Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 24 U 123/18

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.07.2018 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 22 O 10/18 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin  69.497,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden der Klägerin zu 84 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 16 %  auferlegt.

Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 an class="absatzRechts">22n> 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

">Die Ausf52;hrungen der Beklagten zum maßgeblichen Stichtag, ab dem kein weiteres Rechtsmittel für die jeweiligen Mandanten mehr hätte eingelegt dürfen, rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Veranlassung, den Stichtag zeitlich weiter nach hinten zu verlegen, besteht danach nicht.

40 41 42</span>

s="absatzLinks">(2.2.2)

43
44 45 46

Des Weiteren rechtfertigt weder der Umstand, dass die Beklagte zu 1. weitere Verfassungsbeschwerden plante, noch der Umstand, dass im Februar 2016 in Berlin noch ein Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz anhängig war, dass die Beklagte zu 1. auch nach dem 15.02.2016 nicht von weiteren Rechtsmitteln abraten musste. Beides ändert nichts daran, dass zu diesem Zeitpunkt feststand, dass auch der streitgegenständliche Musterantrag nicht geeignet ist, die Verjährung zu hemmen.

(2.2.5.)

Entgegen der Auffassung der Beklagten war auch nicht damit zu rechnen, dass die vom III. Zivilsenat des BGH gestellten Anforderungen an die Individualisierung eines Güteantrages durch eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen gelockert werden könnten. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2019 darauf hingewiesen haben, dass auch der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Februar 2016 noch mit der Frage einer Verjährung durch Güteanträge befasst gewesen sei, benennen die Beklagten dieses Verfahren nicht konkret; der Senat konnte ein entsprechendes Verfahren auch nicht ermitteln. Tatsächlich hatte sich aber bereits der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 28.10.2015 - IV ZR 405/14, WM 2015, 2288 ff, Rz. 12 f.) ausdrücklich der Rechtsprechung des III. Zivilsenats zur ausreichenden Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs in Güteverfahren angeschlossen. Dass in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall gleichwohl die Voraussetzungen des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB als erfüllt angesehen worden waren, lag einzig daran, dass dem dortigen Güteantrag ein Anspruchsschreiben beigefügt war, aus dem sich der verfolgte Anspruch hinreichend individualisiert ergab. Darauf, dass im Februar 2016 ein weiteres Verfahren vor dem IV. Zivilsenat unter dem Aktenzeichen IV ZR 238/15 anhängig war, in dem es ebenfalls darauf ankam, ob der dort streitgegenständlichen Güteantrag verjährungshemmende Wirkung hatte, kommt es danach nicht an. Auch in diesem Verfahren hat sich der IV. Zivilsenat im Übrigen ausdrücklich der Rechtsprechung des III. Zivilsenats angeschlossen (vgl. Hinweisbeschluss v. 07.08.2016, juris Rz. 17, sowie Zurückweisungsbeschluss v. 07.12.2016, juris Rz. 4). Dass vor diesem Hintergrund Anlass für die Annahme bestand, dass der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs angerufen werden würde, erschließt sich nicht.

47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 lass="absatzRechts">62 63<td>

