Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (4. Kammer) - 4 Sa 334/16

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 04.08.2016 - 5 Ca 33/16 - teilweise abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis als Verbandsgeschäftsführerin durch die Abwahl der Klägerin als Verbandsgeschäftsführerin durch die Verbandsversammlung vom 16.03.2016 nicht beendet ist.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Frage, ob der zwischen ihnen bestehende Geschäftsführervertrag durch die schriftliche Mitteilung der Abwahl der Klägerin beendet worden ist.

2

Die ... geborene Klägerin ist seit dem 01.08.2001 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom selben Tage (Anlage K1, Bl. 15 f d. A.) als vollbeschäftigte Angestellte tätig und wurde für diese Tätigkeit die Entgeltgruppe 9 TVöD-VKA vergütet. Bei dem Beklagten handelt es sich um einen Abwasserzweckverband, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Verbandsmitglieder sind die L..., die Stadt K... und die Stadt B..., es gilt die Verbandssatzung vom 02.03.2005/24.03.2005 in der aktuellen Fassung (Anlage K2, Bl. 17 ff d. A.).

3

Unter dem Datum 26.02.2015 schlossen die Parteien einen Geschäftsführervertrag ab (Anlage K3, Bl. 26 ff d. A.), der in den für die Entscheidung des Rechtsstreites wesentlichen Passagen folgenden Wortlaut hat:

4

㤠2
Vertragsdauer

5

(1) Dieser Vertrag wird auf die Dauer von 7 Jahren geschlossen, beginnend ab dem 01.03.2015 und endet mit dem Ablauf des 28.02.2022, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Das Dienstverhältnis kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes schon vor Ablauf der gesetzlichen Vertragszeit gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform und der Zustellung.

6

(2) Die Verbandsversammlung kann die Verbandsgeschäftsführerin vor Ablauf der Wahlzeit gemäß Abs. 1 mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmenanzahl der Verbandsversammlung abwählen. Die Möglichkeit der Abwahl besteht auch bei Gründen, die nicht in der Person der Verbandsgeschäftsführerin liegen. So kann auch der Wegfall der Verbandsgeschäftsführeraufgabe (z. B. bei Zusammenschlüssen mit anderen Aufgabenträgern) zur Abwahl führen. In diesem Fall endet das Anstellungsverhältnis mit Ablauf des Tages, an dem die Abwahl durch die Verbandsversammlung erfolgt.

7

(3) Während der Dauer der Geschäftsführertätigkeit ruht der Arbeitsvertrag vom 01.08.2001.

8

§ 3
Pflichten und Verantwortlichkeit

9

(1) Die Verbandsgeschäftsführerin hat die Geschäfte des Verbandes mit Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu führen und die ihr nach Gesetz, Verbandssatzung und diesem Vertrag obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen.

10

(2) Die Verbandsgeschäftsführerin nimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers i. S. der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften und Gesetze war. Sie ist leitende Angestellte.

11

§ 4
Arbeitszeit und Nebentätigkeit

12

(1) Die Verbandsgeschäftsführerin hat ihre volle Arbeitskraft sowie ihr ganzes Wissen und Können in den Dienst des Verbandes zu stellen. Sie ist in der Bestimmung der Arbeitszeit frei, hat jedoch jederzeit, sobald es das Wohl des Verbandes erfordert, zu seiner Verfügung zu stehen und seine Interessen wahrzunehmen.

13

(2) Während der Dauer dieses Vertrages bedarf jedwede entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeit der Zustimmung des Verbandsausschusses. Dies gilt auch für Ämter in Aufsichtsgremien und Ehrenämtern in anderen Organisationen und Verbänden. Die zur Übernahme einer Nebentätigkeit oder eines Amtes erteilte Zustimmung ist jederzeit widerrufbar, wobei bestehende Fristvorschriften zu beachten sind.

14

§ 5
Vergütung, sonstige Leistungen des Verbandes

15

(1) Die Verbandsgeschäftsführerin wird in die Entgeltgruppe 12 gemäß Anlage A (VKA) § 15 Abs. 2 Satz 2 TVöD-AT eingruppiert.

16

...“

17

Die technische Betriebsführung war der M GmbH übertragen, der entsprechende Vertrag zum Ablauf des 31.05.2016 gekündigt. Wegen der offenen Frage der technischen Betriebsführung ab dem 01.06.2016 wurden bei dem Beklagten mehrere Alternativen erwogen, so die erneute Übertragung der technischen Betriebsführung oder die Fusion mit anderen Trinkwasserzweckverbänden. Seit August 2015 lagen zur Frage der technischen Betriebsführung Angebote des Kommunalen Eigenbetriebes „Entwässerungsbetrieb“ der L... (ELW) und des WAZV Wasser- und Abwasserverband E... (WAZV) vor. Darüber hinaus hatte der WAZV anlässlich einer Vorstellung des Verbandes am 05.08.2015 vor Vertretern des Beklagten eine Fusion des WAZV mit dem Beklagten vorgeschlagen.

18

Nach Einschätzung des Beklagten hatten Beratungen im Ausschuss zum Ergebnis, dass noch interner Abstimmungsbedarf der Verbandsmitglieder bestand. Nach Ansicht der Klägerin hatte der WAZV hinsichtlich einer vertraglichen Zusammenarbeit das günstigste Angebot abgegeben und die Klägerin schätzte ein, dass eine Eingliederung bzw. Fusion aus Kostengründen vorzuziehen war. Diese Ansicht wurde jedoch insbesondere von Herrn S..., einem Vertreter der Stadt K..., nicht geteilt, er lehnte sowohl eine Zusammenarbeit mit dem WAZV wie auch eine Eingliederung in diesen Verband ab.

19

Per Beschlussvorlage vom 05.10.2015 setzte die Klägerin den Beratungsgegenstand „Absichtserklärung zum Abschluss einer Zweckvereinbarung/eines ARGE-Gründesvertrages mit dem WAZV E... zur Durchführung der technischen Betriebsführung ab 01.06.2016 sowie zur künftigen Eingliederung in den WAZV E...“ auf die Tagesordnung der Verbandsversammlung vom 27.10.2015 (Beschlussvorlage V-10/15, Anlage B3, Bl. 164 ff d. A.)

20

Dort wurde die von der Klägerin erstellte Beschlussvorlage einstimmig mit sämtlichen neun Stimmen abgelehnt. Nach dem Protokoll der Sitzung der Verbandsversammlung vom 27.10.2015 (Anlage B4, Bl. 168 ff d. A.) äußerten Vertreter der Mitglieder des Beklagten ihr Unverständnis darüber, dass die Beschlussvorlage von der Klägerin ohne Vorbereitung im Verbandsausschuss auf die Tagesordnung gesetzt wurde.

21

Auf der Sitzung des Verbandsausschusses am 10.11.2015 wurde die Frage der zukünftigen technischen Betriebsführung erneut diskutiert. Während die Vertreter der Verbandsmitglieder ihre Überzeugung zum Ausdruck brachten, dass man eine Kooperation mit dem WAZV ablehne, hielt die Klägerin an einer Zusammenarbeit mit dem WAZV weiter fest. Während die Protokollführerin Frau R... die Diskussion nur entsprechend ihrem wesentlichen Ergebnis in das Protokoll der Sitzung aufnahm, nahm die Klägerin Ergänzungen an dem Protokoll vor, näheres teilen die Parteien hier nicht mit. Jedenfalls weigerte sich die Protokollführerin Frau R... danach, dass von der Verbandsgeschäftsführerin abgeänderte Protokoll zu unterschreiben, so dass die Klägerin selbst das Protokoll unterschrieb.

22

Unter dem Datum 27.11.2015 beantragten sämtliche neun Vertreter der Mitglieder der Verbandsversammlung die vorzeitige Abwahl der Klägerin als Verbandsgeschäftsführerin (Anlage K5, Bl. 32 ff d. A.). Mit Schreiben vom 01.12.2015 (Anlage K4, Bl. 30 f d. A.) wurde die Klägerin von dem Beklagten von ihren Aufgaben entbunden und freigestellt.

23

In der Verbandsversammlung am 16.03.2016 wurde die Klägerin auf der Grundlage der Beschlussvorlage V-03/2016 abgewählt. Von den neun Vertretern der Mitglieder der Verbandsversammlung waren in dieser Sitzung sieben Vertreter anwesend, sämtliche Vertreter stimmten für den Abwahlantrag.

24

Mit Schreiben vom 16.03.2016 (Anlage K 6, Bl. 36 d. A.), der Klägerin zugegangen am selben Tag, sprach der Beklagte die „Kündigung des Geschäftsführervertrages vom 26.02.2015“ gegenüber der Klägerin aus. In diesem Schreiben führt der Beklagte u. a. aus:

25

„...

26

Gemäß § 2 (2) Geschäftsführervertrages endet das Anstellungsverhältnis mit Ablauf des Tages, an dem die Abwahl durch die Verbandsversammlung erfolgt.

27

Die Kündigung bedarf gemäß § 2 (1) der Schriftform und der Zustellung.

28

Dem soll mit diesem Schreiben Rechnung getragen werden.

29

Mit der Abwahl endet sogleich die einstweilige Freistellung und ihr Arbeitsverhältnis vom 01.08.2001 lebt wieder auf. Ich fordere Sie deshalb auf, am 17.03.2016 diese arbeitsvertragliche Tätigkeit wieder aufzunehmen.

30

...“

31

Mit am 06.04.2016 beim Arbeitsgericht Dessau-Roßlau eingegangener Klagschrift hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Geschäftsführervertrages zur Wehr gesetzt.

32

Die Klägerin hat vorgetragen,

33

mit dem Geschäftsführervertrag hätten die Parteien ein Arbeitsverhältnis abgeschlossen. Dass die Klägerin als Geschäftsführerin Arbeitnehmerin des Beklagten gewesen sei, ergebe sich eindeutig aus dem Vertrag. So sei die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag nach der Entgeltgruppe 12 TVöD zu bezahlen. Sie habe eine 40-Stunden-Woche einzuhalten, habe ihre Arbeitszeit über ein elektronisches Erfassungsgerät erfasst und habe ihren Urlaub beantragen und genehmigen lassen müssen. Auch für sie habe die allgemeine Dienst- und Geschäftsanweisung gegolten, in der Kern- und Gleitzeiten geregelt gewesen seien. Auch einer Nebentätigkeit habe sie ohne Zustimmung nicht nachgehen dürfen. Im Übrigen sei in dem Vertrag ausdrücklich geregelt, dass sie leitende Angestellte sei, nämlich in § 3 Abs. 2 des Vertrages. Hinsichtlich der Abwahl müsse man zwischen der Funktion der Klägerin als Organ des Verbandes einerseits und dem Bestand des Anstellungsverhältnisses andererseits unterscheiden. Das GKG LSA regele insofern lediglich das Ausscheiden aus der Funktion (Organstellung) und gebe dem Beklagten hinsichtlich des Anstellungsverhältnisses auf, eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Regelung im Anstellungsvertrag abzuschließen. Die Regelungen des § 12 GKG LSA würden sich somit nicht an die Klägerin richten, sondern dem Beklagten aufgeben, die Regelungen des § 12 GKG LSA arbeitsvertraglich umzusetzen. Dieser Verpflichtung sei der Beklagte so nicht nachgekommen, vielmehr habe der Beklagte in dem Vertrag mehrere weitere, im Gesetz nicht vorgesehene Regelungen getroffen die zumindest überraschend bzw. mehrdeutig im Sinne des § 305c BGB seien. So haben die Parteien in § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages folgendes vereinbart:

34

„Die Möglichkeit der Abwahl besteht auch bei Gründen, die nicht in der Person der Verbandsgeschäftsführerin liegen. So kann auch der Wegfall der Verbandsgeschäftsführeraufgabe (z. B. bei Zusammenschlüssen mit anderen Aufgabenträgern zur Abwahl führen. In diesem Fall endet das Anstellungsverhältnis mit Ablauf des Tages, an dem die Abwahl durch die Verbandsversammlung erfolgt.“

35

Diese vertragliche Regelung sei so zu verstehen, dass die Abwahl sich nur auf den Wegfall der Verbandsgeschäftsführeraufgabe beziehe. Zumindest sei die Formulierung im Anstellungsvertrag überraschend bzw. mehrdeutig im Sinne des § 305c BGB, der auch auf Geschäftsführerverträge Anwendung finde, da auch Geschäftsführer insoweit Verbraucher seien. Zum Beendigungsgrund sei auszuführen, dass die Aufnahme des Tagesordnungspunktes 9 in der Verbandssitzung am 27.10.2015 durch die Klägerin keineswegs überraschend gewesen sei. In der Verbandsversammlung am 01.12.2015 habe der Beklagte den Wirtschaftsplan 2016 beschlossen und dabei selbst aufgeführt, dass geprüft werden soll, ob entweder mit dem Entwässerungsbetrieb der L... oder mit dem WAZV die Aufgaben des technischen Betriebes der abwassertechnischen Anlagen realisiert werden können. Der Beklagte habe daher in derselben Verbandsversammlung sowohl die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit dem WAZV als auch den Antrag über die Abwahl der Klägerin beschlossen.

36

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

37

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des Tages, an dem die Abwahl der Klägerin als Verbandsgeschäftsführerin durch die Verbandsversammlung erfolgt ist, geendet hat.

38

Der Beklagte hat beantragt,

39

die Klage abzuweisen.

40

Der Beklagte hat vorgetragen,

41

der mit der Klägerin abgeschlossene Geschäftsführervertrag sei als freier Dienstvertrag zu qualifizieren. Sie sei nach ihrem Aufgabenbereich dafür verantwortlich, den durch die Mitarbeiter des Beklagten beantragten Urlaub zu genehmigen. Sie selbst hingegen habe ihren Urlaub nicht beantragen müssen. Ebenso sei nicht richtig, dass sie ihre Tätigkeit im Rahmen einer 40-Stunden-Woche zu erbringen habe. An der Arbeitszeiterfassung habe sie nicht teilnehmen müssen, sie sei gemäß § 4 Abs. 1 des Geschäftsführervertrages in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit frei. Aus der freiwilligen Teilnahme der Klägerin am Zeiterfassungssystem könne nicht das Gegenteil geschlossen werden. Eine entsprechende Weisung habe es nicht gegeben. Das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis sei seit dem 16.03.2016 aufgrund der am gleichen Tag erfolgten einstimmigen Abberufung durch die Verbandsversammlung der Beklagten beendet. Die vorzeitige Abwahl der Verbandsgeschäftsführerin gemäß § 12 Abs. 4 GKG LSA bedürfe keines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB. Die Rechtsauffassung der Klägerin finde im Gesetz keine Stütze. Die Möglichkeit der Abwahl der Klägerin sei im Anstellungsvertrag wirksam vereinbart worden. Das die Abwahl nicht nur zur Beendigung der Organstellung, sondern auch zur Beendigung des Geschäftsführervertrages führe, sei ohne weiteres zulässig. Eine solche Koppelungsklausel sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erlaubt. Die Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin sei nicht aus offensichtlich unsachlichen Gründen erfolgt. Sie sei am 16.03.2016 durch einstimmigen Beschluss abgewählt worden. Gemäß § 5 Abs. 15 der Verbandssatzung habe die Verbandsversammlung die Aufgabe, über die Wahl oder die vorzeitige Abwahl des Verbandsgeschäftsführers zu entscheiden. Am 27.11.2015 hätten sämtliche Mitglieder der Verbandsversammlung einen Antrag auf vorzeitige Abwahl der Verbandsgeschäftsführerin gestellt, Hintergrund sei die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen Verbandsversammlung und der Klägerin gewesen. Gemäß § 5 Abs. 11 der Verbandssatzung würden die Verpachtung von Einrichtungen des Verbandes sowie die Übertragung der Betriebsführung dieser Einrichtung auf Dritte ausschließlich der Kompetenz und dem Aufgabenbereich der Verbandsversammlung obliegen. Dem Beklagten hätten seit August 2015 zur Frage der künftigen technischen Betriebsführung Angebote verschiedener Bewerber vorgelegen und die bestehenden Handlungsalternativen seien in Sitzungen des Verbandsausschusses am 12.08. und 02.09.2015 beraten worden. Im Ergebnis der Beratungen habe im Ausschuss festgestanden, dass noch interner Abstimmungsbedarf der Verbandsmitglieder bestanden habe. Eine konkrete Beschlussfassung in den Sitzungen des Verbandsausschusses sei weder angeregt worden, noch habe sich eine eindeutige Tendenz abgezeichnet. Dennoch habe die Klägerin den Beratungsgegenstand „BV: V-10/2015 Absichtserklärung zum Abschluss einer Zweckvereinbarung/eines ARGE-Gründungsvertrages mit dem WAZV E... ab 01.06.2016 sowie zur künftigen Eingliederung in den WAZV E...“ überraschend auf die Tagesordnung am 27.10.2015 gesetzt. Die entsprechende Beschlussvorlage der Klägerin sei zuvor im Verbandsausschuss nicht beraten worden. In der Verbandsversammlung sei Unverständnis darüber geäußert worden, dass trotz des in der letzten Ausschusssitzung festgestellten weiteren Beratungsbedarfes innerhalb des Ausschusses in Bezug auf die Handlungsalternativen eine inhaltlich derart weitreichende Beschlussvorlage durch die Klägerin eingebracht worden sei. Die Klägerin habe auch ohne Zustimmung der Verbandsversammlung bereits Maßnahmen ergriffen, die von der Verbandsversammlung abgelehnte Kooperation mit dem WAZV tatsächlich in die Tat umzusetzen. So sei die ausscheidende technische Leiterin der Beklagten S... von der Klägerin angewiesen worden, den gesamten Arbeitsbereich der technischen Leitung zum Stichtag des Ausscheidens der Frau S... am 31.12.2015 für eine Aufgabenübertragung an den WAZV vorzubereiten. Außerdem sei bekannt geworden, dass die Klägerin bereits Besichtigungen von technischen Anlagen des Beklagten mit Vertretern des WAZV durchgeführt habe. Auf der Sitzung des Verbandsausschusses am 10.11.2015 sei erneut kontrovers mit der Klägerin diskutiert worden, die weiterhin an einer Zusammenarbeit mit dem WAZV festgehalten habe. Die Protokollführerin Frau R... habe wie bislang in allen Sitzungen die Diskussion nur in ihren wesentlichen Ergebnissen in das Protokoll aufgenommen. Die Klägerin habe jedoch auf die Protokollführung der Frau R... Einfluss genommen und das Protokoll selbst umgeschrieben, woraus sich im Ergebnis eine Art „kommentiertes Wortprotokoll“ ergeben habe, welches teilweise falsche Zitate und tendenziöse Wertungen enthalten habe. Die eingeführten Änderungen seien so gravierend gewesen, dass die Protokollführern Frau R... sich geweigert habe, das Protokoll für seine Richtigkeit zu unterschreiben, worauf die Klägerin selbst das Protokoll unterschrieben habe. Diese Fakten hätten aus Sicht der Mitglieder der Verbandsversammlung den Schluss nahegelegt, dass die Klägerin um jeden Preis bestrebt gewesen sei, eine Kooperation des Beklagten mit dem WAZV zu erreichen. Dabei habe sie fortgesetzt schwer ihre Kompetenzen nach dem GKG LSA und der Verbandssatzung überschritten. Sie habe zwar die Verwaltung des Zweckverbandes zu leiten und die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Verantwortung zu erledigen, wozu sicherlich auch die Beratung der Verbandsversammlung gehöre. Die Beratung habe jedoch neutral zu erfolgen. Da dies so nicht von der Klägerin erfolgt sei, sei das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und der Verbandsversammlung so stark beschädigt worden, dass nur die vorzeitige Abwahl der Klägerin ein effektives und gesetzeskonformes Arbeiten des Beklagten habe gewährleisten können.

42

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 04.08.2016 - 5 Ca 33/16 (Urteil Seite 2 bis 11, Blatt 285 bis 294 d. A.) Bezug genommen. In vorbezeichnetem Urteil hat das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und den Streitwert auf 14.492,82 Euro festgesetzt.

43

Das Gericht hat ausgeführt, dass die Klägerin Arbeitnehmerin der Beklagten im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG sei, weil nach der Vertragsgestaltung des Geschäftsführervertrages für einen freien Dienstvertrag untypische, stark einschränkende Regelungen von der Klägerin zu beachten seien. Die Feststellungsklage der Klägerin hat das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau mit der Begründung abgewiesen, dass der als Arbeitsvertrag zu qualifizierende Geschäftsführervertrag durch die Abwahl am 16.03.2016 beendet worden sei. Die Abwahl stelle eine auflösende Bedingung im Sinne des § 21 TzBfG dar. Für diese auflösende Bedingung liege auch ein sachlicher Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vor, die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertige die auflösende Bedingung.

44

Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Urteil Seite 11 bis 17, Blatt 294 bis 300 d. A.). Gegen das ihr am 01.09.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.09.2016 Berufung eingelegt und diese mit am 01.11.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

45

Die Klägerin trägt vor,

46

wenn das Gericht der Auffassung sei, der Anstellungsvertrag enthalte mit der Regelung zur Abwahl der Klägerin aus der Funktion der Verbandsgeschäftsführerin eine auflösende Bedingung, welche einen sachlichen Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG darstelle, ignoriere es die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die bereits in der Klagschrift zitiert worden sei. Der Sachgrund müsse sich auf die Beendigung des Anstellungsverhältnisses beziehen. Eine sachgrundlose Abberufung aus der Funktion als Verbandsgeschäftsführerin stelle gerade keinen Sachgrund für die sofortige Beendigung des Anstellungsverhältnisses dar, da die Gründe für die Abberufung und die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht deckungsgleich seien. Anders als bei der Beendigung des Dienstvertrages würden bei der Abberufung die Interessen des Verbandes im Vordergrund stehen. Bei der Abberufung spiele es daher im Grundsatz keine Rolle, ob der Geschäftsführer den wichtigen Grund veranlasst habe. Dies sei jedoch für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses maßgebend. Eine Koppelungsklausel, welche die sofortige Beendigung des Dienstvertrages bei Abberufung des Geschäftsführers vorsehe, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam. In der dortigen Entscheidung sei in dem zugrunde liegenden Anstellungsvertrag vereinbart worden, dass die Abberufung des Geschäftsführers durch einen Beschluss des Aufsichtsrates jederzeit möglich sei und als Kündigung des Anstellungsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt gelte. Da der dortige Vertrag im Übrigen eine ordentliche Kündigung mangels gegenteiliger Vereinbarung ausgeschlossen habe, habe der Bundesgerichtshof hieraus geschlussfolgert, dass diese Regelung nur die außerordentliche Kündigung meinen könne, die allerdings nur dann wirksam sei, wenn ein wichtiger Grund nach § 626 BGB vorliege. Auch hier sei also ein wichtiger Grund für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses, der nicht allein in der Abberufung liege, gefordert worden. Diese Rechtsprechung finde ihre Begründung u.a. zunächst darin, dass nach der Regelung in § 38 Abs. 1 GmbHG die Bestellung zum Geschäftsführer jederzeit auch ohne Grund widerrufen werden könne, allerdings unbeschadet der Ansprüche aus bestehenden Verträgen. Dies bedeute, dass ein Geschäftsführerdienstvertrag unmittelbar mit dem Widerruf der Organstellung nur dann ende, wenn ein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorliege. Darüber hinaus sei ein Fremdgeschäftsführer gegenüber dem Beklagten als Verband Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, so dass die streitgegenständliche Kopplungsklausel einer AGB-Kontrolle unterliege. Dies gelte gemäß § 310 Abs. 3 Ziffer 2 BGB auch dann, wenn der Beklagte nur die Absicht einer einmaligen Verwendung dieser Klausel gehabt habe. Die streitgegenständliche Kündigung des Anstellungsvertrages verstoße daher gegen § 307 Abs. 1 BGB, da sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Mit der im Anstellungsvertrag enthaltenen Kopplungsklausel umgehe die Beklagte letztendlich die Regelung des § 626 BGB und ermögliche eine sofortige fristlose Beendigung des Anstellungsvertrages, ohne dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vorliege. Entgegen der Auffassung des Gerichts liege auch kein sachlicher Grund gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG wegen der Eigenart der Arbeitsleistung vor. Da jede Arbeitsaufgabe Eigenheiten aufweise, werde der Anwendungsbereich dieser Norm dahingehend begrenzt, dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Tendenzverwirklichung und anderer verfassungsrechtlicher Gewährleistungen der Charakter der Arbeitsleistung die entsprechende Rolle spiele. In der Gesetzesbegründung würden hier unter anderem neben der Tendenzverwirklichung in Presse und Rundfunk ein projektbezogener Auslandseinsatz von Freiwilligen, die Befristung von Arbeitsverträgen von Spitzensportlern und Trainern sowie bei Arbeitsverträgen im Bereich der Kunst und bei Kirchen und kirchlichen Einrichtungen abgeschlossene Anstellungsverträge erwähnt. Es liege auf der Hand, dass hierunter nicht die im Wirtschaftsrecht übliche massenhaft vorkommende Befristung von Anstellungsverträgen von Geschäftsführern bzw. Vorständen wirtschaftlich agierender juristischer Personen gemeint sei. Eine Besonderheit von Geschäftsführerdienstverträgen bestehe - sofern eine Arbeitnehmereigenschaft vorliege - gegenüber normalen unbefristeten Anstellungsverträgen nicht. Zudem sei der Geschäftsführervertrag hinsichtlich der Möglichkeit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch Abwahl unklar formuliert. § 2 Abs. 2 Satz 4 des Geschäftsführervertrages beziehe sich nur auf den vorstehenden Satz 3, was sich aus der Verwendung der Worte „in diesem Fall“ ergebe. Auch im Übrigen sei der Geschäftsführervertrag unklar formuliert. So heiße es in § 2 Abs. 1 Satz 3, dass das Dienstverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes schon vor Ablauf der gesetzlichen Vertragszeit gekündigt werden können. Der Beklagte selbst habe offenbar anhand dieser widersprüchlichen Regelung in § 2 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 des Anstellungsvertrages selbst nicht genau gewusst, wie die Beendigung nun erfolgen solle. Deshalb habe er im Kündigungsschreiben vom 16.03.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kündigung nach § 2 Abs. 1 des Anstellungsvertrages der Schriftform und der Zustellung bedürfe. Die im Vertrag in § 2 Abs. 2 geregelte Abwahl der Geschäftsführerin sei auch deshalb gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil die Klägerin hierdurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde. Auf die besondere Problematik, dass noch nicht einmal die Ankündigungsfrist des § 15 Abs. TzBfG eingehalten worden sei, sei das erstinstanzliche Gericht gar nicht eingegangen. Schließlich habe das Gericht nicht berücksichtigt, dass die auflösende Bedingung selbst im vorliegenden Fall zur Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht herangezogen werden könne. Die auflösende Bedingung müsse sich nämlich regelmäßig als ein objektives Ereignis darstellen, welches nicht allein vom Willen des Arbeitgebers abhängig sei.

47

Die Klägerin beantragt,

48

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 04.08.2016 - 5 Ca 33/16 - wird aufgehoben,

49

2. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis als Verbandsgeschäftsführerin durch die Abwahl der Klägerin als Verbandsgeschäftsführerin durch die Verbandsversammlung vom 16.03.2016 nicht beendet ist.

50

Der Beklagte beantragt,

51

die Berufung zurückzuweisen.

52

Der Beklagte trägt vor,

53

nach der auch von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei eine Kopplungsklausel grundsätzlich zulässig. Der Geschäftsführervertrag unterscheide in § 2 zwischen mehreren Beendigungstatbeständen. In § 2 Abs. 1 sei das Recht zur fristlosen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes geregelt. In § 2 Abs. 2 die Beendigung des Anstellungsvertrages durch die Abwahl der Verbandsversammlung mit Zweidrittelmehrheit. Diese Beendigungstatbestände hätten unterschiedliche formale und materielle Voraussetzungen. Die Klausel, nach der das Anstellungsverhältnis mit der Abwahl aus dem organschaftlichen Verhältnis ebenfalls ende, sei wirksam. Dabei könne offenbleiben, ob es sich bei dem Geschäftsführeranstellungsvertrag um ein Arbeitsverhältnis oder um ein freies Dienstverhältnis handele. In jedem Fall sei die Klausel wirksam und habe den Vertrag beendet. Bei der Vertragsklausel handele es sich nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB. Vielmehr habe der Landesgesetzgeber die Regelungen in § 12 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 GKG-LSA dem Beklagten vorgegeben. Der Beklagte unterliege hier der Rechtsaufsicht des Landkreises W.... Hätte der Beklagte die streitgegenständlichen Vorschriften nicht in den Geschäftsführeranstellungsvertrag aufgenommen, hätte dies zur kommunalaufsichtsrechtlichen Maßnahme wie Beanstandung, Ersatzvornahme und letztlich Bestellung eines Beauftragten führen können. Der Beklagte habe daher die streitgegenständliche Klausel nicht aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht in den Vertrag aufgenommen, sondern aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung in dem Wissen, dass im Falle eines Verstoßes kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahmen drohen würden. Ohne die streitgegenständliche Klausel wäre der Geschäftsführeranstellungsvertrag durch die Kommunalaufsicht nicht genehmigt worden. Im Übrigen liege in der streitigen Klausel keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin vor, auch habe der Beklagte damit nicht § 626 BGB umgangen. Es gebe keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass ein Dienstvertrag bzw. Arbeitsvertrag nur infolge eines wichtigen Grundes mit sofortiger Wirkung beendet werden könne. Dies würden bereits die gesetzlichen Regelungen im TzBfG zeigen, auch die Möglichkeiten eine Zweckbefristung zu vereinbaren, wie beispielsweise eine Schwangerschafts- oder Krankheitsvertretung. Vor willkürlichen Abberufungsentscheidungen sei die Klägerin dadurch geschützt, dass es zur Abberufung einer Zweidrittelmehrheit aller satzungsmäßigen Stimmen der Verbandsversammlung bedurft habe. Zu Recht habe das Gericht angenommen, dass die Abwahl eine auflösende Bedingung darstelle und diese auflösende Bedingung sachlich gerechtfertigt gewesen sei. Hier liege ein sachlicher Grund für die Vereinbarung der auflösenden Bedingung in den Besonderheiten der Arbeitsleistung. Die Geschäftsführerin vertrete den Verband bzw. die Gesellschaft und erledige die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Verantwortung. Diese und andere organschaftlichen Aufgaben könnten zum Wohle des Verbandes nur so lange von der Geschäftsführerin ausgeübt werden, solange zwischen den einzelnen Organen bzw. zwischen der Geschäftsführerin und dem Verband noch ein Vertrauensverhältnis bestehe. Wenn dieses Vertrauensverhältnis, gleich aus welchem Grund, nicht mehr gegeben sei, bestehe die Möglichkeit, das Organverhältnis durch Abberufung zu beenden. Die Eigenart der vereinbarten Tätigkeit - nämlich die Erbringung von organschaftlichen Tätigkeiten für den Verband - stelle einen Sachgrund dafür dar, den Anstellungsvertrag für die Dauer zu befristen oder mit einer auflösenden Bedingung zu versehen, für welche die Organstellung auch tatsächlich andauert. Hier sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass es für den Beklagten aufgrund der landesgesetzlichen Regelung in § 12 Abs. 4 GKG-LSA keine andere Möglichkeit der Regelung einer Beendigung des Anstellungsvertrages gegeben habe. Die Regelungen in dem Geschäftsführervertrag seien auch nicht unklar. § 2 Abs. 2 Satz 4 des Anstellungsvertrages beziehe sich nicht ausschließlich auf den vorangegangenen Satz 3. Die einzelnen Beendigungstatbestände seien in § 2 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 des Anstellungsvertrages voneinander abgegrenzt geregelt. Auch die Einhaltung der Ankündigungsfrist des § 15 Abs. 2 TzBfG sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Diese dürfte zudem dadurch gewahrt sein, dass der Abwahlantrag vom 27.11.2015, der Klägerin am 01.12.2015 zur Kenntnis gegeben worden sei und ihr aufgrund der gesetzlichen Reglung bekannt gewesen sei, dass frühestens nach Ablauf von vier Wochen entschieden werden dürfe.

54

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle und die mündlichen Verhandlung vor der Kammer Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

55

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

II.

56

Die Berufung der Klägerin ist begründet.

57

A. Die Klage ist zulässig.

58

Sie ist als Bedingungskontrollklage i. S. v. §§ 21, 17 S. 1 TzBfG zu verstehen. Das folgt aus dem Wortlaut des zuletzt gestellten Antrages und dem in der Klagebegründung ausgedrückten Willen der Klägerin. Ihr geht es darum, die Wirksamkeit der vertraglich vereinbarten Abwahl als Verbandsgeschäftsführerin überprüfen zu lassen. Im Übrigen ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Bedingungskontrollklage mit dieser nicht nur der Streit über die Wirksamkeit einer Bedingung, sondern auch über deren Eintritt zu entscheiden (so BAG 15.05.2012 - 7 AZR 35/11, Rn. 15).

59

B. Die Klage ist begründet.

60

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin als Verbandsgeschäftsführerin ist nicht nach § 2 Abs. 2 S. 1 i. V. m. S. 4 des Anstellungsvertrages durch die Mitteilung ihrer Abwahl mit Schreiben des Beklagten vom 16.03.2016 am 16.03.2016 beendet worden.

61

1. Wie schon das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau festgestellt hat, besteht zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis.

62

Die durch das Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze zu der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt gelten grundsätzlich nur für solche Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern etwa als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis. Haben die Parteien dagegen ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es regelmäßig als solches einzuordnen (BAG 18.03.2014 - 9 AZR 694/12, Rn. 19).

63

Die Klägerin ist Arbeitnehmerin des Beklagten. Sie ist aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages dem Beklagten zur Leistung von Diensten nach Weisungen des Beklagten und gegen Zahlung von Entgelt verpflichtet. Sie hat nach § 4 Abs. 1 des Vertrages vom 26.02.2015 ihre volle Arbeitskraft in den Dienst des Verbandes zu stellen. Sie ist zwar in der Bestimmung der Arbeitszeit frei, „... hat jedoch jederzeit, sobald es das Wohl des Verbandes erfordert, zu seiner Verfügung zu stehen und seine Interessen wahrzunehmen.“ Gerade letztere Regelung stellt das Gegenteil der von dem Beklagten behaupteten freien Zeiteinteilung für die Klägerin dar.

64

Außerdem ist die Klägerin gemäß § 3 Abs. 2 des Vertrages vom 26.02.2015 „leitende Angestellte“. Nach § 5 Abs. 3 BetrVG sind leitende Angestellte aufgrund eines Arbeitsvertrages für den Arbeitgeber tätig (BAG 08.09.2015 - 9 AZB 21/15, Rn. 19). Weil die Parteien ihr Rechtsverhältnis mit der Bezeichnung der Klägerin als leitende Angestellte als Arbeitsverhältnis eingeordnet haben, ist diese Einordnung für die Gerichte verbindlich. Dies folgt auch aus dem Gedanken der Rechtssicherheit. Als Vertragspartnerin des Beklagten muss sich die Klägerin darauf verlassen können, dass die vertraglich vorgenommene Einordnung als leitende Angestellte und damit als Arbeitnehmerin verbindlich ist.

65

2. Die auflösende Bedingung ist unwirksam vereinbart und nicht sachlich gerechtfertigt.

66

Die Parteien haben in § 2 Abs. 2 S. 1 des Geschäftsführervertrages vereinbart, dass die Verbandsgeschäftsführerin vor Ablauf der in § 2 Abs. 1 S. 1 des Vertrages festgeschriebenen Befristung von sieben Jahren mit einer Mehrheit von 2/3 der satzungsmäßigen Stimmenzahl der Verbandsversammlung abgewählt werden kann und weiter in § 2 Abs. 2 S. 3 des Anstellungsvertrages vereinbart, dass das „Anstellungsverhältnis mit Ablauf des Tages, an dem die Abwahl erfolgt, endet. Die Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch Abwahl stellt eine auflösende Bedingung i. S. d. § 21 TzBfG dar, denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war ungewiss, ob eine Abwahl der Klägerin erfolgen würde (BAG 08.08.2007 - 7 AZR 605/06, Rn. 18). In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass § 12 Abs. 3 S. 4 Ziff. 1 i. V. m. § 12 Abs. 4 GKG LSA selbst keine auflösende Bedingung für die Beendigung der Anstellung des Verbandsgeschäftsführers darstellt, sondern nur regelt, dass dann, wenn der hauptberufliche Verbandsgeschäftsführer mit einem Anstellungsvertrag beschäftigt wird, im Anstellungsvertrag festzulegen ist, dass das Arbeitsverhältnis durch Abwahl beendet werden kann.

67

2.1. Die in § 2 Abs. 2 des Vertrages vereinbarte auflösende Bedingung gilt nicht bereits gemäß §§ 21, 17 S. 1 TzBfG i. V. m. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, denn die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 S. 1 TzBfG Klage erhoben.

68

Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 S. 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Da ein auflösend bedingter Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet, wird in den Fällen, in denen die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist, die Klagefrist gemäß §§ 21, 17 S. 1 und S. 3, 15 Abs. 2 TzBfG erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt (BAG 30.08.2017 - 7 AZR 204/16, Rn. 17).

69

Diese schriftliche Erklärung des Arbeitgebers gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG ist entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nicht bereits durch die Bekanntgabe des Antrages auf Abberufung der Geschäftsführerin vom 27.11.2015 (Anlage K5, Bl. 32 ff d. A.) durch Schreiben des Beklagten vom 01.12.2015 (Anlage K4, Bl. 30 f d. A.) erfolgt. Das Schreiben des Arbeitgebers muss nämlich gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG den Zeitpunkt der Zweckerreichung (bzw. des Eintritts der auflösenden Bedingung) enthalten, hier das Datum der Abwahl der Geschäftsführerin am 16.03.2016 (Backhaus in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 5. Aufl. 2017, § 15 TzBfG, Rn. 9). Dieses Datum ist jedoch weder in dem Schreiben vom 27.11.2015 noch in dem Schreiben vom 01.12.2015 enthalten, der Zeitpunkt der Abwahl und damit des Eintritts der auflösenden Bedingung war Ende November/Anfang Dezember 2015 auch noch nicht bekannt. Eine solche Mitteilung des Zeitpunktes des Eintritts der auflösenden Bedingung ist erst im Schreiben des Beklagten vom 16.03.2016 enthalten (Anlage K6, Bl. 36 d. A.). Im vorliegenden Fall ist der Klägerin die als „Kündigung des Geschäftsführervertrages vom 26.02.2015“ überschriebene schriftliche Beendigungsmitteilung vom 16.03.2016 am selben Tag zugegangen. Zwar ist das Schreiben fehlerhaft mit dem Wort „Kündigung“ überschrieben, jedoch enthält es in seinem Abs. 2 den Hinweis auf die Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch die Abwahl vom 16.03.2016. Danach begann die Klagefrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB mit Zugang der Beendigungsmitteilung am 16.03.2016 und endete gemäß § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit Ablauf des 06.04.2016. Die Klägerin hat ihre Klage an diesem letzten Tag der Klagefrist beim Arbeitsgericht Dessau-Roßlau erhoben, der Eingang der Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht wahrt die Klagefrist, da die Klage dem Beklagten am 12.04.2016 und damit demnächst i. S. d. § 167 ZPO zugestellt worden ist.

70

2.2. Die in § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages vereinbarte Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch Abwahl führt nicht zur Beendigung des Vertragsverhältnisses, da sie den Anforderungen des Transparenzgebotes des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht genügt.

71

a) Bei den streitigen Regelungen des Geschäftsführervertrag handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. §§ 305 ff BGB.

72

Zwar ist der Vertragstext nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, jedoch finden die Vorschriften des § 305 c Abs. 2 und der §§ 307 bis 309 BGB gemäß § 310 Abs. 3 Ziff. 2 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auch dann Anwendung, wenn diese zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.

73

aa) Die Klägerin hat bei Abschluss ihres Anstellungsvertrages als Verbraucher i. S. v. § 13 BGB gehandelt.

74

Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

75

Weder der Abschluss des Anstellungsvertrages noch die Geschäftsführung des Beklagten stellt eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit dar. Wie das Bundesarbeitsgericht zu einem Geschäftsführer einer GmbH entschieden hat, stellt die Geschäftsführung einer GmbH und erst recht der Abschluss des entsprechenden Anstellungsvertrages jedenfalls dann, wenn der Geschäftsführer nicht zugleich als Gesellschafter über zumindest eine Sperrminorität verfügt und Leitungsmacht über die Gesellschaft ausüben kann, keine selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 13 BGB dar (BAG 19.05.2010 - 5 AZR 253/09, Rn. 21 ff).

76

Vorliegend stellt die Tätigkeit der Klägerin als Verbandsgeschäftsführerin und erst recht der Abschluss des entsprechenden Anstellungsvertrages keine selbständige Tätigkeit dar, da die Klägerin weder über eine Sperrminorität verfügt noch Leitungsmacht über den Beklagten Zweckverband ausüben kann. Nach § 15 der Satzung des Beklagten ist es lediglich Aufgabe der Klägerin, die Geschäfte der laufenden Verwaltung zu führen, den Zweckverband nach außen zu vertreten und die Verwaltung des Zweckverbandes zu leiten. Sie hat über die Realisierung der von der Verbandsversammlung gefassten Beschlüsse Bericht zu erstatten und der Verbandsversammlung über seine Tätigkeit Rechenschaft zu leisten.

77

bb) Die Klägerin konnte auf die in § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages enthaltenen Klauseln keinen Einfluss nehmen (§ 310 Abs. 3 Ziff. 2 BGB).

78

Wie der Beklagte sowohl in der Berufungserwiderung wie auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer deutlich gemacht hat, unterliegt er der Rechtsaufsicht der Kommunalaufsicht, die auch den ursprünglichen Entwurf hinsichtlich der hier streitigen Passage bemängelt hatte, sodass es zu entsprechenden Änderungen kam, deren Details von den Parteien nicht vorgetragen sind. Jedenfalls ist die streitige Passage in § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages offensichtlich auf Drängen der Kommunalaufsicht in den Vertrag aufgenommen worden. Dass die Klägerin hier die Möglichkeit der Einflussnahme auf die konkrete Klausel hatte, hat der Beklagte nicht nachvollziehbar behauptet.

79

Die Möglichkeit der Einflussnahme muss sich auf die konkrete Klausel beziehen. Vorformulierte Bedingungen in einem Vertragswerk, die nicht ausgehandelt wurden, bleiben kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes „soweit“ in § 305 Abs. 1 S. 3 und § 310 Abs. 3 Ziff. 2 BGB (BAG 19.05.2010 - 5 AZR 253/09, Rn. 25 ff). Ist die Verwendung der Einflussnahme streitig, muss der Verwender nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast den Vortrag des Verwendungsgegners, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er Klauseln zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die Klauseln freiwillig akzeptiert (BAG 19.05.2010 - 5 AZR 253/09, Rn. 27). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte keinen entsprechenden Vortrag gehalten.

80

cc) Die von dem Beklagten gestellten Vertragsbedingungen verlieren nicht deshalb die Einordnung „als von dem Unternehmer gestellte Geschäftsbedingungen“ (§ 310 Abs. 3 Ziff. 1 BGB), weil letztlich im Hintergrund maßgeblich die Kommunalaufsicht auf die Vertragsgestaltung Einfluss genommen haben soll. Eine solche Einflussnahme stellt ein unbeachtliches Internum der Willensbildung auf Seiten des Verwenders dar, ähnlich einer möglichen Einflussnahme eines Konzerns auf Verträge einer untergeordneten Gesellschaft.

81

b) Gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, die nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB die Unwirksamkeit von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Folge hat, auch daraus ergeben, dass diese nicht klar und verständlich sind. Das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB enthaltene Transparenzgebot gilt nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Die Bestimmung verpflichtet den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Formularbestimmung genügt dem Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz nicht auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten der Klägerin, sondern auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BAG 08.08.2007 - 7 AZR 605/06, Rn. 33).

