Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 12 U 53/19

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 20.03.2019, Az. 2 O 306/18, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger - infolge Teilerledigung in der Hauptsache - Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 11.936,97 EUR für den Zeitraum zwischen dem 10.11.2015 und dem 09.12.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 490,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 29.12.2015 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 80 % und die Beklagte 20 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger streitet mit dem beklagten Versicherer über Ansprüche im Zusammenhang mit einer fondsgebundenen und einer Kapitallebensversicherung aufgrund folgenden Sachverhalts:
Versicherungsvertrag Nr. ...-03
Mit Versicherungsbeginn am 01.11.2003 schlossen der Kläger und ein von der Beklagten angeführtes Konsortium von Versicherern im Policenmodell die Kapitallebensversicherung Nr. ...-03 nach Maßgabe des Versicherungsscheins vom 09.10.2003, der mit den weiteren Vertragsunterlagen übersandt wurde und folgende Widerspruchsbelehrung in Fettdruck auf der vierten Seite über Datum und Unterschrift enthält:
„Nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz steht Ihnen ein 14-tägiges Widerspruchsrecht zu. Die Versicherung gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen der Versicherung in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung.“
Der Versicherungsschein enthält weiter folgende Information:
„Willenserklärungen werden von der X Lebensversicherung AG als vertragsführende Gesellschaft, auch im Namen der übrigen am Vertrag beteiligten Versicherer, abgegeben und entgegengenommen. Der gesamte Schriftverkehr wird daher ausschließlich mit der X Lebensversicherung AG geführt. Willenserklärungen sind nur und erst dann rechtswirksam, wenn sie der X Lebensversicherung AG schriftlich zugegangen sind.“
Das Policenbegleitschreiben vom 09.10.2003 enthält folgende Mitteilung:
„Darüber hinaus erhalten Sie die dem Vertrag zu Grunde liegenden Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen.“
Der Kläger widersprach dynamischen Beitragsanpassungen in den Jahren 2004, 2008 und 2009. Auf Wunsch des Klägers wurde im Jahr 2008 der Beitrag reduziert (vgl. Schreiben vom 25.04.2008 und Antwort der Beklagten vom 30.04.2008).
10 
Mit Schreiben vom 13.01.2011 kündigte der Kläger diesen Versicherungsvertrag. Mit Schreiben vom 16.02.2011 rechnete die Beklagte ab, bezifferte den Rückkaufswert mit 21.827,02 EUR und zahlte 20.982,26 EUR nach Abzug von Steuern aus.
11 
Mit Schreiben vom 14.10.2015 erklärte der Kläger den Widerruf, den die Beklagte als Widerspruch auslegte und mit Schreiben vom 09.11.2015 zurückwies.
12 
Versicherungsvertrag Nr. ...-04
13 
Mit Beginn am 01.03.2004 schlossen die Parteien im Policenmodell die fondsgebundene Lebensversicherung Nr. ...-04 nach Maßgabe des Versicherungsscheins vom 24.03.2004, der mit den weiteren Vertragsunterlagen übersandt wurde und folgende Widerspruchsbelehrung in Fettdruck auf der dritten und letzten Seite über Datum und Unterschrift enthält:
14 
„Nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz steht Ihnen ein 14-tägiges Widerspruchsrecht zu. Die Versicherung gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen der Versicherung in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung.“
15 
Mit Schreiben vom 28.10.2009 kündigte der Kläger den Versicherungsvertrag. Mit Schreiben vom 11.01.2010 rechnete die Beklagte zum 01.12.2009 ab und zahlte den Rückkaufswert von 3.372,89 EUR aus.
16 
Mit Schreiben vom 14.10.2015 erklärte der Kläger den Widerruf, den die Beklagte als Widerspruch auslegte und mit Schreiben vom 09.11.2015 zurückwies.
17 
Hinsichtlich beider Versicherungsverträge machte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 08.12.2015 weitere Ansprüche geltend und forderte die Beklagte zur Zahlung in Höhe von insgesamt 167.859 EUR zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 2.874,92 EUR mit Frist bis zum 18.12.2015 auf.
18 
Der Kläger hat vorgetragen:
19 
Der Widerspruch sei jeweils rechtzeitig, weil die Widerspruchsbelehrung hinsichtlich ihrer formalen Gestaltung nicht ordnungsgemäß sei und die Verbraucherinformation nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Der Rückgewähranspruch berechne sich wie folgt (Klageschrift, S. 46 sowie S. 33):
20 
- hinsichtlich des Vertrags Nr. ...-03 –
21 
Beiträge
29.384,00 EUR
./. Risikokosten
331,76 EUR
./. Auszahlung
21.827,02 EUR
Zwischensumme I
7.225,22 EUR
zzgl. Fondsgewinn
11.356,86 EUR
Zwischensumme II
18.582,08 EUR
zzgl. Nutzungen Risikobeitrag
800,24 EUR
zzgl. Nutzungen Abschlusskosten
12.224,48 EUR
zzg. Nutzungen Verwaltungskosten
18.018,25 EUR
gesamt:
49.625,05 EUR
22 
- hinsichtlich des Vertrags Nr. ...-04 –
23 
Beiträge
9.200,00 EUR
./. Risikokosten
353,36 EUR
./. Auszahlung
3.272,89 EUR
./. Fondsverlust
1.439,99 EUR
Zwischensumme
4.133,76 EUR
zzgl. Nutzungen Risikobeitrag
1.005,66 EUR
zzgl. Nutzungen Abschlusskosten
4.711,01 EUR
zzg. Nutzungen Verwaltungskosten
2.780,51 EUR
gesamt:
12.630,94 EUR
24 
Die Risikokosten seien nur in tatsächlicher Höhe anzusetzen und auf 70 % der kalkulatorischen Risikokosten zu schätzen. Zur Nutzung hätten die kalkulatorischen Verwaltungskosten, die bei der fondsgebundenen Lebensversicherung auf 6 %, bei der Kapitallebensversicherung auf 10 % der monatlichen Prämie zu schätzen seien, und die Differenz der kalkulatorischen zu den tatsächlichen Risiko- und Abschlusskosten zur Verfügung gestanden. Die tatsächlichen Abschlusskosten seien auf 80 % der kalkulatorischen Abschlusskosten zu schätzen, die mit 5 % der vertraglichen Gesamtbeiträge anzusetzen seien. Die Nutzungshöhe sei mit der bereinigten Eigenkapitalrendite (Betriebsergebnis + Finanzergebnis) nach Steuern in geschätzter Höhe von 30 % zu berechnen.
