Soldaten und einem intakten inneren Ordnungsgefüge ab (vgl. Sohm in: Walz/Eichen/Sohm, a.a.O., § 55 Rn. 71, m.w.N.).
49 
Eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG vor, wenn der Schaden für die Verteidigungsbereitschaft konkret droht und nachhaltige und schwerwiegende Regelverletzungen vorliegen (BVerwG, Beschluss vom 06.05.2010 - 6 B 73.09 -, Rn. 6, juris). Anders als bei § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG spielt indes bei der Auslegung des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG, der freiwillig Wehrdienstleistende betrifft, das Ziel zu vermeiden, dass die Entlassung womöglich zur Wehrpflichtentziehung missbraucht wird, keine Rolle. Wegen der systematischen und teleologischen Nähe des Entlassungstatbestands des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG zu § 55 Abs. 5 SG hält es die Kammer vielmehr für sachgerecht, die Rechtsprechung zum parallelen Begriff der „ernstlichen Gefährdung“ in § 55 Abs. 5 SG zu übertragen. Demnach konkretisiert der Begriff der „ernstlichen Gefährdung“ den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.1983 - 6 C 2.81 -, Rn. 19, juris zu § 55 Abs. 5 SG). Zwar können Dienstpflichtverletzungen auch dann eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung herbeiführen, wenn es sich um ein leichteres Fehlverhalten handelt oder mildernde Umstände hinzutreten. Jedoch ist im Rahmen der Gefährdungsprüfung zu berücksichtigen, ob die Gefahr für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr durch eine Disziplinarmaßnahme abgewendet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 9, juris zu § 55 Abs. 5 SG).
50 
Auf dieser Grundlage haben sich in der Rechtsprechung Fallgruppen herausgebildet, bei denen eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung im Sinne des § 55 Abs. 5 SG - und damit entsprechend auch im Sinne des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG - regelmäßig anzunehmen ist. Bei Dienstpflichtverletzungen im militärischen Kernbereich, die unmittelbar die Einsatzbereitschaft beeinträchtigen, ist eine Gefährdung der militärischen Ordnung regelmäßig anzunehmen. In den militärischen Kernbereich fallen allerdings nur (schwere) innerdienstliche Dienstpflichtverletzungen bzw. ein außerdienstliches Verhalten, das unmittelbar hierauf gerichtet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 10 und 12, juris); dafür kann ein Verhalten eines Soldaten ausreichend sein, das geeignet ist, so nachhaltige Zweifel an seiner dienstlichen Zuverlässigkeit zu begründen, dass das Vertrauen in seine soldatische Integrität unheilbar zerstört wird (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 63). Bei Dienstpflichtverletzungen außerhalb des militärischen Kernbereichs kann regelmäßig auf eine ernstliche Gefährdung geschlossen werden, wenn es sich entweder um Straftaten von erheblichem Gewicht handelt, wenn die begründete Befürchtung besteht, der Soldat werde weitere Dienstpflichtverletzungen begehen (Wiederholungsgefahr) oder es sich bei dem Fehlverhalten um eine Disziplinlosigkeit handelt, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung auftritt oder um sich zu greifen droht (Nachahmungsgefahr); jedenfalls die beiden letztgenannten Fallgruppen erfordern eine einzelfallbezogene Würdigung der konkreten Dienstpflichtverletzung, um die Auswirkungen für die Einsatzbereitschaft beurteilen zu können (BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 10, juris, m.w.N.).
51 
a) Nach diesen Grundsätzen liegt eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung durch die schuldhafte Dienstpflichtverletzung des Klägers und seinen Verbleib im Dienst vor.
52 
aa) Die Kammer hält bereits den Kernbereich der militärischen Ordnung für betroffen und die personelle Einsatzbereitschaft der Truppe für berührt.
53 
Für den Bereich des Disziplinarrechts hat der Wehrdisziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts festgehalten, dass er die Durchführung und Duldung von Aufnahmeritualen (dort: eine Unteroffiziersprüfung) und vergleichbaren Vorfällen als sehr schwerwiegendes Dienstvergehen einstufe und dementsprechend zu ahnden habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, juris). Unabhängig davon, ob und inwieweit den Soldaten bekannt sei, dass die Führung der Bundeswehr und der/die zum Schutz der Grundrechte beauftragte Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages in regelmäßigen Abständen „Einstandsrituale” oder ähnliche entwürdigende oder die Gesundheit schädigende Auswüchse zu Lasten meist junger Soldaten schärfstens missbilligten und sich ständig darum bemühten, „solchem Unfug Einhalt zu gebieten“, seien derartige Aufnahmerituale als nicht zeitgemäße bundeswehrinterne Veranstaltungen generell geeignet, ihren Missbrauch in der Weise zu Lasten Einzelner zu eröffnen, dass diese einem Gruppenzwang unterworfen und durch Misshandlung, Demütigung oder entwürdigende Behandlung ihre Grundrechte verletzt würden. lm dienstlichen Bereich der Bundeswehr, in dem „Gruppenzwang“ von Kameraden erfahrungsgemäß erheblichen Einfluss gewinnen könne, seien die rechtlichen Grenzen der Einwirkung auf die Rechtssphäre des Betroffenen generell einzuhalten. Ein Einverständnis des Betroffenen als Rechtfertigungsgrund sei angesichts der unverzichtbaren menschlichen Würde und der sonstigen geschützten Grundrechte irrelevant. Überdies sei es unerheblich, ob ein Soldat gegenüber den Betroffenen die Absicht gehabt habe, ihn durch sein Verhalten zu demütigen oder in gesundheitlicher Hinsicht zu beeinträchtigen. Denn das Gebot, die Würde, die Ehre und die Rechte von Kameraden zu achten, sei nicht um des einzelnen Soldaten willen in das Soldatengesetz aufgenommen worden, sondern solle Handlungsweisen verhindern, die objektiv geeignet seien, den militärischen Zusammenhalt und das gegenseitige Vertrauen sowie die Bereitschaft zum gegenseitigen Einstehen zu gefährden.
54 
Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts macht sich die Kammer im Kern zu eigen, auch wenn sie unmittelbar (nur) das Disziplinarrecht betreffen und ein Fehlverhalten von Vorgesetzten abhandeln. Von maßgeblicher Bedeutung ist - und insoweit unterscheiden sich die Fallgestaltungen nicht -, dass Aufnahmerituale und ähnliche Vorfälle eine besondere Gruppendynamik aufweisen und gerade die als „Opfer“ betroffenen Soldaten einem besonderen Gruppenzwang unterliegen. Dies ist auch zwischen - hier: dienstälteren und dienstjüngeren - Kameraden der Fall, die sich nicht im Verhältnis von Vorgesetzten und Untergebenen gegenüberstehen. Derartige Vorfälle bergen stets die erhebliche Gefahr in sich, dass Einzelne in ihrer Würde und Ehre und möglicherweise in ihrem körperlichen Wohlbefinden und ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt werden, ohne sich hiergegen wirksam schützen zu können. Mit dem Bundesverwaltungsgericht ist daher präventiv und absolut zu fordern, dass die rechtlichen Grenzen der Einwirkung auf die Rechtssphäre des Betroffenen eingehalten werden, um die Gefahr von Misshandlungen und Demütigungen von vornherein auszuschließen. Der Kläger und die übrigen Beteiligten haben diese absolute Grenze überschritten, als sie die als „Taufe“ bezeichneten Aufnahmerituale und das sog. „Gefangenenspiel“ an Kameraden durchführten und sich dabei Szenen von Folter und Missbrauch Gefangener zum Vorbild nahmen. Die sog. „Opfer“ wurden dabei äußerlich zum Objekt demütigender Handlungen gemacht, selbst wenn sie mit der Behandlung einverstanden gewesen sein sollten. Die Vorfälle können auch vor dem Hintergrund des herrschenden Gruppenzwangs nicht als „scherzhaft gemeintes Schauspiel“ oder als „Mutprobe“ unter jungen Männern abgetan werden, wie sie möglicherweise im gesellschaftlichen oder privaten Bereich vorkommen und als hinnehmbar angesehen werden können, wenn sich die Betroffenen darauf eingelassen haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, Rn. 13, juris).
55 
Die vom Kläger und den anderen Beteiligten - wie vorstehend beschrieben - organisierten Aufnahmerituale sind damit dazu angetan, Spannungen in den inneren Dienstbetrieb der Bundeswehr hineinzutragen, welche sich negativ auf den Zusammenhalt innerhalb der Truppe, auf ein reibungsloses Zusammenspiel der Einsatzkräfte im Rahmen des Prinzips von Befehl und Gehorsam und damit letztlich auf die Einsatzfähigkeit im Ganzen und die militärische Ordnung auswirken (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2006 - 1 B 1843/05 -, Rn. 23, juris).
