Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 12 U 8/14
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17.01.2014 (AZ.: 25 O 227/13) teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.06.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Gegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
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G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung von diesem übergebenen Geldbeträgen in einer Gesamtsumme von 70.750 €. Sie hat dem Beklagten am 27.06.2012 einen Geldbetrag über 50.000 €, am 04.07.2012 einen Betrag von 7.200 € und am 21.11.2012 einen weiteren Betrag von 30.000 € übergeben. Unstreitig erfolgte am 29.04.2013 eine Rückzahlung durch den Beklagten in Höhe von 10.000 €. Die Parteien streiten über die Echtheit einer Quittung über nominal 75.000 €.
4Mit der Klage hat die Klägerin zunächst die Rückzahlung von 77.200 € gemäß ihrem vorgerichtlichen Schreiben vom 27.05.2013 verlangt. Das Rückzahlungsbegehren hat sie darauf gestützt, dass in Höhe der angegebenen Beträge Darlehen gewährt worden seien. Der Betrag von 50.000 € habe bis spätestens Ende Februar 2013, 7.200 € binnen 4-6 Wochen und 30.000 € bis zum 28.12.2012 zurückgegeben werden sollen. Bis auf den Betrag von 10.000 € habe der Beklagte keine Rückzahlungen geleistet. Der Betrag von 10.000 € sei auf den Betrag von 7.200 € verrechnet worden, der Restbetrag von 2.800 € auf den Betrag von 30.000 €. Zu der von dem Beklagten vorgelegten Quittung über die Rückzahlung eines Betrages von 75.000 € hat die Klägerin erklärt, dass diese von ihr zwar unterschrieben worden sei, allerdings habe es sich um eine Quittung über 750 € gehandelt. Der Beklagte habe hinterher zwei Nullen angefügt.
5In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage in Höhe eines Betrages von 6.450 € zurückgenommen.
6Sie hat beantragt,
71.
8den Beklagten zu verurteilen, an sie 70.750 € zuzüglich 12 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 27.200 € ab dem 29.01.2012 und auf 50.000 € ab dem 01.03.2013 zu zahlen;
92.
10den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 1.880 € zuzüglich 12 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat behauptet, das Geld sei ihm nicht als Darlehen, sondern zur Aufbewahrung übergeben worden. Er habe der Klägerin nicht nur 10.000 € zurückgezahlt, sondern am 08.06.2013 75.000 € und am 21.06.2013 weitere 1.700 €. Den Restbetrag habe die Klägerin ihm erlassen. Hintergrund der Klage sei, dass sie eng miteinander befreundet gewesen seien. Die Klägerin habe sich wohl mehr versprochen. Als er ihr Anfang Juli mitgeteilt habe, die Quittungen über die Rückzahlung von 75.000 € und 1.700 € verlegt zu haben, und um eine nochmalige Bestätigung gebeten habe, was sie als „doch überflüssig“ erachtet habe, habe sie dies zum Anlass genommen, die streitgegenständliche Klage anhängig zu machen. Daraufhin habe er intensiv nach den Quittungen gesucht und sie wiedergefunden. Als er dies der Klägerin mitgeteilt habe, habe sie ihm erklärt, das sei ihr egal, sie würde eben vorbringen, die Unterschrift sei gefälscht.
14In der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2013 wurden die Parteien persönlich angehört und der Beklagte zudem von Amts wegen als Partei vernommen. Wegen der Einzelheiten ihrer dortigen Angaben wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 13.12.2013 Bezug genommen.
15Das Landgericht hat mit Urteil vom 17.10.2014 die Klage abgewiesen und sich dazu auf die Angaben des Beklagten gestützt, die es für plausibel und überzeugend gehalten hat, während die Angaben der Klägerin widersprüchlich und wechselnd gewesen seien. Der Einholung des von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens habe es nicht bedurft, da die Kammer mit der nach § 286 ZPO notwendigen Gewissheit von der Tatsache der Rückzahlung von 75.000 € überzeugt sei.