25 
Der Kläger hat beantragt:
26 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 12.630,94 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.11.2015 zu zahlen.
27 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 49.625,05 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.11.2015 zu zahlen.
28 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.449,36 Euro zzgl. Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2015 zu zahlen.
29 
Die Beklagte hat beantragt,
30 
die Klage abzuweisen.
31 
Sie hat die Ansicht vertreten, die Widersprüche seien verfristet. Im Übrigen sei das Widerspruchsrecht verwirkt. Der Kläger habe jeweils mehrmals der dynamischen Beitragserhöhung widersprochen und hinsichtlich des Vertrags Nr. ...-03 um eine Beitragsermäßigung nachgesucht, hinsichtlich des Vertrags Nr. ...-04 eine Beitragsfreistellung erreicht. Außerdem habe er fünf weitere Verträge abgeschlossen. Schließlich habe der Kläger nach Abrechnung des Vertrags Nr. ...-03 vier Jahre und nach Abrechnung des Vertrags Nr. ...-04 sieben Jahre mit dem Widerspruch gewartet.
32 
Mit Urteil vom 20.03.2019, auf dessen Feststellungen, soweit sie von den hier getroffenen nicht abweichen, Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat zur Begründung zusammengefasst ausgeführt: Hinsichtlich beider Verträge stehe dem Kläger ein Rückzahlungsanspruch nicht zu. Die Widersprüche seien jeweils verfristet, weil die Belehrung ordnungsgemäß und die Verbraucherinformation vollständig gewesen sei.
33 
Hiergegen hat der Kläger nach Zustellung des Urteils am 25.03.2019 mit Schriftsatz vom 09.04.2019, bei dem Oberlandesgericht eingegangen am 10.04.2019, Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 20.05.2019, eingegangen am selben Tag, begründet.
34 
Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags weiter:
35 
Der Kläger trägt vor: Das Landgericht sei der rechtlich fehlerhaften Auffassung, dass die Belehrung ordnungsgemäß sei und die Verbraucherinformationen umfassend mitgeteilt worden seien. Im Einzelnen:
36 
- Die Widerspruchsbelehrung sei nicht ausreichend drucktechnisch hervorgehoben.
37 
- Für den Versicherungsnehmer sei nicht mehr eindeutig, in welcher Form er den Widerspruch versenden könne, da die Widerspruchsbelehrung den Hinweis auf die Textform enthalte, die Beklagte aber in den Versicherungsbedingungen mitteile, dass Mitteilungen, die das Versicherungsverhältnis beträfen, stets schriftlich erfolgen müssten.
38 
- Die Verbraucherinformationen seien nicht vollständig mitgeteilt worden. Bereits eine fehlende Einzelinformation führe dazu, dass die Verbraucherinformationen gemäß § 10a VAG a.F. in ihrer Gesamtheit unvollständig seien.
39 
- Die Verbraucherinformationen seien nicht übersichtlich gegliedert und auch ansonsten nicht als Verbraucherinformationen erkennbar gewesen.
40 
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts entspreche es nicht der Gesetzeslage, dass Prämien nicht einzeln hätten ausgewiesen werden müssen.
41 
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien Ratenzahlungszuschläge Nebenkosten, über die gesondert zu informieren sei.
42 
- Es fehle die Angabe der Prämienhöhe.
43 
- Die Angabe der Antragsbindungsfrist sei auch in dem Policenmodell verpflichtend. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.07.2018, IV ZR 68/17. Der Einwand, dass bei dem Policenmodell diese Information nicht notwendig sei, greife nicht. Das Policenmodell sei europarechtswidrig. Sollte das Berufungsgericht zu dem Schluss kommen, dass eine Antragsbindungsfrist nicht genannt werden müsse, wäre es in jedem Fall zu einer Vorlage an den EuGH verpflichtet.
44 
- Die Beklagte habe nicht ausreichend zu den Berechnungsgrundsätzen und Maßstäben für die Überschussermittlung und -beteiligung mitgeteilt. Es sei auch mitzuteilen, dass der Überschuss in Notfällen zur Verlustabdeckung herangezogen werden könne.
45 
- Das erstinstanzliche Gericht habe nicht erkannt, dass auch bei Fondsversicherungen die Rückkaufswerte und das Ausmaß, in dem diese garantiert worden seien, mitzuteilen gewesen sei. Das OLG Stuttgart sei in seinem Urteil vom 27.12.2017 zu dem Schluss gekommen, dass andernfalls die Verbraucherinformationen dem Versicherungsnehmer zu keinem Zeitpunkt vollständig vorgelegen hätten und deshalb die Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt worden sei.
46 
Außerdem seien die Nutzungen aus den Kostenanteilen zu ersetzen.
47 
Der Kläger und Berufungskläger beantragt:
48 
1. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird unter Abänderung des am 20.03.2019 verkündeten Endurteils des Landgerichts Heidelberg - Az. 2 O 306/18 - verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger einen Betrag in Höhe von 12.630,94 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.11.2015 zu zahlen.
49 
2. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird unter Abänderung des am 20.03.2019 verkündeten Endurteils des Landgerichts Heidelberg - Az. 2 O 306/18 - verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger einen Betrag in Höhe von 49.625,05 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.11.2015 zu zahlen.
50 
3. Die Beklagte wird unter Abänderung des am 20.03.2019 verkündeten Endurteils des Landgerichts Heidelberg - Az. 2 O 306/18 - verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.449,36 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2015 zu zahlen.
51 
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
52 
die Berufung zurückzuweisen.
53 
Die Beklagte erwidert:
54 
Hinsichtlich des Vertrags ...-03 bestehe ein Widerspruchsrecht des Klägers. Es ergebe sich der folgende Rückabwicklungsbetrag:
55 
Beiträge
29.384,00 EUR
./. Risikokosten
137,46 EUR
Zzgl. Nutzungen aus Anlagebetrag
4.942,60 EUR
./. Auszahlung
22.252,17 EUR
gesamt:
11.936,97 EUR
56 
Im Übrigen verteidigt die Beklagte das erstinstanzliche Urteil.
