Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 9 S 719/20

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird Ziffer 4 des Urteilsausspruchs des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. November 2019 - 4 K 4242/17 - geändert. Der Beklagte wird verurteilt, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz erst ab dem 29.03.2017 aus der jeweils fälligen Rate zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente durch den Beklagten.
Der 1965 geborene Kläger, der seit dem Jahr 2002 u.a. als angestellter bzw. freiberuflicher Rechtsanwalt tätig war, ist seit dem 01.05.2002 beitragspflichtiges Mitglied des beklagten Versorgungswerkes. Nach Verlegung seines Kanzleisitzes in den Zuständigkeitsbereich der Rechtsanwaltskammer Rheinland-Pfalz im Jahr 2004 beantragte er die Fortsetzung seiner Mitgliedschaft im beklagten Versorgungswerk, die ihm im November 2004 bestätigt wurde. Sein letztes Beschäftigungsverhältnis als juristischer Mitarbeiter eines Sozialverbandes endete am 16.12.2011. Im Januar 2012 teilte er dem Beklagten erstmals mit, dass er seit dem 17.12.2011 arbeitsunfähig erkrankt sei; er bezog in der Folgezeit bis zum 04.09.2012 Kranken- und danach Arbeitslosengeld. Im Juli 2013 beantragte der zum damaligen Zeitpunkt in Hamburg und später in Schleswig-Holstein (Husby / Husum) wohnhafte Kläger die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente nach § 21 der Satzung des beklagten Versorgungswerkes (im Folgenden VwS). In diesem Zusammenhang erklärte er, er übe seine anwaltliche Tätigkeit seit Ende 2011 nicht mehr in nennenswertem Umfang aus und werde sie ab Antragstellung gänzlich einstellen. Als Nachweis über seinen Gesundheitszustand lag dem Schreiben unter anderem eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Flensburger Agentur für Arbeit aus dem Juli 2013 bei, wonach er derzeit für mindestens sechs Monate - aber nicht auf Dauer - nicht in der Lage sei, täglich mindestens drei Stunden zu arbeiten. Am 21.08.2013 übermittelte er ein ausgefülltes Antragsformular nebst Nachweisen über die Bestellung eines Vertreters durch die Pfälzische Rechtsanwaltskammer. Er gab an, er leide unter einer depressiven Störung bzw. Depression, Tinnitus, Seh-, Gleichgewichts-, Schlaf-, Konzentrations-, Ess-, Angst- und Leistungsstörungen, Aussetzern, Antriebslosigkeit, innerer Unruhe, Orientierungs- und Mutlosigkeit sowie unter Niedergeschlagenheit, habe kein Selbstwertgefühl und sei nicht belastbar. Eine von der Beklagten daraufhin anberaumte Begutachtung durch Prof. Dr. S. in Tübingen lehnte der Kläger Ende November 2013 als unzumutbar ab, da der Fahrtweg nach Tübingen ab seinem Wohnsitz mehr als 10 Stunden betrage, seine Belastungsgrenze aber bereits bei einer Reisezeit von zwei Stunden erreicht sei.
Das beklagte Versorgungswerk verpflichtete den Kläger daraufhin mit Bescheid vom 10.12.2013, sich zur Überprüfung seiner Berufsfähigkeit einer Untersuchung auf neurologischem Fachgebiet durch Prof. Dr. S. zu unterziehen, und lehnte den Antrag auf Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrente mit Bescheid vom 03.03.2014 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2014 hob der Beklagte den Bescheid vom 03.03.2014 auf und wies den Widerspruch des Klägers gegen die Untersuchungsanordnung zurück. Nach Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hob der Beklagte den Bescheid vom 10.12.2013 mit Bescheid vom 13.03.2015 auf, woraufhin die Beteiligten das Klageverfahren für erledigt erklärten. Zugleich hielt der Beklagte an einer Begutachtung durch Prof. Dr. S. fest und drohte dem Kläger die Versagung der Berufsunfähigkeitsrente an, wenn dieser sich nicht bis zum 01.05.2015 der Begutachtung unterziehe. Nach Vorlage eines weiteren Attests zur Reiseunfähigkeit des Klägers im Juni 2015 regte der Beklagte eine Begutachtung in Berlin an, die der Kläger unter Hinweis auf die hiermit verbundene Reisezeit von mehr als vier Stunden ablehnte.
Mit am 11.02.2016 zugestelltem Bescheid vom 09.02.2016 lehnte der Beklagte die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente ab, da die Voraussetzungen des § 21 Abs. 9 Satz 2 VwS vorlägen und diese Rechtsfolge nach Ausübung des Ermessens einzutreten habe, weil eine Berufsunfähigkeit nach Aktenlage nicht festgestellt werden könne. Im fristgerecht eingeleiteten Widerspruchsverfahren legte der Kläger ein in einem sozialgerichtlichen Verfahren eingeholtes neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 02.08.2016 vor und schlug vor, den Gutachter auch mit der Begutachtung im streitgegenständlichen Verfahren zu beauftragen. Ausweislich des nach Aktenlage erstellten Gutachtens leidet der Kläger an einer rezidivierenden depressiven Störung (zuletzt mit schwerer depressiver Episode [F33.2] seit 11.01.2016), einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und selbstunsicheren Charakterzügen (F61), einem Zustand nach operativer Entfernung eines Akkustikneurinoms links (D33.3) mit einseitiger Taubheit, inkompletter Gesichtslähmung und Tinnitus links sowie Gleichgewichtstörungen. Eine in Folge einer Operation im Jahr 1997 erlittene kosmetische Entstellung mit partieller Gesichtslähmung habe zu einer weiteren Einschränkung des Selbstwertgefühls geführt; er sei in Folge linksseitiger Taubheit und eines Tinnitus zusätzlich in seinem Konzentrationsvermögen eingeschränkt. Aufgrund eines wiederholt aufgetretenen Überforderungserlebens sei der Kläger längere Zeit unterhalb seiner beruflichen Qualifikation als Arbeitsvermittler bei der Agentur für Arbeit beschäftigt gewesen. Während wiederkehrende depressive Episoden bis November 2011 gut behandelbar gewesen seien, könne aus den vorliegenden Dokumenten für den Zeitraum ab dem 28.11.2011 eine durch zunehmende Chronifizierung gekennzeichnete, zunehmende psychische Symptomatik abgeleitet werden. Vom 17.07.2012 bis zum 15.09.2012 durchgeführte psychotherapeutische Probesitzungen seien abgebrochen worden, weil die ärztliche Psychotherapeutin aufgrund der ausgeprägten psychischen Symptomatik keine ausreichende Belastbarkeit gesehen habe. Im Juli 2014 und Oktober 2014 seien jeweils nach psychotherapeutischer Testung kognitive Einschränkungen beschrieben worden, die als Ausdruck der depressiven Störung zu werten seien. Im Januar 2016 sei im Rahmen einer psychiatrisch/psychotherapeutischen Untersuchung eine durch Selbstzweifel, Ratlosigkeit und Orientierungslosigkeit geprägte, kontinuierliche Verschlechterung seit November 2011 beschrieben worden, die durch einen hohen Chronifizierungsgrad geprägt sei und symptomatisch den Kriterien einer schweren depressiven Episode entspreche. Aus den Dokumenten könne geschlossen werden, dass seit dem 28.11.2011 auch eine quantitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit eingetreten sei. Aufgrund der kombinierten psychischen Erkrankung könne der Kläger keine Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, mit besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht oder mit häufig wechselnden Arbeitszeiten, mit besonderen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und die Daueraufmerksamkeit, mit überwiegendem Publikumsverkehr oder mit besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit ausüben. Seit dem 28.11.2011 sei eine deutliche Chronifizierung der Störung eingetreten. Dass durch eine stationäre psychotherapeutische Behandlung eine wesentliche Besserung erzielt werden könne, sei in Anbetracht der mitgeteilten Befunde seit dem 28.11.2011 eher unwahrscheinlich.
Mit am 28.02.2017 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Aus § 21 Abs. 9 Satz 1 VwS ergebe sich ein besonderes, weitreichendes Bestimmungsrecht des Versorgungswerks im Hinblick auf die individuelle Person des Gutachters. Ein Ermessensfehler sei nicht ersichtlich, da dem Kläger eine Begutachtung durch Prof. Dr. S. als anerkanntem neurologischem Gutachter zumutbar sei. Für den Beklagten sei die Begutachtung durch Prof. Dr. S. wegen der bekannten guten Qualität des Gutachters sowie der Vergleichbarkeit zu anderen Fällen im Sinne einer einheitlichen Verwaltungspraxis entscheidend. Es sei nicht ersichtlich, dass der Untersuchungsort für den Kläger unerreichbar sei, da öffentliche Verkehrsmittel vollständig behindertengerecht seien und eine entsprechende Betreuung bei der Bahn organisiert werden könne. Gegen die Beauftragung des vom Kläger vorgeschlagenen Gutachters spreche dessen Vorbefassung.
Zur Begründung seiner am 28.03.2017 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger zwei weitere Gutachten des Dr. H. vorgelegt. Ausweislich des am 11.09.2018 im Auftrag der Pfälzischen Rechtsanwaltskammer nach persönlicher Untersuchung erstellen Gutachtens stehe beim Kläger das Krankheitsbild einer rezidivierenden depressiven Störung auf dem Boden einer selbstunsicheren und narzisstischen Persönlichkeitsstruktur im Vordergrund, das durch eine (leichtgradige) hirnorganische Beeinträchtigung in ungünstiger Weise moduliert werde. Das Konzentrationsvermögen sei deutlich eingeschränkt. Bei seinem Vortrag habe der Kläger Schwierigkeiten, wichtige von unwichtigen Details zu differenzieren. Der Beschwerdevortrag sei weitschweifig und wortreich, immer wieder müsse strukturierend seitens des Untersuchers auf den Kläger eingewirkt werden. Das formale Denken sei weitschweifig und umständlich. Die Grundpersönlichkeit zeige vornehmlich narzisstische und selbstunsichere, aber auch zwanghafte Charakterzüge. Im Rahmen des Beck-Depressions-Inventars habe der Kläger 51 Punkte erreicht, was formal einer schweren depressiven Episode entspreche. Im Rahmen des Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests d2-R sei ein auffälliges Ergebnis erreicht worden. Hierbei falle insbesondere ein langsames Arbeitstempo (Prozentrang 1) bei vergleichsweise hoher Sorgfalt (Prozentrang 73) auf, wobei das Gesamtergebnis aufgrund des sehr langsamen Arbeitstempos deutlich unterdurchschnittlich bleibe (Prozentrang 4). Nach den nach Aktenlage erstellten Gutachten der Arbeitsagenturen Flensburg und Kiel habe jedenfalls zwischenzeitlich keine ausreichende Leistungsfähigkeit für eine regelmäßige, mindestens dreistündige tägliche Tätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt bestanden. In einem neuropsychiatrischen Gutachten nach Aktenlage des Gutachters Dr. F. vom 30.01.2017 sei für den Zeitraum ab 30.04.2013 bis April 2014 die Diagnose einer rezidivierenden mittelgradigen depressiven Störung gestellt worden, aufgrund derer das Leistungsvermögen des Klägers ab dem 30.04.2013 deutlich stärker als zuvor eingeschränkt gewesen sei. Für den Zeitraum bis Juni 2014 seien keine Tätigkeiten, die über einfache und zeitweise mittelschwere geistige Anforderungen hinausgingen - insbesondere keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Auffassungsgabe, die Lern- und Merkfähigkeit, das Konzentrationsvermögen oder die Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit - möglich gewesen. Arbeiten mit Publikumsverkehr seien allenfalls dann möglich gewesen, wenn diese ohne besondere nervliche Belastung erfolgten. Er sei zeitweise unfähig gewesen, einer Erwerbstätigkeit in Gestalt einer dem letzten Arbeitsplatz als Rechtsanwalt qualitativ vergleichbaren, ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen. Nach dem Bericht der Gedächtnissprechstunde des Zentrums für integrative Psychiatrie vom 03.09.2014 habe der Kläger in allen Bereichen eine deutliche subjektive Einschränkung der Leistungsfähigkeit angegeben und unter anderem von eindeutigen Beeinträchtigungen bei der Ausführung komplizierter Tätigkeiten berichtet. Am 10.07.2014 habe der Diplom-Psychologe Z. angegeben, dass der Kläger von Schwierigkeiten bei der Verfolgung oder adäquaten Wiedergabe von Gesprächen sowie erheblichen Einschränkungen der Konzentration berichte. Bei einer am 23.04.2014 durchgeführten Untersuchung der Aufmerksamkeitsleistung sei eine massive kognitive Verlangsamung bei den rechnergestützten Verfahren mit Reaktionszeiten im unterdurchschnittlichen bis weit unterdurchschnittlichen Bereich festgestellt worden. In einem neuropsychologischen Bericht vom 02.12.2015 habe Diplom-Psychologin J. eine rezidivierende mittelgradige depressive Episode festgestellt. Nach dem Entlassbericht der Klinik für psychosomatische Medizin G. vom 07.09.2016 sei der Kläger durchaus gewillt, wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen, empfinde die Aussicht auf eine Vollzeitstelle aber aufgrund vergangener Überforderungserlebnisse als beängstigend. Auch mit Unterstützung des sozialtherapeutischen Angebotes sei nach möglichen Perspektiven gesucht worden, wobei immer deutlicher geworden sei, dass der Kläger aus dortiger Sicht nur teilweise belastbar sein werde. In Betracht komme daher etwa eine Tätigkeit im Bibliothekarswesen, bei der er seine Kompetenzen im schriftlichen und aktenkundigen Bereich einbringen könne und nur geringeren äußeren Störeinflüssen ausgesetzt sei. Zusammenfassend kommt das Gutachten vom 11.09.2018 zum Ergebnis, dass nach der persönlichen Untersuchung des Klägers und der Analyse aller vorliegenden Befunde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit seit dem 27.11.2011 durchgehend Arbeitsunfähigkeit in der Tätigkeit als Rechtsanwalt bestanden habe. Der Kläger sei wegen der mit der festgestellten depressiven Störung verbundenen Einschränkung des Konzentrationsvermögens und seiner verminderten psychischen Belastbarkeit nicht mehr in der Lage, Interessen von Mandanten sachgerecht und sorgfältig wahrzunehmen und den besonderen psychischen und stressbedingten Belastungen des Anwaltsberufs nicht gewachsen. Aufgrund der eingetretenen Chronifizierung der Störung sei nicht zu erwarten, dass die beschriebene Unfähigkeit in Zukunft noch überwunden werden könne. Er könne den Beruf des Rechtsanwalts allenfalls noch stundenweise und auch insoweit nicht mehr regelmäßig ausüben.
