Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (6. Zivilsenat) - 6 U 147/09

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.09.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal - 23 O 498/08 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2003 zu zahlen unter Anrechnung folgender Vorabausschüttungen

3.030,30 Euro am 02.11.2007

1.212,12 Euro am 28.06.2007

1.818,18 Euro am 14.02.2008

sowie Zug um Zug gegen Rückübertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds „N. GmbH & Co. KG“ auf die Beklagte.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Fonds-Anteile in Verzug befindet.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.716,08 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2008 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung einer Beteiligung an einem Filmfonds wegen Falschberatung und unterlassener Aufklärung über eine geflossene Rückvergütung.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen, mit der Maßgabe, dass bereits in erster Instanz neben einer Falschberatung auch die sog. „kick-back-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs Streitgegenstand war (vgl. Bl. 99, 120 f, 128 f I d.A.).

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Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei anlage- und anlegergerecht beraten worden. Darauf, dass die Beklagte über eine weitere Provision der Beklagten neben dem zu zahlenden Agio nicht ausdrücklich hingewiesen habe, habe sich der Kläger nicht gestützt; im Übrigen habe der als Zeuge vernommene Bankmitarbeiter M. insoweit gemutmaßt, dass der Kläger die Anlage auch nach einem entsprechenden Hinweis gezeichnet hätte.

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Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er trägt vor, bei dem streitgegenständlichen Fonds handele es sich nicht um die von ihm gewünschte „ertragsorientierte“, sondern um eine spekulative, mindestens jedoch eine risikobewusste Anlageform. Der Zeuge M. habe ihn bereits deshalb nicht richtig beraten können, weil er nach seiner eigenen Aussage vor dem Landgericht offenbar selbst völlig falsche Vorstellungen über die Voraussetzungen eines Totalverlustes gehabt habe. Im Übrigen sei er, der Kläger, nicht konkret über die Rückvergütung aufgeklärt worden.

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Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

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Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, denn der Kläger hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB.

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1. a) Die Beklagte hat gegen die Grundsätze der anlage- und anlegergerechten Beratung verstoßen.

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a) Zwischen den Parteien ist hier - unstreitig - zumindest stillschweigend ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 26; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 35; OLG Hamm, Urt. v. 23.09.2009, 31 U 31/09, Rn. 52; jeweils zitiert nach juris). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind entscheidend einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden vorgegeben Anlageziel zu berücksichtigen ist („anlegergerechte“ Beratung), sowie andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts, und die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben („objektgerechte“ Beratung). Über diese Umstände hat die Bank richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten, soweit diese für das konkrete Anlagegeschäft von Bedeutung sind (vgl. BGHZ 123, 126, 128 f; BGH, WM 2000, 1441, 1442; OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 159 f).

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b) aa) In dem Protokoll zur Kundenberatung vom 20.11.2003 sind hinter der Frage „Wie beschreibt der Anleger seine Anlagementalität?“ vier Optionen vorgesehen, nämlich „auf Sicherheit der Anlage bedacht“, „ertragsorientiert“, „risikobewusst“ und „spekulativ“, wobei die zweite Möglichkeit „ertragsorientiert“ angekreuzt worden ist. Anders als bei einem Immobilienfonds ist mit der Beteiligung an einem Filmfonds aber von vornherein ein erhöhtes Risiko verbunden, das darin besteht, dass der Misserfolg der Produktion unmittelbar einen entsprechenden Verlust des eingebrachten Kapitals nach sich ziehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/08, Rn. 28). Eine solche Anlage passt daher von vornherein nur zu einem zumindest „risikobewussten“ Anleger. Ob der Kläger vor der streitgegenständlichen Anlage bei anderen Anlagen eine höhere Risikobereitschaft an den Tag gelegt hat, tut angesichts des in Bezug auf die streitgegenständliche Anlage klar zum Ausdruck gekommenen Wunsches nach einer lediglich „ertragsorientierten“ Anlage nichts zur Sache, zumal die Fondsbeteiligung unstreitig aus Sparvermögen bezahlt worden ist, dessen Vorhandensein allein bereits verdeutlicht, dass der Kläger hier nicht allzu risikofreudig gewesen sein kann.

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bb) Darüber hinaus hat die Beklagte nicht hinreichend deutlich auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hingewiesen.