57 
Nach Auszahlung des Betrags in Höhe von 11.936,97 EUR am 09.12.2019 an den Kläger haben die Parteien den Rechtsstreit in dieser Höhe im Berufungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 16.12.2019 und Schriftsatz der Beklagten vom 20.02.2020).
58 
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Darstellung im erstinstanzlichen Urteil, soweit der Senat keine abweichenden Feststellungen getroffen hat, und auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
II.
59 
Die zulässige Berufung des Klägers ist hinsichtlich des Versicherungsvertrags mit der Nr. ...-03 nach der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung der Parteien nur noch bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und der Zinsen teilweise begründet. Es bestand ein Rückabwicklungsanspruch des Klägers. Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde die Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. nicht in Gang gesetzt ist, weil der Kläger nicht ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt worden war.
60 
Hinsichtlich des Versicherungsvertrags mit der Nr.: ...-04 hat das Landgericht zu Recht bereicherungsrechtliche Ansprüche verneint.
61 
Versicherungsvertrag Nr.: ...-04
62 
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Versicherungsprämien und gezogenen Nutzungen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB zu. Die Prämienzahlungen erfolgten mit Rechtsgrund. Dieser lag in dem Lebensversicherungsvertrag.
63 
Über das im Policenmodell nach § 5a Absatz 1 Satz 1 VVG (in der bis zum 07.12.2004 geltenden Fassung [a. F.]) bestehende Widerspruchsrecht hat die Beklagte ordnungsgemäß belehrt, so dass der mit Schreiben des Klägers vom 14.10.2015 erklärte Widerspruch gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrags nicht fristgerecht war. Die 14-tägige Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F., beginnend mit dem Erhalt der Vertragsunterlagen, war zu diesem Zeitpunkt abgelaufen, wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt.
64 
Die im Versicherungsschein erteilte Widerspruchsbelehrung genügt den Anforderungen des § 5a VVG a.F.
65 
1. Formale Bedenken gegen die Belehrung bestehen nicht, insbesondere ist sie drucktechnisch deutlich hervorgehoben, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat (s.a. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2016 - 12 U 141/15 -, juris Rn. 42 ff. zu einer gleichlautenden und gleich gestalteten Widerspruchsbelehrung).
66 
Die Hervorhebung ergibt sich hier daraus, dass der gesamte Absatz, der die Belehrung enthält, als einziger in Fettdruck gehalten ist. Die Belehrung befindet sich zudem an exponierter Stelle, nämlich am Ende des Versicherungsscheins oberhalb der Zeile mit Datum und Unterschrift. Die Belehrung kann daher auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden, sie sticht geradezu ins Auge.
67 
2. In inhaltlicher Hinsicht ist die Widerspruchsbelehrung ebenfalls ausreichend.
68 
a) Soweit der Kläger meint, es sei nicht eindeutig, in welcher Form er den Widerspruch versenden müsse, weil die Widerspruchsbelehrung den Hinweis auf die Textform enthalte, während in den Versicherungsbedingungen geregelt sei, dass Mitteilungen, die das bestehende Versicherungsverhältnis beträfen, stets schriftlich erfolgen müssten und diese wirksam würden, sobald sie der Versicherung zugegangen seien (vgl. § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVB, Stand 01.02.2004), greift dieser Einwand nicht durch.
69 
aa) So ergibt sich aus dem Versicherungsschein für den Kläger unzweideutig, dass für die Erklärung des Widerspruchs eine Absendung in Textform genügt. Dass der Begriff der „Textform“ nicht erklärungsbedürftig ist, hat der BGH in Bezug auf eine Widerspruchsbelehrung in einem Versicherungsschein wiederholt entschieden (vgl. BGH, Beschluss, vom 30.07.2015 - IV ZR 63/13 -, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 10.06.2015 - IV ZR 105/13 -, juris Rn. 11). Weiter enthält die Belehrung den ausdrücklichen Hinweis, dass für die Erklärung des Widerspruchs dessen Absendung zur Fristwahrung genügt.
70 
bb) Dem stehen auch die Formulierungen in § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVB nicht entgegen.
71 
(1) Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der unzutreffende Hinweis in der Verbraucherinformation auf eine Widerspruchsfrist von 14 Tagen angesichts einer eindeutigen und richtigen Widerspruchsbelehrung im Begleitschreiben nicht geeignet ist, den Versicherungsnehmer von einem rechtzeitigen Widerspruch in der maßgeblichen Frist von 30 Tagen abzuhalten. Dies gelte umso mehr, als der Hinweis in der Verbraucherinformation im Unterschied zu der Belehrung im Begleitschreiben drucktechnisch nicht hervorgehoben sei (Beschluss vom 30.07.2015 - IV ZR 63/13 -, juris Rn. 12; ebenso in Bezug auf eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung bei einem Verbraucherdarlehensvertrag der XI. Zivilsenat des BGH, Urteil vom 10.10.2017 - XI ZR 443/16 -, juris Rn. 25). Wenn eine von mehreren Widerspruchsbelehrungen ordnungsgemäß ist, kommt es darauf an, ob der Versicherungsnehmer durch eine weitere - formal oder inhaltlich nicht ordnungsgemäße - Belehrung irregeführt oder von einem rechtzeitigen Widerspruch abgehalten werde (BGH, Urteil vom 16.12.2015 - IV ZR 71/14 -, juris Rn. 11).
72 
(2) Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Angabe in den Versicherungsbedingungen nicht geeignet war, die formal und inhaltlich zutreffende, drucktechnisch hervorgehobene Widerspruchsbelehrung zu entkräften.
73 
Gegen eine Irreführung des Versicherungsnehmers spricht bereits, dass - im Unterschied zu dem dem Urteil des BGH vom 30.07.2015 (IV ZR 63/13) zugrunde liegenden Sachverhalt - keine inhaltlich widersprechenden Informationen bzw. Belehrungen vorliegen, die sich konkret auf Form und/oder Frist der Widerspruchserklärung beziehen. Vielmehr betrifft § 14 Abs. 1 Satz 1 allgemein die Mitteilungen hinsichtlich des bestehenden Vertragsverhältnisses. Somit ergibt sich für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer für den Fall der Ausübung des Widerspruchs die speziellere Regelung aus der Widerspruchsbelehrung in dem Versicherungsschein. Damit kann in der vorliegenden Konstellation erst recht nicht von einer Irreführung ausgegangen werden (so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.08.2019 - 9 U 6/19 -, unter 2.b)bb, n.v. und OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.08.2019 - 9 U 137/18 -, 2.b)bb), n.v.).
