Urteil vom Oberlandesgericht Braunschweig (4. Zivilsenat) - 4 U 525/21
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 26. Juli 2021 – 4 O 204/20 – aufgehoben, das Landgericht Göttingen für örtlich unzuständig erklärt und der Rechtsstreit erster Instanz auf Antrag des Klägers an das örtlich zuständige Landgericht Braunschweig verwiesen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Urteil des Landgerichts Braunschweig vorbehalten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.609,80 Euro, mithin auf eine Wertstufe bis 22.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Parteien streiten um Rückabwicklungsansprüche nach Widerruf eines Darlehensvertrages.
Der Kläger – seinerzeit bereits wohnhaft in B. – erwarb im Oktober 2015 einen S. L. 1.4 TSI zu einem Kaufpreis in Höhe von 21.609,80 Euro. Er leistete eine Anzahlung in Höhe von 4.500,- Euro und beantragte zur Finanzierung des restlichen Kaufpreises – vermittelt durch ein Autohaus – unter dem 23. Oktober 2015 bei der Beklagten ein Darlehen mit einer Laufzeit von 48 Monaten über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 17.109,80 Euro zu einem effektiven Jahreszinssatz von 3,99 %. Den von dem Autohaus zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen waren eine Widerrufsinformation und die Darlehensbedingungen beigefügt, wobei wegen der weiteren Einzelheiten auf die Anlage K1 verwiesen wird. Die Beklagte nahm den Darlehensantrag an und zahlte die Darlehensvaluta an den Verkäufer aus.
Mit E-Mail vom 20. August 2020 (Anlage K2) widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht.
- 3
Mit seiner Klage begehrte der Kläger erstinstanzlich die Rückzahlung der von ihm geleisteten Zins- und Tilgungsraten sowie der Anzahlung nach Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.
Das Landgericht Göttingen hat die Klage mit Urteil vom 26. Juli 2021 abgewiesen.
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Zur Begründung führt es aus, dass es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt örtlich zuständig sei.
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Die Zuständigkeit ergebe sich nicht aus § 29 Abs. 1 ZPO. Die Klagepartei begehre nach vollständiger Tilgung des Darlehens die Rückzahlung der Zahlungen. Erfüllungsort hierfür sei allein der Sitz der Beklagten. In der Regel befinde sich der Erfüllungsort dort, wo der Schuldner der jeweils in Rede stehenden Leistung bei Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Sitz habe. Ein gemeinsamer Erfüllungsort sei lediglich die Ausnahme. Eine solche Ausnahme sei für die Rückabwicklung nach Ausübung des gesetzlichen Rücktritts vom Kaufvertrag anerkannt. Ob diese Ausnahme auch für den Fall der Rückabwicklung eines widerrufenen und mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages anzunehmen sei, werde hingegen in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Insoweit schließe sich das Landgericht den Erwägungen des Oberlandesgerichts Brandenburg in dessen Urteil vom 20.01.2021 an, wonach die Annahme eines gemeinsamen Erfüllungsortes zu verneinen sei.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils vom 26. Juli 2021 Bezug genommen.
Gegen das ihm am 28. Juli 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 5. August 2021 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. Oktober 2021 mit Schriftsatz vom 17. September 2021, beim Oberlandesgericht eingegangen am selben Tag, begründet.
Das Landgericht Göttingen sei für den Rechtsstreit örtlich zuständig. Nach Widerruf eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages bestehe ein einheitlicher Erfüllungsort am Wohnsitz des Verbrauchers. Insoweit werde auf die überzeugenden Ausführungen diverser Oberlandesgerichte Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 17. September 2021 Bezug genommen.
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Nach einem gerichtlichen Hinweis mit Verfügung vom 14. März 2022 hat der Kläger beantragt, den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Landgericht zu verweisen.
