Urteil vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 8 U 347/09 - 88

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.6.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 1 O 254/08 – wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger begehrt nach erfolgtem Widerruf eines von ihm mit der beklagten Bank geschlossenen, der Finanzierung des Kaufpreises für einen gebrauchten Pkw dienenden Verbraucherdarlehensvertrags die Rückabwicklung des mit diesem verbundenen Kaufvertrags über den Pkw.

Die Parteien streiten ausschließlich darüber, ob der Kläger über das ihm hinsichtlich des Darlehensvertrags zustehende Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist, die Widerrufsfrist dementsprechend zu laufen begonnen hat und er deshalb seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung infolge Fristablaufs nicht mehr wirksam widerrufen konnte. Der Kläger hat sich insoweit auf eine Vielzahl von Mängeln der von der Beklagten in dem zwischen den Parteien geschlossenen Kreditvertrag vom 23.4./23.5.2008 (Anlage K 2 = GA 15 ff.) erteilten Widerrufsbelehrung berufen, unter anderem darauf, dass die in der Belehrung angegebene Postfachanschrift der Beklagten als Widerrufsadressatin nicht ausreichend sei.

Durch das angefochtene Urteil (GA 87 - 94), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 9.271,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.9.2008 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe des VW Passat TDI Variant ABT, Fahrgestell-Nr. amtliches Kennzeichen zum Zeitpunkt der Klageerhebung. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, auch wenn der Widerruf nach Ablauf der Zweiwochenfrist ab Erteilung der Widerrufsbelehrung erfolgt sei. Denn mangels ordnungsgemäßer Belehrung habe die Frist nicht zu laufen begonnen und das Widerrufsrecht auch nicht erlöschen können. Im Falle der Verwendung des amtlichen Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV sei nach dem Gestaltungshinweis Ziffer 3. zu dieser Anlage die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Widerrufsadressaten ebenso erforderlich wie nach § 14 Abs. 4 BGB-InfoV im Falle der Nichtverwendung dieses Musters. Danach müsse also eine Hausanschrift und nicht nur eine Postfachanschrift angegeben werden. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor Inkrafttreten der BGB-InfoV unter Anschrift i. S. des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht die Hausanschrift, sondern die Postanschrift und dementsprechend auch die Postfachanschrift zu verstehen sei, sei diese Rechtsprechung durch die Einführung von § 14 BGB-InfoV obsolet geworden. Ausgehend hiervon genüge die von der Beklagten in ihrer Widerrufsbelehrung lediglich angegebene Postfachanschrift nicht den gesetzlichen Anforderungen. Dieser Mangel werde auch nicht dadurch geheilt, dass am unteren Rand der Seite eine Hausanschrift in abgedruckt sei, da jedenfalls unklar bleibe, welche der Anschriften zur Ausübung des Widerrufsrechts maßgeblich sein solle.

Damit sei der Kläger auch nicht mehr an den mit dem Darlehensvertrag verbundenen Kaufvertrag gebunden. Da das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits valutiert gewesen sei, habe die Rückabwicklung des Kaufvertrags zwischen den Parteien zu erfolgen. Demgemäß habe die Beklagte Wertersatz für das von dem Kläger ursprünglich in Zahlung gegebene und inzwischen weiterveräußerte Altfahrzeug zu leisten. Von dem insoweit vereinbarten Preis in Höhe von 14.700,-- EUR sei entsprechend den Vereinbarungen des Klägers mit der Verkäuferin ein Betrag in Höhe von 3.000,-- EUR in Abzug zu bringen, den die Verkäuferin zur Ablösung des der Finanzierung des Altfahrzeugs des Klägers dienenden Kredits aufgewendet habe. Zudem habe sich der Kläger eine Nutzungsvergütung in unstreitiger Höhe von 2.428,76 EUR anrechnen zu lassen, so dass sich ein Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 9.271,24 EUR errechne. Andererseits habe der Kläger – wie von ihm beantragt – das finanzierte Fahrzeug Zug um Zug an die Beklagte herauszugeben.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Sie meint, das Landgericht habe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB zu Unrecht für überholt erachtet. Es habe verkannt, dass die BGB-InfoV als Verordnung unterhalb des Gesetzes stehe. Zudem genüge die Angabe einer Postfachadresse auch den Anforderungen des § 14 Abs. 4 BGB-InfoV (ladungsfähige Anschrift).

