Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (4. Senat für Familiensachen) - 7 UF 383/14
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Firma ...[A] GmbH wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Idar-Oberstein vom 09.04.2014 teilweise abgeändert.
Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich in dem Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Idar-Oberstein vom 17.11.1999 - 8 F 86/98 - wird mit Wirkung vom 01.02.2013 wie folgt geändert:
Ein Ausgleich des Anrechts der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund - Versicherungskonto Nummer 56 … G 502 - findet nicht statt.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund - Versicherungskonto Nummer 56 … B 000 - zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 23,8238 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto Nummer 56 … G 502 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 30.04.1998, übertragen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Firma ...[A] GmbH - Mitgliedsnummer 2…0 - zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 25.754 €, bezogen auf den 30.11.2014, auf einem für sie zu errichtenden Versicherungskonto bei der Versorgungsausgleichskasse begründet. Die Firma ...[A] GmbH wird verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5,04 % p.a. ab dem 30.11.2013 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an die Versorgungsausgleichskasse zu zahlen.
2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Bezüglich der Kosten der 1. Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Idar-Oberstein vom 17.11.1999 - 8 F 86/98 - ist die Ehe der Beteiligten geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt worden.
- 2
Mit am 07.01.2013 eingegangenem Schreiben begehrt die Antragstellerin gemäß § 51 Vers- AusglG die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich.
- 3
Am 01.12.2013 ist der Antragsgegner verstorben. Sämtliche in Betracht kommende Erben haben die Erbschaft wegen Überschuldung ausgeschlagen (vgl. Schreiben der Nachlassabteilung des Amtsgerichts Idar-Oberstein zu 6 VI 743/13, Bl. 87 GA). Die angeordnete Nachlasspflegschaft wurde mit Beschluss vom 26.06.2014 aufgehoben. Die Feststellung des Fiskus als Erben erfolgte nicht, da keine Nachlassmasse vorhanden war (vgl. Schreiben Bl. 88 GA).
- 4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht nach Einholung neuer Auskünfte der betroffenen Versorgungsträger den Versorgungsausgleich neu geregelt. Dabei hat es den zwischenzeitlichen Tod des Antragsgegners nicht beachtet. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
- 5
Mit ihrer Beschwerde vom 29.04.2014 wendet die weitere Beteiligte zu 2) ein, aufgrund des Todes des einen Ehegatten dürfe gemäß § 31 VersAusglG nur noch ein Wertausgleich zugunsten des überlebenden Ehegatten stattfinden.
- 6
Mit ihrer Beschwerde vom 07.05.2014 rügt die weitere Beteiligte zu 3), dass in Bezug auf das bei ihr bestehende Anrecht eine Verzinsung des Ausgleichswert erst ab dem Berechnungsstichtag stattfinden dürfe, da der Antragsgegner vom 01.10.2001 bis zu seinem Tod am 01.12.2013 bereits eine Rente bezogen habe.
II.
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Die gemäß §§ 58 ff., 228 FamFG in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandenden Beschwerden sind begründet.
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Der Senat entscheidet hierüber ohne mündliche Verhandlung, nachdem eine solche in erster Instanz stattgefunden hat und neue Erkenntnisse daraus nicht zu erwarten sind (§ 68 Abs. 3 FamFG). Zudem haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt bzw. dem nicht widersprochen, nachdem ihnen ausreichend Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben worden war.
- 9
Gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG ändert das Gericht eine Entscheidung über einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die nach dem bis zum 31.08.2009 geltenden Recht getroffen worden ist, bei einer wesentlichen Wertänderung auf Antrag eines Ehegatten ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abänderung liegen vor, wie das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend und insoweit von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen festgestellt hat. Die Abänderung vollzieht sich, indem das Gericht die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nunmehr nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG teilt. Danach wäre grundsätzlich auch das von der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erworbene Anrecht mit einem heutigen Ehezeitanteil von 7,8999 Entgeltpunkten in den Ausgleich einzubeziehen.
