Urteil vom Bundesgerichtshof (5. Zivilsenat) - V ZR 116/15

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 26. Mai 2015 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger sind seit 1979 Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Es ist von der öffentlichen Straße D.     (im Folgenden: D.-Straße) aus über eine Treppe zugänglich. Zwischen dem Zugang und der D.-Straße besteht ein Höhenunterschied, der nach Darstellung der Kläger etwa 8 Meter beträgt. Die zu dem Haus gehörenden Garagen liegen auf dem Höhenniveau der D.-Straße und sind von dort aus anzufahren. Auf dem an das Grundstück der Kläger teilweise angrenzenden Grundstück befindet sich eine Wohnungseigentumsanlage. Sie verfügt über einen auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer gelegenen Zufahrtsweg zur öffentlichen K.     straße (im Folgenden: K.-Straße). In der Vergangenheit wurde dieser Weg auch als Zufahrt zum Haus der Kläger genutzt, ohne dass dies vertraglich oder dinglich abgesichert war. Auf dem Grundstück der Kläger befindet sich ein Kfz-Abstellplatz, der nur über diesen Weg zu erreichen ist. Nachdem es im Jahr 2011 zu Unstimmigkeiten zwischen den Klägern und Mitgliedern der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft gekommen war, wurden die Kläger aufgefordert, die Nutzung des Weges zu unterlassen.

2

Mit der Klage haben die Kläger von der Beklagten die Einräumung eines Notwegrechts über den Zufahrtsweg zur K.-Straße Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Notwegrente nebst angemessenen Unterhaltskosten verlangt. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, die Kläger zu verurteilen, es zu unterlassen, ihr Grundstück zum Gehen, Fahren oder in sonstiger Weise zu nutzen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Kläger antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt mit Ausnahme der Nutzung zum Zweck des Transports der Müllbehälter von und zur K.-Straße sowie im Rahmen des Hammerschlag- und Leiterrechts. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

3

Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Einräumung eines Notwegrechts. Ihrem Grundstück fehle nicht die zu dessen Nutzung notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg. Über die D.-Straße könne man unmittelbar an das Wohnungsgrundstück der Kläger heranfahren und den Eingangsbereich ihres Hauses über die vorhandene Treppe in zumutbarer Weise erreichen. Dies sei auch mit sperrigen Gegenständen sowie mit Waren und Gütern möglich. Aber selbst wenn die vorhandene Treppe nicht mehr den heutigen Ansprüchen entspräche und deshalb für den Transport von sperrigen Gegenständen nicht geeignet wäre, begründe dies nicht den Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts. Die Kläger wären für diesen Fall gehalten, die Treppe so herzustellen, dass sie für den Transport von sperrigen Gütern geeignet wäre. Die Beklagte sei auch keineswegs verpflichtet, den Klägern deshalb ein Notwegrecht einzuräumen, weil sie stufenlos zum Eingang ihres Hauses gelangen wollten. Dass sie den Eingangsbereich ihres Hauses nur über eine Treppe erreichen könnten, stelle eine Unbequemlichkeit dar, die sie auch unter Berücksichtigung ihres Alters in Kauf nehmen müssten. Den Klägern stehe gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Benutzung des Wegs zur K.-Straße aufgrund eines Gewohnheitsrechts zu.

II.

4

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

5

1. Ohne Rechtsfehler hält das Berufungsgericht die auf Einräumung eines Notwegrechts gerichtete Klage für unbegründet.

6

a) § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Behebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

7

aa) Der Umstand alleine, dass ein Grundstück mit einem öffentlichen Weg - hier mit der D.-Straße - verbunden ist, schließt ein Notwegrecht nicht von vornherein aus. Entscheidend ist vielmehr, ob die ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks die Einräumung des Notwegs über das Grundstück der Nachbarn notwendig macht. Dies bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten. Maßgebend ist die danach angemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Grundstücks entsprechende Nutzung. Eine nur einem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers oder eines Nutzungsberechtigten entsprechende oder eine nur provisorische Nutzung gibt daher keinen Anspruch auf einen Notweg nach § 917 BGB (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 10 f. mwN).

8

Bei einem Wohngrundstück setzt eine in diesem Sinn ordnungsmäßige Grundstücksbenutzung in der Regel die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen voraus. Dies ist zur Gewährleistung elementarer Bedürfnisse objektiv erforderlich, so etwa im Hinblick auf die Müllentsorgung oder die Belieferung mit Brennstoffen oder sperrigen Gütern. Ebenfalls zur ordnungsgemäßen Benutzung eines Wohngrundstücks gehört die Möglichkeit, dieses mit dem eigenen Kraftfahrzeug anzufahren. An dieser Erreichbarkeit fehlt es nicht bereits dann, wenn das Kraftfahrzeug nicht bis vor den Eingangsbereich des auf einem Grundstück aufstehenden Gebäudes fahren kann. Vielmehr ist es ausreichend, wenn mit einem Kraftfahrzeug unmittelbar an das Wohngrundstück herangefahren und der Eingangsbereich von dieser Stelle aus in zumutbarer Weise - auch mit sperrigen Gegenständen - erreicht werden kann. Dass das Erreichen des Hauseingangs bei dem Auffahren auf das Grundstück erleichtert möglich wäre, rechtfertigt kein Notwegrecht (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 14).

9

bb) Von diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht zutreffend aus. Seine tatrichterliche Würdigung, das Grundstück der Kläger sei von der D.-Straße in zumutbarer Weise zu erreichen, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 13 mwN). Einen solchen Rechtsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

10

(1) Sollte die zum Eingangsbereich führende Treppe nicht mehr den aktuellen DIN-Vorschriften entsprechen und für den Transport von Waren und Gütern nicht (mehr) geeignet sein, wie von der Revision unter Bezugnahme auf Vortrag in der Berufungsinstanz geltend gemacht, obliegt es den Klägern, den Zugang über die Treppe ordnungsgemäß herzurichten. Dass die hiermit etwaig verbundenen Erschwernisse so groß sind, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben oder in unzumutbarer Weise geschmälert wird (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 21), machen die Kläger nicht geltend. Sie verweisen auf die Kosten für die Installation eines Aufzugs von der D.-Straße, die sich auf 180.000 € belaufen würden. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil eine angemessene Nutzung des Grundstücks bereits durch eine funktionsfähige Treppe gewährleistet ist.

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(2) Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung, ob eine ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks über die D.-Straße möglich sei, die persönlichen Umstände der Kläger, insbesondere deren Alter von 70 Jahren bzw. 83 Jahren, nicht berücksichtigt. Es sei vorauszusehen, dass ihnen jedenfalls in absehbarer Zeit die Benutzung der Treppe nicht mehr möglich sein werde. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen, jedoch zutreffend als rechtlich unerheblich angesehen. Maßgebend ist eine objektive Betrachtung, auf die persönlichen Bedürfnisse des jeweiligen Eigentümers kommt es nicht an (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 11 mwN). Bei einer objektiven Betrachtung ist das Wohngrundstück der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber über die vorhandene Treppe von der D.-Straße aus in zumutbarer Weise trotz des von den Klägern behaupteten Höhenunterschieds zu erreichen.

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(3) Das Berufungsgericht bejaht entgegen der Auffassung der Revision die Erreichbarkeit des Grundstücks der Kläger mit Kraftfahrzeugen ebenfalls ohne Rechtsfehler, weil über die D.-Straße eine Heranfahrt bis an ihr Grundstück möglich ist. Dass die Kläger, wie ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betont hat, ein besonderes Interesse daran haben, darüber hinausgehend den auf ihrem Grundstück befindlichen Kfz-Stellplatz mit einem Kraftfahrzeug zu erreichen, rechtfertigt die Einräumung eines Notwegrechts und die damit einhergehende Beeinträchtigung fremden Eigentums nicht, da die ordnungsmäßige Benutzung ihres Grundstücks bereits ohne diese zusätzliche Erreichbarkeit gewährleistet ist. Der von der Revision zudem vermissten Gesamtwürdigung, in wie vielen Fällen die Nutzung der Zufahrt auf dem Grundstück der Beklagten durch die Kläger bzw. durch andere Personen schon deshalb erforderlich sei, weil die Nutzung der Treppe ausscheide, bedarf es nicht. Die Kläger stellen in diesem Zusammenhang erneut auf ihre persönlichen Umstände ab, auf die es wegen der gebotenen objektiven Betrachtung gerade nicht ankommt.

13

(4) Ebenfalls erfolglos macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Benutzung der streitigen Zufahrt durch die Kläger seit 1979 bis August 2013 von der Beklagten widerspruchslos geduldet worden sei. Die langjährige Grundstücksnutzung in einer von den Nachbarn ermöglichten bestimmten Art und Weise bildet keine Grundlage für die Ordnungsmäßigkeit der Benutzung des verbindungslosen Grundstücks im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 18).

14

b) Die Kläger können von der Beklagten die Nutzung des Zufahrtsweges auch nicht losgelöst von den Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB verlangen. Ein solcher Anspruch lässt sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis, auf das sich die Kläger in der Revision ebenfalls stützen, nicht herleiten. Die Regelung des Notwegerechts in § 917 BGB stellt eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses dar, die im Hinblick auf die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründeten Wegerechte eine abschließende Regelung enthält. Sind ihre tatbestandlichen Voraussetzungen - wie hier - nicht erfüllt, können sie nicht mit Hilfe des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses umgangen oder erweitert werden (Senat, Urteil vom 15. November 2013 - V ZR 24/13, NJW 2014, 311 Rn. 26).

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2. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung auch insoweit stand, als die Berufung der Kläger gegen ihre Verurteilung gemäß der Widerklage zurückgewiesen worden ist.

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a) Die Widerklage ist - was der Senat gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen hat - zulässig, insbesondere ist die Beklagte prozessführungsbefugt.

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aa) Macht eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Wege der Klage oder - wie hier die Beklagte - im Wege der Widerklage Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 Abs. 1 BGB geltend, ist sie nur dann ausübungs- und prozessführungsbefugt, wenn die Ansprüche (durch sog. Ansichziehen) von den Wohnungseigentümern durch einen Beschluss vergemeinschaftet worden sind (gekorene Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG, vgl. Senat, Urteile vom 5. Dezember 2014 - V ZB 5/14, BGHZ 203, 327 Rn. 7 und vom 10. Juli 2015 - V ZR 194/14, NJW 2015, 2968 Rn. 14, siehe auch bereits Senat, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Rn. 12).

18

bb) Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat die Beklagte das Beschlussprotokoll der Eigentümerversammlung vom 14. Januar 2016 vorgelegt. Hiernach haben die Wohnungseigentümer die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gemäß § 1004 BGB gegen die Kläger in dem vorliegenden Prozess ausdrücklich genehmigt. Zugleich hat die Wohnungseigentümergemeinschaft die Individualansprüche der Wohnungseigentümer an sich gezogen. Auf der Grundlage dieses Beschlusses steht die Prozessführungsbefugnis der Beklagten fest. Die hiergegen von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Einwendungen sind unbegründet.

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(1) Soweit er unter Hinweis auf § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestritten hat, dass die nach dem Protokoll vom 14. Januar 2016 in der Eigentümerversammlung nicht anwesenden Miteigentümer wirksam vertreten worden seien, ist dies rechtlich unerheblich. Selbst wenn es an einer wirksamen Vertretung fehlte und die Versammlung deshalb nicht beschlussfähig (§ 25 Abs. 3 WEG) gewesen wäre, änderte dies nichts an der Wirksamkeit des Beschlusses. Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ist ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur dann nichtig, wenn er gegen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes verstößt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann. § 25 Abs. 3 WEG gehört indessen nicht zu solchen Vorschriften. Deshalb ist ein Beschluss einer beschlussunfähigen Wohnungseigentümerversammlung nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 196/08, NJW 2009, 2132 Rn. 28) und gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. Letzteres ist hier nicht der Fall.

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(2) Es besteht auch keine Veranlassung, den Klägern vor einer Entscheidung des Senats zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes bzw. zur „Wahrung ihres Eigentumsrechts“ Gelegenheit zu einer Anfechtung des Beschlusses der Eigentümerversammlung zu geben. Die Kläger gehören nicht zu dem Personenkreis, der gemäß § 46 Abs. 1 WEG zur Erhebung einer Anfechtungsklage befugt ist, insbesondere sind sie nicht Wohnungseigentümer.

21

b) In der Sache folgt der Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Betreten oder Befahren des zum Grundstück der Wohnungseigentümer gehörenden Weges stellt eine Eigentumsverletzung dar. Eine Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB scheidet aus, weil den Klägern ein Nutzungsrecht in dem von ihnen begehrten Umfang nicht zusteht. Die weiter erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich daraus, dass nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die sich das Berufungsgericht jedenfalls konkludent zu Eigen gemacht hat, die Kläger ihrem Sohn gestattet hatten, das Grundstück der Wohnungseigentümer zu betreten.

22

c) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stellt sich entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB dar.

23

aa) Zunächst kann dies nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Benutzung der streitigen Zufahrt nach dem Vorbringen der Kläger 34 Jahre ohne Widerspruch geduldet worden ist. Eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs folgt hieraus nicht.

24

Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum nicht, wenn er Störungen gegenüber solange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegenüber als rechtmäßig darstellen. So verhält es sich hier, weil nach dem Vorbringen der Kläger die Nutzung des Weges mit Zustimmung der Beklagten bzw. der Wohnungseigentümer erfolgte. Hierdurch verloren diese jedoch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB geltend zu machen (Senat, Urteile vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13, NJW-RR 2014, 1043 Rn. 20 f.; vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 11). Zugleich darf sich derjenige, der - wie die Kläger - ein Nachbargrundstück nutzt, nicht darauf einrichten, dass der Eigentümer, der diese Nutzung über einen langen Zeitraum gestattet hat, auch künftig auf die Geltendmachung seiner Eigentumsrechte verzichtet. Vielmehr muss er damit rechnen, dass seine (bloß schuldrechtliche) Nutzungsbefugnis enden kann und der Eigentümer dann die Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen wird (Senat, Urteile vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13, aaO Rn. 21; vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, aaO Rn. 11).

25

bb) Nicht tragfähig ist auch der weitere Einwand der Kläger, die Beklagte könne keinen sachlichen Grund für die Sperrung der Zufahrt geltend machen. Abgesehen davon, dass die Beklagte bis zur Grenze der Schikane (§ 226 BGB) einen solchen Grund nicht benötigt (§ 903 Satz 1 BGB), stellt jeder Fahrzeugverkehr eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentümers dar, an deren Beschränkung bzw. Verhinderung er ein berechtigtes Interesse hat (Senat, Urteile vom 11. April 2003 - V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235, 1236 f.; vom 15. November 2013 - V ZR 24/13, NJW 2014, 311 Rn. 27).

III.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                         Schmidt-Räntsch                               Brückner

                        Göbel                                       Haberkamp

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