| Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Lagerung und Behandlung von Abfällen. |
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| Die Beigeladene ist ein Zusammenschluss von Abfallrecyclingunternehmen. Sie beantragte am 29.11.2016 beim Regierungspräsidium Stuttgart eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Anlage zum Umschlag und zur Lagerung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen sowie zur Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen auf dem Gelände N.str. x (Flst.-Nrn. x, x, x, x, x, x der Gemarkung B.) in S. |
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| Das Gelände wurde seit Anfang der 1990er Jahre von verschiedenen Recyclingunternehmen zur Lagerung und zum Umschlag von Abfällen genutzt. Es liegt nördlich des Heizkraftwerks S.-M. Im Westen grenzt das Gelände an einen ehemaligen Travertinsteinbruch. Nach Nordosten hin wird der Recyclingplatz durch die Gleisanlage einer Bahnlinie begrenzt. Die Abfallanlage wurde auf der Grundlage von Änderungsgenehmigungen der Landeshauptstadt Stuttgart nach § 16 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) und verschiedener Änderungsanzeigen nach § 15 BImSchG betrieben. Zum 01.06.2015 übernahm die Beigeladene den Betrieb. |
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| Das beantragte Vorhaben umfasst den Weiterbetrieb und die teilweise Erweiterung des bestehenden Recyclingplatzes. Die Anlage ist im Antrag in sechs Betriebseinheiten unterteilt: BE 1 (Parkplatz und Abstellplatz), BE 2 (Zeitweilige Lagerung, Behandlung von mineralischen Abfällen), BE 3 (Wertstoffhofbetrieb und Lagerbereich), BE 4 (Outputlager für Beton und Recyclingbaustoff), BE 5 (zeitweise Lagerung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen) und BE 6 (variable Lagerfläche, Bodenumschlag). Ein Teilbereich des Betriebs, der der Lagerung und Behandlung von Papier- und Kunststoffabfällen dient, war ausdrücklich vom Antrag ausgenommen. Dieser Teil sollte auf der Grundlage einer bestehenden Änderungsgenehmigung der Landeshauptstadt Stuttgart weiterbetrieben werden. |
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| Anlässlich einer Besprechung mit dem Regierungspräsidium Stuttgart im Rahmen des Genehmigungsverfahrens teilte der Geschäftsführer der Beigeladenen Herr K. mit, dass die Beigeladene den Antrag als Eigentümerin der Grundstücke gestellt habe. Die Anlage solle allerdings letztlich von den Firmen D. R. GmbH und F. W. GmbH betrieben werden. |
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| Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks M.-straße xx in S. Das Grundstück liegt nordöstlich der Recyclinganlage auf der anderen Seite der Bahngleise. In dem Gebäude befinden sich Wohnräume, die der Kläger zu 1 selbst bewohnt. Zudem ist der Kläger zu 1 Mitbetreiber eines Fitnessstudios in diesem Gebäude. |
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| Das beantragte Vorhaben wurde am 28.07.2017 im Staatsanzeiger und auf der Homepage des Regierungspräsidiums Stuttgart bekanntgemacht. Dabei wurde auf die öffentliche Auslegung hingewiesen und erklärt, dass Einwendungen gegen das Vorhaben bis einschließlich 06.10.2017 erhoben werden können. Die Bekanntgabe enthielt die Belehrung, dass mit Ablauf dieser Frist für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen sind, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. In der Folge wurden die Antragsunterlagen vom 07.08.2017 bis 06.09.2017 beim Regierungspräsidium Stuttgart und im Bezirksamt B. zur Einsichtnahme ausgelegt. |
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| In einer E-Mail vom 07.08.2017 an die D. R. GmbH, die in Kopie u.a. an das Regierungspräsidium Stuttgart versandt wurde, beschwerte sich der Kläger zu 1 über im Gleisbereich herumliegende Plastikabfälle, die vom Wind auf die andere Seite herübergetragen würden. Außerdem sei er verärgert über die zunehmenden Lärm-, Geruchs- und Erschütterungsimmissionen. Die Lärmgrenzwerte im angrenzenden Wohngebiet seien nicht eingehalten. Da das Gelände aus sehr zerklüftetem Gestein bestehe, gefährdeten die auf offenem Boden liegenden behandelten Hölzer und Industrieabfälle das Grundwasser und die dortigen Mineralquellen. |
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| Mit Schreiben vom 19.09.2017, beim Regierungspräsidium eingegangen am 20.09.2017, trug der Kläger zu 1 Einwendungen gegen das beantragte Vorhaben vor. Er führte dabei u.a. aus, dass die zu lagernden und umzuschlagenden Recyclinggüter ein Gefährdungsrisiko für Mensch, Natur und Tiere darstellten. Insbesondere liege das Vorhaben in einem Heilquellenschutzgebiet, da alle Mineralquellen in der Umgebung hier ihren Ursprung hätten. Da das Gestein sehr zerklüftet sei, könnten Schadstoffe bis in die untersten Schichten und ins Grundwasser gelangen. Zudem sei das Staubschutzgutachten unvollständig ausgelegt. Die Seiten 1-36 seien doppelt vorhanden, aber die Seiten 37-46 fehlten. In dem Lärmgutachten sei das angrenzende Wohngebiet mit den geltenden Ruhezeiten nicht richtig betrachtet worden und die prognostizierten Nutzungszeiten von Baggern und Radladern seien realitätsfremd. Zudem gehe das artenschutzrechtliche Gutachten nur von gesichteten 38 Exemplaren der Mauereidechse auf dem gesamten Gelände aus. Diese Zahl habe er auf einem sonnigen Septemberspaziergang bereits auf wenigen Quadratmetern gesichtet. Außerdem führe ein öffentliches Wegerecht zugunsten der Stadt durch das Vorhabengrundstück. Dieses sollte wieder aktiviert werden, um Schülern und der sonstigen Bevölkerung der Stadtteile zu ermöglichen, die Gleise an dieser Stelle gefahrlos zu überqueren. Darüber hinaus vereitele das Vorhaben eine mögliche zukünftige Wiederaufnahme des Travertinabbaus. Schließlich komme der Betreiber seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nach. Dies zeige sich an Kunststoff- und Holzabfällen, die unkontrolliert auf dem Grundstück und im Gleichbereich herumlägen. |
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| Die Klägerin zu 2 brachte in einem ebenfalls auf den 19.09.2017 datierten Schreiben in weiten Teilen gleichlautende Einwendungen vor. |
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| Die Klägerin zu 3 erhob am 20.09.2017 Einwendungen gegen die geplante Neugenehmigung. Die Aktivitäten der Recyclinganlage beeinträchtigten sie und ihre Mieter sehr. Insbesondere gelte dies wegen der Belastung ihres Geländes mit Müll. Der Betrieb des Fitnessstudios sei wegen des Lärms empfindlich gestört. Sie sei angesichts der geplanten Nutzung entsetzt, da das Gelände Quellenschutzgebiet sei und dort sehr viele Fledermäuse und Eidechsen wohnten. Die Klägerin zu 4 formulierte schriftlich ähnliche Einwendungen. |
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| Da in den beim Bezirksamt B. ausgelegten Antragsunterlagen nicht alle Seiten des Staubgutachtens enthalten waren, wurde das beantragte Vorhaben am 13.10.2017 erneut öffentlich bekanntgemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass bereits erhobene Einwendungen wirksam blieben und nicht erneut vorgebracht werden müssten. Die erneute Auslegung des Antrags und der nunmehr vollständigen Unterlagen erfolgte vom 23.10.2017 bis 22.11.2017. |
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| Am 16.04.2018 fand eine Erörterungsverhandlung im Sitzungssaal des Bezirksamtes B. statt. Daran nahmen die zuständigen Vertreter des Regierungspräsidiums, Vertreter der Beigeladenen, die Ersteller der im Verfahren eingeholten Gutachten, die Vertreter mehrerer anerkannter Naturschutzverbände sowie zahlreiche private Einwender teil. Im Rahmen der Erörterung wurden auch die Einwendungen der Kläger behandelt. |
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| Mit Bescheid vom 05.03.2019 erteilte das Regierungspräsidium Stuttgart der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage für den Umschlag und die Lagerung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen sowie die Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen auf dem Vorhabengrundstück. Die Haupttätigkeitsbereiche bestehen dabei aus dem Umschlag, der zeitweiligen Lagerung und Behandlung von mineralischen Abfällen, Bauschutt, Erden, Papierabfällen und Sperrmüll, aus dem Umschlag und der zeitweiligen Lagerung von Plastikabfällen sowie aus dem Wertstoffhofbetrieb für Gewerbeabfälle und für Handwerker- und Privatabfälle. Die Genehmigung enthält eine Vielzahl an Nebenbestimmungen u.a. zur Vermeidung von Staub (5.1.) und zum Schutz vor Lärmimmissionen (5.2). So wird unter 5.2.1 etwa geregelt, dass am Immissionsort IO3, der an der Südwand des Gebäudes der Kläger in der M.-straße xx auf Höhe des 2. OG liegt, ein Beurteilungspegel von 52 dB (A) nicht überschritten werden darf. Die bestehenden Schutzwände (Mindesthöhe 3,0 m) in BE 6 und die Schutzwand von etwa 2 Meter in der nördlichen Verlängerung der Halle BE 5 sind zu erhalten und die Undichtigkeiten vor Inbetriebnahme der Anlage zu beseitigen. Die sofortige Vollziehung der Genehmigung wurde angeordnet. |
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| Bestandteil der Genehmigung waren insgesamt 83 Anlagen, darunter eine schalltechnische Untersuchung der K.-S. GmbH vom 22.11.2018, die ein mit dem Antrag eingereichtes Schallgutachten vom 15.11.2016 aktualisiert, und eine Staubimmissionsprognose der D. vom 25.10.2018, die einen entsprechenden Bericht vom 19.06.2017 ergänzt. Im genannten Schallgutachten wird für den IO3 durch alle Geräuschquellen im Zusammenhang mit dem beantragten Vorhaben ein Immissionspegel tagsüber von 51,7 dB (A) berechnet. Als maßgeblicher Richtwert der TA Lärm wird der tagsüber in Mischgebieten geltende Wert von 60 dB (A) angegeben. |
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| Am 08.03.2019 wandte sich der Kläger zu 1 an den zuständigen Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums und trug vor, er sei enttäuscht über das Gutachten zu den Anforderungen des anlagenbezogenen Gewässerschutzes. Durch die Lagerung von Bauschutt, insbesondere Straßenaufbruch, und die Verarbeitung von Zement und Beton bestehe die Gefahr, dass Schadstoffe in das Grundwasser gelangten. In einem Mineralwasserschutzgebiet müsse man hierbei besondere Vorsicht walten lassen. Außerdem seien er und die weiteren Kläger durch den neu angesiedelten Umschlagplatz durch Ratten, Mäuse und sonstiges Ungeziefer gestört. Der stetige Bagger- und Radlagerlärm der Mitarbeiter sei rücksichtslos. Die vorgeschriebene Lärmschutzwand sei abgebaut worden. Des Weiteren seien die Abholzungen im großen Stil sicherlich ungenehmigt. Schließlich sei ihr Grundstück mit Unmengen an Kunststoffverpackungen verschandelt worden. |
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| Ebenfalls am 08.03.2019 wurde die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene im Staatsanzeiger und auf den Internetseiten des Regierungspräsidiums Stuttgart und der Landeshauptstadt Stuttgart öffentlich bekannt gemacht. |
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| In einer E-Mail vom 27.03.2019 äußerte der Kläger zu 1 gegenüber dem zuständigen Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums, bei der Durchsicht der Genehmigung sei aufgefallen, dass die Schall- und Staubgutachten sowie die Beschreibung der Abwasseranlage nach der öffentlichen Auslegung abgeändert worden seien. Er erbat daher die - soweit möglich - digitale Übersendung der geänderten Gutachten. Daraufhin antwortete der Sachbearbeiter am 28.03.2019, dass nach dem Erörterungstermin Planänderungen vorgenommen worden seien, die zu Änderungen in den Gutachten geführt hätten. Sämtliche Änderungen hätten allerdings keine oder jedenfalls nur positive Auswirkungen auf die Umwelt. Leider lägen nicht alle Unterlagen in elektronischer Form vor. Selbstverständlich könne der Kläger jederzeit die gesamten Unterlagen im Regierungspräsidium einsehen. Wegen eines Termins könne er gerne auf ihn zukommen. Nachdem der Kläger zu 1 daraufhin erneut darum gebeten hatte, jedenfalls die digital zur Verfügung stehenden Unterlagen weiterzureichen, übersandte der Sachbearbeiter ihm mit E-Mail vom 01.04.2019 das Lärmgutachten vom 22.11.2018 und das Staubgutachten vom 25.10.2018 als pdf-Dateien. |
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| Am 04.04.2019 haben die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten Klagen gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erhoben. In der Klageschrift heißt es, die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstoße gegen Nachbarschutz und die Vorschriften. Eine ausführliche Klagebegründung werde in einem gesonderten Schriftsatz erfolgen. |
