Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 384/12

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.11.2004 -7 Ca 980/04- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren) darüber, ob die Beklagte als Erbin des vormaligen Beklagten zu 2 verpflichtet ist, eine Betriebsrente an die Klägerin zu zahlen.

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Das Beklagtenrubrum lautete im erstinstanzlichen Rechtsstreit 7 Ca 980/04 vor dem Arbeitsgericht Koblenz bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 11.11.2004 wie folgt:

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Firma H H KG, vertreten durch den Komplementär H H, dieser vertreten durch RA. Dr. M als Betreuer, Pflegeheim M, K H H, Inhaber der H H Werkzeugfabrik, vertreten durch RA. Dr. M (als Betreuer), Pflegeheim M, K

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Die 1943 geborene Klägerin war bei der damaligen Beklagten zu 1, deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte zu 2 war, als Arbeitnehmerin beschäftigt. Ihr monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 2.198,26 DM.

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Der Klägerin wurde mit Vertrag vom 28.12.1977 in Anerkennung ihrer geleisteten Diensttage betriebliche Altersvorsorge in Höhe von 15 Prozent des zuletzt bezogenen Gehalts zugesagt. Seit dem 01.08.2003 bezieht die Klägerin Altersrente. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagten mit Schreiben vom 05.03.2004 erfolglos zur Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 168,59 EUR/ab dem 01.08.2003 auf. Die Beklagten lehnte die Rentenzahlung mit der Begründung ab, die Versorgungszusage sei gemäß § 8 des Vertrages zur Alters- und Invalidenversorgung wegen der nachhaltig schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens wirksam widerrufen worden.

6

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Rechtszug beantragt,

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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.517,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

8

aus 168,59 EUR ab dem 01.09.2003,

aus 168,59 EUR ab dem 01.10.2003,

aus 168,59 EUR ab dem 01.11.2003,

aus 168,59 EUR ab dem 01.12.2003,

aus 168,59 EUR ab dem 01.01.2004,

aus 168,59 EUR ab dem 01.02.2004,

aus 168,59 EUR ab dem 01.03.2004,

aus 168,59 EUR ab dem 01.04.2004

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zu zahlen,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin eine monatliche Rente zu zahlen in Höhe von 168,59 EUR ab Mai 2004, fällig am jeweils Monatsletzten, beginnend mit dem 31.05.2004.

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Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat die Beklagten daraufhin durch Urteil vom 11.11.2004 - 7 Ca 980/04 - als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.517,13 EUR nebst Zinsen sowie des Weiteren, an die Klägerin eine monatliche Rente in Höhe von 168,59 EUR ab Mai 2004 zu zahlen, fällig am jeweils Monatsletzten, beginnend mit dem 31.05.2004. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 323 bis 325 d. A. Bezug genommen.

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Nach Verkündung dieses arbeitsgerichtlichen Urteils ist der Beklagte zu 2 am 11.12.2004 verstorben. Das vollständig abgefasste Urteil wurde dem seiner-zeitigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 27.01.2005 zugestellt. Auf Antrag des seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 07.01.2005 und vom 02.02.2005 erging der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 09.02.2005, wonach das Verfahren unterbrochen ist.

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Auf Antrag der Klägerin wurde ihr am 30.06.2005 vom Amtsgericht Sinzig (15 VI 148/05) ein Erbschein erteilt, der die nunmehrige Beklagte als Alleinerbin ausweist. Die Klägerin hat des Weiteren eine Umschreibung des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - erwirkt. Zweimalige Versuche der nunmehrigen Beklagten, die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu erreichen, sind letztlich rechtskräftig gescheitert.

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Daraufhin hat die nunmehrige Beklagte schließlich durch Schriftsatz vom 24.08.2012, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, eingegangen am 27.08.2012, Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.11.2004 - 7 Ca 980/04 - eingelegt.

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Die Beklagte trägt vor,
die angefochtene Entscheidung sei unrichtig. Es bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen die damalige Beklagte zu 1 bzw. den damaligen Beklagten zu 2.

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Zum einen hätten diese von der in der Versorgungszusage vom 28.12.1977 vorgesehene Möglichkeit zum Widerruf rechtswirksam Gebrauch gemacht. Zudem existiere die Beklagte zu 1 als Arbeitgeber nicht mehr. Nachdem gegen sie ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden war, sei sie wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden. Der Beklagte zu 2 habe unter Betreuung gestanden und sei vollständig verarmt gewesen.

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Zudem bestehe der von der Klägerin geltend gemachte Rentenanspruch deshalb nicht, weil sie selbst in zulässigerweise ihr Wahlrecht ausgeübt habe, statt der Altersmonatsrente eine einmalige Abfindung zu verlangen.

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Hinsichtlich der bestrittenen Höhe des geltend gemachten Anspruchs sei nicht berücksichtigt worden, dass der Beklagte zu 2 bereits im Sommer 1998 erklärt habe, er könne die Versorgungszusage wegen wirtschaftlicher Notlage nicht einhalten.

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Des Weiteren bestehe kein Anspruch der Klägerin gerade gegenüber der Beklagten. Diese sei zu keinem Zeitpunkt - unstreitig - Arbeitgeberin der Klägerin gewesen; sie sei auch nicht Erbin nach dem Beklagten zu 2.

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Sie habe die Erbschaft nach dem Beklagten zu 2 am 18.01.2005 durch notarielle Urkunde ausgeschlagen. Am 29.06.2006 habe sie des Weiteren gegenüber dem Nachlassgericht Sinzig erklärt, dass sie die Annahme der Erbschaft anfechte bzw. dass sie die Versäumung der Ausschlagungsfrist anfechte. Der der Klägerin er-teilte Erbschein sei falsch. Die Einziehung eines falschen Erbscheins könne aber jederzeit - auch heute noch - beantragt werden. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin sei jedenfalls auf den Nachlass des Beklagten zu 2 begrenzt. Die Beklagte habe die Dürftigkeitseinrede (27.02.2006) und zugleich die Erschöpfungseinrede (27.02.2006) erhoben. Am 03.06.2006 habe sie die Erklärung abgegeben, dass ihre Belastungsgrenze überschritten sei. Darüber hinaus habe sie die Nachlassinsolvenz beantragt. Im Übrigen habe sie ihrerseits erhebliche Forderungen gegen den Nachlass des Beklagten zu 2, mit denen sie gegen etwaige Forderungen der Klägerin aufrechnen könne. Schließlich sei die Durchsetzung von Rentenansprüchen der Klägerin ihr gegenüber rechtsmissbräuchlich. Denn sie sei hoch betagt und schwerbehindert.

22

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 24.10.2012 (Bl. 64 bis 79 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 80 bis 256 d. A.) sowie ihren Schriftsatz vom 04.12.2012 (Bl. 270 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 271 bis 335 d. A.) und vom 12.12.2012 (Bl. 367-370 d. A.) Bezug genommen.

23

Die Beklagte beantragt,

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Das Urteil des Arbeitsgericht Koblenz vom 11.11.2004, Az.: 7 Ca 980/04, wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

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Hilfsweise:

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Es wird festgestellt, dass sich die Rechtsfolgen des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.11.2004, Az: 7 Ca 980/04, nicht auf die Berufungsklägerin erstrecken.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

29

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, der Sicherungsfall sei nicht vor dem 01.01.1999 eingetreten. Ein Widerruf der Versorgungszusage sei zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt; er sei allenfalls im prozessualen Sachvortrag der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz vom 10.05.2004 zu sehen. Damit sei aber nach dem 01.01.1999 mit den entsprechenden rechtlichen Folgen erfolgt.

30

Die Klägerin habe auch nicht in zulässigerweise ein Wahlrecht ausgeübt, denn ein solches habe nie bestanden. Denn die Alters -und Invalidenversorgung, die vorliegend einschlägig sei, beinhalte ein Wahlrecht der Beklagten, nicht aber ein Wahlrecht der Klägerin. Zwar sei die Klägerin bereit gewesen, auf eine monatliche Rentenleistung zu verzichten, wenn ihr im Gegenzug auch 13.089,00 EUR gezahlt worden seien. Dies sei aber zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Zwischenzeitliche Zahlungen der Beklagten seien lediglich auf die laufenden Rentenzahlungen verrechnet worden.

