Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 18 U 5/13
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 04.01.2013 (22 O 244/10) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
31. Der Kläger nimmt die Beklagte, die vor einer Umfirmierung im Mai 2010 als J, J2, T auftrat, auf Rückzahlung einer Einlage in Anspruch, wozu er geltend macht, er sei bei Abschluss des Geschäfts in einer der Beklagten zurechenbaren Weise über den Charakter der Geldanlage getäuscht worden.
4Der Kläger erwarb am 21.11.1999 nach einem Gespräch mit einem Herrn E, dessen Funktion zwischen den Parteien streitig ist, in Bergneustadt (Oberbergischer Kreis) 420 Inhaberaktien der Beklagten zu einem Betrag von 28.350,00 DM (=14.495,12 €).
5Am 30.04.2000 wurde dem Kläger eine Beteiligungsübersicht ausgehändigt, auf der festgehalten wurde, dass er 360 Anteilsscheine der Beklagten besäße. Dem liegt zugrunde, dass der Kläger für 60 Aktien eine Rückzahlung von 687,00 DM = 351,26 € erhalten hatte.
6Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.05.2010 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Kündigung und forderte die Rückzahlung seines Gelds; sodann hat er am 22.06.2010 beim Landgericht Klage eingereicht.
7Der Kläger hat behauptet, er sei von Herrn E in Gegenwart des Zeugen T2 beraten worden. Herr E habe sich unter Vorlage einer Visitenkarte als Mitarbeiter der Beklagten ausgegeben und die Geldanlage insbesondere mit der Zusicherung beworben, es bestehe eine jederzeitige Rückzahlungsmöglichkeit. Der Betrag werde auf telefonisches Anfordern nach einem, spätestens nach drei Monaten zurückgezahlt. Der angelegte Betrag sei zu 100 % abgesichert, die Rückzahlung garantiert. Allgemeine Geschäftsbedingungen oder ein Emissionsprospekt seien nicht übergeben worden. Am 03.04.2000 habe der Mitarbeiter E ihm gegen Aushändigung der bei Geldübergabe empfangenen Quittung die als Anlage K 1 (Bl. 10 d.A.) in Kopie vorgelegte Beteiligungsübersicht überlassen.
8Die beim Erwerb gemachten Zusicherungen seien jedoch, wie der Berater gewusst habe, falsch gewesen, da für die Aktien faktisch kein Markt existiert habe und die Anlage mit erheblichen Risiken verbunden gewesen sei.
9Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte müsse sich das Verhalten des Beraters, der in ihrem Namen aufgetreten sei, zurechnen lassen. Deshalb sei sie ihm, so hat er gemeint, nach §§ 823 Abs. 2, 831 BGB, § 263 StGB, aber auch nach §§ 826, 31 BGB unmittelbar zum Schadensersatz verpflichtet.
10Der Kläger, nachdem er zunächst Zahlung von 14.403,09 € nebst Zinsen verlangt hatte, hat die Klage teilweise – in Höhe der rückabgewickelten 60 Aktien zu 687,00 DM = 351,26 € - zurückgenommen und sodann beantragt,
11die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.051,83 € nebst 4% Zinsen seit dem 21.01.1999 Zug um Zug gegen Rückübertragung der Aktien der Beklagten mit den folgenden Seriennummern zu zahlen: 300 Stück mit der Seriennummer 128002, 40 Stück mit der Seriennummer 052598, 20 Stück mit der Seriennummer 034664.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat geltend gemacht, sie habe ihre Aktien ausschließlich über selbständige und nicht weisungsgebundene Vermittler vertrieben. Diese hätten lediglich die Vollmacht gehabt, Aktien zu veräußern, Gelder entgegen zu nehmen und die Interessenten grob zu informieren. Deliktstatbestände seien nicht verwirklicht.
15Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
162. Das Landgericht hat mit Urteil vom 04.01.2013, der Beklagten am gleichen Tage zugestellt, der Klage nach Beweisaufnahme in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der vernommene Zeuge T2 habe glaubhaft bestätigt, dass der Berater E dem Kläger im Anlagegespräch zugesichert habe, der Anlagebetrag könne jederzeit zurückverlangt werden. Diese Zusage sei schon deshalb unrichtig, weil nach türkischem Recht eine Rückerstattung von Einlagen an Gesellschafter unzulässig sei. Dies erfülle den Tatbestand der arglistigen Täuschung und habe den Kläger zur betreffenden schadenstiftenden Geldanlage veranlasst.
17Das Verhalten des Beraters sei der Beklagten nach § 831 BGB zuzurechnen, weil dieser nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ausdrücklich für die Beklagte aufgetreten sei, sich als deren Mitarbeiter ausgegeben habe, eine Visitenkarte der Beklagten vorlegen habe können und über die für das Anlagegeschäft erforderlichen Unterlagen und die Aktien der Beklagten verfügt habe.
18Der Schaden des Klägers liege in der völlig anderen Risikostruktur der tatsächlich getätigten Anlage.
19Die 10-jährige Verjährungsfrist des § 852 Satz 2 BGB n.F. sei bei Klagezustellung noch nicht abgelaufen gewesen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf die Ausführungen des Landgerichts Köln in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
213. Mit ihrer am 07.01.2013 eingegangenen und – nach Fristverlängerung bis zum 06.05.2013 – am 29.04.2013 begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter. Sie ist – insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesgerichtshof vom 04.06.2013 (VI ZR 288/13, VI ZR 292/13, VI ZR 293/13) und der erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde vom 02.07.2013 (VI ZR 534/12) gegen das Urteil des Senats vom 15.11.2012 (18 U 47/12) – der Ansicht, das Landgericht habe fehlerhaft entschieden.
22Die Beklagte behauptet, der Berater E sei ihr unbekannt, er sei weder ein Mitarbeiter, noch ein Vertreter. Auch sei er nicht weisungsgebunden gewesen. Das Handeln des Vermittlers sei ihr, so meint sie, deshalb nicht zuzurechnen; es sei möglich, dass dieser lediglich eigene Aktien veräußert habe.
23Eine Täuschungshandlung der Beklagten bzw. ihrer Organe liege nicht vor. Aber auch die weiteren Merkmale des Betrugstatbestandes seien nicht verwirklicht. Bis zum Beginn der Wirtschaftskrise in der Türkei 2001 sei es ohne Weiteres möglich gewesen, die Aktien wieder zu veräußern.
24Der Zeuge sei unglaubwürdig, weil keinerlei Umstände über den Erwerb mitgeteilt worden seien.
25Die Beklagte hält zuletzt die Einrede der Verjährung aufrecht.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen,
28hilfsweise,
29die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
30Der Kläger beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seiens erstinstanzlichen Vortrages und ist zudem der Ansicht, es seien sogar die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten aus §§ 31, 826 BGB erfüllt.
33II.
34Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 511 ff. ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage zu Recht stattgegeben.
351. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus der entsprechenden Anwendung des § 32 ZPO ergibt. Der Kläger stützt den geltend gemachten Anspruch jedenfalls auch auf eine unerlaubte Handlung. Tatort dieser unerlaubten Handlung war Köln.
362. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 831 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB ein Anspruch auf Zahlung von 14.051,83 € Zug um Zug gegen Rückübertragung der im Tenor der angefochtenen Entscheidung näher bezeichneten Aktien zu.
37a. Das Landgericht hat es nach Durchführung einer Zeugenvernehmung für bewiesen gehalten, dass der Vermittler E den Kläger über wesentliche Umstände der Anlage, insbesondere über deren jederzeitige Rückzahlbarkeit, getäuscht und ihn so zum Erwerb der Aktien veranlasst hat. Auch sei bewiesen, dass E ausdrücklich für die Beklagte aufgetreten sei und sich als deren Mitarbeiter ausgewiesen habe.
38Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist der Senat an diese Feststellungen gebunden. Eine erneute Tatsachenfeststellung ist nicht erforderlich, denn konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen, ergeben sich nicht.
39Es ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht diese Aussage fehlerhaft oder nicht erschöpfend gewürdigt hat. Auch ergeben sich zwischen der protokollierten Aussage und den Urteilsgründen keine Widersprüche. Insbesondere zeigt die Beklagte nicht auf, woraus sich eine unrichtige Beweiswürdigung konkret ergeben soll. Der bloße Hinweis, der gehörte Zeuge sei unglaubwürdig, ist nicht ausreichend. Der dahinter stehende Wunsch, das Berufungsgericht möge die Beweisaufnahme wiederholen, um zu einem abweichenden Ergebnis zu gelangen, ist von § 529 Abs. 1 ZPO nicht gedeckt (vgl. I, 29. Auflage (2012), § 529, Rn. 7).
40Da trotz Fristsetzung und Hinweis auf § 356 ZPO eine ladungsfähige Anschrift des Zeugen E nicht mitgeteilt worden war, ist seine Vernehmung zu Recht unterblieben.
41b. Auf der Basis dieser Tatsachenfeststellung hat das Landgericht zu Recht einen Anspruch aus §§ 831, 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB bejaht. Hierbei hat der Senat in der mündlichen Verhandlung erneut klargestellt, dass die hier angenommene Anspruchsgrundlage eine (vermutete) Haftung für Auswahl- und Überwachungsverschulden nach § 831 BGB bei einer vorsätzlichen Täuschungshandlung des Verrichtungsgehilfen darstellt, wohingegen sich die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 04.06.2013 (VI ZR 288/13 u.a.) mit der – hiervon zu trennenden – Frage eigenen Organverschuldens nach § 31 BGB auseinandersetzen, welches für die vorliegende Fallgestaltung nach Ansicht des Senats ohne Belang ist. Im Einzelnen:
42(1) Der Zeuge E hat den Kläger vor dem Erwerb der Aktien über eine in Wahrheit nicht bestehende Rechtspflicht der Beklagten zur Rückgewähr des angelegten Geldes getäuscht. Insbesondere die Zusage, der Anlagebetrag könne jederzeit mit maximal dreimonatiger Frist zurückgefordert werden, war, was der Vermittler auch wusste, falsch. Diesen Rückgewähranspruch gibt es, wie dem Senat aus einer Vielzahl anderer Verfahren bekannt ist, nach türkischem Recht gerade nicht.
43Infolge dessen ist der Kläger auch einem entsprechenden Irrtum erlegen, der zum Kauf der Aktien führte. Dass bei Aktien immer die Gefahr des Verlustes des eingesetzten Kapitals besteht, schließt einen Irrtum des Klägers über eine Kündigungsmöglichkeit und das Bestehen eines Rückzahlungsanspruchs auch gegen die Beklagte nicht aus (so schon Senat, Urt. v. 15.11.2012 – 18 U 47/12).
44(2) Dem Kläger ist auch ein Schaden im Sinne von § 263 Abs.1 StGB entstanden.
45Zwar liegt eine strafrechtlich relevante Vermögensbeschädigung nicht schon dann vor, wenn jemand infolge eines durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums eine Vermögensverfügung getroffen hat, die er bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht getroffen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 07.03.2006 - 1 StR 379/05, NJW 2006, 1679). Denn § 263 Abs.1 StGB schützt nicht die Dispositionsfreiheit des Getäuschten, sondern sanktioniert als Vermögensstraftat nur die vermögensschädigende Täuschung, deren Voraussetzungen durch einen objektiven Vergleich der Vermögenswerte vor und nach der Vermögensverfügung zu bestimmen sind (BGH, Beschl. v. 06.09.2000 - 3 StR 326/00, NStZ-RR 2001, 41; BGH, Beschl. v. 06.06.2000 - 1 StR 161/00, NStZ-RR 2000, 331).
