Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (2. Kammer) - 2 Sa 279/16
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 08.07.2016 – 2 Ca 1125/14 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Zahlung (weiterer) Vergütung sowie über die Gewährung von Urlaubsgeld.
- 2
Der Kläger war bei der Beklagten, die u.a. in privater Trägerschaft ein Gymnasium betreibt, als Lehrer für Sozialkunde/Geschichte mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von zuletzt 3.652,00 EUR im Zeitraum 01.02.2011 – 30.09.2014 tätig.
- 3
Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich nach dem Arbeitsvertrag vom 13.12.2010 (Bl. 4 – 6 d.A.), in dem es u.a. heißt:
§ 1
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Die Berufung in das hauptamtliche Dienstverhältnis
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1. Der Lehrer tritt mit Wirkung zum 01.02.2011 den Dienst an der Ganztagsschule Freies Gymnasium an.
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2. Er erteilt Unterricht in den Fächern Geschichte und Sozialkunde.
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3. Die Zahl der Wochenstunden entspricht der durch das Land vorgegebenen Stundenzahl an öffentlichen Schulen.
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…
§ 3
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Vergütung
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1. Die Vergütung der Lehrkraft an der gGmbH erfolgt nach Haustarif.
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2. Erforderliche Überstunden sind mit der vereinbarten Vergütung abgegolten. Für langfristige Vertretungen und Ausfälle besteht grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch.
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…
§ 6
- 13
Ferienregelung
- 14
Während der Ferien der öffentlichen Schulen im Land Sachsen-Anhalt ist auch an der Ganztagsschule Freies Gymnasium unterrichtsfreie Zeit. Der Lehrer hat Anspruch auf Urlaub entsprechend den Regelungen für die Lehrer an öffentlichen Schulen (BAT/O).
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Notwendige Heilkuren sind in die unterrichtsfreie Zeit zu legen.
- 16
…
- 17
Im Zeitraum Februar 2011 – August 2011 war der Kläger zunächst in Teilzeit für die Beklagte tätig. Er absolvierte wöchentlich zwischen 18 und 25 Unterrichtsstunden. Seit September 2011 übte der Kläger eine Vollzeittätigkeit aus und leistete wöchentlich regelmäßig 27 Unterrichtsstunden ab. Diese Unterrichtsstundenzahl verlangt die Beklagte auch von den weiteren an ihrem Gymnasium tätigen Lehrkräften. Entsprechend weisen die dem Kläger ausgestellten Vergütungsabrechnungen (Bl. 10 – 18 der beigezogenen Akte im Parallelrechtsstreit der Parteien 2 Sa 267/15) die Angabe: „wöchentliche Arbeitszeit 27 Stunden“ auf.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, seine Tätigkeit als Lehrer an einem Gymnasium nach Maßgabe der Entgeltgruppe (EG) 13 des TV-L entsprechend einem an einer staatlichen Schule tätigen Lehrer zu vergüten, da die Parteien die Anwendbarkeit der Vergütungsordnung des TV-L vertraglich vereinbart haben. Bei dem Vorstellungsgespräch – so hat der Kläger behauptet – habe er den Geschäftsführer der Beklagten konkret in einem 4-Augen-Gespräch nach der Vergütung gefragt. Der Geschäftsführer habe darauf verwiesen, diese bestimme sich nach dem TV-L, EG 13. Anlässlich der Vertragsunterzeichnung haben er und der Geschäftsführer auf die Angaben im Vorstellungsgespräch Bezug genommen. Nach dem Inhalt der Vertragsverhandlungen in Verbindung mit der Verwendung des Begriffs „Haustarif“ in § 3 des Arbeitsvertrages – ein Haustarifvertrag existiert unstreitig bei der Beklagten nicht – seien die Parteien mithin übereingekommen, dass eine Vergütung nach der einschlägigen Entgeltgruppe des TV-L zu erfolgen habe.
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Jedenfalls ergebe sich ein solcher Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Beklagte – so hat der Kläger weiter behauptet – andere Lehrkräfte nach Maßgabe des TV-L vergüte.