74 
cc) Soweit der Kläger auf Rn. 51 der Schlussanträge der Generalanwältin vom 11.07.2019 in den verbundenen Rechtssachen C-355/18 bis C-357/18 und 479/18 verweist, wonach, soweit die einzuhaltende Form zur Abgabe einer Rücktrittserklärung nicht gesetzlich bestimmt werde, deren Bestimmung durch eine genaue Angabe in der vorvertraglichen Information zum Rücktrittsrecht zu erfolgen habe, ändert dies an der Bewertung nichts. Im Unterschied zu der für das dortige Ausgangsverfahren geltenden Fassung des § 165a Abs. 1 Satz 1 des österreichischen Versicherungsvertragsgesetzes, der eine bestimmte Form der Ausübung eines Rücktrittsrechts des Versicherungsnehmers nicht vorsah, regelte 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. das Textformerfordernis der Widerspruchserklärung.
75 
3. Der Beginn der Widerspruchsfrist setzt nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. i.V.m. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. neben einer ordnungsgemäßen Belehrung die Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen voraus.
76 
Diese Anforderungen sind vorliegend gewahrt.
77 
a) Soweit der Kläger vorträgt, dass die gesetzlich vorgesehenen Verbraucherinformationen nicht vollständig mitgeteilt worden seien, genügt dieses Vorbringen bereits den Anforderungen an eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO nicht. Aus dem pauschalen Vorbringen des Klägers ist nicht zu entnehmen, um welche Verbraucherinformation(en) es sich konkret handeln soll. Weder der Beklagten noch dem Senat ist eine Überprüfung dieses Berufungsangriffs möglich.
78 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von dem Kläger in der Berufungsbegründung zitierten Urteil des OLG Stuttgart (vom 21.12.2017 - 7 U 80/17 -, juris). In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte der dortige Kläger beanstandet, dass die Verbraucherinformationen nicht vollständig gewesen seien, weil sie keine Angabe enthalten hätten, in welchem Umfang die Rückkaufwerte und beitragsfreien Versicherungssummen garantiert seien und darüber hinaus die Angabe der für die Überschussermittlung geltenden Berechnungsgrundsätze nicht den gesetzlichen Vorgaben genüge (vgl. OLG Stuttgart a.a.O. Rn. 11 und 27). Derart konkreter Sachvortrag mit Bezug zu einzelnen gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherinformationen fehlt in dem klägerischen Vorbringen in erster und zweiter Instanz an diesem Punkt.
79 
b) Entgegen der Auffassung des Klägers entspricht die Verbraucherinformation den Anforderungen des § 10a Abs. 2 Satz 2 VAG in der bis zum 07.12.2004 gültigen Fassung (a.F.). Sie ist übersichtlich gegliedert und auch als solche erkennbar.
80 
aa) Nach § 10a Abs. 2 Satz VAG a.F. muss die Verbraucherinformation schriftlich erfolgen, eindeutig formuliert, übersichtlich gegliedert und verständlich in deutscher Sprache oder der Muttersprache des Versicherungsnehmers abgefasst sein. Eine Pflicht, die Verbraucherinformation mit dieser Bezeichnung zu überschreiben oder in einer gesonderten Urkunde oder einem zusammenhängenden Text niederzulegen, besteht nicht (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2016 - IV ZR 541/15 -, juris Rn. 11; BGH, Beschluss vom 21.07.2016 - IV ZR 17/16 -, juris Rn. 9). Entscheidend ist, dass der Versicherungsnehmer erkennen kann, welches die Verbraucherinformation ist (BGH, Beschluss vom 21.07.2016 - IV ZR 17/16 -, juris Rn. 9). Es unterliegt der Gestaltungsfreiheit des Versicherers, ob er die notwendigen Informationen in einer gesonderten Verbraucherinformation oder an anderer Stelle erteilt (OLG Köln, Urteil vom 27.11.2015 - I-20 U 143/15 -, juris Rn. 23; bestätigt durch BGH, Urteil vom 13.07.2016 - IV ZR 541/15 -, juris), solange die Darstellung klar und übersichtlich ist (Senat, Urteil vom 01.12.2017 - 12 U 128/17 -, n.v.).
81 
bb) Diesen Anforderungen genügen die vorliegenden Verbraucherinformationen.
82 
Die für den Vertrag maßgeblichen Allgemeinen Verbraucherinformationen (Stand 01.02.2004) und die Verbraucherinformationen zur Überschussermittlung und -beteiligung (Stand 01.02.2004) sind unter der Überschrift „Vertragsgrundlagen“ in dem Versicherungsschein unmittelbar oberhalb der Widerspruchsbelehrung aufgeführt. Auf die Übersendung der Verbraucherinformationen wurde der Kläger auch in dem Begleitschreiben vom 24.03.2004 aufmerksam gemacht.
83 
Beide Verbraucherinformationen (im Anlagenkonvolut B 7) sind als solche in der Kopfzeile in Fettdruck bezeichnet. Der klägerische Vortrag, in den „ganzen Unterlagen [seien] offensichtlich keine einzigen Informationen als Verbraucherinformationen markiert oder erkennbar“ (S. 5 der Berufungsbegründung), ist vor diesem Hintergrund nicht verständlich. Es handelt sich jeweils um zusammenhängende Dokumente, die durch in Fettdruck hervorgehobene Überschriften in einzelne Informationen übersichtlich gegliedert sind. Bei den Allgemeinen Verbraucherinformationen orientiert sich die Aufstellung an der in Anlage D Abschnitt I Nr. 1 zu § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F..
84 
Soweit der Kläger meint, die Rechtsprechung des BGH in dessen Urteil vom 13.07.2016 - IV ZR 541/15 - missachte in eklatanter Weise die gesetzlichen Vorgaben, ist dem nicht zu folgen. In dem Urteil (a.a.O. Rn. 11) erläutert der BGH die sich aus § 10a Abs. 2 Satz 2 VAG a.F. ergebenden Anforderungen an eine übersichtliche Gliederung, ohne sich zu Wortlaut oder Sinn und Zweck der Regelung in Widerspruch zu setzen. Entgegen der wohl dahingehenden Annahme des Klägers sieht § 10a VAG eine Information des Versicherungsnehmers, „an welcher Stelle“ ihm welche Verbraucherinformation mitgeteilt wird, nicht vor. Nach dem Wortlaut des § 10a Abs. 2 Satz 2 VAG a.F. muss eine Verbraucherinformation lediglich „eindeutig formuliert“ sein, so dass es genügt, wenn sie – wie in dem vorliegenden Fall – als solche erkennbar ist.