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(1) Zwar hat der Zeuge M. ausgesagt, einen derartigen Hinweis erteilt zu haben. Der Zeuge hatte aber offenbar selbst völlig diffuse Vorstellungen über den Begriff des Totalverlustes, denn er hat hierzu im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 ausgesagt: „Ein Totalverlust ist nach meiner Vorstellung dann eingetreten, wenn das Finanzamt die steuerliche Wirkung nicht anerkennen würde. Das wäre dann, wenn keine Erträge erzielt würden. Ein Totalverlust hieße, es wäre überhaupt kein Geld da. ... ein Totalverlust liegt für mich vor, wenn weder Ausschüttungen erfolgen, noch ein Vorteil in der Einkommenssteuer vorliegt. Aus meiner Sicht tritt ein Totalverlust eben nicht ein, wenn die steuerliche Komponente berücksichtigt wird“ (Bl. 180 f I d.A.). Vor diesem Hintergrund konnte der Zeuge M. den Kläger naturgemäß nicht zutreffend darüber aufklären, dass der Misserfolg der Produktion unmittelbar einen Verlust des eingebrachten Kapitals nach sich ziehen konnte.

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(2) Insoweit kann sich die Beklage auch nicht auf den bei der Beratung (hier mit-) verwendeten (vgl. dazu OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 87 ff, zitiert nach juris) Prospekt berufen. Dort findet sich auf Seite 53 unter der Überschrift „Risiken der Beteiligung“ im zweiten Absatz zwar der Hinweis, es bestehe „infolge zukünftiger wirtschaftlicher oder rechtlicher Entwicklungen die Möglichkeit, dass die tatsächlichen Ergebnisse der Beteiligungsgesellschaft von den prognostizierten Ergebnissen negativ abweichen und zu einer Reduzierung oder Verschiebung der prognostizierten Ausschüttungen bzw. im Extremfall ggf. zum Verlust der Kommanditeinlage führen“ könnten. Unmittelbar vorher, am Ende des vorangehenden Absatzes, heißt es aber, die Konzeption des vorliegenden Beteiligungsangebots beinhalte „gewisse Sicherungselemente (Vorzugserlöse aus der Rahmenvertriebsvereinbarung, s.S. 19, sowie vom Filmerfolg unabhängige Mindesterlöse s.S. 20), die lediglich eine Minimierung des Risikos für die Beteiligungsgesellschaft und letztendlich für die Anleger darstellen“. Unmittelbar nach dem Hinweis auf das Risiko eines Totalverlusts wird dann ausgeführt, dass „die Beteiligungsgesellschaft grundsätzlich eine Begrenzung spezifischer Produktionsrisiken durch den Abschluss von üblichen Versicherungen und einer Fertigstellungsgarantie sicherstellen“ werde; dennoch könnten „unerwartete Ereignisse eintreten, die ggf. zu negativen Auswirkungen auf das Ergebnis der Beteiligungsgesellschaft führen“ könnten. Der im Prospekt vorhandene Hinweis auf das Risiko eines Totalverlusts ist damit eingebettet in Ausführungen, die ersichtlich den Gesamteindruck vermitteln sollen, dass der Anleger mit seiner Beteiligung nur ein äußerst begrenztes Risiko eingeht. Dies stellt keine hinreichend klare, sondern eine im Hinblick auf die spezifischen Risiken eines Filmfonds irreführende und verharmlosende Information über das Risiko eines Totalverlusts dar (vgl. BGH, Urt. v. 06.03.2008, III ZR 298/05, Rn. 22, zitiert nach juris; WM 2007, 1503, 1504, Rn. 15; 1507, 1509, Rn. 14; OLG München, Urt. v. 18.07.2007, 20 U 2052/07, Rn. 35; vgl. auch OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 89-100; jeweils zitiert nach juris).

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2. Unabhängig von der vorliegenden Falschberatung hat die Beklagte - wie der Senat in ähnlichen Fällen bereits mehrfach nach § 522 Abs. 2 ZPO entschieden hat (siehe Senat, 6 U 99/09: Hinweisbeschluss vom 30.09.2009 und Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 21.10.2009 sowie Senat, 6 U 106/09: Hinweisbeschluss vom 15.10.2009 und Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 29.10.2009) - ihre Pflicht zur Aufklärung über die erhaltene Rückvergütung verletzt, weil sie dem Kläger verschwiegen hat, dass von den 10,5 % Eigenkapitalvermittlungsgebühr, welche die G. erhielt, 9 %, d.h. über das Agio i.H.v. 5 % hinaus weitere 4 % an die Beklagte geflossen sind.

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a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19.12.2006, XI ZR 56/07; Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07; Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07; jeweils zitiert nach juris) ist ein Anlageberater verpflichtet, den Anlageinteressenten über Rückvergütungen aufzuklären, die ihr der Eigenkapitalsuchende für den Fall der Zeichnung in Aussicht gestellt hat, und zwar unabhängig von der Höhe einer solchen Provision. Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass Anlageberater, anders als bloße Vermittler, in besonderem Maße persönliches Vertrauen des Anlegers in Anspruch nehmen. Stellt eine Fonds-Gesellschaft oder ein Emittent für die Vermittlung von Beteiligungen dem Berater eine Vergütung in Aussicht, ist damit ein Interessenkonflikt und eine Gefährdungssituation für den Anleger verbunden, denn dieser kann nicht ausreichend einschätzen, inwieweit sein Berater eine bestimmte Anlage nur im Eigeninteresse empfiehlt, um eine versprochene Provision zu verdienen (vgl. OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 41, zitiert nach juris). In seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 12, zitiert nach juris, hat der Bundesgerichtshof auch bereits ausdrücklich ausgeführt, dass es hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufklärung über die Rückvergütung keinen Unterschied macht, ob der Berater Beteiligungen an Aktien- oder Medienfonds vertreibt, weil der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt in beiden Fällen der gleiche und in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG lediglich der auch zivilrechtlich anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden ist.

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b) Die von den Banken in einer ganzen Reihe von Parallelverfahren gegen diese höchstrichterliche Rechtsprechung ins Feld geführten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht.

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aa) Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot führt nicht dazu, dass eine von einer bis dahin in der Literatur vertretenen Meinung abweichende neue Rechtsprechung nur für die Zukunft wirkt. Änderungen in der Rechtsprechung sind durchaus nicht selten und teilweise mit ganz erheblichen Auswirkungen für eine Vielzahl von Fällen verbunden. Entscheidend ist hier, dass nie eine konsistente höchstrichterliche Entscheidung zu Gunsten der Banken vorlag, wonach diese über den hier vorliegenden Interessenkonflikt nicht aufzuklären brauchten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 55, 56, zitiert nach juris). Bei dieser Sachlage konnte es durch eine anderslautende gerichtliche Entscheidung von vornherein nicht zu einer rückwirkenden Beseitigung erworbener Rechte kommen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 70; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 27; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 86; Urt. v. 23.11.2004, 6 U 76/04, Rn. 30; Urt. v. 23.11.2004, 6 U 82/03, Rn. 49; jeweils zitiert nach juris).

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bb) Der Bundesgerichtshof greift mit seiner Rechtsprechung auch nicht verfassungswidrig in das Grundrecht der Berufungsfreiheit (Art. 12 GG) des Anlageberaters ein, weil er außerhalb des Geltungsbereiches des Wertpapierhandelsgesetzes ohne besondere gesetzliche Grundlage die beschriebene Aufklärungspflicht angenommen hat. Auch bei wertpapierbezogenen Anlageberatungen folgt die Aufklärungspflicht nämlich nicht aus der öffentlich-rechtlichen (vgl. Fuchs, Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, Rn. 56 vor § 31 bis 37a) Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sondern aus den §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Zivilgerichte den Inhalt von Pflichten im Einzelfall durch Vertragsauslegung unter Anwendung abstrakter Prinzipien wie dem Vertrauensprinzip im Bankgeschäft, dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der kommissionsrechtlichen Pflicht zur Interessenwahrung (§ 384 HGB) und vorvertraglichen Pflichten (§ 311 Abs. 2 BGB) bestimmen (vgl. Fuchs, a.a.O., Rn. 59, 60 – 62). Dabei können sie auch grundsätzliche Wertungen aus kapitalmarktrechtlichen Vorschriften außerhalb deren unmittelbar öffentlich rechtlichem Anwendungsbereich heranziehen. Wie oben bereits erwähnt, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 12, zitiert nach juris, daher ausdrücklich betont, dass die Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zwar in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. normiert ist, sich aber nicht auf den Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschränkt. Ein verfassungswidriger Eingriff in die Berufsfreiheit liegt demnach nicht vor (so im Ergebnis auch OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 70 und OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 47, jeweils zitiert nach juris, sowie mit weitergehender Begründung OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 36-53).

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cc) Im Übrigen kann es weder unter dem Gesichtspunkt der Berufsausübungsfreiheit noch dem Rückwirkungsverbot Aufgabe des Verfassungsrechts sein, es den Banken zu ermöglichen, das ersichtlich treuwidrige Verschweigen eines massiven Interessenkonflikts risikolos bis zu dem Zeitpunkt weiterführen zu können, in dem die höchstrichterliche Rechtsprechung – was sie anderen Berufsgruppen gegenüber längst getan hatte (dazu unten) – speziell auch ihnen dies erstmals ausdrücklich untersagt.

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c) Entgegen der Auffassung der Beklagten beinhaltet der Prospekt keine ausreichende Aufklärung des Anlegers.

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Daraus, dass der Anleger auf Seite 25 des Prospekts erfährt, dass die G. berechtigt ist, zur Vermittlung des Eigenkapitals der Beteiligungsgesellschaft ganz oder teilweise Dritte zu beauftragen, auf den Seiten 39 und 50 allgemein von an die G. oder andere Vertriebspartner zu zahlende Eigenkapitalvermittlungskosten bzw. auf Seite 63 von einer Eigenkapitalvermittlungsgebühr i.H.v. 5,5 % die Rede ist, lässt sich die vom Bundesgerichtshof geforderte Aufklärung nicht entnehmen. Hieraus wird bereits nicht deutlich, dass es sich bei diesen nicht weiter bezeichneten Vertriebspartnern letztlich um die beratenden Banken handelt, welche mit den Anlegern in direkten Kontakt treten. Insbesondere lässt sich nicht ermessen, in welchem Umfang die G. ihre eingesetzten Vertriebspartner an den ihr zufließenden Anteil des gezeichneten Kapitals teilnehmen lässt und ob es sich hierbei überhaupt um eine umsatzabhängige Provision handelt. Der Anleger bleibt letztlich zu Art und Umfang einer solchen Provision im Unklaren (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, Rn. 24, zitiert nach juris) und kann deshalb ein mögliches Umsatzinteresse der beratenden Bank nicht einschätzen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 31; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 56; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 42; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 23; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 57; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 3, 1. Absatz). In der Entscheidung des BGH vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07), der ein Fall zu Grunde lag, in dem Vertriebskosten grundsätzlich ebenfalls erwähnt waren, heißt es unter Rn. 13 ausdrücklich, dass die Beklagte den (dortigen) Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs über den Interessenkonflikt informieren musste. Insoweit liegt es auf der Hand, dass die Beklagte die unterlassene Aufklärung im persönlichen Beratungsgespräch über einen grundlegenden Interessenkonflikt der vorliegenden Art auch nicht durch einzelne verstreute und zudem insbesondere zur Höhe der Provision unvollständige Angaben im Prospekt ersetzen kann. Zwar lässt sich dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) nicht entnehmen, dass eine Pflicht zur Mitteilung der genauen Höhe der Provision besteht. Letzteres ergibt sich aber bereits aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006, XI ZR 56/07, Rn. 24, zitiert nach juris. Soweit demgegenüber das OLG Frankfurt (Urt. v. 24.06.2009, 17 U 307/08, Rn. 450, 51, zitiert nach juris) eine Aufklärungspflichtverletzung unter Hinweis auf die rechtzeitige Übergabe des Prospektes verneint und sich zur Begründung auf die Entscheidung des BGH vom 25.09.2007 (XI ZR 320/06, zitiert nach juris) beruft, weicht es damit von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab. Zudem hat sich der Bundesgerichtshof in der vom OLG Frankfurt zitierten Entscheidung auch nicht mit der Aufteilung einer Vertriebsprovision und einem Eigeninteresse des Anlageberaters befasst, sondern zur Aufklärung über die Werthaltigkeit und Rentabilität einer Anlage und ihrer Aushöhlung durch sogenannte „weiche“ Kosten Stellung bezogen (Rn. 15 und 16 a.a.O.). Daraus lässt sich nicht ableiten, dass ein Prospekt, der die Höhe der Kapitalbeschaffungskosten zutreffend ausweist, bereits auf das spezifische Eigeninteresse der beratenden Bank schließen lässt und weitere individuelle Aufklärung hierüber entbehrlich macht. Im Übrigen beruht die Entscheidung des OLG Frankfurt auf der Annahme, dass die fehlende Aufklärung über die genaue Höhe der Rückvergütung auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls für die Anlageentscheidung nicht kausal geworden sei und steht auch deshalb einer abweichenden Wertung im vorliegenden Fall nicht entgegen (so bereits OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, Rn. 58, zitiert nach juris).