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Ungeachtet dessen sei zumindest § 612 Abs. 2 BGB einschlägig. Die von der Beklagten gewährte Vergütung sei unverhältnismäßig niedrig. Sie unterschreite 80 % der für staatliche Lehrer geltenden Vergütung. Damit verstoße die Abrede im Vertrag gegen § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Schulen in freier Trägerschaft des Landes Sachsen-Anhalt und sei deshalb rechtsunwirksam. An ihre Stelle trete die ortsübliche Vergütung, nämlich eine Vergütung nach EG 13 TV-L.
- 21
Darüber hinaus sei die Beklagte verpflichtet, ihm auf dieser Basis eine Überstundenvergütung für im Zeitraum September 2011 – September 2014 wöchentlich geleistete 2 Überstunden (Unterrichtsstunden) zu gewähren. Im Hinblick auf die in § 1 des Arbeitsvertrages enthaltene Bezugnahme auf die für staatliche Schulen geltende Verordnung über die wöchentlich abzuleistenden Unterrichtsstunden sei er als Gymnasiallehrer nur zur Ableistung von 25 Unterrichtsstunden verpflichtet gewesen. Durch die von der Beklagten permanent abverlangte Leistung von 27 Unterrichtsstunden pro Woche seien wöchentlich 2 Überstunden angefallen, die nach Maßgabe der EG 13 TV-L zusätzlich zu vergüten seien.
- 22
Auf dieser Basis ermittelt der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum Februar 2011 – September 2014 einen Vergütungsanspruch in Höhe von insgesamt 21.047,53 EUR brutto. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Rechenwerkes wird auf die von ihm erstellte Tabelle (Anlage zum Schriftsatz vom 03.02.2015 – Bl. 35, 36 d.A.) verwiesen.
- 23
Darüber hinaus hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe nach Maßgabe des BAT-O ein jährlich von der Beklagten zu zahlendes zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von jeweils 255,00 EUR brutto, mithin 765,00 EUR brutto zu.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.047,53 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift vom 05.11.2014 sowie
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2. weitere 765,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung vom 26.11.2015 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat sich erstinstanzlich schriftsätzlich nicht zu dem Klagvorbringen geäußert.
- 30
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.07.2016 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, für den Kläger bestehe kein Anspruch auf (weitere) Vergütung nach EG 13 TV-L. Die Vergütungsordnung dieses Tarifwerkes sei zwischen den Parteien einzelvertraglich nicht vereinbart worden. Eine Anwendbarkeit ergebe sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da der Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht dargelegt habe. Ebenso wenig folge die Anwendung des TV-L aus § 612 Abs. 2 BGB. Die von der Beklagten geleistete Vergütung unterschreite nicht 80 % der einer Lehrkraft an staatlichen Schulen nach dem TV-L gewährten Vergütung. Im Übrigen würde die Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB nicht dazu führen, dass für den Kläger ein Anspruch auf Vergütung nach EG 13 TV-L entstehe. Staatliche Schulen und private Schulen bilden unterschiedliche Wirtschaftskreise. Die ortsübliche Vergütung lasse sich daher nicht nach Maßgabe des TV-L bestimmen. Dem Kläger stehe weiter kein Anspruch auf Überstundenvergütung zu. Er habe die Voraussetzungen für die Ableistung derselben nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Schlussendlich sei auch kein Anspruch auf Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes gegeben, weil die Parteien die hierfür maßgeblichen Rechtsgrundlagen nicht einzelvertraglich vereinbart haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des angefochtenen Urteils wird auf Bl. 64 – 80 d.A. verwiesen.
- 31
Der Kläger hat gegen diese, ihm 01.08.2016 zugestellte Entscheidung am 17.08.2016 Berufung eingelegt und jene nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.11.2016 am 28.10.2016 begründet.
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Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er sein erstinstanzliches Klagebegehren unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes vollumfänglich weiter.
- 33
So spreche insbesondere die Verwendung des Begriffs „Haustarif“ in Verbindung mit dem Inhalt des Vorstellungsgespräches dafür, dass die Parteien eine tarifliche Vergütungsordnung in Bezug nehmen wollten, nämlich die für Lehrer an staatlichen Schulen geltende. Folge man dieser Auslegung der vertraglichen Abrede nicht, so sei zu konstatieren, dass § 3 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Vergütungsregelung intransparent und damit unwirksam sei. An seine Stelle trete mithin die ortsübliche bzw. taxmäßige Vergütung, nämlich die des TV-L.
