Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 5 W 212/11 - 94

Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird Rechtsanwalt R. für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens beigeordnet.

2. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 2.9.2011 (5 O 59/11) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Betroffene, der seit seinem 13. Lebensjahr Alkohol konsumiert hat, wurde mit Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11.12.1970 (2. – j 27/70) unter anderem wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von 10 Jahren verurteilt. Vor der Tat hatte er Bier getrunken (BAK 2 ‰). Er zwang das Tatopfer, ein damals 16 Jahre altes Mädchen, zum Geschlechtsverkehr und erwürgte es dabei.

Am 12.6.1979 wurde er aus der Haft entlassen. Sieben Wochen später, am 30.7.1979, begegnete er einer ihm bis dahin unbekannten Frau in einem Treppenhaus. Er drängte sich in ihre Wohnung, wo er sie fragte, ob sie "die Pille" nehme, sie am Hals packte und würgte, bis ihr schwindlig wurde. Die Frau konnte sich durch Treten und Kratzen befreien und aus dem Haus flüchten. Der Betroffene wurde wegen dieser Tat am 3.8.1979 inhaftiert. Das Landgericht Saarbrücken verurteilte ihn am 9.5.1980 (4 – 4/80, 7 Js 10686/79) wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Nach seiner Haftentlassung am 4.2.1983 hielt er sich zumeist in England auf. Feststehende Informationen über etwaige dort begangene Straftaten liegen derzeit nicht vor. Im Februar 1988 begab er sich ins Saarland. An den Fastnachtstagen trank er erhebliche Mengen Alkohol. Er lernte am 17.2.1988 eine Frau kennen, die er auf ihrem Nachhauseweg verfolgte. Er griff sie am Hals, würgte sie und zerrte sie in ein Waldgelände. Trotz heftiger Gegenwehr gelang es ihm, ihr die Kleider auszuziehen. Er schlug auf die Frau ein – zum beabsichtigten Geschlechtsverkehr kam es wegen einer vorzeitigen Ejakulation nicht – und ließ sie bei Temperaturen um 0°C unbekleidet auf dem Waldboden zurück. Sie wurde gegen Mitternacht – verletzt, unterkühlt und in einem Schockzustand – von einer Passantin gefunden und musste stationär, zunächst intensivmedizinisch, behandelt werden. Das Landgericht Saarbrücken ging aufgrund einer gerichtspsychiatrischen Begutachtung (Dr. Rö.) von einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB nach jahrelangem Alkoholabusus mit der Folge einer Persönlichkeitsstörung aus und hielt außerdem wegen der akuten Alkoholisierung eine Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB für nicht sicher ausschließbar. Es verurteilte den Betroffenen am 28.9.1989 (1 – 2/89 SchwG) wegen vorsätzlichen Vollrauschs gemäß § 323a StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und ordnete zugleich gemäß § 63 StGB die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Aufgrund dieser Anordnung befand der Betroffene sich ab dem 11.10.1989 im Maßregelvollzug im damaligen Landeskrankenhaus in Merzig. Er entwich bei einem begleiteten Stadtausgang am 23.2.1990. Er betrank sich und suchte ein Bordell auf. Dort sprang er eine Prostituierte, mit der er sich in ein Zimmer begeben hatte, von hinten an, hielt ihr den Mund zu und würgte sie am Hals. Die Frau wehrte sich, er kratzte sie im Gesicht, griff ihr mit beiden Händen in die Haare und zog den Kopf nach hinten. Als eine andere Prostituierte aufmerksam wurde, löste sie einen Alarm aus, und der Betroffene konnte von der Polizei gestellt werden. Er hatte zur Tatzeit eine Blutalkoholkonzentration von 1,53 ‰. Das Landgericht Trier (Urteil vom 28.2.1991 – 2 Js 2399/90) konstatierte auf der Grundlage einer psychiatrischen Begutachtung (Dr. G.) eine schwer wiegende Persönlichkeitsfehlentwicklung und vermochte im Hinblick auf den hinzutretenden Alkoholkonsum eine Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB nicht sicher auszuschließen. Es ordnete deshalb gemäß § 63 StGB (nur) die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Am 5.4.1991 gelang dem Betroffenen erneut die Flucht. Er wurde Ende August in England verhaftet und nach Deutschland verbracht. Am 4.5.1992 floh er nochmals, wurde in Hamburg aufgegriffen und befand sich ab dem 14.9.1992 wieder im Maßregelvollzug. Ab dem Jahr 1998 nahm er in der Klinik homosexuelle Kontakte zu Mitpatienten auf.

Die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Saarbrücken ordnete gemäß § 67 e StGB wiederholt die Fortdauer der Unterbringung an (zuletzt mit Beschluss vom 28.2.2005). Nach externer Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. K. erklärte sie mit Entscheidung vom 28.11.2005 die durch das Landgericht Saarbrücken am 28.9.1989 und die durch das Landgericht Trier am 28.2.1991 angeordneten Maßregeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Abs. 6 StGB für erledigt. Zwar sei der Betroffene weiterhin gefährlich, allerdings nicht erheblich in der Schuldfähigkeit beeinträchtigt. Er wurde ab dem 23.12.2005 in Strafhaft umgesetzt. Das Strafende war auf den 22.6.2007 notiert.

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken beantragte vor Beendigung der Strafhaft beim Landgericht Saarbrücken unter dem 14.11.2006 die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB (in der bis zum 17.4.2007 geltenden Fassung). Das Landgericht erließ während des Verfahrens (am 15.6.2007, siehe Bl. 25 d. A.) einen Unterbringungsbefehl gemäß § 275a Abs. 5 StPO (in der bis zum 11.7.2008 geltenden Fassung: Unterbringungsbefehl bis zur Rechtskraft des Urteils, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass nachträgliche Sicherungsverwahrung [§ 66b StGB a. F.] angeordnet werde). Es gab mit Urteil vom 4.4.2007 (14 - AR 26/06 SchwG, 40 VRS 626/89) dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt und ordnete gegen den Betroffenen die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.

Der Betroffene – nach der Verbüßung seiner Restfreiheitsstrafe seit dem 23.6.2007 gemäß dem Unterbringungsbefehl des Landgerichts nach § 275a Abs. 5 StPO einstweilen untergebracht – legte gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4.4.2007 erfolgreich Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und wies die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken zurück (BGH, Urt. v. 10.2.2009 – 4 StR 391/07 –). Die nachträgliche Anordnung einer Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB (a. F.) scheide aus, wenn der Verurteilte nach der Erklärung der Erledigung der Unterbringung noch eine Freiheitsstrafe zu verbüßen habe, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden sei. Das sei im Hinblick auf die Verurteilung durch das Landgericht Saarbrücken vom 28.9.1989 der Fall. Anderes gelte für die Anordnung der Unterbringung im Urteil des Landgerichts Trier vom 28.2.1991. Das Landgericht habe nunmehr zu prüfen, ob der Verurteilte auf der Grundlage dieses Urteils gemäß § 66b Abs. 3 StGB (a. F.) nachträglich sicherungsverwahrt werden könne. Dabei müsse – über das Beschlussverfahren der Strafvollstreckungskammer nach § 67d Abs. 6 StGB (a. F.) hinaus – geprüft werden, ob die mögliche qualifizierte Gefährlichkeit des Verurteilten (weiterhin) auf der (dauerhaften) psychischen Störung des Verurteilten im Sinne des § 20 StGB beruhe, die in der Anlassverurteilung zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus geführt habe. Sei dies der Fall, komme eine Unterbringung nach § 66b StGB (a. F.) nicht in Betracht.