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| Das Verfahren ist zunächst der für das Abfallrecht zuständigen 14. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugeteilt worden. Der dortige Berichterstatter hat den Klägern mit der Eingangsverfügung eine Frist von sechs Wochen zur Klagebegründung gesetzt. |
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| Mit Beschluss vom 10.04.2019 ist die Beigeladene zum Verfahren beigeladen worden. |
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| Mit Schriftsatz vom 08.05.2019 hat Kläger zu 1 vorgebracht, dass es in den letzten Wochen aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit des Sachbearbeiters beim Regierungspräsidium nicht möglich gewesen sei, einen Termin zur Akteneinsicht zu bekommen. Nun liege ein Teil der Daten aus der Akteneinsicht vor. Aufgrund des am nächsten Tag beginnenden eigenen Urlaubs sowie der Vielschichtigkeit und Komplexität des Verfahrens sei es nicht möglich, die Klagebegründung bis zum 22.05.2019 zu formulieren. Daher werde um eine Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 10.06.2019 gebeten. |
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| Mit Verfügung vom 09.05.2019 hat der damalige Berichterstatter die Frist antragsgemäß bis zum 10.06.2019 verlängert. |
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| Am 16.05.2019 hat die nach dem Geschäftsverteilungsplan 2019 für das Baurecht (einschließlich des Immissionsschutzrechts) in der Landeshauptstadt Stuttgart zuständige 5. Kammer das Verfahren übernommen. |
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| Mit Schriftsatz vom 10.06.2019 - bei Gericht eingegangen am 11.06.2019 - hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger darum gebeten, für die Klagebegründung noch Gelegenheit bis zum 01.07.2019 einzuräumen. Die Berichterstatterin der 5. Kammer hat daraufhin am 12.06.2019 erklärt, die Frist werde antragsgemäß bis zum 01.07.2019 verlängert. |
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| Am 03.07.2019 hat der Klägervertreter eine erstmalige Klagebegründung bei Gericht eingereicht. Die Nutzer des Gebäudes der Kläger würden durch die von dem Vorhaben verursachten Lärm, Staub und Gerüche belästigt. Eigenmessungen des Klägers zu 1 an den Fenstern hätten ergeben, dass die Schallgrenzwerte deutlich überschritten würden. Das Schallprognosegutachten aus der Genehmigung habe sich als unrealistisch erwiesen. Es sei bereits fragwürdig, auf die Richtwerte eines Mischgebiets abzustellen, da ihr Gebäude direkt neben einem festgesetzten allgemeinen Wohngebiet liege. Es werde auch beanstandet, dass in der Genehmigung keine Pflicht der Beigeladenen geregelt sei, die Einhaltung des Schallimmissionswerts am IO3 durch eine tatsächliche Messung nachzuweisen. Das Vorhaben erfülle die aufgrund der lauten Maschinen nach der Arbeitsstättenverordnung erforderlichen Schutzmaßnahmen zugunsten der eigenen Mitarbeiter nicht. Das Staubgutachten der D. sei ebenfalls fehlerhaft. Die angesetzten Tagesdurchsätze, die Betriebsstunden und die Vorbelastung seien unzutreffend, was zur Ermittlung einer viel zu geringen Staubimmissionsbelastung führe. Außerdem seien die Fahrzeugbewegungen um ein Drittel niedriger angesetzt worden als in der ursprünglichen Fassung. Zudem sei die Aufspaltung des Betriebs in einen Teil, für den die angefochtene Genehmigung beantragt worden sei, und einen anderen Teil, der weiter aufgrund der Altgenehmigung der Stadt Stuttgart betrieben werden solle, mangels hinreichender Bestimmtheit nicht zulässig. Außerdem sei zu Unrecht keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Des Weiteren sei die Öffentlichkeit nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, weil die der Genehmigung zugrundeliegenden Gutachten nach dem Erörterungstermin abgeändert worden seien. Ferner verstoße der Betriebsteil BE 6 gegen Festsetzungen des Bebauungsplans. |
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| Mit allen diesen Einwendungen seien sie nicht präkludiert. § 6 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) sei wegen Unvereinbarkeit mit dem europarechtlichen Äquivalenzgebot auf Individualkläger nicht anwendbar, weil diese sonst gegenüber anderen Klägern benachteiligt würden, nur weil ihr Begehren einen Umweltbezug habe. Jedenfalls sei die Überschreitung der Frist nach § 6 Satz 2 UmwRG als entschuldigt zu betrachten. Das Verwaltungsgericht habe durch die Setzung der sechswöchigen Frist konkludent zum Ausdruck gebracht, dass keine fristgebundene Begründungsobliegenheit bestehe. Außerdem habe das Gericht die Frist mehrfach verlängert, ohne auf die Anforderungen aus § 6 UmwRG abzustellen. Ferner sei die Verzögerung aufgrund der verspäteten Akteneinsicht entschuldigt. Die 10-Wochenfrist beginne erst mit Eingang der Akten. Der Kläger zu 1 habe sich persönlich beim Regierungspräsidium um Akteneinsicht bemüht. Vollständige Akteneinsicht habe er allerdings erst am 13.05.2019 erhalten. Daher sei die Klagebegründungsfrist frühestens am 22.07.2019 abgelaufen. Des Weiteren seien bloße Rechtsausführungen von § 6 UmwRG nicht erfasst. Schließlich greife die Präklusion nicht, wenn das Gericht den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung der Beteiligten mit geringem Aufwand ermitteln könne, § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO. Da sich die maßgeblichen Tatsachen aus der Verwaltungsakte ergäben, sei hier von einem geringen Ermittlungsaufwand auszugehen. Jedenfalls die erst später bekannt gewordenen Tatsachen könnten nicht ausgeschlossen werden. Dazu gehöre der Umstand, dass die Lärmschutzwand zur nördlichen Halle zwar neu errichtet worden sei. Jedoch stehe ein Teilstück von ca. 25 m zwischen BE 5 und BE 6 komplett offen bzw. befinde dort nur ein Zaun. Die vier Meter hohe Schallschutzwand um die BE 4 sei völlig unzureichend, da die aufgehäuften Schuttberge sie überragten. Zudem komme ein mobiler Zerkleinerer in der BE 4 zum Einsatz, der mit Bescheid der Stadt Stuttgart vom 17.10.2018 für die Aufstellung und den Betrieb auf der Freifläche vor der südlichen Halle genehmigt worden sei. Am 11.01. und 12.01.2021 habe der Kläger zu 1 Lärmmessungen an seinem Fenster durchgeführt. Diese Messungen zeigten, dass die zulässigen Grenzwerte deutlich überschritten würden. Vorsorglich werde mit dem Hilfsantrag der Erlass von Schutzauflagen nach § 12 BImSchG beantragt. In Betracht kämen insoweit die Anordnung begleitender Messungen am IO3 im laufenden Betrieb der Anlage (§ 26 BImSchG) sowie die Errichtung von Schallschutzwänden mit einer Höhe von acht Metern in Richtung des klägerischen Grundstücks. Bei gesundheitsgefährdenden Lärmpegeln, die durch Eigenmessungen festgestellt seien, reduziere sich das Ermessen der Behörde, ob Ermittlungen nach § 26 BImSchG durchgeführt werden, auf Null. Derartige Überschreitungen der Grenzwerte habe der Kläger zu 1 dargelegt und glaubhaft gemacht. |
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| die der Beigeladenen mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05.03.2019 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufzuheben, |
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| hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über Auflagen zum Schutz der Kläger vor unzumutbaren Immissionen durch die genehmigte Anlage zu entscheiden. |
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| Er führt im Wesentlichen aus, weswegen die inhaltlichen Argumente der Kläger nicht zuträfen. |
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| Die Beigeladene beantragt, |
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| Sie trägt vor im Wesentlichen vor, dass die Kläger mit ihren Einwendungen gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung präkludiert seien. Für die vorliegende Klage gelte die zehnwöchige Klagebegründungsfrist aus § 6 UmwRG, die auch bei Individualklägern zur Anwendung komme. Die Frist zur Klagebegründung sei bis zum 01.07.2019 verlängert worden. Bis zum Ablauf dieser Frist sei allerdings keine Begründung bei Gericht eingegangen. Der Schriftsatz vom 03.07.2019 und das gesamte weitere Vorbringen seien verspätet und daher ausgeschlossen. Die innerprozessuale Präklusion trete kraft Gesetzes ein und stehe nicht im Ermessen des Gerichts. Auf eine konkrete Verfahrensverzögerung komme es nicht an. Auf diese Rechtsfolge müsse das Gericht auch nicht gesondert hinweisen. In der Sache entspricht der Vortrag zur Genehmigung im Wesentlichen den Ausführungen des Beklagten. |
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| Die inzwischen für Baurecht/Immissionsschutzrecht aus der Landeshauptstadt zuständige 2. Kammer des Verwaltungsgerichts hat am 07.12.2021 mündlich verhandelt und dabei die Frage erörtert, ob die Kläger aufgrund der Präklusionsvorschrift aus § 6 UmwRG mit ihrem Vorbringen ausgeschlossen sind. Der Klägervertreter hatte in der Nacht vom 06.12.2021 auf den 07.12.2021 einen Verlegungsantrag wegen einer kurzfristigen Erkrankung gestellt, ohne jedoch eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Nachdem er am folgenden Tag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 07.12.2021 vorgelegt hat, ist die mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 09.12.2021 wiedereröffnet worden. |
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| Auf Aufforderung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2021 haben der Beklagte und die Beigeladene die Entwicklungen der Anlage während des Klageverfahrens dargestellt. Daraus ergibt sich im Wesentlichen, dass das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 22.07.2020 eine Änderungsgenehmigung nach §§ 16, 19 BImSchG erteilt hat. Diese enthält eine Reduzierung der Behandlungsmenge nicht gefährlicher Abfälle um 85 Tonnen/Tag, der zeitweiligen Lagermenge gefährlicher Abfälle um 95 Tonnen und der Umschlagsmenge gefährlicher Abfälle um 30 Tonnen/Tag. Dagegen wird die zulässige zeitweilige Lagermenge nicht gefährlicher Abfälle um 120 Tonnen und die Umschlagsmenge nicht gefährlicher Abfälle um 195 Tonnen/Tag erhöht. Die zulässige Lagermenge gefährlicher Abfälle auf BE 3 wird auf 49,9 Tonnen beschränkt. Der genehmigte Gesamtjahresdurchsatz aller Abfälle bleibt unverändert bei 668.450 Tonnen. Zudem hat die Beigeladene am 28.07.2020 einen Betreiberwechsel zum 01.08.2020 angezeigt. Danach betreiben künftig die F.W. GmbH die BE 1, 2, 4 bis 6 und die D. R. GmbH die BE 3. Des Weiteren hat die Landeshauptstadt Stuttgart mit Bescheid vom 01.10.2021 der D. R. GmbH eine Änderungsgenehmigung nach §§ 16, 19 BImSchG erteilt, die den Betrieb eines mobilen Zerkleinerers auf BE 3 betrifft, der bereits seit einer Freistellungserklärung vom 17.10.2018 auf dem von der angefochtenen Genehmigung ausgenommen Anlagenbereich zugelassen war. Schließlich sind seit Klageerhebung acht genehmigungsfreie Änderungsanzeigen mit Freistellungserklärungen nach § 15 Abs. 2 BImSchG erfolgt. Diese betreffen u.a. die Verlegung der Fahrzeugwaage zunächst von BE 2 nach BE 1 und sodann nach BE 4, die bauliche Änderung der Zufahrt zu BE 5 sowie die Lagerung von Recycling-Schotter auf BE 6. |
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| In der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2022 hat der Klägervertreter u.a. vier unbedingte Beweisanträge gestellt, welche die Kammer abgelehnt hat. Zu den Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Behördenakten des Beklagten, die dem Gericht vorliegen, Bezug genommen. |
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| Die Kammer kann über die Klagen entscheiden, ohne zuvor die Beigeladene auswechseln zu müssen. Der während des gerichtlichen Verfahrens erfolgte Betreiberwechsel verändert die Beteiligtenstellung der Beigeladenen nicht. Denn obgleich diese seit dem 01.08.2020 die genehmigte Anlage nicht mehr betreibt, bleibt sie weiterhin die Adressatin der angefochtenen Genehmigung. Im Zeitpunkt der Klageerhebung und des Beiladungsbeschlusses vom 10.04.2019 war die Beigeladene Betreiberin der Anlage. Ungeachtet der vom Vertreter der Beigeladenen aufgeworfenen Frage, ob die Inhaberschaft der Anlagengenehmigung und die Betreibereigenschaft auseinanderfallen können, hat sich der Betreiberwechsel jedenfalls nicht auf deren prozessuale Stellung ausgewirkt. Nach § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO hat die Veräußerung der streitgegenständlichen Sache nach Rechtshängigkeit keinen Einfluss auf den Prozess. Der Anwendungsbereich des § 265 ZPO ist nicht auf Sachen im Sinne körperlicher Gegenstände (§ 90 BGB) beschränkt, sondern umfasst grundsätzlich alle übertragbaren Rechtspositionen (vgl. BGH, Urt. v. 17.04.2007 - X ZB 41/03 - juris Rn. 19 und Urt. v. 09.10.2006 - II ZR 46/05 - juris Rn. 15; BeckOK-ZPO, Stand: 01.12.2021, § 265 Rn. 6 ff. m.w.N.). Demnach ist das Verfahren mit der R. N. GmbH als Beigeladenen weiterzuführen. Ein Beteiligtenaustausch bzw. eine zusätzliche Beiladung der neuen Betreiber ist angesichts der gesetzgeberischen Grundentscheidung, einen Prozess mit dem bisherigen Rechtsinhaber fortzuführen, nicht erforderlich. Die Kläger erfahren hierdurch keinen Nachteil, weil das verwaltungsgerichtliche Urteil auch die Rechtsnachfolger der Beigeladenen bindet, vgl. § 121 Nr. 1, § 63 Nr. 3 VwGO. Hinzukommt, dass die Beigeladene weiterhin Grundstückseigentümerin der gesamten Anlage ist und daher die aus einer gerichtlichen Entscheidung folgenden Verpflichtungen gegenüber den Betreibern der einzelnen Betriebseinheiten durchsetzen kann. |
