Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-3 Wx 152/13
Tenor
Beide Beschwerden werden zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Mit zwei Schreiben vom 16. Mai 2013 gab das Registergericht den Beteiligten zu 1. und 2. auf, innerhalb eines Monats die geänderte Geschäftsanschrift der betroffenen Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister in öffentlich-beglaubigter Form anzumelden oder die Unterlassung mittels Einspruchs zu rechtfertigen, anderenfalls (jeweils) ein Zwangsgeld von 500 € festgesetzt werde. Diese Schreiben wurden den Beteiligten am 24. Mai 2013 zugestellt. Mit am 24. Juni 2013 bei Gericht eingegangener Schrift der Beteiligten zu 1. wurde Einspruch eingelegt. Daraufhin beraumte das Registergericht Termin zur Erörterung und Klärung des Einspruchs auf den 8. August 2013 an und lud die Beteiligten zu 1. und 2. hierzu. In der Folgezeit ersuchte die Beteiligte zu 1. um Verschiebung des Termins wegen Urlaubsabwesenheit. Hierüber kam es zu einer Korrespondenz mit dem Registergericht, die mit dessen Schreiben vom 31. Juli 2013 endete, auf das die Beteiligten nicht mehr reagierten. Im anberaumten Termin war niemand anwesend.
4Durch die beiden angefochtenen Entscheidungen hat das Registergericht hinsichtlich beider Beteiligten jeweils den Einspruch gegen die Zwangsgeldandrohung verworfen und ein Zwangsgeld von 500 € festgesetzt, überdies ein weiteres Zwangsgeld von800 € angedroht. Hiergegen ist mit am 14. August 2013 bei Gericht eingegangenem Schreiben der Beteiligten zu 1. erklärt worden, es werde Einspruch und Beschwerde eingelegt. Wiederum bezüglich beider Beteiligten, hat das Registergericht mit weiteren Beschlüssen vom 20. August 2013 jeweils der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.
5Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakte Bezug genommen.
6II.
7Die Beschwerden bleiben in der Sache ohne Erfolg.
81.
9a)
10Die Beteiligte zu 1. hat mit am 14. August 2013 bei Gericht eingegangenem Schreiben erklärt, sie lege gegen den registergerichtlichen Beschluss vom 9. August 2013 Einspruch und Beschwerde ein. In diesem Schreiben spricht die Beteiligte zu 1. bei wörtlicher Betrachtung lediglich von sich selbst. Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden und als geboten anzusehen, dass das Registergericht ihr Schreiben als Einlegung eines Rechtsmittels sowohl für sich selbst als auch für den Beteiligten zu 2. ausgelegt hat.
11Bereits unter dem 10. April 2013 hatte der Beteiligte zu 2. die Beteiligte zu 1., seine Ehefrau, bevollmächtigt, ihn vor dem Registergericht in der hiesigen Handelsregistersache zu vertreten; diese Vollmacht ist im Termin zur Erörterung eines vorangegangenen Einspruches im April 2013 zur Registerakte gelangt. Darüber hinaus hatte die Beteiligte zu 1. jederzeit die Korrespondenz mit dem Registergericht allein geführt und, der Vollmacht entsprechend, auch den genannten Einspruchstermin allein wahrgenommen. Angesichts dessen gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie nunmehr die mit der Rechtsmitteleinlegung bezweckte Rechtswahrung auf ihre Person beschränken wollte. Dementsprechend hat auch keiner der beiden Beteiligten den Nichtabhilfe- und Vorlagebeschlüssen des Registergerichts, die sich ausdrücklich auch auf den Beteiligten zu 2. bezogen haben, widersprochen.
12b)
13Der Senat kann allein als Beschwerdegericht tätig werden, mithin ausschließlich über die eingelegten beiden Beschwerden befinden. Das in den Rechtsbehelfsbelehrungen der angefochtenen Beschlüsse angesprochene Einspruchsverfahren ist vor dem Registergericht zu führen.