56 
Derartige Spannungen innerhalb der Truppe ergeben sich potentiell zum einen bereits daraus, dass die Aufnahmerituale ihrer Natur nach darauf gerichtet sind, einzelne Kameraden bewusst und erkennbar aus dem Kreis derer hervorzuheben, die nicht „dazu gehören“, und sich von diesen abzugrenzen. Die Gefahr einer solchen Abgrenzung liegt zum einen darin, dass - schlimmstenfalls im Einsatz - der Zusammenhalt mit und die Unterstützung für Kameraden, die nicht „getauft“ wurden, herabgesetzt sein kann oder dass diese Kameraden sich hierauf nicht vorbehaltlos verlassen können. Zum anderen ist die Gefahr gegeben, dass allein die Existenz derartiger Aufnahmerituale bzw. entsprechender Gerüchte zu Konflikten und Ängsten bei den Kameraden führen, die einer „Taufe“ noch nicht unterzogen wurden oder für eine solche erst gar nicht in Betracht gezogen werden. Dies wird unter anderem beispielhaft deutlich an der Aussage des Soldaten L., der in seiner Zeugenvernehmung angab, wegen eines ihm vermeintlich bevorstehenden Rituals „ein ungutes Gefühl“ gehabt und sich deswegen nicht auf seine eigene Stube zurückgetraut bzw. vorsichtshalber in die Stube eines anderen Kameraden begeben zu haben (vgl. Niederschrift über die Vernehmung eines Zeugen vom 13.01.2017, Behördenakte S. 14). Durch die Schaffung derartiger Situationen besteht die ernstliche Gefahr, dass die Einsatzbereitschaft der direkt oder indirekt betroffenen Kameraden beeinträchtigt wird.
57 
Den Kernbereich der militärischen Ordnung betreffen die vom Kläger durchgeführten „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ zum anderen deshalb, weil sie bei den Soldaten Zweifel und Konflikte darüber auslösen können, inwieweit die Bundeswehr ihrem Auftrag und ihrem Anspruch gerecht werden kann bzw. gerecht werden will, eine Armee zu sein, die sich den Werten des Grundgesetzes verpflichtet fühlt und insbesondere die Menschenwürde als unverletzlich ansieht. Schon die äußere Gestaltung der „Taufen“ und des sog. „Gefangenenspiels“ begründen durchgreifende Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Soldaten, dem Einsatzauftrag der Bundeswehr im Rahmen der bestehenden Verfassung Rechnung zu tragen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2006 - 1 B 1843/05 -, Rn. 23, juris). Der Kläger und die übrigen „Täter“ haben mit ihrem Verhalten Foltermethoden und Misshandlungen von Gefangenen angedeutet, wie man sie mit Bildern aus dem Gefängnis von Abu Ghraib oder Guantanamo in Verbindung bringen kann. Dabei trugen (ausgerechnet) einige der „Täter“ - wie jedenfalls auf dem Video über das „Gefangenenspiel“ zu sehen ist - Uniformen mit deutschen Abzeichen; deutlich zu hören ist dabei auch die an sich neutrale, aber durch ihre mediale Präsenz mittlerweile mit islamistischem Terrorismus konnotierte muslimische Gottespreisung „Allahu akbar“. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahmen bei den betroffenen Kameraden auch nur annähernd die physische und psychische Wirkung hatte, die bei tatsächlichen Folteropfern auftreten. Unabhängig davon, wie unterhaltsam die Beteiligten - „Täter“ wie „Opfer“ - diese Vorfälle erlebt haben mögen, vermitteln sie jedenfalls nach außen den Eindruck, dass sie gerade auch als Bundeswehrsoldaten bereit dazu sind und es für vertretbar halten, die Würde anderer zu missachten und diese - und sei es „im Spiel“ - demütigenden und gewaltsamen Handlungen auszusetzen. Es ist überdies auch nicht gänzlich auszuschließen, dass durch die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ für die Beteiligten wie auch für die „Zuschauer“ die Hemmschwelle bezüglich einer menschenrechtswidrigen Behandlung etwaiger Gefangener im Auslandseinsatz womöglich herabgesetzt werden könnte.
58 
bb) Das Verhalten des Klägers stellt nach dem Vorstehenden jedenfalls ohne Weiteres ein Fehlverhalten dar, das die erhebliche Gefahr der Nachahmung in sich birgt. Es handelt sich um eine Disziplinlosigkeit, die andere Soldaten zu einem entsprechenden Verhalten veranlassen könnte. Durch den Verbleib des Klägers in seinem Dienstverhältnis trotz der von ihm mit durchgeführten Aufnahmerituale und des „Gefangenenspiels“ und trotz der damit verbundenen Dienstpflichtverletzungen würde einer allgemeinen Disziplinlosigkeit und einer damit einhergehenden Gefährdung der militärischen Ordnung Vorschub geleistet.
59 
b) Die drohende Gefährdung der militärischen Ordnung durch den Verbleib des Klägers in seinem Dienstverhältnis war so schwerwiegend, dass die Beklagte mit seiner Entlassung reagieren durfte. Durch die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ wurde der Kernbereich der militärischen Ordnung betroffen und es bestand eine erhebliche Nachahmungsgefahr. Wie sich bereits aus den oben dargelegten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, juris) ergibt, stellen Aufnahmerituale für die Bundeswehr ein Problem dar, das aufgrund der besonderen Gruppendynamik innerhalb des Bundeswehr immer wieder aufzutreten droht und mit besonderen Missbrauchsgefahren verbunden ist. Ein einfacheres, den Kläger weniger belastendes Mittel, insbesondere eine Disziplinarmaßnahme kam daher nicht in Betracht. Jede andere, möglicherweise mildere Maßnahme wäre nicht in der erforderlichen Weise geeignet und ausreichend gewesen, um die durch die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ in der Truppe ausgelösten und bei Verbleib des Klägers in seinem Dienstverhältnis weiterhin drohenden Spannungen und die daraus wahrscheinlich resultierenden Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Streitkräfte vollständig und dauerhaft zu beseitigen. Wenn den Vorfällen lediglich mit einer Disziplinarmaßnahme begegnet würde, könnte dies in der Truppe überdies zu der Auffassung führen, ein gleichartiges Verhalten werde ohne spürbare Konsequenzen hingenommen (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 18.08.2014 - 12 B 14/14 -, Rn. 38, juris). Um eine drohende Festsetzung des Problems in den Streitkräften zu verhindern, muss es der Bundeswehr möglich sein, derartige Vorfälle schon im Anfangsstadium mit der gebotenen Konsequenz und Härte zu bekämpfen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2006 - 1 B 1843/05 -, Rn. 23, juris).
60 
Vor diesem Hintergrund ist die Maßnahme auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil - wie in der mündlichen Verhandlung vorgebracht - der Kläger und die übrigen Beteiligten noch jung sind und sich dienstrechtlich bisher nichts zuschulden kommen haben lassen oder weil die Dienstpflichtverletzungen nur fahrlässig und teils unter der Annahme einer vermeintlich rechtfertigenden Einwilligung der „Opfer“ begangenen worden sein sollen. Zum einen durfte und musste die Bundeswehr durch die Entlassung des Klägers klarstellen, dass sie die Würde und die Rechte ihrer eigenen Soldaten ernst nimmt und vor derartigen Übergriffen umfassend und vorbehaltlos schützt. Zum anderen durfte sie keine Zweifel dahingehend aufkommen lassen, dass sie ihre Bindung an die Menschenwürde und an das Grundgesetz möglicherweise nicht ernst nimmt und Folter und Misshandlung von Gefangenen auch nur ansatzweise - und sei es nur „im Spiel“ - hinnimmt oder gar billigt. Auch der Umstand, dass der Kläger lediglich einen Mannschaftsgrad inne hatte und kein Vorgesetzter war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Zum einen geht aus § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG deutlich hervor, dass der Gesetzgeber das Dienstverhältnis eines freiwillig Wehrdienstleistenden für weniger schutzwürdig hält und gerade die Möglichkeit schaffen wollte, auf ein entsprechendes Fehlverhalten mit der sofortigen Entlassung reagieren zu können. Zum anderen hatte das Verhalten des Klägers und der übrigen Beteiligten unabhängig von ihrem Dienstgrad potentiell negative Vorbildwirkung in der Truppe. Die Aufnahmerituale und das sog. „Gefangenenspiel“ wurden in und vor den Aufenthaltsräumen der Soldaten durchgeführt und - wie sich aus den Vernehmungsprotokollen in den Behördenakten ergibt - von unbeteiligten Soldaten beobachtet. Aus den Zeugenbefragungen ergibt sich, dass den Kameraden in der Einheit das Bestehen der Aufnahmerituale bekannt war und diese mitunter durch die gezielte Ansprache von Kameraden und das Zeigen von Videoaufnahmen propagiert wurden. Das Fehlverhalten des Klägers lässt sich auch nicht durch ein etwaiges Führungsversagen von Vorgesetzten relativieren. Zum einen wird jedem Bundeswehrsoldaten abverlangt, für sein eigenes Verhalten im und außerhalb des Dienstes Verantwortung zu übernehmen und die von ihm geforderte moralische Integrität zu wahren. Diese Anforderungen hat jeder Soldat unabhängig von einer (fortwährenden) Überwachung durch seinen Vorgesetzten zu erfüllen. Zum anderen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Vorgesetzte des Klägers von den Vorfällen Kenntnis hatten und diese zugleich geduldet oder gar gebilligt hätten. Selbst wenn dem so sein sollte, würde dies in erster Linie zunächst die Frage der Ahndung des Fehlverhaltens der Vorgesetzten aufwerfen.
