Urteil vom Oberlandesgericht Celle (8. Zivilsenat) - 8 U 50/11

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 20. Januar 2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten oder des Streithelfers gegen Sicherheitsleistung eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagten oder der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 80.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger macht gegen die beiden Beklagten Ansprüche, insbesondere gerichtet auf die Zahlung von Schadensersatz, wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Abschluss einer sog. E. …-Anlage, einer darlehensfinanzierten Lebensversicherung, geltend.

2

Die Beklagte zu 1, Lebensversicherungsgesellschaft englischen Rechts, vertrieb ihre Produkte durch (Haupt-)Vermittler, die wiederum (Unter-)Vermittler einschalteten, wie vorliegend die inzwischen insolvente R. … GmbH.

3

E. ist eine Anlage, die aus mehreren Bausteinen besteht. Es wird ein Lebensversicherungsvertrag ("W.") geschlossen (Bedingungen Anlage LW 1, gesondert geheftet). Die Prämie wird zu Beginn der Vertragslaufzeit in Form einer Einmalzahlung erbracht und vom Versicherer in Pools angelegt (Poolinformationen Anlage LW 3). Diese Einmalzahlung wird durch ein tilgungsfreies Darlehen erbracht. Zahlungen auf die Zinsen erfolgen unter Verwendung der mit der Lebensversicherung erwirtschafteten Beträge. Dritter Baustein neben Darlehen und Lebensversicherung ist ausweislich des als Anlage K 1 (gesondert geheftet) überreichten E.-Kurzexposés der Investmentfonds. Mit diesen zu zeichnenden Anteilen soll das endfällige Darlehen getilgt werden. Dem Versicherungsnehmer verbleiben die regelmäßigen Teilauszahlungen aus der Lebensversicherung.

4

Die Streitverkündete J. H., die als Untervermittlerin für die R. … GmbH tätig war, stellte im April 1999 dem Kläger, geboren im Jahr 1963 und von Beruf selbständiger Landwirt, den E.-P. anhand der Prospektteile A und B (Anlagen K 2 und K 3) sowie unter Vorlage von zwei Prognoserechnungen (Anlagen K 4 und K 5) dar. Im Prospektteil A wird „aufgrund der Vergangenheitswerte“ von einem durchschnittlichen Wertzuwachs in Höhe von 8,5 % p. a. auf das Nettoanlagevermögen (Kapital nach Abzug von Vertriebs-, Management- und Verwaltungskosten) ausgegangen, was einer Rendite von ca. 7,9 % p. a. auf das eingezahlte Kapital entspreche. Geworben wird dabei im Prospektteil A mit den im Vergleich zu deutschen Versicherern deutlich höheren Renditen, die im Fall der Beklagten zu 1 11,33 % p. a. bzw. 13,35 % p. a. in Pfund bei 15 bzw. 25 Jahren Laufzeit betrügen.

5

Unter dem 5. Dezember 2000 unterzeichnete der Kläger einen Zeichnungsschein mit einer Einmaleinlage von 100.000,00 DM (Anlage K 6 = Anlage B 1, Bl. 129) sowie einen Finanzierungsvermittlungsvertrag und -vollmacht mit der R. … GmbH. Am selben Tag unterzeichnete der Kläger einen Antrag auf Abschluss einer Kapitallebensversicherung bei der Beklagten zu 1. Als "Versicherungsgrund" ist dort "E." eingetragen (Anlage K 7). Außerdem wurde die Einzahlung einer Einmalanlage von 35.000,00 DM in den Investmentfonds „M. W. …“ vereinbart. Dazu unterschrieb der Kläger am 5. Dezember 2000 ein Beratungsprotokoll (Anlage LW 4), wo es gegen Ende unter „Verantwortlichkeitserklärung“ heißt:

6

„Verantwortlich für die individuelle und korrekte Beratung ist der/die Rechts-Unterzeichner(in) [die Streitverkündete].

7

Verantwortlich für das Darlehen, den Zinssatz des Darlehens, die Darlehensbedingungen sowie die evtl. Stellung von Sicherheiten, Bürgschaften etc. ist die finanzierende Bank.

8

Verantwortlich für den Investmentfondsprospekt, die Anlagestrategie des Investmentfonds sowie dessen Performance ist die Investmentfondsgesellschaft.

9

Verantwortlich für den Lebensversicherungsprospekt, die Policenbedingungen und alle Aspekte der Police einschließlich der mit der Police verbundenen Fonds/Pools ist die C. … in L.

10

Verantwortlich für das Konzept des E. P., die Kombination der verschiedenen Bausteine, den Prospekt „E. P.“, den Zeichnungsschein sowie das zugehörige Berechnungsprogramm ist der Prospektherausgeber, die R. … GmbH, M.

11

Die finanzierende Bank, die Investmentfondsgesellschaft und die C. M. … sind nicht verantwortlich für das Konzept des E. P., den Prospekt „E.-P.“ sowie das Berechnungsprogramm. Sie sind ebenfalls nicht verantwortlich für die Unterlagen/Prospekte der jeweils anderen beteiligten Gesellschaften."

12

Mit Schreiben der Beklagten zu 2 vom 18. Dezember 2000 (Anlage K 8) bot diese dem Kläger „im Zusammenhang mit dem ’R….P’. ein Darlehen von 111.111,11 DM zu den nachfolgend genannten Bedingungen“ an. Unter dem 18./21. Dezember 2000 kam es zum Abschluss eines Darlehensvertrages über die genannte Summe, wobei der Auszahlungsbetrag 90 % betrug und die Laufzeit des Darlehens mit 15 Jahren vereinbart war. Das Darlehen war sodann mit Laufzeitende in einem Betrag zurückzuzahlen (Anlage K 9). Der Zinssatz war bis zum 31. Dezember 2010 fest vereinbart, und zwar mit 6,35 % effektiv. Die Gesamtsumme aller Darlehensleistungen wurde auf der Grundlage des Zeitraums des 31. Dezember 2010 mit 170.720,68 DM angegeben. Gesichert wurde das Darlehen u. a. durch die Abtretung sämtlicher Rechte aus der Lebensversicherung und einem Pfandrecht an den Fondsanteilen.

13

Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten sich in den Jahren vor Abschluss des Versicherungsvertrages durch den Kläger die „Pools mit deklariertem Wertzuwachs“ mit einer Rendite von 6,75 % bis 5 % zwischen 1995 und 2000 entwickelt (Bl. 13 f., K 20, K 35). Nach den dem Kläger von der Beklagten zu 1 übermittelten jährlichen Kontoauszügen von Januar 2003, 2004 und 2005 (Anlagen LW 8, 10, 11) betrug der deklarierte Wertzuwachs der Europoolserie 3,5 %, 3,0 % bzw. 1,5 %; ein Fälligkeitsbonus, neben dem deklarierten Wertzuwachs der zweite Baustein der Rendite, wurde nicht gezahlt bzw. gutgeschrieben.

14

Im Jahr 2009 wandte sich der Kläger über seine späteren Prozessbevollmächtigten an die Beklagten mit dem Vorwurf einer unvollständigen und fehlerhaften Aufklärung und Beratung.

15

Mit seiner Klage macht er sämtliche von ihm erbrachten Aufwendungen (Einzahlungen) auf die in Rede stehende Kapitalanlage geltend, abzüglich der Einnahmen (Auszahlungen), soweit diese nicht zur Darlehenstilgung aufgewendet worden seien, insgesamt 71.894,88 € (Bl. 22 f./K 21).

16

Mit seinem Hilfsantrag rügt der Kläger gegenüber der Beklagten zu 2 fehlende Pflichtangaben im Darlehensvertrag, weil in dessen Ziff. VI.1 ein Gesamtbetrag angegeben sei, der aber nur die Dauer der Zinsfestschreibung bis zum 31. Dezember 2010 umfasse, wohingegen der Gesamtbetrag für die gesamte Laufzeit bis zum 31. Dezember 2015 habe angegeben werden müssen.

17

Der Kläger hat beantragt,

I.

18

1. Die Beklagte zu 1 als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 2 zu verurteilen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers aus dessen Lebensversicherung bei der Beklagten zu 1, Vertragsnummer … , über ursprünglich DM 100.000,00 an den Kläger € 71.894,88 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen,

19

2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1 mit der Annahme der Rechte des Klägers aus dessen bei ihr bestehender Lebensversicherung Nr. … in (Annahme-)Verzug befindet,

20

3. die Beklagte zu 1 als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 2 zu verurteilen, an den Kläger weitere 952,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen;

II.