B

64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79</span>

class="absatzLinks">Im Regelfall entfaltet die Deckungszusage Schutzwirkung lediglich gegenüber dem Versicherungsnehmer, nicht aber gegenüber dessen Anwalt. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Oberlandesgerichts Koblenz (vgl. Urt. v. 16.02.2011 - 1 U 358/10, NJW-RR 2011, 761 Rn. 40 ff.) an, wonach dem Versicherungsnehmer mit der Regulierungszusage das Risiko, im Falle der Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung mit erheblichen Kosten belastet zu werden, abgenommen wird, der vom Versicherungsnehmer beauftragte Rechtsanwalt, der als Rechtskundiger den Zweck der Zusage erkennt, hieraus dagegen nichts zu seinen Gunsten herleiten kann. Mit dem Oberlandesgericht Koblenz ist der Senat der Auffassung, dass eine andere Betrachtungsweise zur Folge hätte, dass die Rechtschutzversicherung im Ergebnis auch eine Schadensversicherung zugunsten des vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts wäre, der im Fall seiner Pflichtverletzung des Mandatsvertrages nur teilweise, ggfs. überhaupt nicht mehr, für einen Schaden einzustehen hätte, was in der weiteren Konsequenz  zudem eine "Entlastung" des Anwalts von der bei der anwaltlichen Beratung zu beachtenden Sorgfaltspflichten bedeuten würde. Dies widerspricht nicht nur dem Berufsbild des Anwalts, sondern lässt sich auch mit dem dargelegten Zweck der Rechtsschutzversicherung nicht in Übereinstimmung bringen, nach dem die Versicherung allein den Schaden des Versicherungsnehmers übernehmen und nicht zugleich den Rechtsanwalt entlasten will. Soweit das Amtsgericht Köln (Urt. v. 04.06.2018 – 142 C 59/18;  Anlage B47 zur Berufungserwiderung vom 03.12.2018) annimmt, dass sich der Vertrauensschutz der Deckungszusage auch auf den Anwalt erstrecken kann, da anzunehmen sei, dass die Kommunikation in aller Regel zwischen Rechtsschutzversicherer und Anwalt erfolge und die Erteilung der Deckungszusage aufgrund einer anwaltlichen Stellungnahme deshalb einer Zustimmung des Mandanten zu einer Prozessführung gleichstehe, die Versicherung sich deshalb genauso wenig wie der Mandant nach erfolgter Aufklärung über die Erfolgsaussichten auf einen Anwaltsfehler berufen dürfe, folgt der Senat dem nicht. Bei der angenommenen Prämisse, wonach die Erteilung des Deckungsschutzes einer Zustimmung des Mandanten zu einer Prozessführung gleichstehe, verkennt das Amtsgericht Köln, dass zwischen dem  Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant einerseits und dem Verhältnis zwischen Mandant und Rechtsschutzversicherung zu unterscheiden ist. Auch wenn diese Unterschiede in der Praxis oft verwischt werden dürften, weil der Anwalt in aller Regel die Kommunikation mit dem Versicherer führt, ist der Rechtsschutzversicherer weder Erfüllungsgehilfe noch Vertreter des Mandanten gegenüber dem Anwalt. Schon deshalb verbietet es sich, dessen Deckungszusage mit dem Einverständnis des Mandanten mit dem Prozess gleich zu setzen. Hiervon abgesehen bezweckt die Deckungszusage keineswegs, dass der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers weiß, dass er für seine Leistung bezahlt wird (so auch OLG Düsseldorf, Urt.v.03.06.2013 - 9 U 147/12, NJW 2014, 399 ff. Rn. 26).

80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97

nks">Auch wegen einer etwaig schuldhaft unterbliebenen ausreichenden Beratung über die mit der Klageerhebung verbundenen Risiken steht den Versicherungsnehmern allerdings im Ergebnis kein Schadensersatzanspruch zu.

98 99 100 chts">101

ss="absatzLinks">(2.1)

102 103 104 105 106 107 108</span>

ss="absatzLinks">(2.2.2)

109 110 111
112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 s="absatzRechts">124

s="absatzLinks">Dass die Beklagte zu 1. eine Vielzahl von Mandanten akquiriert hat, begründet den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht. Dies war der Natur der Sache und dem Umstand geschuldet, dass die in den Vorprozessen verklagte Anlageberaterin ihrerseits eine Vielzahl von Anlegern angeworben hatte. Die von der Klägerin  zum Vergleich herangezogenen Abmahnfälle, in denen die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Antragsteller kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung hat und allein oder ganz überwiegend ein Gebührenerzielungsinteresse und/oder die Generierung von Ansprüchen auf Zahlung einer Vertragsstrafe im Vordergrund stehen, sind hiermit nicht vergleichbar. Vorliegend bestand auf Seiten der Anleger ein berechtigtes Interesse an der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Beteiligung an den L-Fonds, für deren Durchsetzung sie sich der Hilfe der Beklagten zu 1. bedienten. Dass es sodann zu einer massenhaften Inanspruchnahme der Anlageberaterin kam, war allein dem Umstand geschuldet, dass sich ab 1992 zahlreiche Anleger aufgrund des erfolgreichen Vertriebs durch den K für eine Beteiligung an den verschiedenen L-Fonds entschieden hatten. Dass die Beklagte zu 1. den Anlegern für die Wahrnehmung ihrer Interessen die hierfür übliche Vergütung berechnete, liegt in der Natur der Sache und ist nicht verwerflich. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit lässt sich hierauf nicht stützen.

125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen