Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (9. Zivilsenat) - 9 U 98/12

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.04.2012 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Halle abgeändert und die Klage abgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird zugleich für die I. Instanz auf 46.909,80 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über die vorzeitige Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses infolge Kündigung durch die Klägerin.

2

Unter dem 06.09.2004 mietete die Klägerin von der C. mbH Gewerberäume im Einkaufspark H. an. Hinsichtlich der Mietzeit war vorgesehen, dass diese zunächst bis zum 30.06.2010 läuft und sich sodann stillschweigend jeweils um zwei weitere Jahre verlängert, wenn nicht von einer der Vertragsparteien 12 Monate vor Ablauf der Mietzeit gekündigt wird.

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In § 17 des Vertrages war vereinbart, dass die Klägerin nur mit vorheriger schriftlicher Erlaubnis der Vermieterin eine Untervermietung vornehmen darf.

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Wegen der Einzelheiten des Mietvertrages wird auf Anlage K 1 (Anlagenband) verwiesen.

5

In der Folgezeit erfolgten einige Nachträge zu dem Mietvertrag. Mit dem Nachtrag Nr. 4 vom 10.12.2006 trat die Beklagte durch dreiseitige Vereinbarung als neue Vermieterin in das Mietverhältnis ein. Darin wurde folgende Vereinbarung aufgenommen:

6

"Den Parteien ist das Schriftformerfordernis nach §§ 550, 126 BGB bekannt. Die Parteien wollen dieses Schriftformerfordernis jetzt und in Zukunft erfüllen. Das gilt sowohl für den Ursprungsvertrag als auch für sämtliche Änderungs- und Ergänzungsvereinbarungen. Im Hinblick darauf verzichten die Parteien darauf, den Mietvertrag wegen Schriftformmangels vorzeitig zu kündigen. Sie verpflichten sich, auf Anforderung einer Partei etwaige Schriftformmängel unverzüglich zu beheben."

7

Unter dem 14.04.2011 bat die Klägerin unter Hinweis auf ihre negative Ertragssituation die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 02.05.2011 um Erlaubnis zur Untervermietung an die Firma S. M. Service und Dienstleistung, die nach Angaben der Klägerin ein vergleichbares Ladengeschäft wie sie betreiben wolle. Gleichzeitig wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass bis zum 02.05.2011 keine Erlaubnis erteilt wird, dies als Ablehnung der Anfrage verstanden werde. Eine Reaktion der Beklagten erfolgt nicht, woraufhin die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 06.05.2011 das Mietverhältnis außerordentlich zum 31.12.2011 kündigte. Neben der Verweigerung der Untervermietung berief sich die Klägerin zur Begründung der Kündigung auf Schriftformmängel. Die Beklagte widersprach mit Schreiben vom 13.05.2011 einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei wegen verweigerter Untervermieterlaubnis zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen. Das Schweigen der Beklagten auf die Anfrage sei als Verweigerung zu werten. Im Übrigen hat sie die Ansicht vertreten, dass das Mietverhältnis auch außerordentlich kündbar gewesen sei, weil die Befristung aufgrund der Nichteinhaltung der Schriftform unwirksam sei. Aufgrund der falschen Nummerierung der Nachträge und weil die Nachträge nicht ordnungsgemäß in den Mietvertrag einbezogen worden seien.

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Die Klägerin hat beantragt,

10

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Gewerberaummietverhältnis auf dem Grundstück L. Chaussee 147, H., Mietfläche 01 b zum 31.12.2011 beendet ist.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Widerklagend hat die Beklagte beantragt,

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die Klägerin zu verurteilen, die Räumlichkeiten im H. Einkaufspark Mietfläche 01.06, Erdgeschoss, 3. Ladenlokal links vom linken Eingang aus gesehen, L. Chaussee 147, H., mindestens im Rahmen folgender Kernöffnungszeiten offen zu halten: montags bis freitags mindestens von 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr, samstags von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr, sowie für ihre Geschäftsart (Werkstatt mit angeschlossenem Verkauf als Computer-Spezialgeschäft) übliche Warensortiment vorrätig zu halten und das Geschäft so zu betreiben, dass die Kundschaft zufriedenstellend bedient werden kann, z. B. durch Beschäftigung einer ausreichenden Anzahl von Mitarbeitern.