Nach dem weiteren, am 10.09.2018 im Auftrag des Sozialgerichts Schleswig auf derselben Befundgrundlage erstellen Gutachten sei der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen zwischen August 2012 und April 2014 täglich unter drei Stunden für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar gewesen. Aufgrund der anhaltenden Beeinträchtigungen habe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch im Hinblick auf geistig einfache und psychisch wenig belastende Tätigkeiten sowie Tätigkeiten mit nur vergleichsweise geringer Stressbelastung keine mehr als dreistündige Leistungsfähigkeit bestanden. Der Kläger sei daher im Zeitraum zwischen August 2012 und April 2014 durchgehend unfähig gewesen, einer Erwerbstätigkeit als Rechtsanwalt oder in einem qualitativ vergleichbaren Beruf nachzugehen.
Der Kläger hat zudem einen Arztbrief der ... Klinik B vom 09.02.2017, einen neuropsychologischen Bericht der Dipl. Psych. J. vom 02.12.2015, einen Entlassbericht des Universitätsklinikums E vom 19.01.2017, einen Arztbrief des ... GmbH vom 30.09.2016, einen Arztbrief des ... GmbH vom 07.09.2016, Arztbriefe des Radiologen Dr. E. vom 30.08.2017, 27.03.2015 und 29.11.2017 und einen Operationsbericht der... Hamburg vorgelegt.
Am 07.01.2019 hat die Pfälzische Rechtsanwaltskammer die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen, da er nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. im Gutachten vom 11.09.2018 zur Ausübung des Anwaltsberufs unfähig sei. Er sei nicht mehr in der Lage, Mandanteninteressen sachgerecht und sorgfältig wahrzunehmen, und gefährde daher die Rechtspflege.
10 
Mit Urteil vom 28.11.2019 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09.02.2016 und des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 verpflichtet, dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente in satzungsgemäßer Höhe ab dem 01.08.2013 zu gewähren, und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28.03.2017 aus der jeweils fälligen Rate zu zahlen. Soweit die Klage im Hinblick auf eine Leistungsgewährung ab dem 19.07.2013 unter Verzinsung ab dem 15.08.2013 zurückgenommen wurde, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt.
11 
Die auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente gerichtete Verpflichtungsklage sei zulässig und begründet. Nach § 21 Abs. 4 Satz 1 VwS sei die Berufsunfähigkeitsrente ab dem Tag der Antragstellung - hier dem 22.07.2013 - zu zahlen, soweit ihre Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt bereits vorgelegen hätten. Zu Unrecht habe der Beklagte sich auf § 21 Abs. 9 VwS gestützt, da dessen Auswahl des Untersuchungsortes ermessensfehlerhaft gewesen sei. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Kläger bereits am 01.08.2013 berufsunfähig im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS gewesen sei. Im Hinblick auf den Rechtsanwaltsberuf liege die Unfähigkeit zur Berufsausübung zwar nicht schon dann vor, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage sei, das gesamte Spektrum anwaltlicher Tätigkeit abzudecken; die dem Mitglied verbleibenden Betätigungsmöglichkeiten müssten indes jedenfalls noch dem anwaltlichen Berufsbild entsprechen und daher noch als eigenverantwortliche Rechtsvertretung bzw. Rechtsberatungstätigkeit zu qualifizieren sein. Von einer solchen eigenverantwortlichen, dem Berufsbild des Rechtsanwalts noch entsprechenden Tätigkeit könne nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Betroffene aufgrund seines krankheitsbedingt eingeschränkten Leistungsvermögens nur zu einer schriftlichen Ausarbeitung von Vertrags- oder Satzungstexten sowie zu schriftlichen Erläuterungen abstrakter Regelungskomplexe in der Lage sei, ohne selbst im Rahmen dieser Tätigkeit Mandantengespräche zu führen. Vom Tätigkeitsfeld eines Rechtsanwalts seien bloße vorbereitende und zuarbeitende Tätigkeiten in einer Kanzlei ebenso wenig erfasst wie die bloße Ausarbeitung von Vertrags- oder Satzungsentwürfen oder sonstiger schriftlicher Rechtsgutachten und Stellungnahmen, die nicht auf der Grundlage eigenständig geführter Informations- und Beratungsgespräche mit den Mandanten, ohne eigenständige Rückfragen bei den Mandanten bzw. ohne eine detaillierte Abstimmung der Ausarbeitungen mit ihnen erstellt würden. Danach sei zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs jedenfalls derjenige unfähig, der krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, eigenverantwortlich außergerichtlich in Rechtsangelegenheiten zu beraten und die hierzu notwendigen Beratungsgespräche mit Mandanten zu führen. Zu einer diesen Mindestanforderungen entsprechenden Tätigkeit sei der Kläger aufgrund seiner kombinierten physischen und psychischen Einschränkungen seit dem 01.08.2013 auf nicht absehbare Zeit nicht in der Lage.
12 
Der Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger nicht freiwillig auf seine Zulassung als Rechtsanwalt verzichtet habe. Zwar sehe § 21 Abs. 1 Nr. 2 VwS die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente nur vor, wenn das Mitglied seine berufliche Tätigkeit und eine mit dem Beruf eines Rechtsanwalts vergleichbare Tätigkeit aufgrund der Berufsunfähigkeit einstelle und innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit auf die berufliche Zulassung verzichte. Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen sei Berufsunfähigkeitsrente indes auch dann in Analogie zu § 21 Abs. 1 Nr. 2 VwS zu gewähren, wenn die Zulassung aufgrund der zur Berufsunfähigkeit führenden Erkrankung widerrufen werde. Dabei sei unbeachtlich, dass auch der Widerruf der Zulassung nicht innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit erfolgt sei, da es sich insoweit nicht um eine Ausschlussfrist handele. Vielmehr könne die 18-Monatsfrist zu dem Zeitpunkt bereits abgelaufen sein, in dem die Feststellung der Berufsunfähigkeit erfolge.
13 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat der Kläger fristgerecht eingelegt und begründet. Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente nach § 21 Abs. 1 VwS) nicht vorlägen.
14 
Zunächst stehe nicht fest, dass der Kläger bereits am 01.08.2013 (bzw. überhaupt) i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS infolge körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Ausübung des Berufs eines Rechtsanwalts auf nicht absehbare Zeit unfähig (gewesen) sei. Inhaltlich stelle das Verwaltungsgericht auf einen eigenständigen, zugunsten des Versicherten großzügigeren Maßstab ab, der von der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geteilt werde. Richtigerweise werde die Annahme der Berufsfähigkeit im versorgungsrechtlichen Sinn durch ein Unvermögen zu Mandantenkontakten und zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen nicht ausgeschlossen, solange unter Auswertung des Akteninhalts und etwaiger Vermerke über die von einem Kollegen mit den Mandanten geführten Gespräche noch eine eigenverantwortliche schriftliche Beratung und Interessenvertretung im Rahmen einer vorprozessualen oder prozessualen Auseinandersetzung möglich sei. Bei Heranziehung des gebotenen strengeren Maßstabs könnten die vom Verwaltungsgericht herangezogenen ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten nicht zum Nachweis einer Berufsunfähigkeit herangezogen werden, da die Begriffe der „Berufsunfähigkeit" in § 21 Abs. 1 VwS und in § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO nicht kongruent seien. Da das Versorgungsrecht auf die Möglichkeit der Existenzsicherung, das Berufsrecht aber auf Gefahren für Belange der Rechtssuchenden abstelle, verfolgten auch die Verfahrensbeteiligten im Widerrufs- bzw. Rentenverfahren diametral unterschiedliche Interessen. Es sei daher ein ergänzendes Gutachten zur Frage der „Berufsunfähigkeit" des Klägers erforderlich, das sich auf die zutreffenden Maßstäbe beziehe.
15 
Unabhängig davon lägen auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nr. 2 VwS nicht vor, da der Kläger nicht innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit auf seine Zulassung verzichtet habe, sondern es auf einen Widerruf der Zulassung habe ankommen lassen. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht § 21 Abs. 1 Nr. 2 VwS entsprechend herangezogen. Insoweit sei bereits nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Die Voraussetzung eines Zulassungsverzichts nach Eintritt der Berufsunfähigkeit entspreche dem von einer Vielzahl berufsständischer Versorgungswerke vertretenen Grundsatz, dass eine Berufsunfähigkeitsrente nur bei einem freiwilligen Verzicht bezogen werden könne. In keiner der Versorgungssatzungen finde sich eine entsprechende Regelung für den Fall des Widerrufs der Zulassung. Darüber hinaus liege keine vergleichbare Interessenlage vor. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger krankheitsbedingt keinen Verzicht erklärt habe, werde nicht begründet und erschließe sich nicht. Die Möglichkeit - und gegebenenfalls Pflicht -, einen Vertreter zu bestellen, sei dagegen ausreichend und notwendig, um die Interessen des betroffenen Mitglieds, das die eigenen Angelegenheiten nicht mehr hinreichend wahrnehmen könne, zu schützen. Eine solche Vertreterbestellung sei vorliegend auch erfolgt, so dass der Kläger dafür habe Sorge tragen können, dass der erforderliche Zulassungsverzicht erklärt werde.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. November 2019 - 4 K 4242/17 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er trägt vor, dass er schon seit August 2013 aufgrund reduzierten Konzentrationsvermögens und fehlender psychischer Belastbarkeit (verbunden mit teils zwanghaften Verhaltenszügen und geringer Stresstoleranz) nicht mehr in der Lage sei, eine schriftliche Beratung und Interessenvertretung durchzuführen. Im Übrigen habe er seine Tätigkeit bereits Ende 2011 eingestellt und einen Vertreter bestellt, so dass das zentrale Tatbestandsmerkmal des § 2 Abs. 1 Nr. 2 VwS erfüllt sei. Das weitere Erfordernis eines Zulassungsverzichts innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit sei für ihn nicht erfüllbar gewesen, da der Beklagte seine Berufsunfähigkeit nicht anerkannt habe und auch weiterhin nicht anerkenne. Die Frist könne erst bei unstreitigem Vorliegen der Berufsunfähigkeit beginnen und habe daher nicht zu laufen begonnen; jedenfalls sei eine Berufung hierauf rechtsmissbräuchlich. Im Übrigen solle die Frist lediglich sicherstellen, dass neben der Rente keine Bezüge aus anwaltlicher Tätigkeit erwirtschaftet würden.
21 
Dem Senat liegen die Gerichtsakte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die Versorgungsakten des Beklagten (2 Bände) sowie die beigezogene Verfahrensakte des Klageverfahrens 4 K 2962/14 (VG Stuttgart) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verlauf des Berufungsverfahrens gewechselten Schriftsätze sowie die vorgenannten Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

22 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht unter Aufhebung des Bescheids vom 09.02.2016 und des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 verpflichtet, dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente in satzungsgemäßer Höhe ab dem 01.08.2013 zu gewähren, und diesen zu Recht verurteilt, ihm Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem (jeweiligen) Basiszinssatz aus der jeweils fälligen Rate zu zahlen. Allerdings besteht der Verzinsungsanspruch nicht - wie seitens des Verwaltungsgerichts angenommen - ab dem 28.03.2017 als Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit der Klage, sondern erst ab dem darauffolgenden Tag. Die Entscheidung ist daher in diesem (geringen) Umfang abzuändern.
I.
