Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 28 U 37/13
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.01.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagten trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten, eine Rechtsanwaltssozietät, und ihre beiden Sozien wegen anwaltlicher Pflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.
4Sie ließ sich bereits seit dem Jahr 2002 aus Anlass des Erwerbs einer Eigentumswohnung von der Beklagten zu 1. anwaltlich vertreten:
5Die in München wohnhafte Klägerin hatte im Jahr 1992 aufgrund Vermittlung der I & C2 GmbH zu Anlagezwecken von der Fa. B AG I-1 eine vermietete Eigentumswohnung in I-3 (Hannover) gekauft und den Erwerb über die E AG [nachfolgend: C bzw. Bank] finanziert. Hierzu hatte die Klägerin ein Vorausdarlehen über 139.000 DM aufgenommen und zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge abgeschlossen, über die das Darlehen getilgt werden sollte. Zur Finanzierung sollten die eingenommenen Wohnungsmieten dienen, wobei die Erwerber einem Mietpool beitreten mussten.
6Das Anlagemodell war in wirtschaftliche Schieflage geraten. Im Raum stand, dass die finanzierende Bank die Anleger im Rahmen der Geschäftsanbahnung unzureichend bzw. fehlerhaft aufgeklärt hatte.
7Die Beklagte zu 1. - bzw. deren Rechtsvorgängerin - vertrat eine Vielzahl von Anlegern in gleichgelagerten Fällen. Federführend im Fall der Klägerin war der Beklagte zu 3. [nachfolgend nur: die Beklagten]. Die Kosten der Rechtverfolgung wurden über die B2 GmbH [nachfolgend B Rechtsschutz], bei der die Klägerin eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hatte, abgewickelt.
8Mit Schreiben vom 11.11.2003 forderten die Beklagten im Namen der Klägerin die C vergeblich zur Rückabwicklung des Wohnungskaufs auf.
9Im Dezember 2006 entwarfen sie eine auf Schadensersatz gerichtete Klage gegen die Bank, wofür die Klägerin am 13.12.2006 eine Prozessvollmacht unterzeichnete.
10Nach ihrer Darstellung sandten die Beklagten unter dem 11.12.2006 eine Deckungsanfrage an die B Rechtsschutz. Sie hielten dort mit Schreiben vom 21.12.2006 Nachfrage und wiesen auf die nach ihrer Einschätzung zum 31.12.2006 eintretende Verjährung hin. Die Klageschrift ging am 28.12.2006 beim Landgericht München I ein, der Gerichtskostenvorschuss wurde unter dem 08.01.2007 angefordert. Gleichfalls mit Schreiben vom 08.01.2007 teilte die B Rechtsschutz den Beklagten mit, keine Deckungsanfrage erhalten zu haben, und bat um Mitteilung des Sachverhalts. Unter dem 12.01.2007 übermittelten die Beklagten daraufhin ihr Schreiben vom 11.12.2006 und fügten ihre eigene Kostennote und die Gerichtskostenrechnung bei. Mit Schreiben vom 29.01.2007 bat der Rechtsschutzversicherer um Übersendung der Klageschrift und um Erläuterung des Gegenstandswerts. Danach übersandten die Beklagten mit Schreiben vom 30.01.2007 die Klageschrift, woraufhin seitens der B Rechtsschutz am 26.02.2007 der Gerichtskostenvorschuss eingezahlt und die Klage der C am 13.03.2007 zugestellt wurde.
11In der auf den Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) und auf Delikt gestützten Klage wurden verschiedene Pflichtverletzungsvorwürfe gegen die Bank erhoben. Sie war neben Zahlungsbegehren auch auf Feststellung der weiteren Ersatzpflicht der C gerichtet.
12Diese trat der Klage entgegen und erhob auch die Einrede der Verjährung.
13Mit Urteil vom 11.01.2008 wies das Landgericht München I die Klage ab. Pflichtverletzungen bezogen auf eine Aufklärung über Risiken des Mietpools, über die Art der Finanzierung über ein Vorausdarlehen und zwei nachfolgende Bausparverträge sowie über versteckte Innenprovisionen wurden verneint. Soweit eine unterlassene Aufklärung über unrichtige Angaben zu den Mieteinkünften geltend gemacht worden war, wurden Ersatzansprüche als verjährt zurückgewiesen, weil die Klägerin das nötige Wissen von der Diskrepanz zwischen in Aussicht gestellten und tatsächlich erzielten Mieteinkünften schon am 01.01.2002 gehabt habe.
14Gegen dieses Urteil legten die Beklagten im Namen der Klägerin Berufung ein. In der formelhaft abgefassten Begründungsschrift beschränkten sie sich darauf, die Ausführungen des Landgerichts zur Verjährung anzugreifen, wobei sie ausführten, die subjektiven Verjährungsvoraussetzungen für die etwaige Bankenhaftung seien erst später eingetreten. Außerdem sei von einer Verjährungshemmung durch anliegerfeindliche Rechtsprechung bis zum 16.05.2006 auszugehen, weil diese wie höhere Gewalt wirke.
15Das Oberlandesgericht München wies mit Urteil vom 05.06.2008 die Berufung zurück.
16Das Landgericht habe Ansprüche wegen unrichtiger Angaben zu Mieteinkünften im Ergebnis zu Recht als verjährt angesehen, weil die subjektiven Voraussetzungen spätestens bei Abfassung eines Anspruchsschreiben vom 11.11.2003 vorgelegen hätten, die Verjährung somit zum 31.12.2006 vollendet gewesen sei. Die Klage habe die Verjährung nicht gehemmt, weil sie nicht demnächst i.S. des § 167 ZPO zugestellt worden sei. Etwaige Schadensersatzansprüche wegen vor dem Jahr 2000 gezahlter Zinsen wären zudem nach § 197 BGB a.F. ohnehin verjährt gewesen.
17Die übrigen Pflichtverletzungsvorwürfe seien nicht Gegenstand der Berufung geworden.
18Auf Anraten des nachfolgend beauftragten Rechtsanwalts nahm die Klägerin die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurück.