- 10
Ergänzend zu diesen Regelungen wird jedoch durch § 31 Abs. 1 VersAusglG angeordnet, dass wenn ein Ehegatte nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG stirbt, das Recht des überlebenden Ehegatten auf Wertausgleich gegen die Erben geltend zu machen ist, die Erben hingegen kein Recht auf Wertausgleich haben. Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn die nach früherem Recht getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich aufgrund der Regelung des § 51 VersAusglG abgeändert wird (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1287).
- 11
Da das Recht des verstorbenen Ehegatten auf Wertausgleich mit seinem Tod erloschen ist, findet ein Ausgleich des von dem überlebenden Ehegatten in der Ehe erworbenen Anrechts zu Gunsten des verstorbenen Ehegatten nicht mehr statt. Die vom Amtsgericht insoweit getroffene Anordnung war demzufolge dahin abzuändern, dass ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin nicht erfolgt.
- 12
Gemäß § 31 Abs. 1 VersAusglG besteht demgegenüber weiterhin das Recht des überlebenden Ehegatten auf Wertausgleich. Allerdings darf dieser gemäß § 31 Abs. 2 VersAusglG durch den Wertausgleich nicht besser gestellt werden, als wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre. Der Wertausgleich setzt daher voraus, dass der überlebende Ehegatte im Falle einer Saldierung der Anrechte ausgleichsberechtigt wäre. Dies ist regelmäßig auf der Basis der korrespondierenden Kapitalwerte der Anrechte festzustellen, da nur so ein einheitlicher Bewertungsmaßstab erreicht werden kann (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 2014, 1782; OLG Nürnberg, FamRZ 2013, 1046; KG, FamRZ 2013, 703). Da der Antragsgegner insgesamt die werthöheren Anrechte erworben hat (Kapitalwerte von 154.930,99 € und 25.754 € - insgesamt 180.684,99 € - gegenüber einem Kapitalwert von 22.034,34 € auf Seiten der Antragstellerin), ist der Wertausgleich zugunsten der Antragstellerin vorzunehmen, allerdings - wegen des Verbots der Besserstellung - nur in Höhe des überschießenden Saldos (158.650,65 €).
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Sind mehrere Anrechte auszugleichen, ist nach billigem Ermessen zu entscheiden, welche Anrechte zum Ausgleich herangezogen werden. Da vorliegend aufgrund des Todes des Antragsgegners lediglich Anrechte der Antragstellerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht mehr zum Ausgleich kommen, hält es der Senat für angemessen, die hierdurch verursachte Kürzung insgesamt bei dem entsprechenden Anrecht des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund vorzunehmen und das Anrecht des Antragsgegners bei der Firma ...[A] GmbH ungekürzt auszugleichen, zumal die Firma ...[A] selbst keine Kürzung verlangt.
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Dies führt dazu, dass bezüglich der Versorgung des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund lediglich ein Kapitalwert von (154.930,99 € - 22.034,34 € =) 132.896,65 € zu Gunsten der Antragstellerin zu übertragen wäre. Da das Ende der Ehezeit der 30.04.1998 war, ist dieser Betrag zunächst in einen DM-Betrag umzurechnen (x 1,95583 = 259.923,25 DM) und dann mit dem Umrechnungsfaktor 0,0000916571 in Entgeltpunkte umzurechnen (23,8238 EP).
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Das Anrecht des Antragsgegners bei der Firma ...[A] GmbH ist wie vom Amtsgericht vorgenommen auszugleichen. Allerdings darf die Verzinsung nicht schon ab dem Ehezeitende, sondern erst ab dem Berechnungsstichtag erfolgen.