14c)
15Sind – wie hier jeweils – die Verwerfung des Einspruchs und die Festsetzung des Zwangsgeldes in einem Beschluss zusammengefasst und wird gegen einen solchen Beschluss die Beschwerde eingelegt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass sich dieses Rechtsmittel gegen beide Entscheidungen richtet (Keidel-Heinemann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 391 Rdnr. 3a). Für einen Ausnahmefall ist vorliegend nichts ersichtlich.
162.
17Die Rechtsmittel sind jeweils gemäß § 391 Abs. 1 FamFG als – befristete – Beschwerde statthaft und auch im übrigen zulässig, §§ 59 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG.
18Insbesondere ist der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von mehr als 600 € jeweils erreicht. Der Senat hält nach Überprüfung an seiner diesbezüglichen Rechtsprechung fest. Danach ist im Falle einer Beschwerde sowohl gegen eine Einspruchsverwerfung als auch gegen eine Zwangsgeldfestsetzung, die vom Registergericht in einem Beschluss zusammengefasst worden sind, eine Zusammenrechnung der Werte für beide Verfahrensgegenstände geboten, wobei es bezüglich der Zwangsgeldfestsetzung allein auf das festgesetzte Zwangsgeld ohne Hinzurechnung entstandener Gerichtskosten ankommt (Senat, Beschluss vom 11. Mai 2012 in Sachen I-3 Wx 97 und 196/11 sowie Beschluss vom 28. August 2014 in Sachen I-3 Wx 140/14; zum Ganzen: Keidel-Heinemann a.a.O., Rdnr. 6 m.w.Nachw.). Auf diesen Grundlagen beläuft sich hier der Beschwerdewert für die Zwangsgeldfestsetzung jeweils auf 500 € und derjenige für die Einspruchsverwerfung auf jeweils zumindest mehr als 100 €, und zwar unabhängig davon, ob man hierbei gleichfalls das festgesetzte Zwangsgeld für maßgeblich erachtet oder die Belastung des Beschlussadressaten durch das Bestehen der zwangsweise durchzusetzenden Verpflichtung.
193.
20Gleichfalls hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung (im Beschluss vom 11. Mai 2012 a.a.O.) fest, nach der er in Fällen wie dem vorliegenden als Beschwerdegericht über die Rechtsmittel entscheiden kann, ohne die Beschwerdeverfahren – nämlich bis zur Entscheidung über den Einspruch gegen die Androhung des weiteren Zwangsgeldes durch das Registergericht – aussetzen zu müssen.
214.
22In der Sache hat das Registergericht zutreffend entschieden.
23a)
24Bei einer Gesellschaft wie der hiesigen folgt die Pflicht zur Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift aus § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG, die Pflicht zur Anmeldung einer nachträglichen Änderung der inländischen Geschäftsanschrift aus §§ 31 Abs. 1, 29 HGB. In der Regel wird die angegebene Geschäftsanschrift mit der Anschrift des Geschäftslokals, dem Sitz der Hauptverwaltung oder des maßgeblichen Betriebs übereinstimmen. Verfügt die Gesellschaft über solche Einrichtungen nicht oder nicht mehr, ist eine andere Anschrift anzugeben, zum Beispiel die inländische Wohnanschrift eines Geschäftsführers, eines Gesellschafters, der sich dazu bereit erklärt hat, oder die inländische Anschrift eines als Zustellungsbevollmächtigten eingesetzten Vertreters; in der Wahl der Geschäftsanschrift ist die Gesellschaft frei, solange sie unter dieser Anschrift tatsächlich erreichbar ist und eine entsprechende Anmeldung erfolgt.