23 
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente ab dem 01.08.2013, der nicht zu befristen ist. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 09.02.2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 21 Abs. 1 der Satzung des beklagten Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Rechtsanwaltsversorgungswerkssatzung - VwS) erhält ein Mitglied Berufsunfähigkeitsrente, das infolge körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes auf nicht absehbare Zeit, mindestens 90 Tage, unfähig ist (Nr. 1), deshalb seine berufliche Tätigkeit und eine Tätigkeit, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts vereinbar ist, einstellt und innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit auf seine berufliche Zulassung verzichtet (Nr. 2), das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nr. 3) und mindestens für drei Monate vor Eintritt der Berufsunfähigkeit Beiträge geleistet hat, wobei Beiträge aus Nachversicherungszeiten unberücksichtigt bleiben, falls die Nachversicherung nicht vor Eintritt des Versicherungsfalls beantragt worden ist (Nr. 4). Diese Voraussetzung waren vorliegend im nach dem Klageantrag für die erstmalige Gewährung des Anspruchs maßgeblichen Zeitpunkt des 01.08.2013 erfüllt und liegen auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin vor (vgl. unten I. 2. - 4.). Der Beklagte war auch nicht berechtigt, die begehrte Berufsunfähigkeitsrente unter Berufung auf § 21 Abs. 9 Satz 2 VwS zu versagen (sogleich I. 1.).
25 
1. Nach § 21 Abs. 9 Satz 1 VwS kann das Versorgungswerk verlangen, dass sich derjenige, der eine Berufsunfähigkeitsrente beantragt hat oder erhält, medizinisch untersuchen lässt sowie sich einer Heilbehandlung oder einer Maßnahme nach § 23 VwS unterzieht, wenn zu erwarten ist, dass diese Maßnahme die Berufsunfähigkeit beseitigt oder eine drohende Berufsunfähigkeit verhindert und für das Mitglied zumutbar ist. Kommt das Mitglied dem Verlangen nicht nach, so kann das Versorgungswerk die Berufsunfähigkeitsrente ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn es zuvor auf die Folgen schriftlich hingewiesen und eine angemessene Frist gesetzt hat (§ 21 Abs. 9 Satz 2 VwS). Von der hierdurch eingeräumten Befugnis hat der Beklagte im Bescheid vom 09.02.2016 und dem Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 indes zu Unrecht Gebrauch gemacht.
26 
a) Zwar hat der Beklagte nach Aufhebung des Bescheids vom 10.12.2013 mit Schreiben vom 13.03.2015 formlos - d.h. erkennbar ohne den Willen, eine für den Kläger verbindliche und der Bestandskraft fähige Regelung zu treffen - das Verlangen an den Kläger gerichtet, sich einer neurologischen Untersuchung durch Prof. Dr. S. zu unterziehen, und auf mögliche Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung hingewiesen. Indes sind für den Senat keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Satz 9 Satz 1 VwS im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten (oder zu einem späteren Zeitpunkt) vorgelegen haben könnten. Darüber hinaus hat der Beklagte sich auch in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens zu keinem Zeitpunkt auf Anhaltspunkte dafür gestützt, dass eine Untersuchung durch Prof. Dr. S. zur Verhinderung oder Beseitigung einer Berufsunfähigkeit des Klägers geeignet sein könnte. Der Beklagte hat sich in diesem Zusammenhang vielmehr alleine auf den im damaligen Zeitpunkt (wohl unstreitig) fehlenden gutachterlichen Nachweis der Berufsunfähigkeit und des Zeitpunkts seines Eintritts gestützt (vgl. insbesondere S. 8 ff. des Schreibens vom 13.03.2015) und sich in diesem Zusammenhang - wie mit besonderer Deutlichkeit auch schon im Widerspruchsbescheid vom 28.05.2014 - eines „besonderen, weitreichenden Bestimmungsrechts im Hinblick auf die individuelle Person des Gutachters“ berühmt. Ein solches steht dem Beklagten indes im Kontext des Nachweises des Vorliegens einer Berufsunfähigkeit bestehender Mitglieder - anders als im Hinblick auf Zweifel an der Berufsfähigkeit vor Begründung der Mitgliedschaft (§ 5 Abs. 3 Satz 2 VwS) - schon nach seinem eigenen Satzungsrecht nicht zu. Vielmehr obliegt es nach § 21 Abs. 5 Satz 1 VwS grundsätzlich dem Rechtsanwalt, die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit durch Vorlage eines ärztlichen Gutachtens nachzuweisen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 18.10. 2017 - 4 K 3662/16 -, juris Rn. 40). Kommt er dieser Obliegenheit nach, kann das beklagte Versorgungswerk nach § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS - wiederum unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens - auf seine Kosten ein weiteres ärztliches Gutachten erheben und in angemessenen Zeitabständen Nachuntersuchungen anordnen. Das Mitglied ist verpflichtet, sich den vom Versorgungswerk angeordneten Untersuchungen zu unterziehen (Satz 3) und mit seinem Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente alle ihn behandelnden und untersuchenden Ärzte von deren Schweigepflicht gegenüber dem Versorgungswerk zu entbinden (Satz 4). Ein Recht des gutachterlichen Erstzugriffs steht dem Beklagten nach dieser Vorschrift indes ebenso wenig zu wie ein freies Wahlrecht, das vorgelegte Gutachten stets und einzelfallunabhängig durch die Anordnung einer weiteren Begutachtung durch einen vom Versorgungswerk gewählten Gutachter „beiseitezuschieben“. Vielmehr liegt es zunächst in der Verantwortung des antragstellenden Rechtsanwalts, weiteren Aufklärungsbedarf (und die mit einer Nachuntersuchung durch einen weiteren Sachverständigen notwendigerweise verbundenen weiteren Belastungen und Verzögerungen) durch umsichtige Auswahl eines fachlich und persönlich - insbesondere auch im Hinblick auf eine mögliche Vorbefassung z.B. als Behandler - geeigneten Gutachters und ein Hinwirken auf eine die aufgeworfenen Fragen möglichst erschöpfende Begutachtung gering zu halten oder zu vermeiden (vgl. zu den Anforderungen an die Person des Gutachters Senatsurteil vom 14.01.2019 - 9 S 2349/17 -, Rn. 74 ff.). Er kann sich insoweit ggf. auch schon im Vorfeld mit der Beklagten über die Eignung des Gutachters oder im jeweiligen Einzelfall abzuklärende Fragestellungen verständigen. Auf Grundlage des vorgelegten Gutachtens hat der Beklagte dann individuell zu prüfen, ob und ggf. welcher weitere Aufklärungs- und Überprüfungsbedarf besteht (vgl. zur Rollenverteilung der Beteiligten im Versorgungsverfahren Nds. OVG, Urteil vom 26.04.2019 - 8 LB 12/17 -, juris Rn. 35 zu § 13 Abs. 4 Satz 2 RVS ND), der - auch in Ansehung der mit einer weiteren Begutachtung notwendig verbundenen Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen und der mit einer zeitlichen Verzögerung der Leistungserbringung verbundenen Belastungen - das Verlangen nach einer Zweitbegutachtung im jeweiligen Einzelfall rechtfertigen kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.07.2012 - 17 A 976/12 -, juris Rn. 7). Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte dafür, dass eine Berufsunfähigkeit durch eine Heilbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahmen nach § 23 VwS beseitigt oder verhindert werden kann, kann der Beklagte dem auch durch Maßnahmen nach § 21 Abs. 9 Satz 1 VwS nachgehen. Ein pauschales Recht zur Bestimmung eines stets zu konsultierenden Erst- oder Zweitgutachters steht dem Beklagten nach § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS demgegenüber nicht zu (vgl. zur Problematik der Neutralität eines „Hausgutachters“ Senatsurteil vom 14.01.2019, a.a.O.).
27 
b) Eine (rechtmäßige) Anordnung nach § 21 Abs. 9 Satz 1 VwS hat der Beklagte vorliegend indes nicht getroffen, da sein „Verlangen“ vom 13.03.2015 ersichtlich nicht auf die Beseitigung oder Verhinderung einer drohenden Berufsunfähigkeit abzielt. Dies wird mittelbar auch aus dem angegriffenen Bescheid vom 09.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 deutlich, die jeweils nur auf die Nichterweislichkeit der Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit Bezug nehmen. Eine mit § 21 Abs. 9 Satz 2 VwS vergleichbare Rechtsfolge sieht die Satzung in Fällen des § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS nicht vor. Zwar bleibt es dem Beklagten unbenommen, einen Antrag auf Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrente abzulehnen, wenn der jeweilige Antragsteller seine Obliegenheit nach § 21 Abs. 5 Satz 1 VwS nicht erfüllt, er eine rechtmäßig eingeforderte Nachbegutachtung nach § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS verweigert oder das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS aus anderen Gründen nicht festgestellt werden kann. Eine solche Ablehnungsentscheidung kann jedoch schon nach der Systematik der Satzung des beklagten Versorgungswerks keine materielle Präklusionswirkung entfalten, wie sie sich etwa aus § 21 Abs. 9 Satz 2 VwS ergeben könnte. Vielmehr ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS ggf. - wie hier - im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens festzustellen, wenn der Betroffene den Rechtsweg gegen die Ablehnungsentscheidung beschreitet (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26.04.2019 - 8 LB 12/17 -, juris Rn. 34 ff. zu § 13 Abs. 4 Satz 2 RVS ND).
28 
2. Nach Überzeugung des Senats war der Kläger im Zeitpunkt der Beantragung von Berufsunfähigkeitsrente infolge körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes auf nicht absehbare Zeit, mindestens 90 Tage, unfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS). Dieser Zustand, der auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin anhält, ergibt sich - auch unter Berücksichtigung und Auswertung der im behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorgelegten weiteren Unterlagen - aus den neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 02.08.2016, vom 10.09.2018 und vom 11.09.2018. Diese sind geeignet, dem Senat eine tragfähige Grundlage für die erforderliche eigene Überzeugungsbildung zu vermitteln und können ungeachtet des spezifischen Kontexts ihrer Erstellung auch zur Bewertung der vorliegend in Streit stehenden Tatsachenfragen herangezogen werden.
29 
a) Auch der Senat geht - übereinstimmend mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und der Pfälzischen Rechtsanwaltskammer - davon aus, dass der Kläger wohl bereits seit Ende November 2011, jedenfalls aber seit Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums fortwährend an körperlichen Gebrechen bzw. einer Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte leidet. Dies geht aus den nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 10. und 11.09.2018 hervor, die auf einer umfassenden Auswertung ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlungs- und Befundunterlagen seit dem Jahr 1997 sowie der am 06.09.2018 in den Praxisräumen des Gutachters durchgeführten diagnostischen Erhebungen beruhen und mit den Feststellungen früherer Sachverständiger und Behandler im Wesentlichen übereinstimmen. Ausweislich des gegenüber der Pfälzischen Rechtsanwaltskammer erstellten Gutachtes vom 11.09.2018 leidet der Kläger jedenfalls seit November 2011 an einer in ihrem Schweregrad leicht schwankend, stets jedoch mittelschwer (F33.1) und zum Teil schwer ausgeprägten rezidivierenden depressiven Störung (ICD 10: F33, F33.1, F33.2) bei akzentuierter Persönlichkeit mit selbstunsicheren, narzisstischen und (weniger ausgeprägten) zwanghaften Anteilen (F73.1), einer Taubheit des linken Ohres, Tinnitus links, einer Einschränkung des Sehvermögens des linken Auges, einer Schädigung der linken Kleinhirnhälfte sowie Veränderungen in den frontalen Abschnitten des Großhirns (S. 49). Diese sowohl auf bildgebende Verfahren (MRT, EEG, AEP), die Durchführung des Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests d2-R sowie eines Beck-Depressions-Inventars sowie eigene psychopathologische Befunderhebung gestützten Feststellungen, die sich u.a. mit den auf fünf psychotherapeutische Sitzungen gestützten Feststellungen der Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. M. vom 12.06.2013, dem im Anschluss an einen zweimonatigen stationären Aufenthalt erstellten Klinikbericht des Evangelischen Krankenhauses G. vom 07.09.2016 und dem ärztlichen Entlassbericht der W-Z.-Kliniken (Klinik A.) vom 28.06.2007 decken, hat der Beklagte in der Sache nicht in Frage gestellt; sie begegnen aufgrund der ausführlichen und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen in beiden vorgelegten Gutachten auch nach Auffassung des Senats keinen durchgreifenden Zweifeln.
30 
b) Der Senat ist weiterhin überzeugt, dass der Kläger aufgrund dieser Erkrankungen jedenfalls seit dem hier maßgeblichen Zeitpunkt im August 2013 (und auch weiterhin) zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes auf nicht absehbare Zeit, mindestens 90 Tage, unfähig ist.
31 
aa) Insoweit schildert der Sachverständige nachvollziehbar im Zusammenhang mit der depressiven Erkrankung bestehende anhaltende konzentrative Einschränkungen, die durch die körperlichen Erkrankungen zusätzlich in ihrer Ausprägung überlagert werden (S. 48 des Gutachtens vom 11.09.2018). Die im Rahmen des persönlichen Untersuchungsgesprächs festgestellten Einschränkungen des Konzentrationsvermögens, des Differenzierungsvermögens zwischen wichtigen und unwichtigen Details und der Befähigung zur strukturierten, eigenständigen Schilderung der eigenen Beschwerden entsprechen dabei den Feststellungen des Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests d2-R, der dem Kläger ein langsames Arbeitstempo bei vergleichsweiser hoher Sorgfalt und insgesamt deutlich unterdurchschnittlichen Arbeitsergebnissen bescheinigt. Sie entsprechen wiederum im Wesentlichen dem neuropsychologischen Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin J. vom 02.12.2015, der auf Grundlage eigener Befunderhebungen trotz nur leichter kognitiven Funktionsstörungen eine alltagsrelevante deutliche Verminderung der konzentrativen Dauerbelastbarkeit feststellt und berufliche Aktivitäten im Bereich komplexer juristischer Tätigkeiten „eher nicht für denkbar“ hält, und dem auf einer zweimonatigen stationären Behandlung des Klägers beruhenden Klinikbericht des Evangelischen Krankenhauses G. vom 07.09.2016, der dem Kläger aufgrund festgestellter Konzentrations- und Merkfähigkeitsdefizite (mit umständlichem, grübelndem und teils eingeengtem Denken) berufliche Perspektiven lediglich im Bibliothekswesen „oder ähnlichem“ mit nur geringen äußeren Störeinflüssen bescheinigt. Aus den festgestellten Erkrankungen (wiederkehrende depressive Episoden, zuletzt schwere depressive Episode und kombinierte Persönlichkeitsstörung) hatte der Sachverständige zudem  bereits im nach Aktenlage für das Sozialgericht Schleswig erstellten Gutachten vom 02.08.2016 gefolgert, dass der Kläger zur Ausübung von Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht und mit wechselnden Arbeitszeiten, mit besonderen Anforderungen an Konzentrationsvermögen und Daueraufmerksamkeit, mit überwiegendem Publikumsverkehr oder besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit nicht mehr in der Lage sei. Ausgehend hiervon erscheint die Einschätzung des Sachverständigen in dem nach persönlicher Untersuchung erstellten Gutachten vom 11.09.2018, dass der Kläger den besonderen psychischen und stressbedingten Belastungen, die der Anwaltsberuf mit sich bringe, aufgrund seiner verminderten psychischen Belastbarkeit bereits seit November 2011 nicht mehr gewachsen sei, er Mandanteninteressen nicht mehr sachgerecht und sorgfältig wahrnehmen könne und - bedingt durch die zwischenzeitlich eingetretene Chronifizierung der Störung - auch eine künftige Überwindung dieses Zustands nicht zu erwarten sei (S. 48 f. des Gutachtens vom 11.09.2018), ohne weiteres nachvollziehbar. Es deckt sich zudem mit der ebenfalls nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen in dem auf den Zeitraum von August 2012 bis April 2014 bezogenen Gutachten vom 10.09.2018 gegenüber dem Sozialgericht Schleswig (S. 52 f.), dass aufgrund der anhaltenden Beeinträchtigungen im o.g. Zeitraum auch für geistig einfache und psychisch wenig belastende Tätigkeiten sowie für Tätigkeiten mit nur vergleichsweise geringer Stressbelastung keine mehr als dreistündige tägliche Leistungsfähigkeit mehr vorgelegen habe.
32 
bb) Ausgehend von diesen tatsächlichen medizinisch-psychiatrischen Befunden ist auch im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS von einer Berufsunfähigkeit des Klägers auszugehen.
33 
aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Begriff der Berufsunfähigkeit in der berufsständischen Pflichtversorgung eigenständig. Er orientiert sich nicht am Begriff der Berufsunfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. Senatsurteile vom 14.01.2019, a.a.O., vom 19.08.2015 - 9 S 155/13 -, juris, vom 29.10.2002 - 9 S 2062/01 -, NJW 2003, 374, vom 17.12.1996 - 9 S 3284/94 -, juris, und vom 14.01.1991 - 9 S 90/90 -, VGHBW-Ls 1991, Beilage 4, B 8-9) und muss dies auch nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.11.1991 - 1 B 46.91 -, Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 22). Er erfordert in der Regel die berufsspezifische Berufsunfähigkeit und lässt keine Verweisung auf Erwerbstätigkeiten außerhalb des Berufs zu (Senatsurteile vom 14.01.2019 - 9 S 2349/17 -, juris, vom 23.08.1994 - 9 S 2273/92 -, NVwZ-RR 1996, 95 und vom 14.01.1991, a. a. O.), wobei die berufsspezifische Tätigkeit unter Berücksichtigung der Entwicklung des Berufsbildes und der Vorschriften über die Kammermitgliedschaft und die Teilnahme am Versorgungswerk zu bestimmen ist (Senatsurteil vom 23.08.1994, a. a. O.). Berufsunfähigkeit liegt (erst) dann vor, wenn eine die Existenz sichernde Berufstätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann (Senatsurteile vom 14.01.2019, 19.08.2015, vom 29.10.2002, vom 17.12.1996 und vom 23.08.1994, jeweils a. a. O.).
34 
bbb) Die Eigenständigkeit des Begriffs der Berufsunfähigkeit in der berufsständischen Pflichtversorgung gegenüber anderen Versorgungssystemen schließt es indes nicht aus, die Feststellungen tatsächlich ausreichend aussagekräftiger Gutachten zur Berufsunfähigkeit im Sinne anderer Versorgungssysteme zur Feststellung der Berufsunfähigkeit im o.g. Sinne heranzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 14.01.2019, a.a.O., Rn. 83). Gleiches gilt für die Heranziehung eines zur Frage der Berufsunfähigkeit im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO erstellten Gutachtens, ohne dass es darauf ankommt, ob - wie von dem Beklagten vorgetragen - dem Begriff der (gesundheitsbedingten) „Unfähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben“ (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO) ein anderes Begriffsverständnis bzw. eine andere - präventive - Zielrichtung zugrunde liegt als dem Begriff der „Unfähigkeit zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS. Letzteres dürfte im Übrigen jedenfalls nicht in dieser Pauschalität zutreffen, da die § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS enthaltene Formulierung der Berufsunfähigkeit „infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner geistigen Kräfte“ ausdrücklich an die bei seinem Inkrafttreten im Jahr 1985 auch in § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO enthaltene Parallelformulierung anknüpft, die durch Art. 31 Nr. 2 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetzes vom 27.04.2002 (BGBl. I, 1467) lediglich sprachlich modifiziert wurde (vgl. BT-Drs. 14/7420, S. 34), da die Gefahr der gesundheitsbedingten Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs gerade zum nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS versicherten Risiko gehört (vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 06.02.2017 - 1 C 181/15 -, juris Rn. 36 ff.) und da der Schutz der Rechtssuchenden in erster Linie im Tatbestandsmerkmal der „Gefährdung der Rechtspflege“ zum Ausdruck kommt. Auch wenn eine divergierende Auslegung im Einzelfall - z.B. dann, wenn die dem Rechtsanwalt ohne Gefährdung der Rechtssuchenden verbleibenden Betätigungsmöglichkeiten zur Sicherung des Existenzminimums nicht ausreichen - denkbar erscheint, können die im Rahmen eines Verfahrens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO gewonnenen tatsächlichen Erkenntnisse im Verfahren nach § 21 VwS zur Feststellung der Berufsunfähigkeit im Sinne der berufsständischen Pflichtversorgung herangezogen werden.
35 
ccc) Auf die vom Beklagten thematisierte Frage, ob - anknüpfend an die Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte - die Annahme der Berufsfähigkeit im versorgungsrechtlichen Sinn durch ein Unvermögen des Rechtsanwalts zu Mandantenkontakten und zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen nicht ausgeschlossen wird, solange unter Auswertung des Akteninhalts und etwaiger Vermerke über die von einem Kollegen mit den Mandanten geführten Gespräche noch eine eigenverantwortliche schriftliche Beratung und Interessenvertretung im Rahmen einer vorprozessualen oder prozessualen Auseinandersetzung möglich ist (vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 06.02.2017 - 1 C 181/15 -, Rn. 33) bzw. im Rahmen der verbleibenden Leistungsmöglichkeiten allein schriftliche Tätigkeiten ausgeführt werden können, solange diese Arbeit jedenfalls noch in einer eigenverantwortlichen anwaltlichen Rechtsberatungstätigkeit besteht, grundsätzlich frei von fachlichen Weisungen erfolgt und es sich nicht lediglich um wissenschaftliche Hilfsdienste handelt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2011 - 17 A 395/10 -, juris Rn. 30 m.w.N.), kommt es vorliegend nicht an. Denn den vorliegenden Gutachten sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Kläger zu einer im o.g. Sinne unabhängigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit, die zum zentralen Kernelement der anwaltlichen Berufsausübung gehört (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26.04.2019 - 8 LB 12/17 -, juris Rn. 41; Saarl. OVG, Beschluss vom 06.02.2017 - 1 C 181/15 -, Rn. 32 sowie § 1, § 3 Abs. 1, § 46 Abs. 3 BRAO), in der Lage wäre. Vielmehr hatte der Sachverständige Dr. H. bereits in seinem Gutachten vom 02.08.2016 festgestellt, dass der Kläger zur Ausübung von Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht und mit wechselnden Arbeitszeiten, mit besonderen Anforderungen an Konzentrationsvermögen und Daueraufmerksamkeit, mit überwiegendem Publikumsverkehr oder besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit nicht mehr in der Lage sei. Im Gutachten vom 11.09.2018 hat er festgehalten, dass der Kläger „den besonderen psychischen und stressbedingten Belastungen“ des Anwaltsberufs „nicht mehr gewachsen“ sei und „er Mandanteninteressen nicht mehr sachgerecht und sorgfältig wahrnehmen könne“. Dass der Sachverständige insoweit von einem Fehlverständnis der mit der Ausübung der unabhängigen und eigenverantwortlichen Anwaltstätigkeit verbundenen Anforderungen ausgegangen sein könnte, ist für den Senat nicht ersichtlich, zumal auch der neuropsychologische Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin J. vom 02.12.2015 und der Klinikbericht des Evangelischen Krankenhauses G. vom 07.09.2016 eine Tätigkeit des zum damaligen Zeitpunkt als Rechtsanwalt zugelassenen Klägers eher nicht „im Bereich komplexer juristischer Tätigkeiten“ bzw. lediglich „im Bibliothekswesen“ in Betracht gezogen haben. Die vom Sachverständigen Dr. H. im Gutachten vom 10.09.2018 angenommene „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“, dass beim Kläger im Zeitraum von August 2012 bis April 2014 auch für geistig einfache und psychisch wenig belastende Tätigkeiten sowie für Tätigkeiten mit nur vergleichsweise geringer Stressbelastung keine mehr als dreistündige Leistungsfähigkeit mehr vorlag, bestätigt diese Einschätzung, zumal für eine zwischenzeitliche Besserung des Gesundheitszustands und der Leistungsfähigkeit des Klägers angesichts der von den Gutachtern übereinstimmend festgestellten Chronifizierung des Beschwerdebilds keine Anhaltspunkte bestehen.
36 
c) Eine - vom Beklagten im Übrigen nicht beantragte - weitere Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines weiteren Gutachtens oder durch Anordnung, das schriftliche Gutachten zu erläutern, erscheint dem Senat nicht geboten (vgl. § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO).
37 
aa) Insbesondere ist nicht substantiiert geltend gemacht oder ersichtlich, dass die vorliegenden Gutachten erkennbare Mängel aufweisen, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruhen, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthalten oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen geben, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird. Die Verpflichtung zur Ergänzung des Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (vgl. zu den anzuwendenden Maßstäben BVerwG, Beschluss vom 26.06.2020 - 7 BN 3.19 -, juris Rn. 5 m.w.N.). So hat der Beklagte den Einwand, es handele sich bei den Gutachten des Dr. H. vom 10.09. und 11.09.2018 um „Behandlergutachten“, zu keinem Zeitpunkt substantiiert; auch aus den Ausführungen des Sachverständigen wird nicht ersichtlich, dass er in einer anderen Eigenschaft als in seiner Funktion als Sachverständiger für das Sozialgericht Schleswig bzw. die Pfälzische Rechtsanwaltskammer mit der Untersuchung des Klägers befasst gewesen sein könnte. Soweit der Beklagte weiterhin darauf hinweist, dass der Berufsunfähigkeitsbegriff des berufsständischen Versorgungsrechts nicht den Begrifflichkeiten des anwaltlichen Berufsrechts bzw. anderer Versorgungssysteme entspreche, betrifft dies alleine die (rechtlichen) Schlussfolgerungen aus den tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen, deren inhaltliche Tragfähigkeit die Beklagte nicht in Zweifel zieht.