82

c) Die Abfassung der in § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages enthaltenen Beendigungstatbestände wird dem Bestimmtheitsgebot und damit auch dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht gerecht Wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen, die mit der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses verbunden sind, muss die vom Verwender gewählte Befristungsabrede den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinreichend deutlich erkennen lassen. Wird wie im Streitfall in einem Formulararbeitsvertrag eine Befristungsabrede getroffen, bei der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Zeitbefristung vorzeitig durch Eintritt einer oder mehrerer auflösenden Bedingungen enden kann, so ist die vorzeitige Beendigungsmöglichkeit im Vertragstext deutlich erkennbar hervorzuheben (BAG 08.08.2007 - 7 AZR 605/06, Rn. 35).

83

Die Beklagte hätte daher bei der Formulierung der in § 2 des Geschäftsführervertrages genannten Beendigungstatbestände kenntlich machen und dafür deutlich erkennbar hervorheben müssen, dass die Beendigung des Geschäftsführervertrages unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 des Vertrages vor Ablauf der in § 2 Abs. 1 genannten Laufzeit von 7 Jahren eintreten kann. Dass dies nicht erfolgt ist, stellt eine unangemessene Benachteiligung dar und führt zur Unwirksamkeit der die Abwahl regelnden Klausel.

84

2.3. Zudem ist die als auflösende Bedingung einzuordnende Abwahl der Klägerin deshalb unwirksam, weil sie nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG.

85

a) Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 4 TzBfG gerechtfertigt.

86

aa) Ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 4 TzBfG liegt vor, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt. Zu den von dieser Vorschrift erfassten Arbeitsverhältnissen, bei denen eine Befristung wegen der Art der Tätigkeit ohne Hinzutreten eines weiteren Sachgrundes vereinbart werden kann, zählen im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der vor Inkrafttreten des TzBfG geltenden Rechtslage die Arbeitsverhältnisse der programmgestaltenden Mitarbeiter der Rundfunkanstalten. Das folgt aus der Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs des sachlichen Grundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG die für die Rundfunkanstalten durch die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts zu berücksichtigen. Der durch das TzBfG gesetzlich ausgestaltete arbeitsrechtliche Bestandsschutz begrenzt als allgemeines Gesetz nach Art. 5 Abs. 2 GG nicht nur die Rundfunkfreiheit, sondern wird auch seinerseits durch die Freiheit des Rundfunks begrenzt (BAG 04.12.2013 - 7 AZR 457/12, Rn. 15 unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts). Ausgeweitet wurde der Anwendungsbereich bereits auf wissenschaftliche Mitarbeiter einer Parlamentsfraktion und Berufssportler. Bei Letzteren sollen die besondere Erfolgsorientierung und die Branchenüblichkeit den Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung begründen (Busch/Schönhöft, Anwendbarkeit des TzBfG auf den Geschäftsführeranstellungsvertrag?, DB 2007, 2650).

87

bb) Diese Gesichtspunkte sind auch bei Geschäftsführern zu diskutieren. So könnte man annehmen, dass, ähnlich wie im Verhältnis eines Fußballtrainers zu seinen Spielern, auch in der Beziehung eines Geschäftsführers zu seiner Gesellschaft ein besonderes Vertrauensverhältnis. Auch eine gewisse Üblichkeit von zeitlich befristeten Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern ließe sich darstellen (Busch/Schönhöft, a.a.O.).

88

cc) Bezogen auf den hier zu entscheidenden Fall kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Eigenart der Arbeitsleistung die in § 2 Abs. 1 des Anstellungsvertrages vereinbarte Befristung des Anstellungsverhältnisses auf sieben Jahre rechtfertigt. Die Tätigkeit der Verbandsgeschäftsführerin ist ein Wahlamt, die Amtszeit entsprechend in § 12 Abs. 3 S. 1 GKG LSA auf sieben Jahre festgelegt. Gemäß § 12 Abs. 1 GKG LSA vertritt der Verbandsgeschäftsführer den Zweckverband. Er leitet die Verwaltung des Zweckverbandes, erledigt in eigener Verantwortung die Geschäfte der laufenden Verwaltung und entscheidet in Angelegenheiten, die ihm durch Verbandssatzung oder Beschluss der Verbandsversammlung zugewiesen sind der Verbandsgeschäftsführer ist Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter, höherer Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Bediensteten des Zweckverbandes. Bei Zweckverbänden handelt es sich gemäß § 1 GKG LSA um Zusammenschlüsse von Gemeinden und Landkreisen mit dem Ziel, Aufgaben gemeinschaftlich oder füreinander wahrzunehmen und um ihre Verwaltungskraft besser auszuschöpfen oder Aufgaben durchzuführen, die über das eigene Gebiet hinaus wirken. Zweckverbände sind nach dem GKG LSA demokratisch konstituiert und werden durch ihre Organe, nämlich die Verbandsversammlung und den Verbandsgeschäftsführer, vertreten (§ 10 GKG LSA). Die Tätigkeit stellt eine besondere Vertrauensposition dar, mit dem auf sieben Jahre begrenzten Wahlamt des Verbandsgeschäftsführers wird diesem Prinzip entsprochen. Die Befristung der Tätigkeit des Verbandsgeschäftsführers auf sieben Jahre ist daher durch die Eigenart der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt, zumal diese Befristung von vornherein feststeht und von Arbeitnehmerseite langfristig bei der Berufsplanung berücksichtigt werden kann.

89

dd) Nicht mit der Eigenart der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt werden kann jedoch die in § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages vereinbarte Abwahl der Klägerin, welche am 16.03.2016 durch die Verbandsversammlung erfolgt ist.

90

aaa) Nach § 12 Abs. 3 S. 2 und 4 GKG LSA kann der Verbandsgeschäftsführer in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen werden oder er übt die hauptberufliche Tätigkeit auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages aus. Die in § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages zwischen den Parteien vereinbarte Möglichkeit der Abwahl basiert letztlich auf § 12 Abs. 4 GKG LSA. Nach dieser Vorschrift ist die vorzeitige Abwahl des Verbandsgeschäftsführers auf Antrag der Mehrheit der satzungsmäßigen Stimmenzahl der Verbandsversammlung möglich, der Antrag bedarf der Begründung und der Beschluss über die Abwahl bedarf einer Mehrheit von 2/3 der satzungsmäßigen Stimmenzahl der Verbandsversammlung. Gemäß § 12 Abs. 3 S. 4 Ziff. 1 GKG LSA ist dann, wenn der Verbandsgeschäftsführer mit einem Anstellungsvertrag beschäftigt wird, die Möglichkeit der Abwahl im Anstellungsvertrages festzulegen.

91

bbb) Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung zu der vor Inkrafttreten des TzBfG geltenden Rechtslage die Auffassung vertreten, auflösend bedingte Arbeitsverhältnisse seien grundsätzlich für unwirksam zu erklären, sofern die auflösende Bedingungen nicht vornehmlich dem Interesse des Arbeitnehmers dient oder ihr Eintritt allein von seinem Willen abhängt (BAG 20.12.1984 - 2 AZR 3/84, Rn. 31). Weiter hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine arbeitsvertraglich vereinbarte auflösende Bedingung dann nicht sachlich gerechtfertigt ist, wenn sie dem Arbeitgeber ein Mittel an die Hand gibt, sich ohne Rücksicht auf zwingende Kündigungsschutznormen vom Arbeitnehmer aus Gründen lösen zu können, die im Belieben des Arbeitgebers stehen bzw. allein von dessen wirtschaftlichen Interessen geprägt sind (BAG 04.12.1991 - 7 AZR 344/90, Rn. 29). Auch nach Inkrafttreten des TzBfG ist eine auflösende Bedingung dann nicht gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt, wenn es der Arbeitgeber danach in der Hand hätte, den Bedingungseintritts selbst herbeizuführen. Wäre der Eintritt der Bedingung vom Belieben des Arbeitgebers abhängig, wäre dies mit Art. 12 GG nicht vereinbar (LAG Berlin-Brandenburg 16.12.2016 - 26 Sa 1892/15, Rn. 58 - 59 unter Hinweis auf BAG 19.01.2005 - 7 AZR 250/04, Rn. 28).

