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Die zulässige Klage hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg. Sämtliche Beklagten sind zur Räumung und Herausgabe der von ihnen genutzten Räumlichkeiten verpflichtet. Ferner kann die Klägerin von der Beklagten Ziffer 1 die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.583,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 1.8.2004 verlangen.
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I. Die gegen den Beklagten Ziffer 1 gerichtete Klage ist nur teilweise begründet.
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1. Ein Anspruch auf Herausgabe und Räumung ergibt sich aus § 985 BGB. Im Verhältnis zur Klägerin kann sich der Beklagte Ziffer 1 auf ein Recht zum Besitz nicht berufen.
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a) Die Klägerin ist Miteigentümerin zu 2/3 der Teil- und Wohnungseigentumsanlage in im Sinne von § 985 BGB. Durch die bestandskräftige Verbotsverfügung des Bundesministerium des Innern vom 8.12.2001 wurde die Stiftung des verboten und aufgelöst (§ 3 VereinsG). Der Verein und die von der Einziehung betroffenen Teilorganisationen sind dadurch erloschen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 VereinsG). Mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsanordnung hat der Einziehungsbegünstigte - hier die Klägerin - das Vereinsvermögen und die eingezogenen Gegenstände als besondere Vermögensmasse (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 VereinsG) erworben. Somit ist die Klägerin Eigentümerin desjenigen Miteigentumsanteiles geworden, den die Stiftung im Jahr 1991 erworben hatte.
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b) Unstreitig übt der Beklagte Ziffer 1 den Besitz an dem der Klägerin zustehenden Miteigentumsanteil aus. Soweit dem Beklagten Ziffer 3 durch Mietvertrag vom 1.1.2001 Räumlichkeiten zum Betrieb eines Ladengeschäftes überlassen wurden, ist der Beklagte Ziffer 1 als mittelbarer Besitzer anzusehen.
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c) Eine Berechtigung zum Besitz (§ 986 BGB) besteht nicht. Vertragliche Beziehungen der Beklagten zur Klägerin existieren nicht. Auf Vereinbarungen, die der Beklagte Ziffer 1 mit der Stiftung getroffen hatte, kann sich der Beklagte Ziffer 1 nicht berufen, weil diese Stiftung erloschen ist und dadurch ihre Rechtsfähigkeit verloren hat. Aus diesem Grunde ist die Klägerin insoweit - anders als in Bezug auf das übergegangene Aktiv- und Passivvermögen - nicht als Rechtsnachfolgerin der Stiftung anzusehen (Schnorr, Kommentar zum VereinsG, S. 193; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., RN 3809). In Ermangelung einer Veräußerung ist § 566 Abs. 1 BGB nicht anwendbar.
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d) Das Räumungs- und Herausgabeverlangen der Klägerin stellt sich nicht als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB dar.
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aa) § 46 Satz 2 BGB, der vorsieht, dass der Fiskus das Vereinsvermögen im Falle der Entziehung der Rechtsfähigkeit tunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden hat, steht der Klage nicht entgegen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nicht das Vermögen des Beklagten Ziffer 1 eingezogen worden ist. Es liegt auch keine Entziehung der Rechtsfähigkeit gem. § 43 Abs. 1 BGB vor, so dass ohnehin kein Raum für eine Heranziehung von § 46 BGB bleibt. Im Übrigen ist die rechtliche Bedeutung dieser Norm umstritten. Die Literatur spricht überwiegend von einer öffentlich-rechtlichen Auflage (RGRK/Steffen, § 46 RN 2; Palandt-Heinrichs, 64. Aufl., RN 4 zu § 47 BGB). Selbst dann, wenn die Auffassung zuträfe, dass etwaigen Begünstigten ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf ermessensfehlerfreie Verwendung des Vermögens erwachsen sollte, wäre bei einer Verletzung dieses Anspruches gem. § 40 VwGO verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren (Reuter in Mü-Ko, 4. Aufl., RN 10 zu § 45 bis 47 BGB).
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Das gleiche gilt für § 13 Abs. 4 VereinsG. Insoweit kann lediglich von einem sozio-politischen Postulat gesprochen werden (Schnorr, Kommentar zum VereinsG, S. 218).
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bb) Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 4 GG vor. Eine Beschränkung der Freiheit der Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG) wird durch eine Räumung und Herausgabe weder bezweckt noch erreicht. Dem Beklagten Ziffer 1 bleibt es unbenommen, andere Räumlichkeiten zu erwerben oder anzumieten, um seinen Mitgliedern Räume zur Religionsausübung zur Verfügung zu stellen. Dass der Beklagte Ziffer 1 erhebliche finanzielle Mittel verloren hat, was den Erwerb und möglicherweise auch die Anmietung entsprechender Räume wirtschaftlich erschwert, ist allein darauf zurück zu führen, dass der Beklagte Ziffer 1 auf Repräsentanten einer Stiftung vertraut hat, deren Zwecke und Tätigkeit sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik gerichtet haben. Hierzu hat die Klägerin weder beigetragen noch ist sie hierfür verantwortlich.