38 
bb) Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Fortdauer der Einschränkungen des nach den Feststellungen des Sachverständigen aus dem September 2018 im Wesentlichen seit Dezember 2011 unveränderten Gesundheitszustands und Leistungsbilds des Klägers geboten. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. im Gutachten vom 11.09.2018, die schon in Ansehung der erheblichen Dauer der bestehenden Einschränkungen und der durch eine Vielzahl im Wesentlichen übereinstimmender Behandler- und Klinikberichte bestätigten Kontinuität des Erkrankungsverlaufs ohne weiteres überzeugen, ist nicht zu erwarten, dass die Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Zukunft noch überwunden werden kann (S. 49 des Gutachtens). Angesichts dieses eindeutigen Befundes, der das Ende langjähriger Versuche der beruflichen Neuorientierung des Klägers in- und außerhalb des Anwaltsberufs beschreibt, ist nicht nur ohne weiteres von einer Berufsunfähigkeit auf „nicht absehbare Zeit“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS auszugehen; vielmehr hat sich auch das dem Beklagten nach § 21 Abs. 4 Satz 3 VwS an sich zustehende Befristungsermessen im Hinblick auf eine unbefristete Leistungsgewährung verdichtet. Die Möglichkeit, bei Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte für eine Besserung des Gesundheitszustands und des Leistungsbildes des Klägers von den durch § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch zu machen, bleibt unberührt (vgl. Senatsurteil vom 14.01.2019 - 9 S 2349/17 -, juris Rn. 89).
39 
3. Der Kläger erfüllt auch die weitere Voraussetzung des § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 VwS, da er seine berufliche Tätigkeit und eine Tätigkeit, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts vereinbar ist, bereits im Dezember 2011 eingestellt und seither nicht mehr aufgenommen hat. Das weitere Erfordernis, dass der Kläger innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit auf seine berufliche Zulassung verzichtet haben muss (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS), steht weder der erstmaligen Gewährung satzungsmäßiger Berufsunfähigkeitsrente ab August 2013 noch der fortlaufenden Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente entgegen.
40 
a) Schon nach der Systematik des § 21 VwS ist der Verzicht auf die Zulassung als Rechtsanwalt keine Voraussetzung für die erstmalige Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrente nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 VwS. Denn § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VwS ermöglicht - trotz bestehender Berufsunfähigkeit des Rechtsanwalts - ausdrücklich die Aufrechterhaltung der Zulassung eines Rechtsanwalts für den in Abs. 1 Nr. 2 genannten Zeitraum, wenn der Betroffene - wie hier geschehen - einen Vertreter nach § 53 BRAO bestellt (§ 21 Abs. 3 Satz 1 und 2 VwS). Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 VwS wird die Berufsunfähigkeitsrente frühestens ab Bestellung des Vertreters durch die Rechtsanwaltskammer oder ab nachgewiesenem Eingang der Anzeige der Vertreterbestellung bei der Rechtsanwaltskammer gewährt, rückwirkend höchstens für 30 Tage, bevor obige Umstände gegenüber dem Versorgungswerk nachgewiesen sind. Die in § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS geregelte Höchstfrist der Aufrechterhaltung der Vertreterbestellung fungiert folglich nicht als Ausschlussfrist, deren Verstreichen den bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Eintritts der Bewilligungsvoraussetzungen bestehenden Anspruch ggf. nachträglich entfallen ließe (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 29.07.2015 - 1 K 1414/13 -, juris, Rn. 30). Er beruht vielmehr auf der Überlegung des Satzungsgebers, ihren Mitgliedern aufgrund möglicher Unsicherheiten über die ggf. nur vorübergehende Natur einer bestehenden Berufsunfähigkeit „unabhängig von der zeitlichen Dauer und Absehbarkeit der Berufsunfähigkeit die Zulassung zunächst auf die Dauer von 18 Monaten beizubehalten“ (vgl. Info 14 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg vom Oktober 1999, S. 16 f.). Zwar wollte der Satzungsgeber dabei „an der Grundhaltung […] nicht […]rüttel[n] […, dass] die berufliche Tätigkeit eingestellt und letzten Endes auch auf die Zulassung verzichtet werden“ muss (a.a.O., S. 17); eine (ggf. rückwirkend entfallende) Voraussetzung für den erstmaligen Bezug von Berufsunfähigkeitsrente wollte der Satzungsgeber insoweit jedoch ersichtlich nicht begründen.
41 
b) Auch im Hinblick auf einen (weiteren) Rentenbezug über den Januar 2015 (bzw. - bei einem Abstellen auf eine Berufsunfähigkeit des Klägers bereits ab November bzw. Dezember 2011 - bereits den Mai 2013) hinaus kann dem Kläger die Nichtrückgabe der Zulassung nicht entgegengehalten werden. Denn insoweit verhält der Beklagte sich widersprüchlich, wenn er eine Berufsunfähigkeit des Klägers in der Sache auch weiterhin - d.h. seit erstmaliger Antragstellung im August 2013 - bestreitet, ihm zugleich aber einen Eintritt der Berufsunfähigkeit ab November 2011 bzw. spätestens im August 2013 entgegenhält und ihm eine endgültige Aufgabe der Zulassung als Rechtsanwalt ausgehend von diesem - im Übrigen bestrittenen - Zeitpunkt abverlangt. Insbesondere befand sich der Kläger insoweit nicht in der vom Satzungsgeber ins Auge gefassten Situation der Unsicherheit, ob eine (bestehende) Berufsunfähigkeit „nur ‚vorübergehend‘ oder von Dauer anzunehmen war“ (vgl. Info 14 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg vom Oktober 1999, S. 17), da der Beklagte bereits die Grunderkrankung bzw. jedenfalls die hieraus resultierende Unfähigkeit zur Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt bestritten hat. In einer solchen Situation ist es dem Antragsteller nicht zuzumuten, seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft quasi auf Verdacht - und in den Augen des beklagten Versorgungswerks grundlos - zurückzugeben, wenn das Verfahren zur Klärung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen länger als 18 Monate andauert (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.09.2003 - 9 B 03.1097 -, juris Rn. 43 f.). Ein Interesse des Beklagten, über die faktische Aufgabe der Tätigkeit als Rechtsanwalt (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 VwS) auch rechtlich - durch Rückgabe der Zulassung - sicherzustellen, dass der Betroffene keine Einkünfte mehr aus eigener Tätigkeit als Rechtsanwalt oder aus vergleichbarer Tätigkeit erzielt, ist in diesem Zeitraum nicht ersichtlich, da die Beitragspflicht bis zur erstmaligen Auszahlung von Berufsunfähigkeitsrente fortbesteht (§ 15 Abs. 8 Nr. 4 VwS) und das Mitglied ggf. verpflichtet ist, etwaige Einkünfte durch Vorlage des Einkommensteuerbescheids bzw. entsprechender Entgeltbescheinigungen nachzuweisen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 VwS). Soweit das Mitglied trotz bestehender Berufsunfähigkeit keinen Antrag auf Ermäßigung des Beitrags § 15 Abs. 2 Satz 1 VwS stellt, kann dies dem beklagten Versorgungswerk zumindest konkreten Anlass zu Nachforschungen geben, ob eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bzw. eine hiermit vergleichbare Tätigkeit weiterhin bzw. wieder ausgeübt wird (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.09.2003, a.a.O., Rn. 44). Die - nach Angaben der Klägerin in der Praxis zudem selten genutzte - Möglichkeit, durch Bestellung eines Vertreters jedenfalls zeitweise Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit (des Vertreters; vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 4 BRAO i.V.m. § 667 BGB) parallel zu einer Berufsunfähigkeitsrente zu beziehen, hat der Beklagte jedenfalls für einen Zeitraum von 18 Monaten selbst eröffnet; er hat darüber hinaus die Möglichkeit, im Interesse des Versorgungswerks ebenso wie im Interesse des jeweils betroffenen Mitglieds auf eine Klärung vor Ablauf dieser Höchstfrist hinzuwirken und das fortgesetzte Vorliegen der Versorgungsvoraussetzungen ggf. auch nachträglich (erneut) zu überprüfen (vgl. § 21 Abs. 4 Satz 3, Abs. 8 und 9 VwS). Ein darüberhinausgehendes Interesse des beklagten Versorgungswerks, die Zeiträume der Aufrechterhaltung der Zulassung trotz bestehender Berufsunfähigkeit gering zu halten, ist nicht ersichtlich, da Aufgaben der Berufsaufsicht den Rechtsanwaltskammern zugewiesen sind. Der Beklagte kann die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente daher auch nach Ablauf der Achtzehnmonatsfrist nicht unter Berufung auf § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS für Zeiträume verweigern, in denen er das Vorliegen einer satzungsmäßigen Berufsunfähigkeit selbst bestreitet bzw. bestritten hat.
42 
c) Der Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Kläger das Tatbestandsmerkmal des § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS in Folge des bestandskräftigen Widerrufs der Zulassung als Rechtsanwalt durch die Pfälzische Rechtsanwaltskammer auch in Zukunft nicht wird erfüllen können. Denn nach der Systematik der Satzung des beklagten Versorgungswerks dient das Erfordernis der Rückgabe der Zulassung - wie das Verwaltungsgericht in der Sache zutreffend ausgeführt hat - lediglich dem Zweck, die tatsächliche Einstellung der Berufsausübung rechtlich abzusichern und den parallelen Bezug von Rentenleistungen zur Erzielung von Einkünften aus anwaltlicher bzw. vergleichbarer Tätigkeit so dauerhaft auszuschließen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.11.2009 - 17 A 629/05 -, juris Rn. 56). Dieser Zweck wird in identischer Weise jedoch durch einen Widerruf der Zulassung als Rechtsanwalt erzielt, der eine weitere Tätigkeit als Rechtsanwalt ausschließt. Dem der Rückgabe der Zulassung innewohnenden Element der Freiwilligkeit kann in diesem Zusammenhang keine selbstständige Bedeutung zukommen, da der Zweck der Vorschrift auch durch einen unfreiwilligen Zulassungsverlust erreicht wird und dem Beklagten aufgrund seiner durch § 1 Abs. 2 RaVG umschriebenen Aufgabenstellung keine über diesen Zweck hinausgehende Befugnis zukommt, in sonstiger Weise auf eine Rückgabe der Zulassung hinzuwirken. Vielmehr betrifft die Frage nach dem Grund für den Verlust der Zulassung als Rechtsanwalt die hiervon zu unterscheidende Frage, ob sich im Verlust der Zulassung als Rechtsanwalt das nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS versicherte Risiko verwirklicht. Dies kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn der Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls erfolgt (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO), der nicht seinerseits auf der gesundheitsbedingten Unfähigkeit beruht, die wirtschaftliche Existenz durch eine Tätigkeit als Rechtsanwalt oder eine hiermit vergleichbare Tätigkeit zu sichern (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 18.10.2017 - 4 K 3662/16 -, juris Rn. 44). Insoweit bestehen jedoch im vorliegenden Fall, in dem der Kläger seine Tätigkeit als Rechtsanwalt bzw. vergleichbare Tätigkeiten aufgrund der gutachterlich festgestellten Gebrechen bzw. Schwäche der körperlichen und geistigen Kräfte bereits zum Dezember 2011 eingestellt hat und auch die Zulassung als Rechtsanwalt aufgrund gesundheitsbedingter Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs widerrufen wurde, keinerlei Zweifel. Auf Fälle des Widerrufs der Zulassung als Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO ist § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS analog anzuwenden, soweit sich (auch) im Widerruf das versicherte Risiko der Berufsunfähigkeit verwirklicht.
43 
4. Der Kläger erfüllt unstreitig auch die weiteren, in § 21 Abs. 1 Nrn. 3 und 4, Abs. 4 Satz 1 VwS genannten Voraussetzungen. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten daher zu Recht unter Aufhebung des Bescheids vom 09.02.2016 und des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 verpflichtet, dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente in satzungsgemäßer Höhe ab dem 01.08.2013 zu gewähren. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt - aus einer entsprechenden Anwendung der § §§ 288 Abs. 1, 291 BGB; er beginnt jedoch nach entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 - XI ZR 562/15 -, BGHZ 215, 172, NJW 2017, 2986 [2994] m.w.N.) erst am auf den Eintritt der Rechtshängigkeit (§ 90 Satz 1 VwGO) folgenden Tage. Die Entscheidung ist daher in diesem (geringen) Umfang abzuändern.
II.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
45 
Beschluss
46 
vom 18. Oktober 2021
47 
Der Streitwert wird - ausgehend von einem monatlichen Rentenbetrag von 1.051,86 EUR für den Zeitraum August bis Dezember 2013 - unter entsprechender Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG unter Anlehnung an Nr. 14.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 für beide Rechtszüge auf jeweils 37.866 EUR festgesetzt.
48 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

22 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht unter Aufhebung des Bescheids vom 09.02.2016 und des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 verpflichtet, dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente in satzungsgemäßer Höhe ab dem 01.08.2013 zu gewähren, und diesen zu Recht verurteilt, ihm Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem (jeweiligen) Basiszinssatz aus der jeweils fälligen Rate zu zahlen. Allerdings besteht der Verzinsungsanspruch nicht - wie seitens des Verwaltungsgerichts angenommen - ab dem 28.03.2017 als Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit der Klage, sondern erst ab dem darauffolgenden Tag. Die Entscheidung ist daher in diesem (geringen) Umfang abzuändern.