Auf die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs ordnete das Landgericht Saarbrücken am 17.7.2009 (2 Ks 2/09) erneut die nachträgliche Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB (a. F.) an. Es führte auf der Grundlage der sachverständigen Begutachtungen aus, es sei zu der Überzeugung gelangt, der Verurteilte werde mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden.

Auch hiergegen legte der Betroffene Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil vom 17.7.2009 auf und wies den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zurück (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – 4 StR 577/09). Das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 66b Abs. 3 StGB (a. F.) zwar rechtsfehlerfrei bejaht, die Vorschrift sei aber gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK nicht auf Taten anwendbar, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden seien. Das folge aus den Grundsätzen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 (Nr. 19359/04). Nach Maßgabe dieses Urteils verstoße im gegebenen Fall die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK, da das Tatzeitrecht für die am 23.2.1990 begangene Anlasstat keine Sicherungsverwahrung angedroht habe. Dies schon deshalb, weil eine Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB nicht habe ausgeschlossen werden können, § 66 Abs. 1 StGB aber in allen Fassungen seit März 1987 die schuldhafte Begehung einer Tat vorausgesetzt habe.

Der Betroffene wurde am 12.5.2010 freigelassen.

Das Landgericht Saarbrücken stellte mit Beschluss vom 7.8.2008 (II StVK 663/08) fest, dass mit der Entlassung aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht eingetreten sei. Die Dauer der Führungsaufsicht wurde auf fünf Jahre festgelegt. Mit Beschluss des Landgerichts vom 26.5.2011 (II BRs 349/10) wurden für die Dauer der Führungsaufsicht – in Abänderung früher erteilter Auflagen und Weisungen – unter anderem folgende Anordnungen (§ 68b StGB) getroffen: Der Betroffene habe den Vorladungen der Aufsichtsstelle und seines Bewährungshelfers Folge zu leisten (Nr. 1), sich mindestens einmal wöchentlich bei seinem Bewährungshelfer einzufinden und von diesem jederzeit zusätzlich bestimmbare Termine einzuhalten (Nr. 2), einen festen Wohnsitz zu begründen und sich umgehend auch polizeilich anzumelden (Nr. 3), jeden Wechsel der Wohnung und des Arbeitsplatzes zu melden (Nr. 5), ständig telefonisch erreichbar zu sein (Nr. 6), sich regelmäßig einem Psychotherapeuten vorzustellen (Nr. 7), keine alkoholischen Getränke oder andere berauschenden Mittel zu sich zu nehmen (Nr. 8), sich auf Aufforderung jederzeit einer Alkoholkontrolle zu unterziehen (Nr. 9) und mit der Nachsorgeeinrichtung SoKoS zusammenzuarbeiten. Diese Anordnungen wurden später ergänzt um die Weisung, mit dem Sozialbeistand zusammenzuarbeiten und den Kontakt zu diesem zu halten (Beschluss des LG Saarbrücken vom 20.7.2010 – II BRs 349/10), sowie um die Weisung, das Gebiet des Bundeslandes Saarland nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen (Beschluss des LG Saarbrücken vom 9.12.2010 – II BRs 349/10).

Am 12.7.2011 hat die Landeshauptstadt Saarbrücken einen Antrag auf Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz und auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Unterbringung für die Dauer von drei Monaten gestellt. Es sei – insbesondere auf der Grundlage der beiden letzten (von insgesamt zwölf) über den Betroffenen erstellten psychiatrischen Gutachten (Gutachten Prof. Dr. Re. vom 6.3.2007 und Gutachten Dr. B. und N. vom 21.3.2007) – von besonderer Gefährlichkeit und großer Rückfallgefahr infolge einer psychischen Störung auszugehen. Ein milderes Mittel etwa im Sinne der Führungsaufsicht sei nicht ersichtlich, weil der Betroffene selbst kurze Zeiten in Freiheit zur Begehung schwerster Straftaten genutzt habe. Auch die Dauerbegleitung durch die Polizei sei unzureichend. Die Antragstellerin ist der Ansicht gewesen, ein sofortiges Tätigwerden sei dringend erforderlich (§ 14 Abs. 1 ThUG; Bl. 7/8 d. A.).

Der Betroffene hat sich dem entgegengestellt. Nach seiner Ansicht ist das Therapieunterbringungsgesetz auf seinen Fall nicht anwendbar, weil er sich zu keinem Zeitpunkt in Sicherungsverwahrung befunden habe, sondern ausschließlich einstweilig gemäß § 275a StPO (a. F.) untergebracht gewesen sei (Bl. 24 d. A.). Der Unterschied manifestiere sich schon in dem Verweis des § 275a StPO (a. F.) auf die §§ 114 ff., insbesondere § 119 StPO, womit ein nur einstweilig Untergebrachter einem Untersuchungshäftling gleichgestellt werde (Bl. 25 d. A.). Sicherungsverwahrung setze eine rechtskräftige Anordnung voraus. Erst dann kämen die für sie geltenden Regelungen zum Tragen (Überprüfungsfristen, Verlegung in eine JVA). Mit Blick auf die Unschuldsvermutung dürfe eine zu Unrecht erlittene Haft – hier die einstweilige Unterbringung – nicht zum Anknüpfungspunkt für rechtliche Nachteile gemacht werden. Der Betroffene sieht sich durch die Gesetzesbegründung, wonach die Therapieunterbringung "im Anschluss an eine aus bestimmten Gründen zu beendende oder bereits beendete Sicherungsverwahrung" erfolgen könne, bestätigt (Bl. 26 d. A.; siehe auch Bl. 54 d. A.). Ferner hat er die Voraussetzung einer "rechtskräftigen Entscheidung" im Sinne des § 1 ThUG als fehlend gerügt. Er wertet die Entscheidung des BGH zur Ablehnung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung nicht als Entscheidung in diesem Sinne (Bl. 53, 55 d. A.). Einer analogen Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes hält der Betroffene das strafrechtliche Analogieverbot entgegen sowie das Erfordernis, Freiheitsentziehungen berechen- und kontrollierbar zu regeln (Bl. 55, 56 d. A.).