Der Kläger hat auch in der Berufungsinstanz zunächst die Rückzahlung der von ihm geleisteten Zins- und Tilgungsraten sowie der Anzahlung nach Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet, begehrt.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Göttingen vom 26.07.2021 – Az. 4O 204/20 –
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1. festzustellen, dass die Klagepartei gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 23.845,08 Euro abzüglich Wertersatz der Beklagten in Höhe von 4.118,79 Euro (für den Wertverlust am streitgegenständlichen Fahrzeug) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat, der nach Rückgabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs der Marke S. L. 1.4 TSI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... am Sitz des Verkäufers (hilfsweise: am Sitz der Beklagten) fällig ist;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit dem Tage der letzten mündlichen Verhandlung mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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sowie hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens des Klägers:
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festzustellen, dass die Klagepartei im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des Pkw S. L. 1.4 TSI mit der Fahrgestellnummer: ... zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
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Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 10. März 2022 Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger rügt ohne Erfolg, dass das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit rechtsfehlerhaft verneint habe (1.). Auf den im Berufungsverfahren gestellten Verweisungsantrag ist das richtige Urteil des Landgerichts Göttingen jedoch aufzuheben und der Rechtsstreit an das örtlich zuständige Landgericht Braunschweig zu verweisen (2.).
1.
Für die – ursprünglich – klageweise geltend gemachte Rückzahlungsverpflichtung der Bank nach widerrufenem Darlehensvertrag ebenso wie für die Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten, über die das Landgericht Göttingen zu entscheiden hatte, bestand auch bei verbundenen Verträgen am Wohnsitz des Klägers kein Gerichtsstand. Gleiches gilt für den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs als Annex zur Leistungsklage.
Örtlich zuständig für diese Anträge ist nach §§ 12, 17 ZPO das Landgericht am Sitz der Beklagten, somit das Landgericht Braunschweig.
a)
Die örtliche Zuständigkeit für den Feststellungsantrag als eines unselbständigen Annexantrages folgt dabei der örtlichen Zuständigkeit für den (ursprünglichen) Zahlungsantrag zu 1) (vgl. etwa Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 – 4 U 95/20 –, Rn. 27, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. November 2021 – 6 U 16/21 –, Rn. 54, juris).
Dies überzeugt, weil die Feststellung des Annahmeverzuges ohne den Zahlungsantrag in der Hauptsache keinen Sinn ergibt und deshalb nicht für sich allein stehen kann. Denn das Feststellungsinteresse für den Antrag gerichtet auf Feststellung des Annahmeverzuges besteht nur ganz ausnahmsweise.
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein. Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen. Der Annahmeverzug ist aber lediglich eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Er ist damit selbst kein Rechtsverhältnis, das nach § 256 ZPO festgestellt werden könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist in den Fällen, in denen der Kläger eine Verurteilung des Beklagten zu einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung begehrt, der weitere Antrag des Klägers, den Annahmeverzug des Schuldners hinsichtlich der ihm gebührenden Leistung festzustellen, zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1987 – VIII ZR 206/86 –, juris). Das Feststellungsinteresse des Klägers besteht in diesen Fällen in dem schutzwürdigen Interesse des Klägers, den für die Vollstreckung nach den §§ 756, 765 ZPO erforderlichen Nachweis des Annahmeverzugs bereits im Erkenntnisverfahren erbringen zu können. Daraus kann aber nicht hergeleitet werden, dass der Annahmeverzug ein zulässiger Gegenstand einer isolierten, nicht mit einem Antrag auf Verurteilung zu einer Zug-um-Zug-Leistung verbundenen Klage sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2000 – XII ZR 332/97 –, juris; BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 – XII ZR 41/98 –, Rn. 22 - 24, juris).
b)
Für den ursprünglich gestellten Zahlungsantrag ist das Landgericht Braunschweig nach §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig.
Bei der Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages ist ein einheitlicher Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers gemäß § 29 ZPO nicht begründet. Vielmehr verbleibt es bei der separaten Zuständigkeitsbestimmung für jeden einzelnen Antrag.