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| Die Klagen haben keinen Erfolg. Der zulässige (A.I.) Anfechtungsantrag ist unbegründet, da die Kläger mit ihrem Vortrag nach § 6 UmwRG präkludiert sind (A.II.). Dem Hilfsantrag mangelt es bereits an der Zulässigkeit (B.). |
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| A. Der auf die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 05.03.2019 gerichtete zulässige Hauptantrag ist unbegründet. |
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| Insbesondere sind die Kläger klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Es erscheint jedenfalls als möglich, dass sie durch die der Beigeladenen erteilten Genehmigung in ihren Rechten verletzt werden. Die bei der Erteilung zu prüfende Einhaltung der Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine für die Nachbarn drittschützende Norm (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.07.2015 - 8 S 534/15 - juris Rn. 10; OVG Meck.-Vorp., Urt. v. 05.04.2016 - 5 K 4/14 - juris Rn. 59). Nachbar im immissionsschutzrechtlichen Sinn ist, wer sich im Einwirkungsbereich der Anlage, d.h. in einem Bereich, in dem die Immissionen nach Art und Umfang einzelne Personen hervorgehoben treffen können, ständig aufhält oder Rechte an dort befindlichen Sachen innehat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.05.2012 - 10 S 2693/09 - juris Rn. 56 m.w.N.). Die Kläger sind Eigentümer des nahegelegen Grundstücks Flst.-Nr. 501/1, das nur durch die Bahngleise von der genehmigten Recyclinganlage getrennt ist. Der Kläger zu 1 hat in dem darauf befindlichen Gebäude seinen Wohnsitz. Es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger durch die von der Anlage ausgehenden Immissionen in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt sind. |
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| Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens war nicht erforderlich. Nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW bedarf es keines Vorverfahrens, wenn das Regierungspräsidium den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Dieser Ausschluss des Widerspruchsverfahrens greift hier, da das Regierungspräsidium Stuttgart die streitgegenständliche Genehmigung erlassen hat. |
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| Die verspätet abgegebene Klagebegründung führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Die in § 6 Satz 1 UmwRG geregelte Klagebegründungsfrist stellt keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern eine prozessuale Obliegenheit des Klägers dar. Hält er sie nicht ein, ist er mit späterem Vortrag im Prozess präkludiert, was zur Unbegründetheit der Klage führen kann (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 20; OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 137). |
|
| II. Die Klagen sind unbegründet. Die Kläger sind mit ihrem verspäteten Vortrag auf der Grundlage von § 6 Satz 2 UmwRG umfassend ausgeschlossen. Sie haben innerhalb der Klagebegründungsfrist keine den Anforderungen des § 6 Satz 1 UmwRG genügenden Einwendungen gegen die Genehmigung vom 05.03.2019 vorgebracht. |
|
| Nach § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Person innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinn von § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (§ 6 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Frist kann nach § 6 Satz 4 UmwRG auf Antrag verlängert werden, wenn die Person in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit der Beteiligung hatte. Das Gericht darf präkludiertes Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen. Die innerprozessuale Präklusion nach § 6 Satz 2 UmwRG tritt als zwingende Rechtsfolge kraft Gesetzes ein und hängt daher nicht von einer richterlichen Ermessensentscheidung ab (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 20). |
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| Die zehnwöchige Begründungsfrist nach § 6 UmwRG ist hier anwendbar (dazu 1.), welche die Kläger nicht eingehalten haben (dazu 2.). Eine konkrete Verfahrensverzögerung ist für die Präklusion nicht erforderlich (dazu 3.). Die Kläger haben die verspätete Begründung nicht genügend entschuldigt (dazu 4.). Einer Präklusion steht die Ausnahme nach § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht entgegen, weil die Ermittlung der Einwendungen nicht mit geringem Aufwand ohne Mitwirkung der Kläger möglich ist (dazu 5.). Das Gericht ist nicht gehalten, die präkludierten Tatsachen in rechtlicher Hinsicht zu prüfen (dazu 6.). Schließlich ist auch der Vortrag aus dem weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht zuzulassen (dazu 7.). |
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| 1. Die spezielle Klagebegründungsvorschrift in § 6 UmwRG ist im vorliegenden Verfahren anwendbar. |
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| Denn es handelt sich um eine Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Danach ist der Anwendungsbereich des UmwRG u.a. bei Rechtsbehelfen gegen die Genehmigung von Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der 4. BImSchV mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, eröffnet. Die angefochtene Genehmigung gestattet der Beigeladenen die zeitweilige Lagerung von gefährlichen Abfällen mit einer Gesamtlagerkapazität im Umfang von mehr als 50 Tonnen (Ziffer 8.12.1.1 Anhang 1 zur 4. BImSchV) und den Umschlag von gefährlichen Abfällen von mehr als 10 Tonnen pro Tag (Ziffer 8.15.1 Anhang 1 zur 4. BImSchV). Diese Ziffern enthalten in Spalte c den Buchstaben „G“ und erfordern daher das reguläre Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung. |
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| a) Die Vorschrift findet auch bei Klagen natürlicher Personen Anwendung. Durch den Verweis auf § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO hat der Gesetzgeber auch natürliche Personen in den Anwendungsbereich einbezogen. Der eindeutige Wortlaut der Norm verlangt die Einhaltung der Klagebegründungsfrist sowohl von Personen als auch von Vereinigungen im Sinne von § 3 UmwRG (vgl. VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 21; VG Hannover, Urt. v. 12.01.2021 - 4 A 1902/20 - juris Rn. 52). Die Kläger dringen daher mit ihrem Einwand nicht durch, die Begründungsfrist und die bei deren Nichteinhaltung folgende Präklusion greife nur bei Klagen von Umweltverbänden, da ansonsten Individualkläger gegenüber dem allgemeinen VwGO-Verfahren benachteiligt würden. Der Normzweck des § 6 UmwRG, der darin besteht, eine Straffung des Gerichtsverfahrens und eine frühzeitige Fixierung des Prozessstoffes zu erreichen (vgl. BT-Drs. 18/12146, S. 16), ist bei Klagen natürlicher Personen in gleichem Maße betroffen. Zudem werden Individualkläger durch das UmwRG nicht etwa einseitig benachteiligt. Vielmehr können sie in seinem Anwendungsbereich abweichend vom sonst geltenden § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO beim Vorliegen bestimmter Verfahrensfehler die Aufhebung der Entscheidung verlangen, auch wenn sie hierdurch nicht in ihren eigenen Rechten verletzt sind, vgl. § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. |
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| b) Auch Unionsrecht steht der Anwendung von § 6 UmwRG nicht entgegen. Die Frage eines möglichen Verstoßes gegen europarechtliche Vorschriften ist - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung bislang nicht thematisiert worden. Die vom Klägervertreter unter Verweis auf eine Literaturmeinung (vgl. Bunge, UmwRG Kommentar, 2. Auflage 2019, § 6 Rn. 9) vorgetragene Auffassung, § 6 UmwRG sei wegen Unvereinbarkeit mit dem Äquivalenzgebot nicht anwendbar, überzeugt nicht. |
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| Die dem zugrundeliegende Annahme, die strenge Klagebegründungsfrist gelte nur für unionsrechtlich geprägte Verfahren, trifft bereits nicht zu. Nach dem Äquivalenzgrundsatz dürfen die nationalen Verfahrensvorschriften zur Umsetzung des Unionsrechts nicht ungünstiger sein, als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (vgl. EuGH, Urt. v. 14.03.2013 - C-420/11 - juris Rn. 38). Die 10-wöchige Klagebegründungsfrist und die Präklusionswirkung sind allerdings auch bei Klagen gegen Entscheidungen zu beachten, die rein nationales Umweltrecht betreffen. Denn unter § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG fallen auch Maßnahmen, die der Einhaltung umweltbezogener Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts dienen (vgl. Ziffern 5 und 6 der Norm). Es findet daher keine Schlechterstellung des Unionsrechts gegenüber dem nationalen Umweltrecht statt (so auch: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: September 2021, § 6 UmwRG Rn. 14). |
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| § 6 UmwRG ist auch mit der Vorgabe der einschlägigen EU-Richtlinien, der betroffenen Öffentlichkeit einen „weiten Zugang zu den Gerichten“ (vgl. Art. 11 Abs. 3 UVP-RL und Art. 25 Abs. 1 IE-RL) zu gewähren, vereinbar. Die innerprozessuale Präklusionsnorm des § 6 UmwRG regelt den Ablauf des gerichtlichen Verfahrens; sie beschränkt aber nicht a priori den Zugang zum Gericht. Der EuGH hat zwar eine materielle Präklusion von Einwendungen, die im behördlichen Anhörungsverfahren nicht vorgebracht worden sind, für unzulässig erklärt. Das Unionsrecht verbietet allerdings nicht solche Präklusionsnormen, die zur Gewährleistung effizienter Gerichtsverfahren an eine Obliegenheitsverletzung innerhalb des Prozesses anknüpfen (vgl. EuGH, Urt. v. 17.11.2016 - C-348/15 - juris Rn. 41). |
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| c) Ein gerichtlicher Hinweis auf § 6 UmwRG und dessen Rechtsfolgen war nicht erforderlich. Nach den gesetzlichen Vorschriften ist das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach § 6 Satz 2 UmwRG zu belehren. Der Gesetzgeber hat auf die Vorschrift zur Belehrung in § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO ausdrücklich nicht verwiesen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2018 - 9 A 8.17 - juris Rn. 15; BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 24). |
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| 2. Die somit für sie geltende Frist des § 6 Satz 1 UmwRG haben die Kläger nicht gewahrt (a)). Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Fristverlängerung liegen nicht vor (b)). Die Verlängerung der richterlich gesetzten Klagebegründungsfrist bis zum 01.07.2019 hat die gesetzliche Ausschlussfrist aus § 6 Satz 1 UmwRG unberührt gelassen (c)). Im Übrigen haben die Kläger mit ihrer Klagebegründung vom 03.07.2019 auch diese Frist nicht gewahrt (d)). |
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| a) Die 10-wöchige Klagebegründungsfrist ist am 13.06.2019 (Donnerstag) abgelaufen, ohne dass die Kläger erklärt hätten, unter welchen Gesichtspunkten die Genehmigung angegriffen werden soll. |
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| Ausgehend vom Zweck des § 6 UmwRG müssen innerhalb der Begründungsfrist alle Tatsachenkomplexe genannt werden, die aus Klägersicht die Klage begründen. Damit soll für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen Gesichtspunkten die behördliche Entscheidung angegriffen wird, was späteren, lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2018 - 9 A 8.17 - juris Rn. 14). Dabei muss der Vortrag ein Mindestmaß an Schlüssigkeit und Substanz aufweisen. Er muss geeignet sein, dem Gericht und den übrigen Verfahrensbeteiligten einen hinreichenden Eindruck von dem jeweiligen Tatsachenkomplex zu verschaffen (vgl. BayVGH, Gerichtsb. v. 12.04.2021 - 8 A 19.40009 - juris Rn. 17; OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 142). Bei einer Anfechtungsklage muss sich die Klagebegründung mit der angegriffenen Entscheidung selbst auseinandersetzen, da nur diese Gegenstand des Verfahrens ist, nicht die vorangegangene Erörterung. Es genügt daher regelmäßig nicht, das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren zu wiederholen bzw. pauschal hierauf zu verweisen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 13; OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 145 f.). |