25Die Bedeutung der Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift ergibt sich zum einen daraus, dass diese, weil im Handelsregister eingetragen, für Dritte jederzeit – auch online – einsehbar ist; zum anderen und vor allem daraus, dass gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG an den oder die Vertreter der Gesellschaft unter jener Anschrift wirksam zugestellt und eine Willenserklärung abgegeben werden kann, außerdem im Falle des Misslingens einer solchen Zustellung der Weg über die öffentliche Zustellung eröffnet ist,§§ 15 a Satz 1 HGB, 185 Nr. 2 ZPO. Im Ergebnis wird es der Gesellschaft damit nicht ermöglicht, insbesondere durch Unterlassen von Änderungsmitteilungen bei der Verlegung der Geschäftsräume, durch Schließung des Geschäftslokals oder vergleichbare Maßnahmen sich dem Gläubigerzugriff zu entziehen, vielmehr sollte es erschwert werden, eine Gesellschaft einer sogenannten „stillen Beerdigung“ zuzuführen, und sollten Schwierigkeiten bei Zustellungen an die Gesellschaft, mit denen in der Vergangenheit Gläubiger konfrontiert waren, verringert werden (zu Vorstehendem: OLG Schleswig FGPrax 2010, S. 208 ff; OLG Rostock GmbHR 2011, S. 30 f; GroßkommGmbHG – Ulmer/Casper, 2013, § 8 Rdr. 40-42; MK-Schaub, GmbHG, 2010, § 8 Rdnr. 57-59).
26Nach diesen Grundsätzen besteht hier eine Pflicht beider Beteiligten als bestellte – und im Handelsregister eingetragene – Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft zur Anmeldung einer zwischenzeitlich geänderten Geschäftsanschrift. Die Änderung selbst ergibt sich aus dem eigenen Schreiben der Beteiligten zu 1. an das Registergericht vom 27. August 2012, wenn dort sowie auf dem entsprechenden Briefumschlag die eingetragene Geschäftsanschrift der betroffenen Gesellschaft durchgestrichen und durch die gemeinsame Anschrift der Beteiligten ersetzt wurde. Auch spielt es, wie gezeigt, keine Rolle, ob – wie im Schreiben der Beteiligten zu 1. vom 10. September 2012 behauptet – die betroffene Gesellschaft keinerlei geschäftliche Tätigkeiten mehr entfaltet und/oder ob die nach dem Schreiben vom 27. August 2012 erwogene Liquidation zwischenzeitlich eingeleitet worden ist. Gleiches würde für eine etwaige Verlegung oder Schließung der Geschäftsräume gelten. In allen diesen genannten Situationen entfaltet, wie gleichfalls ausgeführt, die Änderung der inländischen Geschäftsanschrift vielmehr gerade besondere Bedeutung.
27Schließlich ist es ohne Belang, dass das Registergericht ausweislich seines Schreibens vom 24. September 2014 zwischenzeitlich das Verfahren zur Löschung vermögensloser Gesellschaften nach § 394 FamFG eingeleitet hat. Sollte es zu einer derartigen Löschung der betroffenen Gesellschaft künftig tatsächlich kommen, wird das Registergericht allerdings zu prüfen haben, ob die Zwangsgeldfestsetzungen wegen veränderter Umstände aufzuheben sind, was auch nach deren Rechtskraft möglich wäre (vgl. Keidel-Heinemann a.a.O., § 389 Rdnr. 5 m.w.Nachw.).
28b)
29Bedenken gegen die Höhe der festgesetzten Zwangsgelder sind nicht erkennbar. Mit ihnen wird der zur Verfügung stehende Rahmen von 5.000 € (§ 14 Satz 2 HGB) gerade einmal zu 10 % ausgeschöpft.
30c)
31Schließlich sind auch keine Verfahrensfehler des Registergerichts festzustellen.