(1)
Zwar nehmen einige Oberlandesgerichte einen einheitlichen Gerichtsstand für sämtliche Ansprüche aus der Rückabwicklung nach Widerruf eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrages an (OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 – 31 U 114/18 – Rn. 75 ff., juris; OLG Köln, Urteil vom 8. Juli 2020 – 13 U 20/19 –, Rn. 49, juris; OLG Celle, Urteil vom 22. Juli 2020 – 3 U 3/20 –, Rn. 64 ff., juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 13. August 2020 – 4 U 100/19 –, Rn. 174 ff., juris; OLG Dresden, Urteil vom 5. November 2020 – 8 U 1084/20 –, Rn. 51 ff., juris [allerdings differenzierend zwischen vertraglichen Rückzahlungsansprüchen und solchen aus ungerechtfertigter Bereicherung]; OLG Frankfurt, Urteil vom 20. Januar 2021 – 17 U 492/19 –, Rn. 44 ff., juris; OLG Braunschweig, Urteil vom 21. Juni 2021 – 11 U 67/20 –, Rn. 109 ff., juris; vgl. auch LG Ravensburg, Urteil vom 3. Dezember 2021 – 2 O 95/21 –, Rn. 15-21, juris).
Diese Ansicht wird im Wesentlichen damit begründet, dass die kreditgewährende Bank gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB nach erfolgreichem Widerruf in die Position des Verkäufers eintrete (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 26. März 2019 – XI ZR 228/17 –, Rn. 22, juris, und BGH, Urteil vom 18. Januar 2011 – XI ZR 356/09 –, Rn. 25, juris), sodass sich die Rückabwicklung zwischen Darlehensnehmer und -geber auch hinsichtlich des Kaufvertrages nach § 358 Abs. 4 Satz 1, § 355 Abs. 3 BGB richte (OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 – 31 U 114/18 –, Rn. 78, juris;OLG Braunschweig, Urteil vom 21. Juni 2021 – 11 U 67/20 –, Rn. 111, juris). Auch für die Konstellation des Rücktritts von einem Kaufvertrag sei anerkannt, dass ein einheitlicher Ort für die Rückabwicklung bestehe, nämlich an dem Ort, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befinde, damit regelmäßig am Ort des Wohnsitzes des Verbrauchers. Die Argumentation, die örtliche Zuständigkeit bei Rückabwicklung eines Kaufvertrages über bewegliche Sachen und Darlehensverträge unterschiedlich zu beurteilen, überzeuge nicht und sei mit dem Zweck des § 358 BGB kaum zu vereinbaren. Gemäß § 358 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ergebe sich kein Unterschied danach, ob der Verbraucher den Kaufvertrag oder den verbundenen Finanzierungsvertrag widerrufe. In beiden Fällen sei er auch an den jeweils anderen Vertrag nicht mehr gebunden. Der Verbraucher solle dadurch vor den Risiken, die durch eine Aufspaltung von Erwerbs- und Finanzierungsgeschäft drohten, geschützt werden. Bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrages außerhalb der Regelung des § 358 BGB könne der Verbraucher dort klagen, wo sich die Kaufsache befinde, was typischerweise mit seinem Wohnsitz einhergehe. Eine unterschiedliche Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit im Fall der verbundenen Verträge mit der Folge, dass der Verbraucher im Fall der Rückabwicklung nicht mehr am Gerichtsort der belegenen Kaufsache klagen könne, würde diesem Zweck widersprechen (OLG Celle, Urteil vom 22. Juli 2020 – 3 U 3/20 –, Rn. 66, juris).
Daher sei die Annahme eines einheitlichen Gerichtsstandes auch prozessökonomisch sinnvoll.