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d) Die Beklagte ist auch nicht durch einen unvermeidbaren Rechtsirrtum entschuldigt, denn sie musste bei der im Jahre 2003 vorgenommenen Beratung mit einer entsprechenden Aufklärungspflicht rechnen.

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aa) Insoweit reicht bereits Fahrlässigkeit aus. Die Voraussetzungen für einen Rechtsirrtum, der neben dem Vorsatz auch die Fahrlässigkeitsschuld entfallen lässt, sind besonders streng (BGHZ 74, 281, 284, BGHZ 89, 296, 303; BGH NJW 2007, 428, 430). Der Schuldner hat die Rechtslage unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung umfassend zu prüfen. Entlasten kann ihn ein Rechtsirrtum nur dann, wenn er mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH NJW 2006, 3271). Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage darf er nicht das Risiko, dass seine eigene Beurteilung sich später durch höchstrichterliche Entscheidungen als unzutreffend herausstellt, dem Gläubiger zuschieben (vgl. OLG München, Urt. v. 27.02.2009, 17 U 5587/06, Rn. 97, zitiert nach juris). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lag kein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor; vielmehr lag es auf Hand, dass es treuwidrig ist, wenn eine als unabhängige Beraterin auftretenden Bank ihrem Kunden verschweigt, dass sie für ihre Beratungsleistungen von dritter Seite selbst eine Provision erhält.

23

bb) Ergänzend zu der insoweit bereits vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 15, in Bezug genommenen Rechtsprechung zum Geschäftsbesorger und Kommissionär ist auf eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1904 hinzuweisen, wonach es Treu und Glauben widerspricht, wenn ein Bankier als Kommissionär seinem Kunden einen Teil seiner Bonifikation verschweigt (RG, JW 1905, 118). Auch für die Steuerberaterhaftung ist seit langem höchstrichterlich anerkannt, dass ein Steuerberater eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenlegt, dass er für das Zustandekommen der Beteiligung eine Provision erhält (vgl. BGH, NJW 1985, 2523; NJW-RR 1987, 1381; NJW-RR 1991, 145). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestanden auch bereits Ansätze, die auf eine solche Pflicht der Bank hindeuteten (vgl. die Übersicht im Urteil des LG Wuppertal vom 12.03.2009, 3 O 240/08, Rn. 106-111, zitiert nach juris). So hat der BGH in seinem Urteil vom 19.12.2000 (NJW 2001, 962, 963), das alsbald in den bankrechtlichen Fachzeitschriften veröffentlicht worden ist (vgl. etwa WM 2001, 297 ff), bereits klargestellt, dass eine Bank dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewährte Rückvergütungen wegen eines damit verbundenen Interessenkonfliktes offen legen muss. Dass dies für von der Bank im Rahmen der Anlageberatung selbst vereinnahmte Rückvergütungen erst recht gelten muss, war daher vorhersehbar (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 33; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 65; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 26; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; jeweils zitiert nach juris), zumal diese Auffassung in gewichtigen Teilen der Literatur seit jeher vertreten wurde (vgl. die Literaturhinweise bei OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 72, zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, Seite 5 letzter Absatz, Seite 6 erster Absatz; OLG Celle, Urt. vom 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 37; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; LG Heidelberg, Urt. v. 14.07.2009, 2 O 371/08, Rn. 125; LG Hamburg, Urt. v. 18.03.2009, 301 O 26/08, Rn. 38; jeweils zitiert nach juris). Darüber hinaus bestand, worauf der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 15, zitiert nach juris, ausdrücklich hingewiesen hat, bereits seit dem 26.05.1997 eine Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel, nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird. Nicht erst mit dem Erscheinen des Aufsatzes von Schirp/Mosgo „Aufklärungspflichten bei internen Provisionsvereinbarungen“ in BKR 2002, 354 musste die Beklage daher ernsthaft mit einer derartigen Offenlegungspflicht rechnen.