61 
3. Da die Tatbestandsvoraussetzungen vorlagen, war der Kläger gem. § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG aus seinem Dienstverhältnis als freiwillig Wehrdienstleistender zu entlassen. Die Beklagte, die im Ausgangsbescheid noch von einem ihr eingeräumten Ermessen ausging, hat erkannt, dass § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG eine gebundene Entscheidung vorsieht und ihre Begründung im Beschwerdebescheid dementsprechend korrigiert. Im Beschwerdebescheid sprach sie nicht mehr von einer Ermessensausübung; sie stellte lediglich fest, dass die Entlassung angemessen und verhältnismäßig sei.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, §§ 124, 124a VwGO. § 84 Satz 1 SG findet keine Anwendung, da diese Vorschrift die Berufung nur gegen Verwaltungsakte nach dem vierten Abschnitt des Soldatengesetzes ausschließt. Der hier maßgebliche § 58h SG befindet sich aber im dritten Abschnitt und verweist ausdrücklich nur auf § 75 und § 76 SG; nach Auffassung der Kammer wird die Entlassung eines freiwillig Wehrdienstleistenden durch diesen Verweis nicht zu einer solchen auf Grund des vierten Abschnitts.

Gründe

 
20 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts für Personalmanagement der Bundeswehr vom 10.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.04.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21 
Rechtsgrundlage für die streitige Entlassung ist § 58h Abs. 1 Alt. 1 i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG.
22 
Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des Entlassungsbescheids sind weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich. Der Kläger wurde vor seiner Entlassung angehört. Ebenso erfolgte eine Anhörung des Personalrats gem. § 24 Abs. 1 Nr. 6 SGB i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 SBG, nachdem der Kläger dessen Anhörung nicht abgelehnt hatte.
23 
Die Entlassung ist auch materiell rechtmäßig.
24 
Nach § 58h Abs. 1 Alt. 1 SG endet der freiwillige Wehrdienst durch Entlassung entsprechend § 75 SG. Der Soldat ist gem. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG zu entlassen, wenn nach dem bisherigen Verhalten durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung oder die Sicherheit der Truppe ernstlich gefährdet würde.
25 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger leistete freiwilligen Wehrdienst. Nach seinem bisherigen Verhalten (dazu 1.) würde durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung ernstlich gefährdet (dazu 2.). Hieran knüpft als gebundene Entscheidung die fristlose Entlassung des Klägers aus seinem Dienstverhältnis an (dazu 3.).
26 
1. Der Kläger hat durch seine Beteiligung an den als „Taufe“ bezeichneten Aufnahmeritualen und an dem „Gefangenenspiel“ schuldhaft seine Dienstpflichten aus §§ 7 ff. SG verletzt. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG erfordert anders als § 55 Abs. 5 SG zwar keine schuldhafte Dienstpflichtverletzung, sondern lässt als Anknüpfungspunkt jedes (Fehl-)Verhalten genügen, das der Soldat während des bestehenden Wehrdienstverhältnisses begeht und stellt insoweit niedrigere Anforderungen (vgl. Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Aufl. 2016, § 75 Rn. 19 f.). Mit der Feststellung (sogar) einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung i.S.d. § 55 Abs. 5 SG - wie in den Parallelverfahren 5 K 1899/17 und 5 K 1934/17 - ist der Tatbestand des § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG aber insoweit jedenfalls erfüllt. Dabei liegt es nach Auffassung der Kammer nahe, dass es sich nicht nur bei den „Taufen“, sondern auch bei dem „Gefangenenspiel“ um ein Aufnahmeritual gehandelt hat. Hierfür spricht neben den Parallelen im Ablauf - in beiden Fällen werden Soldaten in den Duschraum verbracht und mit Wasser abgespritzt - auch, dass die sog. „Opfer“ des „Gefangenenspiels“ jedenfalls nach Aktenlage wohl zuvor noch keinem Aufnahmeritual in Form der „Taufe“ unterzogen worden waren. Außerdem gibt es Äußerungen von Beteiligten und Zeugen, die sämtliche Vorfälle als Aufnahmerituale bezeichneten. Dies kann jedoch letztlich offen bleiben, da sich an der Einordnung als Dienstpflichtverletzung bzw. Fehlverhalten und an der rechtlichen Bewertung im Übrigen - wie die folgenden Ausführungen zeigen - nichts ändert.
27 
a) Mit seiner Teilnahme an den „Taufen“ und dem „Gefangenenspiel“ hat der Kläger gegen seine Pflicht zur Kameradschaft gem. § 12 SG verstoßen.
28 
Nach § 12 SG beruht der Zusammenhalt der Bundeswehr wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Inhalt und bestimmende Faktoren der Pflicht zur Kameradschaft sind das gegenseitige Vertrauen des Soldaten, das Bewusstsein, sich jederzeit, vor allem in Krisen- und Notzeiten, aufeinander verlassen zu können, sowie die Verpflichtung zu gegenseitiger Achtung, Fairness und Toleranz (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.02.2017 - 2 WD 14.16 -, Rn. 20, juris; Urteil vom 24.04.2007 - 2 WD 9.06 -, NVwZ 2008, 92, 94; Scherer/Alff/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Aufl. 2013, § 12 Rn. 1). Aus der Verpflichtung, die Rechte des Kameraden zu achten, folgt, dass ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht nicht erst dann vorliegt, wenn ein Recht des Kameraden verletzt wird. Eine Gefährdung seiner Rechte reicht regelmäßig aus (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 12 Rn. 8 mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 31.10.1979 - 2 WD 108.78 -).
29 
Nach diesen Maßstäben ist es schon grundsätzlich kameradschaftswidrig, wenn Soldaten der Bundeswehr vom Dienstherrn nicht vorgesehene, selbst geschaffene Aufnahmerituale durchführen. Ein Aufnahmeritual zielt offenkundig darauf ab, einen geschlossenen Kreis zu bilden, der sich maßgeblich über das Aufnahmeritual definiert und der sich von den übrigen Kameraden, die es nicht durchlaufen haben, abgrenzt. Es wird bewusst eine Auswahl von Kameraden getroffen, die einer besonderen Gruppe angehören (dürfen). Daraus folgt zwangsläufig subjektiv eine Abwertung der Kameraden, die das Aufnahmeritual nicht über sich ergehen lassen (wollen) oder dafür erst gar nicht in Betracht gezogen werden. Eine derartige Abgrenzung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen widersprechen der aus § 12 SG resultierenden Pflicht zu gegenseitiger Achtung, Fairness und Toleranz gegenüber allen Kameraden.
30 
Ferner widersprechen derartige Aufnahmerituale auch dem Kameradschaftsbild des Soldatengesetzes im Ganzen, das dadurch gekennzeichnet ist, dass der Soldat schon durch seinen Eid und sein Gelöbnis nach § 9 SG in die Gemeinschaft aufgenommen ist. Der Kläger hat daher seine Kameradschaftspflicht gegenüber den Kameraden verletzt, die in die Aufnahmerituale nicht einbezogen waren oder gar ausgeschlossen wurden. Dies gilt umso mehr, als die Aufnahmerituale - wie verschiedene Zeugenaussagen in den Ermittlungen der Beklagten nahelegen - in der Einheit des Klägers bekannt waren und neu hinzugekommene Kameraden gezielt darauf angesprochen wurden. Durch die Inszenierung der Aufnahmerituale, die sich abends und nachts in den Stuben- und Duschräumen abspielten, wurden diese auch von nicht beteiligten Kameraden wahrgenommen. Aus den Vernehmungsprotokollen in den Behördenakten geht hervor, dass die Aufnahmerituale in den Gesprächen der Soldaten ein Thema waren und auf einzelne Soldaten offenbar auch durchaus beängstigend wirkten.