21

1. die Beklagte zu 2 als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 1 zu verurteilen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers aus dessen Lebensversicherung bei der Beklagten zu 1, Vertragsnummer … , über ursprünglich DM 100.000,00 an den Kläger € 71.894,88 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen,

22

2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 2 mit der Annahme der Rechte des Klägers aus dessen bei der Beklagten zu 1 bestehenden Kapitallebensversicherung Nr. … in (Annahme-)Verzug befindet,

23

3. die Beklagte zu 2 als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 1 zu verurteilen, an den Kläger weitere 952,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen;

24

hilfsweise (zu II. 1. bis 3.):

25

1. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, die vereinbarten Teilleistungen des Klägers auf den Darlehensvertrag Nr. … unter Berücksichtigung der auf 4 % p. a. verminderten Zinsen neu zu berechnen,

26

2. festzustellen, dass die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, die nach Neuberechnung der vereinbarten Teilleistungen überzahlten Zinsen an den Kläger zurückzuerstatten.

27

Die Beklagten und der Streithelfer haben beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben und insbesondere darauf verwiesen, dass Streithelfer und Streitverkündete mit ihr nicht verbunden seien; eine Zurechnung komme nicht in Betracht.

30

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

31

Die Frage der Zurechnung einer Pflichtverletzung der Streitverkündeten könne offenbleiben, wobei das Landgericht darauf hinweist, dass es von einer Zurechnung nicht ausgehe. Jedenfalls seien Ansprüche des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluss verjährt. Die Vorwürfe des Klägers unterstellt, die Streitverkündete habe ihm eine mindestens zu erzielende Rendite von 8,5 % zugesagt und über die Zusammensetzung der Vergangenheitsrendite und die Voraussetzungen des Fälligkeitsbonus’ nicht aufgeklärt, lägen die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beim Kläger wohl schon in 2003, spätestens in 2005 vor. Der Kläger habe die ihm zugesandten Unterlagen zur Kenntnis genommen und darauf reagiert, indem er anschließend mehrfach die Aussetzung von Teilauszahlungen veranlasst habe. Spätestens mit dem Kontoauszug von Januar 2005 habe er Veranlassung gehabt, an den Angaben der Streitverkündeten zu zweifeln. Er habe in dieser Situation misstrauisch werden und weitere Erkundigungen einholen oder zumindest die Prospekt- und Vertragsunterlagen gründlich prüfen müssen. Dabei hätte er dann feststellen müssen, dass sich aus den Vertragsunterlagen gerade keine Zusage auf eine zu erzielende Mindestrendite ergebe, man aus den Vergangenheitsrenditen nicht auf künftige Renditen schließen dürfe und die Voraussetzungen für einen Fälligkeitsbonus in seinem Fall nicht gegeben seien. Er habe auch Kenntnis über die möglichen Schuldner auch eines Entschädigungsanspruchs gehabt, oder hätte sich diese durch Rückfragen problemlos verschaffen können. Zum Zeitpunkt der Klagerhebung Ende 2009 sei die Verjährungsfrist eindeutig abgelaufen.

32

Zum Hilfsantrag führt das Landgericht aus, dass, da in dem Darlehensvertrag ausdrücklich angegeben gewesen sei, dass bei der Gesamtbetragsberechnung eine Rückzahlung mit Ablauf der Zinsfestschreibungszeit unterstellt werde, ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG nicht vorliege.

33

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt (Bl. 442 ff.).

34

Außerdem beantragt er hilfsweise,

35

Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht.

36

Die Auffassung des Landgerichts zur Verjährung widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. In Anknüpfung an dessen Rechtsprechung genüge das Auseinanderfallen von versprochenen und erzielten Renditen schon deshalb nicht, weil die Ursache dafür offen bleibe. Das Landgericht hätte hinsichtlich jedes einzelnen vorgetragenen Beratungsfehler gesondert feststellen müssen, ob und ggf. ab wann der Kläger hiervon Kenntnis gehabt habe, was jedoch verfahrensfehlerhaft unterblieben sei.

37

Auch die Auffassung des Landgerichts zum Hilfsantrag widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Auszuweisen sei der Gesamtbetrag für die gesamte Laufzeit und nicht nur für die Zeit der Zinsfestschreibung.

38

Die Beklagten und der Streithelfer beantragen die Zurückweisung der Berufung (Bl. 462/483/458), die Beklagte zu 1 hilfsweise auch Zurückverweisung.

39

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

40

Der Senat hat den Kläger persönlich angehört (Bl. 599 ff.).

41

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II.

42

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache insgesamt ohne Erfolg. Ansprüche des Klägers sind jedenfalls verjährt. Der Senat bleibt damit bei seiner Rechtsauffassung, wie sie sich bereits aus dem Senatsurteil vom 31. März 2011 in 8 U 154/10 ergibt.

43

1. Auf den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag ist gemäß Ziff. 13.7 AVB (Anlage LW 1) deutsches Recht anzuwenden. Bedenken gegen diese Vereinbarung sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich (Art. 27, 29 EGBGB a. F., Art. 8 EGVVG a. F.).

44

Die in erster Instanz wiederholt erhobene Rüge der Unzuständigkeit betraf nicht die internationale Zuständigkeit und ist daher gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nunmehr gegenstandslos.

45

2. Hinsichtlich einer Haustürsituation hat das Landgericht den Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass diese nicht ausreichend dargetan sei (Bl. 266). Die Indizwirkung für die Kausalität der Haustürsituation nach dem Haustürwiderrufsgesetz nimmt mit zunehmendem zeitlichen Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen (BGHZ 131, 385, 392). Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass hier ungeachtet der ungewöhnlich langen Zeitspanne zwischen der ersten Kontaktaufnahme und dem Vertragsschluss eine Haustürsituation noch nicht von vornherein völlig ausgeschlossen ist, hätte es insoweit gerade wegen der verstrichenen Zeit besonderer Darlegung bedurft. Daran aber fehlt es (s. a. Bl. 271 ff.). Auch die Berufungsbegründung verhält sich dazu nicht.

46

3. In Fortführung seiner Rechtsprechung aus dem Urteil vom 31. März 2011 in 8 U 154/10 geht der Senat auch für vorliegenden Sachverhalt davon aus, dass bei Anbahnung der Verträge - durch den Vertrieb - jedenfalls eine Pflicht verletzt wurde. Gegenüber dem Kläger ist mit Renditen geworben worden, die tatsächlich nicht zu der dann vermittelten Anlage passten.

47

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Untervermittlerin als Anlageberaterin oder als Anlagevermittlerin tätig wurde. Selbst bei bloßer Anlagevermittlung wäre zwischen dem Kläger und R. … ein jedenfalls stillschweigend geschlossener Auskunftsvertrag zustande gekommen. Aufgrund dieses Auskunftsvertrags ist der Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. BGH, WM 2009, 739; NJW-RR 2005, 1120; OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2006, 780). Ohne Bedeutung ist es dabei, von wem die Initiative zum Gespräch ausging (vgl. BGH, NJW 1993, 2433 = BGHZ 123, 126).

48

aa) An einer solchen richtigen und vollständigen Aufklärung fehlte es im Hinblick auf die Vergangenheitsrenditen allerdings.

49

Grundsätzlich stellt die Werbung für ein Anlageprodukt unter Hinweis auf in der Vergangenheit erzielte Renditen eine Pflichtverletzung dar, wenn die Renditen unzutreffend angegeben werden. Erfolgt die Beratung bzw. die Vermittlung anhand eines vom Initiator des Anlagemodells herausgegebenen Prospekts, ist dieser im Hinblick auf den unter Zuhilfenahme des Prospekts geschaffenen Vertrauenstatbestand (Prospekthaftung im weiteren Sinne) verpflichtet, die Prospektangaben auf ihre Richtigkeit und Aktualität hin zu überprüfen und den Kläger über die mit der Anlage verbundenen Risiken umfassend zu informieren und zu beraten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 29. April 2009, Az. 13 U 137/05, zit. nach juris). Der Prospekt hat den Anleger über alle für seine Entschließung relevanten Umstände sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, WM 2008, 725). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. BGH a. a. O.). Die Höhe der in der Vergangenheit mit vergleichbaren Versicherungsverträgen erzielten Renditen ist dabei ein Umstand, der für den Entschluss des potentiellen Anlegers von wesentlicher Bedeutung ist. Zwar kann aus den in der Vergangenheit erzielten Renditen kein sicherer Schluss auf die weitere Entwicklung gezogen werden. Es liegt aber auf der Hand, dass Anleger einem nicht bereits bewährten Konzept weitaus skeptischer gegenüberstehen werden, als einem auf solider Grundlage fußenden Modell. Das ist erst recht dann der Fall, wenn mit der aus dem Lebensversicherungsvertrag angestrebten Rendite die Zinsen eines zu diesem Zweck abgeschlossenen Darlehens getilgt werden und die Höhe der prognostisch wahrscheinlichen Rendite nach Möglichkeit nicht hinter der Zinsbelastung zurückbleiben soll. Für Anleger ist deshalb von grundlegender Bedeutung, ob das ihnen angetragene Anlagemodell auf einem tragfähigen Konzept beruht.