46Ob die dem Kläger übergebenen Aktien und/oder seine Beteiligung an der Be-klagten in Anwendung dieser Grundsätze objektiv werthaltig waren und bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Nennwert der geleisteten Geldeinlage zum 27.01.2000 entsprachen, bedarf im vorliegenden Fall indes keiner Entscheidung. Der Kläger ist über die Eigenart und das mit seiner konkreten Anlageentscheidung verbundene Risiko derart getäuscht worden, dass er etwas völlig anderes erworben hat, als er entsprechend seiner Willensbetätigung erwerben wollte. Die dem Kläger zugesagte sichere Geldanlage bei jederzeitigem und damit vertraglich eingeräumtem Rückgaberecht binnen 3 Monaten ist mit der Risikostruktur der tatsächlich erhaltenen Leistungen, einer Anlage in ein nicht börsennotiertes Unternehmen unter voller Beteiligung an dem unternehmerischen Risiko, in keiner Weise vergleichbar. Infolge der fehlenden Vergleichbarkeit dieser unterschiedlichen Anlage- und Investitionsformen stellt die dem Kläger gewährte Gegenleistung gegenüber der vertraglich zugesagten Leistung ein aliud dar, das für den Kläger in dieser Form insgesamt unbrauchbar ist. Allein diese Abweichung begründet aber nach den Grundsätzen des sog. subjektiven Schadenseinschlages einen Vermögensschaden des Klägers im Sinne von § 263 Abs.1 StGB (so schon Senat, Urt. v. 15.11.2012 – 18 U 47/12; ferner BGH, Urt. v. 07.03.2006 - 1 StR 379/05, NJW 2006, 1679 (1681); BGH, Beschl. v. 06.09.2000 - 3 StR 326/00, NStZ 2001, 41 (42)).
47(3) Auch der subjektive Tatbestand des § 263 StGB ist erfüllt. Wenn der Vermittler, der dem Kläger diese Aktien verkauft hat, die Zusage des Rückerwerbs der Aktien in Kenntnis der Unzulässigkeit nach türkischem Aktienrecht gemacht hat, liegt der Täuschungsvorsatz auf der Hand. War er insofern gutgläubig, handelte es sich um eine Erklärung, für die er über keinerlei Tatsachengrundlage verfügte. Wer solche Erklärungen „ins Blaue hinein“ abgibt, rechnet aber auch immer mit der Möglichkeit, dass diese falsch sein können, so dass zumindest bedingter Vorsatz gegeben ist. Dieser erstreckt sich dann auch auf den Schaden, denn es ist offensichtlich, dass eine Anlage, bei der das Risiko des Kapitalverlustes besteht, für den Anleger einen geringeren Wert hat als eine sichere Anlage.
48(4) Die Beklagte hat für das Verhalten des Hern E einzustehen, weil das Landgericht ihn zu Recht als Verrichtungsgehilfen der Beklagten angesehen hat, § 831 BGB.
49Verrichtungsgehilfe ist, wer von einem anderen eine Tätigkeit übertragen erhält, und in dessen Einflussbereich er allgemein oder im konkreten Fall steht und zu dem er ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.06.1997 - I ZR 36/95, NJW-RR 1998, 250 (251 f)).
50Die Darlegungen des Klägers sind ausreichend, um die Voraussetzungen eines Verrichtungsgehilfen anzunehmen. Die Beklagte, der insoweit eine sekundäre Darlegungslast gem. § 138 Abs. 2 ZPO zukommt, hat nichts vorgetragen, was Zweifel an der Eigenschaft als Verrichtungsgehilfe begründen könnte, obwohl sie hierzu in der Lage gewesen wäre, da nur sie Angaben über das Abhängigkeitsverhältnis machen konnte. Auf diese Darlegungslast ist die Beklagte mit Beschluss vom 24.06.2013 (Bl. 345 ff. d.A.) auch hingewiesen worden.