31 
Überdies hat der Kläger - in der konkreten Ausgestaltung der (wie dargelegt: schon grundsätzlich zu missbilligenden) Rituale - die Würde und Ehre seiner Kameraden missachtet und zudem ihre körperliche Unversehrtheit und ihr körperliches Wohlbefinden gefährdet, indem er sich an den als „Taufe“ bezeichneten Aufnahmeritualen bzw. dem sog. „Gefangenenspiel“ beteiligt und die betroffenen Kameraden Behandlungen unterzogen hat, die an Folter und Missbrauch von Gefangenen erinnern. Wie der Kläger selbst einräumt, hat er sich an mehreren der als „Taufe“ bezeichneten Rituale und insbesondere an dem „Gefangenenspiel“ beteiligt, bei dem Kameraden - jedenfalls nach dem äußeren Erscheinungsbild - unter Anwendung von Zwang aus ihren Stuben geholt und gefesselt wurden, einen Stiefelsack über den Kopf gezogen bekamen und mit kaltem Wasser, teils auch in Kopfhöhe, abgespritzt wurden. Ob sich die betroffenen Soldaten durch das Verhalten des Klägers subjektiv verletzt gefühlt haben, ist dabei unerheblich. Das Gebot, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm beizustehen, ist nicht um des einzelnen Soldaten willen in das Soldatengesetz aufgenommen worden. Es soll vielmehr Handlungsweisen verhindern, die objektiv geeignet sind, den militärischen Zusammenhalt zu gefährden, den Dienstbetrieb zu stören und dadurch letztlich auch die Einsatzbereitschaft der Truppe zu gefährden (BVerwG, Urteil vom 01.07.1992 - 2 WD 14.92 -, Rn. 11, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.10.1999 - 2 K 1634/98 -, Rn. 22, juris; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 12 Rn. 1).
32 
Die „Taufen“ und insbesondere das „Gefangenenspiel“ waren von ihrem Ablauf so gestaltet, dass sie äußerlich an Folterszenen erinnern, die darauf gerichtet sind, die Opfer nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit und körperlichen Unversehrtheit zu beeinträchtigen, sondern sie gerade auch in ihrer Ehre und Würde zu verletzen. Das Geschehen ist insoweit auch nicht - wie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - mit einem militärischen Training oder einem Theaterschauspiel vergleichbar, bei dem sich jemand unter professionellen Bedingungen mit dem Ziel des Erwerbs bestimmter Kompetenzen oder einer schauspielerischen Darstellung in der Rolle eines Opfers möglicherweise einer Belastungssituation aussetzt. Anders als bei solchen Inszenierungen liegt der Zweck und die „Herausforderung“ eines Aufnahmerituals typischerweise gerade darin, dass das „Opfer“ gezielt einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird und diese nach dem Willen der „Täter“ für eine ausreichende Zeit auch aushalten muss.
33 
Das Verhalten des Klägers war - dienstrechtlich betrachtet - auch nicht durch eine Einwilligung der betroffenen Kameraden gedeckt oder gerechtfertigt.
34 
Es ist bereits zweifelhaft, ob eine solche Einwilligung wirksam erfolgt sein kann. Zwar haben betroffene Kameraden in ihrer Vernehmung zum Teil angegeben, dass sie sich vor den Vorfällen mit ihrer Rolle als „Opfer“ und den Geschehensabläufen einverstanden erklärt und diese als „Spaß“ bzw. als „ein einmaliges Erlebnis“ in Erinnerung hätten. Unabhängig von der Bewertung dieser Einlassungen, deren Belastbarkeit durch die zwischenzeitlich zwischen „Tätern“ und „Opfern“ getroffenen Absprachen womöglich nicht unbeträchtlich relativiert ist, würde eine entsprechende „Einwilligung“ jedenfalls daran leiden, dass der exakte Verlauf derartiger Geschehnisse ohnehin überhaupt nicht vorhersehbar ist - und nach der Intention der Rituale auch gar nicht sein soll. Hinzu kommt gerade in der Truppe eine besondere Gruppendynamik, die es betroffenen Soldaten strukturell erschwert, sich einer Beteiligung an den Vorfällen in der Rolle als Opfer zu verweigern bzw. im Ablauf der Geschehnisse ggf. auf einen vorzeitigen Abbruch zu drängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, juris). Dass auch konkret auf einzelnen Kameraden ein ggf. nicht unbeträchtlicher Druck lastete, die Aufnahmerituale über sich ergehen zu lassen, um „dazu zu gehören“, wird beispielsweise an der Aussage des Klägers im Verfahren 5 K 1899/17 (vgl. Niederschrift über die Vernehmung eines Zeugen vom 16.01.2017, dortige Behördenakte, S. 20) deutlich, der berichtete, dass der Kamerad A., um seiner „Taufe“ zu entgehen, angeboten habe, eine Fliege oder Motte zu essen, was er in der Folge auch getan haben soll.
35 
Unabhängig von alledem berühren die „Taufen“ und das sog. „Gefangenenspiel“ die Würde der betroffenen Kameraden. Eine etwaige Einwilligung in eine Verletzung der unverzichtbaren Menschenwürde wäre irrelevant (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, Rn. 13, juris). Die Frage, inwieweit im Übrigen die Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung erfüllt gewesen sein mögen, kann daher letztlich dahinstehen. Selbst wenn die Betroffenen tatsächlich oder zum Schein den Willen gehabt und ausdrücklich oder konkludent erklärt haben sollten, sie würden ein solches Ritual dulden oder akzeptieren, stellt sich die jedenfalls objektiv ehrverletzende Behandlung durch den Kläger als Verstoß gegen die in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG normierte Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zum Schutze der unantastbaren Menschenwürde dar. Von dieser Verpflichtung kann der für den Staat handelnde Amtsträger oder Bedienstete auch nicht durch Einverständnis der Betroffenen als Individualgrundrechtsträger freigestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 2 WD 11.98 -, Rn. 13, juris). Dies gilt nicht nur im Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, sondern auch für den Kläger als einfachen Soldaten im Mannschaftsdienstgrad. Die Ereignisse spielten sich in den Mannschaftsunterkünften ab, die Beteiligten waren alle Soldaten und - jedenfalls bei dem „Gefangenenspiel“ - teils mit Uniformen und Gasmasken bekleidet; ferner zielten die Rituale gerade darauf ab, die Verhältnisse unter Mannschaftskameraden zu bestimmen. Nach dem Verständnis des Klägers und der weiteren „Täter“ sollte zur Truppe im engeren Sinne nur gehören, wer „getauft“ war und damit objektiv erniedrigende Maßnahmen über sich hat ergehen lassen. Die Rituale weisen damit einen starken Bezug zum Dienst auf, auch wenn sie sich erst nach Dienstschluss ereignet haben.
36 
b) Durch seine Beteiligung an den „Taufen“ und dem „Gefangenenspiel“ hat der Kläger auch gegen seine Pflichten aus §§ 7, 8 SG verstoßen, die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anzuerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten.
37 
Die Kernpflicht des Soldaten aus § 8 SG gebietet, sich mit der Idee der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, der er dienen soll, zu identifizieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, Rn. 4, juris). Identifizieren bedeutet dabei nicht nur, die Grundordnung dieses Staates anzuerkennen, sondern verlangt ein Mehr an staatsbürgerlicher Verpflichtung, das dem Soldaten wie auch dem Richter und Beamten auferlegt ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratie, die von ihren Bürgern die Verteidigung der freiheitlichen Ordnung erwartet. Das Prinzip der streitbaren Demokratie gilt auch für die innere Ordnung der Bundeswehr. Dementsprechend verlangt die politische Treuepflicht von jedem Soldaten die Bereitschaft, sich zu der Idee des Staates, dem er dient, zu bekennen und aktiv für ihn einzutreten. Daher gehört die Verletzung der politischen Treuepflicht zu den schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.11.2003 - 2 WDB 2.03 -, juris, Rn. 29; Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, Rn. 4, juris jeweils zur Verwendung von nationalsozialistischem Bild- bzw. Propagandamaterial). Ein solcher Verstoß liegt nicht nur dann vor, wenn sich ein Soldat für Ziele einsetzt, die geeignet sind, die freiheitlich demokratische Grundordnung auszuhöhlen, sondern bereits dann, wenn er sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die diesen Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, Rn. 4, juris). Ein Soldat wird deshalb nur dann seinen Verpflichtungen aus § 8 SG (und zugleich § 7 und § 17 Abs. 2 SG) gerecht, wenn er sämtliche Verhaltensweisen unterlässt, die objektiv geeignet sind, bei der Öffentlichkeit Zweifel an seiner Verfassungstreue zu erwecken (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 52, juris; VG Bremen, Urteil vom 05.08.2013 - 6 V 745/13 -, Rn. 23, juris).