31

Die Haftung der Beklagten ergebe sich aus dem Erbschein, der der Klägerin erstellt worden sei. Folglich sei die Beklagte Erbin des verstorbenen Beklagten zu 2. Zwischenzeitlich sei ein unter Umständen bestehendes Recht verwirkt, sich darauf zu berufen, der Erbschein habe nicht erteilt werden dürfen. Ein Verfahren auf Einziehung des Erbscheins sei - unstreitig - nie geführt worden. Die Dürftigkeitsein-rede, Erschöpfungseinrede und Erklärung vom 03.06.2006, sowie die beantragte Nachlassinsolvenz seien unerheblich. Denn die Klage, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.11.2004 für unzulässig zu erklären, sei - rechtskräftig - zurückgewiesen worden. Zu bestreiten sei, dass die Rechtsnachfolgerin gegen den Nachlass des Beklagten zu 2 Forderungen in der von ihr behaupteten Höhe habe.

32

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 03.12.2012 (Bl. 336 bis 342 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 343 bis 366 d. A.) Bezug genommen.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

34

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 17.12.2012.

Entscheidungsgründe

I.

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Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten ist zulässig.

36

Insbesondere ist vorliegend die Berufungsfrist trotz des langen Zeitraums zwischen der Zustellung des vollständig abgefassten erstinstanzlichen Urteils und der Berufungseinlegung nicht bereits abgelaufen. Denn in der Berufungsschrift ist das Gesuch zur Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens (§ 250 ZPO) zu sehen. Da somit die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, und sie sich auch sonst als zulässig erweist, ist allen gesetzlichen Voraussetzungen des Rechtsmittels Genüge getan.

II.

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Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

38

Denn die antragsgemäße Verurteilung der vormaligen Beklagten als Gesamtschuldner ist - nach dem Sachstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren auch gegenüber der nunmehrigen Beklagten - zu Recht erfolgt.

39

Die von der Beklagten gegenüber der jedenfalls dem Grunde nach unstreitigen Versorgungsverpflichtung erhobenen Einwendungen sind insgesamt unbegründet.

40

Das gilt zunächst für die von der Klägerin im Einzelnen geltend gemachte monatliche Höhe der Versorgungsbezüge. Insoweit hat die Klägerin eine Berechnung vorgelegt, die auf der schriftlichen Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung zwischen ihr und der vormaligen Beklagten zu 1 beruht; nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte und damit erhebliche Einwendungen hat die Beklagte dagegen nicht vorgetragen.

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Die Versorgungsverpflichtung ist auch nicht aufgrund eines wirksamen Widerrufs der vormaligen Beklagten zu 1 entfallen.

42

Für die Zeit bis zum 31.12.1998 hat die Beklagte insoweit lediglich allgemein behauptet, der vormalige Beklagte zu 2 habe auf die erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten hingewiesen, die zum Wegfall der Versorgungsverpflichtung führen müssten. Die Klägerin hat dem gegenüber zu Recht darauf hingewiesen, dass allein darin nicht ein rechtswirksamer Widerruf der Versorgungszusage zu sehen ist; ein derartiger Widerruf könnte danach allenfalls im schriftsätzlichen Vorbringen des damaligen Beklagtenprozessbevollmächtigten aus dem Jahr 2004/2005 zu sehen sein, also zu einem Zeitpunkt nach dem 01.01.1999.

43

Zwar kommen in erster Linie wirtschaftliche Gründe des Arbeitgebers für einen Widerruf eine Versorgungszusage in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BAG (26.04.1988, EzA BetrAVG Geschäftsgrundlage Nr. 1) war der Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) gleichbedeutend mit dem Begriff der wirtschaft-lichen Notlage im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 5 BetrAVG a. F., das heißt der Bestand des Unternehmens musste wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ernsthaft gefährdet sein. Abgesehen davon, dass es vorliegend schon an substantiiertem tatsächlichem Vorbringen der Beklagten fehlt, dass diese tatsächlichen Voraussetzungen vor dem 31.12.1998 gegeben waren, ist zu berücksichtigen, dass der Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage, an dem die Rechtsprechung sich orientiert hatte, durch § 7 BetrAVG n. F. mit Wirkung ab dem 01.01.1999 ersatzlos gestrichen worden. Denn nach Auffassung des Gesetzgebers hatte er kaum praktische Bedeutung erlangt. Das Bundesarbeitsgericht (17.06.2003, EzA § 7 BetrAVG Nr. 69; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 10. Auflage 2013, Kap. 3, Rn. 3548) geht davon aus, dass das Recht zum Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlagen nicht mehr besteht und ein solches Recht auch nicht auf die in einer Versorgungsordnung aufgenommenen steuer unschädlichen Vorbehalte gestützt werden kann. Denn diese Vorbehalte wirken nur deklaratorisch; sie begründen kein eigenständiges Recht zum Widerruf (BAG 17.06.2003, a. a. O.). Dem stehen auch Gründe des Vertrauensschutzes nicht entgegen (BAG 31.07.2007, EzA § 7 BetrAVG Nr. 72).