19Mit der vorliegenden Klage nimmt sie nun die Beklagten auf Regress in Anspruch.
20Sie hat den Anwälten vorgeworfen, nicht für die rechtzeitige Zustellung der Klage gesorgt und dadurch den Eintritt der Verjährung verursacht zu haben. Zudem sei es anwaltspflichtwidrig gewesen, die Begründung der Berufung im Vorprozess auf die Verjährungsfrage beschränkt und die weiteren Aufklärungspflichtverletzungen, die das Landgericht München I in der Sache verneint habe, nicht zum Gegenstand der Berufung gemacht zu haben. Dabei sei insbesondere der Aspekt „versteckte Innenprovisionen“ vom Landgericht München I mit rechtsfehlerhafter Begründung zurückgewiesen worden. Außerdem sei schon der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten im Vorprozess ungeordnet und unzureichend gewesen.
21Die Klägerin macht geltend, dass sie bei anwaltspflichtgemäßem Vorbringen im Prozess gegen die C obsiegt hätte, weil sie von der Vermittlerin I & C2 GmbH in Zusammenwirken mit der Bank arglistig über die Höhe der zu erzielenden Mieteinnahmen, die Höhe der Vertriebsprovisionen, die geringe Werthaltigkeit des Objekts, die Gefährlichkeit des Mietpoolsystems und die zahlreichen Interessenkonflikte im System getäuscht worden sei. Die Klägerin verweist insoweit auf Parallelentscheidungen des BGH (u.a. Urt. v. 17.10.2006, XI ZR 205/05, NJW-RR 2007, 257; Urt. v. 19.12.2006, 374/04, BKR 2007, 152; Urt. v. 10.07.2007, XI ZR 243/05, NJW 2007, 3272; Urt. v. 29.06.2010, XI ZR 104/08, NJW-RR 2011, 270). Soweit es um die Provisionen gehe, sei gerichtsbekannt gewesen, dass diese bei den C-Kapitalanlageprodukten 23 % betragen hätten, welche auf den ohnehin überteuerten Kaufpreis aufgeschlagen worden seien.
22Ihren Schaden hat die Klägerin zunächst beziffert mit
23(1) Zinsen Vorausdarlehen von April 1992 – Dez. 2006 90.684,77 €
24(2) Erwerbsnebenkosten 7.573,26 €
25(3) Zahlungen an die C vom 01.01.2007 – 31.01.2011 21.349,16 €
26(4) Guthaben aus Bausparverträgen 16.034,11 €
27(5) (abgetretener) Anspruch der B Rechtsschutz 38.285,01 €
28(6) Zinsschaden für die Zeit 02.01.2004 – 20.12.2011 89.120,03 €
29263.046,34 €
30Sie hat dann die Klage in Höhe von 61.715,82 € zurückgenommen und verlangt:
31(1) Zinsen Vorausdarlehen von April 1992 – Dez. 2006
3290.684,77 € abzgl. Gewinn aus Mieteinnahmen von 21.449,27 € = 69.235,50 €
33[(2) …]
34(3) Zahlungen an die C vom 01.01.2007 – 31.01.2011 21.349,16 €
35(4) Guthaben aus Bausparverträgen 16.034,11 €
36(5) (abgetretener) Anspruch der B Rechtsschutz 38.285,01 €
37(6) Zinsschaden für die Zeit 02.01.2004 – 20.12.2011
3847.000 € (aus eigenem Recht)
39zzgl. 17.000 € (aus Recht der B Rechtsschutz) 64.000,00 €
40rechnerisch korrekt 208.903,78 €
41von der Klägerin errechnet mit 201.330,53 €
42Danach hat die Klägerin von den Beklagten Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung der Eigentumswohnung sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für die Übereignungskosten begehrt.
43Die Beklagten, die die Klageabweisung beantragt haben, haben eingewandt, der Eintritt der Verjährung sei von der Klägerin bzw. ihrem Rechtsschutzversicherer zu verantworten. Sie, die Beklagten, hätten das Erforderliche für eine rechtzeitige Klage getan.
44In der Sache haben die Beklagten die Ansicht vertreten, auf Basis der damaligen Rechtsprechung des BGH - sie verweisen insbesondere auf das Urteil vom 16.05.2006 zu XI ZR 6/04 (NJW 2006, 2099) - hätte die Klage im Vorprozess auch unabhängig von der Verjährung keinen Erfolg gehabt. Erst im Jahr 2010 - mit Urteil vom 29.06.2010 (XI ZR 104/08, NJW-RR 2011, 270) - habe der BGH seine Rechtsprechung zur Haftung der Banken bezogen auf Innenprovisionen geändert.
45Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.
46Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt zur gesamtschuldnerischen Zahlung von 201.330,53 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.01.2012 Zug um Zug gegen Auflassung des Miteigentumanteils von 1088/100.000 an dem Grundstück in I, verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung im Obergeschoss links 3 mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. 44, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Hannover von B Blatt 2xxx an die Beklagten sowie die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch. Des weiteren ist festgestellt worden, dass die Beklagten der Klägerin alle Kosten gesamtschuldnerisch zu ersetzen haben, die durch die Übereignung der vorbezeichneten Eigentumswohnung entstehen.
47Die Klägerin habe gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus den §§ 675, 280 BGB, § 128 HGB. Dabei könne offen bleiben, ob die Beklagten in Zusammenhang mit dem im Vorprozess angenommenen Verjährungseintritt ihre anwaltlichen Pflichten verletzt hätten. Ein Anwaltspflichtverstoß liege jedenfalls in der unzureichenden Berufungsbegründung. Bei ordnungsgemäßem Vortrag hätte die Klägerin im Vorprozess unter dem Gesichtspunkt der unterbliebenen Aufklärung über versteckte Innenprovisionen obsiegt.
48Der Schaden belaufe sich auf 208.903,01 €, wovon die Klägerin nur 201.330,53 € verlange. Regressverjährung sei nicht eingetreten.
49Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der Urteilsgründe wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
50Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung wollen die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.
51Sie meinen, das Landgericht überspanne die Anforderungen an die Rechtsprüfung eines Anwalts und verlange das Vorhersehen künftiger höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Landgericht habe verkannt, dass nach damaliger Rechtsprechung des BGH eine auf den Aspekt der Aufklärungspflichtverletzung wegen Innenprovisionen gestützte Klage bzw. Berufung gegen die Bank keinen Erfolg gehabt hätte. Seinerzeit hätte die C die Kenntnis von einer Täuschung der Anleger durch die I & C2 GmbH bestritten und sei diese Kenntnis auch nicht nachzuweisen gewesen.
52Nach Auffassung der Beklagten fehle es jedenfalls an dem für einen Schadensersatzanspruch notwendigen anwaltlichen Verschulden, weil sie die Änderung der Rechtsprechung nicht hätten vorhersehen können und müssen.
53Außerdem sei die vorgetragene Anwaltspflichtverletzung für den Regressschaden nicht kausal geworden: Die Klage im Vorprozess wäre ohnehin wegen Verjährung abgewiesen worden; hierzu wiederholen die Beklagten ihr diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen.
54Der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang sei zu verneinen, weil der Schaden nicht durch einen Anwaltsfehler, sondern durch eine Fehlentscheidung des Landgerichts München I verursacht worden sei.
55Die Beklagten wiederholen den Einwand, dass bei der Schadensberechnung Steuervorteile abzusetzen seien, und meinen, die Bausparguthaben seien kein erstattungsfähiger Schaden. Außerdem könnten Verzugszinsen nur maximal bis zum Zeitpunkt des fiktiven Obsiegens im Vorprozess in zweiter Instanz – August 2008 – verlangt werden.
56In einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 24.02.2014, mit dem sie die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragen, vertiefen die Beklagten ihr Vorbringen zu ihrer fehlenden Verantwortlichkeit für den Verjährungseintritt sowie zur Anrechenbarkeit von Steuervorteilen auf den Regressschaden und machen geltend, die Klägerin müsse Zug um Zug die lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums anbieten.
57Soweit die Klägerin in der Berufung die Klage erhöht hat, berufen sich die Beklagten nachträglich unter dem 30.06.2014 auf die Einrede der Verjährung.
58Die Beklagten beantragen,
59das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
60Die Klägerin beantragt,
61die Berufung zurückzuweisen
62und - sinngemäß - klageerweiternd,
63die Beklagten zu verurteilen, über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus an die Klägerin weitere (208.903,01 € - 201.330,53 € =) 7.542,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.01.2012 Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums im vorbezeichneten Umfang zu zahlen.
64Die Beklagten beantragen,
65die Klage auch insoweit abzuweisen.
66Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
67Dabei hebt sie hervor, dass im Regressprozess eine normative Betrachtung anzustellen sei. Im Übrigen habe der BGH auch nicht seine Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht der Bank über verdeckte Innenprovisionen im Jahr 2010 geändert, sondern diese nur weiterentwickelt. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung sei die Kenntnis der C von der arglistigen Täuschung aufgrund des institutionalisierten Zusammenwirkens mit Verkäufer und Fondsinitiatoren zu vermuten gewesen, so dass der Berufungseinwand der fehlenden Nachweismöglichkeit fehlgehe.
68Die Klägerin wiederholt und vertieft auch den Vorwurf, die Beklagten hätten im Vorprozess den Verjährungseintritt verursacht, weil sie nicht für die rechtzeitigen Klagezustellung Sorge getragen hätten. Dazu hätten sie notfalls entweder die Klägerin selbst zur Vorschusszahlung veranlassen oder auf Klagezustellung vor Vorschusseingang drängen müssen.
69Die Klageerhöhung trage dem erstinstanzlich unterlaufenen Additionsfehler Rechnung. Dabei meint die Klägerin, die Erhebung der Verjährungseinrede sei verspätet und im Übrigen - wegen der Einheitlichkeit des geltend gemachten Anspruchs - unbegründet.
70Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vertieft die Klägerin unter dem 27.06.2014 ihr Vorbringen zum Vorwurf unzureichenden und ungeordneten Sachvortrags in beiden Instanzen des Vorprozesses und tritt dem Einwand der Anrechenbarkeit von Steuervorteilen auf den Regressschaden entgegen.
71Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
72Der Senat hat die Akte 27 O 23479/06 LG München I = 19 U 1933/08 OLG München = XI ZR 205/08 BGH zu Informationszwecken beigezogen.
73II.
74Die Berufung hat keinen Erfolg.
75Die Klage ist im Umfang der erstinstanzlichen Verurteilung begründet, während die in der Berufung erfolgte Klageerweiterung unbegründet ist.
761.
77Die Klägerin kann von den Beklagten Zahlung in Höhe von 201.330,53 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der streitgegenständlichen Wohnung verlangen.
78Der Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 1. ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 1, 611, 675 BGB, soweit die Klägerin aus abgetretenem Recht der B Rechtsschutz vorgeht, in Verbindung mit § 398 BGB.
79Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 2. und 3. für die Verbindlichkeit der Beklagten zu 1. folgt aus der analogen Anwendung des § 128 HGB.
80a)
81Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestand unstreitig ein anwaltliches Vertragsverhältnis, welches die Wahrnehmung der Interessen der Klägerin in Zusammenhang mit dem im Jahr 1992 getätigten Anlagegeschäft zum Gegenstand hatte.
82Das Mandat der Beklagten zu 1. erstreckte sich dabei auch auf die klageweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die C. Dass die Beklagten dies mit Schriftsatz vom 24.02.2014 - erstmals - in Abrede stellen wollen, ist nicht nachvollziehbar und als unzutreffend zurückzuweisen. Das eigene Verhalten der Beklagten - die Erhebung der Klage zum Landgericht München I und die weitere Prozessführung, die unbestritten vom Willen der Klägerin getragen waren, - spricht dagegen. Unverständlich ist ebenso, dass die Beklagten nun die Erteilung einer Prozessvollmacht durch die Klägerin bestreiten wollen, obwohl diese bereits mit der Regressklage als Anlage 1 vorgelegt worden ist.