Zur (fehlenden) Eilbedürftigkeit hat der Betroffene hervorgehoben, dass er sich während des Zeitraums, als er sich, wenn auch polizeilich überwacht, auf freiem Fuß befunden habe, an die Vorgaben der Führungsaufsicht gehalten habe – wogegen die Antragstellerin sich im Hinblick auf Aufenthalte in Frankreich verwahrt (Bl. 42 d. A.) –, regelmäßig zur Alkoholkontrolle gegangen sei, sich mit seinem Bewährungshelfer getroffen und keine schweren Straftaten begangen habe, auch wenn er unüberwacht in Frankreich gewesen sei. Nach seiner Einschätzung vermögen Vorfälle aus den Jahren 1990 oder 1991 eine aktuelle Gefährdungsprognose nicht zu begründen (Bl. 28 d. A.).

Der Betroffene hat die Auffassung vertreten, die Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie sei keine geeignete Einrichtung im Sinne des Therapieunterbringungsgesetzes. Eine räumliche und organisatorische Trennung von Einrichtungen des Strafvollzugs sei nicht gewährleistet, da in den Häusern der Klinik Straftäter aufgrund der §§ 63, 64 StGB untergebracht seien (Bl. 29 d. A.). Hinzu komme, dass die Klinik selbst in ihrer Stellungnahme von 24.10.2006 vorgetragen habe, er sei therapeutischen Maßnahmen nicht zugänglich. Daher komme die Therapieunterbringung einer Sicherungsverwahrung gleich (Bl. 29 d. A.).

Das Landgericht hat nach persönlicher Anhörung des Betroffenen mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 2.9.2011 gemäß § 14 ThUG (5 O 59/11 Bl. 82 d. A.) – mit sofortiger Wirksamkeit (§ 10 Abs. 3 ThUG) – die vorläufige Unterbringung des Betroffenen "in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung zur Therapieunterbringung" einstweilen für die Dauer von drei Monaten – bis zum 1.12.2011 – angeordnet. Es hat § 1 ThUG dahin ausgelegt, dass die Formulierung auch Personen erfasse, die künftig nicht in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden könnten. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.5.2010 (4 StR 577/09) sei "rechtskräftige Entscheidung" im Sinne des § 1 Abs. 1 ThUG. Auf der Grundlage insbesondere der Gutachten der Sachverständigen Dr. Re. vom 6.3.2007 und Dr. B. und N. vom 21.3.2007 ist es zu der Überzeugung gelangt, beim Betroffenen bestünden eine dissoziale Persönlichkeitsstörung sowie Auffälligkeiten in den Bereichen Alkoholaufnahme, Intelligenz und Sexualpsychopathologie. Außerdem sei eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ gegeben, mithin eine Affektinstabilität, aus der immer wieder eine aggressive Komponente erwachsen sei. All das begründe eine fortdauernde Gefährlichkeit (Bl. 95 d. A.). Nach Auffassung des Landgerichts steht die zwischenzeitliche Alkoholabstinenz einer Unterbringung nicht entgegen, zum einen wegen der Rückfallgefahr, zum anderen, weil der Alkohol lediglich mitbestimmender Faktor für die Taten gewesen sei. Was das sexuelle Verlangen anbelangt, hat das Landgericht die Einschätzung des Betroffenen, er habe ein solches nicht mehr, als durch die Feststellungen der Sachverständigen Dr. B. und N. widerlegt angenommen (Bl. 96 d. A.). Ein milderes Mittel als die Unterbringung sei derzeit nicht erkennbar. Insbesondere genüge die polizeiliche Observierung schon deshalb nicht, weil der Betroffene sich ohne weiteres ins grenznahe Ausland absetzen könne und weil zudem die rechtliche Zulässigkeit der dauerhaften Beobachtung zweifelhaft sei (Bl. 97 d. A.). Nach Auffassung des Landgerichts ist die von der Antragstellerin benannte Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie geeignete Einrichtung im Sinne des § 2 ThUG (Bl. 98 d. A.). Es bestehe ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden (§ 14 ThUG). Die Rechte der potentiellen Opfer auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung hätten ein deutlich höheres Gewicht als die vorübergehende Einschränkung der Freiheit des Betroffenen (Bl. 99/100 d. A.).

Der Betroffene hat gegen den Beschluss am 8.9.2011 Beschwerde eingelegt (Bl. 112 d. A.). Er weist darauf hin, dass das Landgericht Trier – auf dessen Urteil mit Anordnung (nur) der Unterbringung gemäß § 63 StGB der Antrag auf nachträgliche Sicherheitsverwahrung letztlich gestützt worden sei – ihn nicht wegen einer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Taten "verurteilt" habe, so dass sein Fall nicht unter die "Parallelfälle" des § 1 Abs. 2 ThUG subsumiert werden könne. Er zitiert in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im zurückverweisenden Beschluss vom 12.5.2010, wonach die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hätten. Da aber § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB auf die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB Bezug nehme, könne er auch nicht unter § 1 ThUG fallen (Bl. 118 d. A.). Schließlich meint er, in seinem Fall sei die Führungsaufsicht das gebotene mildere Mittel, ihn von weiteren Straftaten abzuhalten.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Im Beschluss vom 8.9.2011 stützt es sich insbesondere darauf, dass der Betroffene durchaus "wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art" verurteilt worden sei, nämlich wegen Mordes, wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Vollrausches. Diese Verurteilungen müssten nicht auch die "Anlasstaten" einer Sicherungsverwahrung gewesen sein (Bl. 127, 128 d. A.).

Der Senat hat eine Auskunft eingeholt beim Saarländischen Ministerium der Justiz zu den Gründen für die Ablehnung des Antrags des Saarlandes auf Anrufung des Vermittlungsausschusses im Gesetzgebungsverfahren (Auskunft des Ministeriums der Justiz des Saarlandes vom 10.9.2011, Bl. 151 d. A.).

Der Betroffene ist am 23.9.2011 in der Saarländischen Klinik für Forensische Psychiatrie persönlich angehört worden.

II.

Die Beschwerde des Betroffenen ist zulässig. Sie ist gemäß § 16 Abs. 1 ThUG statthaft und wurde formgerecht innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 16 Abs. 2 ThUG erhoben.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat die einstweilige Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung zur Therapieunterbringung für die Dauer von drei Monaten auf der Grundlage der §§ 1, 14 ThUG rechtmäßig angeordnet.

Es bestehen Gründe für die Annahme, dass der Betroffene nach § 1 ThUG untergebracht werden kann, und ein sofortiges Tätigwerden ist dringend angezeigt (§ 14 Abs. 1 ThUG).

Der Senat ist nicht befugt, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des ThUG einzuholen.

