Urteil vom Landgericht Hamburg (11. Zivilkammer) - 311 O 71/13

Tenor

1. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden wie Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 940.108,34 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 9 Prozent auf

- € 1.050.108,34 vom 21.08.2012 bis 16.09.2012

- € 990.108,34 vom 17.09.2012 bis 12.12.2012

- € 940.108,34 seit dem 13.12.2012

auf das von der Klägerin bei der D..B... Bank unter der Nr. 2...0 (BLZ) zu zahlen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf € 978.515,35 festgesetzt, hat sich aber durch teilweise Klagrücknahme vom 21.06.2013 (Bl. 32 f. d.A.) auf € 940.108,34 reduziert.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in H.. (HRB 1...4, vgl. Anl. K1), die die Beklagten aus einem Darlehensvertrag in Anspruch nimmt.

2

Die Klägerin gewährte der Beklagten zu 1) am 23.11.2010 im Zusammenhang mit einem Fleischhandelsgeschäft ein verzinsliches Darlehen zu 9% Jahreszinsen im Rahmen des Kontokorrents auf dem laufenden Konto Nr. 0...0 der Beklagten zu 1) bei ihr.

3

Unter demselben Datum verbürgte sich der Beklagte zu 2), der zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ist, für die Darlehensverbindlichkeit der Beklagten zu 1) bis zu einem Höchstbetrag von € 4.500.00,00. Wörtlich heißt es in dem Bürgschaftsformular: „Selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft“ bzw. „Selbstschuldnerische Bürgschaft“ (Anl. K5).

4

Im Mai 2011 weitete die Europäische Union die seit 2003 bestehenden Sanktionen gegen das Nuklearprogramm des I.. aus. Aufgrund der Durchführungsverordnung 961/2010 wurde die Klägerin am 23.05.2011 auf die Liste der Personen und Einrichtungen aufgenommen, die an nuklearen Tätigkeiten oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit ballistischen Raketen beteiligt sind (nunmehr Anhang IX der EU-Verordnung 267/2012 des Rates vom 23.03.2012 über restriktive Maßnahmen gegen I.. und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2012 (im Folgenden „I..-Embargo-VO“, Anl. K6/B2)).

5

Im Folgenden korrespondierten die Parteien über eine mögliche Rückzahlung aufgrund der resultierenden Schwierigkeiten (Anl. B9, B4).

6

Am 21.08.2012 wies das Konto der Beklagten zu 1) den negativen Saldo in Höhe von € 1.050.108,34 einschließlich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen aus. Mit „Rückzahlungsvereinbarung“ vom selben Tage kamen die Klägerin und die Beklagte zu 1) über die Tilgung des Kontos in Raten zzgl. Zinsen von 9% jährlich überein (vgl. Anl. K2). Die Rückzahlung sollte auf das Konto der Klägerin bei der Bank o..I..a..M.., T..I.., geleistet werden. Die Klägerin stellte in Aussicht, dass sie die Beklagte zu 1) im Falle einer möglichen Abwicklung über ihr Konto bei der D..B... Bank hierüber informieren würde (K2).

7

Am 17.09.2012 zahlte die Beklagte zu 1) an die Klägerin € 60.000,00 (vgl. Anl. B1), am 13.12.2012 tilgte sie weitere € 50.000,00.

8

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.01.2013 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) zur Zahlung der fälligen Raten bis 28.01.2013 auf ihr Konto bei der D..B... Bank auf (Anl. K4). Die Beklagte zu 1) reagierte nicht.

9

Mit Schreiben vom 12.02.2013 teilte die Beklagte zu 1) mit, sie habe mehrere Einzahlungen über die Bank o..I..a..M.. in T.. versucht zu leisten, die ihr mitgeteilt habe, dass aufgrund der Sanktionierung der Bank das Bereitstellungsverbot nach Art. 49 der EU-Verordnung 267/2012 zu beachten sei (vgl. Anl. B5).