50

Angaben zu den in der Vergangenheit erzielten Renditen finden sich zunächst im Prospekt zum E. P. Dort werden die von britischen Versicherern bei einer monatlichen Anlage von 50 Pfund in den letzten 15 bzw. 25 Jahren erzielten Renditen dargestellt. Neben anderen Versicherern wird auch die von der Beklagten zu 1 erzielte Rendite mit 11,33 % p. a. bzw. 13,35 % p. a. ausgewiesen.

51

Weiter heißt es im Teil B des Prospekts unter anderem:

52

"In der Vergangenheit hat der englische Versicherer für seine Anleger langjährig hervorragende Renditen erzielt, die z. T. erheblich über der im Angebot kalkulierten Rendite von ca. 7,9 % p. a. auf die Bruttoanlage bzw. 8,5 % p. a. auf die Nettoanlage liegen."

53

Dass diese Werte unzutreffend waren, trägt auch der Kläger nicht vor. Allerdings verweist er darauf, dass die in der Statistik wiedergegebenen Verträge nicht mit dem streitgegenständlichen Vertrag vereinbar seien, weil jene Verträge unter anderem keine Einmalzahlung, sondern eine monatlich wiederkehrende Prämienzahlung vorgesehen hätten.

54

Das ist zutreffend. Die Werbung mit Vergangenheitsrenditen erlaubt nur dann eine Zukunftsprognose, wenn die Vergangenheitsrenditen mit vergleichbaren Verträgen erzielt wurden. Beruhen die Renditen hingegen auf Verträgen mit einem anderen wirtschaftlichen Modell, fehlt es an einer Vergleichbarkeit. Letzteres war hier der Fall. Bei der Renditeberechnung ist bereits von entscheidender Bedeutung, ob der Versicherer aus dem Anlagebetrag regelmäßig (im Streitfall vierteljährlich) an den Versicherungsnehmer Auszahlungen erbringt oder ob dem Versicherer die erwirtschaftete Rendite verbleibt und er damit weiter arbeiten kann (so im Beispielsfall). Garantierte Auszahlungen bergen darüber hinaus das Risiko einer Abschmelzung des eingezahlten Kapitals mit der Folge, dass in den Folgejahren nur geringe oder ggf. keine Bonuszahlungen erfolgen können. Hinzu kommt weiter, dass dem Versicherer bei einer Einmalzahlung der Gesamtbetrag sofort zur Verfügung steht und er damit auch sofort wirtschaften kann, während er bei einer Ratenzahlung hierauf nur sukzessiven Zugriff erhält. Bereits diese beiden Gesichtspunkte lassen erkennen, dass es an einer Vergleichbarkeit fehlt. Ob demgegenüber auch bei Lebensversicherungsverträgen mit einer Einmahlzahlung sowie einer jährlichen Ausschüttung und einer Laufzeit von 15 bzw. von 25 Jahren in der Vergangenheit eine vergleichbare Rendite erwirtschaftet worden ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass das streitgegenständliche Versicherungsmodell nach seiner Kenntnis erst seit 1995 existiert (s. Anlage K 35) und eine den Angaben im Prospekt vergleichbare Vergangenheitsrendite bereits aus diesem Grund mit dem streitgegenständlichen Versicherungsmodell nicht erzielt werden konnte.

55

Auch wenn grundsätzlich keine Verpflichtung zu näheren Angaben zukünftig zu erwartender Renditen besteht, dürfen die dem Anlageinteressenten hierzu unterbreiteten Informationen gleichwohl nicht falsch sein (vgl. BGH, NJW 2010, 2506, zu der in einem Prospekt prognostizierten Rentabilität eines Fonds auf der Basis von "Erfahrungswerten aus der Vergangenheit", wenn solche Erfahrungswerte für vergleichbare Objekte tatsächlich nicht vorlagen).

56

bb) Von weiteren Pflichtverletzungen kann der Senat nicht ausgehen. Zwar ist an sich zu erwägen, dass das dem Kläger vermittelte Modell wegen struktureller Fehler gar nicht den in Aussicht gestellten Ertrag bieten kann. Eine Pflichtverletzung gegenüber einem Anleger kommt auch dann in Betracht, wenn ihm nicht mitgeteilt wird, in welcher Weise sich das Zusammenspiel der verschiedenen Anlageelemente auf die Möglichkeit einer Gewinnerzielung auswirken kann (BGH, NJW 1998, 2898, 2899, unter II. 1., für den Fall einer fremdfinanzierten Lebensversicherung). Den Vermittler trifft, falls ihm dieses Zusammenspiel selbst nicht klar sein sollte, die Pflicht, sich über eine solche Frage des von ihm vermittelten Geschäfts vorher zu informieren (ebenda).

57

Die Rendite des Vertrages setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen: Zunächst ist dies die Jahresdividende, welche nach Abzug der jährlichen Managementgebühr dem Pool zugewiesen wird. Der Anteilspreis steigt dem Satz der Jahresdividende entsprechend. Der Garantie entsprechend kann dieser Preis nicht mehr fallen und die einmal dem Vertrag gutgeschriebene Dividende nicht mehr zurückgenommen werden. In den Jahresinformationen wird dies als „deklarierter Wertzuwachs“ ausgewiesen. Weiterer Bestandteil der Rendite ist der Fälligkeitsbonus, der am Ende der vereinbarten Laufzeit und unter den in den “Poolinformationen“ beschriebenen Umständen eventuell zur Jahresdividende hinzugerechnet wird, aber nicht jährlich, sondern nur unter bestimmten Umständen. Dies bedeutet, dass der Renditeanteil aus dem Fälligkeitsbonus nicht an der Wertentwicklung der Folgejahre teilnimmt - auch nicht an einem Zinseszinseffekt - obwohl der prognostizierten Wertentwicklung in der Musterberechnung nicht zu entnehmen ist, dass dem nicht die Gesamtrendite zugrunde liegt, die für englische Lebensversicherer erwartet wurde. Liegt der deklarierte Wertzuwachs - wie auch im vorliegenden Fall - unterhalb der Entnahmen, muss entweder der Kapitalstock in Anspruch genommen, also reduziert werden, was notwendigerweise zu einem entsprechenden Abschmelzen des Kapitalwertes führt, oder der Anleger muss entgegen der Konzeption der Anlage die Zinsen auf das Darlehen selbst zahlen.

58

Der beschriebene Effekt des "Abschmelzens" beeinflusst die angenommene Wertentwicklung der Lebensversicherung aufgrund der gleichmäßigen und unveränderlichen Entnahmen in Gestalt der zu leistenden Zinszahlungen auf das Darlehen deutlich nachteilig und damit auch den Erfolg des E. P. Auch wenn daraus nicht folgt, dass der E. P. zwangsläufig zum Scheitern verurteilt war, konnte ein wirtschaftlicher Erfolg nur unter außergewöhnlich günstigen wirtschaftlichen Entwicklungen, die jedenfalls als wenig realistisch angesehen werden müssen, eintreten, denn es musste ein deklarierter Wertzuwachs mindestens in der Höhe der Entnahmen, hier 6,35 %, anfallen, damit die Wertentwicklung der Lebensversicherung jedenfalls neutral verlief, dies obgleich die Beklagte zu 1 selbst erklärt hatte, einen eher niedrigen deklarierten Wertzuwachs gutzuschreiben, weil dessen Höhe nicht nachträglich reduziert werden konnte.

59

Der schriftsätzliche Vortrag des Klägers ließ aus Sicht des Senats nicht sicher erkennen, ob er eine entsprechende Pflichtverletzung behaupten will. Die Nachfrage des Senats hat ergeben, dass dies nicht der Fall ist (Bl. 602 unten). Damit kann offen bleiben, ob insoweit eine Pflichtverletzung überhaupt vorliegt.

60

b) Den Vorwurf der fehlenden bzw. unrichtigen Aufklärung im Hinblick auf die Vergangenheitsrenditen trifft nicht nur die Vermittlerin, die Streitverkündete, und den Prospektherausgeber und Vermittler R. … GmbH, sondern auch die Beklagte zu 1.