83b)
84Die Beklagten haben ihre vertraglichen Pflichten aus dem erteilten Mandat verletzt.
85aa) Der Senat bejaht die vom Landgericht offen gelassene Frage, ob es den Beklagten als Pflichtverstoß vorzuwerfen ist, keine ausreichenden Maßnahmen zur Verhinderung der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die C ergriffen zu haben.
86Der Rechtsanwalt ist im Rahmen des ihm erteilten Auftrags verpflichtet, den Auftraggeber allgemein, umfassend und möglichst erschöpfend zu belehren, seine Belange nach jeder Richtung wahrzunehmen und die Geschäfte so zu erledigen, dass Nachteile für ihn – soweit sie voraussehbar und vermeidbar sind – vermieden werden. Daraus folgt ohne Weiteres die Verpflichtung, darauf zu achten, ob dem Mandanten wegen Verjährung ein Rechtsverlust droht, und dem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken (BGH, Urt. v. 09.06.2011, IX ZR 75/10, NJW 2011, 2889, Tz 12, BGH, Urt. v. 17.06.1993, IX ZR 206/92, NJW 1993, 2797f., Vill in Zugehör / G. Fischer / Vill / D.Fischer / Rinkler /Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl. 2011, Rn 693). Dabei ist das Gebot des sichersten Weges zu beachten (vgl. BGH a.a.O. Tz 14).
87Weil die Beklagten aufgrund ihrer Rechtsprüfung der Ersatzansprüche der Klägerin gegen die C - zutreffend - davon ausgingen, dass der Verjährungseintritt mit Ablauf des 31.12.2006 drohte, mussten sie geeignete Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 BGB ergreifen. Neben der rechtzeitigen Einreichung der Klage bei Gericht mussten sie dafür Sorge tragen, dass die Zustellung im Sinne von § 167 ZPO „demnächst“ erfolgen konnte, um auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurückzuwirken. Das verlangte grundsätzlich eine alsbaldige Einzahlung des Kostenvorschusses nach Erhalt der Gerichtskostenrechnung.
88Weil die Beklagten es übernommen hatten, bei der B Rechtsschutz um Deckungsschutz für die beabsichtigte Klage nachzusuchen - dass dem so war, ergibt sich aus dem vorgelegten Schriftwechsel -, mussten sie überwachen, ob der Rechtsschutzversicherer rechtzeitig auf ihre Anfrage reagierte und die Einzahlung des Vorschusses veranlasste.
89Ob die Beklagten bereits dadurch, dass sie nach eigener Darstellung die Deckungsanfrage erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist - mit Schreiben vom 11.12.2006 - gestellt haben, obwohl sie schon über mehrere Jahre mit der Anspruchsverfolgung beauftragt waren, ihre anwaltlichen Sorgfaltspflichten verletzt haben, kann offen bleiben. Jedenfalls hätten die Beklagten, nachdem sie durch die (angebliche) späte Deckungsanfrage die Gefahr erhöht hatten, dass der Rechtsschutzversicherer nicht fristgemäß den Vorgang prüfte und im Fall der Deckungszusage den Gerichtskostenvorschuss anwies, vorsorglich auf andere Art und Weise dafür sorgen müssen, dass die im Dezember 2006 bei Gericht eingereichte Klage der C „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO zugestellt werden würde. Hierzu kam in Betracht, die Klägerin selbst zur Einzahlung des Vorschusses anzuhalten oder eine Klagezustellung vor Vorschusseingang nach § 14 Nr. 3 b) GKG zu beantragen. Entgegen der Annahme der Beklagten schied die erste Möglichkeit nicht deshalb von vornherein aus, weil die Klägerin in ihrem Schreiben vom 07.11.2003 (Bl. 362 d. A.) zum Ausdruck gebracht hatte, dass sie ein Vorgehen gegen die Bank von der Übernahme der Prozesskosten durch den Rechtsschutzversicherer abhängig machen wollte. Ebenso wenig gab es tragfähige Gründe, einen Antrag nach § 14 GKG als aussichtslos einzuordnen.
90Diesen Anforderungen an ein pflichtgemäßes Anwaltsverhalten sind die Beklagten nicht gerecht geworden. Nach ihrer eigenen Darstellung wollen sie lediglich nach der an die B Rechtsschutz gerichteten Deckungsschutzanfrage vom 11.12.2006 diese unter dem 21.12.2006 erinnert und mit Schreiben vom 12.01.2007 die Kostenrechnung des Landgerichts übermittelt haben.
91bb) Soweit die Klägerin den Beklagten vorwirft, sie hätten in der ersten Instanz des gegen die C angestrengten Prozesses unzureichend vorgetragen, fehlt es - auch unter Berücksichtigung des ergänzten Vorbringens im Schriftsatz vom 27.06.2014 - an einer schlüssigen Darlegung einer solchen anwaltlichen Pflichtverletzung.
92Die Klägerin stützt diesen Regressvorwurf vornehmlich darauf, dass die im Vorprozess tätigen Gerichte die gegen die C erhobenen Pflichtverletzungsvorwürfe - bezogen auf die unterlassene Aufklärung über versteckte Innenprovisionen, über die erzielbaren Mieteinkünfte und die Risiken des Mietpools - als unschlüssig zurückgewiesen haben.
93Zur Darlegung des diesbezüglich gegen die Beklagten erhobenen Pflichtverletzungsvorwurfs müsste die Klägerin im vorliegenden Regress substanziiert vortragen, welchen weiteren Sachvortrag die Beklagten im Vorprozess hätten halten müssen. Sie müsste zum Inhalt der ihr erteilten Beratung seitens I & C2 (z.B. Angaben zu erzielbaren Mieten, Steuervorteilen und zur Finanzierbarkeit des Kaufpreises daraus), zur Verflechtung der Vermittlerin, der Verkäuferin und der Bank sowie zu den tatsächlichen Gegebenheiten – insbesondere bezogen auf die tatsächlich erzielten Mieten – konkret und unter Beweisantritt vortragen.
