Urteil vom Landgericht Aachen - 10 O 40/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2I.
3Der Kläger ist aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Aachen vom 16.01.2007 – 91 IN 296/06 – Insolvenzverwalter der vormals im Textilhandel tätigen in Aachen ansässigen „T1“ (nachfolgend „T1“ genannt), nachdem er bereits durch Beschluss vom 18.10.2006 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war.
4Die T1 ging am 01.07.2002 als Auffanglösung aus der Insolvenzmasse der „T2“ (nachstehend „T2“) hervor. Insolvenzverwalter der T2 wurde durch Beschluss Amtsgerichts Aachen vom 01.05.2002 – 19 IN 154/02 – der Beklagte zu 1). In dieser Eigenschaft hielt er zunächst 100% der Geschäftsanteile der T1.
5Die wirtschaftliche Gründung der T1 erfolgte durch Veräußerung der wesentlichen betrieblichen Grundlagen von T2 an T1 zum 01.07.2002 durch notariellen Vertrag vom 28.06.2002, Urkundsnummer XXXXXXX W des Notars C1. Dieser Unternehmensübertragung stimmte der Gläubigerausschuss der T2, dem auch der Beklagte zu 3) angehörte, zu.
6In dem Vertrag vom 28.06.2002 kaufte und erwarb die T1 das wesentliche Anlage- und Umlaufvermögen sowie den Warenvorrat der T2. Durch den Vertrag erwarb die T1 auch Verbrauchsmaterialien, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie immaterielle Wirtschaftsgüter.
7Ferner wurde durch den Vertrag auch das im Eigentum der T2 stehende Betriebsgrundstück in der O1-straße in B "nebst Gebäude und Technik einschließlich Außenanlagen und Grundstückseinfassung zum Zwecke der Nutzung als Textilgroßhandelsbetrieb sowie zu den damit verbundenen Nebenzwecken" an die T1 verpachtet. Das Pachtverhältnis begann am 1. Juli 2002. Der Pachtzins sollte jährlich 1.080.000,-- € zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer betragen. Er war monatlich im Voraus in Raten zu je 90.000,-- € zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen.
8Außerdem gewährte der Beklagte zu 1) als Gesellschafter der T2 in dem Vertrag unter "Teil D. Darlehensvertrag" ein Darlehen über 10.650.000,00 €, das mit einer Zinsbindung bis zum 30.06.2006 mit 2% jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen war. Hinsichtlich der weiteren vertraglichen Vereinbarungen wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage K6 zur Klageschrift) Bezug genommen. Die Valutierung des Darlehens jedenfalls in streitgegenständlicher Höhe ist zwischen den Parteien unstreitig.
9Mit notarieller Urkunde vom 01.12.2003 (Urkundsnummer XXXXXXX) des Notars C1 schlossen der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als Insovenzverwalter der T2 mit der T1 einen weiteren Vertrag, der mit "Darlehensvertrag" bezeichnet wurde. Darin wurde festgelegt, dass die Tilgung des per 1. Dezember 2003 noch in Höhe von 8.154.947,60 € valutierenden Darlehens in 48 gleichbleibenden Monatsraten, beginnend ab dem 1. Januar 2005 erfolgen sollte.
10Durch notariellen Vertrag vom 01.06.2004 (Urkundsnummer XXXXXX) des Notars C1, wurden die Regelungen des Vertrages vom 28.06.2002 erneut u.a. dahingehend abgeändert, dass der Pachtzins für die Immobilie für den Zeitraum vom 01.06.2004 bis 31.12.2004 auf 70.000,00 € netto ermäßigt wurde. Zum weiteren Inhalt des Vertrages wird auf die Ablichtung Bl. 386 ff. GA Bezug genommen.
11Durch notariellen Vertrag vom 19.07.2004 veräußerte und übertrug der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die Anteile am Stammkapital an der T1 zu 66% an einen niederländischen Investor, die N1 mit Sitz in S. In dem als Anlage 4 im vorgenannten Vertrag in Bezug genommenen "Vertrag zur Änderung eines Darlehensvertrages und Rangrücktrittserklärung" erklärte der Beklagte zu 1) unter Ziffer 2. hinsichtlich eines Teilbetrages seiner Darlehensforderung in Höhe von 5 Mio. € den Rangrücktritt u.a. gegenüber einer Darlehensforderung der N1 sowie Forderungen insoweit refinanzierender Banken.
12In der Folgezeit trat der Beklagte zu 1) weitere 34 % der Anteile am Stammkapital der T1 an den damaligen Geschäftsführer, Herrn O2, ab, der zuvor zum 11.07.2005 sein Geschäftsführeramt aufgegeben hatte. Auch die weiteren Geschäftsführer F und W wurden im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung vom 19.07.2004 abgelöst. Stattdessen übernahm Herr N2 ab dem 11.07.2005 die Geschäftsführung, bis er von Herrn N3 am 22.08.2006 abgelöst wurde.
13Durch notarielle Urkunde vom 13.09.2005 (Urkundsnummer XXXXXX des Notars U) übernahm die N1 Finanzierungsgarantien zugunsten der T1. Im Gegenzug verzichtete der Beklagte zu 1) auflösend bedingt durch die Insolvenz der T1 auf einen Teil der Darlehensforderung in Höhe von etwa 5,4 Mio. €. Den verbleibenden Betrag von 3.150.000,00 € sollte T1 in monatlichen Raten von 50.000,00 € beginnend mit Oktober 2005 zurückzahlen. Zudem erklärte der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter einen Rangrücktritt hinter sämtliche Forderungen solcher Gläubiger der T1, die keinen Rangrücktritt erklärt hatten.
14Über die seitens T1 angemietete Immobilie in der O1-straße in B wurde in der Folgezeit auf Betreiben der Beklagten zu 2) die Zwangsverwaltung angeordnet. Die Beschlüsse über die Anordnung der Zwangsverwaltung wurden am 09.06.2005 im Grundbuch eingetragen. Die Aufhebung der Zwangsverwaltung erfolgte erst am 17.03.2006 nachdem das Grundstück mit Zustimmung der Beklagten zu 2) als Hauptgrundpfandrechtgläubigerin veräußert worden war (dazu unten mehr). Per 21.07.2005 war T1 mit Mieten in Höhe von insgesamt 600.000,00 € rückständig.
15Im Februar 2006 veräußerte der Beklagte zu 1) die Betriebsimmobilie mit Zustimmung der Grundpfandgläubiger, auch der Beklagten zu 2), an die Firma M Die Verpachtung an die T1 wurde zu einer monatlichen Pacht von 66.666,00 € fortgeführt.
16Nachdem Gläubiger ab dem 09.10.2006 Insolvenzanträge betreffend die T1 gestellt hatten, wurde der Kläger durch Beschluss vom 18.10.2006 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und das Insolvenzverfahren durch Beschluss vom 16.01.2007 über das Vermögen der T1 eröffnet.
17Der Kläger führt im Zusammenhang mit der Insolvenz der T1 verschiedene gerichtliche Verfahren. In dem Verfahren vor dem Landgericht Aachen zu 10 O 193/08 macht er die nachfolgend unter Ziffer 1. a) genannte Klageforderung gegenüber dem Beklagten zu 1) in dessen Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T2 geltend. In den Verfahren Landgericht Aachen 11 O 453/09 und 257/09 sowie 12 O 413/07 nimmt bzw. nahm der Kläger die ehemaligen Geschäftsführer W, F und O2 aus § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. sowie auch aus § 826 BGB in Anspruch.
18II.
19Der Beklagte zu 1) erhielt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T2 im Zeitraum 01.07.2002 bis 09.10.2005 auf das im Vertrag vom 28.06.2002 vereinbarte Darlehen von T1 folgende Zins- und Tilgungsleistungen:
2018.11.2002 13.12.2002 13.12.2002 13.12.2002 13.12.2002 15.01.2003 15.01.2003 06.02.2003 |
Tilgung Tilgung Tilgung Tilgung Tilgung Tilgung Tilgung Tilgung |
221.875,-- € 221.875,-- € 221.875,-- € 221.875,-- € 221.875,-- € 221.875,-- € 221.875,-- € 221.875,-- € |
Gesamt |
1.553.125,-- € |
13.12.2002 28.04.2003 05.08.2003 16.12.2003 15.01.2004 13.04.2004 |
Zinsen Zinsen Zinsen Zinsen Zinsen Zinsen |
102.347,21 € 80.237,72 € 81.153,13 € 65.784,10 € 65.605,35 € 63.999,38 € |
Gesamt |
459.126,89 € |
Nach Übertragung der Geschäftsanteile an der T1 durch Vertrag vom 19.07.2004 wurden entsprechend den modifizierenden Regelungen folgende weiteren Zinsen gezahlt.
2310.10.2005 19.01.2006 17.05.2006 27.07.2006 |
Zinsen 3. Quartal 2005 Zinsen 4. Quartal 2005 Zinsen 1. Quartal 2006 Zinsen 2. Quartal 2006 |
24.963,75 € 24.963,75 € 24.538,75 € 24.538,75 € |
Gesamt |
103.005,00 € |
Pachtzahlungen leistete T1 an den Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter wie folgt:
2512.08.2002 06.09.2002 04.11.2002 10.12.2002 16.12.2002 09.01.2003 07.02.2003 30.04.2003 04.06.2003 12.06.2003 17.06.2003 08.08.2003 11.09.2003 13.10.2003 29.12.2003 05.02.2004 09.03.2004 15.03.2004 01.04.2004 11.10.2004 18.10.2004 19.10.2004 21.10.2004 22.10.2004 22.10.2004 26.10.2004 26.10.2004 |
Pacht 7+8/2002 Pacht 9/2002 Pacht 10/2002 Pacht 11/2002 Pacht 12/2002 Pacht 01/2003 Pacht 02/2003 Pacht 03/2003 Pacht 04/2003 Pacht 05/2003 Pacht 06/2003 Pacht 07/2003 Pacht 08/2003 Pacht 09/2003 Pacht 10/2003 Pacht 11/2003 Pacht 12/2003 Pacht 01/2004 Abschlag Pacht Pacht 01/04 Pacht Rest 3/2004 Pacht 04/2004 Pacht 05/2004 Pacht 06/2004 Pacht 07/2004 Pacht 08/2004 Pacht 09/2004 |
208.800,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 104.400,00 € 30.000,00 € 81.200,00 € 76.397,52 € 70.265,84 € 70.265,84 € 70.265,84 € 81.200,00 € 81.200,00 € 81.200,00 € |
Gesamt |
2.625.595,04 € |
Insgesamt flossen damit in dieser Zeit an den Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter der T2 Zahlungen in Höhe von 4.740.851,93 €, deren Rückzahlung der Kläger mit seinem Klageantrag zu Ziffer 1. a) verfolgt.
27Von den erhaltenen Pachtzahlungen zahlte der Beklagte zu 1) zur Bedienung verschiedener grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen einen Teilbetrag, dessen Umfang streitig ist, an die Beklage zu 2) als Poolführerin der Grundpfandgläubiger der T2.
28Nach Anordnung der Zwangsverwaltung zahlte die T1 entsprechend dem Vertrag vom 13.09.2005 folgende Beträge an den Zwangsverwalter:
29September 2005 |
über das Anderkonto der Rechtsanwälte T3 pp., B |
812.000,00 € |
12.10.2005 03.11.2005 02.12.2005 04.01.2006 02.02.2006 08.03.2006 |
58.000,00 € 58.000,00 € 81.200,00 € 81.200,00 € 81.200,00 € 40.600,00 € |
|
Gesamt |
1.212.200,00 € |
Diese Summe ist Gegenstand des Klageantrages zu Ziffer 2).
31Nach dem 19.07.2004 erfolgten auch Zahlungen an die niederländische Gesellschafterin, die N1 , die der T1 so Liquidität in jedenfalls siebenstelliger Höhe entzog.
32III.
33Der Kläger behauptet, die T1 sei spätestens im Juni 2004 zahlungsunfähig gewesen. Bereits Mitte 2005 habe eine Überschuldung in Höhe von etwa 20 Mio. € bestanden. Zur Begründung der Zahlungsunfähigkeit der T1 macht der Kläger in der Klageschrift vom 29.12.2010 weitere Ausführungen, auf welche Bezug genommen wird. Bereits die im Vertrag vom 28.06.2002 der T1 auferlegten finanziellen Belastungen seien letztendlich existenzvernichtend gewesen. Die oben dargestellten Zahlungen auf das Darlehen sowie die Pachtzahlungen seien daher eigenkapitalersetzend verstrickt gewesen.
34Das Darlehen über 10,65 Mio. € unterliege den Grundsätzen des Finanzplankredites. Es habe insoweit auch mehrfach Finanzierungsfolgenentscheidungen gegeben. Die Gebrauchsüberlassung der Immobilie O1-straße sei ebenfalls eigenkapitalersetzend gewesen. Die so erlangten Beträge seien daher analog §§ 30, 31 GmbHG zurückzugewähren. Innerhalb der Jahresfrist des § 135 InsO sei den Beklagten der Nachweis abgeschnitten, das Stammkapital sei nachhaltig wieder hergestellt. Gemessen an dem – unstreitigen – Zeitpunkt der Antragstellung, dem 09.10.2006, betreffe dies Zahlungen ab dem 09.10.2005.
35Zugleich seien auch die Anspruchsvoraussetzungen der Rechtsfigur des existenzvernichtenden Eingriffs gemäß § 826 BGB erfüllt sowie der §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Den Beklagten zu 1) und 3) sei die negative Fortführungsprognose bekannt gewesen. Den Beklagten seien die Umstände bekannt gewesen, wonach die Zahlungsunfähigkeit der T1 mittelfristig drohte, so dass bereits bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit die Insolvenzreife der Gesellschaft gegeben gewesen sei und dies zugleich den Krisenbeginn i.S.d. §§ 32a, b GmbHG a.F. markiere. Weil bereits bei Aufnahme der Tätigkeit keine positive Fortführungsprognose habe gestellt werden können, hätte von Anfang an handelsrechtlich und insolvenzrechtlich mit Zerschlagungswerten bilanziert werden müssen. Im Rahmen ihrer Haftung aufgrund existenzvernichtenden Eingriffs hätten die Beklagten auch die Verfahrenskosten des Folgeinsolvenzverfahrens zu tagen.
36Die Beklagte zu 2) hafte als Mittäterin gemäß §§ 30, 31, 89, 826, 830 BGB. Der Beklage zu 1) habe die Gesellschaftsanteile der T1 bis zum 19.07.2004 allein im Interesse der Gläubiger gehalten, weshalb der Beklagten zu 2) bis dahin eine „Quasi-Gesellschafterstellung“ zugekommen sei, die in der Person des Beklagten zu 3) verwaltet worden sei.
37Der Beklagte zu 3) hafte jedenfalls als Teilnehmer gemäß § 830 Ab. 2 BGB. Er sei – was unstreitig ist – maßgeblich an der Gläubigerausschusssitzung beteiligt gewesen, in welcher die konkrete Form der Auffanglösung beschlossen worden sei. Er habe den Vertrag vom 28.06.2002 gelesen und geprüft sowie des weiteren die wirtschaftlichen Kennzahlen gekannt. Er habe an dem Beschluss des formalen Stehenlassens des Darlehens mitgewirkt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Mieten nur unregelmäßig geflossen seien und ebenfalls hätten stehen gelassen haben werden müssen, denn die Mieten seien im Rahmen der „kalten Zwangsverwaltung“ an die Beklagte zu 2) als Poolführerin geflossen. Der Beklagte zu 3) habe seine Funktion als Gläubigerausschussmitglied schließlich nicht von seiner Arbeitnehmerstellung bei der Beklagten zu 2) getrennt.
38Die Beklagte zu 2) schulde die Rückzahlung eines Teils der von Seiten des Beklagten zu 1) erhaltenen Beträge auch unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung. Der Beklagte zu 1) habe den Nettobetrag der erhaltenen Pachtzahlungen an die Beklagte zu 2) weitergeleitet. Diese Nettomieten seien aufgrund der Eigenkapitalverstrickung der Immobiliennutzung ohne Rechtsgrund gezahlt worden und könnten daher nach §§ 133, 134 InsO, § 812 BGB zurückgefordert werden, da sie als mittelbare Zuwendungen der Anfechtung unterlägen. Zugleich bestünde auch ein Anspruch aus § 812 i.V.m. § 138 BGB, weil die Beklagte zu 2) die Schädigungshandlung unterstützt habe. Durch Weiterleitung der Mieten habe der Beklagte zu 1) die Realisierung eines Masseanspruchs verhindert, so dass er insoweit auch nach § 61 InsO hafte.
39Die Nutzungsmöglichkeit des Objekts O1-straße habe keinen den Pachtzahlungen angemessenen Gegenwert dargestellt, denn es sei für die Zwecke der Gesellschaft bereits zum Zeitpunkt der Anordnung des Insolvenzverfahrens über die T2 überdimensioniert gewesen. Alternative, für die Zwecke des Unternehmens ausreichende Flächen hätte für unter 40.000,00 € netto monatlich gepachtet werden können.
40Die Beklagte zu 2) schulde zusätzlich die Rückzahlung der im Rahmen der Zwangsverwaltung erhaltenen Zahlungen nach erfolgter Insolvenzanfechtung gemäß §§ 133, 134 InsO, da auch diese Zahlungen als mittelbare Zuwendungen der Anfechtung unterlägen. Da der Zwangsverwalter das Geld als Treuhänder halte, unterfielen auch die Zahlungen an den Zwangsverwalter der Anfechtung gegenüber der Beklagten zu 2) als mittelbarer Zuwendungsempfängerin. Aus ihrer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit sei auf einen Benachteiligungsvorsatz zu schließen.
41Der Kläger beantragt daher mit seiner am 29.12.2010 erhobenen Klage,
421. a.Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 4.740.851,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz wie folgt zu zahlen:
43aus 221.875,00 € ab dem 18.11.2002aus 989.847,21 € ab dem 13.12.2002aus 221.875,00 € ab dem 15.01.2003aus 221.875,00 € ab dem 06.02.2003aus 80.237,72 € ab dem 28.04.2003aus 81.153,13 € ab dem 05.08.2003aus 65.784,10 € ab dem 16.12.2003aus 65.605,35 € ab dem 15.01.2004aus 63.999,38 € ab dem 13.04.2004aus 24.963,75 € ab dem 10.10.2005aus 24.963,75 € ab dem 19.01.2006aus 26.538,75 € ab dem 17.05.2006aus 26.538,75 € ab dem 27.07.2006aus 208.800,00 € ab dem 12.08.2002aus 104.400,00 € ab dem 06.09.2002aus 104.400,00 € ab dem 04.11.2002aus 104.400,00 € ab dem 10.12.2002aus 104.400,00 € ab dem 16.12.2002aus 104.400,00 € ab dem 09.01.2003aus 104.400,00 € ab dem 07.02.2003aus 104.400,00 € ab dem 30.04.2003aus 104.400,00 € ab dem 04.06.2003aus 104.400,00 € ab dem 12.06.2003aus 104.400,00 € ab dem 17.06.2003aus 104.400,00 € ab dem 08.08.2003aus 104.400,00 € ab dem 11.09.2003aus 104.400,00 € ab dem 13.10.2003aus 104.400,00 € ab dem 29.12.2003aus 104.400,00 € ab dem 05.02.2004aus 104.400,00 € ab dem 09.03.2004aus 104.400,00 € ab dem 15.03.2004aus 30.000,00 € ab dem 01.04.2004aus 81.200,00 € ab dem 11.10.2004aus 76.397,52 € ab dem 18.10.2004aus 70.265,84 € ab dem 19.10.2004aus 70.265,84 € ab dem 21.10.2004aus 151.465,84 € ab dem 22.10.2004;
44b)festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die gesamten Verfahrenskosten nach § 54 InsO im Insolvenzverfahren über das Vermögen der T2, Amtsgericht Aachen, Aktenzeichen 92 IN 296/06, zu zahlen;
452. Die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn weitere 1.212.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2007 zu zahlen.
46Die Beklagten beantragen,
47die Klage abzuweisen.
48Die Beklagten erheben zunächst die Einrede der Verjährung. Der geltend gemachte Klageanspruch aus § 826 BGB sei nach dem Vortrag des Klägers im Jahr 2004 entstanden, der Lauf der Verjährungsfrist habe daher nach Einschätzung des Beklagten zu 3) mit dem Schluss dieses Jahres eingesetzt. Denn die Gesellschafter und Geschäftsführer hätten spätestens zu diesem Zeitpunkt von den angeblich existenzvernichtenden Eingriffen Kenntnis erlangt. Auch wenn man auf die letzte streitgegenständliche Zahlung abstelle, die aus dem Jahr 2006 datiere, sei Verjährung spätestens mit dem Schluss des Jahres 2009 eingetreten. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe auf den Lauf der Verjährung dagegen keinen Einfluss.
49Die Klage sei vor dem Hintergrund des Verfahrens vor dem Landgericht Aachen zu 10 O 193/08 schon nicht zulässig, da die hier verfahrensgegenständlichen Ansprüche in dem dortigen Verfahren bereits im Wege der Widerklage geltend gemacht werden.