- 34
Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass der Kläger die Zahl der wöchentlich zu leistenden Überstunden hinreichend schlüssig dargelegt habe. Die Beklagte habe regelmäßig von ihm die Ableistung dieser Stunden pro Woche gefordert. Eine entsprechend erhöhte Vergütung sei auch während der Ferienzeit zu zahlen.
- 35
Schlussendlich folge aus der nach seiner Auffassung gegeben Anwendbarkeit der Vergütungsordnung des TV-L auch der Anspruch auf die Sonderzahlung.
- 36
Der Kläger beantragt,
- 37
das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal – 2 Ca 1125/14 – vom 08.07.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 21.047,53 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift vom 05.11.2014 sowie weitere EUR 765,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung vom 26.11.2015 zu zahlen.
- 38
Die Beklagte beantragt,
- 39
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
- 40
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
- 41
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
- 42
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel. Der Kläger hat die Frist zur Einlegung und zur Begründung der Berufung eingehalten (§ 66 Abs. 1 Satz 1, Satz 5 ArbGG). Die Berufungsbegründung entspricht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
B.
- 43
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage im vollen Umfang abgewiesen.
I.
- 44
Dem Kläger steht kein Anspruch auf (weitere) Vergütung für die von ihm im Zeitraum Februar 2011 – September 2014 geleisteten Dienste als Lehrkraft an einem Gymnasium nach Maßgabe der EG 13 TV-L zu.
- 45
1. Der Anspruch folgt nicht aus § 611 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 des Arbeitsvertrages. Die Parteien haben einzelvertraglich nicht eine Vergütung des Klägers nach Maßgabe der Vergütungsordnung des TV-L vereinbart. Der Begriff „Haustarif“ (nicht Haustarifvertrag) lässt sich nicht im Wege der Auslegung der als AGB i.S.d. § 305 BGB zu bewertenden Vertragsklausel dahin deuten, dass die Beklagte den Kläger nach der für ihren Betrieb fachlich nicht einschlägigen Vergütungsordnung der Länder zu entlohnen hat. Vielmehr folgt aus der Verwendung des Begriffs „Haus“, dass die Tätigkeit des Klägers – entsprechend wurde das Arbeitsverhältnis durchgängig abgewickelt – nach einem von der Beklagten erstellten betrieblichen Vergütungsschema entlohnt werden soll. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Behauptung des Klägers, der Geschäftsführer der Beklagten habe bei dem Vorstellungsgespräch mitgeteilt, die Vergütung richte sich nach dem TV-L. Das Arbeitsgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, entscheidend sei nicht die im Vorstellungsgespräch abgegebene Erklärung, sondern der Inhalt der im Anschluss daran von den Parteien einvernehmlich unterzeichneten Vertragsurkunde. Diese enthält jedoch – wie bereits ausgeführt – keinerlei Hinweis auf die Anwendbarkeit einer für den Betrieb der Beklagten nicht einschlägigen tariflichen Vergütungsordnung.
- 46
2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch erkannt, dass der Anspruch sich nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen lässt, da der Kläger dessen Voraussetzungen nicht dargelegt hat. Diesen Ausführungen auf Seite 10, 11 des Urteils schließt sich die Berufungskammer ebenfalls gem. § 69 Abs. 2 ArbGG an. Ergänzendes Vorbringen ist in der Berufungsinstanz insoweit nicht erfolgt.
- 47
3. Ebenso wenig ergibt sich der Anspruch aus § 612 Abs. 2 BGB, wonach in Ermangelung einer (wirksamen) Vergütungsabrede, die taxmäßige bzw. die ortsübliche Vergütung als vereinbart gilt, i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB infolge einer intransparenten vertraglichen Vergütungsregelung. Selbst wenn man die Bezugnahme auf den „Haustarif“ in § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrages als nicht ausreichend transparent i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ansehen würde, ergebe sich hieraus nicht ein auf Vergütung nach EG 13 TV-L gerichteter Anspruch. Die Vergütungsordnung des TV-L stellt weder die für den Betrieb der Beklagten geltende taxmäßige noch die ortsübliche Vergütung dar, da private Schulen gegenüber den staatlichen Schulen, deren Lehrkräfte in einem Dienstverhältnis zum jeweiligen Bundesland stehen, einen eigenen Wirtschaftskreis bilden (BAG 26.04.2006 – 5 AZR 459/04 – Rn. 26; 19.08.2015 – 5 AZR 500/14 – Rn. 40).