44

Vor diesem Hintergrund ist ein etwaiges Recht der Beklagten, sich auf eine wirtschaftliche Notlage gegenüber der Klägerin zu berufen, ausgeschlossen.

45

Die damit bestehende Verpflichtung des vormaligen Beklagten zu 2 ist auch auf die nunmehrige Beklagte als Erbin (§§ 1922 ff. BGB) übergegangen.

46

Zwar hat die Beklagte in Abrede gestellt, Alleinerbin des vormaligen Beklagten zu 2 geworden zu sein. Ihr tatsächliches Vorbringen, insbesondere nach Maßgabe der eingereichten Schriftsätze, steht aber in unauflösbarem Widerspruch zu dem von ihr vorgelegten Anlagenkonvolut. Denn daraus ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte selbst am 07.09.2005 vor dem Notar Dr. K, B N-A, erklärt hat: "Aufgrund des zwischen mir und dem Erblasser errichteten Erbvertrags vom 22.12.1981 habe ich den Erblasser beerbt" (vgl. Bl. 156 d. A.). Mit Schreiben vom 08.04.2005 hat sie gegenüber dem Nachlassgericht des Amtsgerichts Sinzig die umgehende Ausstellung eines Erbscheins geltend gemacht. Warum sie dann gleichwohl der Auffassung ist, nicht Erbin geworden zu sein, erschließt sich für die Kammer nicht. Zum anderen hat die Klägerin auf ihren Antrag hin einen Erbschein des Nachlassgerichts - Amtsgericht - Sinzig erwirkt, der die Beklagte als Alleinerbin ausweist. Die Antragsbefugnis insoweit folgt aus § 2353 BGB in Verbindung mit §§ 792, 896 ZPO. Dieser Erbschein entfaltet gemäß § 2365 BGB die Vermutung der Richtigkeit für sich; darauf kann die Klägerin sich gegenüber der Beklagten berufen. Der Erbschein ist bislang auch nicht gemäß § 2361 BGB eingezogen oder für kraftlos erklärt worden. Im Übrigen hat die Beklagte zwar behauptet, das Erbe ausgeschlagen zu haben, tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass dies nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen und insbesondere fristgemäß (§§ 1942, 1943, 1944, 1945 BGB) erfolgt ist, fehlen aber vollständig. Gleiches gilt für die behauptete Anfechtung der in diesem Zusammenhang erfolgten Willenserklärung (über die Annahme der Erbschaft).

47

Soweit die Beklagte des Weiteren die Erschöpfungseinrede (§ 1989 BGB) und die Dürftigkeitseinrede (§ 1990 BGB) erhoben hat, bleibt schon nach ihrem tatsäch-lichem Vorbringen unklar, ob und inwieweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür überhaupt gegeben sein könnten. Insbesondere lässt der vorgelegte Anlagenkonvolut keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Vermögensverhältnisse, die hier maßgeblich zu berücksichtigen wären, zu. Fest steht nur, dass die Beklagte offensichtlich über Jahre hinweg auf die unterschiedlichsten Verbindlichkeiten hin Zahlungen geleistet hat.

48

Soweit die Beklagte behauptet hat, aufrechenbare Gegenforderungen im Hinblick auf den vormaligen Beklagten zu 2 inne zu haben, fehlt es an jeglichem substantiierten tatsächlichem Vorbringen, dass einer Erwiderung durch die Klägerin zugänglich wäre.

49

Schließlich bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, das Klagebegehren der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Allein das Lebensalter und der Gesundheitszustand der Beklagten genügen keinesfalls, vorliegend von einem Rechtsmissbrauch im Hinblick auf eine begründete Forderung der Klägerin auszugehen. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

51

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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