61

Wer als Versicherungsmakler auftritt, steht nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich im Lager des Versicherungsnehmers, womit eine Zurechnung einer fehlerhaften Beratung an den Versicherer ausscheidet (BGH, VersR 2008, 242, m. w. N.).

62

Die selbständige Stellung des Maklers steht einer Einordnung als Erfüllungsgehilfe des Versicherers dann jedoch nicht mehr entgegen, wenn er sich nicht auf reine Maklerdienste beschränkt, sondern mit Wissen und Wollen einer späteren Vertragspartei Aufgaben übernimmt, die typischerweise dieser obliegen, und damit in deren Pflichtenkreis tätig wird. Dann ist er zugleich als Hilfsperson zu betrachten, ohne dass es darauf ankäme, ob dem Makler ein eigener Verhandlungsspielraum eingeräumt ist (BGH, NJW 1996, 451). Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der konkreten Maklertätigkeit, mithin nur im Einzelfall, entscheiden (ebenda). Für eine Zurechnung genügt noch nicht, dass der Vermittler Antragsformulare des Versicherers zur Verfügung hat und von ihnen bei der Vermittlung des Vertrages Gebrauch macht (BGH, VersR 1999, 1481), wobei es auch nicht darauf ankommt, ob der Makler diese angefordert oder unaufgefordert zugesandt bekommen hat (ebenda). Es genügt auch nicht, dass ein Versicherer seine Anlageprodukte ausschließlich über selbständige Makler und ohne eigenen Vertrieb verkauft.

63

Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass die R. … GmbH nicht ausschließlich die Kapitallebensversicherung der Beklagten zu 1 vermittelt hat. Vermittelt wurde vielmehr das Anlagemodell E. P. In diesem war die kapitalbildende Lebensversicherung der Beklagten zu 1 nur ein - unselbständiger - Baustein. Bei dem Anlagemodell handelt es sich um ein komplexes und hochspekulatives, nicht nur auf der Lebensversicherung basierendes und in seinen Ertragserwartungen auch nicht nur davon abhängiges Finanzierungsmodell. Spekulativen Charakter gewinnt das Anlagemodell nicht nur durch die Vollfinanzierung, die für sich genommen bereits bedeutet, dass der Ertrag der Lebensversicherung über die Dauer der Finanzierung konstant höher sein muss als die bloßen Zinskosten, wobei die Zinsen nicht für die gesamte Laufzeit des Darlehens festgeschrieben waren, was ein weiteres Risiko bedeutete. Hinzu kam der zu zeichnende Fonds, der wiederum eine ähnlich hohe konstante Ertragskraft wie die Lebensversicherung haben musste, damit nach 15 Jahren Laufzeit des Darlehens dieses aus dem Ertrag des Fonds abgelöst werden konnte. Konkret mussten vorliegend die in den Fonds eingezahlten 35.000 DM nach 15 Jahren das Darlehen über 111.111 DM ablösen können (der Kläger hatte außerdem für die Vermittlung des Darlehens 4.444,44 DM zu zahlen, Anlage K 39). Dem Versicherer mag es gleich sein, wer sein vorgefertigtes Versicherungsprodukt, das auch der Makler nicht verändern kann, vertreibt. Darum geht es vorliegend aber nicht. Die Lebensversicherung war hier in Gestalt des E. P. in weitere Bausteine eingebunden, die hinsichtlich des letztlich erstrebten Ertrags einander bedingten. Ein anderer als der ersichtlich hoch angesetzte zukünftige Ertrag des Fonds bedrohte die Ertragsfähigkeit der Lebensversicherung. Das Gleiche galt für eine Verschlechterung der Zinskonditionen für das Darlehen nach Ablauf der Zinsbindungsfrist. Die Beklagte zu 1 als etablierter und jedenfalls in England alteingesessener Versicherer (nach eigenen Angaben … gegründet, Anlage K 24) hatte daher anders als beim bloßen Vertrieb ihrer Lebensversicherung hier ein hohes Interesse daran, wer welches Anlageprodukt unter Einschluss ihrer Lebensversicherung vertrieb. Es widerspräche jeder Lebenserfahrung, dass die Beklagte zu 1 keinen Einfluss auf die Gestaltung des Gesamtprodukts und dessen Vertrieb genommen hätte. Dieser Umstand schlägt sich in den Anforderungen an den von der Beklagten zu 1 insoweit zu haltenden Vortrag nieder. Ihr oblag es dazu vorzutragen, welche Verbindungen zu der R. … GmbH bestanden. Das hat sie jedenfalls mit Substanz nicht getan. Dass ihr gegenüber ein Versicherungsantrag mit dem "Versicherungsgrund" E. P. gestellt wurde, wusste sie mit dem Versicherungsantrag des Klägers (Anlage K 7). Die Beklagte zu 1 hatte daneben nicht nur Kenntnis von der Finanzierung, und zwar durch eine offensichtlich relativ kleine Zahl von Kreditinstituten, hier der Beklagten zu 2, die nach eigenen Angaben gegenüber dem Senat etwa in 1.000 Fällen Darlehen für Vertragsgestaltungen der hier in Rede stehenden Art übernommen hat (Bl. 602). Gestützt wird die Annahme einer Kooperation mit der R. … GmbH weiter durch ein Protokoll einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Coburg (23 O 836/06), das dem Senat in dem Verfahren 8 U 166/10 vorlag (siehe Senatsurteil vom 31. März 2011, Seite 4), und das für eine Zusammenarbeit sprach. Weiter hat die Beklagte zu 1 mit ihrer eigenen Software eine Musterberechnung erstellt, der sich die R. … GmbH bediente.

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3. Die Pflichtverletzung gegenüber dem Kläger in Gestalt fehlender bzw. unrichtiger Aufklärung im Hinblick auf die Vergangenheitsrenditen muss sich auch die Beklagte zu 2 entgegenhalten lassen.

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Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. nur BGHZ 168, 1). Ein solcher Wissensvorsprung liegt auch vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wurde (vgl. nur BGHZ 183, 112).

66

"Im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können" hat der BGH im Jahr 2006 das Institut des institutionalisierten Zusammenwirkens erdacht. In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber einer finanzierten Anlage können sich die Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Hierzu soll erforderlich sein, dass sich die behauptete Täuschung durch Vorspiegeln oder Entstellen von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt werden. Ein die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank auslösender konkreter Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers setzt dem entsprechend konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers oder Verkäufers über das Anlageobjekt voraus (BGHZ 169, 109). Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist (vgl. nur BGHZ 168, 1). Dabei ist die Frage der Evidenz objektiv zu bestimmen. Es kommt im Falle institutionalisierten Zusammenwirkens nicht darauf an, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte; die Frage nach der Kenntnis der Bank stellt sich erst im Zusammenhang mit der - ihr obliegenden - Widerlegung der Vermutung (BGH, WM 2010, 2069). Die Beweiserleichterung tritt dagegen bereits dann ein, wenn rein objektiv eine evidente arglistige Täuschung vorliegt. Dies ist eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die dem Tatrichter obliegt.

67

Zu denken ist auch an Provisionsvereinbarungen zwischen dem Vertrieb, der R. … GmbH, und der Beklagten zu 2 (vgl. BGHZ 146, 235, 239). Es geht darum, dass die Bank nämlich für den Vertrieb einen Anreiz schafft, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden zu berücksichtigen. Die Frage bedarf aber keiner Vertiefung. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass insbesondere durch die Zahlung einer Provision an den Vertrieb ein Schaden entstanden ist. Voraussetzung eines Schadens wäre aber insbesondere, dass der Kläger bei einem anderen Kreditinstitut, das keine oder nur eine geringere Vermittlungsprovision an Finanzierungsvermittler zahlt, den aufgenommenen Kredit zu günstigeren Konditionen erhalten hätte.

68

Voraussetzung der Annahme eines solchen institutionalisierten, also nicht nur auf einzelne Fälle beschränkten Zusammenwirkens als Voraussetzung für die Beweiserleichterung zugunsten der Anleger ist, dass zwischen den einzelnen Beteiligten des Anlagemodells ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestanden haben oder sich daraus ergeben, dass den vom Verkäufer oder Fondsinitiator eingeschalteten Vermittlern von der Bank Büroräume überlassen oder von ihnen - von der Bank unbeanstandet - Formulare des Kreditgebers benutzt wurden oder etwa daraus, dass der Verkäufer oder die Vermittler dem finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen oder Fondsbeteiligungen desselben Objektes vermittelt haben. Nicht ausreichend ist hingegen, dass die Bank den übrigen am Vertrieb des Kapitalanlagemodells Beteiligten bereits vorab eine allgemeine Finanzierungszusage gegeben hat (st. Rspr. seit BGHZ 168, 1, 23). Ausreichend ist hingegen, dass - wie hier (Bl. 602) - der Vermittler der Bank wiederholt Finanzierungen derselben Anlage vermittelt hat (ebenda, S. 23 f.).