16Die Klägerin hat gegen das ihr am 22.01.2014 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 03.02.2014, eingegangen am 05.02.2014, Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 07.03.2014, eingegangen am 07.03.2014, begründet hat. Sie rügt, das Landgericht habe die angebotenen Beweismittel nicht berücksichtigt. Sie habe für ihre Behauptung, dass der Beklagte die Quittung über 750 € verändert habe, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Das Landgericht habe auch unzulässigerweise die Vernehmung der Klägerin als Partei abgelehnt und Widersprüche in dem Vortrag des Beklagten nicht berücksichtigt. Schließlich hat sie auf den Strafregisterauszug des Beklagten hingewiesen, aus dem vier Verurteilungen wegen Betruges, versuchten Betruges und Untreue hervorgingen.
17Sie beantragt,
18unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Köln vom 17.01.2014 den Beklagten zu verurteilen, an sie 70.750 € sowie Schadensersatz in Höhe von 1.880 € zuzüglich 12% Zinsen über dem Basiszinssatz auf 27.200 € ab dem 29.01.2012, auf 50.000 € ab dem 01.03.2013 und auf 1.880 € seit Klageerhebung zu zahlen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Der Beklagte beruft sich weiterhin darauf, auch die quittierten 75.000 € in voller Höhe zurückgezahlt zu haben.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
23II.
24Die zulässige Berufung der Klägerin hat überwiegend keinen Erfolg.
25Ihr steht gegen den Beklagten lediglich ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 500 € zu. Ein weitergehender Zahlungsanspruch ist nicht begründet, da im Übrigen von einer bereits erfolgten Rückzahlung des Beklagten auszugehen ist. Diese hat der Beklagte durch die von ihm vorgelegte und von der Klägerin unterschriebene Quittungen belegt.
26Dem Grunde nach ergibt sich der Rückzahlungsanspruch aus § 688 BGB. Die Klägerin hat dem Beklagten insgesamt 87.200 € zur Aufbewahrung gegeben. Für eine Darlehenshingabe, wie von der Klägerin zunächst behauptet, finden sich keine Anhaltspunkte. Nach § 695 BGB kann der Hinterleger jederzeit die hinterlegte Sache zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Zeit vereinbart ist. Mit Schreiben vom 27.05.2013 hat die Klägerin den Beklagten zur Rückzahlung aufgefordert.
27Der Beklagte hat, teilweise unstreitig, im Übrigen durch die Vorlage von Quittungen hinreichend belegt, der Klägerin insgesamt 86.700 € (in Teilbeträgen 10.000 € gemäß Quittung vom 26.04.2013, 75.000 € gemäß Quittung vom 08.06.2013 und 1.700 € gemäß Quittung vom 21.06.2013) zurückerstattet. Die Rückzahlung von insgesamt 11.700 € ist unstreitig.
28Ausweislich der Quittung vom 08.06.2013 ist aber auch von der Übergabe eines weiteren Betrages in Höhe von 75.000 € auszugehen.
29Die Klägerin bestreitet nicht, die Quittung vom 08.06.2013 unterschrieben zu haben. Diese begründet daher gemäß § 416 ZPO den vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltene Erklärung von dem Aussteller, d.h. der Klägerin, abgegeben wurde. Die Privaturkunde erbringt nach § 416 ZPO indes nur in formeller Hinsicht den vollen Beweis der Echtheit, nicht jedoch bezüglich des materiellen Inhalts. (BGH NJW 1980,893-894; OLG Köln OLGR 1998,235-237; OLG Koblenz Urteil vom 10.07.2006 AZ.: 12 U 659/05 abgedruckt unter www.juris.de; BeckOK/Krafka ZPO § 416 Rn. 12,13).