Eine solche Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist zwar auch in Verfahren, die auf vorläufige, bis zu dem Abschluss eines Hauptverfahrens geltende Regelungen zielen, grundsätzlich statthaft und geboten. Allerdings darf ein Gericht, das die Voraussetzungen der Vorlagepflicht für gegeben hält, auch ohne vorherige Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorläufigen Rechtsschutz gewähren, wenn nur so effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann und die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird (BVerfG, Beschl. v. 3.6.1992 – 2 BvR 1041/88, 2 BvR 1041/88 - BVerfGE 86, 352 ff., Rdz. 29 bei juris; BVerfG, Beschl. v. 8.2.1983 – 1 BvL 20/81 - BVerfGE 63, 131 ff.; v.Mangoldt/ Klein/ Starck/ Sieckmann, GG, 6. Aufl., Art. 100 Rdn. 9 m.w.N.). Das kann jedoch dann nicht gelten, wenn es, wie hier, um gerichtliche Entscheidungen geht, die, wenn auch einstweilen, in die Freiheit der Person – gewissermaßen Tag für Tag endgültig – eingreifen. Hält ein Gericht in einem solchen Fall eine gesetzliche Eingriffsbefugnis für verfassungswidrig, so muss es vor einer sie nutzenden Entscheidung ihre Verfassungsmäßigkeit in dem Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG klären.

Voraussetzung einer Vorlage ist indessen die Überzeugung des Gerichts, dass die entscheidungserhebliche Norm das Grundgesetz verletzt. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, auch erhebliche, genügen nicht. Eine solche Überzeugung hat der Senat nicht gewonnen.

Allerdings kann die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nur auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG beruhen. Danach gehört zum Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung das "Strafrecht". Auf diesen Kompetenztitel hat folglich der Gesetzgeber den Erlass des ThUG auch gestützt (BT-Drs. 17/3404 unter A V, Seite 19). Dabei ist er davon ausgegangen, dass zum kompetenzrechtlichen Begriff des "Strafrechts" sämtliche repressiven und präventiven Maßnahmen zählen, die "anlässlich oder aufgrund einer Straftat" ergehen. Über die Regelung der Voraussetzungen der Strafbarkeit hinaus umfasst das "Strafrecht" i.S.v. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht nur alle eine Schuldfeststellung voraussetzenden Sanktionen sondern auch die von einer solchen unabhängigen Rechtsfolgen einer Straftat (BVerfG, Urt. v. 10.2.2004 – 2 BvR 834/02, 2 BvR 1588/02 - BVerfGE 109, 190, Rdz. 85 ff. bei juris). Daher hat die Verfassungsrechtsprechung unter Billigung der Verfassungsrechtslehre (vgl. v.Mangoldt/ Klein/ Starck/ Oeter, GG, 6. Aufl., Art. 74 Rdn. 15; Sachs/ Degenhardt, GG, 5. Aufl., Art. 74 Rdn. 10) landesgesetzliche Regelungen der nachträglich angeordneten Unterbringung rückfallgefährdeter Straftäter für kompetenzwidrig erachtet, weil eine solche präventive Maßnahme notwendigerweise eine "sorgfältige Analyse der Anlasstat" voraussetze und so einen Zusammenhang zwischen vergeltender und vorbeugender Sanktion beweise (BVerfG, Urt. v. 10.2.2004 – 2 BvR 834/02, 2 BvR 1588/02 - BVerfGE 109, 190, Rdz. 98, 100 bei juris).

Das ist auf den ersten Blick nicht anders, wenn die "neue Form von Freiheitsentziehung" (BT-Drs. 17/3403 Seite 53) an eine "nicht länger" zulässige Sicherungsverwahrung anknüpft und den Schutz der Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter bewirken will.

Allerdings stellt das ThUG eine Reaktion des Bundesgesetzgebers auf das Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (19359/04, NJW 2010, 2495) dar, der die frühere Regelung der nachträglichen Sicherungsverwahrung in der ab dem 31.1.1998 geltenden früheren Fassung des § 67d StGB a.F. i.V.m. Art. 1a des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.1.1998 (BGBl. I Seite 160) für mit den Art. 5 und 7 der EMRK nicht vereinbar erklärt hat. Da einer der Gründe dafür die Annahme war, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung, wiewohl Maßregel, als auf eine bestimmte Tat bezogene "Strafe" zu betrachten sei, der Bundesgesetzgeber sich folglich mit dem Erlass des ThUG gerade von dieser Verknüpfung lösen musste, um der Konventionswidrigkeit zu begegnen, kann es schwer fallen, seine Befugnis zum Erlass des ThUG erneut auf den Kompetenztitel des "Strafrechts" zu stützen und auf diese Weise der konventionswidrigen nachträglichen Sicherungsverwahrung ein jedenfalls kompetenzrechtliches Weiterleben unter dem Namen und in den Formen der Therapieunterbringung zu gestatten (zu Bedenken vgl. auch die Stellungnahme von Kinzig in der Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 10.11.2010).

Das gilt vor allem, weil sich die Therapieunterbringung nach dem Willen des Gesetzgebers "fundamental von Strafe ... und Sicherungsverwahrung" unterscheiden soll und als Freiheitsentziehung auf die Schranken des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK gestützt wird (BT-Drs 17/3403 Seite 20/21), eine Norm, die gerade keine Straftat zur Voraussetzung des Grundrechtseingriffs macht.

Dass diese kompetenzrechtliche Quadratur des Kreises zur Verfassungswidrigkeit führt, steht indessen letztlich für den Senat nicht fest. Denn der Bundesgesetzgeber ist befugt, auch solche Materien zu regeln, die nicht als solche der Bundesgesetzgebung zugewiesen sind, ohne die jedoch eine der Bundesgesetzgebung zugewiesene Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann (BVerfG, Urt. v. 24.10.2002 – 2 BvF 1/01 - BVerfGE 106, 62, 115; BVerfG, Urt. v. 27.10.1998 – 1 BvR 2306/96 – BVerfGE 98, 265, 299 jeweils m.w.N.). Das "Übergreifen" des Bundesgesetzgebers muss allerdings "unerlässliche Voraussetzung" für die Regelung der zugewiesenen Materie sein (BVerfG, Urt. v. 24.10.2002 – 2 BvF 1/01 - BVerfGE 106, 62, 115 m.w.N.). Diese "Unerlässlichkeit" ist jedoch normativ zu verstehen: Verfolgt der Bundesgesetzgeber mit der Gesamtregelung ein bestimmtes Schutzkonzept zugunsten hochrangiger Rechtsgüter, in dessen Rahmen er Sanktionen durch Strafe teilweise zurücknimmt, und verzahnt er mit einem verbleibenden strafrechtlichen Kern andere Rechtsfolgen, so kann er auch insoweit auf seine Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zurückgreifen (BVerfG, Urt. v. 27.10.1998 – 1 BvR 2306/96 – BVerfGE 98, 265, 299). Einen solchen Sachzusammenhang zum Strafrecht, dem die Regelung der Sicherungsverwahrung unterfällt, hat das Bundesverfassungsgericht für die nachträglich angeordnete Unterbringung rückfallgefährdeter Straftäter angenommen (BVerfG, Urt. v. 10.2.2004 – 2 BvR 834/02, 2 BvR 1588/02 - BVerfGE 109, 190 ff.). Er wird der Sache nach nicht allein dadurch gelöst, dass die Unterbringung rückfallgefährdeter Straftäter sich – als Sicherungsverwahrung ausgestaltet – als konventionswidrig erwiesen hat. Denn das ThUG knüpft – trotz des postulierten "fundamentalen Unterschieds" der Rechtsfolge – an eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer bestimmten Straftat an, an den strafrechtlichen Ausschluss der Anordnung einer bestimmten Maßregel und an die Besorgnis der Verletzung bestimmter strafrechtlich geschützter Rechtsgüter als Grundlage einer Maßnahme der Gefahrenabwehr im Rahmen eines Konzepts zum Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheit, persönlicher Freiheit oder sexueller Selbstbestimmung potenzieller Opfer. Ob allein das genügt, um die Regelung der Therapieunterbringung als "unerlässliche Mitregelung" des Strafrechts zu betrachten – Verurteilungen wegen bestimmter Straftaten als Voraussetzung für daraus folgende Überlegungen zur Gefahrenabwehr finden sich auch in vielen anderen Rechtsmaterien – kann dahinstehen. Es ist möglich und schließt daher die von Art. 100 Abs. 1 GG verlangte Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit aus.