38 
Das Verhalten des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Die Bundeswehr und ihre Soldaten sind an die Werte des Grundgesetzes wie das Rechtsstaatsprinzip gebunden und zum Schutz der Grundrechte und der Menschenwürde verpflichtet. Hieraus ergibt sich, dass die entwürdigende Behandlung von Personen - unabhängig davon, ob sie der Bundeswehr angehören oder nicht - zu unterbleiben hat. Insbesondere ist die Folter oder Misshandlung von Gefangenen - auch als militärische Maßnahme und ebenso als „Spiel“ - kategorisch auszuschließen. Zwar sind keine expliziten Äußerungen des Klägers oder anderer Beteiligter darüber aktenkundig, dass sie Folter oder die Misshandlung von Gefangenen in ihrer Tätigkeit als Soldaten für notwendig oder zumindest für akzeptabel hielten. Jedoch sind die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ objektiv dazu geeignet, Zweifel daran zu wecken, dass der Kläger und die übrigen Beteiligten die von einem Bundeswehrsoldaten einzufordernde ablehnende Einstellung und Haltung zu solchen Handlungen einnehmen und im Ernstfall auch vertreten werden. Es war dem Kläger als Bundeswehrsoldat abzuverlangen, jeden Anschein zu vermeiden, dass er derartige Maßnahmen (womöglich sogar im Einsatzfall) billigen oder jedenfalls mittragen würde, und sich von den durchgeführten „Taufen“ bzw. dem „Gefangenenspiel“ - auch wenn damit die erniedrigende Behandlung wehrloser Opfer nur „zum Spaß“ nachgestellt worden sein sollte - zu distanzieren und hiergegen vielmehr einzuschreiten.
39 
c) Der Kläger hat durch sein Verhalten auch die inner- und außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verletzt.
40 
Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG muss sein Verhalten dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Die Achtung eines und das Vertrauen in einen Soldaten beruhen wesentlich auf seiner moralischen Integrität (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 17 Rn. 17, m.w.N.). Die Achtungs- und die Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten können durch sein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Zuverlässigkeit weckt oder seine Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -, Rn. 65, juris).
41 
Durch seine Beteiligung an den Aufnahmeritualen bzw. an dem „Gefangenenspiel“ hat der Kläger die Achtung seiner Kameraden und das Vertrauen seiner Vorgesetzten erheblich beeinträchtigt. Zum einen hat er zu erkennen gegeben, dass er nicht davor zurückschreckt, Kameraden einer demütigenden Behandlung zu unterziehen, die mitunter die - gerade, als die Kameraden gefesselt waren und ihnen mit den Stiefelsäcken die Sicht genommen war - nicht vollends beherrschbare Gefahr von Körperverletzungen in sich barg, zumal die Beteiligten teils alkoholisiert waren. Zum anderen begründet die Gestaltung der Aufnahmerituale und des „Gefangenenspiels“ erhebliche Zweifel an der moralischen Integrität des Klägers, der sich an der Inszenierung von Folterszenen zum Spaß beteiligt und somit den für einen Bundeswehrsoldaten notwendigen Respekt vor der Würde und Ehre nicht nur der unmittelbar betroffenen Kameraden, sondern auch vor den tatsächlichen Opfern von Folter und Gewalt missen lässt.
42 
Das - im Kontext des § 17 SG relevante - Ansehen der Bundeswehr ist der gute Ruf der Bundeswehr oder einzelner ihrer Truppenteile bei außenstehenden Personen (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 17 Rn. 16, m.w.N.). Jeder Verstoß eines Soldaten gegen eine gesetzliche Dienstpflicht, die dem § 17 SG vorangestellt ist, enthält einen Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG, wenn dem festgestellten Verhalten unabhängig von anderen Pflichtverstößen die Eignung zur Ansehensminderung innewohnt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -, Rn. 65, juris). Eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr muss zur Feststellung einer Pflichtverletzung nach § 17 Abs. 2 SG nicht eingetreten sein, sondern es genügt, wenn das Verhalten des Soldaten dazu geeignet war. Allein entscheidend ist, ob ein vernünftiger, objektiv wertender Dritter, wenn er von diesem Verhalten Kenntnis erhielte, darin eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr oder der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des Soldaten sehen würde (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -, Rn. 65, juris; Urteil vom 07.11.2000 - 2 WD 18.00 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 50, juris).
43 
Das Verhalten des Klägers war nach diesen Maßstäben geeignet, das Ansehen der Bundeswehr zu schädigen. Die durchgeführten Aufnahmerituale und das sog. „Gefangenenspiel“ rufen bei einem objektiven Beobachter Assoziationen mit Folterszenen und Misshandlungen von Gefangenen hervor. Ungeachtet dessen, dass einzelne betroffene Kameraden ihre Behandlung - im Nachhinein - als „feuchten Spaß“ oder als „unvergessliches Erlebnis“ beschreiben, ist das Bekanntwerden derartiger Vorkommnisse dazu angetan, negative Vorurteile darüber zu schaffen und zu bekräftigen, wie Bundeswehrsoldaten miteinander umgehen und welche Misshandlungen (Nachwuchs-)Soldaten womöglich seitens ihrer Kameraden über sich ergehen lassen müssen. Überdies wecken die Vorfälle Zweifel daran, ob die Bundeswehr bzw. ihre Soldaten ihrer Aufgabe gerecht werden, eine Verteidigungsarmee zu sein, die ihre Bindung an die Verfassung und insbesondere ihre Pflicht, die Menschenwürde zu schützen, ernst nimmt. Auch hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in einer Einheit verwendet wurde, die potentiell an Auslandseinsätzen teilnimmt und dort gerade in Konfliktsituationen kommen kann, bei denen ein Handeln nach hohen moralischen Standards abverlangt wird. Derartige Einsätze und die dafür ggf. vorgesehenen Soldaten stehen in einem besonderen Fokus der Öffentlichkeit, die für die Probleme von Folter und Misshandlungen von Gefangenen nach Vorfällen wie in Abu Ghraib oder im Gefangenenlager Guantanamo besonders sensibilisiert ist.
44 
d) Die Dienstpflichtverletzungen beging der Kläger im Übrigen - ohne dass es darauf nach § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG ankommt - auch schuldhaft, da er diesbezüglich zumindest fahrlässig handelte. Er hätte wissen können und müssen, dass er durch sein Handeln die Rechte und Interessen seiner Kameraden, seine Achtung bei seinen Kameraden und Vorgesetzten, deren Vertrauen sowie das Ansehen der Bundeswehr beeinträchtigt. Bei gehöriger Anspannung seiner intellektuellen Fähigkeiten und seines Gewissens hätte er auch die Pflichtwidrigkeit seines Handelns erkennen können und müssen. Eine diesbezügliche vorhergehende Belehrung durch den Dienstherrn war nicht erforderlich. Dem Kläger mussten zumindest im Kern die Pflichten bekannt sein, die sich aus dem Soldatengesetz ergeben und die den Maßstab seines Handelns als Soldat bilden. Überdies war und ist dem Kläger als Staatsbürger abzuverlangen, Grundkenntnisse über die Wertordnung der Bundesrepublik Deutschland und ihres Grundgesetzes zu besitzen und danach sein Verhalten - gerade auch als Soldat - auszurichten.