85 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger zitierten Fundstelle in BT-Drs. 12/6959, S. 55f zur Gesetzesbegründung des § 10a VAG a.F.. In dieser Passage weist der Gesetzgeber lediglich daraufhin, dass zur notwendigen Unterrichtung des Versicherungsnehmers auch eine klare Gestaltung der Antragsvordrucke gehöre. Für die streitgegenständliche Frage der Gliederung der Verbraucherinformationen lässt sich daraus nichts herleiten, zumal nach den obigen Ausführungen auch insoweit die notwendige Klarheit gewahrt wurde.
86 
cc) Die Angaben der Beklagten zur Prämienhöhe im Versicherungsschein entsprechen den Vorgaben der Anlage D, Abschnitt I. Nr. 1 e) zu § 10a Abs. 1 VAG a. F..
87 
(1) Die zu zahlende Prämie ist unter der durch Fettdruck hervorgehobenen Textzeile „Monatlicher Beitrag“ auf der ersten Seite des Versicherungsscheins mit 50,00 EUR ab dem 01.03.2004 und 250,00 EUR ab dem 01.03.2006 beziffert.
88 
(2) Die Beklagte war nicht verpflichtet, die für die angebotene Lebensversicherung zu zahlende Prämie in einen Anteil „Todesfallversicherung“ und „Erlebensfallversicherung“ aufzuspalten. Bei einer kapitalbildenden Lebensversicherung handelt es sich um ein einheitliches Produkt, das typischerweise Regelungen für den Todesfall - daher Lebensversicherung - und den Erlebensfall enthält. Gemäß Anlage D Abschnitt I Nr. 1 e) zum VAG müssen die Prämien einzeln ausgewiesen werden, wenn das Versicherungsverhältnis mehrere selbständige Versicherungsverträge umfassen soll. Ein Einzelausweis von Prämien kommt daher in Betracht, wenn ein einheitlicher Versicherungsvertrag mehrere Risiken versichert und die Versicherung dieser Risiken auch als eigenständige Versicherungsprodukte angeboten werden (Prölss, in ders./Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 5a, Rn. 32). Spaltet man - wie in dem vorliegenden Fall - das am Versicherungsmarkt etablierte Produkt einer kapitalbildenden Lebensversicherung in einen Kapitalanlageteil und einen Risikolebensversicherungsanteil auf, so handelt es sich bei dem Kapitalanlageteil um keinen „selbständigen Versicherungsvertrag“ mehr (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2018 - 12 U 40/18 -, S. 2f. n.v.). Ein Lebensversicherungsvertrag, der - wie hier - eine Absicherung sowohl für den Erlebensfall als auch für den Todesfall enthält, ist ein einheitlicher Versicherungsvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2019 - IV ZR 8/19 -, juris Rn. 26).
89 
dd) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, etwa erhobene Ratenzahlungszuschläge bei der hier ausweislich des Versicherungsscheins vereinbarten monatlichen Beitragsleistung gesondert auszuweisen.
90 
In die Prämie einkalkulierte Ratenzahlungszuschläge sind keine Nebenkosten i. S. d. Anlage D, Abschnitt I. Nr.1e) zum VAG a. F. Als Nebengebühren und -kosten im Sinne von Anlage D Abschnitt I Nr. 1e) zum VAG a. F. sind nur zusätzlich zur Prämie anfallende Beträge anzusehen, nicht aber die einzelnen kalkulatorischen Bestandteile der Prämie.
91 
Vorliegend waren die Ratenzahlungszuschläge bereits Bestandteil der vom Versicherer kalkulierten Prämie bzw. des kalkulierten Beitrags, wie er im Versicherungsschein ausgewiesen ist, und demzufolge keine Nebengebühren und -kosten. Als Bestandteil der Prämie bzw. des Beitrags hat die Beklagte hierüber aber ordnungsgemäß informiert (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2018 - 12 U 40/18 -, S. 3, n.v.; OLG Köln, Beschluss vom 06.09.2018 - 20 U 83/18 -, juris Rn. 7).
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Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf ein Urteil des OLG Stuttgart vom 10.04.2014 (7 U 199/13, juris) Bezug nimmt, ist der aus Rn. 52 zitierten Passage nicht zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht von der Erforderlichkeit der Ausweisung von Ratenzahlungszuschlägen ausgeht.
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ee) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Angabe einer Antragsbindungsfrist nicht erforderlich ist.
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Eine Information über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt I Nr. 1f) der Anlage Teil D zum VAG a.F.), war bei einem Vertragsschluss nach dem Policenmodell - anders als beim Antragsmodell (vgl. dazu BGH, Urteil 18.08.2018 - IV ZR 68/17 -, juris Rn. 17 ff.) - nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2019 - IV ZR 8/19 -, juris Rn. 27). Wenn der Versicherer mit Übersendung des Versicherungsscheins den Antrag des Versicherungsnehmers auf Abschluss des Vertrages rechtzeitig gemäß § 147 BGB angenommen hatte und der Vertrag - schwebend unwirksam - zustande gekommen war, konnte der Versicherungsnehmer bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen, so dass sich die Frage der Bindung an seinen Antrag nicht mehr stellte. Hatte der Versicherer hingegen den Antrag des Versicherungsnehmers nicht rechtzeitig angenommen, war der Antrag nicht mehr bindend und die verspätete Annahme durch den Versicherer galt gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag, den der Versicherungsnehmer annehmen konnte oder auch nicht. Auch in diesem Fall wäre eine Belehrung über die - bereits abgelaufene - Antragsbindungsfrist sinnlos gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2019 - IV ZR 8/19 -, juris Rn. 27).
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ff) Die Angaben über die Berechnungsrundsätze der Überschussermittlung und -beteiligung entsprechen auch den Anforderungen der Anlage D, Abschnitt I, Nr. 2a) zu § 10 VAG a.F.