Ebenso wenig ist der Senat davon überzeugt, dass das ThUG gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verstößt.

Gemäß § 1 ThUG ist Voraussetzung der Therapieunterbringung, dass die Sicherungsverwahrung einer wegen einer Straftat im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB verurteilte Person deshalb nicht in Betracht kommt, weil ein "Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung" zu berücksichtigen ist. Das impliziert, dass die Straftaten, die zum Anknüpfungspunkt einer Therapieunterbringung gemacht werden können, begangen waren, bevor das ThUG (am 1.1.2011) in Kraft trat. Nach Art. 103 Abs. 2 GG kann eine Tat aber nur "bestraft" werden, wenn die Strafbarkeit zur Zeit der Tatbegehung gesetzlich bestimmt war.

Allerdings wird der gemäß ThUG Untergebrachte nicht "bestraft".

Wie im kompetenzrechtlichen Kontext bereits dargelegt, hatte der EGMR in der Entscheidung vom 17.12.2009 (19359/04, NJW 2010, 2495) die gesetzlich eingeführte Möglichkeit, die Sicherungsverwahrung über die zuvor geltende Zehnjahres-Höchstfrist hinaus zu verlängern, wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK verworfen. Die Sicherungsverwahrung sei "Strafe" im Sinne des (autonom auszulegenden) Art. 7 EMRK, die nicht verhängt werden dürfe, wenn sie nicht schon zur Tatzeit gesetzlich fixiert gewesen sei. In Deutschland unterscheide sich ihre Ausgestaltung – Vollzug in regulären Strafvollzugsanstalten, wenn auch in separaten Abteilungen – nicht wesentlich vom Vollzug einer Freiheitsstrafe (juris Rdz. 127). Insbesondere gebe es "anscheinend keine besonderen, auf Sicherungsverwahrte gerichteten Maßnahmen, Instrumente oder Einrichtungen […], die zum Ziel hätten, die von ihnen ausgehende Gefahr zu verringern" und damit ihre Haft auf die zur Vermeidung weiterer Straftaten unbedingt erforderliche Dauer zu beschränken (juris Rdz. 128).

Die Europäische Menschenrechtskonvention hat innerhalb der deutschen Rechtsordnung den Rang eines Bundesgesetzes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berühren die Konvention und die zu ihr ergangene Rechtsprechung des EGMR jedoch auch die verfassungsrechtliche Ebene. Als Auslegungshilfen sollen sie Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes mitbestimmen (BVerfG, Urt. v. 4.5.2011 – 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 – NJW 2011, 1931).

Auch unter Berücksichtigung des Art. 7 EMRK und der oben zitierten Entscheidung des EGMR verletzt das ThUG das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG nicht.

Die Therapieunterbringung ist keine Sicherungsverwahrung und ihr auch nicht wesensmäßig vergleichbar. Es geht um die Unterbringung in einer Einrichtung, die "wegen ihrer medizinischtherapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer" ebenso zu gewährleisten hat wie eine räumliche und organisatorische Trennung "von Einrichtungen des Strafvollzugs", mithin um eben jenes Konzept, das der EGMR in der Entscheidung vom 17.12.2009 (juris Rdz. 127, 128) als fehlend moniert hatte (siehe auch OLG Nürnberg, Beschl v. 21.7.2011 – 15 W 1400/11 ThUG – 15 W 1400/11). Hinzu kommt, dass der EGMR die Frage der Rückwirkung gar nicht mit Blick auf therapeutische Unterbringungen psychisch kranker Personen zu klären hatte. Vielmehr hat er hervorgehoben, der Beschwerdeführer leide "nicht mehr an einer schweren seelischen Störung" im Sinne der hierfür einschlägigen Vorschrift des § 5 Abs. 1 lit. e EMRK, und die innerstaatlichen Gerichte hätten ihre Entscheidungen auch nicht mit einer psychischen Krankheit gerechtfertigt.

Unabhängig davon hat das Bundesverfassungsgericht in seiner nach dem Urteil des EGMR ergangenen Entscheidung vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931) selbst für die Sicherungsverwahrung – und für den Senat bindend – seine Auffassung bekräftigt, diese falle nicht unter Art. 103 Abs. 2 GG (siehe BVerfG, Urt. v. 5.2.2004 – 2 BvR 2029/01 – NJW 2004, 739), und von einer Anpassung der Auslegung des Art. 103 GG an den Strafbegriff des Art. 7 EMRK abgesehen. Die Relevanz eines Vertrauensschutzes zu Gunsten der Unterzubringenden hat es für das deutsche (Verfassungs-)Recht in den Art. 2 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG verortet.

§ 1 ThUG greift – auch unter Berücksichtigung des Art. 5 EGMR – nicht rechtswidrig in verfassungsmäßig schutzwürdiges Vertrauen derjenigen psychisch kranken und gefährlichen Personen ein, die nunmehr in Anknüpfung an Straftaten untergebracht werden können, die sie vor Inkrafttreten des Gesetzes begangen haben. Der Gesetzgeber konnte, verfassungsrechtlich unbedenklich, für die in der Vorschrift geregelten Fälle den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit den Vorrang einräumen.