10

Unter dem 28.02.2013 erhielt die Klägerin die Auskunft der D..B... Bank, dass Zahlungen auf Grund von Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen, die vor dem Tag der Listung der Klägerin geschlossen wurden (z.B. Gebührenzahlungen aus Altverträgen), nach Art. 29 Abs. 2 lit b) der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 ohne Genehmigung auf ein eingefrorenes Konto der Klägerin innerhalb der EU durchgeführt werden könnten, z. B. auf das bei der D..B... Bank geführte Konto der Klägerin (Anl. K11).

11

Mit Schriftsatz vom 05.03.2013 trat die Klägerin von der Vereinbarung vom 21.08.2012 zurück und verlangte von der Beklagten zu 1) den gesamten negativen Saldo (Bl. 3 d.A.).

12

Mit Mail vom 13.03.2013 verwies die Deutsche B... Bank die Beklagte zu 1) auf eine Barzahlung an die Klägerin (Anl. B6). Unter dem 27.03.2013 schrieb die Klägerin an die Beklagte zu 1), dass eine Barzahlung gegen Art. 23 Abs. 3 der I..-Embargo-Verordnung verstoße.

13

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten könnten die Verbindlichkeit durch Überweisung auf ihr Konto bei der D..B... Bank erfüllen. Die Beklagten hätten keine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit dargetan. Die Vereinbarung vom 21.08.2012 stelle einen Altvertrag im Sinne der I..-Embargo-Verordnung dar. Der Beklagte zu 2) habe sich selbstschuldnerisch verbürgt.

14

Nachdem die Klägerin zunächst den Betrag von € 978.515,35 eingeklagt hatte, hat sie die Klagforderung mit Schriftsatz vom 20.06.2013 aufgrund geleisteter Teilzahlungen durch die Beklagte zu 1) entsprechend dem Klagantrag reduziert.

15

Die Klägerin beantragt nunmehr,

16

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin € 940.108,34 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 9% auf € 1.050.108,34 vom 21.08.2012 bis 16.09.2012, auf € 990.108,34 vom 17.09.2012 bis 12.12.2012 sowie auf € 940.108,34 seit dem 13.12.2012 auf das von der Klägerin bei der D..B... Bank unter der Nr. 2...0 (BLZ) geführte Konto zu zahlen.

17

Die Beklagten beantragen,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie sind der Ansicht, eine Überweisung an die Klägerin sei durch die I..-Embargo-Verordnung verboten, der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens sei daher derzeit nicht durchsetzbar. Die Vereinbarung vom 21.08.2012 stelle keinen Altvertrag im Sinne der Verordnung, sondern eine erheblich geänderte neue Vereinbarung zwischen den Parteien dar. Eine Überweisung auf das Konto der Klägerin bei der D..B... Bank sei ihnen nicht möglich, da sie keine Bank fänden, die sich zur Ausführung der Überweisung an die Klägerin bereiterkläre. Ihre Hausbanken und mehrere andere Banken würden Überweisungen an die Klägerin verweigern (vgl. Anlagenkonvolut B10). Die Beklagte zu 1) riskiere die Schließung ihrer Geschäftskonten, was ihr nicht zumutbar sei. Es sei Sache der Klägerin, einen legalen Zahlungsweg aufzuzeigen. Der Zinsanspruch sei seit Unmöglichkeit der Zahlungen an die Klägerin ab Dezember 2012 unbegründet.

20

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

21

Die Klage ist zulässig und begründet.

22

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung des rückständigen Darlehenssaldos aus dem Darlehensvertrag in Verbindung mit § 488 BGB.

23

Die Rückzahlungsverpflichtung ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist jedoch, ob die Beklagten aufgrund der geltenden europäischen Regelungen zum I..-Embargo an der Rückzahlung im Sinne tatsächlicher oder rechtlicher Unmöglichkeit gehindert sind.

24

Unmöglichkeit im Sinne von § 275 BGB liegt vor, wenn die Leistung von niemandem, weder vom Schuldner noch von einem Dritten, erbracht werden kann. Eine rechtliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn die Leistung aus Rechtsgründen nicht erbracht werden kann.