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cc) Die Beklagte durfte hier auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertrauen, wonach der Vermittler den Anleger auf eine im Anlagenprospekt nicht ausgewiesene Innenprovision nur hinweisen muss, wenn diese mindestens 15 % beträgt (vgl. BGH, NJW 2004, 1732, 1735). Nach einem Urteil des XI. Zivilsenats vom 25.09.2007 (BKR 2008, 199, 200) gilt dies zwar auch für eine Bank, die ihrem Kunden den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds empfiehlt. In dieser Entscheidung wird aber weder klargestellt noch angedeutet, dass die Rechtsprechung zur Offenbarungspflicht bei Rückvergütungen nicht auf geschlossene Fonds übertragbar wäre. Das Urteil vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) wird dort nicht einmal erwähnt, und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bank in dem zur Entscheidung stehenden Fall selbst an den Innenprovisionen teilgehabt hätte. Zudem haben die Pflicht zur Aufklärung über eine Innenprovision und die Pflicht zur Aufklärung über eine Rückvergütung völlig unterschiedliche Schutzrichtungen. Über eine Innenprovision von mehr als 15 % muss der Anleger aufgeklärt werden, weil sie keine Gegenleistung für die Schaffung eines Sachwerts darstellt und deshalb auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und eine geringere Rentabilität der Anlage schließen lässt. Diese Aufklärungspflicht besteht daher nur bei überhöhten Innenprovisionen, aber unabhängig davon, wer sie erhält. Auf eine ihr selbst zufließende Rückvergütung muss die Bank hingegen schon deshalb hinweisen, weil sie einen Interessenkonflikt und damit die konkrete Gefahr begründet, dass die Anlage nicht allein im Kundeninteresse empfohlen wird. Diese Offenbarungspflicht trifft daher nur den Anlageberater und gilt auch nur für dessen Rückvergütung, dafür aber unabhängig von deren Höhe (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 30, 34; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 51; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 18; jeweils zitiert nach juris).

25

dd) Vor diesem Hintergrund geht der Bundesgerichtshof in der vorliegenden Fallkonstellation ersichtlich vom Nichtvorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums aus. In seiner Entscheidung vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) hat er einen solchen Irrtum erst gar nicht erwähnt, was sich auf Grund der Tatsache, dass die Fondsbeteiligung dort im Mai 2001 vermittelt worden war, geradezu aufgedrängt hätte, sofern es hierauf aus seiner Sicht angekommen wäre. In der Entscheidung vom 12.05.2009 (XI ZR 586/07) hat er für einen im Jahre 2001 geschlossenen Anlagevertrag wegen einer fehlenden Aufklärung über Rückvergütungen seitens des Wertpapierdienstleisters in einem Halbsatz und ohne weitere Begründung eine „ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten“ angenommen (a.a.O., zitiert nach juris, Rn. 18) und im Weiteren sogar eine Vorsatzschuld für nicht fernliegend erachtet. Dass hier kein vermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt, ist damit endgültig geklärt (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 60 sowie OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; jeweils zitiert nach juris).

26

ee) Die einen Verbotsirrtum bejahenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden, (Urt. v. 24.07.2009, 8 O 1240/08, Rn. 27-44, zitiert nach juris) und Oldenburg (Urt. v. 11.09.2009, 11 U 75/09 = BB 2009, 2390 ff) überzeugen hingegen nicht. Beide Gerichte stellen wesentlich darauf ab, dass zum jeweiligen Beratungszeitpunkt noch kein vergleichbar gelagerter Fall höchstrichterlich entschieden gewesen sei und verweisen in diesem Zusammenhang auf die vermeintlich entgegenstehende Rechtsprechung des III. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs. Diese betrifft nach Gegenstand (Anlagevermittlung) und rechtlicher Anknüpfung (Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage) jedoch gerade nicht die vorliegend bestehende Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten, welche - wie aufgezeigt - bereits in der früheren Rechtsprechung zu Beratungs- und Vermögensverwaltungsverträgen angelegt war (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 35).

27

ff) Bei dieser Sachlage ist ein Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, weil sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung zumindest fahrlässig nicht erkannt und es deshalb unterlassen hat, ihre Anlagenberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 14; OLG Celle, Urt. v. 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 38; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 7 zweiter Absatz). Ferner ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte ohne Sorgfaltsverstoß ausgeschlossen haben will, dass die Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG auch zivilrechtliche Wirkung entfaltet und warum dies trotz des oben dargestellten Standes von Literatur und Rechtsprechung im hier fraglichen Anlagezeitraum 2003 anders sein soll (vgl. OLG München, a.a.O., S. 7 letzter Absatz).

28

e) Die fehlerhafte Anlageberatung bzw. die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten war auch für den Erwerb der Kapitalanlage und damit für den Schaden ursächlich.