Der Senat meint, die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931) aufgestellten Grundsätze für die in Sicherungsverwahrung zu verbringenden oder dort verbleibenden "Altfälle" heranziehen zu können. In jener Entscheidung wird – unter Berücksichtigung der EGMR-Rechtsprechung – eine konventionsrechtliche Rechtfertigung der Freiheitsentziehung als "praktisch nur unter den Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK in Betracht" kommend angenommen. Die erforderliche zuverlässig nachgewiesene fortdauernde psychische Störung – etwa die auch beim hiesigen Betroffenen in den Vorgutachten diagnostizierte dissoziale Persönlichkeitsstörung – müsse in den einschlägigen gesetzlichen Regelungen zur ausdrücklichen Tatbestandsvoraussetzung gemacht werden. Weiterhin müsse die Freiheitsentziehung vorhersehbar sein und keiner willkürlichen Entscheidung zugänglich. Im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 e EMRK komme es für die Vorhersehbarkeit – anders als bei Art. 7 und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 a EMRK – nicht auf eine in der Vergangenheit liegende (strafbare) Handlung mit der Folge einer Verurteilung an, sondern auf einen gegenwärtigen Zustand. Wegen des erheblichen Eingriffs in das Vertrauen der in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG betroffenen Sicherungsverwahrten sei eine rückwirkend angeordnete oder verlängerte Freiheitsentziehung durch Sicherungsverwahrung (nur) dann noch verhältnismäßig, wenn der gebotene Abstand zur Strafe gewahrt werde, eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten bestehe und die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK erfüllt seien. Das Bundesverfassungsgericht hat unter Berücksichtigung dessen eine modifizierte Anwendung der als verfassungswidrig angesehenen Regelungen in § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB (i.V.m. § 2 Abs. 6 StGB), § 66b Abs. 2 StGB und § 7 Abs. 2 JGG als für eine Übergangsfrist weiter geboten erachtet. Für die Bestimmung der Voraussetzungen einer psychischen Störung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK hat es auf das ThUG – ohne dessen Verfassungsmäßigkeit zu prüfen – zurückgegriffen. Damit hat das Bundesverfassungsgericht in den genannten Fällen und für einen gewissen Zeitraum das Vertrauen psychisch kranker Personen, von denen die Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten ausgeht, dahin, dass eine (weitere) Sicherungsverwahrung ausscheide, hinter den Schutz der Allgemeinheit zurücktreten lassen.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Grundsätze dieser Entscheidung – entgegen der Auffassung, die der 4. Strafsenat in seinem Urteil vom 12.5.2010 (4 StR 577/09 - NStZ 2010, 567) in Bezug auf den hiesigen Betroffenen vertreten hatte – im Beschluss vom 23.5.2011 (5 StR 394/10, 5 StR 440/10, 5 StR 474/10 - NJW 2011, 1981) berücksichtigt: Eine sofortige Entlassung der rückwirkend über zehn Jahre hinaus Untergebrachten wegen eines aus § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 5 und 7 EMRK herzuleitenden gesetzlichen Ausschlusses der Rückwirkung sei nicht geboten.

Diese Erwägungen auf die Therapieunterbringung übertragend, ist der Senat der Ansicht, dass die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes nicht verletzt sind, wenn eine Person, die infolge einer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG), in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht wird, in welcher ihre psychische Störung angemessen auf der Grundlage eines individuellen Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer behandelt wird (vgl. § 2 ThUG). Ob diese rechtliche Möglichkeit bereits bestand, als sie die Straftat(en) begangen hat, wegen deren sie verurteilt worden sein muss, damit der Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet ist (§ 1 ThUG), ist unerheblich. Die erforderliche Präzision und Berechenbarkeit des freiheitsentziehenden Gesetzes ist vor dem Hintergrund seiner Zielsetzung – Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen psychisch gestörten Personen sowie auch das eigene Interesse dieser Personen an therapeutischer Behandlung – nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen nicht auf den Zeitpunkt der Begehung der Straftat zu beziehen, sondern auf den aktuellen psychischen (Dauer-)Zustand des Betroffenen und seine fortbestehende Gefährlichkeit (vgl. BVerfG, Urt. v. 4.5.2011 – NJW 2011, 1931).

§ 1 ThUG ist auf den Fall des Betroffenen anwendbar.

Er ist eine wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art verurteilte Person, die deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist (§ 1 Abs. 1 ThUG).

Der Anwendbarkeit des § 1 ThUG steht nicht entgegen, dass gegen den Betroffenen aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Saarbrücken vom 23.6.2007 nur eine einstweilige Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 StPO vollzogen, die Hauptsacheentscheidung des Landgerichts vom 17.7.2009 (Ks 2/09) zur nachträglichen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB indessen nie rechtskräftig geworden, sondern durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.5.2010 (4 StR 577/09) aufgehoben worden war. Es liegt gleichwohl eine Konstellation vor, bei welcher eine Person "nicht länger" in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann. § 1 Abs. 1 ThUG ist in dieser Weise zu interpretieren, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Analogie bedürfte.

Die hiergegen gerichteten Argumente des Betroffenen verfangen nicht.

Die grammatische Auslegung des § 1 Abs. 1 ThUG rechtfertigt seine Anwendung auf den vorliegenden Fall.

Der Betroffene hält eine allenfalls entsprechende Anwendung für möglich, sieht sie aber durch ein Verbot der Analogie ausgeschlossen (Bl. 55 d. A.). Da er nie aufgrund endgültiger rechtskräftiger Entscheidung in Sicherungsverwahrung gewesen sei, könne er auch nicht "länger" dort untergebracht werden.

Zutreffend ist, dass das Verbot analoger Gesetzesanwendung nicht nur im Bereich des hier sachlich nicht betroffenen Strafrechts gilt. Auch die (materiellrechtlichen) Voraussetzungen freiheitsbeschränkender Maßnahmen müssen sich aus dem Gesetz unmittelbar ergeben. Das folgt aus dem formellen Gesetzesvorbehalt des Art. 104 Abs. 1 GG, der es allein dem parlamentarischen Gesetzgeber zugesteht, zu entscheiden, wann jemandes Freiheit entzogen werden darf. Folgerichtig ist es der ausführenden wie der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, ungeregelte Fälle nach den Grundsätzen der Analogie unter nicht unmittelbar anwendbare Vorschriften zu subsumieren. Das ist in der verfassungsrechtlichen Literatur unbestritten (siehe nur Degenhardt in: Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl. 2009, Art. 104 Rdn. 9; Gusy in: Mangoldt/ Klein/ Starck, Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 104 Rdn. 26; Jarass in: Jarass/ Pieroth, Grundgesetz, 10. Aufl. 2009, Art. 104 Rdn. 3) und wird in der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts nicht anders gesehen (BVerfG, FamRZ 1995, 1052; BVerfG, NVwZ-RR 2009, 616). Das Bundesverfassungsgericht räumt den Fachgerichten zwar durchaus auch in Haftsachen einen Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum für die Auslegung des einfachen Rechts ein (Beschl. v. 4.9.2009 – 2 BvR 2520/07), untersagt ihnen aber jede über den Inhalt des gesetzlichen Hafttatbestandes hinausgehende Rechtsanwendung. Äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation ist in freiheitsrelevanten Regelungsbereichen der mögliche Wortsinn des Gesetzes (BVerfG, NVwZ-RR 2009, 616; zum Wortsinn als Rahmen der (einfachen) Gesetzesauslegung siehe auch Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, Seite 163, 164).