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Die Klägerin beantragt,

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die Widerklage abzuweisen.

17

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Anfrage zur Untervermietung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil nicht in ausreichender Weise personen- und vertragsbezogene Daten mitgeteilt worden seien. Überdies fehle es an der Erklärung der Übernahme der Betreiberpflicht. So fehle die Erklärung, wonach dem Untermieter vertraglich auferlegt werde, alle aus dem Mietvertrag bestehenden Ansprüche gegenüber dem Vermieter zu erfüllen, und das direkte Forderungsrecht des Vermieters gegen den Untermieter. Aufgrund der Osterfeiertage und eines krankheitsbedingten Ausfalls des Centermanagers sei die Frist unangemessen kurz gewesen. Allein das Schweigen stelle keine Verweigerung der Untervermietung dar. Die Schriftform sei gewahrt, weil in Nachträgen stets Bezug auf den ursprünglichen Mietvertrag genommen worden sei. Selbst wenn man die Falschnummerierung als Formfehler ansehen sollte, sei dies im Nachtrag Nr. 6, in dem auf sämtliche vorhergehende Nachträge Bezug genommen worden sei, geheilt worden. Der Klägerin sei es aber auch aufgrund der Klausel im Nachtrag Nr. 4 verwehrt, sich auf Formmängel zu berufen.

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Im Übrigen hat die Beklagte einen ernsthaften Anmietungswillen durch den benannten Untermieter bestritten.

19

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt, es sei ausreichend gewesen, dass die Person des Untermieters namentlich benannt wurde. Weitere Angaben habe die Klägerin lediglich auf entsprechende Nachfrage abgeben müssen. Das Schweigen der Beklagten sei als Ablehnung zu werten. Hierbei sei auch nicht zu berücksichtigen, dass der Centermanager erkrankt gewesen sei. Als vollkaufmännisches Unternehmen obliege es der Beklagten, ihre jederzeitige Erreichbarkeit sicherzustellen.

20

Hieraus ergebe sich, dass die Beklagte keinen Anspruch darauf habe, dass der Geschäftsbetrieb über den 31.12.2011 hinaus bis zum 30.06.2012 aufrechterhalten werde.

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Gegen das ihr am 23.04.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 23. Mai 2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit am 27. Juni 2012 eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung um einen Monat zu verlängern. Gleichzeitig hat sie beantragt, der Beklagten gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Widereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

22

Mit Senatsbeschluss vom 3. Juli 2012 hat der Senat der Beklagten Widereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt und die Frist bis zum 23. Juli 2012 verlängert. Die Berufungsbegründung ist am 23. Juli 2012 eingegangen.

23

Die Beklagte rügt das erstinstanzliche Urteil und vertritt die Auffassung, das Landgericht habe nicht das Vorhandensein eines zur Anmietung bereiten Untermietinteressenten unterstellen dürfen. Weder dies, noch die Behauptung, der Untermietinteressent stehe nunmehr nicht mehr zur Verfügung, habe das Landgericht so hinnehmen dürfen. Weiterhin vertritt die Beklagte die Auffassung, es seien keine ausreichenden Daten des Untermietinteressenten beigebracht worden, so dass ein wirksames Verlangen der Zustimmung zur Untervermietung nicht gegeben gewesen sei. Hinsichtlich der Widerklage erklärt die Beklagte Erledigung aufgrund des Zeitablaufs.

24

Die Beklagte beantragt,

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1. unter Abänderung des am 17.04.2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle, Az.: 8 O 1074/11, die Klage abzuweisen,

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2. die Widerklage für erledigt zu erklären.

27

Die Klägerin beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Die Klägerin schließt sich der Erledigungserklärung an, führt hierzu jedoch aus, dass dieser ein eigenständiger Wert zukomme, da die Klägerin davon ausgehe, dass unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Kündigung eine Betriebspflicht nicht bestanden habe, da diese Klausel unwirksam sei.

30

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

31

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen S. M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. Oktober 2012 verwiesen.

II.

32

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen nach §§ 517, 519, 520 ZPO zulässig.

33

Nachdem die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss vom 04.07.2012 bewilligt worden ist, bestehen keine Zweifel mehr an der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung. Die Widereinsetzung ist zu bewilligen gewesen, weil gerichtsbekannt die Telefaxanlage des Oberlandesgerichts an dem fraglichen Tage ausgefallen war.