Die Beklagte beantragt (GA 105, 173),

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt (GA 142, 173),

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung seiner früheren Argumente entgegen. Ergänzend meint der Kläger, die Auslegung des Worts „Anschrift“ in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB als geographische Adresse sei im Hinblick auf die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 zwingend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 8.7.2010 (GA 173 f.) Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist mithin zulässig.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

I.

Auf den zwischen den Parteien im Jahre 2008 geschlossenen Darlehensvertrag sind das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB). Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29.7.2009 (BGBl I S. 2355) mit Wirkung vom 11.6.2010 eingetretenen Änderungen der §§ 355 bis 357, 359 BGB und Neuregelungen der §§ 359a, 360 BGB, nach denen nunmehr unter anderem die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Widerrufsadressaten in der Widerrufsbelehrung schon im Gesetz vorgeschrieben ist (§ 360 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F.), erfassen nur die nach dem 10.6.2010 geschlossenen Verträge (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., Vorb. v. § 355 Rdnr. 6; Palandt/Sprau, a. a. O., Art. 229 § 22 EGBGB Rdnr. 4). Die nachstehend zitierten Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der BGB-Informationspflichten-Verordnung beziehen sich daher auf deren bis zum 10.6.2010 maßgeblichen Fassungen.

II.

Das Landgericht hat dem Kläger mit Recht gemäß den §§ 346, 357 Abs. 1, 358 Abs. 4 BGB einen – gemäß § 348 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu erfüllenden – Zahlungsanspruch in Höhe von 9.271,24 EUR zuerkannt.

1. Der Kläger hat seine auf Abschluss des Darlehensvertrags mit der Beklagten gerichtete Willenserklärung mit anwaltlichem Schreiben seiner nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 13.6.2008 (Anlage K 7 = GA 22) wirksam widerrufen. Das dem Kläger gemäß 495 Abs. 1 BGB zustehende Widerrufsrecht nach § 355 BGB hat im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch bestanden, da die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB i. V. mit § 14 Abs. 1 BGB-InfoV bzw. § 14 Abs. 4 BGB-InfoV entspricht, die Widerrufsfrist daher nicht zu laufen begann und das Widerrufsrecht auch nicht erlöschen konnte (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Die Widerrufsbelehrung der Beklagten in dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag genügt nicht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB i. V. mit § 14 Abs. 1 BGB-InfoV bzw. § 14 Abs. 4 BGB-InfoV, da in ihr als Anschrift des Widerrufsadressaten keine ladungsfähige Anschrift, sondern nur eine Postfachanschrift angegeben ist. Hiervon ist das Landgericht auch in Ansehung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 11.4.2002 (I ZR 306/99, NJW 2002, 2391 ff. – Postfachanschrift) entgegen der Auffassung der Beklagten mit Recht ausgegangen (ebenso OLG Koblenz NJW 2006, 919 ff. Tz. 21 ff., zit. nach juris; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 355 Rdnr. 14; jurisPK-BGB/Wildemann, 4. Aufl., § 355 Rdnr. 45; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rdnr. 34; a. A.: OLG Koblenz NJW 2005, 3430 f. Tz. 30 ff., zit. nach juris, allerdings obiter dictum; LG Kassel WM 2007, 499 ff. Tz. 22 ff., zit. nach juris).

a) Zwar verlangt § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen Fassung lediglich die Angabe der „Anschrift“ des Widerrufsadressaten. Jedoch hat der Gesetzgeber das Bundesministerium der Justiz zugleich ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats nicht bedarf, den Inhalt und die Gestaltung der dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB mitzuteilenden Widerrufsbelehrung festzulegen. Hiervon hat das Bundesministerium der Justiz Gebrauch gemacht, indem es durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 5.8.2002 (BGBl I S. 3002) mit Wirkung vom 1.9.2002 in diese § 14 sowie die Muster der Anlagen 2 und 3 zu dieser Bestimmung eingefügt hat.

aa) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird. Nach dem Gestaltungshinweis Ziffer 3. der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV (Muster für die Widerrufsbelehrung) muss die ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten angegeben werden. Hieran hat auch die Dritte Verordnung zur Änderung der Informationspflichten-Verordnung vom 4.3.2008 (BGBl I S. 292), mit der die Muster der Anlagen 2 und 3 zu § 14 BGB-InfoV mit Wirkung vom 1.4.2008 grundlegend überarbeitet wurden, nichts geändert. Das Erfordernis der Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Widerrufsadressaten ergab sich nach dieser Änderung aus dem Gestaltungshinweis Ziffer 4. Im Übrigen konnten die bis zum 31.3.2008 geltenden Muster noch bis zum 30.9.2008 verwendet werden, um in den Genuss der Anwendung des § 14 Abs. 1 bis 3 BGB-InfoV zu gelangen (§ 16 BGB-InfoV).