45 
e) Der Annahme von Dienstpflichtverletzungen bzw. von einem (Fehl-)Verhalten i.S.d. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG steht auch nicht entgegen, dass es derzeit an entsprechenden (bindenden) Feststellungen in einem Disziplinar- oder Strafverfahren fehlt. Das Fehlverhalten des Klägers bzw. die schuldhafte Dienstpflichtverletzung konnte vielmehr vom Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr festgestellt werden und unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle; sie muss nicht durch den Disziplinarvorgesetzten oder durch das Truppendienstgericht festgestellt werden. Zwar steht die schuldhafte Dienstpflichtverletzung dem Dienstvergehen in § 23 Abs. 1 SG begrifflich gleich (vgl. Sohm in: Walz/Eichen/Sohm, a.aO., § 55 Rn. 67; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 55 Rn. 20). Die fristlose Entlassung nach § 58h Abs. 1 Alt. 1 , § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG ist aber - abgesehen von den positiven Bindungswirkungen des § 145 Abs. 2 WDO - nicht den Regeln der Wehrdienstordnung (WDO) unterworfen. Dabei gilt für das Verhältnis zwischen einfachen Disziplinarmaßnahmen und der fristlosen Entlassung nach § 58h Abs. 1 Alt. 1 SG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG sinngemäß das gleiche wie für das Verhältnis zwischen einfachen Disziplinarmaßnahmen und der fristlosen Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG. Dies ergibt sich daraus, dass § 55 Abs. 5 SG und § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG nach ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck die gleiche Funktion einnehmen (vgl. auch Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 75 Rn. 7, die pauschal auf die Kommentierung zu § 55 Abs. 5 SG verweisen). Dabei sind die Anforderungen des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG geringer, da diese Vorschrift lediglich ein Fehlverhalten und keine schuldhafte Dienstpflichtverletzung erfordert und für freiwillig Wehrdienstleistende, die sich ohnedies höchstens für 23 Monate verpflichten können, keine zeitliche Begrenzung vorsieht. Einfache Disziplinarmaßnahmen einerseits und die fristlose Entlassung gemäß § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG bzw. § 55 Abs. 5 SG andererseits sind rechtlich nebeneinander stehende Möglichkeiten einer Reaktion auf ein Fehlverhalten bzw. eine Dienstpflichtverletzung des Soldaten mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.1994 - 2 WDB 7.93 -, Rn. 8 f., juris zu § 55 Abs. 5 SG). Die Disziplinarmaßnahme zielt vorrangig auf eine erzieherische Wirkung ab und es liegen ihr ggf. auch generalpräventive Erwägungen zugrunde. Die fristlose Entlassung eines freiwillig Wehrdienstleistenden, dessen Rechtsstellung von vornherein nicht so gefestigt ist, dass er nur im Wege eines disziplinargerichtlichen Verfahrens aus dem Dienstverhältnis entfernt werden könnte, ist demgegenüber eine personalrechtliche Maßnahme, die allein dem Schutz der Streitkräfte vor künftigem Schaden dient. Diese unterschiedlichen gesetzgeberischen Intentionen finden auch in den jeweiligen Zuständigkeitsregelungen ihren Ausdruck. Für die Verhängung von einfachen Disziplinarmaßnahmen ist gemäß §§ 23, 25 Abs. 1 WDO grundsätzlich der nächste Disziplinarvorgesetzte, für die fristlose Entlassung eines freiwillig Wehrdienstleistenden gemäß § 58h Abs. 1, § 75 Abs. 3, § 4 Abs. 2 SG die zur Ernennung berufene Stelle zuständig. Wenngleich regelmäßig das Fehlverhalten bzw. die Dienstpflichtverletzung eines freiwillig Wehrdienstleistenden Voraussetzung für eine Entscheidung des Dienstherrn über dessen fristlose Entlassung ist, ist allein die Zukunftsprognose für die Wahrung der militärischen Ordnung oder die Sicherheit der Truppe bei einem weiteren Verbleiben des Soldaten im Dienstverhältnis maßgeblich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.1994 - 2 WDB 7.93 -, Rn. 8 f., juris zu § 55 Abs. 5 SG bzw. BVerwG, Urteil vom 07.07.2004 - 6 C 17/03 -, Rn. 44 zum gleichlautenden § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG). Auf die Schuldform oder die Schwere des Fehlverhaltens kommt es nicht an; insbesondere eine strafrechtliche Relevanz ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 2 C 17.91 -, Rn. 12, juris zu § 55 Abs. 5 SG; Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, a.a.O., § 75 Rn. 19). Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich erst beim Tatbestandsmerkmal der „ernstlichen Gefährdung“. Erst dort ist insbesondere zu prüfen, ob die Anwendung von Disziplinarmaßnahmen ggf. als milderes Mittel ausreichend und angemessen gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 2 C 17.91 -, Rn. 14, juris; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O., § 55 Rn. 24).
46 
2. Durch ein Verbleiben des Klägers in der Bundeswehr würde die militärische Ordnung ernstlich gefährdet.
47 
Die fristlose Entlassung nach § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 3 SG soll - genau wie § 55 Abs. 5 SG - die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gewährleisten. Sie stellt ein Mittel dar, um eine Beeinträchtigung der uneingeschränkten Einsatzbereitschaft zu vermeiden (BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 8, juris zu § 55 Abs. 5 SG). Der Begriff der Gefährdung setzt - anders als die Störung - keinen Eintritt eines konkreten Schadens voraus; vielmehr reicht es aus, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden in absehbarer Zeit eintreten wird (vgl. allgemein zum Gefahrenbegriff BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, Rn. 34 f., juris.). Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die Gefahr gerade als Auswirkung des Fehlverhaltens des Soldaten drohen muss. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, haben die Verwaltungsgerichte im Rahmen einer „objektiv nachträglichen Prognose“ nachzuvollziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 8, juris; Urteil vom 20.06.1983 - 6 C 2.81 -, Rn. 19, juris, jeweils zu § 55 Abs. 5 SG; Urteil vom 06.05.2010 - 6 B 73/09 -, Rn. 6, juris zu § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG).
48 
Unter militärischer Ordnung ist dabei der Inbegriff der Elemente zu verstehen, die die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.1983 - 6 C 2.81 -, Rn. 19, juris zu § 55 Abs. 5 SG; Urteil vom 06.05.2010 - 6 B 73/09 -, Rn. 6, juris zu § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG). Schutzgut der militärischen Ordnung ist die innerbetriebliche Funktionsfähigkeit der Streitkräfte in dem Umfang, wie dies zur Aufrechterhaltung der personellen und materiellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erforderlich ist (VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 61, juris; VG Schleswig, Beschluss vom 18.08.2014 - 12 B 14/14 -, Rn. 36, juris). Dabei hängt die personelle Funktionsfähigkeit von der individuellen Einsatzbereitschaft des einzelnen Soldaten und einem intakten inneren Ordnungsgefüge ab (vgl. Sohm in: Walz/Eichen/Sohm, a.a.O., § 55 Rn. 71, m.w.N.).
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Eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG vor, wenn der Schaden für die Verteidigungsbereitschaft konkret droht und nachhaltige und schwerwiegende Regelverletzungen vorliegen (BVerwG, Beschluss vom 06.05.2010 - 6 B 73.09 -, Rn. 6, juris). Anders als bei § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG spielt indes bei der Auslegung des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG, der freiwillig Wehrdienstleistende betrifft, das Ziel zu vermeiden, dass die Entlassung womöglich zur Wehrpflichtentziehung missbraucht wird, keine Rolle. Wegen der systematischen und teleologischen Nähe des Entlassungstatbestands des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG zu § 55 Abs. 5 SG hält es die Kammer vielmehr für sachgerecht, die Rechtsprechung zum parallelen Begriff der „ernstlichen Gefährdung“ in § 55 Abs. 5 SG zu übertragen. Demnach konkretisiert der Begriff der „ernstlichen Gefährdung“ den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.1983 - 6 C 2.81 -, Rn. 19, juris zu § 55 Abs. 5 SG). Zwar können Dienstpflichtverletzungen auch dann eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung herbeiführen, wenn es sich um ein leichteres Fehlverhalten handelt oder mildernde Umstände hinzutreten. Jedoch ist im Rahmen der Gefährdungsprüfung zu berücksichtigen, ob die Gefahr für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr durch eine Disziplinarmaßnahme abgewendet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 9, juris zu § 55 Abs. 5 SG).
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Auf dieser Grundlage haben sich in der Rechtsprechung Fallgruppen herausgebildet, bei denen eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung im Sinne des § 55 Abs. 5 SG - und damit entsprechend auch im Sinne des § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG - regelmäßig anzunehmen ist. Bei Dienstpflichtverletzungen im militärischen Kernbereich, die unmittelbar die Einsatzbereitschaft beeinträchtigen, ist eine Gefährdung der militärischen Ordnung regelmäßig anzunehmen. In den militärischen Kernbereich fallen allerdings nur (schwere) innerdienstliche Dienstpflichtverletzungen bzw. ein außerdienstliches Verhalten, das unmittelbar hierauf gerichtet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 10 und 12, juris); dafür kann ein Verhalten eines Soldaten ausreichend sein, das geeignet ist, so nachhaltige Zweifel an seiner dienstlichen Zuverlässigkeit zu begründen, dass das Vertrauen in seine soldatische Integrität unheilbar zerstört wird (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 28.06.2017 - RN 1 K 16/1581 -, Rn. 63). Bei Dienstpflichtverletzungen außerhalb des militärischen Kernbereichs kann regelmäßig auf eine ernstliche Gefährdung geschlossen werden, wenn es sich entweder um Straftaten von erheblichem Gewicht handelt, wenn die begründete Befürchtung besteht, der Soldat werde weitere Dienstpflichtverletzungen begehen (Wiederholungsgefahr) oder es sich bei dem Fehlverhalten um eine Disziplinlosigkeit handelt, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung auftritt oder um sich zu greifen droht (Nachahmungsgefahr); jedenfalls die beiden letztgenannten Fallgruppen erfordern eine einzelfallbezogene Würdigung der konkreten Dienstpflichtverletzung, um die Auswirkungen für die Einsatzbereitschaft beurteilen zu können (BVerwG, Beschluss vom 28.01.2013 - 2 B 114.11 -, Rn. 10, juris, m.w.N.).