25

Den Beklagten ist eine Rückzahlung des Darlehens möglich und zumutbar. Eine Zahlung an die Klägerin ist nicht verboten oder aus anderen Gründen unmöglich.

26

Nach dem Urteil des Gerichtes der Europäischen Union vom 30.09.2010 (Kadi / Kommission, T-85/09, juris) sind (im Rahmen der Prüfung der Frage, ob eine Person zu Recht auf der Liste der Personen aufgeführt ist, deren Vermögen insbesondere wegen Unterstützung des iranischen Nuklearprogramms Sanktionen zu unterwerfen ist) die Beschränkungen der Rechte des Betroffenen in der EU durch eine genaue, unabhängige und unparteiische gerichtliche Kontrolle auszugleichen. Dies muss dann entsprechend für Zahlungsansprüche einer den Sanktionen unterworfenen Person im Bereich der EU gelten (OLG Frankfurt a.M. v. 09.05.2011 - 23 U 30/10).

27

a) Die Beklagten dringen nicht mit der Berufung auf eine rechtliche Unmöglichkeit durch, auch wenn die Beklagte zu 1) weiterhin auf der Liste der EU genannt wird (vgl. auch Gericht der Europäischen Union v. 06.09.2013 - T-434/11, juris). Ein Leistungshindernis ergibt sich insbesondere nicht aus EU-Recht.

28

Das EU-Recht hat grundsätzlich Vorrangwirkung. Das in Art. 23 Abs. 3 der I..-Embargo-VO normierte Bereitstellungsverbot steht einer Erfüllung der Darlehensrückzahlungspflicht durch die Beklagten nicht entgegen. Art. 23 Abs. 3 der I..-Embargo-VO gilt gemäß Art. 29 Abs. 2b) der Verordnung nicht für Zahlungen aufgrund von Verträgen, die vor dem Tag, an dem die Klägerin benannt wurde, d. h. dem 23.05.2011, geschlossen wurden, soweit diese Zahlungen eingefroren werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt diese Norm auch für private Schuldner, da es abstrakt mögliche Gutschriften durch Kreditinstitute - unabhängig von der Person des Überweisenden regelt, so dass eine entsprechende Einschränkung der Verordnung nicht zu entnehmen ist.

29

Der hier in Rede stehende Vertrag ist ein solcher Altvertrag. Die Klägerin begehrt Rückzahlung eines Darlehens. Der Darlehensvertrag wurde am 23.11.2010 zwischen den Parteien geschlossen. Die Rückzahlungsvereinbarung vom 21.08.2012 ändert an dieser Einschätzung nichts. Hiermit einigten sich die Parteien auf die Modalitäten der Rückzahlung, nämlich die einzelnen Raten mit Zahlungsziel und -höhe, und das Konto, auf das eingezahlt werden sollte. Die wesentlichen Bedingungen des Darlehensvertrages, insbesondere der Darlehensbetrag, die Laufzeit und die Zinshöhe, wurden hingegen nicht verändert. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verbindlichkeit nunmehr als wesentlich andere anzusehen wäre als vorher. Der Vertrag stellt sich nicht als gänzlicher neuer dar, sondern als bloße Modifikation unter Beibehaltung des Ursprungsvertrages mit dessen Essentialia. Auch aus dem Verordnungszweck ist kein Anhaltspunkt für eine besonders restriktive Auslegung erkennbar. Nach Rücktritt der Klägerin von der Rückzahlungsvereinbarung gründet sich der Rückzahlungsanspruch ausschließlich auf dem ursprünglichen Darlehensvertrag. Dieser Rücktritt ist auch wirksam, da die Beklagte zu 1) ihrer Ratenzahlungsverpflichtung nicht nachkam, obwohl ihr dies möglich war, und der Rücktritt insofern nicht, wie die Beklagte zu 1) geltend macht, ausgeschlossen war (vgl. § 323 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 BGB).