94Daran fehlt es. Das Klagevorbringen beschränkt sich insoweit auf allgemeine Ausführungen zu dem Anlagemodell. Das gilt auch für den im Schriftsatz vom 27.06.2014 erfolgten Verweis auf die Ausführungen des BGH in dem Urteil vom 29.06.2010, die keinen konkreten Bezug zum Fall der Klägerin haben.
95cc) Mit dem Landgericht ist aber festzustellen, dass die Beklagten bei Abfassung der Berufungsbegründung im Vorprozess ihre anwaltlichen Pflichten verletzt haben.
96Wie bereits zutreffend im angefochtenen Urteil - ebenso im Urteil des OLG München im Vorprozess - ausgeführt worden ist, muss der Berufungsführer mit der Berufungsbegründung klarstellen, in welchen Punkten und mit welcher Begründung er das Berufungsurteil angreift (BGH, Urt. v. 05.12.2006, VI ZR 228/05, NJW-RR 2007, 414 Tz 10). Die Berufungsbegründung muss auf den Streitfall zugeschnitten sein und klar angeben, gegen welche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird (BGH, Beschl. v. 05.03.2007, II ZB 4/06, NJW-RR 2007, 1363 Tz 6).
97Das Interesse der Klägerin, an dem die Beklagten ihre Tätigkeit auszurichten hatten, ging hier dahin, das Urteil des Landgerichts München I vollumfänglich zur Überprüfung durch das Oberlandesgericht zu stellen. Bei pflichtgemäßer anwaltlicher Rechtsprüfung war zu erkennen, dass nicht allein die Annahme der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen unrichtiger Angaben über die Mieteinkünfte mit Aussicht auf Erfolg angreifbar erschien, sondern auch die Verneinung der übrigen mit der Klage geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen. Das galt insbesondere im Hinblick auf den Aspekt der unterbliebenen Aufklärung über versteckte Innenprovisionen, welchen das Landgericht München I mit knapper Begründung abgetan hatte.
98Das Landgericht stützte sich dabei inhaltlich auf die damalige Rechtsprechung des BGH, wonach, wenn sonstige einen Wissensvorsprung begründende Umstände nicht vorlägen, eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises nur ausnahmsweise anzunehmen sei, wenn es – bedingt durch eine versteckte Innenprovision o.a. - zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (Urt. v. 16.05.2006, XI ZR 6/04, NJW 2006, 2099, Tz 47 m.w.N.). Soweit es um die Alternative der Aufklärungspflicht der Bank wegen eines Wissensvorsprungs ging, führte das Landgericht nur aus, die Kostenkalkulation sei kein tauglicher Gegenstand eines relevanten Wissensvorsprungs der Bank, weil es ureigenste Aufgabe des Käufers sei, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen. Damit hatte es die Rechtsprechung unzureichend ausgewertet: Schon damals war es ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, dass eine finanzierende Bank den Kreditnehmer über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung gemäß § 123 BGB ungefragt aufzuklären hatte (s. die Nachweise bei BGH Urt. v. 29.06.2010, XI ZR 104/08, NJW-RR 2011, 270, Tz 20) und dass bei institutionalisiertem Zusammenwirken von Bank und Verkäufer/Vermittler das Wissen widerleglich vermutet wurde (BGH NJW 2006, 2099, Tz 51).
99Ob im Fall des über I & C2 vermittelten und von der C finanzierten Anlagemodells eine arglistige Täuschung der Anleger über die Höhe der Provisionen anzunehmen war, deren Kenntnis bei der Bank aufgrund institutionalisierten Zusammenwirkens zu vermuten war, war vom BGH noch nicht entschieden. Vielmehr gab es hierzu unterschiedliche Instanzrechtsprechung, insbesondere der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund und des Oberlandesgerichts Hamm, die den Beklagten aus anderen Verfahren bekannt war, wie das Landgericht im vorliegenden Verfahren unwidersprochen ausgeführt hat.
100Somit gab es (jedenfalls) einen weiteren aussichtsreichen Ansatz, das Urteil des Landgerichts München I anzugreifen. Es gab keinen plausiblen Grund, das Rechtsmittel stattdessen auf den einen Angriffspunkt der Verjährung zu beschränken.
101Die Beklagten wenden im Regressprozess auch nicht ein, dass und warum die Klägerin nach entsprechender Beratung über die Aussichten eines weitergehenden Berufungsangriffs hiervon hätte absehen sollen oder wollen.
102Die von den Beklagten verfasste Berufungsbegründung zum Oberlandesgericht München erschöpft sich dagegen in - allgemein gehaltenen, nicht einmal auf den konkreten Streitfall zugeschnittenen - Einwendungen gegen die vom Landgericht angenommene Verjährung eines Anspruchs wegen unrichtiger Mietzinsangaben und übergeht, dass das Landgericht die übrigen gerügten Aufklärungspflichtverletzungen in der Sache abgelehnt hat.
103c)
104Die Beklagten haben die Fehler bei der Bearbeitung des Prozessmandats zu vertreten. Sie haben sich von dem zu vermutenden Verschulden nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entlastet.
105Ihr Einwand, sie hätten die anlegerfreundliche „Wende“ in der Rechtsprechung nicht vorhersehen können, geht fehl. Den Beklagten wird nicht vorgeworfen, der Klägerin kein sicheres Obsiegen in letzter Instanz versprochen, sondern ihr durch die inhaltliche Beschränkung der Berufung die Chance genommen zu haben, ihre Klage gestützt auf den Aspekt der Aufklärungspflichtverletzung bezogen auf versteckte Innenprovisionen in höherer Instanz prüfen zu lassen.