- 48
4. Weiter besteht für den Kläger kein Anspruch auf Vergütung nach EG 13 TV-L aus § 612 Abs. 2 BGB i.V.m. § 138 BGB (Verstoß gegen die guten Sitten).
- 49
a. Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich bereits nicht ableiten, dass die vereinbarte Vergütung nach Haustarif in Form der dem Kläger monatlich gezahlten Beträge wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist. Erforderlich sowohl für die Annahme eines Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch eines wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) ist neben der Erfüllung des objektiven Tatbestandes, nämlich eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, die Bejahung des subjektiven Elements in Form der Ausbeutung einer Zwangslage (BAG 16.05.2012 – 5 AZR 331/11). Jedenfalls hinsichtlich des subjektiven Elements bleibt der Kläger ausreichenden Sachvortrag schuldig.
- 50
b. Darüber hinaus stellt – wie bereits ausgeführt – das Vergütungssystem des TV-L nicht die ortsübliche Vergütung für die Tätigkeit des Klägers an einer privaten Schule dar.
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5. Schlussendlich lässt sich der streitige Anspruch nicht aus §§ 612 Abs. 2, 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Schulen in freier Trägerschaft des Landes Sachsen-Anhalt, wonach die Vergütung von Lehrern an Privatschulen bei entsprechender Anforderung hinter den Gehältern der Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben darf, herleiten.
- 52
a. Auch insoweit gilt, dass sich anhand des Sachvortrages des Klägers nicht feststellen lässt, dass die vertraglich vereinbarte Vergütung in Form des Haustarifs bzw. der tatsächlich geleisteten Beträge wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 der vorgenannten Verordnung gemäß § 134 BGB nichtig ist. Diese Rechtsfolge tritt in Bezug auf die Vergütung von Lehrern an Privatschulen ein, wenn die vereinbarte Vergütung weniger als 80 % der von einem vergleichbaren Lehrer an einer staatlichen Schule zu beanspruchenden Vergütung beträgt (BAG 19.08.2015 – 5 AZR 500/14 – Rn. 35 ff. zu der inhaltsgleichen Regelung im Sächsischen Schulgesetz).
- 53
Es lässt sich aus dem Sachvortrag des Klägers bereits nicht ableiten, mit welchen Lehrkräften an staatlichen Schulen er zu vergleichen ist und wie sich die Anforderungen in der von der Beklagten betriebenen Schule zu jenen in einer staatlichen Schule verhalten. Der Kläger hat weder zu seiner Qualifikation noch zu der Struktur des privaten Gymnasiums, an dem er tätig war, vorgetragen.
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b. Darüber hinaus scheitert der Anspruch auf Vergütung nach EG 13 TV-L daran, dass die Vergütungsordnung jenes Tarifvertrages nicht die ortsübliche Vergütung in Bezug auf seine Tätigkeit an einer Privatschule darstellt. Vergütungsansprüche, gestützt auf die für diesen Wirtschaftskreis übliche Vergütung macht der Kläger nicht geltend und trägt im Übrigen hierzu auch nicht substantiiert vor. Allein der Verweis auf die von der E-Schulstiftung an die dort tätigen Lehrkräfte gezahlte Vergütung ist nicht geeignet, einen Rückschluss auf die üblicherweise den an Privatschulen tätigen Lehrkräften im Land Sachsen-Anhalt gewährte Vergütung zu leisten.
II.
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Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch die auf Zahlung von Überstundenvergütung gerichtete Klage betreffend den Zeitraum September 2011 – September 2014 abgewiesen.
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Aus dem Sachvortrag lassen sich nicht ausreichend Tatsachen, die einen solchen Anspruch – gestützt auf § 612 Abs. 2 BGB – begründen könnten, ableiten. Nach der vorgenannten Bestimmung besteht für einen Arbeitnehmer für die in Bezug auf seine regelmäßige Arbeitszeit zusätzlich geleisteten Dienste ein Anspruch auf weitere Vergütung, wenn nach den Umständen hierfür eine Vergütung erwartet werden kann (BAG 10.04.2013 – 5 AZR 122/12).