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cc) Mögliche Schwierigkeiten in Bezug auf die Veräußerbarkeit des Miteigentums der Klägerin verschaffen dem Beklagten kein Recht zum Besitz. Als Eigentümerin kann die Klägerin frei über die Verwendung und Nutzung der ihr gehörenden Räumlichkeiten verfügen. Aus diesem Grunde verfängt auch die Argumentation des Beklagten Ziffer 1 nicht, eine Räumung und Herausgabe sei vorliegend nicht notwendig. Die Klägerin ist aus Rechtsgründen weder zu einem Verkauf noch zu einer Vermietung ihres Miteigentums verpflichtet.
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dd) Die Vermutung der Beklagten Ziffer 1, die Klägerin wolle Gemeinschaften zerschlagen, die mit der Organisation der und in Verbindung gestanden hätten, ist durch keinerlei Fakten belegt. Die Beklagten tragen insoweit in tatsächlicher Hinsicht nicht einmal Anhaltspunkte vor.
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2. Der Beklagte Ziffer 1 ist gem. § 987 Abs. 1 BGB für den Monat August 2004 zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.583,24 EUR nebst Zinsen an die Klägerin verpflichtet. Das über diesen Betrag hinausgehende Zahlungsverlangen der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
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a) Auf den nachträglich nichtberechtigten Fremdbesitzer, dessen Besitzrechtsverhältnis ohne Rückwirkung endete, sind die §§ 987 ff. anwendbar, soweit eine Tatbestandsverwirklichung nach Besitzrechtsende eingetreten ist (Palandt-Bassenge, 64. Aufl., RN 9 ff. der Vorbemerkung zu § 987 BGB).
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b) Da der Herausgabeanspruch mit Zustellung vom 13.7.2004 (Bl. 16 d.A.) rechtshängig geworden ist, schuldet der Beklagte die nach diesem Zeitpunkt gezogenen Nutzungen gem. § 987 Abs. 1 BGB. Dies betrifft den Monat Juli 2004 teilweise (ab dem 14.7.) und den Monat August 2004.
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aa) Falls der Besitzer beim Besitzererwerb noch gutgläubig war, tritt eine verschärfte Haftung dann ein, wenn er nachträglich von seiner fehlenden Besitzberechtigung positive Kenntnis erlangt (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB). Nachträgliche grob fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus. Dabei genügt die bloße Kenntnis des Besitzes von Tatsachen, aus denen sich seine Nichtberechtigung ergibt, nicht; der Besitzer muss vielmehr aus diesem Tatsachen auch den Schluss auf das Fehlen seines zunächst angenommenen Besitz- rechts gezogen haben. Auch eine auf einem Rechtsirrtum beruhende Unkenntnis der Vindikationslage schließt grundsätzlich die Haftungsverschärfung aus. Dies gilt selbst dann, wenn der Rechtsirrtum verschuldet (vermeidbar) war. Die erforderliche Kenntnis muss aber dann als erlangt angesehen werden, wenn dem Besitzer die Rechte des Eigentümers durch liquide Beweise dargetan werden oder wenn er über den Mangel seines Besitzrechtes in einer Weise aufgeklärt wird, dass sich ein redlich Denkender, der von dem Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, der Überzeugung hiervon nicht verschließen würde. Das gleiche gilt, wenn sich der Besitzer bewusst der Kenntnisnahme entzieht. In diesem Fall schützt den Besitzer nicht einmal die Unkenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen der Besitzberechtigung ergibt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn Zweifel an der Existenz des Besitzrechtes bestehen und die planmäßige Vermeidung möglicherweise einschlägiger Informationen zur Erhaltung der Unkenntnis hinzutritt (vgl. zum Ganzen Staudinger-Gursky, 1999, RN 30 zu § 990 BGB).
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Unter Heranziehung dieser Grundsätze ist nicht von einer Bösgläubigkeit des Beklagten Ziffer 1 i.S.v. § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB auszugehen. Zwar bestand auf Grund der bestandskräftigen Verbotsverfügung des Bundesministerium des Innern Anlass, an der Berechtigung zum Besitz des Beklagten Ziffer 1 im Verhältnis zur Klägerin zu zweifeln. Indessen traf den Beklagten Ziffer 1 keine Erkundigungspflicht (BGHZ 26, 256, 260). Auch im vorliegenden Fall schloss die auf einem Rechtsirrtum beruhende Unkenntnis der Vindikationslage die Haftungsverschärfung aus. Konkrete Umstände, aus denen sich die Bösgläubigkeit ergibt, wurden von der Klägerin nicht behauptet. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass das BVerfG erst im Oktober 2003 eine Entscheidung getroffen hat. Dafür, dass der Beklagte Ziffer 1 planmäßig und damit bewusst einschlägigen Rechtsrat nicht eingeholt und dadurch ebenfalls planmäßig sich die Unkenntnis vom fehlenden Besitzrecht erhalten hat, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Die Klägerin hat dazu ebenfalls keinerlei Sachvortrag gehalten. Somit ist die erforderliche Bösgläubigkeit, die von der Klägerin dazulegen und zu beweisen ist (Staudinger-Gursky, 1999, RN 58 zu § 990 BGB), nicht belegt.