29

Steht eine Beratungs- bzw. eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung beratungs- bzw. aufklärungsrichtigen Verhaltens, d.h. der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2006, III ZR 20/05, zitiert nach juris, Rn. 23, 24; OLG Celle, VersR 2003, 61, 65; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 105). Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH, Urteil vom 12.05.2009, X ZR 586/05, Rn. 22, zitiert nach juris). Danach obliegt es der Beklagten, eine solche Vermutung zu widerlegen. Mutmaßungen allgemeinerer Art genügen hierfür nicht. Vielmehr bedarf es konkreter Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass der jeweilige Anleger sich trotz richtiger Aufklärung für die Anlage entschieden hätte. Die Beklagte verkennt, dass es bei der Kausalität nicht nur um die Frage geht, ob der Anleger bei richtiger Beratung und pflichtgemäßer Offenbarung der Rückvergütung ebenso entschieden hätte, sondern auch darum, dass die Beklagte durch die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütung das der Beratung zugrunde liegende Vertrauensverhältnis mit dem Anleger zerstört hat und es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein Anleger dieses pflichtwidrige Handeln akzeptiert, über das zerstörte Vertrauensverhältnis hinweggesehen und dessen ungeachtet den Abschluss getätigt hätte (vgl. OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 4, 1. Absatz; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 73; jeweils zitiert nach juris). Wegen der ursprünglich vorgesehenen und nicht offen gelegten Innenprovision steht aus Sicht des Anlegers die Objektivität der Beratung und damit letztlich die Qualität der empfohlenen Anlage insgesamt in Zweifel. Daran ändert im vorliegenden Fall auch die Aussage des Zeugen M. im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 nichts, wonach der Kläger „wohl nichts dagegen gehabt“ hätte, dass die Bank i.H.v. 9 % mitverdient (Bl. 188 I d.A.), denn insoweit handelt es sich lediglich um eine die inneren Entscheidungsvorgänge des Anlegers betreffende bloße Mutmaßung des Zeugen, die nicht durch eine konkrete diesbezügliche Äußerung des Klägers unterlegt ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 73).

30

f) Da die Fondsbeteiligung nicht fremdfinanziert, sondern aus Sparguthaben bezahlt worden ist, muss auf die Frage, ob eine Widerruflichkeit des Darlehensvertrages den Schaden entfallen lässt, hier nicht eingegangen werden (verneinend Senat, 6 U 99/09 und 6 U 106/09 sowie OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 75; OLG Celle, Urt. 21.10.2009, 3 U 86/09, Rn. 54; OLG Schleswig, Urt. v. 27.01.2005, 7 O 75/03, Rn. 33; jeweils zitiert nach juris).

31

3. Auf Grund der schuldhaften Verletzung der Beratungspflicht sowie der Pflicht zur Aufklärung über die erhaltene Rückvergütung hat die Beklagte den Kläger so zu stellen, als habe dieser nach erfolgter Aufklärung von der Zeichnung Abstand genommen. Der Anspruch richtet sich auf Rückzahlung des aufgewandten Betrages, Zug um Zug gegen Herausgabe der Beteiligung (vgl. BGHZ 115, 213, 221; OLG Stuttgart, ZIP 2009, 2185, 2192) und unter Anrechnung der zwischenzeitlichen Ausschüttungen (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 28, zitiert nach juris). Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil die Rückabwicklung der Beteiligung im Rahmen des Schadensersatzes zu einer Nachversteuerung führt und weder vorgetragen, noch ersichtlich ist, dass dem Kläger danach außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 42; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 29, 30; jeweils m.w.N., zitiert nach juris). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Klageforderung zutreffend berechnet.

32

4. Dem Kläger fällt auch kein anspruchsminderndes Mitverschulden zur Last.

33

a) Derjenige, der seine Vertragspflicht zur Erteilung richtiger Auskunft verletzt hat, kann gegenüber dem Ersatzanspruch des Geschädigten nach Treu und Glauben nicht geltend machen, diesen treffe ein Mitverschulden, weil er der Auskunft vertraut und dadurch einen Mangel an Sorgfalt gezeigt hat. Ein mitwirkendes Verschulden kann nur in Betracht kommen, wenn der Kunde seinerseits Obliegenheiten zur Nachprüfung verletzt hat, wenn sich ihm der verschwiegene Umstand geradezu aufdrängen musste, oder er Warnungen Dritter nicht beachtet hat (vgl. KG, OLGR 2000, 96, 98). Davon, dass das mit der Beteiligung an einem Filmfonds bestehende Risiko jedermann bekannt sein muss, kann entgegen der Auffassung der Beklagten indes keine Rede sein.