69

Die Anwendbarkeit der Beweiserleichterungen in Form einer widerleglichen Vermutung für die bislang von dem Darlehensnehmer darzulegende und zu beweisende Kenntnis der Bank von der arglistigen Täuschung durch den Verkäufer oder Fondsinitiator sowie der von ihnen eingeschalteten Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts im Rahmen des institutionalisierten Zusammenwirkens ist hier nicht deswegen zu verneinen, weil der BGH zu der Beweiserleichterung seit 2006 nur greift, wenn es um finanzierten Immobilienkauf geht. Das Verbraucherdarlehensrecht unterschied und unterscheidet nach Immobiliardarlehensverträgen und sonstigen Darlehensverträgen (s. insbesondere § 503 BGB). Die Notwendigkeit einer Beschränkung auf den Immobilienkauf ist aber nicht zwingend. Andererseits ist die - die Anwendung von § 278 BGB vermeidende - Institution "institutionalisiertes Zusammenwirken" wohl als eine Ausnahme zu verstehen, letztlich ohnehin freie Rechtsschöpfung. Ausnahmetatbestände werden zwar meist eng ausgelegt. Das aber ist nicht mehr als eine Faustformel und kein allgemeingültiges Auslegungskriterium (s. a. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 175 f. für die Auslegung von Gesetzen; Senat, 8 U 35/11, Urt. v. 31. August 2011). Der II. BGH-Senat hat es in einem Urteil vom 1. März 2011 anscheinend für denkbar gehalten, die Grundsätze des institutionalisierten Zusammenwirkens auf einen zu Anlagezwecken erfolgten Beitritt zu einer Wohnungsgenossenschaft anzuwenden (II ZR 298/08). Die besonderen Probleme, der sich der Anleger ausgesetzt sieht, gelten freilich unabhängig davon, ob es sich um Immobilien bzw. Fondsanteile handelt oder um eine Lebensversicherung. Er schließt eine ganze Reihe von Verträgen, die für sich genommen unbedenklich sein mögen. Die Probleme ergeben sich aus ihrer engen Verbindung und gegenseitigen Abhängigkeit (s. a. BGH, XI ZR 135/10, Urteil vom 1. März 2011, zit. nach juris) und dabei insbesondere aus dem Umstand, dass Ansprechpartner nicht Versicherer oder Bank sind, sondern ein häufig wenig solventer Vertrieb.

70

Zur Frage des Zusammenwirkens hat der BGH entschieden, dass etwa die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises eines finanzierten Objekts für sich genommen auch im Falle einer institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen finanzierender Bank und dem Verkäufer oder Vertreiber des Objekts nicht zu einer widerleglichen Vermutung führt, die finanzierende Bank habe von der sittenwidrigen Überteuerung Kenntnis gehabt. Eine solche Vermutung komme vielmehr nur im Falle einer arglistigen Täuschung der Käufer über den Kaufpreis in Betracht (BGH, XI ZR 157/07, Urteil vom 18. November 2008). Der BGH stellt aber nicht sehr hohe Anforderungen an den Nachweis von Arglist, indem er sie aus den objektiven Umständen ableitet. So heißt es in BGH, NJW 2008, 644:

71

"Die eine subjektive Komponente umfassende Arglist ergibt sich nach dem Beklagtenvorbringen daraus, dass die Angaben zur Höhe des erzielbaren Mietzinses entgegen der Mitteilung im Verkaufsprospekt ohne betriebswirtschaftliche Untersuchung zur Rentabilität und Vermietbarkeit des Objekts und damit "ins Blaue hinein" gemacht wurden. Dem steht angesichts dessen nicht entgegen, dass bei Vermarktung der Appartements tatsächlich ein Pachtvertrag zu dem im Prospekt genannten Pachtzins bestand. Das Boarding-House-Projekt war damals in Deutschland nicht geläufig, so dass es kaum praktische Erfahrungen damit gab. Die Rentabilität war deshalb schwer einzuschätzen und ungesichert. Allein der Abschluss eines langjährigen Pachtvertrages war hier deshalb nicht ausreichend; vielmehr war die Initiatorin - wie im Verkaufsprospekt vorgesehen - gehalten, die konkrete Möglichkeit der Erwirtschaftung der zugesagten Pachtzahlungen durch eine betriebswirtschaftliche Untersuchung zu klären (…).

72

Außerdem erfasst das Tatbestandsmerkmal der Arglist nicht nur von betrügerischer Absicht getragene Verhaltensweisen, sondern auch solche, die auf bedingten Vorsatz - im Sinne (bloßen) "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" - reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden ist (BGHZ 183, 112).

73

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung kannte die Beklagte zu 2 das hier in Rede stehende Anlagemodell. Die Beklagte zu 2 hat das Modell nach eigenem Bekunden auch "wohlwollend" geprüft, nachdem die R. … GmbH selbst es ihr vorgestellt hatte (Bl. 602). Ob es zu einer irgendwie gearteten vertraglichen Bindung mit dem Vertrieb gekommen ist, ist nicht ausschlaggebend. Mit dem Anlagemodell kannte die Beklagte zu 2, einen objektiven Maßstab, § 276 Abs. 2 BGB, zugrunde gelegt, die zahlreichen Risiken, die sich aus der Verbindung mehrerer Elemente und dem "Durchschlagen" von Mängeln einzelner Elemente auf das gesamte Anlagemodell und dessen Rentabilität ergeben mussten. Dass sie Erfahrungen mit vergleichbaren Anlagemodellen hatte, behauptet die Beklagte zu 2 selbst nicht. Als Bank wusste sie aber, dass etwa ein dreiviertel Jahr vor Abschluss des Darlehensvertrages die "Technologietitelblase" an den Börsen nicht nur in Deutschland geplatzt war und die Börsen seither nicht nur hinsichtlich ihrer Technologietitelindizes deutliche Verluste erlitten hatten, was insbesondere sehr zweifelhaft erscheinen lassen musste, dass der Fonds, der - nach Kosten - mit durchgehend mehr als 8 % jährlich rentieren musste, um der Konzeption der Anlage entsprechend in 15 Jahren das endfällige Darlehen über 111.111 DM ablösen zu können, dazu der Konzeption entsprechend in der Lage sein würde. Darüber hinaus betraf die Schwäche an den Aktienmärkten auch die Pools der Beklagten zu 1, denn das dort eingebrachte Geld der Anleger wurde jedenfalls in großen Teilen in Aktien angelegt (Anlage LW 28). Dass die Beklagte zu 2 selbst die von ihr finanzierte Anlage als spekulativ ansah, ergibt sich aus ihren Risikohinweisen für den E. P. (Anlage LW 33).

74

4. Ansprüche des Klägers sind aber, soweit sie bestanden haben sollten, insgesamt verjährt.

75

Ansprüche aus dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo aufgrund eines vorvertraglichen Beratungsverschuldens verjähren gemäß § 195 BGB a. F. grundsätzlich in 30 Jahren (vgl. nur BGH, NJW 1985, 380, 381; NJW 1990, 1659, 1661). Eine Änderung ist freilich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz aus dem Jahr 2001 eingetreten. Im vorliegenden Fall sind daher die Übergangsvorschriften gemäß Art. 229 § 6 EGBGB zu beachten. Danach finden zwar die "alten" Verjährungsvorschriften auf alle bis zum 1. Januar 2002 entstandenen Ansprüche Anwendung. Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung allerdings kürzer, so wird die kürzere Frist von dem 1. Januar 2002 bzw. von dem Moment der Kenntniserlangung im Sinne von § 199 BGB an berechnet, Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB. Die Ansprüche aus culpa in contrahendo verjähren nach neuem Recht innerhalb von drei Jahren, beginnend mit der Kenntnis von der Pflichtverletzung, § 199 BGB (vgl. nur BGH, NJW 2007, 1584). Sind einem Anlageberater mehrere, von einander abgrenzbare Beratungsfehler vorzuwerfen, berechnet sich die Verjährungsfrist für jeden Beratungsfehler gesondert. Jede Handlung, die eigene Schadensfolgen zeitigt und dadurch zu dem Gesamtschaden beiträgt, stellt verjährungsrechtlich eine neue selbstständige Schädigung dar und erzeugt daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist (BGH, III ZR 169/08, Urteil vom 19. November 2009, zit. nach juris). Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, wenn der Kapitalanleger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht des Anlageberaters zur Aufklärung ergibt (vgl. BGH, NJW 2008, 506).