I.
23 
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente ab dem 01.08.2013, der nicht zu befristen ist. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 09.02.2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 21 Abs. 1 der Satzung des beklagten Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Rechtsanwaltsversorgungswerkssatzung - VwS) erhält ein Mitglied Berufsunfähigkeitsrente, das infolge körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes auf nicht absehbare Zeit, mindestens 90 Tage, unfähig ist (Nr. 1), deshalb seine berufliche Tätigkeit und eine Tätigkeit, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts vereinbar ist, einstellt und innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit auf seine berufliche Zulassung verzichtet (Nr. 2), das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nr. 3) und mindestens für drei Monate vor Eintritt der Berufsunfähigkeit Beiträge geleistet hat, wobei Beiträge aus Nachversicherungszeiten unberücksichtigt bleiben, falls die Nachversicherung nicht vor Eintritt des Versicherungsfalls beantragt worden ist (Nr. 4). Diese Voraussetzung waren vorliegend im nach dem Klageantrag für die erstmalige Gewährung des Anspruchs maßgeblichen Zeitpunkt des 01.08.2013 erfüllt und liegen auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin vor (vgl. unten I. 2. - 4.). Der Beklagte war auch nicht berechtigt, die begehrte Berufsunfähigkeitsrente unter Berufung auf § 21 Abs. 9 Satz 2 VwS zu versagen (sogleich I. 1.).
25 
1. Nach § 21 Abs. 9 Satz 1 VwS kann das Versorgungswerk verlangen, dass sich derjenige, der eine Berufsunfähigkeitsrente beantragt hat oder erhält, medizinisch untersuchen lässt sowie sich einer Heilbehandlung oder einer Maßnahme nach § 23 VwS unterzieht, wenn zu erwarten ist, dass diese Maßnahme die Berufsunfähigkeit beseitigt oder eine drohende Berufsunfähigkeit verhindert und für das Mitglied zumutbar ist. Kommt das Mitglied dem Verlangen nicht nach, so kann das Versorgungswerk die Berufsunfähigkeitsrente ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn es zuvor auf die Folgen schriftlich hingewiesen und eine angemessene Frist gesetzt hat (§ 21 Abs. 9 Satz 2 VwS). Von der hierdurch eingeräumten Befugnis hat der Beklagte im Bescheid vom 09.02.2016 und dem Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 indes zu Unrecht Gebrauch gemacht.
26 
a) Zwar hat der Beklagte nach Aufhebung des Bescheids vom 10.12.2013 mit Schreiben vom 13.03.2015 formlos - d.h. erkennbar ohne den Willen, eine für den Kläger verbindliche und der Bestandskraft fähige Regelung zu treffen - das Verlangen an den Kläger gerichtet, sich einer neurologischen Untersuchung durch Prof. Dr. S. zu unterziehen, und auf mögliche Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung hingewiesen. Indes sind für den Senat keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Satz 9 Satz 1 VwS im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten (oder zu einem späteren Zeitpunkt) vorgelegen haben könnten. Darüber hinaus hat der Beklagte sich auch in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens zu keinem Zeitpunkt auf Anhaltspunkte dafür gestützt, dass eine Untersuchung durch Prof. Dr. S. zur Verhinderung oder Beseitigung einer Berufsunfähigkeit des Klägers geeignet sein könnte. Der Beklagte hat sich in diesem Zusammenhang vielmehr alleine auf den im damaligen Zeitpunkt (wohl unstreitig) fehlenden gutachterlichen Nachweis der Berufsunfähigkeit und des Zeitpunkts seines Eintritts gestützt (vgl. insbesondere S. 8 ff. des Schreibens vom 13.03.2015) und sich in diesem Zusammenhang - wie mit besonderer Deutlichkeit auch schon im Widerspruchsbescheid vom 28.05.2014 - eines „besonderen, weitreichenden Bestimmungsrechts im Hinblick auf die individuelle Person des Gutachters“ berühmt. Ein solches steht dem Beklagten indes im Kontext des Nachweises des Vorliegens einer Berufsunfähigkeit bestehender Mitglieder - anders als im Hinblick auf Zweifel an der Berufsfähigkeit vor Begründung der Mitgliedschaft (§ 5 Abs. 3 Satz 2 VwS) - schon nach seinem eigenen Satzungsrecht nicht zu. Vielmehr obliegt es nach § 21 Abs. 5 Satz 1 VwS grundsätzlich dem Rechtsanwalt, die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit durch Vorlage eines ärztlichen Gutachtens nachzuweisen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 18.10. 2017 - 4 K 3662/16 -, juris Rn. 40). Kommt er dieser Obliegenheit nach, kann das beklagte Versorgungswerk nach § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS - wiederum unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens - auf seine Kosten ein weiteres ärztliches Gutachten erheben und in angemessenen Zeitabständen Nachuntersuchungen anordnen. Das Mitglied ist verpflichtet, sich den vom Versorgungswerk angeordneten Untersuchungen zu unterziehen (Satz 3) und mit seinem Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente alle ihn behandelnden und untersuchenden Ärzte von deren Schweigepflicht gegenüber dem Versorgungswerk zu entbinden (Satz 4). Ein Recht des gutachterlichen Erstzugriffs steht dem Beklagten nach dieser Vorschrift indes ebenso wenig zu wie ein freies Wahlrecht, das vorgelegte Gutachten stets und einzelfallunabhängig durch die Anordnung einer weiteren Begutachtung durch einen vom Versorgungswerk gewählten Gutachter „beiseitezuschieben“. Vielmehr liegt es zunächst in der Verantwortung des antragstellenden Rechtsanwalts, weiteren Aufklärungsbedarf (und die mit einer Nachuntersuchung durch einen weiteren Sachverständigen notwendigerweise verbundenen weiteren Belastungen und Verzögerungen) durch umsichtige Auswahl eines fachlich und persönlich - insbesondere auch im Hinblick auf eine mögliche Vorbefassung z.B. als Behandler - geeigneten Gutachters und ein Hinwirken auf eine die aufgeworfenen Fragen möglichst erschöpfende Begutachtung gering zu halten oder zu vermeiden (vgl. zu den Anforderungen an die Person des Gutachters Senatsurteil vom 14.01.2019 - 9 S 2349/17 -, Rn. 74 ff.). Er kann sich insoweit ggf. auch schon im Vorfeld mit der Beklagten über die Eignung des Gutachters oder im jeweiligen Einzelfall abzuklärende Fragestellungen verständigen. Auf Grundlage des vorgelegten Gutachtens hat der Beklagte dann individuell zu prüfen, ob und ggf. welcher weitere Aufklärungs- und Überprüfungsbedarf besteht (vgl. zur Rollenverteilung der Beteiligten im Versorgungsverfahren Nds. OVG, Urteil vom 26.04.2019 - 8 LB 12/17 -, juris Rn. 35 zu § 13 Abs. 4 Satz 2 RVS ND), der - auch in Ansehung der mit einer weiteren Begutachtung notwendig verbundenen Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen und der mit einer zeitlichen Verzögerung der Leistungserbringung verbundenen Belastungen - das Verlangen nach einer Zweitbegutachtung im jeweiligen Einzelfall rechtfertigen kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.07.2012 - 17 A 976/12 -, juris Rn. 7). Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte dafür, dass eine Berufsunfähigkeit durch eine Heilbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahmen nach § 23 VwS beseitigt oder verhindert werden kann, kann der Beklagte dem auch durch Maßnahmen nach § 21 Abs. 9 Satz 1 VwS nachgehen. Ein pauschales Recht zur Bestimmung eines stets zu konsultierenden Erst- oder Zweitgutachters steht dem Beklagten nach § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS demgegenüber nicht zu (vgl. zur Problematik der Neutralität eines „Hausgutachters“ Senatsurteil vom 14.01.2019, a.a.O.).
27 
b) Eine (rechtmäßige) Anordnung nach § 21 Abs. 9 Satz 1 VwS hat der Beklagte vorliegend indes nicht getroffen, da sein „Verlangen“ vom 13.03.2015 ersichtlich nicht auf die Beseitigung oder Verhinderung einer drohenden Berufsunfähigkeit abzielt. Dies wird mittelbar auch aus dem angegriffenen Bescheid vom 09.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 deutlich, die jeweils nur auf die Nichterweislichkeit der Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit Bezug nehmen. Eine mit § 21 Abs. 9 Satz 2 VwS vergleichbare Rechtsfolge sieht die Satzung in Fällen des § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS nicht vor. Zwar bleibt es dem Beklagten unbenommen, einen Antrag auf Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrente abzulehnen, wenn der jeweilige Antragsteller seine Obliegenheit nach § 21 Abs. 5 Satz 1 VwS nicht erfüllt, er eine rechtmäßig eingeforderte Nachbegutachtung nach § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS verweigert oder das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS aus anderen Gründen nicht festgestellt werden kann. Eine solche Ablehnungsentscheidung kann jedoch schon nach der Systematik der Satzung des beklagten Versorgungswerks keine materielle Präklusionswirkung entfalten, wie sie sich etwa aus § 21 Abs. 9 Satz 2 VwS ergeben könnte. Vielmehr ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS ggf. - wie hier - im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens festzustellen, wenn der Betroffene den Rechtsweg gegen die Ablehnungsentscheidung beschreitet (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26.04.2019 - 8 LB 12/17 -, juris Rn. 34 ff. zu § 13 Abs. 4 Satz 2 RVS ND).
28 
2. Nach Überzeugung des Senats war der Kläger im Zeitpunkt der Beantragung von Berufsunfähigkeitsrente infolge körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes auf nicht absehbare Zeit, mindestens 90 Tage, unfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS). Dieser Zustand, der auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin anhält, ergibt sich - auch unter Berücksichtigung und Auswertung der im behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorgelegten weiteren Unterlagen - aus den neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 02.08.2016, vom 10.09.2018 und vom 11.09.2018. Diese sind geeignet, dem Senat eine tragfähige Grundlage für die erforderliche eigene Überzeugungsbildung zu vermitteln und können ungeachtet des spezifischen Kontexts ihrer Erstellung auch zur Bewertung der vorliegend in Streit stehenden Tatsachenfragen herangezogen werden.
29 
a) Auch der Senat geht - übereinstimmend mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und der Pfälzischen Rechtsanwaltskammer - davon aus, dass der Kläger wohl bereits seit Ende November 2011, jedenfalls aber seit Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums fortwährend an körperlichen Gebrechen bzw. einer Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte leidet. Dies geht aus den nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 10. und 11.09.2018 hervor, die auf einer umfassenden Auswertung ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlungs- und Befundunterlagen seit dem Jahr 1997 sowie der am 06.09.2018 in den Praxisräumen des Gutachters durchgeführten diagnostischen Erhebungen beruhen und mit den Feststellungen früherer Sachverständiger und Behandler im Wesentlichen übereinstimmen. Ausweislich des gegenüber der Pfälzischen Rechtsanwaltskammer erstellten Gutachtes vom 11.09.2018 leidet der Kläger jedenfalls seit November 2011 an einer in ihrem Schweregrad leicht schwankend, stets jedoch mittelschwer (F33.1) und zum Teil schwer ausgeprägten rezidivierenden depressiven Störung (ICD 10: F33, F33.1, F33.2) bei akzentuierter Persönlichkeit mit selbstunsicheren, narzisstischen und (weniger ausgeprägten) zwanghaften Anteilen (F73.1), einer Taubheit des linken Ohres, Tinnitus links, einer Einschränkung des Sehvermögens des linken Auges, einer Schädigung der linken Kleinhirnhälfte sowie Veränderungen in den frontalen Abschnitten des Großhirns (S. 49). Diese sowohl auf bildgebende Verfahren (MRT, EEG, AEP), die Durchführung des Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests d2-R sowie eines Beck-Depressions-Inventars sowie eigene psychopathologische Befunderhebung gestützten Feststellungen, die sich u.a. mit den auf fünf psychotherapeutische Sitzungen gestützten Feststellungen der Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. M. vom 12.06.2013, dem im Anschluss an einen zweimonatigen stationären Aufenthalt erstellten Klinikbericht des Evangelischen Krankenhauses G. vom 07.09.2016 und dem ärztlichen Entlassbericht der W-Z.-Kliniken (Klinik A.) vom 28.06.2007 decken, hat der Beklagte in der Sache nicht in Frage gestellt; sie begegnen aufgrund der ausführlichen und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen in beiden vorgelegten Gutachten auch nach Auffassung des Senats keinen durchgreifenden Zweifeln.
30 
b) Der Senat ist weiterhin überzeugt, dass der Kläger aufgrund dieser Erkrankungen jedenfalls seit dem hier maßgeblichen Zeitpunkt im August 2013 (und auch weiterhin) zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes auf nicht absehbare Zeit, mindestens 90 Tage, unfähig ist.