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Zwar ist der zum Vollzug der externen Teilung vom Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person an den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person zu zahlende Ausgleichswert grundsätzlich ab dem Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu verzinsen. Die Erforderlichkeit einer Verzinsung des Ausgleichswertes im Versorgungssystem des ausgleichspflichtigen Ehegatten beruht in erster Linie auf der Erwägung, dass der auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten entfallende Ausgleichswert auch nach dem Ende der Ehezeit noch an der Wertentwicklung dieses Versorgungssystems teilnimmt. Es wäre mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn der Wertzuwachs dieses Betrages nach dem Ende der Ehezeit allein dem ausgleichspflichtigen Ehegatten oder seinem Versorgungsträger verbliebe. Maßgeblicher Zinssatz ist grundsätzlich derjenige Rechnungszins, den der Versorgungsträger im Rahmen der versicherungsmathematischen Wertermittlung für die Abzinsung gewählt hat (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1785; BGH, FamRZ 2013, 773).
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Die Firma ...[A] hat allerdings in ihrer Auskunft vom 26.03.2014 den Ausgleichswert nicht zum Ehezeitende, sondern zum 30.11.2013, d.h. zu einem Stichtag kurz vor dem Tod des am 01.12.2013 verstorbenen Antragsgegners, ermittelt. Eine Verzinsung kann zwangsläufig nicht vor diesem Stichtag erfolgen. Die Wahl des Stichtags hat die Firma ...[A] damit begründet, dass der Antragsgegner bereits seit dem 01.10.2001 Rente aus dem auszugleichenden Anrecht beziehe und deshalb ein Wertverzehr eingetreten sei, der bei der Ermittlung des Ausgleichswerts zu berücksichtigen sei.
- 18
Es ist in der Rechtsprechung umstritten, wie sich der zwischenzeitliche Wertverzehr eines betrieblichen Anrechts durch den Bezug laufender Leistungen aus diesem Anrecht vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bei der externen Teilung auswirkt (vgl. hierzu etwa Holzwarth, Der Kapitalverzehr zwischen Ehezeitende und Vollzug des Versorgungsausgleichs bei kapitalgedeckten Anrechten, FamRZ 2013, 420; OLG Frankfurt, FamRZ 2012, 1717; OLG Hamm, FamRZ 2013, 1305; OLG Köln, FamRZ 2013, 1578; Schleswig-Holsteinisches OLG, FamRZ 2014, 128).
- 19
Die von der Firma ...[A] gewählte Art der Wertermittlung ist nach der Auffassung des Senats jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Der Senat hat zur Überprüfung auch eine auf den Stichtag „Ehezeitende“ bezogene Auskunft bei der Firma ...[A] eingeholt (Auskunft vom 10.11.2014, Bl. 97 ff. GA). Diese hat einen Ausgleichswert von 18.503,50 € bei einem Rechnungszinsfuß von 6 % ergeben. Da der Antragsgegner bereits seit dem 01.10.2001 Rente bezogen hat, kann eine Verzinsung, die in diesem Fall ab dem Ende der Ehezeit vorzunehmen wäre, allerdings nur für die Zeit bis zum Beginn der Rentenzahlung an den Antragsgegner angeordnet werden, da der Verzinsung des Ausgleichswerts als Ausdruck der Wertsteigerung ab diesem Zeitpunkt die gegenläufige Entwicklung der Auszahlung einer laufenden Rente mit entsprechendem Wertverzehr entgegensteht (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1785). Da mithin nur eine Verzinsung für die Zeit vom 01.05.1998 bis zum 30.09.2001 in Betracht kommt, führt dies zu einer Wertsteigerung von nur rund 4.000 €, so dass der vom Amtsgericht berücksichtigte Wert von 25.704 € günstiger ist als der alternativ ermittelte Wert von 18.503,50 € zuzüglich Zinsen von 6 % für rund 3,5 Jahre.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 20 FamGKG, 81, 150 Abs. 1 FamFG.
- 21
Der Beschwerdewert folgt aus § 50 Abs. 1 FamGKG.
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