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Auf S. 2 unten des Versicherungsscheins wird auf die gesonderten „Verbraucherinformationen zur Überschussermittlung und -beteiligung“ hingewiesen. In diesen Verbraucherinformationen wird im Einzelnen dargestellt, wie die Überschüsse entstehen, wie die Überschüsse ermittelt und festgestellt werden und wie die Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmer erfolgt. Hinsichtlich der Regeln und Bemessungsgrundlagen für die Überschussbeteiligung und der angewendeten Sterbetafel verweisen diese Verbraucherinformationen unter der fettgedruckten Überschrift „Versicherungsmathematische Hinweise“ auf § 2 Abs. 2 AVB. Dort werden die Grundlagen der Berechnung des Risikoüberschussanteils und des Kostenüberschussanteils dargestellt. Schließlich enthalten diese Verbraucherinformationen in dem Abschnitt „Wie erfolgt die Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmer?“ den Hinweis, dass ausnahmsweise Rückstellungen im Interesse der Versicherungsnehmer nach Zustimmung der Aufsichtsbehörde auch zur Abwendung eines Notstandes wie der Verlustabdeckung herangezogen werden können. Damit liegt in Bezug auf die Überschussbeteiligung und Überschussermittlung keine Informationslücke vor (s.a. OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.06.2019 - 12 U 134/17 -, juris Rn. 75).
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Die Regelung zur Überschussbeteiligung verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot.
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Ohnehin würde ein Transparenzmangel in einer Verbraucherinformation kein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. begründen (BGH, Urteil vom 11.12.2019 - IV ZR 8/19 -, juris Rn. 25; st.Rsp.). Ein solcher liegt aber auch nicht vor.
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Der Vorbehalt anderweitiger Verwendung von Überschüssen ist auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in den wirtschaftlichen Folgen verständlich. Soweit die Beklagte die sich aus § 81c VAG und der Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (vom 23.7.1996 - BGBl. I S. 1190) ergebenden Regelungen nicht weiter erläutert, liegt darin keine unangemessene Benachteiligung. Das Transparenzgebot verlangt eine dem Versicherungsnehmer verständliche Darstellung nur soweit, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Die Regelungen des § 81c VAG und der dazu ergangenen Rechtsverordnung sind indessen so komplex und kompliziert, dass sie einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht weiter erklärt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2001 - IV ZR 121/00 -, juris Rn. 59). Vorliegend ist den o.g. Verbraucherinformationen in dem Abschnitt „Wie erfolgt die Überschussbeteiligung der Versicherung?“ zu entnehmen, dass der jährliche Überschuss grundsätzlich der Rückstellung für die Beitragsrückerstattung zugewiesen wird und dass die Rückstellung grundsätzlich nur für die Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmer verwendet werden darf. Insoweit ist die Bezugnahme auf die Rechtsverordnung ebenso wie der Verweis auf die Vorschriften des HGB zur Überschussermittlung in dem Abschnitt „Wie werden die Überschüsse ermittelt und festgestellt?“ in den „Verbraucherinformationen zur Überschussermittlung und -beteiligung“ ausreichend (s.a. OLG Stuttgart, Urteil vom 13.12.2018 - 7 U 79/18 -, juris Rn. 55).
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gg) Die Verbraucherinformationen sind auch nicht deshalb unvollständig, weil unter Verstoß gegen Anlage D Abschnitt I Nr. 2 b) und d) zu § 10 a.F. VAG eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte garantiert werden.
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Angaben über das Ausmaß, in dem Leistungen - insbesondere der Rückkaufswert - garantiert sind, waren hier nicht erforderlich. Bei einer fondsgebundenen Versicherung gibt es keine garantierten Rückkaufswerte, so dass diesbezügliche Angaben nicht möglich sind. Die Beifügung einer Rückkaufswerttabelle ist entbehrlich (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.08.2017 - 12 U 97/17 -, juris Rn. 60; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2016 - 12 U 141/15 -, juris Rn. 56; s.a. BGH, Beschluss vom 21.11.2007 - IV ZR 321/05 -, juris Rn. 5).
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Dementsprechend weist die Beklagte unter Nr. 9 der Allgemeinen Verbraucherinformationen darauf hin, dass die Höhe der Rückkaufswerte im Voraus nicht bestimmt werden kann, da der Rückkaufswert vom Anteilsguthaben abhängt. Rückkaufswerte in bestimmt Höhe hat sie nicht zugesagt. Sie hat in § 1 Abs. 4 AVB zudem ausdrücklich festgehalten, dass die Leistung außer im Todesfall nicht garantiert werden kann, weil die Entwicklung der Werte der Anlagestöcke nicht vorauszusehen ist. Dem Versicherungsnehmer wird mitgeteilt, dass er die Chance hat, bei Kurssteigerung der Wertpapiere der Anlagestöcke einen Wertzuwachs zu erzielen, bei Kursrückgang aber auch das Risiko der Wertminderung trägt.
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Im Übrigen verpflichtet Anlage D Abschnitt I Nr. 2b) und d) zu § 10a Abs. 1 VAG den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den abgeschlossenen Vertrag an einer Garantie von Rückkaufswerten fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2019 - IV ZR 8/19 -, juris Rn. 16).
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4. Die Widerspruchsfrist begann mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 24.03.2004, so dass sie zu dem Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs abgelaufen war.
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c) Die Frage, ob das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union unvereinbar ist, ist hier nicht entscheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells ist es dem Kläger nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausführung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13 -, juris Rn. 32 ff.; BGH, Urteil vom 11.12.2019 - IV ZR 8/19 -, juris Rn. 28; st.Rsp.).
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Der Kläger verhielt sich objektiv widersprüchlich.
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Er wurde im Jahr 2004 ordnungsgemäß über die Widerspruchsfrist belehrt und zahlte rund fünfeinhalb lang seine Prämien, kündigte den Vertrag im Oktober 2009 und erklärte erst knapp sechs Jahre später in dem Schreiben vom 14.10.2015, dass er dem Versicherungsvertrag widerspreche. Die jahrelangen Prämienzahlungen haben für die Kläger erkennbar bei dem Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet (ähnlich BGH, Urteil vom 11.12.2019 - IV ZR 8/19 -, juris Rn. 28).
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Versicherungsschein Nr. ...-03
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Im Hinblick auf diesen Versicherungsvertrag stand dem Kläger gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in Höhe von 11.936,97 EUR nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 490,99 EUR jeweils nebst Zinsen zu.
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1. Die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, 818 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB sind, wie zwischen den Parteien inzwischen außer Streit steht, dem Grunde nach gegeben. Dieser zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs des Klägers nicht wirksam zustande gekommen.