31 
aa) Insoweit schildert der Sachverständige nachvollziehbar im Zusammenhang mit der depressiven Erkrankung bestehende anhaltende konzentrative Einschränkungen, die durch die körperlichen Erkrankungen zusätzlich in ihrer Ausprägung überlagert werden (S. 48 des Gutachtens vom 11.09.2018). Die im Rahmen des persönlichen Untersuchungsgesprächs festgestellten Einschränkungen des Konzentrationsvermögens, des Differenzierungsvermögens zwischen wichtigen und unwichtigen Details und der Befähigung zur strukturierten, eigenständigen Schilderung der eigenen Beschwerden entsprechen dabei den Feststellungen des Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests d2-R, der dem Kläger ein langsames Arbeitstempo bei vergleichsweiser hoher Sorgfalt und insgesamt deutlich unterdurchschnittlichen Arbeitsergebnissen bescheinigt. Sie entsprechen wiederum im Wesentlichen dem neuropsychologischen Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin J. vom 02.12.2015, der auf Grundlage eigener Befunderhebungen trotz nur leichter kognitiven Funktionsstörungen eine alltagsrelevante deutliche Verminderung der konzentrativen Dauerbelastbarkeit feststellt und berufliche Aktivitäten im Bereich komplexer juristischer Tätigkeiten „eher nicht für denkbar“ hält, und dem auf einer zweimonatigen stationären Behandlung des Klägers beruhenden Klinikbericht des Evangelischen Krankenhauses G. vom 07.09.2016, der dem Kläger aufgrund festgestellter Konzentrations- und Merkfähigkeitsdefizite (mit umständlichem, grübelndem und teils eingeengtem Denken) berufliche Perspektiven lediglich im Bibliothekswesen „oder ähnlichem“ mit nur geringen äußeren Störeinflüssen bescheinigt. Aus den festgestellten Erkrankungen (wiederkehrende depressive Episoden, zuletzt schwere depressive Episode und kombinierte Persönlichkeitsstörung) hatte der Sachverständige zudem  bereits im nach Aktenlage für das Sozialgericht Schleswig erstellten Gutachten vom 02.08.2016 gefolgert, dass der Kläger zur Ausübung von Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht und mit wechselnden Arbeitszeiten, mit besonderen Anforderungen an Konzentrationsvermögen und Daueraufmerksamkeit, mit überwiegendem Publikumsverkehr oder besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit nicht mehr in der Lage sei. Ausgehend hiervon erscheint die Einschätzung des Sachverständigen in dem nach persönlicher Untersuchung erstellten Gutachten vom 11.09.2018, dass der Kläger den besonderen psychischen und stressbedingten Belastungen, die der Anwaltsberuf mit sich bringe, aufgrund seiner verminderten psychischen Belastbarkeit bereits seit November 2011 nicht mehr gewachsen sei, er Mandanteninteressen nicht mehr sachgerecht und sorgfältig wahrnehmen könne und - bedingt durch die zwischenzeitlich eingetretene Chronifizierung der Störung - auch eine künftige Überwindung dieses Zustands nicht zu erwarten sei (S. 48 f. des Gutachtens vom 11.09.2018), ohne weiteres nachvollziehbar. Es deckt sich zudem mit der ebenfalls nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen in dem auf den Zeitraum von August 2012 bis April 2014 bezogenen Gutachten vom 10.09.2018 gegenüber dem Sozialgericht Schleswig (S. 52 f.), dass aufgrund der anhaltenden Beeinträchtigungen im o.g. Zeitraum auch für geistig einfache und psychisch wenig belastende Tätigkeiten sowie für Tätigkeiten mit nur vergleichsweise geringer Stressbelastung keine mehr als dreistündige tägliche Leistungsfähigkeit mehr vorgelegen habe.
32 
bb) Ausgehend von diesen tatsächlichen medizinisch-psychiatrischen Befunden ist auch im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS von einer Berufsunfähigkeit des Klägers auszugehen.
33 
aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Begriff der Berufsunfähigkeit in der berufsständischen Pflichtversorgung eigenständig. Er orientiert sich nicht am Begriff der Berufsunfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. Senatsurteile vom 14.01.2019, a.a.O., vom 19.08.2015 - 9 S 155/13 -, juris, vom 29.10.2002 - 9 S 2062/01 -, NJW 2003, 374, vom 17.12.1996 - 9 S 3284/94 -, juris, und vom 14.01.1991 - 9 S 90/90 -, VGHBW-Ls 1991, Beilage 4, B 8-9) und muss dies auch nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.11.1991 - 1 B 46.91 -, Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 22). Er erfordert in der Regel die berufsspezifische Berufsunfähigkeit und lässt keine Verweisung auf Erwerbstätigkeiten außerhalb des Berufs zu (Senatsurteile vom 14.01.2019 - 9 S 2349/17 -, juris, vom 23.08.1994 - 9 S 2273/92 -, NVwZ-RR 1996, 95 und vom 14.01.1991, a. a. O.), wobei die berufsspezifische Tätigkeit unter Berücksichtigung der Entwicklung des Berufsbildes und der Vorschriften über die Kammermitgliedschaft und die Teilnahme am Versorgungswerk zu bestimmen ist (Senatsurteil vom 23.08.1994, a. a. O.). Berufsunfähigkeit liegt (erst) dann vor, wenn eine die Existenz sichernde Berufstätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann (Senatsurteile vom 14.01.2019, 19.08.2015, vom 29.10.2002, vom 17.12.1996 und vom 23.08.1994, jeweils a. a. O.).
34 
bbb) Die Eigenständigkeit des Begriffs der Berufsunfähigkeit in der berufsständischen Pflichtversorgung gegenüber anderen Versorgungssystemen schließt es indes nicht aus, die Feststellungen tatsächlich ausreichend aussagekräftiger Gutachten zur Berufsunfähigkeit im Sinne anderer Versorgungssysteme zur Feststellung der Berufsunfähigkeit im o.g. Sinne heranzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 14.01.2019, a.a.O., Rn. 83). Gleiches gilt für die Heranziehung eines zur Frage der Berufsunfähigkeit im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO erstellten Gutachtens, ohne dass es darauf ankommt, ob - wie von dem Beklagten vorgetragen - dem Begriff der (gesundheitsbedingten) „Unfähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben“ (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO) ein anderes Begriffsverständnis bzw. eine andere - präventive - Zielrichtung zugrunde liegt als dem Begriff der „Unfähigkeit zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes, eines Patentanwaltes, eines selbständigen Notars oder eines Rechtsbeistandes“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS. Letzteres dürfte im Übrigen jedenfalls nicht in dieser Pauschalität zutreffen, da die § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS enthaltene Formulierung der Berufsunfähigkeit „infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner geistigen Kräfte“ ausdrücklich an die bei seinem Inkrafttreten im Jahr 1985 auch in § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO enthaltene Parallelformulierung anknüpft, die durch Art. 31 Nr. 2 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetzes vom 27.04.2002 (BGBl. I, 1467) lediglich sprachlich modifiziert wurde (vgl. BT-Drs. 14/7420, S. 34), da die Gefahr der gesundheitsbedingten Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs gerade zum nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS versicherten Risiko gehört (vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 06.02.2017 - 1 C 181/15 -, juris Rn. 36 ff.) und da der Schutz der Rechtssuchenden in erster Linie im Tatbestandsmerkmal der „Gefährdung der Rechtspflege“ zum Ausdruck kommt. Auch wenn eine divergierende Auslegung im Einzelfall - z.B. dann, wenn die dem Rechtsanwalt ohne Gefährdung der Rechtssuchenden verbleibenden Betätigungsmöglichkeiten zur Sicherung des Existenzminimums nicht ausreichen - denkbar erscheint, können die im Rahmen eines Verfahrens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO gewonnenen tatsächlichen Erkenntnisse im Verfahren nach § 21 VwS zur Feststellung der Berufsunfähigkeit im Sinne der berufsständischen Pflichtversorgung herangezogen werden.
35 
ccc) Auf die vom Beklagten thematisierte Frage, ob - anknüpfend an die Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte - die Annahme der Berufsfähigkeit im versorgungsrechtlichen Sinn durch ein Unvermögen des Rechtsanwalts zu Mandantenkontakten und zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen nicht ausgeschlossen wird, solange unter Auswertung des Akteninhalts und etwaiger Vermerke über die von einem Kollegen mit den Mandanten geführten Gespräche noch eine eigenverantwortliche schriftliche Beratung und Interessenvertretung im Rahmen einer vorprozessualen oder prozessualen Auseinandersetzung möglich ist (vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 06.02.2017 - 1 C 181/15 -, Rn. 33) bzw. im Rahmen der verbleibenden Leistungsmöglichkeiten allein schriftliche Tätigkeiten ausgeführt werden können, solange diese Arbeit jedenfalls noch in einer eigenverantwortlichen anwaltlichen Rechtsberatungstätigkeit besteht, grundsätzlich frei von fachlichen Weisungen erfolgt und es sich nicht lediglich um wissenschaftliche Hilfsdienste handelt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2011 - 17 A 395/10 -, juris Rn. 30 m.w.N.), kommt es vorliegend nicht an. Denn den vorliegenden Gutachten sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Kläger zu einer im o.g. Sinne unabhängigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit, die zum zentralen Kernelement der anwaltlichen Berufsausübung gehört (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26.04.2019 - 8 LB 12/17 -, juris Rn. 41; Saarl. OVG, Beschluss vom 06.02.2017 - 1 C 181/15 -, Rn. 32 sowie § 1, § 3 Abs. 1, § 46 Abs. 3 BRAO), in der Lage wäre. Vielmehr hatte der Sachverständige Dr. H. bereits in seinem Gutachten vom 02.08.2016 festgestellt, dass der Kläger zur Ausübung von Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht und mit wechselnden Arbeitszeiten, mit besonderen Anforderungen an Konzentrationsvermögen und Daueraufmerksamkeit, mit überwiegendem Publikumsverkehr oder besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit nicht mehr in der Lage sei. Im Gutachten vom 11.09.2018 hat er festgehalten, dass der Kläger „den besonderen psychischen und stressbedingten Belastungen“ des Anwaltsberufs „nicht mehr gewachsen“ sei und „er Mandanteninteressen nicht mehr sachgerecht und sorgfältig wahrnehmen könne“. Dass der Sachverständige insoweit von einem Fehlverständnis der mit der Ausübung der unabhängigen und eigenverantwortlichen Anwaltstätigkeit verbundenen Anforderungen ausgegangen sein könnte, ist für den Senat nicht ersichtlich, zumal auch der neuropsychologische Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin J. vom 02.12.2015 und der Klinikbericht des Evangelischen Krankenhauses G. vom 07.09.2016 eine Tätigkeit des zum damaligen Zeitpunkt als Rechtsanwalt zugelassenen Klägers eher nicht „im Bereich komplexer juristischer Tätigkeiten“ bzw. lediglich „im Bibliothekswesen“ in Betracht gezogen haben. Die vom Sachverständigen Dr. H. im Gutachten vom 10.09.2018 angenommene „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“, dass beim Kläger im Zeitraum von August 2012 bis April 2014 auch für geistig einfache und psychisch wenig belastende Tätigkeiten sowie für Tätigkeiten mit nur vergleichsweise geringer Stressbelastung keine mehr als dreistündige Leistungsfähigkeit mehr vorlag, bestätigt diese Einschätzung, zumal für eine zwischenzeitliche Besserung des Gesundheitszustands und der Leistungsfähigkeit des Klägers angesichts der von den Gutachtern übereinstimmend festgestellten Chronifizierung des Beschwerdebilds keine Anhaltspunkte bestehen.
36 
c) Eine - vom Beklagten im Übrigen nicht beantragte - weitere Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines weiteren Gutachtens oder durch Anordnung, das schriftliche Gutachten zu erläutern, erscheint dem Senat nicht geboten (vgl. § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO).
37 
aa) Insbesondere ist nicht substantiiert geltend gemacht oder ersichtlich, dass die vorliegenden Gutachten erkennbare Mängel aufweisen, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruhen, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthalten oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen geben, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird. Die Verpflichtung zur Ergänzung des Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (vgl. zu den anzuwendenden Maßstäben BVerwG, Beschluss vom 26.06.2020 - 7 BN 3.19 -, juris Rn. 5 m.w.N.). So hat der Beklagte den Einwand, es handele sich bei den Gutachten des Dr. H. vom 10.09. und 11.09.2018 um „Behandlergutachten“, zu keinem Zeitpunkt substantiiert; auch aus den Ausführungen des Sachverständigen wird nicht ersichtlich, dass er in einer anderen Eigenschaft als in seiner Funktion als Sachverständiger für das Sozialgericht Schleswig bzw. die Pfälzische Rechtsanwaltskammer mit der Untersuchung des Klägers befasst gewesen sein könnte. Soweit der Beklagte weiterhin darauf hinweist, dass der Berufsunfähigkeitsbegriff des berufsständischen Versorgungsrechts nicht den Begrifflichkeiten des anwaltlichen Berufsrechts bzw. anderer Versorgungssysteme entspreche, betrifft dies alleine die (rechtlichen) Schlussfolgerungen aus den tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen, deren inhaltliche Tragfähigkeit die Beklagte nicht in Zweifel zieht.