bb) Nach § 14 Abs. 4 BGB-InfoV muss der Unternehmer in der Widerrufsbelehrung seine ladungsfähige Anschrift auch dann angeben, wenn er den Verbraucher ohne Verwendung des Musters der Anlage 2 über sein Widerrufsrecht belehrt.

cc) Somit war die Beklagte nach der zum Zeitpunkt der Erteilung ihrer Widerrufsbelehrung im Streitfall bereits maßgebenden Verordnungslage unabhängig davon, ob sie das Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV verwandt hat oder nicht, zur Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Widerrufsadressaten verpflichtet.

b) Die durch die BGB-Informationspflichten-Verordnung erfolgte Konkretisierung des Worts „Anschrift“ in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB als „ladungsfähige Anschrift“ ist für die Gerichte bindend (Art. 20 Abs. 3 GG). Art. 245 EGBGB stellt eine wirksame Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Verordnung dar (Art. 80 Abs. 1 GG), aufgrund derer das Bundesministerium der Justiz Inhalt und Gestaltung der Belehrung näher festlegen durfte. Die ihm erteilte Ermächtigung hat das Bundesministerium der Justiz durch das aufgestellte Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift nicht überschritten. Die Ermächtigung gibt dem Verordnungsgeber nach ihrem Sinn und Zweck das Recht, den Umfang der Belehrung im Interesse des Verbrauchers zu ergänzen, aber auch bei bestimmten Informationen im Interesse einer Typisierung einschränkend zu konkretisieren (vgl. OLG Koblenz NJW 2006, 919 ff. Tz. 24 f.; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 14 BGB-InfoV Rdnr. 6; Staudinger/Kaiser, a. a. O.). Innerhalb dieses ihm vom parlamentarischen Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsraums hat sich das Bundesministerium der Justiz durch das von ihm festgelegte Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift gehalten, ohne hiermit gegen die höherrangige Bestimmung des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB zu verstoßen, zumal diese insoweit ihrem Wortlaut nach nicht eindeutig war (vgl. BGH NJW 2002, 2391 ff. Tz. 13, zit. nach juris).

c) Dem Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift genügt die Angabe einer bloßen Postfachanschrift nicht (vgl. BVerwG NJW 1999, 2608 ff. Tz. 32, zit. nach juris; BGH NJW 2002, 2391 ff. Tz. 20, zit. nach juris; OLG Koblenz NJW 2006, 919 ff. Tz. 21; jurisPK-BGB/Wildemann, a. a. O.). Denn unter einer ladungsfähigen Anschrift ist die Hausanschrift, also diejenige Anschrift, unter der eine Person tatsächlich wohnt oder ihren Geschäftssitz hat und somit zu erreichen ist, zu verstehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass eine Ladung mit Hilfe eines Postfachs zugestellt werden kann. Denn aus dem Ausdruck „ladungsfähige Anschrift“ kann nicht hergeleitet werden, es genüge ihre Eignung, Ladungen zu übermitteln. Das wäre schon deshalb unzutreffend, weil eine Ladung wie jede andere Zustellung nach § 177 ZPO an jedem Ort bewirkt werden kann, an dem die Person, der sie zugestellt werden soll, angetroffen wird, notfalls also auch auf der Straße oder an anderen öffentlichen Orten (vgl. BVerwG, a. a. O.). Im Hinblick auf diese zum Zeitpunkt der Einfügung des § 14 in die BGB-Informationspflichten-Verordnung schon seit Jahren existierende höchstrichterliche Rechtsprechung kann auch nicht davon ausgegangen werden, der Verordnungsgeber habe den Ausdruck „ladungsfähige Anschrift“ in Unkenntnis seiner wahren Bedeutung gewählt. Der hiervon – soweit ersichtlich allein – abweichenden Auffassung des Landgerichts Kassel in der zitierten Entscheidung, dessen Ausführungen sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung zu Eigen macht, vermag sich der Senat daher nicht anzuschließen.

d) Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.4.2002, wonach unter dem Begriff „Anschrift“ i. S. des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht die Hausanschrift, sondern die Postanschrift und dementsprechend auch die Postfachanschrift zu verstehen ist, steht dem – wie das Landgericht mit Recht angenommen hat – nicht entgegen, weil sie zu einem Zeitpunkt ergangen ist, zu dem § 14 BGB-InfoV und die Muster der Anlagen 2 und 3 zu dieser Bestimmung noch nicht in die BGB-Informationspflichten-Verordnung eingefügt waren, weshalb sie bei der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB noch nicht berücksichtigt werden konnten, und sich die Rechtslage danach – wie ausgeführt – durch die Einfügung der genannten Bestimmungen in die BGB-Informationspflichten-Verordnung geändert hat (vgl. OLG Koblenz NJW 2006, 919 ff. Tz. 22, zit. nach juris; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 355 Rdnr. 14; jurisPK-BGB/Wildemann, a. a. O., § 355 Rdnr. 45; Staudinger/Kaiser, a. a. O., § 355 Rdnr. 34).

e) Darauf, ob – wie der Kläger meint – die Bestimmung des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB im Lichte der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rats (ABl L 133 v. 22.5.2008, S. 66 – 92) zwingend dahin auszulegen ist, dass die Widerrufsbelehrung die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Widerrufsadressaten erfordert, kommt es demnach nicht an. Unabhängig hiervon wäre dies jedenfalls für den hier zu beurteilenden Zeitraum aber schon deshalb nicht der Fall, weil diese erst seit dem 21.6.2008 gültige Richtlinie eine Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten bis zum 12.5.2010 vorsah (Art. 27 Abs. 1) und zudem nicht für die am Tag des Inkrafttretens der innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahme bereits – wie hier – laufenden Kreditverträge gilt (Art. 30 Abs. 1).

f) Demnach war die von der Beklagten in ihrer Widerrufsbelehrung lediglich angegebene Postfachanschrift nicht ausreichend und die Belehrung daher nicht ordnungsgemäß, so dass dahingestellt bleiben kann, ob sie auch aus anderen, von dem Kläger geltend gemachten Gründen nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung entsprach. Eine andere Beurteilung ist – wie das Landgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat – auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil auf der ersten Seite des Kreditvertrags unterhalb der durch Einrahmung hervorgehobenen Widerrufsbelehrung in ebenfalls eingerahmter Form die Hausanschrift der Beklagten in angegeben ist. Denn in Anbetracht des klaren Wortlauts der genannten Bestimmungen muss die ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten in der Widerrufsbelehrung selbst enthalten sein (vgl. jurisPK-BGB/Wildemann, a. a. O., § 355 Rdnr. 46). Nach dem Inhalt der von der Beklagten gewählten Gestaltung kann die Widerrufserklärung nur an die angegebene Postfachanschrift und damit gerade nicht an die ebenfalls angegebene Hausanschrift gerichtet werden.

g) Auf die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall kommt es für den Lauf der Widerrufsfrist nicht an (vgl. BGH NJW 2009, 3020 ff. Tz. 25, zit. nach juris).

2. Infolge des wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrags ist der Kläger auch nicht mehr an den mit diesem verbundenen Kaufvertrag über den Pkw gebunden (§ 358 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 BGB) mit der Folge, dass auch der Kaufvertrag zwischen den Parteien rückabzuwickeln ist (§§ 346 ff., 357, 358 Abs. 4 BGB). Gegen die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des dem Kläger zustehenden Rückgewähranspruchs hat die Beklagte mit ihrer Berufung keine Einwendungen geltend gemacht. Bedenken insoweit bestehen auch nicht, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen wird.

III.

Die zuerkannten Zinsen sind gemäß den §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

V.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Auffassung des Senats in dem hier entscheidungserheblichen Punkt entspricht derjenigen des Oberlandesgerichts Koblenz in seinem Urteil vom 9.1.2006 (NJW 2006, 919 ff.) und der – soweit ersichtlich – einhelligen Ansicht in der Literatur. Eine Divergenz liegt weder zu dem zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.4.2002 noch in einem entscheidungserheblichen Punkt zu der Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz in seinem Urteil vom 21.7.2005 (NJW 2005, 3430 f.), dessen Ausführungen insoweit lediglich eine Hilfsbegründung zu der bereits aus anderen Gründen von ihm für richtig erachteten Entscheidung darstellen, vor (vgl. OLG Koblenz NJW 2006, 919 ff. Tz. 34 ff., zit. nach juris).

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