92

ccc) Danach ist die im Anstellungsvertrag vom 26.02.2015 vereinbarte auflösende Bedingung der Abwahl nicht sachlich gerechtfertigt, weil der Arbeitgeber nach dieser Regelung sich ohne Rücksicht auf zwingende Kündigungsschutznormen nach Belieben von der Klägerin lösen kann.

93

Zu einer anderen Einschätzung kommt die Kammer auch nicht deshalb, weil der Geschäftsführer dadurch geschützt ist, dass es zur Abberufung einer 2/3 Mehrheit aller satzungsmäßigen Stimmen der Verbandsversammlung bedarf (§ 2 Abs. 2 S. 1 des Anstellungsvertrages und § 12 Abs. 4 S. 5 GKG LSA). Auch wenn die Abwahl demokratisch legitimiert sein mag, kann die arbeitsvertraglich vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Abwahl dennoch willkürlich sein bzw. steht im Belieben des Arbeitgebers und kann nach der arbeitsvertraglichen Regelung ohne Rücksicht auf zwingende Kündigungsschutznormen erfolgen. Auch unter Berücksichtigung der besonderen Position der Klägerin und dem damit einhergehenden besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Geschäftsführerin und Verbandsversammlung kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Eigenart der Arbeitsleistung die vertraglich vereinbarte Abberufung nicht rechtfertigen kann. Die Eigenart der Arbeitsleistung Beklagten ist bereits bei der Zulässigkeit der 7-jährigen Befristung des Anstellungsverhältnisses hinreichend berücksichtigt worden, im Übrigen steht dem Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 des Anstellungsvertrages - wie bei jedem befristeten Arbeitsverhältnis - die Möglichkeit offen, dieses bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich zu kündigen, § 626 BGB. Bei der Abwägung einer solchen außerordentlichen Kündigung wäre das besondere Vertrauensverhältnis zu berücksichtigen.

94

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die Entscheidung nicht die gesetzliche Regelung des § 12 GKG LSA selbst berührt. Gescheitert ist vorliegend lediglich die arbeitsvertragliche Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Abwahl. Zu berücksichtigen ist, dass nach § 12 GKG LSA die Position des Verbandsgeschäftsführers mit einem Beamten auf Zeit oder aber mit einem angestellten Arbeitnehmer besetzt werden. Wird die Position mit einem Angestellten besetzt, sind hinsichtlich der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Abwahl bei der Formulierung des Anstellungsvertrages Arbeitnehmerschutzrechte zu beachten. Würde bei dieser Umsetzung im Anstellungsvertrag die Abwahl dem Belieben des Arbeitgebers entzogen, wäre eine Abwahl des Verbandsgeschäftsführers wegen der Eigenart der Arbeitsleistung grundsätzlich möglich.

95

b) Zwar ist der Katalog des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG nicht abschließend, jedoch ist kein anderer sachlicher Grund erkennbar, welcher die vertraglich vereinbarte auflösende Bedingung durch Abwahl der Klägerin rechtfertigen könnte.

96

3. Letztlich ist das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch eine in dem Schreiben vom 16.03.2016 liegende (fristlose) Kündigung beendet worden. Wie der Beklagte sowohl schriftsätzlich als auch im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht Dessau-Roßlau am 04.08.2016 zu Protokoll erklärt hat, war entgegen des Wortlauts keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewollt.

97

Der von dem Beklagten vorgetragene Sachverhalt würde keinesfalls eine wegen der auf sieben Jahre abgeschlossenen Befristung (§ 2 Abs. 1 S. 1 des Anstellungsvertrages) gemäß § 15 Abs. 3 TzBfG nur noch mögliche außerordentliche Kündigung (§ 2 Abs. 1 S. 2 des Anstellungsvertrages) rechtfertigen.

98

Zusammengefasst hat der Beklagte zur Begründung der Abwahl der Klägerin zum Vorwurf gemacht, dass sie

99

- ohne dies zuvor mit dem Verbandsausschuss zu beraten, eine Absichtserklärung zum Abschluss einer Zweckvereinbarung/eines ARGE-Gründesvertrages auf die Tagesordnung der Verbandsversammlung gesetzt habe,

100

- ein Protokoll der Sitzung des Verbandsausschusses vom 10.11.2015 so abgeändert zu haben, dass die Protokollführerin dies selbst nicht mehr unterschrieben habe,

101

- Ihr Amt nicht neutral ausgeübt habe, sondern sie um jeden Preis eine Kooperation mit dem WAZV habe erreichen wollen und deshalb die ausscheidende technische Leiterin des Beklagten S... angewiesen habe, die Aufgabenübertragung vorzubereiten und schon eine Besichtigung mit Vertretern der WAZV durchgeführt habe.

102

Unabhängig davon, dass das von der Klägerin bearbeitete Protokoll der Kammer unbekannt ist und den Schriftsätzen des Beklagten hierzu auch keine näheren Ausführungen entnommen werden können, sind in den Vorwürfen keinesfalls Gründe zu erkennen, die ohne entsprechende Abmahnung (§ 314 Abs. 2 S. 1 BGB) eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten.

103

Keinesfalls kann in der bestrittenen Anweisung an die ausscheidende technische Leiterin Frau S..., den Übergang der Betriebsführung vorzubereiten und aus der ebenfalls bestrittenen Behauptung, dass Vertreter des WAZV bereits Anlagen des Beklagten besichtigt hätten, eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses geschlossen werden. Sowohl eine Anweisung an die ausscheidende technische Leiterin S..., einen Übergang der technischen Betriebsführung vorzubereiten, wie auch die Besichtigung der Anlagen durch Vertreter des WAZV stellen durch das Geschäftsführermandat gedeckte Aufgaben der laufenden Verwaltung ohne Außenwirkung dar. Zu berücksichtigen ist noch, dass der bisherige Vertrag zur technischen Betriebsführung bereits am 31.05.2016 abgelaufen und die technische Leiterin schon zuvor zum Jahresende 2015 ausgeschieden ist. Die Klägerin als verantwortliche Geschäftsführerin stand daher unter Zeitdruck, hinsichtlich der technischen Betriebsführung in naher Zukunft eine gute Lösung zu finden. Auch das Setzen der Absichtserklärung bezüglich der WAZV auf die Tagesordnung der Verbandsversammlung ist entsprechend einzuordnen. Die Klägerin hat damit das satzungsmäßige Procedere eingehalten, keinesfalls hat sie damit in Frage gestellt, dass die Übertragung der Betriebsführung auf Dritte Aufgabe der Verbandsversammlung ist, § 5 Abs. 11 der Verbandssatzung (K2, Bl. 17 ff d. A.). Weiter ist davon auszugehen, dass die Klägerin das ihr vorgeworfene Tun unterlassen hätte, wäre sie von dem Beklagten für das von ihm behauptete Fehlverhaften abgemahnt und ihr deutlich gemacht worden, dass der Beklagte im Wiederholungsfall eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Erwägung ziehen würde.

III.

104

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 91 Abs. 1 S. 1ZPO. Danach hat der unterlegene Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.

105

Gegen diese Entscheidung wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.


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