76

a) Mit dem Landgericht kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger diese Kenntnis jedenfalls im Jahr 2005 besaß bzw. sich einer solchen Kenntnis grob fahrlässig verschloss.

77

Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass das Ausbleiben der prognostizierten Rendite grundsätzlich keine Rückschlüsse auf eine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit einer Renditeprognose erlaubt. Der Senat verkennt ebenso wenig, dass es sich bei den im Prospekt ausgewiesenen Renditen um Durchschnittsrenditen handelt, die über einen Zeitraum von 15 bzw. 25 Jahren erwirtschaftet worden sein sollen und bei denen es in einzelnen Jahren ebenfalls zu einem unterdurchschnittlichen Ertrag gekommen sein dürfte. Schließlich verkennt der Senat auch nicht, dass dem Kläger durch die R. … GmbH mitgeteilt wurde, dass aufgrund der "derzeitigen Börsensituation" aus der Police keine oder nur geringe Entnahmen getätigt werden sollten und sich langfristig betrachtet eine höhere Renditemöglichkeit ergebe (Schreiben vom April 2003, Anlage LW 9).

78

Auf der anderen Seite durften diese Gesichtspunkte den Kläger nicht darüber hinwegtäuschen, dass die erzielten Renditen nicht einmal ansatzweise die prognostizierte Höhe erreichten. Während für das Jahr 2002 noch ein deklarierter Wertzuwachs von 3,5 % bei einem Fälligkeitsbonus von 0 % ausgewiesen wurde (Anlage LW 8), sank bereits im darauffolgenden Jahr der deklarierte Wertzuwachs auf 3 % bei erneut ausgebliebenem Fälligkeitsbonus (Anlage LW 10). Mit Schreiben vom 6. Januar 2005 teilte die Beklagte zu 1 dem Kläger schließlich mit, dass der deklarierte Wertzuwachs - dies ungeachtet des "Glättungsverfahrens", das nach den eigenen Prospektangaben der Beklagten zu 1 (Anlage LW 28) eine Volatilität der Märkte unter Heranziehung eines Teils der Reserven der Pools ausgleichen sollte - auf 1,5 % gesunken sei, ohne dass es abermals zur Auszahlung eines Fälligkeitsbonus gekommen wäre (Anlage LW 11). Der Renditeverfall hatte sich also sogar noch beschleunigt, die Rendite, nur noch rund 1/6 des in Aussicht gestellten Ertrages, sich zuletzt halbiert. Der Kläger selbst hat in seiner Klagschrift vorgetragen (Bl. 11), die tatsächlichen Erträge aus der Lebensversicherung hätten "wesentlich niedriger" gelegen als ihm von der Anlagevermittlerin zugesichert worden sei. Die Ausschüttungen aus der Versicherung hätten "bei weitem" nicht mehr ausgereicht, um hiervon - wie konzeptionell vorgesehen - die Zinsen für das Darlehen zu entrichten, sprich, das gesamte Konzept war gescheitert. Davon ging offenbar auch der Kläger aus, denn noch im Jahr 2005 löste er den M. Investmentsparplan auf und führte damit und mit Eigenmitteln das Darlehen bei der Beklagten zu 2 zurück (Bl. 11). Damit hatte sich dem Kläger aufgedrängt bzw. musste sich ihm aufdrängen, dass die tatsächlich erzielten Renditen nicht nur vorübergehend weit unter den prognostizierten Beträgen zurückblieben, sodass der Kläger spätestens Anfang 2005 alle Veranlassung hatte, die beworbenen Vergangenheitsrenditen in Frage zu stellen. Dies scheint er auch getan zu haben, das Konzept hatte er durch Rückführung des Darlehens aufgegeben. Sollte er dieses Verhaltens ungeachtet die Rendite nach wie vor nicht in Frage gestellt haben, begründete dies jedenfalls den Vorwurf einer grobfahrlässigen Unkenntnis. Der Kläger hätte sich lediglich kurz mit den Angaben im Prospektteil A befassen müssen, um die fehlende Vergleichbarkeit der dort dargestellten Lebensversicherungsverträge mit dem von ihm abgeschlossenen Vertrag ohne Weiters erkennen zu können bzw. sogar zu müssen. Dem steht nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, wonach der Anleger grundsätzlich nicht zu einer kritischen Überprüfung ihm im Rahmen eines Beratungsgesprächs erteilter Informationen und insbesondere nicht zur Lektüre eines ihm übergebenen Prospekts verpflichtet ist (vgl. BGH, NZG 2011, 68). Anders verhält es sich nämlich, wenn der Anleger konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Beratungsfehlers erhält. In dem Fall darf er hiervor nicht die Augen verschließen, sondern muss einem Verdacht zumindest auf der Grundlage der ihm vorliegenden allgemeinen Informationsmöglichkeiten etwa in Form des ihm ausgehändigten Prospekts nachgehen.

79

Zwar verlangt § 199 BGB für den Beginn der Verjährungsfrist neben der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen auch Kenntnis vom Schuldner. Ausreichend ist insoweit aber die Kenntnis von Tatsachen, aus denen die Verantwortlichkeit des konkreten Schädigers folgt. Die Verjährungsfrist gegenüber dem tatsächlich Ersatzpflichtigen beginnt erst, wenn der Geschädigte keine begründeten Zweifel mehr über Person und Verantwortlichkeit hat (vgl. Grothe in: Münchner Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 199, Rn. 27; Henrich/Spindler in: Bamberger/ Roth, BGB, Stand: 1. August 2010, § 199, Rn. 33). Denn erst wenn keine wesentlichen Zweifel mehr bestehen, ist dem Anspruchsinhaber zuzumuten, die Frage der Verantwortlichkeit gerichtlich klären zu lassen (vgl. Grothe a. a. O., Henrich/Spindler a. a. O.). Bei Ansprüchen gegen einen Geschäftsherrn wegen Verschuldens eines Gehilfen aus §§ 278, 831, 832 BGB beginnt die Verjährung nicht, bevor nicht die Person des Geschäftsherrn feststeht oder der Anspruchsinhaber zumindest grob fahrlässig keine Kenntnis hiervon hat (vgl. BGH, NJW 1999, 423, 424).

80

Eine solche Kenntnis des Klägers lag aber ebenfalls frühzeitig vor, jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 1. Der Kläger wusste, dass der streitgegenständliche Lebensversicherungsvertrag mit der Beklagten zu 1 geschlossen werden sollte. Dies sah bereits das für den Kläger erstellte Berechnungsbeispiel vor. Auch der Zeichnungsschein sah in seinem Vordruck ausschließlich den Abschluss einer Lebensversicherung bei der Beklagten zu 1 vor. Dasselbe gilt für das Beratungsprotokoll zum E. P. Schließlich bezogen sich auch sämtliche Berechnungsbeispiele im Prospektteil A des E. P. auf von der Beklagten zu 1 angebotene Versicherungen. Unter diesen Umständen musste sich dem Kläger aufdrängen, dass zwischen der R. … GmbH bzw. der Streitverkündeten als Untervermittlerin und der Beklagten zu 1 ein derart enges Verhältnis im Sinne eines institutionalisierten und nicht nur auf einzelne Geschäfte bezogenes Zusammenwirkens bestand, dass sich die Beklagte zu 1 etwaige Pflichtverletzungen der Vermittler würde zurechnen lassen müssen. Dass dem Kläger zu diesem Zeitpunkt noch nicht sämtliche Informationen über den tatsächlichen Grad des Zusammenwirkens vorlagen und dass er insbesondere noch keine Kenntnis über die aufseiten der Beklagten zu 1 bzw. der R. … GmbH konkret in diesem Zusammenhang tätigen Personen besaß, ist unschädlich. Die Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen erfordert nicht ein derartiges Maß an Tatsachenkenntnis, welches nötig wäre, damit der Geschädigte Prozesskostenhilfe zur Verfolgung seines Anspruchs erhalten würde (vgl. BGH, NJW 1963, 1103).

81

Bereits in der Klagschrift ist der Kläger davon ausgegangen, dass er die R. … GmbH bzw. die Streitverkündete als Vermittler ansah und nicht als selbständige Makler. Dass er dies vor Klagerhebung anders gesehen hatte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch nicht behauptet, dass die Untervermittlerin ihm etwas anderes als die eine Anlageform angeboten hätte. Im Prospektteil A ist zwar nur allgemein von britischen Lebensversicherern und deren Vorteilen gegenüber deutschen Lebensversicherern die Rede, im Prospektteil B aber wird die Beklagte zu 1 auch ausdrücklich genannt. Das gilt ebenso für die Berechnungsgrundlage Anlage K 4, den Zeichnungsschein, die jährlich übersandten Informationen, die gerade nicht von der R. … GmbH stammten, sondern von der Beklagten zu 1.