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| Diesen Anforderungen wird die Klageschrift vom 04.04.2019 in keiner Weise gerecht. Darin sind keine substantiierten Einwendungen enthalten. Vielmehr schreibt der Klägervertreter lediglich, dass die Genehmigung gegen Nachbarschutz und die (nicht weiter bezeichneten) Vorschriften verstoße. Dieser pauschalen Aussage lässt sich nicht entnehmen, unter welchem Gesichtspunkt die behördliche Entscheidung angegriffen werden soll. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass mit der Klageschrift der Bescheid vom 05.03.2019 auszugsweise in Kopie vorgelegt worden ist. Denn alleine die Klageerhebung unter Vorlage der angefochtenen Entscheidung ohne eine sich mit dieser auseinandersetzenden Begründung genügt den Anforderungen von § 6 UmwRG nicht (vgl. VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 29 m.w.N.). |
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| b) Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Frist lagen nicht vor. |
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| Nach § 6 Satz 4 UmwRG kann die Frist auf Antrag verlängert werden, wenn die Person in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hatten die Kläger allerdings die Möglichkeit, sich zu beteiligen, und haben diese auch wahrgenommen. Alle vier Kläger reichten im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG schriftliche Einwendungen beim Regierungspräsidium Stuttgart ein. Diese wurden sodann im Erörterungstermin am 16.04.2018 behandelt und in der Begründung des Bescheids vom 05.03.2019 aufgegriffen. |
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| c) Durch die richterliche Verfügung vom 12.06.2019 ist die Frist des § 6 Satz 1 UmwRG nicht konkludent bis zum 01.07.2019 verlängert worden. Diese Verfügung der zum damaligen Zeitpunkt zuständigen Berichterstatterin der 5. Kammer bezog sich auf die richterlich gesetzte Frist. Daher vermochte sie alleine diese und nicht die Ausschlussfrist nach § 6 Satz 1 UmwRG zu verlängern. Letztere ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, das Fristbeginn und -länge abschließend regelt. Als gesetzliche Frist ist sie für das Gericht nicht disponibel und daher grundsätzlich nicht verlängerbar (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 29.07.1992 - 2 BvR 1224/92 - juris Rn. 3, zu § 32 Abs. 4 AsylVfG a.F.; BVerwG, Beschl. v. 25.03.1999 - 3 B 147.98 - juris Rn. 7, zur Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzung der in § 6 Satz 4 UmwRG abschließend geregelten Verlängerungsmöglichkeit lag nicht vor (siehe b)). Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass eine Fristverlängerung nur in diesen Fällen in Betracht kommt (vgl. BT-Drs. 18/12146, S. 16). Die offenbar in Unkenntnis von § 6 UmwRG gesetzte richterliche Frist zur Klagebegründung und die entsprechenden Verlängerungen sind daher für die Frage der Präklusion unerheblich (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 21). Das Gericht hat gerade kein Ermessen hinsichtlich der Präklusion. Hierfür spricht auch, dass es mit zum Zweck der Klagebegründungsfrist gehört, dem Vorhabenträger frühzeitig Rechtssicherheit zu schaffen, ab welchem Zeitpunkt er mit dem Eintritt der Präklusion rechnen kann (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 43). |
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| d) Selbst wenn das anders zu sehen sein sollte, haben die Kläger auch innerhalb der richterlichen Frist bis zum 01.07.2019 (Montag) keine substantiierten Einwendungen vorgetragen. |
|
| Der Schriftsatz mit einer ausführlichen Klagebegründung ist erst am 03.07.2019 bei Gericht eingegangen. Ohne dass es darauf ankäme, ist in diesem Zusammenhang bereits fraglich, ob die gerichtliche Frist wirksam bis zum 01.07.2019 verlängert worden ist. Denn der Klägervertreter hat die Verlängerung der am 10.06.2019 (Montag) ablaufenden Frist erst am 11.06.2019 beantragt. Eine bereits abgelaufene Frist kann jedoch grundsätzlich nicht verlängert werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 22). |
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| 3. Für den Eintritt der Präklusionswirkung ist die Feststellung einer Verfahrensverzögerung aufgrund der nichteingehaltenen Klagebegründungsfrist nicht erforderlich. |
|
| Auf die Frage, ob eine Zulassung des verspäteten Vorbringens das Verfahren konkret verzögern würde oder nicht, kommt es im Rahmen von § 6 UmwRG nicht an (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2018 - 9 A 8.17 - juris Rn. 13 und Beschl. v. 16.04.2020 - 9 B 66.19 - juris Rn. 12). Auf die Regelung zur Verzögerung in § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO verweist § 6 Satz 3 UmwRG gerade nicht. |
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| 4. Auch die von den Klägern vorgebrachten Entschuldigungsgründe für die verspätete Abgabe ihrer Klagebegründung stehen dem Eintritt einer Präklusion nicht entgegen. |
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| a) Eine ausreichende Entschuldigung liegt nicht darin, dass das Gericht durch das Setzen einer von § 6 UmwRG abweichenden Frist - wie der Klägervertreter meint - konkludent auf eine strenge Begründungsobliegenheit verzichtet und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. |
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| Denn die mit Klageerhebung beginnende 10-Wochen-Frist aus § 6 Satz 1 UmwRG gilt unabhängig von gerichtlichen Handlungen. Sie kann - außer in den Fällen von Satz 4 - nicht verlängert, verkürzt oder in Gänze aufgehoben werden. Daher kann das Gericht auf die Frist weder ausdrücklich noch konkludent verzichten. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem Vortrag des Klägervertreters, er habe sich darauf verlassen, dass das Gericht eine Begründungsobliegenheit nicht für gegeben halte, weil es ihn lediglich um eine Begründung der Klage innerhalb von 6 Wochen „gebeten“ und damit keine förmliche Frist gesetzt habe. Es gibt jedoch keine gerichtliche Handlung oder Äußerung, die den Eindruck erwecken könnte, mit der Setzung und der Verlängerung der richterlichen Begründungsfrist werde die - unabhängig hiervon laufende - Frist des § 6 Satz 1 UmwRG abgeändert oder ausgesetzt. Zudem kann aus der sprachlich höflichen Formulierung einer Bitte nicht gefolgert werden, das Gericht habe keine Frist zur Klagebegründung setzen wollen. Schließlich kann sich der Klägervertreter nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm sei die Frist aus § 6 UmwRG nicht bekannt gewesen. Die Unkenntnis einer sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden, zwingenden Klagebegründungsfrist ist, jedenfalls bei anwaltlich vertretenen Klägern, nicht unverschuldet. Eine Hinweispflicht des Gerichts sieht das Gesetz gerade nicht vor (siehe oben). |
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| b) Auch aus dem Umstand, dass die Kläger in bestimmte Aktenteile erst während der Frist des § 6 UmwRG Einsicht genommen haben, folgt keine hinreichende Entschuldigung der Verspätung. |
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| Zunächst ist hierzu festzuhalten, dass der Einwand des Klägervertreters, die 10-Wochen-Frist zur Begründung laufe erst ab dem Zeitpunkt der vollständigen Akteneinsicht, unzutreffend ist. Nach der eindeutigen Formulierung des Gesetzeswortlauts beginnt die Frist mit der Klageerhebung. Unabhängig davon kommt die hierfür angeführte Literaturmeinung nur dann zu diesem Schluss, wenn der Kläger bei Klageerhebung Akteneinsicht beantragt, er zuvor nicht bereits tatsächlich Kenntnis vom Akteninhalt genommen hat und keine schuldhafte Verzögerung der Akteneinsicht auf Seiten des Klägers vorliegt (vgl. Marquard, NVwZ 2019, 1162, 1167). Im vorliegenden Fall haben die Kläger dagegen mit der Klageerhebung keinen Antrag auf Akteneinsicht gestellt. |
|
| Eine hinreichend entschuldigte Verspätung kommt zwar in Betracht, wenn dem Kläger die Einsicht in wesentliche Aktenteile über einen nicht nur unbeachtlichen Zeitraum der Begründungsfrist ohne sein Verschulden vorenthalten werden. Die Kommentarliteratur nennt hier beispielhaft den Fall kollidierender Akteneinsichtsrechte (Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 81). Eine derartige Konstellation liegt allerdings bei den Klägern nicht vor. Hinsichtlich der beiden Themenfelder Lärm und Staub, die den überwiegenden Schwerpunkt der verspäteten Einwendungen bilden, lagen die erforderlichen Unterlagen die gesamte Fristlänge über vor. Die beiden aktualisierten Gutachten wurden dem Kläger zu 1 auf dessen Wunsch mit E-Mail vom 01.04.2019 - und damit vor Klageerhebung - in digitaler Form zugesandt. Die Gutachten waren nach der öffentlichen Auslegung aufgrund von Planänderungen überarbeitet worden. Die dem Kläger zu 1 übersandten Fassungen des Lärmgutachtens vom 22.11.2018 und der Staubimmissionsprognose vom 25.10.2018 lagen der Genehmigung vom 05.03.2019 zugrunde. Weitere nachträgliche Änderungen der Gutachten sind nicht ersichtlich. |
|
| Auch in Bezug auf die übrigen - nicht in digitaler Form vorliegenden - Unterlagen kann nicht festgestellt werden, dass das Regierungspräsidium den Klägern eine zeitnahe Einsichtnahme verwehrt hätte. Vielmehr hatte der zuständige Sachbearbeiter den Kläger zu 1 in einer E-Mail vom 28.03.2019 darauf hingewiesen, dass dieser jederzeit die gesamten Unterlagen beim Regierungspräsidium einsehen könne. Wegen eines Termins könne dieser gerne auf ihn zukommen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Kläger dieses Angebot nicht frühzeitiger hätten wahrnehmen können. Entsprechende Anfragen lassen sich der Akte nicht entnehmen. Soweit der Kläger zu 1 in seinem Fristverlängerungsantrag vom 08.05.2019 auf eine Urlausabwesenheit des Sachbearbeiters hingewiesen hat, ist festzuhalten, dass dieser ausweislich der in der Akte befindlichen Korrespondenzen jedenfalls bis Mitte April 2019 im Dienst war. Darüber hinaus hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 07.12.2021 vorgetragen, dass bei einem entsprechenden Antrag die Akteneinsicht auch durch die Urlaubsvertretung hätte erteilt werden können. Im Übrigen waren nach der durch zwei Bekannte des Klägers zu 1 in dessen Auftrag erfolgten Akteneinsicht am 08.05.2019 noch über fünf Wochen Zeit bis zum Ablauf der Begründungsfrist. In diesem Zeitraum wäre es den Klägern möglich und zumutbar gewesen, ihre Einwendungen jedenfalls in groben Zügen darzulegen und so eine Präklusion zu verhindern. |
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| c) Die vom Kläger zu 1 in seinem Schriftsatz vom 08.05.2019 zur begehrten Fristverlängerung angeführte Vielschichtigkeit und Komplexität der Gutachten entschuldigen die Verspätung nicht. |
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| Alleine der Verweis auf eine hohe Komplexität oder den Umfang des Verfahrens reichen für eine Entschuldigung der Fristversäumnis nicht aus. Denn solche Umstände liegen bei Klagen, die unter § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG fallen, typischerweise vor. In Kenntnis dessen, hat der Gesetzgeber die Verlängerungsmöglichkeit der Frist in § 6 Satz 4 UmwRG abschließend nur bei einer fehlenden Beteiligungsmöglichkeit im Verwaltungsverfahren geregelt (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 79). |
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|
| Danach greift die Präklusion nicht ein, wenn es dem Gericht mit geringem Aufwand möglich ist, die Einwendungen gegen die behördliche Entscheidung auch ohne Mitwirkung der Beteiligten zu ermitteln. Diese Ausnahmevorschrift ist im Sinne eines Bagatellvorbehalts eng auszulegen (vgl. OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 150; VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 36). Daher ist eine Ausnahme von der Präklusion auf die Fälle zu beschränken, in denen ohne weiteres deutlich zu Tage tritt, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten der Kläger die Entscheidung angreift, sodass die Klagebegründungsobliegenheit eine bloße Förmelei wäre. Eine derartige Feststellung des Prozessstoffes muss dem Gericht ohne nennenswerten sachlichen, finanziellen und zeitlichen Aufwand möglich sein (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 05.07.2021 - 2 A 123/20 - juris Rn. 20). Daraus ergibt sich, dass die Präklusion nicht für jeden Sachverhalt ausgeschlossen ist, der sich aus der Behördenakte ergibt. Ansonsten liefe die Obliegenheit des Klägers, den Streitstoff des gerichtlichen Verfahrens frühzeitig zu fixieren, im Ergebnis leer und das Gericht müsste spekulieren, unter welchen Gesichtspunkten der Kläger gegen die Entscheidung vorgehen will (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 17). Das Studium umfangreichen schriftsätzlichen Vortrags oder das Durchsuchen der Verwaltungsakten nach bestimmten Tatsachen und Erklärungen ist nicht mehr als geringer Aufwand in diesem Sinne anzusehen. Zum Regelungszeck des § 6 UmwRG gehört es auch, dem Gericht den Aufwand abzunehmen, von Amts wegen nach denkbaren tatsächlichen Gesichtspunkten zu suchen, die das Rechtsschutzbegehren des Klägers stützen könnten. Dass sich solche Gesichtspunkte allein aus den Akten ergeben, kann deshalb nicht genügen, um eine Präklusion abzulehnen (vgl. OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 151). |