34

Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang.

35

Zu Unrecht hat das Landgericht der Klage mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben.

36

Im Berufungsverfahren sind Entscheidungen des ersten Rechtszuges gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf überprüfbar, ob die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung i. S. v. § 546 ZPO beruht oder ob die der Verhandlung und Entscheidung des Berufungsrechtsstreits nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist grundsätzlich von den durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen auszugehen. Das Berufungsgericht hat nur zu überprüfen, ob konkrete Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

37

Zweifel daran bestanden insoweit, als der Senat die Erhebung eines Beweises als erforderlich ansah.

38

Danach stellt sich die Klage als unbegründet dar.

39

Die Klägerin war nicht berechtigt, das Mietverhältnis zum 31.12.2011 zu kündigen.

40

Die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses war nicht zulässig.

41

Der Mietvertrag sah eine früheste Kündigung zum 30.06.2012 vor. Hieran sind die Parteien gebunden. Der Klägerin ist es nämlich verwehrt, sich auf eine eventuelle Formnichtigkeit des Mietvertrages zu berufen.

42

Zwar verstößt es grundsätzlich nicht gegen § 242 BGB, aus der Formunwirksamkeit eines Geschäftes Einwendungen herzuleiten. Die Vorschrift darf ferner nicht dazu benutzt werden, einen Streitfall nach allgemeinen Billigkeitserwägungen zu entscheiden.

43

Haben jedoch die Parteien für den Fall eines Mangels die Nachholung der Form vereinbart, greifen die in § 550 BGB vorgesehenen Rechtsfolgen nicht ein (vgl. OLG Düsseldorf, NZM 2005, 147; OLG Köln, GuT 2006, 14; Wiechert, ZMR 2006, 259; JuG, NZM 2006, 913; Timmel/Hülk, NZM 2008, 774). In einer solchen Konstellation wäre der Gegner berechtigt, die andere Partei auf Abschluss eines schriftlichen Vertrages zu verklagen. Ein derartiger Anspruch macht die auf dem bisher vorliegenden Formmangel gestützte Kündigung des Gegners treuwidrig (vgl. BGH, MDR 1964, 229; OLG München, NJW-RR 1996 1223). Die Treuwidrigkeit folgt daraus, dass derjenige, der den Formmangel für sich in Anspruch nimmt, etwas verlangt, was er sofort wieder herausgeben müsste (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).

44

Im Streitfall haben die Parteien in der 4. Nachtragsvereinbarung wie im Tatbestand dargestellt, Abholung der Schriftform vereinbart.

45

Die Klägerin hat hier Verpflichtungen übernommen, einen sie eventuell begünstigenden Mangel der Form zu beheben. Eine Berufung auf die fehlende Schriftform war insoweit nicht möglich.

46

Die Klägerin war auch nicht zur Kündigung berechtigt, weil die Untervermietung zu Unrecht versagt worden wäre.

47

Es liegt ein ausreichendes Untermietbegehren vor.

48

Eine Untervermietung hat für den Vermieter einer Gewerbeimmobilie zumindest mittelbare Konsequenzen. Wenn der Dritte nicht über ausreichende Bonität verfügt, muss der Vermieter befürchten, dass auch der Hauptmieter – mangels eigener Mieteinnahmen – seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Zudem ist für den Vermieter wichtig, dass der Dritte auch etwaige nicht-monitäre Pflichten zuverlässig erfüllt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die hier vereinbarte Betriebspflicht, die für die Attraktivität des Standortes von maßgeblicher Bedeutung ist. Denn ein Einkaufszentrum lebt davon, dass der Kunde in bestimmten Kernöffnungszeiten auf das gesamte, sich ergänzende Angebot der einzelnen Läden zurückgreifen kann.

49

Um diese Konsequenzen bei der Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis berücksichtigen zu können, muss das Untermietbegehren bestimmten inhaltlichen Anforderungen genügen. Erforderlich sind im Allgemeinen, wobei nach den Umständen des Einzelfalls auch geringere oder strengere Anforderungen gemacht werden können (vgl. Schmidt-Futterer, MietR, 10. Aufl., § 540 Rn. 68; Sternel, MietR aktuell, 4. Aufl., Rn. VI 175 ff.).