(2)
Nach anderer Ansicht verbleibt es für jeden der nach Widerruf eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages geltend gemachten Ansprüche bei einer separaten Zuständigkeitsbestimmung (OLG Stuttgart, Urteil vom 2. Juli 2019 – 6 U 312/18 –, Rn. 33 f., juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 6 U 316/19 –, Rn. 38, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 – 4 U 215/19 –, Rn. 52 ff., juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 – 4 U 95/20 –, Rn. 27 ff., juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Mai 2021 – 6 U 769/20 –, Rn. 19, juris; OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss vom 16. Juni 2021 – 4 U 20/21 –, Rn. 17 ff., juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. November 2021 – 6 U 16/21 –, Rn. 54 f., juris).
Denn der Rücktritt vom Kaufvertrag sei mit dem Widerruf eines verbundenen Darlehensvertrages gerade nicht vergleichbar. Das Rücktrittsrecht sei Folge einer Pflichtverletzung des Verkäufers, wohingegen der Verbraucher das Widerrufsrecht „nach seinem Belieben“ ausüben könne. Daher sei eine Abweichung von der Regel des § 269 Abs. 1 BGB in letzterem Falle nicht gerechtfertigt (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 – 4 U 95/20 –, Rn. 30, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Mai 2021 – 6 U 769/20 –, Rn. 18, juris).
Darüber hinaus sei der Verbraucher bei Geltendmachung seines Zahlungsanspruches gegen die kreditgewährende Bank hinsichtlich der Herausgabe des finanzierten Fahrzeuges vorleistungspflichtig, nicht aber seien die wechselseitigen Ansprüche durch eine Zug-um-Zug-Beziehung miteinander verbunden. Vor diesem Hintergrund sei keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, den Wohnsitz des Verbrauchers zum Leistungsort für die Geldschuld zu bestimmen, „nur, weil sich dort das Fahrzeug einmal befand“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Mai 2021 – 6 U 769/20 –, Rn. 19, juris).
Die Prozessökonomie sei vor diesem Hintergrund als Argument zu schwach (OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Mai 2021 – 6 U 769/20 –, Rn. 20, juris). Dabei könne auch nicht außer Betracht bleiben, dass der Gesetzgeber mehrere Gelegenheiten zur Anpassung und Schaffung eines einheitlichen Gerichtsstandes zugunsten des Verbrauchers ungenutzt habe verstreichen lassen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 – 4 U 95/20 –, Rn. 32, juris).
(3)
Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an.
Die Verfechter des einheitlichen Gerichtsstandes, welcher aus den Besonderheiten des verbundenen Vertrages zu folgern sei, stellen darauf ab, dass die Frage zwischen Zug-um-Zug-Verhältnis einerseits und Vorleistungspflicht andererseits keinen Einfluss auf den Leistungsort habe (OLG Dresden, Urteil vom 5. November 2020 – 8 U 1084/20 –, Rn. 54, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 20. Januar 2021 – 17 U 492/19 –, Rn. 50, juris, unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 9. März 1995 – IX ZR 134/94 –, Rn. 13, juris). Der Käufer habe im Falle eines erfolgreichen Widerrufs nicht nur ein Recht auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen, sondern auch auf Rücknahme des gekauften Fahrzeugs durch die in die Stellung der Verkäuferin eingetretene Bank. Für diesen Anspruch sei Erfüllungsort und damit Wahlgerichtsstand der Ort der belegenen Sache bzw. der Wohnort des Schuldners (OLG Dresden, Urteil vom 5. November 2020 – 8 U 1084/20 –, Rn. 54, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 20. Januar 2021 – 17 U 492/19 –, Rn. 50, juris, unter Hinweis auf Staudinger/Bittner/Kolbe ]2019] BGB § 269 Rn. 31 und MünchKomm/Krüger, BGB, 8. Auflage, § 269 Rn. 48).