|
| Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall keine Ausnahme von der Präklusion zu machen. Die Obliegenheit der Kläger zur fristgerechten Angabe ihrer Klagegründe ist keine bloße Förmelei. Denn es ist aus den Behördenakten nicht mit geringem Aufwand zweifelsfrei erkennbar, unter welchen Gesichtspunkten die Entscheidung des Regierungspräsidiums angegriffen werden soll. Das schriftliche Vorbringen der Kläger im behördlichen Verfahren setzt sich nicht mit der Genehmigung vom 05.03.2019 auseinander. Zudem liegt keine Konstellation vor, in der sich ein oder zwei eng umgrenzte Einwendungskomplexe wie ein roter Faden über den gesamten Ablauf durchziehen, sodass es für alle Beteiligten offenkundig ist, was Gegenstand der Klage sein soll (zu einem solchen Fall: OVG Saarland, Urt. v. 05.07.2021 - 2 A 123/20 - juris Rn. 20). Bei einer solchen Sachlage wäre es unverhältnismäßig, den offensichtlichen Vortrag bei einer Nichteinhaltung der Begründungsfrist auszuschließen. Im vorliegenden Fall hatten die Kläger dagegen eine Vielzahl an Einwendungen gegen das Vorhaben der Beigeladenen erhoben. Allein der Kläger zu 1 hat sich dabei auf 13 separate Gesichtspunkte gestützt. Hinzukommt, dass einige dieser Punkte aus dem Verwaltungsverfahren (z.B. mögliche Wiederaufnahme des Travertinabbaus auf dem Gelände, Störung durch Ratten und Ungeziefer, Verstöße gegen den Artenschutz und mangelnde Sicherung der Abfälle) in der verfristeten Klagebegründung vom 03.07.2019 nicht mehr aufgegriffen werden. Andere Aspekte, wie etwa die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit, behauptete Verfahrensfehler (z.B. unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung) sowie die sachlichen und persönlichen Verflechtungen zwischen den Anlagebetreibern, sind dagegen erstmalig im gerichtlichen Verfahren angesprochen worden. Dies hat zur Folge, dass der Prozessstoff gerade nicht von vornherein offensichtlich war, sondern das Gericht bis zur verspätet eingegangenen Klagebegründung darüber spekulieren musste. |
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| 6. Das Gericht ist schließlich nicht gehalten, die Tatsachenerklärungen, mit denen die Kläger ausgeschlossen sind, einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. |
|
| Der Klägervertreter hat zwar zutreffend ausgeführt, dass sich die Präklusion nach § 6 UmwRG nicht auf reine Rechtsansichten erstreckt (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 57). Daher können rechtliche Ausführungen zu fristgerecht vorgetragenen Sachverhalten auch nach der Frist in das Verfahren eingebracht werden. In der praktischen Anwendung sind aber Tatsachen- und Rechtsvortrag häufig kaum sinnvoll trennbar. So enthalten etwa auch die Abschnitte der verfristeten Klagebegründung, in denen v.a. rechtlich argumentiert wird (z.B. unterlassene UVP-Prüfung oder bauplanungsrechtlicher Gebietserhaltungsanspruch), Behauptungen und Grundannahmen aus dem Bereich des Tatsächlichen. Allgemein gesprochen erfordert Rechtsanwendung stets einen tatsächlichen Sachverhalt, auf den sich das Recht bezieht. Ansonsten schwebte sie völlig im luftleeren Raum. Daher haben rechtliche Ausführungen regelmäßig einen Anknüpfungspunkt im Tatsächlichen, sodass sie insoweit bereits in einer fristgerechten Klagebegründung angelegt sein müssen (vgl. BayVGH, Gerichtsb. v. 12.04.2021 - 8 A 19.40009 - juris Rn. 18; VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 28). Spätere Rechtsausführungen zu fristgerecht eingeführten Einwendungen sind demnach möglich, allerdings müssen die hierauf bezogenen Tatsachenkomplexe innerhalb der Begründungsfrist zumindest grob umrissen worden sein. |
|
| 7. Die Kläger sind mit ihrem Vortrag aus dem weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht deshalb zuzulassen, weil es sich um später bekannt gewordene Tatsachen handelte. |
|
| Nicht jede Tatsache, die ein Kläger erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist erfährt, führt dazu, dass der Nichtvortrag der Tatsache entschuldigt ist. Ob neue Tatsachen vorliegen, die der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht vortragen konnte, hat das Gericht vielmehr im Einzelfall zu prüfen und zu bewerten (BVerwG, Beschl. v. 16.04.2020 - 9 B 66.19 - juris Rn. 9). |
|
| Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 15.01.2021 enthält keine neuen Tatsachen, die sich gegen die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Genehmigung richten. Der Vortrag betrifft im Wesentlichen Aspekte, die bereits während der Klagebegründungsfrist bestanden und aus den Akten ersichtlich waren (Lärmschutz und personelle Verflechtungen in der Geschäftsführung der Anlagenbetreiber). Sie stellen daher eine Vertiefung bzw. Konkretisierung von Einwendungen dar, die nicht rechtzeitig vorgetragen worden und mit den denen die Kläger daher präkludiert sind. Durch die Anfang Januar 2021 durchgeführten Lärmmessungen des Klägers zu 1 kann der präkludierte Komplex des Schallschutzes nicht mit Erfolg in das vorliegende Verfahren eingebracht werden. Es liefe dem Zweck der Präklusion, den Prozessstoff frühzeitig zu fixieren, zuwider, wenn Beteiligte mit jeder erneuten Ermittlungsmaßnahme bereits präkludierte Einwendungen „wiederaufleben“ lassen könnten. Der Bescheid der Landeshauptstadt Stuttgart vom 17.10.2018, mit dem der D. R. GmbH eine Freistellungserklärung für den Betrieb eines mobilen Zerkleinerers auf dem von der streitgegenständlichen Genehmigung ausgenommenen Betriebsteil erteilt wurde, befindet sich in den Behördenakten. Daher bestand bei der Akteneinsicht während der Klagebegründungsfrist die Möglichkeit, hiervon Kenntnis zu nehmen. Es kommt hinzu, dass die Auswirkungen dieses Zerkleinerers in den aktualisierten Fassungen der Lärm- und Staubgutachten, die der Kläger zu 1 am 01.04.2019 per E-Mail erhalten hat, einbezogen wurden. Im Übrigen betreffen die Ausführungen zum Zustand der Lärmschutzwand und zu den Schallimmissionsmessungen des Klägers zu 1 nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern die aus Sicht der Kläger mangelhafte Umsetzung bzw. Einhaltung der darin enthaltenen Schutzauflagen. |
|
| B. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über den Erlass von Auflagen zum Schutz der Kläger ist unzulässig. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer zulässigen Klageänderung liegen nicht vor (1.). Zudem ist der Antrag mangels eines vorherigen Antrags an den Beklagten unzulässig (2.). |
|
| 1. Der im Schriftsatz vom 15.01.2021 nachträglich in das laufende Verfahren eingeführte Hilfsantrag stellt als Klageerweiterung eine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO dar. Die nachträgliche Einbeziehung eines zusätzlichen Klagebegehrens, die zu einer Eventualklagehäufung im Sinne des § 44 VwGO führte, ist an die Voraussetzungen des § 91 VwGO gebunden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.11.2003 - 22 ZB 03.2451 - juris Rn. 17). Der auf den Erlass von Schutzauflagen gerichtete Verpflichtungsantrag ist nicht etwa ein in der Anfechtung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung enthaltenes Minus, sondern macht einen neuen, eigenständigen Streitgegenstand rechtshängig. |
|
| Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich erachtet. Im Falle einer Beiladung ist auch die Einwilligung des Beigeladenen erforderlich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 27. Auflage 2021, § 91 Rn. 16). Die Vertreter des Beklagten und der Beigeladenen haben in den beiden mündlichen Verhandlungen ausdrücklich erklärt, dass sie der Klageänderung nicht zustimmen. |
|
| Die Kammer hält die Klageänderung nicht für sachdienlich. Die Sachdienlichkeit ist in der Regel zu verneinen, wenn der Rechtstreit ohne die Berücksichtigung des nachträglichen Hilfsantrags bereits entscheidungsreif wäre, während dessen Zulassung weitere Ermittlungen oder Prüfungen erforderte, die das Verfahren verzögerten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.10.1993 - 2 S 2689/91 - juris Rn. 29; OVG NRW, Beschl. v. 30.10.2000 - 5 A 291/00 - juris Rn. 33; BayVGH, Beschl. v. 03.11.2003 - 22 ZB 03.2451 - juris Rn. 17). Im vorliegenden Fall ist der Hauptantrag aufgrund der Präklusion nach § 6 UmwRG abweisungsreif (siehe A.). Eine Zulassung des Hilfsantrags würde das Verfahren erheblich verzögern, weil eine Entscheidung über Schutzauflagen den Bedarf an weiteren Ermittlungen auslösen würde. Zudem betreffen die Prüfungen, ob eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung die nachbarlichen Rechte verletzt oder ob die Schutzauflagen im tatsächlichen Betrieb der Anlage eingehalten werden, zwei separate Fragestellungen, die unterschiedlichen Maßstäben unterliegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.2021 - 10 S 471/21 - juris Rn. 14). Letztere betrifft dabei die behördliche Überwachung, die von der Rechtmäßigkeit der Genehmigung unabhängig ist. |
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| 2. Ungeachtet dessen ergibt sich Unzulässigkeit des Hilfsantrags jedenfalls daraus, dass die Kläger keinen vorherigen behördlichen Antrag gestellt haben. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich davon ab, dass der Kläger das im gerichtlichen Verfahren geltend gemachte Begehren in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren bei der zuständigen Behörde ohne Erfolg beantragt hat (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 22.11.2021 - 6 VR 4.21 - juris Rn. 8). Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger beim Beklagten vor der Klageerweiterung einen entsprechenden Antrag auf aufsichtsrechtliches Einschreiten oder auf den Erlass zusätzlicher Schutzauflagen gestellt hätten. Der Kläger zu 1 hat zwar in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2022 vorgetragen, er habe sich mehrfach beim Regierungspräsidium beschwert. Entsprechende Nachweise hierüber hat er allerdings nicht vorlegt. Es bleibt zudem unklar, ob sich diese Beschwerden möglicherweise auf die mit dem Hauptantrag angefochtene Genehmigung an sich bezogen. Einen hinreichend bestimmten Antrag auf den Erlass von Schutzauflagen hat er damit nicht substantiiert dargetan. Der behördliche Antrag muss des Weiteren bereits vor Erhebung der Verpflichtungsklage bei der Behörde gestellt worden sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.11.2007 - 6 C 42.06 - juris Rn. 23). Daher kann weder die Klage gegen die Genehmigung noch der nachträglich erhobene Verpflichtungsantrag als ein konkludenter Antrag auf ein behördliches Einschreiten verstanden werden. Auch der Tatsachenvortrag aus dem Schriftsatz vom 15.01.2021 kann den erforderlichen vorherigen Antrag bei der Behörde nicht ersetzen. Ohnehin erfolgte dieser Vortrag erst mit der Klageerweiterung und damit nicht vor Erhebung des hilfsweisen gestellten Verpflichtungsantrags. |
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| C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind zu erstatten, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, vgl. § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO. |
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| D. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor. |