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a) Der Widerspruch des Klägers erfolgte rechtzeitig.
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Die Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. wurde nicht in Gang gesetzt, weil der Kläger nicht ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt wurde. Die im Versicherungsschein enthaltene Belehrung entspricht nicht den an sie zu stellenden Anforderungen, weil es dem Hinweis auf die erforderliche Form des Widerspruchs an der gebotenen Klarheit fehlt.
113 
Zwar enthält die in Rede stehende Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein einen unmissverständlichen Hinweis auf die Textform, der isoliert betrachtet ausreichend wäre. In Zusammenschau mit den Regelungen zur Entgegennahme von Willenserklärungen für die beteiligten Versicherer im Versicherungsschein fehlt ihm indes die notwendige Eindeutigkeit. Denn dort wird darauf hingewiesen, dass Willenserklärungen gegenüber der Beklagten als Konsortialführerin nur wirksam sind, wenn sie der Schriftform entsprechen.
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Im Streitfall sollte der Vertrag mit einer Mehrheit von Versicherern geschlossen werden. Dementsprechend stellte sich für den Versicherungsnehmer im Falle der Abstandnahme vom Vertragsschluss die Frage, an wen er seinen Widerspruch zu richten hatte. Ohne dass es darauf ankäme, ob die Belehrung insofern ausnahmsweise einen - regelmäßig entbehrlichen (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2015 - IV ZR 388/13, r+s 2015 Rn. 11) - Hinweis auf den richtigen Adressaten der Widerspruchserklärung hätte enthalten müssen, stieß der Versicherungsnehmer bei seiner Suche nach dem richtigen Erklärungsempfänger bereits im Versicherungsschein selbst auf den Hinweis, dass er Willenserklärungen allein an die Beklagte richten könne, dann aber Schriftlichkeit zu wahren sei. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer war danach nicht eindeutig, ob bei einem nur an die Beklagte gesandten Widerspruch die Textform genügte oder aber die Schriftform zu wahren war. Diese Unklarheit konnte er weder durch Überlegungen zum Vorrang der spezielleren vor der generellen Regelung noch zur räumlichen Anordnung der Textteile ausräumen, zumal sich der Hinweis zur Schriftlichkeit gerade bei den Erläuterungen zu den Mitversicherern und dem insoweit vorgesehenen Kommunikationsweg findet.
115 
b) Das Widerspruchsrecht bestand nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung am 14.10.2015 fort, wie die richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014 - IV ZR 76/11 -, juris Rn. 17 ff.; OLG Karlsruhe a.a.O. Rn. 31).
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c) Es liegt auch keine Verwirkung des Widerspruchsrechts vor.
117 
Die klägerseits beantragte Beitragsreduktion und die Widersprüche hinsichtlich Dynamikanpassungen sind Teil einer normalen Vertragsdurchführung, die auch unter Berücksichtigung des langen Zeitraums zwischen dem Vertragsschluss und der Erklärung des Widerspruchs keine gravierenden Umstände im Sinne der Rechtsprechung darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16). Auch der Zeitablauf von über viereinhalb Jahren zwischen der Kündigung des Vertrags im Januar 2011 und der Erklärung des Widerspruchs im Oktober 2015 konnte bei der Beklagten kein Vertrauen dahingehend begründen, der Kläger werde keine weiteren Ansprüche nach Beendigung des Versicherungsvertrags mehr geltend machen.
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2. Der Kläger konnte indes nur Zahlung in Höhe von 11.936,97 EUR verlangen.
119 
a) Die Beklagte schuldet aufgrund des wirksamen Widerspruchs die Rückerstattung der von dem Beklagten gezahlten Versicherungsprämien. Diese belaufen sich in der Summe unstreitig auf 29.384,00 EUR.
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b) Einen Abzug für Verwaltungs- und Abschlusskosten hat die Beklagte entsprechend der ständigen Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des BGH nicht vorgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2019 - IV ZR 324/16 -, juris Rn. 21 m.w.N.).
121 
c) Für den Wert des genossenen Risikoschutzes ist ein Betrag in Höhe von 137,46 EUR in Abzug zu bringen.
122 
aa) Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten. Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014 - IV ZR 76/11 -, juris Rn. 45).
123 
Entscheidend ist insoweit der objektive Verkehrswert des Versicherungsschutzes, der auf Grundlage der Versicherungsprämie, die wiederum auf der Kalkulation des Versicherers beruht, geschätzt werden kann (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2019 – 12 U 78/18 –, juris Rn. 47; BGH, Urteile vom 29.07.2015 - IV ZR 384/14 -, juris Rn. 36 f. und - IV ZR 448/14 -, juris Rn. 35).
124 
bb) Nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Beklagten wurden zur Absicherung der Mindesttodesfallsumme vorliegend Risikokosten in Höhe von 137,46 EUR erhoben.
125 
d) Anspruchserhöhend ist zu berücksichtigen, dass sich der Herausgabeanspruch des Klägers gemäß § 818 Abs. 1 BGB auch auf Nutzungen erstreckt, die von der Beklagten gezogen wurden.
126 
aa) Die Nutzungen aus dem Sparanteil der Prämien stehen dem Versicherungsnehmer zu und werden als Differenz zwischen dem Fondsguthaben und dem Sparanteil berechnet (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O. Rn. 51; s.a. BGH, Urteil vom 13.11.2019 – IV ZR 324/16 –, juris Rn. 18). Die Darlegungs- und Beweislast für die Ziehung von Nutzungen trägt der Versicherungsnehmer, der seinen Tatsachenvortrag nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf die tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe stützen kann (BGH, Urteil vom 11.11.2015 - IV ZR 513/14 -, juris Rn. 48; OLG Karlsruhe a.a.O. Rn. 60).
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bb) Nach dem unstreitigen Vorbringen der Beklagten wurde ein kostenbereinigter Anlagebetrag in Höhe von 25.307,00 EUR investiert (vgl. die Beitragszerlegung in Anl. BB 3). Das Fondsguthaben betrug nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten 30.249,60 EUR. Herauszugeben sind die demnach gezogenen Nutzungen in Höhe von 4.942,60 EUR.
128 
Dass die Beklagte aus dem Sparanteil höhere Nutzungen gezogen hat, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan.
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e) Ein darüber hinausgehender Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Herausgabe von weiteren Nutzungen außerhalb des Sparanteils kann nicht zuerkannt werden.
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aa) Der zur Bestreitung von Verwaltungskosten aufgewandte Prämienanteil kann zur Berechnung von Nutzungszinsen herangezogen werden, weil der Versicherer auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel ersparte, die er zur Ziehung von Nutzungen verwenden konnte (BGH, Urteil vom 26.09.2018 - IV ZR 304/15 -, juris Rn. 31; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.09.2019 - 12 U 78/18 -, juris Rn. 55).
131 
Hinsichtlich des Verwaltungskostenanteils der Prämien kann nicht vermutet werden, dass der Versicherer Nutzungszinsen in bestimmter Höhe erzielt hat (BGH, Urteil vom 01.06.2016 - IV ZR 343/15 -, juris Rn. 30; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.06.2019 - 12 U 134/17 -, juris Rn. 109). Insoweit liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Versicherungsnehmer, dem ein entsprechender Tatsachenvortrag obliegt, welcher nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe gestützt werden kann (BGH, Urteil vom 17.05.2017 - IV ZR 403/15 -, juris Rn. 15; OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2019 - 12 U 78/18 -, juris Rn. 60; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.06.2019 - 12 U 134/17 -, juris Rn. 109).
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Hieran gemessen kann der Kläger keine Nutzungen beanspruchen. In erster Instanz hat er die Nutzungen aus dem reinen Verwaltungskostenanteil anhand der Eigenkapitalrendite berechnet (vgl. S. 43 bis 46 der Klageschrift). Nach Hinweisen des Senats mit Verfügungen vom 26.08.2019 und vom 17.12.2019, dass die Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil anhand der Nettoverzinsung zu berechnen seien, hat der Kläger hierzu nicht weiter vorgetragen. Soweit er in dem Schriftsatz vom 13.02.2020 auf das Urteil des BGH vom 24.02.2016 (IV zr 512/14) verweist, ergibt sich daraus aus den unter II.2.d)bb) genannten Gründen keine abweichende Beurteilung.
133 
Die Höhe der gezogenen Nutzungen aus dem Kostenanteil kann auch nicht anhand der klägerseits behaupteten Eigenkapitalrendite geschätzt werden. Diese rein betriebswissenschaftliche Kennzahl ist für die Schätzung gezogener Nutzungen nicht aussagekräftig (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O. Rn. 61 f.; s.a. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12.10.2018 - 11 U 36/18 -, juris Rn. 23; OLG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017 - 7 U 80/17 -, juris Rn. 94). Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 24.02.2016 - IV ZR 512/14 -, juris, Rn. 27) hat hierüber keine Aussage getroffen, sondern lediglich die Bezugnahme der Nettoverzinsung durch den Versicherungsnehmer für die Erfüllung der Darlegungslast nicht ausreichen lassen.
134 
bb) Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte Prämienanteile, die sie für Abschlusskosten aufwandte, zur Kapitalanlage nutzen konnte (s.a. BGH, Urteil vom 11.11.2015 - IV ZR 513/14 -, juris Rn. 45; OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2019 - 12 U 78/18 -, juris Rn. Rn. 54). Der Vortrag der Beklagten in zweiter Instanz im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast, ihr hätten diese Beitragsbestandteile nicht zur Verfügung gestanden, weil sie vollständig an den Versicherungsvermittler ausgezahlt worden seien (vgl. S. 7 des Schriftsatzes vom 15.11.2019 = AS II 83), blieb unstreitig.
135 
cc) Nutzungen aus dem Risikokostenanteil der Prämien sind nicht anzusetzen. Solche macht der Kläger zu Recht auch nicht geltend (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.2015 - IV ZR 513/14 -, juris Rn. 42; OLG Karlsruhe a.a.O. Rn. 74).
136 
f) Hieraus ergab sich unter Berücksichtigung der unstreitig gebliebenen Auszahlung in Höhe von 22.252,17 EUR noch der folgende Zahlungsanspruch des Klägers, welchen die Beklagte mit der im Verlauf der Berufungsinstanz erfolgten Zahlung erfüllt hat:
137 
Beiträge
29.384,00 EUR
abzgl. Risikokosten
137,46 EUR
zzgl. Nutzungen aus Anlagebetrag
4.942,60 EUR
abzgl. Auszahlung
22.252,17 EUR
gesamt:
11.936,97 EUR
138 
5. Die Beklagte schuldet Verzugszinsen aus dem zurückerstatteten Betrag in Höhe von 11.936,97 EUR seit dem 10.11.2015 bis zur Zahlung am 09.12.2019. Die Beklagte geriet mit der Zahlung der gezogenen Nutzungen ab dem 10.11.2015 in Verzug, nachdem sie mit Schreiben vom 09.11.2015 endgültig und ernsthaft die Erbringung weiterer Leistungen abgelehnt hatte (vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
139 
6. Der Kläger hat gegen die Beklagte außerdem einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gemäß § 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3 BGB in Höhe von 490,99 EUR.
140 
Die Beklagte befand sich mit der Erbringung der fälligen Geldleistung (vgl. § 14 Abs. 1 VVG) nach ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Erbringung der Versicherungsleistung mit Schreiben vom 09.11.2015 in Verzug, als der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 08.12.2015 erstmals tätig wurde und die Beklagte unter Fristsetzung zur Zahlung eines Betrags in Höhe von insgesamt 167.859,00 EUR aufforderte. Die klageweise geltend gemachte 0,65-fache Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 der Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG aus einem berechtigten Gegenstandswert von bis zu 13.000,00 EUR beläuft sich auf 392,60 EUR (vgl. Anl. 2 zu § 13 Abs. 1 RVG). Zuzüglich einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR (vgl. Nr. 7001, 7002 der Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) und Umsatzsteuer in Höhe von 19% vgl. Nr. 7008 der Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) ergibt sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 490,99 EUR.
141 
7. Die Zinsentscheidung beruht hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die Beklagte lehnte ernsthaft und endgültig mit Schreiben vom 28.12.2015 die Erstattung entstandener Anwaltskosten ab, weshalb sie sich insoweit entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 29.12.2015 in Verzug befand.
III.
142 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
143 
Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, entsprach es der Billigkeit im Sinne des § 91a ZPO, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da sie insoweit im Falle einer streitigen Entscheidung aus den unter II.2. ausgeführten Gründen unterlegen wäre.
144 
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
145 
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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