82

Richtig ist zwar, dass für die Frage der Verjährung zu differenzieren ist. Beruht ein Schadensersatzanspruch des Anlegers auf mehreren Beratungsfehlern, so beginnt die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden Aufklärungsfehler gesondert zu laufen; sie beginnt zu laufen, wenn der Gläubiger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen (nicht die rechtlichen) Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, NJW 2008, 506). Der BGH begrenzt diese Rechtsprechung auf diejenigen Handlungen, die eigene Schadensfolgen zeitigen und dadurch den Schaden des Gläubigers vergrößern können (BGH, III ZR 169/08, Urteil vom 19. November 2009, zit. nach juris). Wenn und soweit Pflichtverletzungen mit weiteren Nachteilen für das Vermögen des Gläubigers verbunden seien, sei es gerechtfertigt, sie verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln (BGH, NJW 2008, 506). Das hätte näherer Darlegung durch den Kläger bedurft, gerade weil der Kläger im Grunde genommen die immer gleiche Pflichtverletzung rügt, nämlich falsche bzw. irreführende Angaben zum Produkt. Seien es nicht passende Angaben zu Renditen oder die unzutreffende Bezeichnung als "Altersvorsorge" (was ohnehin wenig aussagekräftig ist), es geht im Grunde nicht um verschiedene Pflichtverletzungen, sondern eher darum, dass der Kläger die Irreführung bei Vertragsanbahnung "wertend" in Teilakte zergliedert. Nicht ersichtlich ist, dass diese unselbständigen Teilakte jeder für sich genommen einen eigenen Schaden des Klägers herbeigeführt hätten oder auch nur hätten herbeiführen können. Nicht ersichtlich ist insbesondere, dass dies noch nach "Abwicklung" der Anlage durch den Kläger im Jahr 2005 hätte der Fall sein können.

83

Zum Zwecke weiterer Aufklärung hat der Senat den Kläger persönlich angehört (Bl. 599 ff.). Das Ergebnis der Anhörung bestätigt das Vorliegend der Voraussetzungen des § 199 BGB spätestens im Jahr 2005.

84

Entgegen dem vom Kläger in grob unrichtiger Weise verbreiteten Eindruck war dieser auch ein erfahrener Anleger und keiner, der Erfahrungen nur als Inhaber eines Sparbuches hatte (Bl. 276). Vielmehr hatte er bei Abschluss der hier in Rede stehenden Verträge Erfahrungen mit mehreren Fonds und auch einem Immobilienfonds. Von diesen habe er sich auch - aber wohl erst später - getrennt. Sie seien nicht so schlecht gelaufen wie der hier in Rede stehen M.-Fonds; der sei "richtig schlecht gelaufen". Ungeachtet des bereits 2003 mehrmals erforderlichen gewordenen Verzichts auf Teilauszahlungen habe er zu dieser Zeit noch gedacht, es sei alles in Ordnung. 2004 habe er dann das Vertrauen verloren. Die Sache sei damals "gekippt". Auch die Streitverkündete habe nur anfangs noch geraten, an dem ganzen Projekt festzuhalten. Dann aber, 2005, habe sie seinem Plan, sich von Fonds und Darlehen zu trennen, nicht mehr widersprochen. Auch sie sei der Meinung gewesen, der Fonds komme nicht mehr auf die Beine. Unternommen habe er über Jahre nichts, obwohl er sich über den Verlust geärgert habe, weil er sich keine Chancen ausgerechnet und sich auch nicht getraut habe, etwas zu unternehmen.

85

b) Verjährt sind auch Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. Das Landgericht hat es allerdings versäumt, zwischen beiden Beklagten zu differenzieren.

86

Für die Frage, wann der Gläubiger die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners besitzt, greift der BGH weitgehend auf seine Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a. F. zurück. Danach liegt die erforderliche Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (vgl. nur BGH, NJW 2004, 510). Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können (vgl. nur BGH, NJW 2001, 885, 886). Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BGHZ 170, 260, 271). Hierzu gehört in Fällen unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, VersR 2009, 685, 688 f.). Auf dieser Grundlage hat der BGH entschieden, dass eine aufgrund von Mietpoolabrechnungen gewonnene Kenntnis der Anleger von der Unrichtigkeit der versprochenen Miete nicht ausreicht anzunehmen, Ansprüche seien verjährt. Allein aus den Mietpoolabrechnungen hätten die Anleger noch keine Kenntnis von den eine Aufklärungspflicht der Bank begründenden Umständen (ebenda).

87

Da Kenntnis in Fällen unzureichender (oder falscher) Aufklärung voraussetzt, dass der Anleger (Gläubiger) die Umstände, insbesondere auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt, und da die finanzierenden Banken nur ausnahmsweise zur Risikoaufklärung in Bezug auf das finanzierte Geschäft verpflichtet sind, ist von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers in Fällen der vorliegenden Art nur auszugehen, wenn ihm sowohl die Umstände bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind, die in Bezug auf das finanzierte Geschäft einen Ersatzanspruch begründen, als auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass insoweit gerade auch die finanzierenden Banken, obwohl sie nicht unmittelbar Geschäftspartner des finanzierten Geschäfts waren, als mögliche Haftende in Betracht kommen. Im Hinblick auf eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 2 aus einem Wissensvorsprung über eine arglistige Täuschung des Klägers wäre von einer Kenntnis des Klägers nur auszugehen, wenn er die tatsächlichen Umstände gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hätte, aus denen sich ergab, dass er im Zusammenhang mit der Anlage arglistig getäuscht worden war, und zusätzlich die Umstände, die den Schluss auf einen insoweit bestehenden Wissensvorsprung der Beklagten zu 2 zuließen (ebenda).

88

§ 199 BGB verlangt für den Beginn der Verjährungsfrist neben der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen auch Kenntnis vom Schuldner. Ausreichend ist insoweit die Kenntnis von Tatsachen, aus denen die Verantwortlichkeit (und nicht nur die Person als solche) des konkreten Schädigers folgt. Es geht mithin um die Frage, wann der Kläger wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass auch die Beklagte zu 2 als finanzierende Bank ihm zum Schadensersatz verpflichtet war oder jedenfalls sein konnte. Hinsichtlich der Rendite hatte die Beklagte zu 2 nicht zu beraten. Sie selbst hat das auch nicht getan, jedenfalls ist dafür nichts mit Substanz vorgetragen; die allgemein gehaltenen Risikohinweise (Anlage LW 33) genügen insoweit nicht. Die Verwendung der Darlehensvaluta ist Sache des Darlehensnehmers. Dass die Beklagte zu 2 wusste, wofür die Valuta bestimmt ist, ändert für sich genommen nichts daran, dass Darlehensverträge Verträge mit geringer Beratungsintensität sind. Für einen gesonderten Beratungsvertrag ist gleichfalls nichts ersichtlich.

89

In seiner Anhörung vor dem Senat hat der Kläger gezeigt, dass er die Anlage - zutreffend - als Gesamtpaket verstanden hatte. Er hat etwa zeitgleich mit dem Verkauf der Fondsanteile, mit denen etwa 10 Jahre später das endfällige Darlehen hatte abgelöst werden sollen, auch das konzeptionell damit verbundene Darlehen aus eigenen Mitteln zurückgeführt. Die Lebensversicherung halte er hingegen weiter. Sein Plan, als die Sache "gekippt" sei, sei - nach längerem Überlegen und aus eigener Initiative - dahin gegangen, sich von dem Fonds und dem Darlehen zusammen zu trennen. Dabei musste dem Kläger auch klar sein, dass der Vertrieb und die Beklagten zusammenwirkten. Es wäre - auch aus der Sicht eines nicht unerfahrenen Anlegers - völlig lebensfremd anzunehmen, dass eine Bank eine komplexe Anlage vollständig, also ohne Eigenkapital des Anlegers und auch ohne weitere Sicherheit finanziert, ohne die Anlage im Einzelnen zu kennen und sich mit den weiteren Beteiligten ins Benehmen gesetzt zu haben. Es verhielt sich auch nicht so, dass der Kläger bei Vertragsanbahnung und danach nur mit dem Vertrieb konfrontiert gewesen wäre. Das Angebot zum Abschluss des Darlehensvertrages, das bereits den Hinweis auf den "R … P." enthielt (Anlage K 8), erhielt er unmittelbar von der Beklagten zu 2 und ungeachtet der an den Vertrieb zu zahlenden Provision für den Abschluss dieses Vertrages (Anlage K 39) nicht von diesem.