50Die Ansprüche scheiterten im übrigen auch daran, dass die Beklagten – auch der Beklagte zu 1) jedenfalls nicht persönlich – zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der T1 waren. Die seitens des Klägers angeführten Zahlungen seien weder überhöht oder unangemessen gewesen und für die im Oktober 2006 eingetretene Insolvenz der T1 – insbesondere mit Blick auf den Liquiditätsabfluss zu Gunsten der N1 – nicht kausal geworden. Aufgrund der ihnen erteilten Beratung u.a. im Gutachten PWC vom 22.06.2006 (Anlage B4) und der WP-geprüften Bilanzen seien sie stets davon ausgegangen, das Unternehmen sei jedenfalls sanierungsfähig.
51Der Beklagte zu 1) beruft sich darauf, Zahlungen nie persönlich, sondern in seiner Funktion als Partei kraft Amtes entgegengenommen zu haben, er sei daher – persönlich in Anspruch genommen – nicht passivlegitimiert. Mangels Gesellschafterstellung ab dem 19.07.2004 sei die Klage gegen ihn jedenfalls bezogen auf nachfolgende Zahlungen unschlüssig. Im übrigen scheitere die behauptete Existenzvernichtungshaftung an dem im Rahmen des Notarvertrages vom 13.09.2005 erklärten teilweise Verzicht auf die Darlehensrückzahlung, da dieser den behaupteten Entzug von Liquidität noch übersteige.
52Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, die Voraussetzungen der ihr vorgeworfenen Beihilfe seinen nicht dargetan. Etwaige Kenntnisse des Beklagten zu 3) als Gläubigerausschussmitgied seien ihr nicht zuzurechnen. Auch lägen die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung nicht vor. Die Pachtzahlungen an den Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter seien von diesem nicht an sie „weitergereicht“ worden. Vielmehr habe der Beklagte zu 1) so Darlehensverbindlichkeiten der T2 bedient. Für die Pachtzahlungen an den Zwangsverwalter gelte grundsätzlich dasselbe. Im übrigen habe sie im Rahmen der Zwangsverwaltung von der eingezogenen Pacht lediglich einen Betrag von 1.046.962,35 € erhalten.
53Der Beklagte zu 3) wendet ein, es sei dem Klagevortrag nicht zu entnehmen, durch welche Handlungen der Beklagte zu 3) an einem etwaigen „existenzvernichtenden Eingriff“, dessen Voraussetzungen nicht dargetan seien, teilgenommen haben könnte. Weder sei es in seiner Eigenschaft als Gläubigerausschussmitglied seine Aufgabe gewesen, an der Bilanzierung der T1 mitzuwirken, noch habe er nach Übertragung des Unternehmens am 19.07.2002 eine Möglichkeit der Einflussnahme gehabt.
54IV.
55Zur Frage der Verjährung repliziert der Kläger, für den Beginn der Verjährung sei auf seine Kenntnis als Insolvenzverwalter abzustellen. Positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen habe er nicht bereits im Herbst 2006 nach Bestellung als vorläufiger Insolvenzverwalter der T1 erlangt, da dieser Beschuss – unstreitig – mit der Beschwerde angegriffen wurde, über die erst am 20.11.2006 durch das Landgericht entschieden wurde. Ansatzweise brauchbares Wissen zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche habe er allenfalls und frühestens im Jahr 2008 erhalten. Auch habe er erst im Jahr 2009 erfahren, dass der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der T2 bestellte Sonderinsolvenzverwalter keine Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) verfolgen werde. Schließlich sei er bis dahin auch aus wirtschaftlichen Gründen an einer Klagerhebung gehindert gewesen.
56Die Kenntnis der Geschäftsführer sei bedeutungslos, weil diese zugleich Schädiger seien. Alle Geschäftsführer hätten mit den Beklagten kollusiv zusammengewirkt. Der Geschäftsführer O2 habe bereits 2003 erklärt, er gehe nicht von einer positiven Fortführungsprognose aus. Nur ein halbes Jahr später habe der Geschäftsführer F einen Insolvenzantrag stellen wollen. Ende 2004 habe der Geschäftsführer W gegenüber einem Gläubiger Zahlungsunfähigkeit eingestanden. Anfang 2005 habe der Geschäftsführer O2 einen Insolvenzantrag stellen wollen, sei davon aber von den späteren Geschäftsführern N2 und N3 durch Androhung einer „Pönale“ abgehalten worden. Im Juni 2006 habe der Geschäftsführer N2 in Erwägung gezogen, einen Insolvenzantrag zu stellen, und sei deshalb abberufen worden. Er behauptet zudem, die weiteren Geschäftsführer N2 und N3 hätten im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen jeweils den Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklärt.
57Die Kenntnis der Geschäftsführer sei auch deshalb nicht von Bedeutung, da einerseits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anspruchsvoraussetzung sei. Zum anderen seien die hier in Rede stehenden Zahlungen vor Erlass der Trihotel-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2007 geflossen seien. Erst ab diesem Paradigmenwechsel im Haftungskonzept bestehe überhaupt eine Innenhaftung, so dass die Verjährungsfrist eines entsprechenden Anspruchs auch erst in diesem Jahr hat in Lauf gesetzt werden können. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei die Verjährung gemäß § 204 Nr. 10 BGB gehemmt. Hinsichtlich des Feststellungsantrages seien schließlich noch nicht alle Schäden entstanden.
58Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2011 Bezug genommen.
59Entscheidungsgründe
60Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
611.Dem Kläger stehen durchsetzbare Ansprüche gegen den persönlich in Anspruch genommenen Beklagten zu 1) nicht zu.