Dagegen spricht, dass der Bundesgerichtshof klargestellt hat, dass es sich bei der Rückgabepflicht des Käufers und Darlehensnehmers um eine Bring- oder eine Schickschuld handeln kann (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 525/19 –, Rn. 22-24, juris; BGH, Urteil vom 23. Februar 2021 – XI ZR 73/20 –, Rn. 19-20, juris). Die Qualifikation als Bringschuld einerseits oder Schickschuld andererseits zeitigt jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf den Leistungsort. Bei Bringschulden ist der Wohnsitz des Gläubigers (hier der Beklagten) sowohl Leistungs- als auch Erfolgsort (Palandt/Grüneberg, 79. Aufl. 2020, § 269 Rn. 1; MüKoBGB/Krüger, 8. Aufl. 2019, BGB § 269 Rn. 6). Bei der Schickschuld hingegen fallen Leistungsort und Erfolgsort auseinander: (nur) die Leistungshandlung muss der Schuldner an seinem Wohnort oder Niederlassungsort vornehmen (MüKoBGB/Krüger, 8. Aufl. 2019, BGB § 269 Rn. 7). Die von der „Einheitlichkeits-Theorie“ in Bezug genommenen Fundstellen Staudinger/Bittner/Kolbe und MünchKomm/Krüger verhalten sich jedoch lediglich zur Schick- und Holschuld, nicht aber zur Bringschuld. Wenn man andererseits auf die Rücknahmeverpflichtung der Bank abstellt, ist Leistungsort für diese stets der Ort ihres Sitzes, da sie eine Holschuld unter keinen Umständen trifft.
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Bei dieser differenzierten Situation ist der Vergleich mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag nicht mehr gerechtfertigt. Auch kommt es bei einer generellen Vergleichbarkeitsbetrachtung – wie hier – nicht auf den Einzelfall an. Insofern ist es unerheblich, dass der Kläger hier ausdrücklich zugunsten einer Schickschuld optiert, was den Leistungsort bezüglich ihrer Rückgabeverpflichtung an ihrem Wohnsitz lokalisiert.
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Das Kammergericht Berlin führt weiter aus, dass nach der gefestigten Rechtsprechung bei der Rückabwicklung von Kaufverträgen über bewegliche Sachen aufgrund Rücktritt, Widerruf oder Anfechtung zwar ein einheitlicher Erfüllungsort und damit ein Gerichtsstand nach § 29 ZPO an dem Ort anzunehmen sei, an dem sich die Sache zum Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Kaufvertrages vertragsgemäß befinde (sog. „Austauschort“), was im Regelfall zu einer Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz des Käufers führe. Diese Anknüpfung an den Austauschort sei aber ursprünglich damit gerechtfertigt worden, dass ein von dem Verkäufer zu vertretender Mangel zum Rücktritt geführt habe und der zurücktretende Käufer den Verkäufer nach § 346 Abs. 1 BGB nur in die Lage zu versetzten habe, über die Ware zu verfügen (KG Berlin, Beschluss vom 18. Februar 2016 – 2 AR 6/16 –, Rn. 11, juris, unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 9. März 1983 – VIII ZR 11/82 –, BGHZ 87, 104-112, BGHZ 87, 104, 110).