90

Es begann vorliegend die Verjährung auch nicht erst mit der Beratung durch einen Rechtskundigen, wie der Kläger letztlich meint. Nach der - allerdings leider nicht einheitlichen - Terminologie des BGH kann bei einer „besonders verwickelten und unklaren Rechtslage“ der Verjährungsbeginn ausnahmsweise trotz voller Tatsachenkenntnis aufgeschoben sein (NJW 1996, 117, 118 zu der vergleichbaren Problematik im Rahmen von § 852 BGB a. F.). Dieser Tatbestand der Unzumutbarkeit der Klagerhebung in besonderen Fällen muss auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil andernfalls der Sinn und Zweck der Verjährung, und zwar gerade im Sinne der die langen Verjährungsfristen beseitigenden Schuldrechtsreform des Jahres 2001, leer liefe. Es kann viel Zeit vergehen, bis eine unklare Rechtslage durch ein letztinstanzliches Urteil des BGH, möglicherweise auch erst des Großen Senats für Zivilsachen oder des EuGH oder möglicherweise auch eines anderen Gerichts letztendlich als geklärt betrachtet werden kann. Ob eine Frage letztlich geklärt ist, ist zuverlässig ohnehin kaum zu beantworten, zumal eine Änderung der Rechtsprechung wieder eine Unsicherheit bedeuten kann mit der Folge, dass Verjährung vorher doch nicht eingetreten wäre (vgl. BGHZ 160, 216, 232). Es kann ein lang andauernder Schwebezustand entstehen, der dem Rechtsfrieden gerade abträglich und dem Schuldner möglicherweise auch nicht zuzumuten ist. Der Wortlaut des Gesetzes, das in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die "den Anspruch begründenden Umstände" abstellt, gibt dafür keine Rechtfertigung her. Es droht, dass gerade in den Abertausenden anhängigen "Anlegerprozessen" die zentrale Frage wird, welche Rechtsfrage seit wann geklärt ist und welche nicht.

91

Wesentlich muss sein, dass dem Gläubiger die Erhebung einer Klage zugemutet werden kann. Risikolosigkeit kann dabei nicht der Maßstab sein. Vorliegend kannte der Kläger nicht nur den evidenten und von ihm auch frühzeitig erkannten Misserfolg seiner Anlage gerade im Vergleich zu seinen weiteren Anlagen und damit die von der Rechtsprechung in den Vordergrund gerückten wirtschaftlichen Zusammenhänge, was ihn nach einigem Überlegen zur finanziell aufwändigen und nachteiligen Beendigung der an sich sehr langfristigen und für vorzeitigen Abbruch nicht konzipierten (Altersversorgungs-)Anlage bewegte, sondern er wusste auch von der Beteiligung der beiden Beklagten am Gesamtkonzept. Dies genügt dem Senat unter Würdigung der eigenen Angaben des Klägers, um seine möglichen Ansprüche sämtlich für verjährt zu erachten.

92

5. Auch die Hilfsanträge des Klägers, betreffend die Beklagte zu 2, sind nicht begründet.

93

a) Einschlägig ist § 4 Abs. 1 VerbrKrG in der Fassung vom 29. Juni 2000. Die Vorschrift galt in dieser Form vom 1. Oktober 2000 bis zum 31. Juli 2001 und findet damit auch auf vorliegenden Darlehensvertrag vom Dezember 2000 Anwendung. Zur Frage der Gesamtbetragsangabe heißt es dort:

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"(1) Der Kreditvertrag bedarf der schriftlichen Form. Der Form ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Kreditgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird. Die vom Verbraucher zu unterzeichnende Erklärung muss angeben

95

1. bei Kreditverträgen im Allgemeinen

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a) (…)

b)

97

den Gesamtbetrag aller vom Verbraucher zur Tilgung des Kredits sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen, wenn der Gesamtbetrag bei Abschluss des Kreditvertrags für die gesamte Laufzeit der Höhe nach feststeht. Ferner ist bei Krediten mit veränderlichen Bedingungen, die in Teilzahlungen getilgt werden, ein Gesamtbetrag auf der Grundlage der bei Abschluss des Vertrags maßgeblichen Kreditbedingungen anzugeben. Kein Gesamtbetrag ist anzugeben bei Krediten, bei denen die Inanspruchnahme bis zu einer Höchstgrenze freigestellt ist; (…)"

98

Mit Urteil vom 1. März 2011 (XI ZR 135/10) hat sich der BGH zur Frage der Gesamtbetragsangabe in E. P.-Fällen geäußert, eine unechte Abschnittsfinanzierung und weiter angenommen, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1. b) VerbrKrG lägen vor. Darauf kann verwiesen werden. Das Urteil des BGH betrifft zwar einen Darlehensvertrag, der im August 2001 geschlossen wurde mit der Folge, dass eine andere Fassung des § 4 VerbrKrG Anwendung findet, nämlich die vom 13. Juli 2001, die ab 1. August 2001 galt. Die hier relevante Vorschrift zur Gesamtbetragsangabe ist in § 4 Abs. 1 Satz 4 bzw. Satz 5 Nr. 1. b) aber identisch. Die Rechtsfolge der unterlassenen Angabe richtet sich nach § 6 VerbrKrG. Der Kläger schuldet also nur den gesetzlichen Zinssatz in Höhe von 4 % p. a. (§ 246 BGB).

99

In ihrem Schriftsatz vom 5. Mai 2011 räumt die Beklagte zu 2 dies letztlich auch ein, leugnet lediglich die Pflicht zur Neuberechnung mit der Begründung, der Kläger könne dies selbst tun. Das aber trifft nicht zu, die Verpflichtung besteht allein aufseiten der Beklagten zu 2. § 6 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG sieht einen Anspruch auf Neuberechnung ausdrücklich vor.

100

b) Zu klären bleibt damit nur die auch insoweit ausdrücklich erhobene Einrede der Verjährung. Dass es wegen - möglicher - Verjährung auch am Rechtsschutzinteresse fehlen soll, ist demgegenüber nicht nachvollziehbar.

101

In der Sache macht der Kläger einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB geltend. Für einen solchen Anspruch galt bis zum 31. Dezember 2001 die regelmäßige Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Ab dem 1. Januar 2002 beträgt die Verjährungsfrist auch insoweit gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB i. V. m. § 195 BGB drei Jahre, d. h. es müssen auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen.

102

Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch verfolgt, hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Der Verjährungsbeginn setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers möglicherweise den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (vgl. nur BGH, WM 2010, 1399). Fehlende Rechtskenntnis lässt der BGH aber in Fällen wie dem vorliegenden nicht gelten. Es heißt in dem eben genannten Urteil:

103

"Wie die Revision zu Recht geltend macht, hatten die Kläger bereits im Zeitpunkt der Entstehung des bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruchs hinsichtlich des Disagios Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich vom konkreten Inhalt des von ihnen abgeschlossenen Darlehensvertrages und insbesondere von dem Umstand, dass dort nicht sämtliche Teilleistungen, die sie während der gesamten Vertragslaufzeit würden erbringen müssen, ausgewiesen waren.

104

Bei seiner gegenteiligen Ansicht, dass der für die Anspruchsentstehung entscheidende Umstand für einen juristischen Laien schlichtweg unerkennbar und nur bei exakter rechtlicher Prüfung feststellbar gewesen sei, hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass der Darlehensvertrag keineswegs eine Lücke enthält, die die Kläger nicht hätten erkennen können, weil sie keine Vorstellung von den erforderlichen Angaben gehabt hätten. Der Vertrag weist vielmehr deutlich den Gesamtbetrag aller Zahlungen nur "bis zum Ende der Zinsbindung" aus. Eine entsprechende Betragsangabe bis zum Ende der gesamten Vertragslaufzeit enthält er hingegen nicht. Dies war auch den Klägern als juristischen Laien ohne weiteres erkennbar. Für die Frage der Zumutbarkeit der Klageerhebung kommt es hingegen nicht darauf an, ob die Kläger aus dieser Feststellung die zutreffenden juristischen Schlüsse ziehen konnten. Maßgeblich ist der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch, da allein dessen Verjährung in Rede steht. Dass hinsichtlich des Disagios ein Rückforderungsanspruch besteht, wird - soweit ersichtlich - auch in der Literatur nicht in Frage gestellt. Auf eine Kenntnis der Rechtslage seitens der Kläger kam es demgegenüber nicht an".

105

Diese Frist war bei Einreichung der Klage im Jahr 2009 bereits abgelaufen. Da der Darlehensvertrag 2005 beendet wurde, kommt auch insgesamt kein Anspruch mehr in Betracht.

III.

106

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

107

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

 


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