30Soweit die Klägerin die inhaltliche Richtigkeit der von ihr unterschriebenen Urkunde bestreitet, hat sie eine Abweichung von der tatsächlich abgegebenen Erklärung nicht bewiesen. Nach § 440 Abs. 2 ZPO postuliert nämlich die Echtheit der Unterschrift unter einer Privaturkunde die Vermutung der Echtheit der darüber befindlichen Erklärung. Die Beweiskraft einer Privaturkunde nach § 440 Abs. 2 ZPO kann nur entkräftet werden, wenn die Urkunde Mängel i.S.v. § 419 ZPO aufweist (BGH NJW-RR 1989,1323-1324; BeckOK ooA § 416 Rn. 15). § 419 ZPO lässt die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern, wenn die Urkunde Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel aufweist. Durchstreichungen, Radierungen oder Einschaltungen lassen sich bei der Quittung vom 08.06.2013 nicht feststellen. Darüber hinaus sind auch keine sonstigen Mängel erkennbar. Die äußere Gestaltung der Quittung vom 08.06.2013 weist keine derartigen Auffälligkeiten auf. Sie ähnelt im Erscheinungsbild sehr stark den Quittungen über 10.000 € und 7.200 €. Soweit die Klägerin darauf hinweist, die letzten Nullen des Betrages von 75.000 € seien kleiner geschrieben, was auf eine nicht in einem Zug geschriebene Zahl hindeute, kann dem nicht gefolgt werden. Auch die Schreibweise des Betrages von 10.000 € auf der Quittung vom 26.04.2013 und die Quittung vom 21.11.2012 betreffend die Hingabe des Betrages von 30.000 € lassen erkennen, dass die letzten Nullen kleiner geschrieben wurden. Die Richtigkeit dieser Urkunden wird von der Klägerin aber nicht angezweifelt. Es verbleibt daher bei der Beweiskraft des §§ 416, 440 Abs.2 ZPO, so dass dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen war und ist.
31Das Landgericht war nicht gehalten, die Klägerin nach § 448 ZPO von Amts wegen zu vernehmen. Es hat in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2013 beide Parteien angehört, den Beklagten darüber hinaus nach § 448 ZPO. Einer zusätzlichen förmlichen Anhörung der Klägerin bedurfte es daneben nicht (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 448 Rn. 2a).
32Auch unter Berücksichtigung der streitigen Quittung hat der Beklagte allerdings nur insgesamt 86.700 € ausgehändigt. Soweit er behauptet, den Restbetrag von 500 € habe er behalten dürfen, hat er eine entsprechende Abrede mit der Klägerin weder hinreichend substantiiert dargelegt noch Beweis für diese Behauptung angetreten. Hinsichtlich dieses Betrages ist das Rückforderungsbegehren der Klägerin berechtigt.
33Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung ergibt sich aus §§ 286,288 BGB mit einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins. Einen höheren Zinssatz hat die Klägerin nicht dargelegt. Der Verzugsbeginn ist durch das Mahnschreiben vom 27.05.2013 mit einer Zahlungsfrist von 10 Tagen am 07.06.2013 eingetreten.
34Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten besteht nicht. Der Beklagte ist erstmals durch das Schreiben vom 27.05.2013 in Verzug gesetzt worden. Die Kosten der verzugsbegründenden Mahnung sind nicht erstattungsfähig.
35Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren folgt aus §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 ZPO, für das Berufungsverfahren aus §§ 92 Abs.2, 97 Abs.1 ZPO.
36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10,711 ZPO.
37Berufungsstreitwert: 70.750 €
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Referenzen
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- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 2x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 688 Vertragstypische Pflichten bei der Verwahrung 1x
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- ZPO § 419 Beweiskraft mangelbehafteter Urkunden 2x
- BGB § 286 Verzug des Schuldners 1x
- ZPO § 416 Beweiskraft von Privaturkunden 3x
- ZPO § 269 Klagerücknahme 1x
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- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- ZPO § 448 Vernehmung von Amts wegen 2x
- BGB § 695 Rückforderungsrecht des Hinterlegers 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x