- 21
Dieser Ausgangspunkt ist tatsächlich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verankert. So hat der Bundesgerichtshof bei der Begründung des Belegenheitsortes der Kaufsache als Leistungsort ausgeführt: „Denn der Käufer schuldet nach § 346 Satz 1 BGB nur das Zurückgewähren der Leistung und hat somit den Verkäufer nur in die Lage zu versetzen, über die Ware zu verfügen (so auch Staudinger/Ostler aaO Rdn. 34). Es ist dem Berufungsgericht zwar zuzugeben, daß sich hieraus ein Risiko für den Verkäufer ergibt. Der Käufer kann die Sache entsprechend dem mit dem Vertragsschluß verfolgten Zweck an einen entfernten Ort geschafft haben. Diese Risikoverteilung ist aber gerechtfertigt, weil der vom Verkäufer zu vertretende Mangel der Kaufsache zur Wandelung geführt hat (vgl. RGZ 55, 105, 110 f; RG Recht 1918 Nr. 930; MünchKomm-H.P.Westermann aaO). Gerade das anerkennenswerte und vom Gesetz, wie bereits dargelegt, auch anerkannte Interesse des Käufers, möglichst weitgehend so gestellt zu werden, als habe er sich auf den Vertrag nicht eingelassen, rechtfertigt es, ihn von den Kosten des Rücktransportes zu entlasten. Zu keinem anderen Ergebnis gelangt im vorliegenden Falle die Auffassung, die den Erfüllungsort stets bei dem Empfänger der verkauften Sache sieht (so z.B. Staudinger/Selb, § 269 Rdn. 14; Staudinger/Honsell, § 465 Rdn. 19; ebenso für den Rücktritt OLG Karlsruhe MDR 1970, 587; OLG Nürnberg NJW 1974, 2237). Selbst wenn man von einem für die Käufer- und die Verkäuferverpflichtungen unterschiedlichen Erfüllungsort ausgehen wollte (so z.B. OLG Oldenburg NJW 1976, 1044; LG Krefeld MDR 1977, 1018 f; Staudinger/Ostler aaO Rdn. 44), wäre dies für die Rückgabe- bzw. Rücknahmeverpflichtung dennoch der Ort, an dem sich die Ware vertragsgemäß befindet [...]“ (BGH, Urteil vom 9. März 1983 – VIII ZR 11/82 –, BGHZ 87, 104-112, Rn. 14, juris).
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Bei Lektüre diese Quelle wird deutlich, dass es im Ausgangspunkt weniger auf das Vertretenmüssen ankommt, sondern vielmehr auf die Frage, wie die Kostenlast der Rückabwicklung zu verteilen ist. Insofern verliert das Argument der Verfechter der „Einheitlichkeits-Theorie“, dass es nicht zwingend sei, im Zusammenhang mit dem Erfüllungsort von Verbindlichkeiten, die ihren Ausgangspunkt in vertraglichen Abreden haben, auf den Aspekt des Vertretenmüssens oder der Verantwortung abzustellen, und dass es nicht überzeuge, für den Leistungsort danach zu fragen, ob eine der Vertragsparteien und ggf. welche „den Rücktritt zu vertreten“ oder „zu verantworten“ habe (so OLG Braunschweig, Urteil vom 21. Juni 2021 – 11 U 67/20 –, Rn. 113, juris) an Gewicht.
- 23
Richtet man das Augenmerk, wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. März 1983 – VIII ZR 11/82 –, BGHZ 87, 104-112, Rn. 14, juris, auf die Verteilung der Kostenlast, so stellt sich das Bild bei Widerruf eines Darlehensvertrages, der mit einem Kaufvertrag verbunden ist, so dar, dass der Verbraucher nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB i.V.m. § 357 Abs. 6 Satz 1 BGB die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen hat, wenn der Unternehmer den Verbraucher von dieser Pflicht unterrichtet hat (vgl. zur Problematik, dass die Unterrichtungspflicht nach Art. 246a Abs. 1 Satz 2 EGBG nicht auf einen – wie hier – im stationären Handel geschlossenen Kaufvertrag passt: BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 525/19 –, Rn. 31 ff., juris). Vor diesem Hintergrund enthält die Musterwiderrufsinformation in Anlage 7 (zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB) in der Fassung vom 20.09.2013 in Gestaltungshinweis 6c auch folgende Passage: „Bei einem verbundenen Vertrag nach § 358 BGB über die Überlassung einer Sache oder bei einem zusammenhängenden Vertrag, gerichtet auf die Überlassung einer Sache, wenn von Gestaltungshinweis 2c Gebrauch gemacht wurde, ist hier nachstehender Unterabsatz einzufügen:
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„– Der Darlehensnehmer ist nicht verpflichtet, die Sache zurückzusenden, wenn der an [einsetzen***: dem verbundenen Vertrag oder dem zusammenhängenden Vertrag] beteiligte Unternehmer angeboten hat, die Sachen abzuholen. Grundsätzlich trägt der Darlehensnehmer die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Dies gilt nicht, wenn der an [einsetzen***: dem verbundenen Vertrag oder dem zusammenhängenden Vertrag] beteiligte Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen, oder er es unterlassen hat, den Verbraucher über die Pflicht, die unmittelbaren Kosten der Rücksendung zu tragen, zu unterrichten. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.“
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Auch insoweit ist also eine Vergleichbarkeit der Situation bei Rücktritt vom Kaufvertrag einerseits und Widerruf eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages andererseits nicht gegeben.