51Nach den unwidersprochenen Darlegungen des Klägers trat Herr E nicht nur im Namen der Beklagten auf, sondern hat auch Aktiengeschäfte für sie abgewickelt. Der Kauf des Klägers führte zur Auflistung des Klägers in der „Beteiligungsübersicht“ der Beklagten (Bl. 10 d.A.); Herr E war mit einer Visitenkarte der Beklagten ausgestattet und verwendete Formulare, die die Beklagte zur Verfügung gestellt hatte.
52Die Beklagte selbst hat im Übrigen in ihrem Sachvortrag erster Instanz, in welchem sie unter Beweisantritt behauptet hat, Herr E habe als „selbständiger Vermittler“ Handlungsvollmacht dahingehend gehabt, Aktien zu veräußern und Gelder entgegen zu nehmen sowie Interessenten grob zu informieren, anerkannt, dass Herr E für sie tätig wurde, und hat gerade nicht behauptet, dieser sei gänzlich unbefugt gewesen, für die Beklagte tätig zu werden. Der hiervon abweichende Vortrag der Berufungsinstanz, wonach Herr E eventuell ein ehemaliger Aktionär sei, der eigene Aktien verkauft habe, ist nicht nur rein spekulativ, sondern lässt auch seine Einbindung in die Organisationsstruktur der Beklagten unerklärt.
53c. Der Anspruch ist – nach Teilklagerücknahme – in voller Höhe des erstinstanzlich zugesprochenen Betrages und Zug um Zug gegen Rückgewähr der Aktien begründet; auch in zweiter Instanz ist nach entsprechendem Hinweis des Senats vom 24.06.2013 (Bl. 345 d.A.) unstreitig geblieben, dass die Rückabwicklung von 60 Aktien zu keiner höheren Rückvergütung als derjenigen 687,00 DM = 351,26 € geführt hat, in Höhe derer der Kläger die Klage bereits zurückgenommen hat.
54d. Schließlich ist der Anspruch auch nicht verjährt. Hierbei kann dahinstehen, ob die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB bereits abgelaufen gewesen wäre, denn der Anspruch kann gemäß § 852 BGB immer noch mit Erfolg geltend gemacht werden. Die Zehn-Jahres-Frist des § 852 BGB (n.F.) hat gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB erst mit dem 01.01.2002 zu laufen begonnen. Die Beklagte hat das eingezahlte Kapital erhalten und damit etwas aus einer unerlaubten Handlung gegen den Kläger erlangt. Eine Entreicherung der Beklagten i. S. des § 818 Abs. 3 BGB liegt nicht vor. Diese ist nicht bereits dann gegeben, wenn der erlangte Betrag ausgegeben oder angelegt wurde, sondern erst dann, wenn er wertmäßig im Vermögen des Bereicherten nicht mehr vorhanden ist. Hierfür fehlt aber jeglicher Vortrag der Beklagten.
553. Der Senat lässt die Revision nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO im Hinblick auf den Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde vom 02.07.2013 (VI ZR 534/12) gegen das – vergleichbar gelagerte – Urteil des Senats vom 15.11.2012 (18 U 47/12) und unter Berücksichtigung der weiteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 04.06.2013 – VI ZR 288/13 u.a. - zu.
564. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
57Streitwert: 14.051,83 EUR.
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Referenzen
- § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB 1x (nicht zugeordnet)
- 22 O 244/10 1x (nicht zugeordnet)
- 1 StR 379/05 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 852 Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung 3x
- BGB § 823 Schadensersatzpflicht 3x
- BGB § 831 Haftung für den Verrichtungsgehilfen 6x
- 3 StR 326/00 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts 2x
- BGB § 31 Haftung des Vereins für Organe 3x
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- 18 U 47/12 3x (nicht zugeordnet)
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- BGB § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs 1x
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- VI ZR 534/12 2x (nicht zugeordnet)