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| Die Kammer kann über die Klagen entscheiden, ohne zuvor die Beigeladene auswechseln zu müssen. Der während des gerichtlichen Verfahrens erfolgte Betreiberwechsel verändert die Beteiligtenstellung der Beigeladenen nicht. Denn obgleich diese seit dem 01.08.2020 die genehmigte Anlage nicht mehr betreibt, bleibt sie weiterhin die Adressatin der angefochtenen Genehmigung. Im Zeitpunkt der Klageerhebung und des Beiladungsbeschlusses vom 10.04.2019 war die Beigeladene Betreiberin der Anlage. Ungeachtet der vom Vertreter der Beigeladenen aufgeworfenen Frage, ob die Inhaberschaft der Anlagengenehmigung und die Betreibereigenschaft auseinanderfallen können, hat sich der Betreiberwechsel jedenfalls nicht auf deren prozessuale Stellung ausgewirkt. Nach § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO hat die Veräußerung der streitgegenständlichen Sache nach Rechtshängigkeit keinen Einfluss auf den Prozess. Der Anwendungsbereich des § 265 ZPO ist nicht auf Sachen im Sinne körperlicher Gegenstände (§ 90 BGB) beschränkt, sondern umfasst grundsätzlich alle übertragbaren Rechtspositionen (vgl. BGH, Urt. v. 17.04.2007 - X ZB 41/03 - juris Rn. 19 und Urt. v. 09.10.2006 - II ZR 46/05 - juris Rn. 15; BeckOK-ZPO, Stand: 01.12.2021, § 265 Rn. 6 ff. m.w.N.). Demnach ist das Verfahren mit der R. N. GmbH als Beigeladenen weiterzuführen. Ein Beteiligtenaustausch bzw. eine zusätzliche Beiladung der neuen Betreiber ist angesichts der gesetzgeberischen Grundentscheidung, einen Prozess mit dem bisherigen Rechtsinhaber fortzuführen, nicht erforderlich. Die Kläger erfahren hierdurch keinen Nachteil, weil das verwaltungsgerichtliche Urteil auch die Rechtsnachfolger der Beigeladenen bindet, vgl. § 121 Nr. 1, § 63 Nr. 3 VwGO. Hinzukommt, dass die Beigeladene weiterhin Grundstückseigentümerin der gesamten Anlage ist und daher die aus einer gerichtlichen Entscheidung folgenden Verpflichtungen gegenüber den Betreibern der einzelnen Betriebseinheiten durchsetzen kann. |
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| Die Klagen haben keinen Erfolg. Der zulässige (A.I.) Anfechtungsantrag ist unbegründet, da die Kläger mit ihrem Vortrag nach § 6 UmwRG präkludiert sind (A.II.). Dem Hilfsantrag mangelt es bereits an der Zulässigkeit (B.). |
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| A. Der auf die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 05.03.2019 gerichtete zulässige Hauptantrag ist unbegründet. |
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| Insbesondere sind die Kläger klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Es erscheint jedenfalls als möglich, dass sie durch die der Beigeladenen erteilten Genehmigung in ihren Rechten verletzt werden. Die bei der Erteilung zu prüfende Einhaltung der Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine für die Nachbarn drittschützende Norm (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.07.2015 - 8 S 534/15 - juris Rn. 10; OVG Meck.-Vorp., Urt. v. 05.04.2016 - 5 K 4/14 - juris Rn. 59). Nachbar im immissionsschutzrechtlichen Sinn ist, wer sich im Einwirkungsbereich der Anlage, d.h. in einem Bereich, in dem die Immissionen nach Art und Umfang einzelne Personen hervorgehoben treffen können, ständig aufhält oder Rechte an dort befindlichen Sachen innehat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.05.2012 - 10 S 2693/09 - juris Rn. 56 m.w.N.). Die Kläger sind Eigentümer des nahegelegen Grundstücks Flst.-Nr. 501/1, das nur durch die Bahngleise von der genehmigten Recyclinganlage getrennt ist. Der Kläger zu 1 hat in dem darauf befindlichen Gebäude seinen Wohnsitz. Es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger durch die von der Anlage ausgehenden Immissionen in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt sind. |
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| Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens war nicht erforderlich. Nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW bedarf es keines Vorverfahrens, wenn das Regierungspräsidium den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Dieser Ausschluss des Widerspruchsverfahrens greift hier, da das Regierungspräsidium Stuttgart die streitgegenständliche Genehmigung erlassen hat. |
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| Die verspätet abgegebene Klagebegründung führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Die in § 6 Satz 1 UmwRG geregelte Klagebegründungsfrist stellt keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern eine prozessuale Obliegenheit des Klägers dar. Hält er sie nicht ein, ist er mit späterem Vortrag im Prozess präkludiert, was zur Unbegründetheit der Klage führen kann (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 20; OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 137). |
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| II. Die Klagen sind unbegründet. Die Kläger sind mit ihrem verspäteten Vortrag auf der Grundlage von § 6 Satz 2 UmwRG umfassend ausgeschlossen. Sie haben innerhalb der Klagebegründungsfrist keine den Anforderungen des § 6 Satz 1 UmwRG genügenden Einwendungen gegen die Genehmigung vom 05.03.2019 vorgebracht. |
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| Nach § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Person innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinn von § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (§ 6 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Frist kann nach § 6 Satz 4 UmwRG auf Antrag verlängert werden, wenn die Person in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit der Beteiligung hatte. Das Gericht darf präkludiertes Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen. Die innerprozessuale Präklusion nach § 6 Satz 2 UmwRG tritt als zwingende Rechtsfolge kraft Gesetzes ein und hängt daher nicht von einer richterlichen Ermessensentscheidung ab (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 20). |
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| Die zehnwöchige Begründungsfrist nach § 6 UmwRG ist hier anwendbar (dazu 1.), welche die Kläger nicht eingehalten haben (dazu 2.). Eine konkrete Verfahrensverzögerung ist für die Präklusion nicht erforderlich (dazu 3.). Die Kläger haben die verspätete Begründung nicht genügend entschuldigt (dazu 4.). Einer Präklusion steht die Ausnahme nach § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht entgegen, weil die Ermittlung der Einwendungen nicht mit geringem Aufwand ohne Mitwirkung der Kläger möglich ist (dazu 5.). Das Gericht ist nicht gehalten, die präkludierten Tatsachen in rechtlicher Hinsicht zu prüfen (dazu 6.). Schließlich ist auch der Vortrag aus dem weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht zuzulassen (dazu 7.). |
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| 1. Die spezielle Klagebegründungsvorschrift in § 6 UmwRG ist im vorliegenden Verfahren anwendbar. |
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| Denn es handelt sich um eine Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Danach ist der Anwendungsbereich des UmwRG u.a. bei Rechtsbehelfen gegen die Genehmigung von Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der 4. BImSchV mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, eröffnet. Die angefochtene Genehmigung gestattet der Beigeladenen die zeitweilige Lagerung von gefährlichen Abfällen mit einer Gesamtlagerkapazität im Umfang von mehr als 50 Tonnen (Ziffer 8.12.1.1 Anhang 1 zur 4. BImSchV) und den Umschlag von gefährlichen Abfällen von mehr als 10 Tonnen pro Tag (Ziffer 8.15.1 Anhang 1 zur 4. BImSchV). Diese Ziffern enthalten in Spalte c den Buchstaben „G“ und erfordern daher das reguläre Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung. |
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| a) Die Vorschrift findet auch bei Klagen natürlicher Personen Anwendung. Durch den Verweis auf § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO hat der Gesetzgeber auch natürliche Personen in den Anwendungsbereich einbezogen. Der eindeutige Wortlaut der Norm verlangt die Einhaltung der Klagebegründungsfrist sowohl von Personen als auch von Vereinigungen im Sinne von § 3 UmwRG (vgl. VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 21; VG Hannover, Urt. v. 12.01.2021 - 4 A 1902/20 - juris Rn. 52). Die Kläger dringen daher mit ihrem Einwand nicht durch, die Begründungsfrist und die bei deren Nichteinhaltung folgende Präklusion greife nur bei Klagen von Umweltverbänden, da ansonsten Individualkläger gegenüber dem allgemeinen VwGO-Verfahren benachteiligt würden. Der Normzweck des § 6 UmwRG, der darin besteht, eine Straffung des Gerichtsverfahrens und eine frühzeitige Fixierung des Prozessstoffes zu erreichen (vgl. BT-Drs. 18/12146, S. 16), ist bei Klagen natürlicher Personen in gleichem Maße betroffen. Zudem werden Individualkläger durch das UmwRG nicht etwa einseitig benachteiligt. Vielmehr können sie in seinem Anwendungsbereich abweichend vom sonst geltenden § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO beim Vorliegen bestimmter Verfahrensfehler die Aufhebung der Entscheidung verlangen, auch wenn sie hierdurch nicht in ihren eigenen Rechten verletzt sind, vgl. § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. |
|
| b) Auch Unionsrecht steht der Anwendung von § 6 UmwRG nicht entgegen. Die Frage eines möglichen Verstoßes gegen europarechtliche Vorschriften ist - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung bislang nicht thematisiert worden. Die vom Klägervertreter unter Verweis auf eine Literaturmeinung (vgl. Bunge, UmwRG Kommentar, 2. Auflage 2019, § 6 Rn. 9) vorgetragene Auffassung, § 6 UmwRG sei wegen Unvereinbarkeit mit dem Äquivalenzgebot nicht anwendbar, überzeugt nicht. |
|
| Die dem zugrundeliegende Annahme, die strenge Klagebegründungsfrist gelte nur für unionsrechtlich geprägte Verfahren, trifft bereits nicht zu. Nach dem Äquivalenzgrundsatz dürfen die nationalen Verfahrensvorschriften zur Umsetzung des Unionsrechts nicht ungünstiger sein, als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (vgl. EuGH, Urt. v. 14.03.2013 - C-420/11 - juris Rn. 38). Die 10-wöchige Klagebegründungsfrist und die Präklusionswirkung sind allerdings auch bei Klagen gegen Entscheidungen zu beachten, die rein nationales Umweltrecht betreffen. Denn unter § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG fallen auch Maßnahmen, die der Einhaltung umweltbezogener Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts dienen (vgl. Ziffern 5 und 6 der Norm). Es findet daher keine Schlechterstellung des Unionsrechts gegenüber dem nationalen Umweltrecht statt (so auch: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: September 2021, § 6 UmwRG Rn. 14). |
|
| § 6 UmwRG ist auch mit der Vorgabe der einschlägigen EU-Richtlinien, der betroffenen Öffentlichkeit einen „weiten Zugang zu den Gerichten“ (vgl. Art. 11 Abs. 3 UVP-RL und Art. 25 Abs. 1 IE-RL) zu gewähren, vereinbar. Die innerprozessuale Präklusionsnorm des § 6 UmwRG regelt den Ablauf des gerichtlichen Verfahrens; sie beschränkt aber nicht a priori den Zugang zum Gericht. Der EuGH hat zwar eine materielle Präklusion von Einwendungen, die im behördlichen Anhörungsverfahren nicht vorgebracht worden sind, für unzulässig erklärt. Das Unionsrecht verbietet allerdings nicht solche Präklusionsnormen, die zur Gewährleistung effizienter Gerichtsverfahren an eine Obliegenheitsverletzung innerhalb des Prozesses anknüpfen (vgl. EuGH, Urt. v. 17.11.2016 - C-348/15 - juris Rn. 41). |
|
| c) Ein gerichtlicher Hinweis auf § 6 UmwRG und dessen Rechtsfolgen war nicht erforderlich. Nach den gesetzlichen Vorschriften ist das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach § 6 Satz 2 UmwRG zu belehren. Der Gesetzgeber hat auf die Vorschrift zur Belehrung in § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO ausdrücklich nicht verwiesen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2018 - 9 A 8.17 - juris Rn. 15; BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 24). |
|
| 2. Die somit für sie geltende Frist des § 6 Satz 1 UmwRG haben die Kläger nicht gewahrt (a)). Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Fristverlängerung liegen nicht vor (b)). Die Verlängerung der richterlich gesetzten Klagebegründungsfrist bis zum 01.07.2019 hat die gesetzliche Ausschlussfrist aus § 6 Satz 1 UmwRG unberührt gelassen (c)). Im Übrigen haben die Kläger mit ihrer Klagebegründung vom 03.07.2019 auch diese Frist nicht gewahrt (d)). |
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| a) Die 10-wöchige Klagebegründungsfrist ist am 13.06.2019 (Donnerstag) abgelaufen, ohne dass die Kläger erklärt hätten, unter welchen Gesichtspunkten die Genehmigung angegriffen werden soll. |