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Vor diesem Hintergrund verfängt auch der bloße Hinweis nicht, dass „allein“ der Eintritt der Beklagten in den Kaufvertrag nicht dazu führen könne, dass der Erfüllungsort nunmehr vom „Belegenheitsort“ (also Wohnort des Verbrauchers) zum Sitz der Beklagten wechsele (so aber OLG Köln, Urteil vom 8. Juli 2020 – 13 U 20/19 –, Rn. 49, juris, Hervorhebung des Senats).
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Die von den Verfechtern des einheitlichen Leistungsortes zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 9. März 1995 – IX ZR 134/94 –, Rn. 13, juris) steht der hier vertretenen Ansicht auch nicht entgegen, sondern bestätigt sie sogar.
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Der von dem Bundesgerichtshof entschiedene Fall betraf die Frage des Leistungsortes für die Verpflichtung eines Gläubigers gegenüber dem Bürgen, eine zur Sicherung der Hauptforderung bestellte Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung der Bürgschaftssumme an den Bürgen abzutreten. Der Bundesgerichtshof hat festgehalten, dass die Zug-um-Zug-Vereinbarung die Verbindung eines Gegenseitigkeitsverhältnisses bedeute, jedoch im Grundsatz keinen Einfluss auf den Leistungsort habe, sondern dieser auch bei gegenseitigen Verträgen grundsätzlich für jede Verpflichtung gesondert bestimmt werden müsse und daher nicht notwendig einheitlich sei (BGH, Urteil vom 9. März 1995 – IX ZR 134/94 –, Rn. 13, juris).
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Auch nach der hier vertretenen Ansicht wird daran festgehalten, dass der Leistungsort für jede Verpflichtung grundsätzlich gesondert bestimmt werden muss, und ein einheitlicher Leistungsort nur dann in Betracht kommt, wenn die Umstände des Falles bzw. die Besonderheiten des in Rede stehenden Vertrages dafür sprechen – was hier wie gezeigt gerade nicht der Fall ist. Nicht aber wird darauf abgestellt, dass die Vorleistungspflicht des Darlehensnehmers für den Leistungsort am Sitz der Bank spreche.
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Letztlich verbleibt dann nur noch das Argument der Prozessökonomie, welches aber schwach ist. Der Hinweis auf den Verbraucherschutz und Praktikabilitätserwägungen allein vermag – ohne eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers – keinen von den allgemeinen Regeln abweichenden Gerichtsstand zu begründen.
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Dies gilt hier umso mehr vor dem Hintergrund, als dass der Verbraucher das Schicksal unterschiedlicher Zuständigkeiten für unterschiedliche, aus ein- und demselben Widerruf folgende Ansprüche selbst gewählt hat und es ihm unbenommen gewesen wäre, den Rechtsstreit einheitlich für alle Ansprüche bei dem nach §§ 12, 17 ZPO zuständigen Gericht anhängig zu machen.