62a.Es kann hier dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 1) gemäß § 826 BGB vorliegen, da ein solcher Anspruch nicht durchsetzbar wäre.
63Nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Haftungskonzept des "existenzvernichtenden Eingriffs" haftet der Gesellschafter nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn er auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens keine Rücksicht nimmt und der Gesellschaft ohne angemessenen Ausgleich Vermögenswerte entzieht, die sie zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt, und so die Insolvenz der Gesellschaft herbeiführt (BGH, Urteil vom 16.07.2007 – II ZR 3/04 – BGHZ 173, 246 = DStR 2007, 1586 – TRIHOTEL). Voraussetzung einer solchen Haftung ist ein missbräuchlicher, zur Insolvenz der GmbH führender oder diese vertiefender kompensationsloser Eingriff in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen (BGH, a. a. O.; Urteil vom 07.01.2008 – II ZR 314/05 – DStR 2008, 886). Subjektiv erforderlich ist mindestens eventualvorsätzliches Handeln im Sinne einer Inkaufnahme der Schädigung der Gesellschaft und der daraus folgenden Insolvenz bzw. deren Vertiefung (BGH, Urteil vom 30. 11. 1978 – II ZR 204/76, NJW 1979, 2104).
64Der Anspruch gegen den Beklagten zu 1) scheitert nicht bereits daran, dass er persönlich und nicht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T2 in Anspruch genommen wird. Denn eine durch unerlaubte Handlung begründete Schadensersatzpflicht des Konkursverwalters wird nicht durch die Haftung der Masse ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.1987 – IX ZR 156/86, ZIP 1987, 1398; Rezbach, Die Parallelität von Massehaftung und persönlicher Verwalterhaftung bei Versagen des Insolvenzverwalters, 2009, S. 278).
65b.Im übrigen bestehen hier allerdings Zweifel daran, dass – insbesondere die subjektiven – Voraussetzungen des Anspruchs auch gemäß § 826 BGB in ausreichender Weise dargetan sind. Darauf kommt es indes nicht an, weil sich der Beklagte zu 1) erfolgreich auf die Einrede der Verjährung beruft.
66Nach §§ 195, 199 BGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre beginnend vom Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners hat oder diese Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat. Insoweit kommt es bei juristischen Personen des Privatrechts grundsätzlich auf die Kenntnis ihrer vertretungsberechtigten Organe von den Anspruchsvoraussetzungen an. Lediglich wenn das Organ einer Gesellschaft selbst der Schuldner ist, kann es der Gesellschaft die erforderliche Kenntnis nicht verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2011 – II ZR 301/09, WM 2001, 794;Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 292/07, BGHZ 179, 344 ff.; Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, ZIP 1989, 1390, 1397; Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 199 Rn. 61; Grothe in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage 2012, § 199 Rn. 33a). Danach hat der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist jedenfalls mit Schluss des Jahres 2006 begonnen, so dass bei Klageerhebung im Jahr 2010 Verjährung hinsichtlich der Klageforderungen zu Ziffer 1. eingetreten war.
67c.Dagegen ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder das Urteil des BGH vom 16.07.2007 (BGHZ 173, 246 ff. – Trihotel) für den Lauf der Verjährung nicht von Bedeutung. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen der Haftung aufgrund „existenzvernichtenden Eingriffs“ gemäß § 826 Abs. 1 BGB. Eine Verjährungsunterbrechung gemäß § 204 Nr. 10 BGB ist mit ihr ebenfalls nicht verbunden, da Innenansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter von dieser Vorschrift nicht erfasst werden (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 71. Auflage 2012, § 204 Rn. 25).
68Auch der Wechsel im Konzept der Durchgriffshaftung in der GmbH durch das Urteil des BGH vom 16.07.2007 ändert am Lauf der Verjährung nichts. Es ist insoweit bereits zweifelhaft, inwieweit einzelne Judikate in dieser Weise Einfluss auf Verjährungsfragen haben können. Gegen einen solchen Einfluss spricht hier aber auch, dass die Haftung aus § 826 BGB nicht erst seit dieser Entscheidung, sondern bereits in den vorangegangenen Entscheidungen „Bremer Vulkan“ (BGHZ 149, 10), „KBV“ (BGHZ 151, 181) und besonders deutlich in der Entscheidung „Rheumaklinik“ (BGH, Urteil vom 20.09.2004 – II ZR 302/02, ZIP 2004, 2138) herangezogen wurde. In diesen Fällen hat der BGH eine Haftung aus § 826 BGB dem Grunde nach mit denselben begrifflichen Merkmalen wie bei dem Haftungsinstitut des existenzvernichtenden Eingriffs gekennzeichnet und bejaht, indem er den planmäßigen Entzug von Gesellschaftsvermögen im Sinne der Verringerung der Zugriffsmasse zu Lasten der Gläubiger und zum eigenen Vorteil des Gesellschafters als dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprechend und damit sittenwidrig eingestuft hat.