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| Ausgehend vom Zweck des § 6 UmwRG müssen innerhalb der Begründungsfrist alle Tatsachenkomplexe genannt werden, die aus Klägersicht die Klage begründen. Damit soll für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen Gesichtspunkten die behördliche Entscheidung angegriffen wird, was späteren, lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2018 - 9 A 8.17 - juris Rn. 14). Dabei muss der Vortrag ein Mindestmaß an Schlüssigkeit und Substanz aufweisen. Er muss geeignet sein, dem Gericht und den übrigen Verfahrensbeteiligten einen hinreichenden Eindruck von dem jeweiligen Tatsachenkomplex zu verschaffen (vgl. BayVGH, Gerichtsb. v. 12.04.2021 - 8 A 19.40009 - juris Rn. 17; OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 142). Bei einer Anfechtungsklage muss sich die Klagebegründung mit der angegriffenen Entscheidung selbst auseinandersetzen, da nur diese Gegenstand des Verfahrens ist, nicht die vorangegangene Erörterung. Es genügt daher regelmäßig nicht, das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren zu wiederholen bzw. pauschal hierauf zu verweisen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 13; OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 145 f.). |
|
| Diesen Anforderungen wird die Klageschrift vom 04.04.2019 in keiner Weise gerecht. Darin sind keine substantiierten Einwendungen enthalten. Vielmehr schreibt der Klägervertreter lediglich, dass die Genehmigung gegen Nachbarschutz und die (nicht weiter bezeichneten) Vorschriften verstoße. Dieser pauschalen Aussage lässt sich nicht entnehmen, unter welchem Gesichtspunkt die behördliche Entscheidung angegriffen werden soll. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass mit der Klageschrift der Bescheid vom 05.03.2019 auszugsweise in Kopie vorgelegt worden ist. Denn alleine die Klageerhebung unter Vorlage der angefochtenen Entscheidung ohne eine sich mit dieser auseinandersetzenden Begründung genügt den Anforderungen von § 6 UmwRG nicht (vgl. VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 29 m.w.N.). |
|
| b) Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Frist lagen nicht vor. |
|
| Nach § 6 Satz 4 UmwRG kann die Frist auf Antrag verlängert werden, wenn die Person in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hatten die Kläger allerdings die Möglichkeit, sich zu beteiligen, und haben diese auch wahrgenommen. Alle vier Kläger reichten im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG schriftliche Einwendungen beim Regierungspräsidium Stuttgart ein. Diese wurden sodann im Erörterungstermin am 16.04.2018 behandelt und in der Begründung des Bescheids vom 05.03.2019 aufgegriffen. |
|
| c) Durch die richterliche Verfügung vom 12.06.2019 ist die Frist des § 6 Satz 1 UmwRG nicht konkludent bis zum 01.07.2019 verlängert worden. Diese Verfügung der zum damaligen Zeitpunkt zuständigen Berichterstatterin der 5. Kammer bezog sich auf die richterlich gesetzte Frist. Daher vermochte sie alleine diese und nicht die Ausschlussfrist nach § 6 Satz 1 UmwRG zu verlängern. Letztere ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, das Fristbeginn und -länge abschließend regelt. Als gesetzliche Frist ist sie für das Gericht nicht disponibel und daher grundsätzlich nicht verlängerbar (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 29.07.1992 - 2 BvR 1224/92 - juris Rn. 3, zu § 32 Abs. 4 AsylVfG a.F.; BVerwG, Beschl. v. 25.03.1999 - 3 B 147.98 - juris Rn. 7, zur Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzung der in § 6 Satz 4 UmwRG abschließend geregelten Verlängerungsmöglichkeit lag nicht vor (siehe b)). Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass eine Fristverlängerung nur in diesen Fällen in Betracht kommt (vgl. BT-Drs. 18/12146, S. 16). Die offenbar in Unkenntnis von § 6 UmwRG gesetzte richterliche Frist zur Klagebegründung und die entsprechenden Verlängerungen sind daher für die Frage der Präklusion unerheblich (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 21). Das Gericht hat gerade kein Ermessen hinsichtlich der Präklusion. Hierfür spricht auch, dass es mit zum Zweck der Klagebegründungsfrist gehört, dem Vorhabenträger frühzeitig Rechtssicherheit zu schaffen, ab welchem Zeitpunkt er mit dem Eintritt der Präklusion rechnen kann (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 43). |
|
| d) Selbst wenn das anders zu sehen sein sollte, haben die Kläger auch innerhalb der richterlichen Frist bis zum 01.07.2019 (Montag) keine substantiierten Einwendungen vorgetragen. |
|
| Der Schriftsatz mit einer ausführlichen Klagebegründung ist erst am 03.07.2019 bei Gericht eingegangen. Ohne dass es darauf ankäme, ist in diesem Zusammenhang bereits fraglich, ob die gerichtliche Frist wirksam bis zum 01.07.2019 verlängert worden ist. Denn der Klägervertreter hat die Verlängerung der am 10.06.2019 (Montag) ablaufenden Frist erst am 11.06.2019 beantragt. Eine bereits abgelaufene Frist kann jedoch grundsätzlich nicht verlängert werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 22). |
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| 3. Für den Eintritt der Präklusionswirkung ist die Feststellung einer Verfahrensverzögerung aufgrund der nichteingehaltenen Klagebegründungsfrist nicht erforderlich. |
|
| Auf die Frage, ob eine Zulassung des verspäteten Vorbringens das Verfahren konkret verzögern würde oder nicht, kommt es im Rahmen von § 6 UmwRG nicht an (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2018 - 9 A 8.17 - juris Rn. 13 und Beschl. v. 16.04.2020 - 9 B 66.19 - juris Rn. 12). Auf die Regelung zur Verzögerung in § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO verweist § 6 Satz 3 UmwRG gerade nicht. |
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| 4. Auch die von den Klägern vorgebrachten Entschuldigungsgründe für die verspätete Abgabe ihrer Klagebegründung stehen dem Eintritt einer Präklusion nicht entgegen. |
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| a) Eine ausreichende Entschuldigung liegt nicht darin, dass das Gericht durch das Setzen einer von § 6 UmwRG abweichenden Frist - wie der Klägervertreter meint - konkludent auf eine strenge Begründungsobliegenheit verzichtet und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. |
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| Denn die mit Klageerhebung beginnende 10-Wochen-Frist aus § 6 Satz 1 UmwRG gilt unabhängig von gerichtlichen Handlungen. Sie kann - außer in den Fällen von Satz 4 - nicht verlängert, verkürzt oder in Gänze aufgehoben werden. Daher kann das Gericht auf die Frist weder ausdrücklich noch konkludent verzichten. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem Vortrag des Klägervertreters, er habe sich darauf verlassen, dass das Gericht eine Begründungsobliegenheit nicht für gegeben halte, weil es ihn lediglich um eine Begründung der Klage innerhalb von 6 Wochen „gebeten“ und damit keine förmliche Frist gesetzt habe. Es gibt jedoch keine gerichtliche Handlung oder Äußerung, die den Eindruck erwecken könnte, mit der Setzung und der Verlängerung der richterlichen Begründungsfrist werde die - unabhängig hiervon laufende - Frist des § 6 Satz 1 UmwRG abgeändert oder ausgesetzt. Zudem kann aus der sprachlich höflichen Formulierung einer Bitte nicht gefolgert werden, das Gericht habe keine Frist zur Klagebegründung setzen wollen. Schließlich kann sich der Klägervertreter nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm sei die Frist aus § 6 UmwRG nicht bekannt gewesen. Die Unkenntnis einer sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden, zwingenden Klagebegründungsfrist ist, jedenfalls bei anwaltlich vertretenen Klägern, nicht unverschuldet. Eine Hinweispflicht des Gerichts sieht das Gesetz gerade nicht vor (siehe oben). |
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| b) Auch aus dem Umstand, dass die Kläger in bestimmte Aktenteile erst während der Frist des § 6 UmwRG Einsicht genommen haben, folgt keine hinreichende Entschuldigung der Verspätung. |
|
| Zunächst ist hierzu festzuhalten, dass der Einwand des Klägervertreters, die 10-Wochen-Frist zur Begründung laufe erst ab dem Zeitpunkt der vollständigen Akteneinsicht, unzutreffend ist. Nach der eindeutigen Formulierung des Gesetzeswortlauts beginnt die Frist mit der Klageerhebung. Unabhängig davon kommt die hierfür angeführte Literaturmeinung nur dann zu diesem Schluss, wenn der Kläger bei Klageerhebung Akteneinsicht beantragt, er zuvor nicht bereits tatsächlich Kenntnis vom Akteninhalt genommen hat und keine schuldhafte Verzögerung der Akteneinsicht auf Seiten des Klägers vorliegt (vgl. Marquard, NVwZ 2019, 1162, 1167). Im vorliegenden Fall haben die Kläger dagegen mit der Klageerhebung keinen Antrag auf Akteneinsicht gestellt. |
|
| Eine hinreichend entschuldigte Verspätung kommt zwar in Betracht, wenn dem Kläger die Einsicht in wesentliche Aktenteile über einen nicht nur unbeachtlichen Zeitraum der Begründungsfrist ohne sein Verschulden vorenthalten werden. Die Kommentarliteratur nennt hier beispielhaft den Fall kollidierender Akteneinsichtsrechte (Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 81). Eine derartige Konstellation liegt allerdings bei den Klägern nicht vor. Hinsichtlich der beiden Themenfelder Lärm und Staub, die den überwiegenden Schwerpunkt der verspäteten Einwendungen bilden, lagen die erforderlichen Unterlagen die gesamte Fristlänge über vor. Die beiden aktualisierten Gutachten wurden dem Kläger zu 1 auf dessen Wunsch mit E-Mail vom 01.04.2019 - und damit vor Klageerhebung - in digitaler Form zugesandt. Die Gutachten waren nach der öffentlichen Auslegung aufgrund von Planänderungen überarbeitet worden. Die dem Kläger zu 1 übersandten Fassungen des Lärmgutachtens vom 22.11.2018 und der Staubimmissionsprognose vom 25.10.2018 lagen der Genehmigung vom 05.03.2019 zugrunde. Weitere nachträgliche Änderungen der Gutachten sind nicht ersichtlich. |
|
| Auch in Bezug auf die übrigen - nicht in digitaler Form vorliegenden - Unterlagen kann nicht festgestellt werden, dass das Regierungspräsidium den Klägern eine zeitnahe Einsichtnahme verwehrt hätte. Vielmehr hatte der zuständige Sachbearbeiter den Kläger zu 1 in einer E-Mail vom 28.03.2019 darauf hingewiesen, dass dieser jederzeit die gesamten Unterlagen beim Regierungspräsidium einsehen könne. Wegen eines Termins könne dieser gerne auf ihn zukommen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Kläger dieses Angebot nicht frühzeitiger hätten wahrnehmen können. Entsprechende Anfragen lassen sich der Akte nicht entnehmen. Soweit der Kläger zu 1 in seinem Fristverlängerungsantrag vom 08.05.2019 auf eine Urlausabwesenheit des Sachbearbeiters hingewiesen hat, ist festzuhalten, dass dieser ausweislich der in der Akte befindlichen Korrespondenzen jedenfalls bis Mitte April 2019 im Dienst war. Darüber hinaus hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 07.12.2021 vorgetragen, dass bei einem entsprechenden Antrag die Akteneinsicht auch durch die Urlaubsvertretung hätte erteilt werden können. Im Übrigen waren nach der durch zwei Bekannte des Klägers zu 1 in dessen Auftrag erfolgten Akteneinsicht am 08.05.2019 noch über fünf Wochen Zeit bis zum Ablauf der Begründungsfrist. In diesem Zeitraum wäre es den Klägern möglich und zumutbar gewesen, ihre Einwendungen jedenfalls in groben Zügen darzulegen und so eine Präklusion zu verhindern. |
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| c) Die vom Kläger zu 1 in seinem Schriftsatz vom 08.05.2019 zur begehrten Fristverlängerung angeführte Vielschichtigkeit und Komplexität der Gutachten entschuldigen die Verspätung nicht. |
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| Alleine der Verweis auf eine hohe Komplexität oder den Umfang des Verfahrens reichen für eine Entschuldigung der Fristversäumnis nicht aus. Denn solche Umstände liegen bei Klagen, die unter § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG fallen, typischerweise vor. In Kenntnis dessen, hat der Gesetzgeber die Verlängerungsmöglichkeit der Frist in § 6 Satz 4 UmwRG abschließend nur bei einer fehlenden Beteiligungsmöglichkeit im Verwaltungsverfahren geregelt (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 79). |