- 32
Die Gefahr, dass das für den Feststellungsantrag zuständige Gericht eine Entscheidung trifft, die mit der Entscheidung des für die Leistungsanträge zuständigen Gerichts in unauflösbarem Widerspruch steht, trägt der Kläger. Er nimmt diese Gefahr sehenden Auges in Kauf. Ihn davor zu schützen, indem durch Zweckmäßigkeitserwägungen, die im Gesetz keine Stütze finden, ein für alle Anträge einheitlicher Gerichtsstand „konstruiert“ wird, ist nicht Aufgabe des Gerichts. Im Zivilprozess gilt die Dispositionsmaxime. Wenn der Kläger die Gefahr widerstreitender Entscheidung scheut, hat er die Möglichkeit, alle Anträge vor dem gemäß § 12 ZPO zuständigen Gericht zu erheben (gleichsinnig BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 – XI ZR 366/03 –, Rn. 34, juris: „Hier hätte es dem Kläger offengestanden, durch eine Klage am Wohnsitzgericht der Beklagten [...] den gesamten Streitstoff in einem Rechtsstreit zu erledigen“) (ebenso: Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 – 4 U 95/20 –, Rn. 32, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Mai 2021 – 6 U 769/20 –, Rn. 20, juris).
2.
- 33
Auf den erstmals im Berufungsverfahren gestellten Verweisungsantrag des Klägers ist der Rechtsstreit insoweit gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landgericht Braunschweig zu verweisen.
- 34
Hat das Gericht erster Instanz seine Zuständigkeit zu Recht verneint, kann der Kläger noch im Berufungsverfahren hilfsweise die Verweisung an das zuständige Gericht erster Instanz beantragen, ohne dass dafür ein Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 ZPO erforderlich wäre. Auf den Antrag ist der Rechtsstreit gemäß § 281 Abs. 1 ZPO unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen Urteils der ersten Instanz an das sachlich und örtlich zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen (BGH, Urteil vom 9. Juli 2014 – VIII ZR 376/13 –, BGHZ 202, 39-58, Rn. 52; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. November 2012 – 17 UF 262/12 –, Rn. 10, juris; OLG München, Urteil vom 9. Juli 2013 – 9 U 5159/12 Bau –, Rn. 18, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. November 2021 – 6 U 16/21 –, Rn. 56, juris).
- 35
Um widerstreitende Entscheidungen zu vermeiden, ist das an sich richtige Urteil der ersten Instanz aufzuheben. Die an sich durch Beschluss zulässige Verweisung kann daher in der Rechtsmittelinstanz nur durch Urteil unter gleichzeitiger Aufhebung des Urteils der Vorinstanz erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 1988 – I ARZ 331/88 –, Rn. 3, juris).
- 36
Danach ist das rechtsfehlerfreie Urteil des Landgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit ist in diesem Umfang an das Landgericht Braunschweig zu verweisen.
- 37
Dies gilt auch, soweit der Kläger vor Schluss der Erklärungsfrist gemäß § 128 Abs. 2 ZPO seinen Zahlungsantrag zu 1. in einen Feststellungsantrag umgestellt hat.
- 39
Nach dieser Vorschrift ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
- 40
Die streitige Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten nach widerrufenem Darlehensvertrag ist gemäß § 269, § 270 Abs. 4 BGB am Sitz der Beklagten in Braunschweig zu erfüllen.
3.
- 41
Da der Kläger mit seinen Sachanträgen keinen Erfolg hat, ist über die Hilfswiderklage der Beklagten nicht zu entscheiden.
III.
- 42
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO.
- 43
Über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz wird das Landgericht Braunschweig zu befinden haben.Eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz war nicht veranlasst, § 281 Abs. 3 ZPO.
- 44
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 711 ZPO.
- 45
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.
- 46
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48 GKG i.V.m. § 3, § 4 Abs. 1 ZPO. Maßgeblich für die Gerichtsgebühren ist alleine, welchen Antrag der Rechtsmittelführer während der Berufungsbegründungsfrist zu stellen angekündigt hat (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 20. August 2007 – 17 W 88/07 –, Rn. 6, juris).
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