30

Der Leistung kann jedoch in Folge der von der Europäischen Union beschlossenen Sanktionen nicht die ansonsten übliche Zahlungsanweisung der Gläubigerin zu Grunde gelegt werden. Nach dem Scheitern der bisherigen Überweisungsvorgänge kann die Klägerin auf Grund der Wirkung der I..-Embargo-VO nur die Zahlung auf eines ihrer Konten bei der D..B... Bank verlangen. So wird die Einhaltung europäischen Rechts gesichert.

31

Die Klägerin hat den Beklagten einen möglichen Zahlungsweg im Sinne einer Überweisung auf ihr Konto bei der D..B... Bank aufgezeigt. Auf mehrfache Nachfrage teilte die Deutsche B... Bank mit, dass Zahlungen auf das Konto der Klägerin bei der D..B... Bank eingezahlt werden können und dort entsprechend der I..-Embargo-VO eingefroren werden (vgl. u.a. Anl. K7, K11). Aus dortiger Sicht wurde nichts mitgeteilt, was gegen eine Überweisung auf ein eingefrorenes Konto spricht. Ob die Klägerin dann die Auszahlung des Geldes wird verlangen können, ist eine hier nicht zu klärende Frage, die der Freigabeprüfung der D..B... Bank obliegt.

32

Art. 30b Abs. 1 Unterabsatz 3 der Verordnung hindert die Banken rechtlich gesehen nicht an einer solchen Überweisung, da er regelt, dass Art. 30 und 30a auf Geldtransfers gemäß Art. 29 der Verordnung keine Anwendung finden.

33

Art. 38 der I..-Embargo-Verordnung ist nicht einschlägig, weil der Kredit für ein Geschäft im Fleischhandel gewährt worden war, der mit dem Embargo nicht im Zusammenhang steht.

34

b) Auch eine tatsächliche Unmöglichkeit haben die Beklagten nicht dargetan. Insofern ist es Sache der Beklagten, hierzu substantiiert vorzutragen. Entgegen ihrer Ansicht obliegt es nicht der Klägerin, ihnen eine Bank zu benennen, die auf das Konto der D..B... Bank überweist. Dies stellt sich vielmehr als Verantwortungsbereich und Sphäre der Beklagten dar, zumal der Klägerin gar nicht bekannt sein dürfte, bei welchen Bankinstituten die Beklagten Konten führen. Die Beklagten haben zwar vorgetragen, dass einige Banken eine Überweisung an die Klägerin abgelehnt haben. Einen Beweis, dass sämtliche Banken eine Überweisung verweigern, haben sie nicht erbracht, und sind damit ihrer Beweislast nicht gerecht geworden.

35

Die Banken, die die Beklagte zu 1) anschrieb, haben teilweise eine Überweisung abgelehnt, wie beispielsweise die H..V.. Bank. Es ist jedoch unklar geblieben, ob die Beklagte zu 1) insofern Bankkundin ist oder von einer Drittbank eine Überweisung erfragt. Aus diesem Grund hat auch die P.. Bank darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu 1) nicht Kundin sei und daher keine Anspruchsgrundlage bestehe. Die C.. Bank und die Ha.. haben jeweils mitgeteilt, eine abschließende Antwort nur nach Prüfung im konkreten Einzelfall geben zu können. Die Ha.. hat schließlich mitgeteilt, Zahlungen an die Klägerin im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen vornehmen zu können (Anl. B10-14, B17), was nicht - wie die Beklagten darstellen - eine grundsätzliche Weigerung bedeutet. Dass die Anfrage bei den Banken nicht erschöpfend ist, kann daher dahinstehen, da schon aus den vorgelegten Antworten keine grundsätzliche Unmöglichkeit der Überweisung folgt.

36

Aus dem Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 30.05.2012 (Anl. K12) lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nichts anderes herleiten. Der dortige Fall ist schon nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da es dort um die Eröffnung bzw. Fortführung eines Bankkontos durch eine im Rahmen des I..-Embargos gelistete Person ging. Hier geht es hingegen um die Überweisung durch eine nicht gelistete Person bzw. ein nicht gelistetes Unternehmen auf ein Konto bei der D..B... Bank. Im Übrigen haben die Beklagten schon keine hinreichende Weigerung der Banken vorgetragen.