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a) Nach diesen Grundsätzen liegt eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung durch die schuldhafte Dienstpflichtverletzung des Klägers und seinen Verbleib im Dienst vor.
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aa) Die Kammer hält bereits den Kernbereich der militärischen Ordnung für betroffen und die personelle Einsatzbereitschaft der Truppe für berührt.
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Für den Bereich des Disziplinarrechts hat der Wehrdisziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts festgehalten, dass er die Durchführung und Duldung von Aufnahmeritualen (dort: eine Unteroffiziersprüfung) und vergleichbaren Vorfällen als sehr schwerwiegendes Dienstvergehen einstufe und dementsprechend zu ahnden habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, juris). Unabhängig davon, ob und inwieweit den Soldaten bekannt sei, dass die Führung der Bundeswehr und der/die zum Schutz der Grundrechte beauftragte Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages in regelmäßigen Abständen „Einstandsrituale” oder ähnliche entwürdigende oder die Gesundheit schädigende Auswüchse zu Lasten meist junger Soldaten schärfstens missbilligten und sich ständig darum bemühten, „solchem Unfug Einhalt zu gebieten“, seien derartige Aufnahmerituale als nicht zeitgemäße bundeswehrinterne Veranstaltungen generell geeignet, ihren Missbrauch in der Weise zu Lasten Einzelner zu eröffnen, dass diese einem Gruppenzwang unterworfen und durch Misshandlung, Demütigung oder entwürdigende Behandlung ihre Grundrechte verletzt würden. lm dienstlichen Bereich der Bundeswehr, in dem „Gruppenzwang“ von Kameraden erfahrungsgemäß erheblichen Einfluss gewinnen könne, seien die rechtlichen Grenzen der Einwirkung auf die Rechtssphäre des Betroffenen generell einzuhalten. Ein Einverständnis des Betroffenen als Rechtfertigungsgrund sei angesichts der unverzichtbaren menschlichen Würde und der sonstigen geschützten Grundrechte irrelevant. Überdies sei es unerheblich, ob ein Soldat gegenüber den Betroffenen die Absicht gehabt habe, ihn durch sein Verhalten zu demütigen oder in gesundheitlicher Hinsicht zu beeinträchtigen. Denn das Gebot, die Würde, die Ehre und die Rechte von Kameraden zu achten, sei nicht um des einzelnen Soldaten willen in das Soldatengesetz aufgenommen worden, sondern solle Handlungsweisen verhindern, die objektiv geeignet seien, den militärischen Zusammenhalt und das gegenseitige Vertrauen sowie die Bereitschaft zum gegenseitigen Einstehen zu gefährden.
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Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts macht sich die Kammer im Kern zu eigen, auch wenn sie unmittelbar (nur) das Disziplinarrecht betreffen und ein Fehlverhalten von Vorgesetzten abhandeln. Von maßgeblicher Bedeutung ist - und insoweit unterscheiden sich die Fallgestaltungen nicht -, dass Aufnahmerituale und ähnliche Vorfälle eine besondere Gruppendynamik aufweisen und gerade die als „Opfer“ betroffenen Soldaten einem besonderen Gruppenzwang unterliegen. Dies ist auch zwischen - hier: dienstälteren und dienstjüngeren - Kameraden der Fall, die sich nicht im Verhältnis von Vorgesetzten und Untergebenen gegenüberstehen. Derartige Vorfälle bergen stets die erhebliche Gefahr in sich, dass Einzelne in ihrer Würde und Ehre und möglicherweise in ihrem körperlichen Wohlbefinden und ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt werden, ohne sich hiergegen wirksam schützen zu können. Mit dem Bundesverwaltungsgericht ist daher präventiv und absolut zu fordern, dass die rechtlichen Grenzen der Einwirkung auf die Rechtssphäre des Betroffenen eingehalten werden, um die Gefahr von Misshandlungen und Demütigungen von vornherein auszuschließen. Der Kläger und die übrigen Beteiligten haben diese absolute Grenze überschritten, als sie die als „Taufe“ bezeichneten Aufnahmerituale und das sog. „Gefangenenspiel“ an Kameraden durchführten und sich dabei Szenen von Folter und Missbrauch Gefangener zum Vorbild nahmen. Die sog. „Opfer“ wurden dabei äußerlich zum Objekt demütigender Handlungen gemacht, selbst wenn sie mit der Behandlung einverstanden gewesen sein sollten. Die Vorfälle können auch vor dem Hintergrund des herrschenden Gruppenzwangs nicht als „scherzhaft gemeintes Schauspiel“ oder als „Mutprobe“ unter jungen Männern abgetan werden, wie sie möglicherweise im gesellschaftlichen oder privaten Bereich vorkommen und als hinnehmbar angesehen werden können, wenn sich die Betroffenen darauf eingelassen haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, Rn. 13, juris).
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Die vom Kläger und den anderen Beteiligten - wie vorstehend beschrieben - organisierten Aufnahmerituale sind damit dazu angetan, Spannungen in den inneren Dienstbetrieb der Bundeswehr hineinzutragen, welche sich negativ auf den Zusammenhalt innerhalb der Truppe, auf ein reibungsloses Zusammenspiel der Einsatzkräfte im Rahmen des Prinzips von Befehl und Gehorsam und damit letztlich auf die Einsatzfähigkeit im Ganzen und die militärische Ordnung auswirken (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2006 - 1 B 1843/05 -, Rn. 23, juris).
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Derartige Spannungen innerhalb der Truppe ergeben sich potentiell zum einen bereits daraus, dass die Aufnahmerituale ihrer Natur nach darauf gerichtet sind, einzelne Kameraden bewusst und erkennbar aus dem Kreis derer hervorzuheben, die nicht „dazu gehören“, und sich von diesen abzugrenzen. Die Gefahr einer solchen Abgrenzung liegt zum einen darin, dass - schlimmstenfalls im Einsatz - der Zusammenhalt mit und die Unterstützung für Kameraden, die nicht „getauft“ wurden, herabgesetzt sein kann oder dass diese Kameraden sich hierauf nicht vorbehaltlos verlassen können. Zum anderen ist die Gefahr gegeben, dass allein die Existenz derartiger Aufnahmerituale bzw. entsprechender Gerüchte zu Konflikten und Ängsten bei den Kameraden führen, die einer „Taufe“ noch nicht unterzogen wurden oder für eine solche erst gar nicht in Betracht gezogen werden. Dies wird unter anderem beispielhaft deutlich an der Aussage des Soldaten L., der in seiner Zeugenvernehmung angab, wegen eines ihm vermeintlich bevorstehenden Rituals „ein ungutes Gefühl“ gehabt und sich deswegen nicht auf seine eigene Stube zurückgetraut bzw. vorsichtshalber in die Stube eines anderen Kameraden begeben zu haben (vgl. Niederschrift über die Vernehmung eines Zeugen vom 13.01.2017, Behördenakte S. 14). Durch die Schaffung derartiger Situationen besteht die ernstliche Gefahr, dass die Einsatzbereitschaft der direkt oder indirekt betroffenen Kameraden beeinträchtigt wird.