38 
bb) Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Fortdauer der Einschränkungen des nach den Feststellungen des Sachverständigen aus dem September 2018 im Wesentlichen seit Dezember 2011 unveränderten Gesundheitszustands und Leistungsbilds des Klägers geboten. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. im Gutachten vom 11.09.2018, die schon in Ansehung der erheblichen Dauer der bestehenden Einschränkungen und der durch eine Vielzahl im Wesentlichen übereinstimmender Behandler- und Klinikberichte bestätigten Kontinuität des Erkrankungsverlaufs ohne weiteres überzeugen, ist nicht zu erwarten, dass die Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Zukunft noch überwunden werden kann (S. 49 des Gutachtens). Angesichts dieses eindeutigen Befundes, der das Ende langjähriger Versuche der beruflichen Neuorientierung des Klägers in- und außerhalb des Anwaltsberufs beschreibt, ist nicht nur ohne weiteres von einer Berufsunfähigkeit auf „nicht absehbare Zeit“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS auszugehen; vielmehr hat sich auch das dem Beklagten nach § 21 Abs. 4 Satz 3 VwS an sich zustehende Befristungsermessen im Hinblick auf eine unbefristete Leistungsgewährung verdichtet. Die Möglichkeit, bei Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte für eine Besserung des Gesundheitszustands und des Leistungsbildes des Klägers von den durch § 21 Abs. 5 Satz 2 VwS eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch zu machen, bleibt unberührt (vgl. Senatsurteil vom 14.01.2019 - 9 S 2349/17 -, juris Rn. 89).
39 
3. Der Kläger erfüllt auch die weitere Voraussetzung des § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 VwS, da er seine berufliche Tätigkeit und eine Tätigkeit, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts vereinbar ist, bereits im Dezember 2011 eingestellt und seither nicht mehr aufgenommen hat. Das weitere Erfordernis, dass der Kläger innerhalb von 18 Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit auf seine berufliche Zulassung verzichtet haben muss (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS), steht weder der erstmaligen Gewährung satzungsmäßiger Berufsunfähigkeitsrente ab August 2013 noch der fortlaufenden Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente entgegen.
40 
a) Schon nach der Systematik des § 21 VwS ist der Verzicht auf die Zulassung als Rechtsanwalt keine Voraussetzung für die erstmalige Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrente nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 VwS. Denn § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VwS ermöglicht - trotz bestehender Berufsunfähigkeit des Rechtsanwalts - ausdrücklich die Aufrechterhaltung der Zulassung eines Rechtsanwalts für den in Abs. 1 Nr. 2 genannten Zeitraum, wenn der Betroffene - wie hier geschehen - einen Vertreter nach § 53 BRAO bestellt (§ 21 Abs. 3 Satz 1 und 2 VwS). Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 VwS wird die Berufsunfähigkeitsrente frühestens ab Bestellung des Vertreters durch die Rechtsanwaltskammer oder ab nachgewiesenem Eingang der Anzeige der Vertreterbestellung bei der Rechtsanwaltskammer gewährt, rückwirkend höchstens für 30 Tage, bevor obige Umstände gegenüber dem Versorgungswerk nachgewiesen sind. Die in § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS geregelte Höchstfrist der Aufrechterhaltung der Vertreterbestellung fungiert folglich nicht als Ausschlussfrist, deren Verstreichen den bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Eintritts der Bewilligungsvoraussetzungen bestehenden Anspruch ggf. nachträglich entfallen ließe (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 29.07.2015 - 1 K 1414/13 -, juris, Rn. 30). Er beruht vielmehr auf der Überlegung des Satzungsgebers, ihren Mitgliedern aufgrund möglicher Unsicherheiten über die ggf. nur vorübergehende Natur einer bestehenden Berufsunfähigkeit „unabhängig von der zeitlichen Dauer und Absehbarkeit der Berufsunfähigkeit die Zulassung zunächst auf die Dauer von 18 Monaten beizubehalten“ (vgl. Info 14 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg vom Oktober 1999, S. 16 f.). Zwar wollte der Satzungsgeber dabei „an der Grundhaltung […] nicht […]rüttel[n] […, dass] die berufliche Tätigkeit eingestellt und letzten Endes auch auf die Zulassung verzichtet werden“ muss (a.a.O., S. 17); eine (ggf. rückwirkend entfallende) Voraussetzung für den erstmaligen Bezug von Berufsunfähigkeitsrente wollte der Satzungsgeber insoweit jedoch ersichtlich nicht begründen.
41 
b) Auch im Hinblick auf einen (weiteren) Rentenbezug über den Januar 2015 (bzw. - bei einem Abstellen auf eine Berufsunfähigkeit des Klägers bereits ab November bzw. Dezember 2011 - bereits den Mai 2013) hinaus kann dem Kläger die Nichtrückgabe der Zulassung nicht entgegengehalten werden. Denn insoweit verhält der Beklagte sich widersprüchlich, wenn er eine Berufsunfähigkeit des Klägers in der Sache auch weiterhin - d.h. seit erstmaliger Antragstellung im August 2013 - bestreitet, ihm zugleich aber einen Eintritt der Berufsunfähigkeit ab November 2011 bzw. spätestens im August 2013 entgegenhält und ihm eine endgültige Aufgabe der Zulassung als Rechtsanwalt ausgehend von diesem - im Übrigen bestrittenen - Zeitpunkt abverlangt. Insbesondere befand sich der Kläger insoweit nicht in der vom Satzungsgeber ins Auge gefassten Situation der Unsicherheit, ob eine (bestehende) Berufsunfähigkeit „nur ‚vorübergehend‘ oder von Dauer anzunehmen war“ (vgl. Info 14 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg vom Oktober 1999, S. 17), da der Beklagte bereits die Grunderkrankung bzw. jedenfalls die hieraus resultierende Unfähigkeit zur Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt bestritten hat. In einer solchen Situation ist es dem Antragsteller nicht zuzumuten, seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft quasi auf Verdacht - und in den Augen des beklagten Versorgungswerks grundlos - zurückzugeben, wenn das Verfahren zur Klärung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen länger als 18 Monate andauert (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.09.2003 - 9 B 03.1097 -, juris Rn. 43 f.). Ein Interesse des Beklagten, über die faktische Aufgabe der Tätigkeit als Rechtsanwalt (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 VwS) auch rechtlich - durch Rückgabe der Zulassung - sicherzustellen, dass der Betroffene keine Einkünfte mehr aus eigener Tätigkeit als Rechtsanwalt oder aus vergleichbarer Tätigkeit erzielt, ist in diesem Zeitraum nicht ersichtlich, da die Beitragspflicht bis zur erstmaligen Auszahlung von Berufsunfähigkeitsrente fortbesteht (§ 15 Abs. 8 Nr. 4 VwS) und das Mitglied ggf. verpflichtet ist, etwaige Einkünfte durch Vorlage des Einkommensteuerbescheids bzw. entsprechender Entgeltbescheinigungen nachzuweisen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 VwS). Soweit das Mitglied trotz bestehender Berufsunfähigkeit keinen Antrag auf Ermäßigung des Beitrags § 15 Abs. 2 Satz 1 VwS stellt, kann dies dem beklagten Versorgungswerk zumindest konkreten Anlass zu Nachforschungen geben, ob eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bzw. eine hiermit vergleichbare Tätigkeit weiterhin bzw. wieder ausgeübt wird (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.09.2003, a.a.O., Rn. 44). Die - nach Angaben der Klägerin in der Praxis zudem selten genutzte - Möglichkeit, durch Bestellung eines Vertreters jedenfalls zeitweise Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit (des Vertreters; vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 4 BRAO i.V.m. § 667 BGB) parallel zu einer Berufsunfähigkeitsrente zu beziehen, hat der Beklagte jedenfalls für einen Zeitraum von 18 Monaten selbst eröffnet; er hat darüber hinaus die Möglichkeit, im Interesse des Versorgungswerks ebenso wie im Interesse des jeweils betroffenen Mitglieds auf eine Klärung vor Ablauf dieser Höchstfrist hinzuwirken und das fortgesetzte Vorliegen der Versorgungsvoraussetzungen ggf. auch nachträglich (erneut) zu überprüfen (vgl. § 21 Abs. 4 Satz 3, Abs. 8 und 9 VwS). Ein darüberhinausgehendes Interesse des beklagten Versorgungswerks, die Zeiträume der Aufrechterhaltung der Zulassung trotz bestehender Berufsunfähigkeit gering zu halten, ist nicht ersichtlich, da Aufgaben der Berufsaufsicht den Rechtsanwaltskammern zugewiesen sind. Der Beklagte kann die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente daher auch nach Ablauf der Achtzehnmonatsfrist nicht unter Berufung auf § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS für Zeiträume verweigern, in denen er das Vorliegen einer satzungsmäßigen Berufsunfähigkeit selbst bestreitet bzw. bestritten hat.
42 
c) Der Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Kläger das Tatbestandsmerkmal des § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS in Folge des bestandskräftigen Widerrufs der Zulassung als Rechtsanwalt durch die Pfälzische Rechtsanwaltskammer auch in Zukunft nicht wird erfüllen können. Denn nach der Systematik der Satzung des beklagten Versorgungswerks dient das Erfordernis der Rückgabe der Zulassung - wie das Verwaltungsgericht in der Sache zutreffend ausgeführt hat - lediglich dem Zweck, die tatsächliche Einstellung der Berufsausübung rechtlich abzusichern und den parallelen Bezug von Rentenleistungen zur Erzielung von Einkünften aus anwaltlicher bzw. vergleichbarer Tätigkeit so dauerhaft auszuschließen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.11.2009 - 17 A 629/05 -, juris Rn. 56). Dieser Zweck wird in identischer Weise jedoch durch einen Widerruf der Zulassung als Rechtsanwalt erzielt, der eine weitere Tätigkeit als Rechtsanwalt ausschließt. Dem der Rückgabe der Zulassung innewohnenden Element der Freiwilligkeit kann in diesem Zusammenhang keine selbstständige Bedeutung zukommen, da der Zweck der Vorschrift auch durch einen unfreiwilligen Zulassungsverlust erreicht wird und dem Beklagten aufgrund seiner durch § 1 Abs. 2 RaVG umschriebenen Aufgabenstellung keine über diesen Zweck hinausgehende Befugnis zukommt, in sonstiger Weise auf eine Rückgabe der Zulassung hinzuwirken. Vielmehr betrifft die Frage nach dem Grund für den Verlust der Zulassung als Rechtsanwalt die hiervon zu unterscheidende Frage, ob sich im Verlust der Zulassung als Rechtsanwalt das nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 VwS versicherte Risiko verwirklicht. Dies kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn der Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls erfolgt (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO), der nicht seinerseits auf der gesundheitsbedingten Unfähigkeit beruht, die wirtschaftliche Existenz durch eine Tätigkeit als Rechtsanwalt oder eine hiermit vergleichbare Tätigkeit zu sichern (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 18.10.2017 - 4 K 3662/16 -, juris Rn. 44). Insoweit bestehen jedoch im vorliegenden Fall, in dem der Kläger seine Tätigkeit als Rechtsanwalt bzw. vergleichbare Tätigkeiten aufgrund der gutachterlich festgestellten Gebrechen bzw. Schwäche der körperlichen und geistigen Kräfte bereits zum Dezember 2011 eingestellt hat und auch die Zulassung als Rechtsanwalt aufgrund gesundheitsbedingter Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs widerrufen wurde, keinerlei Zweifel. Auf Fälle des Widerrufs der Zulassung als Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO ist § 21 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwS analog anzuwenden, soweit sich (auch) im Widerruf das versicherte Risiko der Berufsunfähigkeit verwirklicht.
43 
4. Der Kläger erfüllt unstreitig auch die weiteren, in § 21 Abs. 1 Nrn. 3 und 4, Abs. 4 Satz 1 VwS genannten Voraussetzungen. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten daher zu Recht unter Aufhebung des Bescheids vom 09.02.2016 und des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 verpflichtet, dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente in satzungsgemäßer Höhe ab dem 01.08.2013 zu gewähren. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt - aus einer entsprechenden Anwendung der § §§ 288 Abs. 1, 291 BGB; er beginnt jedoch nach entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 - XI ZR 562/15 -, BGHZ 215, 172, NJW 2017, 2986 [2994] m.w.N.) erst am auf den Eintritt der Rechtshängigkeit (§ 90 Satz 1 VwGO) folgenden Tage. Die Entscheidung ist daher in diesem (geringen) Umfang abzuändern.
II.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
45 
Beschluss
46 
vom 18. Oktober 2021
47 
Der Streitwert wird - ausgehend von einem monatlichen Rentenbetrag von 1.051,86 EUR für den Zeitraum August bis Dezember 2013 - unter entsprechender Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG unter Anlehnung an Nr. 14.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 für beide Rechtszüge auf jeweils 37.866 EUR festgesetzt.
48 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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