69d.Vor diesem Hintergrund ist hier maßgeblich auf die Kenntnis der Geschäftsführer der T1 abzustellen. Denn der Vortrag des Klägers lässt nicht den Schluss darauf zu, dass diese ebenfalls Schuldner des geltend gemachten Anspruchs sind. Zwar waren den jeweiligen Geschäftsführern der T1 nach dem Vortrag und der Einschätzung des Klägers spätestens Mitte 2004 Umstände bekannt, aus denen sich für sie der Rückschluss aufdrängen musste, dass die Zahlungsunfähigkeit der T1 mittelfristig drohte. Dass mit diesem Wissen aber auch die Vorstellung verbunden war, dass die jeweiligen Zahlungen die Gesellschaft in der Weise schädigten, dass die faktische dauerhafte Beeinträchtigung der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten die voraussehbare Folge des Eingriffs ist, ist angesichts unstreitiger Umstände der Unternehmensfortführung nicht ersichtlich. Ob es hinsichtlich des Vorsatzes auf den jeweiligen Zeitpunkt der Zahlung oder aber auf den Zeitpunkt der „existenzvernichtenden Gründung“ durch Vertrag vom 28.06.2002 ankommt, kann dabei sogar dahin stehen. Denn einerseits waren die Geschäftsführer bis auf Herrn O2 nie selbst Gesellschafter. Die Behauptung des kollusiven Zusammenwirkens der Geschäftsführer mit den Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Tragfähige Anhaltspunkte teilt der Klägerin insoweit schon nicht mit. Die Behauptung der Abhängigkeit der Geschäftsführer der T1 von dem Beklagten zu 1) mit Blick auf mögliche Regressansprüche im Zusammenhang mit der Insolvenz der T2 ist schon nicht recht verständlich, enthält aber auch keinen Tatsachenvortrag, der ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten belegt. Angesichts der – jeweils testierten – Jahresabschlüsse, die stets einen, wenn auch relativ kleinen, Gewinn der T1 auswiesen, erscheint es bereits fraglich inwieweit bzw. ab frühestens wann den jeweiligen Geschäftsführern bewusst geworden sein mag, dass die Vereinnahmung von Tilgungs-, Zins- und Pachtleistungen eine „faktische dauerhafte Beeinträchtigung der Erfüllung der Verbindlichkeiten“ der T1 nach sich zog. Zudem wurde früh begonnen, im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Darlehensverbindlichkeit auf entstehende Probleme der T1 bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten bzw. hinsichtlich der erforderlichen Liquidität zu reagieren. So wurde bereits mit dem Vertrag vom 01.12.2003 die Tilgung des Darlehens langfristig (bis 2005) ausgesetzt. In der Folgezeit wurde eine Verringerung des monatlichen Pachtzinses vereinbart. Schließlich erfolgte im Vertrag vom 13.09.2005 der (allerdings bedingte) Verzicht des Beklagten zu 1) auf den überwiegenden Teil seines Darlehensrückzahlungsanspruchs. Mit dem gleichen Vertrag verzichtete der Beklagte zu 1) im Übrigen auch auf fast alle ihm gegenüber gestellten Sicherheiten. Schließlich ist hier auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1) mehrfach zu Rangrücktrittserklärungen zur Erleichterung der angestrebten weiteren Fremdmittelbeschaffung bereit war.
70Für die Verjährung des unter Ziffer 1. b) geltend gemachten Feststellungsanspruchs gilt nicht anderes. Schadensersatzansprüche deliktischer, aber auch vertraglicher Art entstehen mit Schadenseintritt. Der Schadenseintritt wiederum bestimmt sich für die Zwecke des Verjährungsrechts bei mehreren Schadensfolgen anhand des Grundsatzes der Schadenseinheit. Danach gilt der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitlichen Verhalten beruht, bereits mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten. Der Zeitpunkt der einzelnen Schadensfolgen spielt so lange keine Rolle, als diese – wie hier die Kosten des nachfolgenden Insolvenzverfahrens – eine bloße Weiterentwicklung darstellen und mit ihnen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 12. 2. 1998 - IX ZR 190–97, NJW-RR 1998, 742, 743; Peters/Jacoby in: Staudinger, a.a.O., Rn. 44; Grothe in: Münchner Kommentar, a.a.O., Rn. 9). Vor diesem Hintergrund kann hier auch dahinstehen, ob bereits die erste streitgegenständliche Zahlung den Lauf der Verjährung auslöste oder angesichts der einheitlichen vertraglichen Anlage der Zahlungen im Vertrag vom 28.06.2002 von einem einheitlichen Schädigungsvorgang auszugehen ist mit der Folge, dass auf die letzte streitgegenständliche Zahlung – im Jahre 2006 – abzustellen ist.
71Ebenso fehlt es an den Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten zu 1) gemäß §§ 60, 61 InsO. Denn in der „Weiterleitung der Mieten“ liegt keine Pflichtverletzung, die eine Haftung gemäß § 60 InsO begründen könnte. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Dass der Beklagte zu 1) hierdurch im Sinne des § 61 InsO eine Masseverbindlichkeit begründet hat, die aus der Insolvenzmasse nicht vollerfüllt werden kann, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil sind Darlehensforderungen gegen die T2, deren Insolvenzverwalter der Beklagte zu 1) ist, durch die Zahlungen an die Beklagte zu 2) erloschen.
72Weitere Anspruchsgrundlagen gegen den Beklagten zu 1) persönlich stehen dem Kläger zur Stützung seines Klagebegehrens nicht zur Verfügung. Ansprüche aus §§ 30 ff. GmbHG a.F. oder aus Insolvenzanfechtung richten sich gegen den Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter, in welcher er hier aber nicht, sondern in dem Verfahren vor dem Landgericht Aachen zu 10 O 193/08 in Anspruch genommen wird.
732.Aus den dargestellten Gründen scheitert ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten zu 2) und 3) als Teilnehmer eines „existenzvernichtenden Eingriffs“ gemäß §§ 826, 830 BGB betreffend die Zahlungen, die dem Klageantrag zu 1. zu Grunde liegen, jedenfalls an der insoweit eingetretenen Verjährung, auf die beide Beklagte sich berufen haben.