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| Danach greift die Präklusion nicht ein, wenn es dem Gericht mit geringem Aufwand möglich ist, die Einwendungen gegen die behördliche Entscheidung auch ohne Mitwirkung der Beteiligten zu ermitteln. Diese Ausnahmevorschrift ist im Sinne eines Bagatellvorbehalts eng auszulegen (vgl. OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 150; VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 36). Daher ist eine Ausnahme von der Präklusion auf die Fälle zu beschränken, in denen ohne weiteres deutlich zu Tage tritt, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten der Kläger die Entscheidung angreift, sodass die Klagebegründungsobliegenheit eine bloße Förmelei wäre. Eine derartige Feststellung des Prozessstoffes muss dem Gericht ohne nennenswerten sachlichen, finanziellen und zeitlichen Aufwand möglich sein (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 05.07.2021 - 2 A 123/20 - juris Rn. 20). Daraus ergibt sich, dass die Präklusion nicht für jeden Sachverhalt ausgeschlossen ist, der sich aus der Behördenakte ergibt. Ansonsten liefe die Obliegenheit des Klägers, den Streitstoff des gerichtlichen Verfahrens frühzeitig zu fixieren, im Ergebnis leer und das Gericht müsste spekulieren, unter welchen Gesichtspunkten der Kläger gegen die Entscheidung vorgehen will (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 - 8 ZB 20.1873 - juris Rn. 17). Das Studium umfangreichen schriftsätzlichen Vortrags oder das Durchsuchen der Verwaltungsakten nach bestimmten Tatsachen und Erklärungen ist nicht mehr als geringer Aufwand in diesem Sinne anzusehen. Zum Regelungszeck des § 6 UmwRG gehört es auch, dem Gericht den Aufwand abzunehmen, von Amts wegen nach denkbaren tatsächlichen Gesichtspunkten zu suchen, die das Rechtsschutzbegehren des Klägers stützen könnten. Dass sich solche Gesichtspunkte allein aus den Akten ergeben, kann deshalb nicht genügen, um eine Präklusion abzulehnen (vgl. OVG HH, Urt. v. 29.11.2019 - 1 E 23/18 - juris Rn. 151). |
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| Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall keine Ausnahme von der Präklusion zu machen. Die Obliegenheit der Kläger zur fristgerechten Angabe ihrer Klagegründe ist keine bloße Förmelei. Denn es ist aus den Behördenakten nicht mit geringem Aufwand zweifelsfrei erkennbar, unter welchen Gesichtspunkten die Entscheidung des Regierungspräsidiums angegriffen werden soll. Das schriftliche Vorbringen der Kläger im behördlichen Verfahren setzt sich nicht mit der Genehmigung vom 05.03.2019 auseinander. Zudem liegt keine Konstellation vor, in der sich ein oder zwei eng umgrenzte Einwendungskomplexe wie ein roter Faden über den gesamten Ablauf durchziehen, sodass es für alle Beteiligten offenkundig ist, was Gegenstand der Klage sein soll (zu einem solchen Fall: OVG Saarland, Urt. v. 05.07.2021 - 2 A 123/20 - juris Rn. 20). Bei einer solchen Sachlage wäre es unverhältnismäßig, den offensichtlichen Vortrag bei einer Nichteinhaltung der Begründungsfrist auszuschließen. Im vorliegenden Fall hatten die Kläger dagegen eine Vielzahl an Einwendungen gegen das Vorhaben der Beigeladenen erhoben. Allein der Kläger zu 1 hat sich dabei auf 13 separate Gesichtspunkte gestützt. Hinzukommt, dass einige dieser Punkte aus dem Verwaltungsverfahren (z.B. mögliche Wiederaufnahme des Travertinabbaus auf dem Gelände, Störung durch Ratten und Ungeziefer, Verstöße gegen den Artenschutz und mangelnde Sicherung der Abfälle) in der verfristeten Klagebegründung vom 03.07.2019 nicht mehr aufgegriffen werden. Andere Aspekte, wie etwa die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit, behauptete Verfahrensfehler (z.B. unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung) sowie die sachlichen und persönlichen Verflechtungen zwischen den Anlagebetreibern, sind dagegen erstmalig im gerichtlichen Verfahren angesprochen worden. Dies hat zur Folge, dass der Prozessstoff gerade nicht von vornherein offensichtlich war, sondern das Gericht bis zur verspätet eingegangenen Klagebegründung darüber spekulieren musste. |
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| 6. Das Gericht ist schließlich nicht gehalten, die Tatsachenerklärungen, mit denen die Kläger ausgeschlossen sind, einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. |
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| Der Klägervertreter hat zwar zutreffend ausgeführt, dass sich die Präklusion nach § 6 UmwRG nicht auf reine Rechtsansichten erstreckt (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 57). Daher können rechtliche Ausführungen zu fristgerecht vorgetragenen Sachverhalten auch nach der Frist in das Verfahren eingebracht werden. In der praktischen Anwendung sind aber Tatsachen- und Rechtsvortrag häufig kaum sinnvoll trennbar. So enthalten etwa auch die Abschnitte der verfristeten Klagebegründung, in denen v.a. rechtlich argumentiert wird (z.B. unterlassene UVP-Prüfung oder bauplanungsrechtlicher Gebietserhaltungsanspruch), Behauptungen und Grundannahmen aus dem Bereich des Tatsächlichen. Allgemein gesprochen erfordert Rechtsanwendung stets einen tatsächlichen Sachverhalt, auf den sich das Recht bezieht. Ansonsten schwebte sie völlig im luftleeren Raum. Daher haben rechtliche Ausführungen regelmäßig einen Anknüpfungspunkt im Tatsächlichen, sodass sie insoweit bereits in einer fristgerechten Klagebegründung angelegt sein müssen (vgl. BayVGH, Gerichtsb. v. 12.04.2021 - 8 A 19.40009 - juris Rn. 18; VG München, Urt. v. 26.10.2021 - M 2 K 20.2234 - juris Rn. 28). Spätere Rechtsausführungen zu fristgerecht eingeführten Einwendungen sind demnach möglich, allerdings müssen die hierauf bezogenen Tatsachenkomplexe innerhalb der Begründungsfrist zumindest grob umrissen worden sein. |
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| 7. Die Kläger sind mit ihrem Vortrag aus dem weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht deshalb zuzulassen, weil es sich um später bekannt gewordene Tatsachen handelte. |
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| Nicht jede Tatsache, die ein Kläger erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist erfährt, führt dazu, dass der Nichtvortrag der Tatsache entschuldigt ist. Ob neue Tatsachen vorliegen, die der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht vortragen konnte, hat das Gericht vielmehr im Einzelfall zu prüfen und zu bewerten (BVerwG, Beschl. v. 16.04.2020 - 9 B 66.19 - juris Rn. 9). |
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| Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 15.01.2021 enthält keine neuen Tatsachen, die sich gegen die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Genehmigung richten. Der Vortrag betrifft im Wesentlichen Aspekte, die bereits während der Klagebegründungsfrist bestanden und aus den Akten ersichtlich waren (Lärmschutz und personelle Verflechtungen in der Geschäftsführung der Anlagenbetreiber). Sie stellen daher eine Vertiefung bzw. Konkretisierung von Einwendungen dar, die nicht rechtzeitig vorgetragen worden und mit den denen die Kläger daher präkludiert sind. Durch die Anfang Januar 2021 durchgeführten Lärmmessungen des Klägers zu 1 kann der präkludierte Komplex des Schallschutzes nicht mit Erfolg in das vorliegende Verfahren eingebracht werden. Es liefe dem Zweck der Präklusion, den Prozessstoff frühzeitig zu fixieren, zuwider, wenn Beteiligte mit jeder erneuten Ermittlungsmaßnahme bereits präkludierte Einwendungen „wiederaufleben“ lassen könnten. Der Bescheid der Landeshauptstadt Stuttgart vom 17.10.2018, mit dem der D. R. GmbH eine Freistellungserklärung für den Betrieb eines mobilen Zerkleinerers auf dem von der streitgegenständlichen Genehmigung ausgenommenen Betriebsteil erteilt wurde, befindet sich in den Behördenakten. Daher bestand bei der Akteneinsicht während der Klagebegründungsfrist die Möglichkeit, hiervon Kenntnis zu nehmen. Es kommt hinzu, dass die Auswirkungen dieses Zerkleinerers in den aktualisierten Fassungen der Lärm- und Staubgutachten, die der Kläger zu 1 am 01.04.2019 per E-Mail erhalten hat, einbezogen wurden. Im Übrigen betreffen die Ausführungen zum Zustand der Lärmschutzwand und zu den Schallimmissionsmessungen des Klägers zu 1 nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern die aus Sicht der Kläger mangelhafte Umsetzung bzw. Einhaltung der darin enthaltenen Schutzauflagen. |
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| B. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über den Erlass von Auflagen zum Schutz der Kläger ist unzulässig. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer zulässigen Klageänderung liegen nicht vor (1.). Zudem ist der Antrag mangels eines vorherigen Antrags an den Beklagten unzulässig (2.). |
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| 1. Der im Schriftsatz vom 15.01.2021 nachträglich in das laufende Verfahren eingeführte Hilfsantrag stellt als Klageerweiterung eine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO dar. Die nachträgliche Einbeziehung eines zusätzlichen Klagebegehrens, die zu einer Eventualklagehäufung im Sinne des § 44 VwGO führte, ist an die Voraussetzungen des § 91 VwGO gebunden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.11.2003 - 22 ZB 03.2451 - juris Rn. 17). Der auf den Erlass von Schutzauflagen gerichtete Verpflichtungsantrag ist nicht etwa ein in der Anfechtung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung enthaltenes Minus, sondern macht einen neuen, eigenständigen Streitgegenstand rechtshängig. |
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| Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich erachtet. Im Falle einer Beiladung ist auch die Einwilligung des Beigeladenen erforderlich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 27. Auflage 2021, § 91 Rn. 16). Die Vertreter des Beklagten und der Beigeladenen haben in den beiden mündlichen Verhandlungen ausdrücklich erklärt, dass sie der Klageänderung nicht zustimmen. |
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| Die Kammer hält die Klageänderung nicht für sachdienlich. Die Sachdienlichkeit ist in der Regel zu verneinen, wenn der Rechtstreit ohne die Berücksichtigung des nachträglichen Hilfsantrags bereits entscheidungsreif wäre, während dessen Zulassung weitere Ermittlungen oder Prüfungen erforderte, die das Verfahren verzögerten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.10.1993 - 2 S 2689/91 - juris Rn. 29; OVG NRW, Beschl. v. 30.10.2000 - 5 A 291/00 - juris Rn. 33; BayVGH, Beschl. v. 03.11.2003 - 22 ZB 03.2451 - juris Rn. 17). Im vorliegenden Fall ist der Hauptantrag aufgrund der Präklusion nach § 6 UmwRG abweisungsreif (siehe A.). Eine Zulassung des Hilfsantrags würde das Verfahren erheblich verzögern, weil eine Entscheidung über Schutzauflagen den Bedarf an weiteren Ermittlungen auslösen würde. Zudem betreffen die Prüfungen, ob eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung die nachbarlichen Rechte verletzt oder ob die Schutzauflagen im tatsächlichen Betrieb der Anlage eingehalten werden, zwei separate Fragestellungen, die unterschiedlichen Maßstäben unterliegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.2021 - 10 S 471/21 - juris Rn. 14). Letztere betrifft dabei die behördliche Überwachung, die von der Rechtmäßigkeit der Genehmigung unabhängig ist. |
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| 2. Ungeachtet dessen ergibt sich Unzulässigkeit des Hilfsantrags jedenfalls daraus, dass die Kläger keinen vorherigen behördlichen Antrag gestellt haben. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich davon ab, dass der Kläger das im gerichtlichen Verfahren geltend gemachte Begehren in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren bei der zuständigen Behörde ohne Erfolg beantragt hat (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 22.11.2021 - 6 VR 4.21 - juris Rn. 8). Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger beim Beklagten vor der Klageerweiterung einen entsprechenden Antrag auf aufsichtsrechtliches Einschreiten oder auf den Erlass zusätzlicher Schutzauflagen gestellt hätten. Der Kläger zu 1 hat zwar in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2022 vorgetragen, er habe sich mehrfach beim Regierungspräsidium beschwert. Entsprechende Nachweise hierüber hat er allerdings nicht vorlegt. Es bleibt zudem unklar, ob sich diese Beschwerden möglicherweise auf die mit dem Hauptantrag angefochtene Genehmigung an sich bezogen. Einen hinreichend bestimmten Antrag auf den Erlass von Schutzauflagen hat er damit nicht substantiiert dargetan. Der behördliche Antrag muss des Weiteren bereits vor Erhebung der Verpflichtungsklage bei der Behörde gestellt worden sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.11.2007 - 6 C 42.06 - juris Rn. 23). Daher kann weder die Klage gegen die Genehmigung noch der nachträglich erhobene Verpflichtungsantrag als ein konkludenter Antrag auf ein behördliches Einschreiten verstanden werden. Auch der Tatsachenvortrag aus dem Schriftsatz vom 15.01.2021 kann den erforderlichen vorherigen Antrag bei der Behörde nicht ersetzen. Ohnehin erfolgte dieser Vortrag erst mit der Klageerweiterung und damit nicht vor Erhebung des hilfsweisen gestellten Verpflichtungsantrags. |
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| C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind zu erstatten, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, vgl. § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO. |
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| D. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor. |
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