32Auf die Notwendigkeit einer Anmeldung der neuen Geschäftsanschrift zur Eintragung ins Handelsregister sind die Beteiligten erstmals schon mit Schreiben des Registergerichts vom 4. September 2012 hingewiesen worden, dies sogar mit dem ausdrücklichen Zusatz, jene Verpflichtung bestehe unabhängig von der Frage der Auflösung der Gesellschaft. Die Androhungsschreiben des Registergerichts gemäß § 388 Abs. 1 FamFG vom 16. Mai 2013 genügen allen gesetzlichen Anforderungen; namentlich waren sie hinreichend bestimmt und war die den Beteiligten gesetzte Frist zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung ausreichend lang. Nach Erhebung des Einspruchs vom 24. Juni 2013, den das Registergericht zutreffend als im Namen beider Beteiligten eingelegt angesehen hat, hat es den in § 390 Abs. 1 FamFG vorgesehenen Erörterungstermin anberaumt. Dass von den Beteiligten zu diesem Termin niemand erschien, hinderte gemäß § 390 Abs. 2 FamFG das Registergericht nicht, in der Sache zu entscheiden. Allerdings durfte es an das Nichterscheinen nicht sozusagen Säumnisfolgen derart knüpfen, dass es die Einsprüche allein aufgrund der Abwesenheit der Beteiligten im Termin verwarf; vielmehr hatte das Registergericht dann von Amts wegen die Begründetheit der Einsprüche zu prüfen und gegebenenfalls erforderliche Ermittlungen anzustellen (dazu: Keidel-Heinemann a.a.O., § 390 Rdnr. 16). Diesen Pflichten ist das Registergericht jedoch auch nachgekommen. In den vorliegend angefochtenen Entscheidungen heißt es nach den Ausführungen zum Einspruchstermin und dessen etwaiger Verlegung ausdrücklich, die Einsprüche seien nicht begründet worden, und auch aus der Registerakte ergäben sich keine Gründe, weshalb die Anmeldung der geänderten Geschäftsanschrift nicht erforderlich sei oder nicht vorgenommen werden könne. Dies trifft, wie gezeigt, zu. Selbst in den Begründungen ihrer Beschwerden gehen die Beteiligten zu 1. und 2. wiederum allein auf den Einspruchstermin und dessen gewünschte Verlegung ein, ohne auch nur dem Ansatz nach Gesichtspunkte vorzubringen, die geeignet wären, die zwangsweise durchzusetzende Verpflichtung entfallen zu lassen.
33Ohne Belang ist, ob das Registergericht gehalten gewesen wäre, den anberaumten Einspruchstermin zu verlegen. Seine Entscheidung, dies nicht zu tun, ist als solche unanfechtbar, §§ 32 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 227 Abs. 4 Satz 3 ZPO. Auch auf eine Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs können sich die Beteiligten nicht berufen. Selbst wenn – dies lediglich zu Argumentationszwecken unterstellt – in der Verweigerung der Terminsverlegung eine Gehörsverletzung läge, ist nicht feststellbar, dass diese für die Verwerfung der Einsprüche und die Festsetzung der Zwangsgelder, wie erforderlich, ursächlich gewesen wäre. Denn hierfür wäre notwendig, dass entweder die Beteiligten zu 1. und 2. vorgetragen hätten oder sich der Akte im übrigen entnehmen ließe, welche Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art, die für die vorgenannten Entscheidungen erheblich gewesen wären und diese zu ihren Gunsten beeinflusst hätten, die Beteiligten in einem Erörterungstermin dargetan hätten. Wie zuvor ausgeführt, fehlt es an beidem.
34III.
35Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. In beiden Beschwerdeverfahren ergibt sich die Tragung der Gerichtskosten aus den Vorschriften des hier anwendbaren Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG). Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet schon deshalb aus, weil an den Verfahren jeweils nur die Beschwerdeführer teilgenommen haben.
36Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen jeweils nicht vor.
37Die Festsetzung von Geschäftswerten für die Beschwerdeverfahren von Amts wegen erübrigt sich, da an Gerichtskosten lediglich Festgebühren anfallen (jeweils: Nr. 13320 KV-GNotKG).
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Referenzen
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- ZPO § 227 Terminsänderung 1x
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- FamFG § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde 1x
- FamFG § 59 Beschwerdeberechtigte 1x
- 97 und 196/11 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 185 Öffentliche Zustellung 1x
- FamFG § 391 Beschwerde 1x
- GmbHG § 35 Vertretung der Gesellschaft 1x
- FamFG § 32 Termin 1x
- FamFG § 63 Beschwerdefrist 1x
- §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG 2x (nicht zugeordnet)
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