743.Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2) auch unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung kein Anspruch auf Rückzahlung der in 2002 bis 2004 an den Beklagten zu 1) oder in 2005 und 2006 an den Zwangsverwalter gezahlten Pacht zu.
75a.Eine Anfechtung der Pachtzahlungen 2002 bis 2004 an den Beklagten zu 1) gemäß § 133 InsO oder aus § 134 InsO gegenüber der Beklagten zu 2) scheidet aus. Denn die Beklagte zu 2) ist schon nicht Zuwendungsempfängerin im Sinne dieser Vorschriften. Die Zahlungen sind von der T1 nicht direkt an die Beklagte zu 2) geflossen. Anfechtbar sind diese Rechtshandlungen gegenüber der Beklagten zu 2) daher nur, soweit sie sich ihr gegenüber als mittelbare Zuwendungen der T1 darstellen.
76Anfechtbar sind auch solche Rechtshandlungen des Schuldners, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten. Für den Dritten muss hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat (BGH, Urteil vom 17.03.2011 – IX ZR 166/08, WM 2011, 803; Urteil vom 06.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 f.). Um eine derartige mittelbare Zuwendung handelt es sich hier weder bei den Zahlungen an den Beklagten zu 1) noch hinsichtlich der Zahlungen an den Zwangsverwalter. Allein der Umstand, dass ein Teil der seitens des Beklagten zu 1) von T1 erhaltenen Pachtzahlungen dazu dienten, Darlehensforderungen der Beklagten zu 2) zu bedienen, führt noch nicht dazu, dass sich die Darlehenstilgung als Leistung der T1 darstellen. Dem steht bereits der unstreitige Rechtsgrund der Darlehensbeziehung zwischen T2 und der Beklagten zu 2) entgegen. Unter diesen Umständen ist weder ersichtlich noch dargetan, inwiefern und zu welchem Zweck die Zahlungen bzw. die „Weiterleitung“ einem Wunsch der T1 entsprechen sollten. Allein die Vermutung eines einheitlichen Planes und die behauptete zeitliche Koinzidenz der Pachtzahlung und der Zahlung der Darlehensraten genügt den Anforderungen an die Darlegung einer entsprechenden Zweckrichtung der Zahlung nicht. Die nach dem Vorbringen des Klägers folgerichtige Annahme, die Nutzungsüberlassung der Immobilie sei eigenkapitalersetzend verstrickt gewesen, mit der Folge dass die Pachtzahlungen gegenüber dem Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der T2 nicht geschuldet waren, ändert nichts daran, dass im Verhältnis zu der Beklagten zu 2) eine hiervon unabhängige Rechtsbeziehung bestand, auf die seitens des Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter geleistet wurde.
77Dasselbe gilt hinsichtlich der Zahlungen in den Jahren 2005 und 2006 an den Zwangsverwalter. Dieser verwaltet im Wege der Vollstreckung der Verbindlichkeiten des Eigentümers die Immobilie. Leistungen an ihn wirken daher in dem Verhältnis zwischen den Grundpfandgläubigern und dem Eigentümer. Eine Leistungsbeziehung zu den hinter dem Zwangsverwalter stehenden Grundpfandgläubigern wird durch die Anordnung der Zwangsverwaltung gerade nicht begründet, da die ursprünglichen Vertragsverhältnisse nicht modifiziert werden.
78Unabhängig hiervon fehlt es bezüglich der Pachtzahlungen auch an den Anfechtungsvoraussetzungen. Diese folgen hier den §§ 142, 133 Abs. 1 InsO.
79Die Pachtzahlungen sind aufgrund der mit dem Pachtverhältnis verbundenen Nutzungsüberlassung Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO. § 142 InsO setzt eine Leistung des Schuldners aus seinem haftenden Vermögen und eine unmittelbare und ausreichende Gegenleistung des anderen Teils voraus. Die Gegenleistung des anderen Teils muss tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt sein (vgl. Kirchhof in: Münchner Kommentar, InsO, 2. Auflage 2008, § 142 Rn. 4 f.). So liegt die Sache hier. Insbesondere bestehen vor dem Hintergrund der jahrelangen Nutzung der Immobilie durch das Unternehmen auch keine Zweifel an der Gleichwertigkeit der Leistungen. Der Einwand des Klägers, die Immobilie sei für die Nutzung durch die T1 überdimensioniert gewesen; ausreichende Immobilien hätten bereits ab einer monatlichen Pacht von 40.000,00 € zur Verfügung gestanden, betrifft nicht die Frage der Gleichwertigkeit der Leistungen, sondern eine unternehmerische Entscheidung der Geschäftsführung für ebendiese Immobilie. Dass diese tatsächlich nicht der jeweiligen monatlichen Pacht entsprach, hat der Kläger nicht dargetan.
80An den Voraussetzungen des aufgrund der Einordnung als Bargeschäft allein anzuwendenden Vorschrift des § 133 Abs. 1 InsO fehlt es. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen zum Schädigungsbewusstsein der Geschäftsführer der T1 ist auch ein Benachteiligungsvorsatz der T1 hier nicht ersichtlich.
81Aus diesen Gründen scheidet auch ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 BGB i.V.m. § 138 BGB aus.
82Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.
83Die Schriftsätze der Parteien vom 03., 04., 05., 06., 10., 17. und 18.01.2012 boten keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
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