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Den Kernbereich der militärischen Ordnung betreffen die vom Kläger durchgeführten „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ zum anderen deshalb, weil sie bei den Soldaten Zweifel und Konflikte darüber auslösen können, inwieweit die Bundeswehr ihrem Auftrag und ihrem Anspruch gerecht werden kann bzw. gerecht werden will, eine Armee zu sein, die sich den Werten des Grundgesetzes verpflichtet fühlt und insbesondere die Menschenwürde als unverletzlich ansieht. Schon die äußere Gestaltung der „Taufen“ und des sog. „Gefangenenspiels“ begründen durchgreifende Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Soldaten, dem Einsatzauftrag der Bundeswehr im Rahmen der bestehenden Verfassung Rechnung zu tragen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2006 - 1 B 1843/05 -, Rn. 23, juris). Der Kläger und die übrigen „Täter“ haben mit ihrem Verhalten Foltermethoden und Misshandlungen von Gefangenen angedeutet, wie man sie mit Bildern aus dem Gefängnis von Abu Ghraib oder Guantanamo in Verbindung bringen kann. Dabei trugen (ausgerechnet) einige der „Täter“ - wie jedenfalls auf dem Video über das „Gefangenenspiel“ zu sehen ist - Uniformen mit deutschen Abzeichen; deutlich zu hören ist dabei auch die an sich neutrale, aber durch ihre mediale Präsenz mittlerweile mit islamistischem Terrorismus konnotierte muslimische Gottespreisung „Allahu akbar“. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahmen bei den betroffenen Kameraden auch nur annähernd die physische und psychische Wirkung hatte, die bei tatsächlichen Folteropfern auftreten. Unabhängig davon, wie unterhaltsam die Beteiligten - „Täter“ wie „Opfer“ - diese Vorfälle erlebt haben mögen, vermitteln sie jedenfalls nach außen den Eindruck, dass sie gerade auch als Bundeswehrsoldaten bereit dazu sind und es für vertretbar halten, die Würde anderer zu missachten und diese - und sei es „im Spiel“ - demütigenden und gewaltsamen Handlungen auszusetzen. Es ist überdies auch nicht gänzlich auszuschließen, dass durch die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ für die Beteiligten wie auch für die „Zuschauer“ die Hemmschwelle bezüglich einer menschenrechtswidrigen Behandlung etwaiger Gefangener im Auslandseinsatz womöglich herabgesetzt werden könnte.
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bb) Das Verhalten des Klägers stellt nach dem Vorstehenden jedenfalls ohne Weiteres ein Fehlverhalten dar, das die erhebliche Gefahr der Nachahmung in sich birgt. Es handelt sich um eine Disziplinlosigkeit, die andere Soldaten zu einem entsprechenden Verhalten veranlassen könnte. Durch den Verbleib des Klägers in seinem Dienstverhältnis trotz der von ihm mit durchgeführten Aufnahmerituale und des „Gefangenenspiels“ und trotz der damit verbundenen Dienstpflichtverletzungen würde einer allgemeinen Disziplinlosigkeit und einer damit einhergehenden Gefährdung der militärischen Ordnung Vorschub geleistet.
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b) Die drohende Gefährdung der militärischen Ordnung durch den Verbleib des Klägers in seinem Dienstverhältnis war so schwerwiegend, dass die Beklagte mit seiner Entlassung reagieren durfte. Durch die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ wurde der Kernbereich der militärischen Ordnung betroffen und es bestand eine erhebliche Nachahmungsgefahr. Wie sich bereits aus den oben dargelegten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 17.10.2000 - 2 WD 12.00 und 13.00 -, juris) ergibt, stellen Aufnahmerituale für die Bundeswehr ein Problem dar, das aufgrund der besonderen Gruppendynamik innerhalb des Bundeswehr immer wieder aufzutreten droht und mit besonderen Missbrauchsgefahren verbunden ist. Ein einfacheres, den Kläger weniger belastendes Mittel, insbesondere eine Disziplinarmaßnahme kam daher nicht in Betracht. Jede andere, möglicherweise mildere Maßnahme wäre nicht in der erforderlichen Weise geeignet und ausreichend gewesen, um die durch die „Taufen“ und das „Gefangenenspiel“ in der Truppe ausgelösten und bei Verbleib des Klägers in seinem Dienstverhältnis weiterhin drohenden Spannungen und die daraus wahrscheinlich resultierenden Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Streitkräfte vollständig und dauerhaft zu beseitigen. Wenn den Vorfällen lediglich mit einer Disziplinarmaßnahme begegnet würde, könnte dies in der Truppe überdies zu der Auffassung führen, ein gleichartiges Verhalten werde ohne spürbare Konsequenzen hingenommen (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 18.08.2014 - 12 B 14/14 -, Rn. 38, juris). Um eine drohende Festsetzung des Problems in den Streitkräften zu verhindern, muss es der Bundeswehr möglich sein, derartige Vorfälle schon im Anfangsstadium mit der gebotenen Konsequenz und Härte zu bekämpfen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2006 - 1 B 1843/05 -, Rn. 23, juris).
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Vor diesem Hintergrund ist die Maßnahme auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil - wie in der mündlichen Verhandlung vorgebracht - der Kläger und die übrigen Beteiligten noch jung sind und sich dienstrechtlich bisher nichts zuschulden kommen haben lassen oder weil die Dienstpflichtverletzungen nur fahrlässig und teils unter der Annahme einer vermeintlich rechtfertigenden Einwilligung der „Opfer“ begangenen worden sein sollen. Zum einen durfte und musste die Bundeswehr durch die Entlassung des Klägers klarstellen, dass sie die Würde und die Rechte ihrer eigenen Soldaten ernst nimmt und vor derartigen Übergriffen umfassend und vorbehaltlos schützt. Zum anderen durfte sie keine Zweifel dahingehend aufkommen lassen, dass sie ihre Bindung an die Menschenwürde und an das Grundgesetz möglicherweise nicht ernst nimmt und Folter und Misshandlung von Gefangenen auch nur ansatzweise - und sei es nur „im Spiel“ - hinnimmt oder gar billigt. Auch der Umstand, dass der Kläger lediglich einen Mannschaftsgrad inne hatte und kein Vorgesetzter war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Zum einen geht aus § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG deutlich hervor, dass der Gesetzgeber das Dienstverhältnis eines freiwillig Wehrdienstleistenden für weniger schutzwürdig hält und gerade die Möglichkeit schaffen wollte, auf ein entsprechendes Fehlverhalten mit der sofortigen Entlassung reagieren zu können. Zum anderen hatte das Verhalten des Klägers und der übrigen Beteiligten unabhängig von ihrem Dienstgrad potentiell negative Vorbildwirkung in der Truppe. Die Aufnahmerituale und das sog. „Gefangenenspiel“ wurden in und vor den Aufenthaltsräumen der Soldaten durchgeführt und - wie sich aus den Vernehmungsprotokollen in den Behördenakten ergibt - von unbeteiligten Soldaten beobachtet. Aus den Zeugenbefragungen ergibt sich, dass den Kameraden in der Einheit das Bestehen der Aufnahmerituale bekannt war und diese mitunter durch die gezielte Ansprache von Kameraden und das Zeigen von Videoaufnahmen propagiert wurden. Das Fehlverhalten des Klägers lässt sich auch nicht durch ein etwaiges Führungsversagen von Vorgesetzten relativieren. Zum einen wird jedem Bundeswehrsoldaten abverlangt, für sein eigenes Verhalten im und außerhalb des Dienstes Verantwortung zu übernehmen und die von ihm geforderte moralische Integrität zu wahren. Diese Anforderungen hat jeder Soldat unabhängig von einer (fortwährenden) Überwachung durch seinen Vorgesetzten zu erfüllen. Zum anderen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Vorgesetzte des Klägers von den Vorfällen Kenntnis hatten und diese zugleich geduldet oder gar gebilligt hätten. Selbst wenn dem so sein sollte, würde dies in erster Linie zunächst die Frage der Ahndung des Fehlverhaltens der Vorgesetzten aufwerfen.
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3. Da die Tatbestandsvoraussetzungen vorlagen, war der Kläger gem. § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG aus seinem Dienstverhältnis als freiwillig Wehrdienstleistender zu entlassen. Die Beklagte, die im Ausgangsbescheid noch von einem ihr eingeräumten Ermessen ausging, hat erkannt, dass § 58h Abs. 1 Alt. 1, § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SG eine gebundene Entscheidung vorsieht und ihre Begründung im Beschwerdebescheid dementsprechend korrigiert. Im Beschwerdebescheid sprach sie nicht mehr von einer Ermessensausübung; sie stellte lediglich fest, dass die Entlassung angemessen und verhältnismäßig sei.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, §§ 124, 124a VwGO. § 84 Satz 1 SG findet keine Anwendung, da diese Vorschrift die Berufung nur gegen Verwaltungsakte nach dem vierten Abschnitt des Soldatengesetzes ausschließt. Der hier maßgebliche § 58h SG befindet sich aber im dritten Abschnitt und verweist ausdrücklich nur auf § 75 und § 76 SG; nach Auffassung der Kammer wird die Entlassung eines freiwillig Wehrdienstleistenden durch diesen Verweis nicht zu einer solchen auf Grund des vierten Abschnitts.

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