- 57
Vorliegend fehlt es bereits an Sachvortrag, der Kläger habe mehr als die vertraglich vereinbarten Unterrichtsstunden abgeleistet. Nach seinem Vorbringen ist vielmehr davon auszugehen, dass die durchgängig ab September 2011 geleisteten 27 Unterrichtsstunden pro Woche die auch für ihn geltende regelmäßige Arbeitszeit dargestellt haben. Zwar ergibt sich dies nicht eindeutig aus § 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrages, der allgemein auf die Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte an staatlichen Schulen verweist, die wiederum – nach Schulform unterschiedlich – zwischen 25 und 27 Unterrichtsstunden pro Woche vorsieht. Die Parteien haben aber konkludent die letztgenannte Stundenzahl als Regelarbeitszeit vereinbart. So trägt der Kläger selber vor, diese Stundenzahl sei die „tatsächlich gelebte Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis“ gewesen (Schriftsatz vom 27.01.2015, Seite 3 – Bl. 31 d.A.). Die Vorgabe von 27 Stunden pro Woche sei die Stundenvorgabe „laut Vertrag“ gewesen (Schriftsatz vom 26.11.2015, Seite 2 – Bl. 45 d.A.). Diese Arbeitszeit habe die Beklagte von ihren am Gymnasium tätigen Lehrerinnen und Lehrern abverlangt (Berufungsbegründung, Seite 8 – Bl. 103 d.A.). Darüber hinaus hat die Beklagte auf den monatlichen Abrechnungen das dort abgerechnete Festgehalt ausdrücklich als Entgelt für 27 Unterrichtsstunden pro Woche ausgewiesen. Hingegen liegt substantiierter Sachvortrag des Klägers, er habe zu Beginn des (Vollzeit-)Arbeitsverhältnisses bzw. im weiteren Verlauf ausdrücklich die Ableistung von mehr als 25 Unterrichtsstunden pro Woche als Gegenleistung für das von der Beklagten gewährte Festgehalt abgelehnt und die Beklagte habe daraufhin die Ableistung von weiteren 2 Unterrichtsstunden pro Woche ausdrücklich oder konkludent angeordnet, nicht vor. Bei einer Gesamtbetrachtung des von den Parteien „gelebten“ Arbeitsverhältnisses – ihre Verhaltensweise jeweils interpretiert aus der Sicht eines verständigen Empfängers (§§ 133, 157 BGB) – ergibt sich daher, dass dem Arbeitsverhältnis eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 27 Unterrichtsstunden zugrunde gelegen hat, für die die Beklagte ein monatliches Festgehalt schuldete.
III.
- 58
Die Berufung konnte auch keinen Erfolg haben, soweit der Kläger – gestützt auf den BAT-O – die Zahlung eines (zusätzlichen) Urlaubsgeldes verlangt. Zutreffend hat das Arbeitsgericht hierzu ausgeführt (Seite 15 des Urteils), die Anwendbarkeit der einschlägigen tariflichen Regelung der Länder sei in § 6 des Arbeitsvertrages nicht vereinbart worden. Jene Regelung beziehe sich nur auf die Urlaubsdauer. Dies gelte insbesondere deshalb, weil bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages die die Zahlung eines (zusätzlichen) Urlaubsgeldes regelnden tariflichen Normen [Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 – Bund, Länder, Gemeinden West und Ost] durch den TV-L, der eine solche Leistung nicht (mehr) vorsieht, abgelöst worden seien. Dem schließt sich die Berufungskammer gem. § 69 Abs. 2 ArbGG an.
- 59
Eine Sonderzahlung nach Maßgabe des § 20 TV-L, die nicht an die Gewährung von Erholungsurlaub anknüpft, macht der Kläger nicht streitgegenständlich geltend. Im Übrigen fand der TV-L auf die Rechtsbeziehung der Parteien – wie bereits ausgeführt – keine Anwendung.
C.
- 60
Der Kläger hat auch die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
D.
- 61
Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.
- 62
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.
- 63
Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.
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