50

Nach dem OLG Dresden, NZM 2004, 462, sind Angaben zu Name, Geburtsdatum, Adresse und Adresse des Untermieter erforderlich, denn nur dann ist dem Vermieter eine Beurteilung und die Einholung von Kreditauskünften möglich.

51

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit Schreiben vom 14.04.2011 diese Auskünfte mitgeteilt. Eine Ausnahme besteht lediglich beim Geburtsdatum. Das ist aber nicht so bedeutsam, weil eine Kontaktaufnahme und die konkrete Zuordnung des Nachmieters anhand der übermittelten Daten bei Wirtschaftsauskunfteien möglich sind.

52

Dem Vermieter müssen ferner die Bedingungen des Mietvertrages mitgeteilt werden, insbesondere Nutzungsart, Miethöhe, Laufzeit des Vertrages, etwaige Kündigungsmöglichkeiten und die Übernahme der Betriebspflicht (vgl. OLG Hamm, DWW 1996, 162). Diese Angaben sind aber nur auf Anfrage mitzuteilen. Sie gehören also nicht zu den absolut zwingenden Mindestangaben, die zur Erfüllung der Informationsobliegenheit des Mieters gehören und eine Kündigungsmöglichkeit nach § 540 Satz 1 BGB Abs. 1 Satz 2 BGB erst eröffnen.

53

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin sich darauf beschränkt mitzuteilen, dass der Dritte dasselbe Gewerbe betreibt (Handeln mit und Reparatur von IT-Produkten). Weitere Informationen hat er in dem Schreiben ausdrücklich angeboten; sie wurden von der Klägerin aber nicht abgerufen. Damit liegt ein wirksames Untervermietungsverlangen vor.

54

Diese Erlaubnis hat die Beklagte verweigert.

55

Ob es als eine Verweigerung der Erlaubnis verstanden werden kann, wenn der Vermieter auf eine entsprechende Anfrage des Mieters nicht in einer gesetzten bzw. angemessenen Frist reagiert, ist umstritten und Schweigen stellt an sich keine Willenserklärung dar. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Angesprochene verpflichtet ist, sich zu erklären (vgl. Palandt, BGB, 71. Aufl., vor § 116 Rn. 7, 10). Eine solche Pflicht kann dem Schweigenden nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB treffen. Hiervon ist auszugehen, wenn der Mieter ein ausreichendes Untermietbegehren an den Vermieter heranträgt und eine Untervermietung auch nicht generell ausgeschlossen ist (vgl. OLG Koblenz, WUM 2001, 272).

56

Im vorliegenden Fall haben die Parteien in § 17 Nr. 2 des Mietvertrages vereinbart, dass die Beklagte (Vermieterin) die Erlaubnis nicht versagen soll, wenn schwerwiegende Gründe in der Person insbesondere den finanziellen Verhältnissen des Untervermieters, nicht entgegenstehen. Daraus ergibt sich ein Anspruch auf "ermessensfehlerfreie Bescheidung" des Anspruchs, die hier jedoch unterblieb.

57

Die Klägerin hatte in ihrem Schreiben vom 14.04.2011 eine Frist zur Erklärung zum 02.05.2011 gesetzt. Zwar fielen mehrere Feiertage in die Frist, es bleiben aber rund zwei Wochen. Diese Frist war angemessen. Zudem durfte die Klägerin erwarten, dass die Vollständigkeit des Antrags geprüft und gegebenenfalls etwaige weitere Informationen angefordert werden, was zu einer Verlängerung der Frist geführt hätte.

58

Auf eine Krankheit des Centermanagers kann sich die Beklagte nicht berufen. Weil eine KG eine Handelsgesellschaft ist, muss sie für den Ausfall von Personal etwa durch Vertretungsregelung Sorge treffen und eine ständige Ansprechbarkeit gewährleisten.

59

Wenn die Klägerin die Kündigung am 06.05.2011 aussprechen durfte, ist ohne Bedeutung, dass sie auf die weiteren Schreiben des Beklagten vom 13.02.2011 aufgezählten Nachfragen zu benannten Nachmietern nicht mehr eingegangen ist.