34

b) Soweit es um die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütung geht, greift der allein an das Beratungsverschulden anknüpfende Mitverschuldenseinwand ohnehin nicht (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 45).

35

5. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt.

36

a) Die dreijährige Frist des § 37 a WpHG ist hier nicht maßgeblich, weil es sich beim Erwerb einer Kommanditbeteiligung mangels Handelbarkeit an einem Markt nicht um ein Wertpapier i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 letzter Hs WpHG handelt und nur die Beratung bei der Anlage von Wertpapieren eine Wertpapierdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 3a WpHG darstellt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.05.2008, 23 U 225/06, Rn. 50; OLG München, Urt. v. 22.09.2005, 19 U 2529/05, Rn. 56; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.04.2007, 5 U 157/06, Rn. 55; jeweils zitiert nach juris).

37

b) Die Verjährungsfrist beträgt daher gem. §§ 195, 199 BGB drei Jahre ab dem Schluss des Jahres der Kenntniserlangung von der Pflichtverletzung (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 91; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 107; Saarländisches OLG, Urt. v. 21.08.2008, 8 U 289/07, 39 ff; jeweils zitiert nach juris).

38

aa) Hinsichtlich der Beratungspflichtverletzung lässt sich entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht feststellen, dass der Kläger bereits am 10.09.2004, jedenfalls aber im November 2005 von der Falschberatung Kenntnis erlangt hat. Bei der von der Beklagten vorgelegten Information vom 10.09.2004 (Anlage B 33) handelt es sich um ein nicht ausgefülltes Formularschreiben „Für Beitritte 2002“ (der Kläger ist erst 2003 beigetreten); bei dem nach „Sehr geehrter“ der Namen des Klägers fehlt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits im September 2004 Kenntnis von der Schieflage des Fonds erlangt hat. Der e-mail des Klägers vom 29.07.2008 (Anlage B 29) lässt sich lediglich entnehmen, dass ab November 2005 die im Prospekt versprochene Rendite nicht erreicht wurde. Eine vor Ablauf des Jahres 2005 erlangte Kenntnis des Klägers von dem Totalverlust lässt sich damit nicht belegen, sodass der Anspruch wegen Beratungsverschuldens nicht verjährt ist.

39

bb) Hinsichtlich der verschwiegenen Rückvergütung kann sich die Beklagte ebenfalls nicht auf Verjährung berufen, denn davon, dass die von der auf Seite 25 des Prospekts genannte Vermittlungsgebühr der G. i.H.v 10,5 % fast vollständig, nämlich i.H.v. insgesamt 9 %, d.h. 5 % Agio plus weitere 4 Prozent an die von der G. mit der Vermittlung unterbeauftragte Bank (vgl. Bl. 129 I d.A.) geflossen ist, hat der Kläger erst durch die Aussage des Zeugen M. im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 Kenntnis erlangt (Bl. 188 I d.A.).

40

6. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 45; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 87; jeweils zitiert nach juris).

III.

41

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 2 BGB. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 286 BGB (vgl. Palandt-Grüneberg, § 286, Rn. 44, 45) und ist nach Nr. 2300 und 7002 VV RVG zutreffend berechnet.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.

43

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

44

Die Frage eines Aufklärungsverschuldens ist ebenso wie die eines unvermeidbaren Rechtsirrtums durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20. Januar 2009 und Urteil vom 12.05.2009 bereits endgültig geklärt. Bei dieser Sachlage obliegt es nicht dem Senat, sondern allein den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Oberlandesgerichten Frankfurt (Urt. v. 24.06.2009, 17 U 307/08), Dresden (Urt. v. 24.07.2009, 8 U 1240/08) und Oldenburg (Urt. v. 11.09.2009, 11 U 75/08), die Revision zuzulassen (so bereits Senat 6 U 99/09 und 6 U 106/09 sowie OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 51; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 91, 92; Urt. v. 23.09.2009, 31 U 31/09, Rn. 95; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, 3 U 86/09, Rn. 61; Urt. v. 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 46; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. nach § 522 Abs. 2 ZPO v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, Seite 6, zweiter Absatz sowie Beschl. v. 17.07.2009, 25 U 1614/09).


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