37

c) Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten ist weder vorgetragen noch erkennbar. Insbesondere erschließt sich nicht, weshalb ihr bei einer Überweisung auf ein Konto der Klägerin bei der D..B... Bank der Verlust ihrer eigenen Geschäftskonten drohen sollte.

38

Der Klägerin kann auch nicht entgegengehalten werden, sie habe die Ursache im Grunde selbst gesetzt. Die Frage der Kenntnis von zumindest möglicherweise auftretenden Schwierigkeiten ist ein aus dem Schadenersatzrecht stammender Gedanke (§ 254 BGB); eine Kürzung von Erfüllungsansprüchen im Hinblick auf § 254 BGB wird demgegenüber grundsätzlich abgelehnt (BGH v. 16.11.2005 - IV ZR 120/04, NJW 2006, 394 mwN; OLG Frankfurt a.M. v. 09.05.2011 - 23 U 30/10; Palandt-Grüneberg, 73. Aufl. 2014, § 254 Rn. 4). Bei Rückerstattungsansprüchen im Bankenverkehr wird demgegenüber die Möglichkeit einer Anwendung des § 254 BGB bejaht (BGH v. 12.10.1999 - XI ZR 294/98, NJW-RR 2000, 272 f., Palandt-Grüneberg, aaO, § 254 Rn. 3). Der Antrag der Klägerin zielt auf Erfüllung ab, so dass dieser Einwand nicht durchgreift.

39

Daher hat eine Zahlung auf das Konto der Klägerin bei der D..B... Bank zu erfolgen, die danach auf Antrag zu entscheiden hat, ob die Zahlungen freigegeben werden.

40

Eine Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof besteht gemäß Art. 267 AEUV nicht.

41

2. Der Beklagte zu 2) haftet gegenüber der Klägerin gemäß § 765 BGB als Bürge. Er wendet sich ohne Erfolg gegen seine Inanspruchnahme mit der Erhebung der Einrede der Vorausklage gemäß § 771 BGB. Er hat sich ausweislich der Bürgschaftsurkunde selbstschuldnerisch im Sinne des § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB für die Darlehensverbindlichkeit der Beklagten zu 1) verbürgt. Dies wird in der Urkunde zweimal erwähnt, die Schriftform des § 766 BGB ist gewahrt und die Erklärung genügt damit den Anforderungen an den wirksamen Ausschluss der Einrede der Vorausklage.

42

3. Der Zinsanspruch von 9% folgt aus der Vereinbarung der Klägerin mit der Beklagten zu 1) (vgl. § 288 Abs. 3 BGB). Bei Darlehensverträgen endet zwar die Verpflichtung zur Zahlung des Vertragszinses grundsätzlich mit der Fälligstellung des Darlehens, da Vertragszinsen nur für den Zeitraum geschuldet sind, für den eine rechtlich geschützte Zinserwartung besteht (BGH v. 28.04.1988 - III ZR 57/87, NJW 1988, 1967; BGH v. 08.10.1991 - XI ZR 259/90, NJW 1992, 109; BGH v. 08.02.2000 - XI ZR 313/98, NJW 2000, 1408; Palandt-Grüneberg, aaO, § 288 Rn. 11), danach ist aber gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB bzw. in analoger Anwendung des § 628 Abs. 2 BGB als Schadenersatz von einem weiterhin bestehenden Zinsanspruch auszugehen (vgl. BGH v. 28.04.1988 - aaO; v. 08.02.2000 - aaO; MüKo-Ernst, 6. Aufl. 2012, § 288 Rn. 26). Eine rechtliche oder faktische Unmöglichkeit, die einem Zinsanspruch entgegenstehen könnte, haben die Beklagten, die im Übrigen die begehrte Zinshöhe nicht angreifen, wie ausgeführt nicht dargetan.

II.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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