60

Eine Ausnahme von der Kündigung liegt jedoch vor, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. Ob der als Ersatzmieter benannte S. M. tatsächlich bereit war, das Lokal anzumieten, war zwischen den Parteien streitig. Das hat die Berufung zu Recht gerügt.

61

Nach durchgeführter Beweisaufnahme geht der Senat davon aus, dass ein ernstzunehmender Anmietungswillen des Zeugen S. M. nicht vorlag. Der Zeuge M. hat in sehr offener und glaubwürdiger Form als Zeuge dargelegt, dass über die Miete gar nicht gesprochen worden sei und er derzeit die Reparatur von Computern als Hobby betreibe; er habe ab dem Jahr 2012 dieser Tätigkeit hauptberuflich nachgehen wollen. Der Laden habe tatsächlich gar nicht für ihn allein sein sollen. Es habe eine Überlegung gegeben, irgendwelche Partner hineinzunehmen und dort Ersatzteile für Pkw, Motorräder etc. zu verkaufen. Ihm sei nicht gesagt worden, er hätte den Laden ab 01.07.2011 anmieten sollen. Für ihn habe der Zeitpunkt 01.01.2012 bestanden. Von den vertraglichen Eckpunkten zwischen der Klägerin und der Beklagten habe er nichts gewusst.

62

Nach dieser Aussage steht für den Senat fest, dass Herr M. tatsächlich gar kein ernsthaftes Interesse an dem Ladenlokal hatte. Hierzu fehlte ihm bereits die Kenntnis der Umstände des Mietvertrages insgesamt. Insbesondere aber ging Herr M. nicht davon aus, den Laden bereits zum 01.07.2011 zu übernehmen. Insoweit bestand keinerlei Anmietungsinteresse, vor allem nicht an der gesamten Fläche. Insgesamt wäre Herr M. als Mieter auch völlig ungeeignet gewesen. Es handelte sich um eine vollkommen unausgegorene Idee, sich irgendwann einmal selbständig zu machen. Im Übrigen ist der Zeuge M. nicht vom Fach, so dass die Beklagte jederzeit die Vermietung hätte ablehnen können.

63

Damit liegt kein ernsthaftes Untervermietungsbegehren vor, so dass hierauf die Kündigung nicht gestützt werden konnte.

64

Mithin unterliegt die Klage der Abweisung.

65

Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Betriebspflicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

66

Die Betriebspflicht ist zwischen den Parteien wirksam vereinbart worden.

67

Die Klägerin irrt, wenn sie meint, der Senat habe im Urteil 9 U 38/12 die Betriebspflicht als unwirksam vereinbart angesehen. In diesem Urteil hat der Senat festgestellt, dass irgendwelche Klauseln zur Betriebspflicht auch formularmäßig wirksam vereinbart werden können (vgl. BGH, ZMR 1992, 292, 294). Der Senat hat lediglich die darauf gegründete Vertragsstrafe als nicht verwirkt, weil nicht wirksam vereinbart, angesehen.

68

Somit hätte der Klägerin die Betriebspflicht bis zum 30.06.2012 oblegen, so dass bis zum erledigenden Ereignis die Widerklage zulässig und begründet war.

69

Insoweit hat die Klägerin die Kosten des erledigten Teils des Verfahrens zu tragen.

70

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 710 ZPO.

71

Gegen dieses Urteil hat der Senat die Revision nicht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 zugelassen. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). In dem Berufungsrechtsstreit sind keine die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründenden klärungsbedürftigen Rechtsfragen aufgeworfen.

72

Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

73

Den Streitwert hat der Senat zugleich für die erste Instanz festgesetzt (§ 63 Abs. 3 GKG).

74

Es war zu berücksichtigen, dass der Betriebspflicht tatsächlich ein eigenständiger Wert zukommt. Zwar könnte man, wie das Landgericht, die Auffassung vertreten, dass die eine Entscheidung die andere bedingt. Dies ist indes nicht der Fall. Die Klägerin hat nunmehr nochmals in der Berufung klargestellt hat, geht sie davon aus, dass die Betriebspflicht nicht wirksam vereinbart worden ist. Da kommt ihr aber eine eigenständige Bedeutung zu.

75

Den Wert der Betriebspflicht setzt der Senat mit 50 % der Miete an.


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