106Wie bereits ausgeführt, durften die Beklagten aufgrund der damaligen Rechtslage aber nicht davon ausgehen, dass eine Weiterverfolgung dieses Aspekts aussichtslos war. Dementsprechend hatten sie ja auch die Klägerin in Kenntnis der damaligen Rechtsprechung dazu veranlasst, u.a. gestützt auf diesen Vorwurf, die C zu verklagen. An dieser Situation hatte sich durch das Urteil des Landgerichts München I nichts geändert; vielmehr waren die konkreten Einzelfragen des in Rede stehenden Vertriebsmodells noch nicht abschließend entschieden.
107d)
108Die anwaltlichen Pflichtverletzungen der Beklagten waren ursächlich dafür, dass der gegen die C geführte Prozess verloren ging. Bei pflichtgemäßem Anwaltsverhalten hätte die Klägerin ihr Schadensersatzverlangen gegen die Bank durchgesetzt.
109Das lässt sich mit der im Regress für die haftungsausfüllende Kausalität maßgeblichen überwiegenden, auf gesicherter Grundlage beruhenden Wahrscheinlichkeit gemäß § 287 ZPO (st. Rspr., s. nur BGH, Urt. v. 05.11.1992, IX ZR 12/92, NJW 1993, 734; Urt. v. 19.01.2006, IX ZR 232/01, NJW-RR 2006, 923, Tz 25) feststellen.
110aa) So ist es nach Einschätzung des Senats überwiegend wahrscheinlich, dass bei pflichtgemäßem Anwaltsverhalten die Klage unter Beachtung des § 167 ZPO so rechtzeitig zugestellt worden wäre, dass von einer verjährungshemmenden Wirkung zum 31.12.2006 auszugehen gewesen wäre. Dabei kann offenbleiben, ob dies durch frühzeitige, vollständige Information der B Rechtsschutz und deren rechtzeitige Vorschusszahlung, durch eigene Vorschussleistung der Klägerin oder über einen Antrag nach § 14 GKG bewerkstelligt worden wäre.
111Bei der Betrachtung des weiteren hypothetischen Kausalverlaufs begegnet es auch keinen Zweifeln, dass bei pflichtgemäßem anwaltlichen Vorgehen die Berufung - jedenfalls - auch auf den Aspekt der unterlassenen Aufklärung über versteckte Innenprovisionen gestützt worden wäre. Insoweit greift zugunsten der Klägerin die Vermutung beratungskonformen Verhaltens.
112In Verträgen mit rechtlichen Beratern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, wenn - wie hier - nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte (BGH, Urt. v. 20.03.2008, IX ZR 104/05, NJW 2008, 2647, Tz 12).
113bb) Es lässt sich auch aufgrund des Beweismaßstabs des § 287 ZPO feststellen, dass die Klage gegen die C dann jedenfalls in letzter Instanz Erfolg gehabt hätte.
114Dabei gilt im Haftpflichtprozess eine normative Betrachtung. Ist die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängig, muss das Regressgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre (BGH, Urt. v. 15.11.2007, IX ZR 44/04, NJW 2008, 1309, Tz 9). Die Würdigung ist auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der hypothetischen Entscheidung im Ausgangsverfahren geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung vorzunehmen (BGH, Urt. v. 28.09.2000, IX ZR 6/99, NJW 2001, 146; BGH, Urt. v. 13.03.2014, IX ZR 23/10, NZI 2014, 665, Tz 32; Fahrendorf in Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Anwaltshaftung, 8. Aufl., Rn 908).
115Das Landgericht hat festgestellt, dass der Klägerin gegen die C ein Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung bezogen auf die Höhe der Vertriebskosten zustand, wobei es maßgeblich auf die in einem Parallelfall ergangene Entscheidung des BGH vom 29.06.2010 (XI ZR 104/08, NJW-RR 2011, 270) abgestellt hat.
116Dem schließt sich der Senat an.
117Dieser Stand der Rechtsprechung ist zugrunde zu legen, weil der Prozess der Klägerin bei Betrachtung des hypothetischen Kausalverlaufs mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im selben Zeitraum letztinstanzlich entschieden worden wäre. Das ergibt der Vergleich der beiden Prozessverläufe: Dem vom BGH entschiedenen Parallelfall lag ein Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom 13.03.2008 zugrunde, während im Fall der Klägerin das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 05.06.2008 datiert.
118Davon, dass die Klägerin auf der Grundlage dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung - angesichts der Parallelität der Fälle - im Vorprozess obsiegt hätte, gehen die Regressparteien übereinstimmend aus. Damit erübrigt sich eine vertiefte Darlegung der Einzelheiten jenes Schadensersatzbegehrens, welches auch der Senat für begründet hält. Insbesondere hätte die Verjährungseinrede der C keinen Erfolg gehabt, wenn die Klage rechtzeitig mit verjährungshemmender Wirkung zum 31.12.2006 eingelegt worden wäre. Die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts München, wonach der Schadensersatzanspruch wegen vor dem Jahr 2000 gezahlter Zinsen ohnehin nach § 197 BGB a.F. verjährt gewesen wäre, überzeugt nicht. Es ging nicht um Zinsansprüche im Sinne des § 197 BGB a.F., sondern um einen eigenständigen Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Anderes lässt sich auch der vom Oberlandesgericht München zitierten Entscheidung des BGH (Urt. v. 10.07.1986, III ZR 133/85, NJW 1986, 2564), der eine nicht mit dem Fall der Klägerin vergleichbare Konstellation - ein nichtiger Ratenkreditvertrag - zugrunde lag, nicht entnehmen.
119e)
120Der Regressschaden der Klägerin besteht in den entgangenen Schadensersatzleistungen der C und den ihr infolge des Prozessverlustes verbliebenen bzw. entstandenen weiteren finanziellen Belastungen aus dem Anlagegeschäft einschließlich der Prozesskosten.
121Soweit die Beklagten die Höhe des der Klägerin vom Landgericht zuerkannten Schadens angreifen, dringen sie damit im Ergebnis nicht durch.
122Dabei ist zunächst dem in der Berufung pauschal erhobenen Einwand, die klägerischen Schadensberechnungen seien der Höhe nach nicht nachgewiesen und würden „weiterhin“ bestritten, entgegen zu halten, dass die Zahlungen in erster Instanz unstreitig geblieben sind. Das Bestreiten in der Berufung kommt daher zu spät (§§ 529, 531 ZPO).