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bb) Auf § 988 BGB kann nicht zurückgegriffen werden, weil der Beklagte Ziffer 1 den Besitz nicht unentgeltlich erlangt hat. Zum einen hat der Beklagte Ziffer 1 zumindest einen Teil des Kaufpreises aufgebracht, zum anderen wurden verschiedene Instandhaltungskosten vom Beklagten Ziffer 1 entrichtet. Auf bereicherungsrechtliche Ansprüche kann sich die Klägerin nicht stützen (§ 993 Abs. 2. Halbs. BGB).
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d) Die den Monat Juli 2004 betreffenden Nutzungen belaufen sich auf 560,66 EUR (täglicher Mietzins: 1.022,58 EUR ./. 31 Tage = 32,98 EUR x 17 Tage). Für August 2004 sind weitere 1.022,58 EUR hinzuzurechnen.
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e) Die Zinsforderung ist gem. § 291 BGB berechtigt. Die Klägerin hat Zinsen allerdings erst ab 1.8.2004 geltend gemacht (§ 308 ZPO).
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II. Aus den gleichen Gründen schulden die Beklagten Ziffer 2 und 3 die Herausgabe der von ihnen genutzten Räumlichkeiten.
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Dadurch, dass die Stiftung des als juristische Person erloschen ist, haben auch die Beklagten Ziffer 2 und 3 ihre Berechtigung zum Besitz verloren. Unstreitig ist, dass die Beklagten diejenigen Räumlichkeiten nutzen, die die Klägerin in ihrem korrigierten Räumungsantrag aufgeführt hat.
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III. 1. Der Streitwert der Räumungs- und Herausgabeanträge richtet sich nach § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG; die Wertvorschrift des § 6 ZPO ist nur für die Zuständigkeit und Rechtsmittelzulässigkeit maßgeblich (Zöller-Herget, 25. Aufl., RN 1 zu § 6 ZPO). Ausgehend von den Angaben der Klägerin wurde der Nettomietzins ihres Miteigentumsanteiles auf jährlich 23.000,00 EUR geschätzt (Antrag Ziffer 1). Unter Berücksichtigung der vom Beklagten Ziffer 3 monatlich zu entrichtenden Miete in Höhe von 1.022,58 EUR errechnet sich in Bezug auf die Beklagten Ziffer 2 und 3 ein Streitwert in Höhe von 12.270,96 EUR (Antrag Ziffer 3). Zusammen mit dem Streitwert von 14.827,41 EUR des Antrages Ziffer 2 führt dies zu einem Gesamtstreitwert in Höhe von 50.098,37 EUR.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, 100 Abs. 4 ZPO. Es liegt ein Anwendungsfall der Baumbach’schen Formel vor. Die Kosten waren unter den Parteien im Verhältnis ihrer Beteiligung am Verfahren aufzuteilen. Ausgehend von den unterschiedlichen Streitwerten ergibt sich, dass der Beklagte Ziffer 1 zu ca. 75% und die Beklagten Ziffer 2 und 3 zu ca. 25% am Rechtsstreit beteiligt sind. Die Klägerin gewinnt im Verhältnis zum Beklagten Ziffer 1 zu ca. 2/3 (nämlich im Umfang von 24.583,24 EUR bei einem Streitwert von 37.827,41 EUR) und im Verhältnis zu den Beklagten Ziffer 2 und 3 ganz, insgesamt damit lediglich im Umfang von ca. ½.
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3. Eine teilweise Rücknahme der Klage, die sich gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 richtet, liegt nicht vor. Von der Klägerin wurden anfänglich die von den Beklagten Ziffer 2 und 3 herauszugebenden Räumlichkeiten irrtümlich falsch bezeichnet. Von Anfang an war
aber für die Beklagten Ziffer 2 und 3 klar erkennbar, dass lediglich diejenigen Räumlichkeiten herausverlangt werden, die auch tatsächlich von den Beklagten Ziffer 2 und 3 genutzt werden, denn die Klägerin hat im Schriftsatz vom 3.8.2004, der den ursprünglichen Antrag beinhaltet hat, ausdrücklich auf den Mietvertrag vom 1.1.2001 Bezug genommen. Insofern enthielt der geänderte Antrag lediglich eine Berichtigung eines Irrtums, der als solcher bereits offensichtlich war. Für die Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit der Folge einer teilweisen Kostentragungspflicht der Klägerin bleibt da-her kein Raum.
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.
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