123aa) Im Übrigen gilt für die einzelnen von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen Folgendes:
124(1) Zinsen Vorausdarlehen von April 1992 – Dez. 2006
12590.684,77 € - Gewinn aus Mieteinnahmen von 21.449,27 € = 69.235,50 €
126Gegenüber dieser Schadensposition machen die Beklagten erfolglos geltend, die C hätte sich im Vorprozess darauf berufen (können), dass die Klägerin aus dem Anlageprojekt Steuervorteile erlangt hätte, die im Wege des Vorteilsausgleichs in Abzug zu bringen seien.
127Bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der hypothetischen Entscheidung des BGH über den Prozess der Klägerin entsprach es höchstrichterlicher Rechtsprechung, Steuervorteile nicht im Wege der Vorteilsausgleichung schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn der Geschädigte die Schadensersatzleistung wieder zu versteuern hatte, wobei in der Regel nicht festgestellt werden musste, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Ersatzleistung auswirkt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger besondere Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch nach einer Anrechnung der aus der Ersatzleistung resultierenden Steuerlast außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (BGH, Urt. v. 30.11.2007, V ZR 284/06, NJW 2008, 649, Tz 13 m.w.N.; aus späterer Zeit s. BGH, Urt. v. 01.03.2011, XI ZR 96/09, NJW-RR 2011, 986, Tz 8f.; Urt. v. 23.04.2012, II ZR 75/10, NJW-RR 2012, 1312, Tz 43, BGH, Urt. v. 28.01.2014, XI ZR 495/12, NJW 2014, 994, Tz 11).
128Die Klägerin hätte die Ersatzleistung der C als rückerstattete Werbungskosten versteuern müssen (vgl. BGH NJW 2008, 649, Tz 12). Dass ihr gleichwohl besondere Steuervorteile verblieben wären, legen die Beklagten nicht dar.
129Die Sachlage ändert sich auch nicht dadurch, dass nun die Beklagten der Klägerin ersatzpflichtig sind. Für die steuerrechtliche Behandlung macht es keinen Unterschied, ob die früheren Werbungskosten von dem damaligen Vertragspartner oder von einem Dritten erstattet werden (BGH a.a.O. Tz 13).
130(2) … (zurückgenommen)
131(3) Zahlungen an C vom 01.01.07 – 31.01.2011 21.349,16 €
132Gegen diese schlüssig dargelegte, vom Landgericht zuerkannte Schadensposition erhebt die Berufung - abgesehen von dem unerheblichen pauschalen Bestreiten der Höhe – keine Einwände.
133(4) Guthaben aus Bausparverträgen 16.034,11 €
134Auch gegen diese Schadensposition, die lediglich missverständlich mit „Guthaben“, statt mit entgangenen Rückzahlungen von Leistungen bezeichnet worden ist, wenden sich die Beklagten ohne Erfolg.
135(5) (abgetretener) Anspruch der B Rchtsschutz 38.285,01 €
136Zu dem Regressschaden gehören auch die Prozesskosten, die bei pflichtgemäßem Anwaltsverhalten von der Gegenseite des Vorprozesses hätten getragen werden müssen. Dabei ist zwischen den Regressparteien nicht im Streit, dass die Abtretungserklärung der B Rechtsschutz vom 08.11.2011 die Erstattung der Kosten des Vorprozesses umfassen soll.
137(6) Zinsschaden für die Zeit 02.01.2004 – 20.12.2011
13847.000 € (aus eigenem Recht) + 17.000 € (aus abgetretenem Recht der B Rechtsschutz), insgesamt 64.000,00 €
139Diese Schadensposition in Form entgangener Zinszahlungen der C ist nicht in vollem Umfang begründet, was allerdings der Berufung gleichwohl nicht zum Teilerfolg verhilft:
140Dabei besteht kein Streit darüber, dass die C ab dem 02.01.2004 mit der Schadensersatzzahlung in Verzug war und daher nach den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen hätte zahlen müssen, wenn die Klägerin im Vorprozess obsiegt hätte.
141Es lässt sich aber nicht nach § 287 ZPO feststellen, dass die C Verzugszinsen für den von der Klägerin zugrunde gelegten Zeitraum bis zum 20.12.2011 hätte auflaufen lassen. Entscheidend für die Ermittlung dieses Regressschadens ist, zu welchem Zeitpunkt bei hypothetischer Kausalbetrachtung die C die Hauptschadensforderung der Klägerin sowie die Prozesskosten beglichen hätte; bis zu diesem Zeitpunkt wären Zinsen angefallen und gezahlt worden.
142Der Senat hält es für überwiegend wahrscheinlich, dass der Prozess der Klägerin bei pflichtgemäßem Anwaltsverhalten erst durch eine Entscheidung des BGH ca. Mitte 2010 rechtskräftig zugunsten der Klägerin erledigt worden wäre. Nach der Lebenserfahrung wäre dann mit einer Zahlung der C zum Jahresende 2010 zu rechnen gewesen.
143Auf der Grundlage der detaillierten Zinsberechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 02.05.2013 (Bl. 320f. d.A.), deren Richtigkeit von den Beklagten nicht bestritten ist, ergibt sich für die Zeit bis zum 31.12.2010 ein Gesamtbetrag entgangener Zinsen von 63.386,15 €. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin vorgenommenen und gleichfalls von den Beklagten in Ansatz und Berechnung nicht angegriffenen Abschlags unter dem Gesichtspunkt der zeitabschnittsweise erfolgten Zahlungen ist dieser Betrag auf 57.681,40 € zu kürzen. Die Klägerin hat den von ihr ermittelten Gesamtbetrag von 70.368,30 € auf 64.000 € und damit auf rund 91 % gekürzt. 91 % von 63.386,15 € ergeben 57.681,40 €.
144bb) Damit errechnet sich ein Gesamtregressschaden von
145(1) 69.235,50 €
146[(2) …]
147(3) 21.349,16 €
148(4) 16.034,11 €
149(5) 38.285,01 €
150(6) 57.681,40 €
151202.585,18 €.
152Dieser Betrag übersteigt den erstinstanzlich zuerkannten Zahlbetrag mit der Folge, dass die Berufung nicht zu einer Abänderung des landgerichtlichen Urteils zugunsten der Beklagten führt.
153f) Die Regressverjährung ist zutreffend vom Landgericht verneint worden, ohne dass die Berufung dies angreift.
154g)
155Der Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen ergibt sich aus den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
156Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass die Klägerin im Wege des Vorteilsausgleichs die erworbene Wohnung Zug um Zug an die Beklagten herauszugeben hat (vgl. BGH, Urt. v. 25.01.2013, ‚V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825, Tz 11).
157h)
158Die Beklagten wenden sich in der Berufung ohne Erfolg gegen die vom Landgericht antragsgemäß ausgeurteilte Zug-um-Zug-Verpflichtung der Klägerin zur Übertragung des Wohnungseigentums.
159Die Klägerin schuldet weder die Lastenfreiheit des den Beklagten zu überlassenden Wohnungseigentums noch dessen Leerstand.
160Die Pflicht zur Herausgabe der Wohnung an die Schädiger ist lediglich Folge des im Vorteilsausgleich zum Ausdruck kommenden schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots (vgl. BGH a.a.O.). Sie beschränkt sich damit auf die Überlassung der Vermögensvorteile in dem Zustand, wie sie bei der Klägerin vorhanden sind.
1612.
162Das Landgericht hat auch zutreffend festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin die Kosten der Übereignung der Wohnung zu ersetzen.
163Weil diese Kosten noch nicht bezifferbar sind, ist das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO zu bejahen.
164Der Sache nach ergibt sich die Kostenerstattungspflicht der Beklagten aus ihrer zu Ziff. 1 dargestellten Schadensersatzpflicht.
1653.
166Die in der Berufung erfolgte Klageerweiterung um einen weiteren Zahlbetrag von 7.542,48 € nebst Zinsen führt nicht zu einer weitergehenden Verurteilung der Beklagten.
167Sie war abzuweisen, weil die Mehrforderung der Klägerin – soweit begründet (s.o.) - verjährt ist.
168Die Beklagten haben sich binnen der ihnen nach dem Verhandlungstermin 20.02.2014 eingeräumten Stellungnahmefrist zulässigerweise auf die Einrede der Verjährung berufen.
169Die Verjährung ist auch vollendet gewesen, bevor die Klägerin jene Mehrforderung im Termin am 20.02.2014 anhängig gemacht hat.
170Unter Bezugnahme auf die unangefochtenen, zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil ist festzuhalten, dass die dreijährige Verjährung des Regressanspruchs mit Ablauf des 31.12.2011 vollendet ist, §§ 195, 199 BGB.
171Nachdem die Klägerin in erster Instanz ihre Forderung bis auf den Betrag von 201.330,53 € zurückgenommen hatte, beschränkte sich die verjährungshemmende Wirkung der am 18.01.2012 zugestellten Klage auf diesen Betrag. Das folgt letztlich aus § 269 Abs. 3 ZPO, wonach im Fall der Klagerücknahme ein Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist, womit auch die verjährungshemmende Wirkung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB entfällt (BGH, Beschl. v. 13.05.2004, V ZB 59/03, BeckRS 2004, 5663).
172Das gilt, auch wenn es sich insoweit um eine (verdeckte) Teilklage handelte, (vgl. BGH, Urt. v. 02.05.2002, III ZR 135/01, NJW 2002, 2167), weil der Klägerin bei der Addition der Schadensersatzbeträge ein Fehler unterlief.
173Die im Februar 2014 erfolgte Klageerweiterung war folglich nicht geeignet, die Verjährungshemmung zu bewirken.
174III.
175Die Kostenentscheidung beruht auf den Regelungen der §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Weil die in der Berufung erfolgte Klageerweiterung geringfügig war und keine Mehrkosten ausgelöst hat, erschien es angemessen, trotz des diesbezüglichen Obsiegens der Beklagten ihnen die Berufungskosten vollumfänglich aufzuerlegen.
176Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
177Für die Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlass.
178Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 ZPO).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 4x
- IX ZR 12/92 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- ZPO § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung 3x
- IX ZR 232/01 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 398 Abtretung 1x
- XI ZR 6/04 2x (nicht zugeordnet)
- III ZR 133/85 1x (nicht zugeordnet)
- V ZR 284/06 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 286 Verzug des Schuldners 1x
- XI ZR 243/05 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen 1x
- IX ZR 44/04 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 2x
- IX ZR 23/10 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung 2x
- § 14 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist 1x
- XI ZR 205/05 1x (nicht zugeordnet)
- VI ZR 228/05 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 256 Feststellungsklage 1x
- IX ZR 206/92 1x (nicht zugeordnet)
- XI ZR 104/08 4x (nicht zugeordnet)
- 19 U 1933/08 1x (nicht zugeordnet)
- XI ZR 495/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 269 Klagerücknahme 1x
- ZPO § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel 1x
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- HGB § 128 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x
- BGB § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung 1x
- BGB § 197 Dreißigjährige Verjährungsfrist 3x
- BGB § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag 1x
- III ZR 135/01 1x (nicht zugeordnet)
- 27 O 23479/06 1x (nicht zugeordnet)
- IX ZR 104/05 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 540 Inhalt des Berufungsurteils 1x
- IX ZR 6/99 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts 1x
- V ZB 59/03 1x (nicht zugeordnet)
- II ZR 75/10 1x (nicht zugeordnet)
- II ZB 4/06 1x (nicht zugeordnet)
- XI ZR 205/08 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung 2x
- XI ZR 96/09 1x (nicht zugeordnet)
- IX ZR 75/10 1x (nicht zugeordnet)
- V ZR 118/11 1x (nicht zugeordnet)