Der Senat geht davon aus, dass der Fall des Betroffenen § 1 ThUG unterfällt. Dies gilt zum einen deshalb, weil der Wortlaut des § 1 ThUG eine früher vollzogene Sicherungsverwahrung nicht verlangt, zum anderen, weil hier mit Blick auf die – vollzogene – einstweilige Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 StPO a. F. ohnehin die Verlängerung einer Sicherungsverwahrung in Rede stand.

Die Formulierung des § 1 ThUG stellt nicht darauf ab, dass eine Person nicht in Sicherungsverwahrung "verbleiben", sondern darauf, dass sie aus den in § 1 Abs. 1 ThUG genannten rechtlichen Gründen nicht "länger untergebracht werden" könne. Was nicht "länger" geschehen kann (darf), muss nicht zwingend zuvor faktisch geschehen sein. Nach allgemeinem Sprachgebrauch kann der Formulierung auch der Fall zugeordnet werden, dass eine in der Vergangenheit gegebene (rechtliche) Möglichkeit später entfallen ist, mithin nicht "länger" fortbestand. So verstanden, ist der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 ThUG eröffnet. Auf der Grundlage des § 66b Abs. 3 StGB a. F., auf den das Landgericht nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs in der ersten (zurückverweisenden) Entscheidung seine Anordnung zur Sicherungsverwahrung stützte, "konnte" nämlich der Betroffene zunächst einmal "in Sicherungsverwahrung untergebracht werden", und diese Möglichkeit entfiel mit der auf dem "Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung" beruhenden zweiten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.5.2010.

Dass die Wahl des Komparativs "länger" zunächst vielleicht eher den Eindruck vermittelt, es sei auf eine zeitliche Ausdehnung bereits bestehender Sicherungsverwahrung abgestellt und dass sich aus diesem Grund die hier vertretene Interpretation insbesondere aus Sicht der potenziell betroffenen Personen dem Wortlaut nach nicht mit Evidenz aufdrängt, ist unschädlich. Anders als bei Straftatbeständen steht bei der Therapieunterbringung nicht im Vordergrund, dass für jedermann das ihm von der Rechtsordnung Verbotene berechenbar sein muss. Maßgeblich ist vielmehr der mit dem formellen Gesetzesvorbehalt betroffene Aspekt, wonach der Gesetzgeber selbst die Voraussetzungen einer Freiheitsbeschränkung hinreichend präzise zu definieren hat. Ist, wie hier, die vom Gesetzeswortlaut vorgegebene Grenze gewahrt, Willkür mithin ausgeschlossen, kann die Anwendung des Gesetzes nicht davon abhängen, ob der gefährliche psychisch gestörte Täter seinen Fall als davon naheliegenderweise erfasst ansieht.

Dessen ungeachtet gilt für den konkreten Sachverhalt: Selbst wenn man dem Gesetzeswortlaut entnehmen wollte, der Betroffene müsse, wenn auch nicht unmittelbar vor dem Antrag auf Therapieunterbringung, so doch jedenfalls irgendwann in der Vergangenheit (vgl. § 1 Abs. 2 ThUG), einmal sicherungsverwahrt gewesen sein, wäre diese Voraussetzung erfüllt. Auch die einstweilen angeordnete Sicherungsverwahrung, wie sie aufgrund des vorläufigen Unterbringungsbefehls des Landgerichts Saarbrücken vom 23.6.2007 gemäß § 275a Abs. 5 StPO a. F. vollzogen worden war, ist materiell Sicherungsverwahrung und lässt sich begrifflich zwanglos als solche im Sinne des § 1 Abs. 1 ThUG verstehen. Sie hätte "länger" andauern – nämlich in eine Sicherungsverwahrung aufgrund rechtskräftiger Endentscheidung übergehen – können, wenn der Bundesgerichtshof im Urteil vom 12.5.2010 (4 StR 577/09) nicht der Sache nach festgestellt hätte, dass "ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung" dem entgegenstünde.

Die Ansicht des Betroffenen, auch eine "rechtskräftige Verurteilung zur Sicherungsverwahrung" sei Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 1 ThUG (Bl. 137 d. A.), trifft nicht zu. Der Gesetzeswortlaut bezieht die "rechtskräftige Entscheidung" auf die Feststellung, dass eine Unterbringung nicht "länger" erfolgen könne, nicht auf eine vorangegangene erstmalige (endgültige) Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.

Systematische Erwägungen der Auslegung ergeben nichts anderes. Das gilt sowohl für die Verneinung des Erfordernisses einer vor der Therapieunterbringung vollzogenen Sicherungsverwahrung überhaupt als auch für die Einbeziehung der nur einstweiligen Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 StPO a. F.

Auslegungsmaterial der systematischen Auslegung ist der "über die gerade auszulegende Norm hinausgehende Inhalt des anzuwendenden Gesetzes oder anderer, im fraglichen Zusammenhang aufschlussreicher Gesetze samt den Regeln der Logik und in Verbindung mit der Erfahrung über den üblichen Aufbau von Normensystemen", soweit sich daraus Schlüsse auf die auszulegende Norm ziehen lassen (Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, Seite 442).

Betrachtet man die Systematik der Rechtsordnung im hier relevanten Bereich, so zeigt sich: Angestrebt ist offenbar, für die Fälle psychisch kranker Gewalt- und Sexualstraftäter ein möglichst lückenloses System zu schaffen, um bedeutende Rechtsgüter Dritter vor den von diesen Personen ausgehenden Gefahren zu schützen. Sicherungsverwahrung und Therapieunterbringung sollen sich ergänzen. Indem § 1 ThUG (i.V.m. § 10 ThUG) an eine rechtskräftige Entscheidung, nach welcher eine Sicherungsverwahrung "nicht länger" in Betracht komme, anknüpft, "übergibt" das Gesetz den nicht (mehr) in Sicherungsverwahrung zu verbringenden, in § 1 Abs. 1 ThUG genannten Täterkreis dem rechtlichen Instrumentarium der Therapieunterbringung, weil die von ihm ausgehende Gefährdung als nicht hinnehmbar betrachtet wird. Der Senat sieht diese Ansicht gestützt durch Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931) zur Verfassungswidrigkeit der §§ 66b Abs. 2, § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB und § 7 Abs. 2 JGG. Das Bundesverfassungsgericht hat eine bloße Unvereinbarkeitserklärung ausgesprochen, weil eine Nichtigkeit der Normen zu einem Zustand führen würde, "welcher der verfassungsmäßigen Ordnung noch weniger entsprechen würde, indem ein "rechtliches Vakuum" entstünde bzw. Regelungslücken ein "Chaos" verursachten. Im zu entscheidenden Zusammenhang sollte die sofortige Freilassung aller in der Sicherungsverwahrung untergebrachten Personen vermieden werden, weil sie "Gerichte, Verwaltung und Polizei vor kaum lösbare Probleme stellen" würde. In diese Erwägungen einzubeziehen seien "sämtliche potentiellen Sicherungsverwahrten, in deren Fall die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zwar angeordnet wurde, die sich aber noch im Vollzug der Freiheitsstrafe befinden, und deren Antritt in die Sicherungsverwahrung trotz ihrer etwaigen hochgradigen Gefährlichkeit nicht möglich wäre". Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Übergangsregelung in Ziff. III 2. a) des Entscheidungstenors für die "Altfälle" die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bzw. ihre Fortdauer unter anderem davon abhängig gemacht, dass der Betreffende an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG leide (vgl. – diesen Vorgaben Rechnung tragend – nunmehr auch BGH, Beschl. v. 23.5.2011 – 5 StR 394/10, 5 StR 440/10, 5 StR 474/10 – NJW 2011, 1981; BGH, Urt. v. 21.6.2011 – 5 StR 52/11 –). Kann nach diesen Erwägungen das ThUG herangezogen werden, um für einen bestimmten Tätertypus eine Sicherungsverwahrung – auf vorübergehend verfassungswidriger Grundlage – weiterhin zu ermöglichen, so kann kaum davon ausgegangen werden, dass das ebenfalls auf diesen Tätertypus zugeschnittene ThUG einen Teil derjenigen Fälle, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein nicht hinnehmbares rechtliches Vakuum im Recht der Sicherungsverwahrung begründen würden, gar nicht erfassen soll.

Mit Blick auf das Verständnis des § 1 Abs. 1 ThUG dahin, dass auch die vorläufige Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 StPO a. F. Sicherungsverwahrung im Sinne der Vorschrift sei, folgt der Senat der auf § 449 StPO hinweisenden Argumentation des Betroffenen im Schriftsatz vom 16.9.2011 nicht. Gemäß § 449 StPO können Strafurteile erst ab Rechtskraft vollstreckt werden. Das beruht auf der bis zu diesem Zeitpunkt fortbestehenden Unschuldsvermutung. Der Betroffene sucht hieraus einen allgemeinen Grundsatz abzuleiten, wonach an die bloß vorläufige Maßnahme keine Nachteile geknüpft werden dürften (Schriftsatz vom 16.9.2011). Abgesehen davon, dass es ein solches generelles Prinzip nicht gibt – auch die vorläufige Anordnung der Unterbringung war vollstreckbar und damit als solche schon mit belastenden Eingriffen verbunden –, werden vorliegend keine Sanktionen an eine sich später als rechtswidrig erweisende und (nur) deshalb nicht endgültig gewordene gerichtliche Anordnung geknüpft. Die Therapieunterbringung zum Schutz der Allgemeinheit und zur Behandlung des Untergebrachten sanktioniert keine Schuld des Straftäters und kollidiert aus diesem Grund mit der Unschuldsvermutung und dem Erfordernis, mit der Vollstreckung von Strafurteilen bis zur ihrer Rechtskraft zuzuwarten, nicht. Dessen ungeachtet war der Unterbringungsbefehl gemäß § 275a Abs. 5 StPO a. F. als solcher keineswegs rechtswidrig. Die auf seiner Grundlage vollzogene Sicherungsverwahrung konnte nur deshalb nicht – im Sinne eines Übergehens in eine endgültige – "länger" fortgeführt werden, weil der Bundesgerichtshof das "Verbot rückwirkender Verschärfungen" als verletzt angesehen hatte. Das ist aber nach der Systematik des Gesetzes gerade eine von § 1 Abs. 1 ThUG erfasste Konstellation. Dass die von der Vorschrift geforderte "rechtskräftige Entscheidung" sich nur auf die Feststellung des Wegfalls der Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung beziehen muss und nicht auf die Anordnung einer vorangegangenen Sicherungsverwahrung, wurde bereits gesagt.

Mit den vorstehend wiedergegebenen Erwägungen ist zugleich das Ergebnis einer objektiv-teleologischen Auslegung indiziert.

Sie fragt nach dem erkennbaren Grundgedanken einer Regelung und danach, auf welche Weise im Rahmen des möglichen Wortsinns und in Übereinstimmung mit dem Bedeutungszusammenhang den Zwecken der gesetzlichen Regelung und dem Rangverhältnis dieser Zwecke optimal entsprochen wird (Larenz/Canaris , Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, Seite 153). Sinn des ThUG ist es, die rechtliche Lücke zu füllen, die entstanden ist, weil der konventionsrechtliche Hintergrund die Anordnung oder Fortdauer einer Sicherungsverwahrung in bestimmten Fällen ausschließt, gleichwohl aber ein dringendes Bedürfnis besteht, mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende erhebliche Beeinträchtigungen des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit, der persönlichen Freiheit oder der sexuelle Selbstbestimmung anderer dadurch zu verhindern, dass solche Personen, wenn nicht in Sicherungsverwahrung, so doch in geschlossenen Einrichtungen untergebracht und dort mit dem Ziel einer möglichst kurzen Behandlungsdauer (§ 2 Nr. 1 ThUG) therapiert werden können. Nach dieser Ratio legis wäre eine Unterscheidung danach, ob jemand aufgrund einer endgültigen gerichtlichen Anordnung in Sicherungsverwahrung gewesen ist, ob er es, wie hier, aufgrund eines vorläufigen Unterbringungsbefehls gewesen ist oder ob die – zunächst nach einfachem Gesetzesrecht zulässige – Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Rechtsprechung des EGMR und ihren verfassungsrechtlichen Auswirkungen nach Beendigung der Strafhaft nicht mehr zu realisieren war, sachlich nicht begründbar.

Diese Auslegung konterkariert den gerade für den in Rede stehenden Fall nur schwer zu durchschauenden Willen des Gesetzgebers nicht.

Auslegungsmaterial der historischen Auslegung sind die dem Gesetz nicht (zureichend) entnehmbaren, ihm aber zu Grunde liegenden Vorstellungen, Wertungen und Zwecke, wenn und soweit sie sich durch die Mittel historischer Forschung feststellen lassen. Relevant ist alles, was Schlüsse auf jene Vorstellungen, Wertungen und Zwecke zulässt, so etwa die Rechtslage und die tatsächliche Situation vor dem Inkrafttreten der Norm – etwa der Anlass für das Gesetz –, die parlamentarischen Beratungen und schriftlichen Zeugnisse der Arbeiten am Gesetz (Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, Seite 449). Es kommt dabei zum einen darauf an, welche Hinweise sich dem historischen Schriftenmaterial auf die dort unmittelbar ausgedrückten Vorstellungen und Absichten entnehmen lassen ("historisch-sprachliche" Auslegung), zum anderen aber auch – außerhalb des rein Sprachlichen – auf Indizien für die mit dem Erlass des auszulegenden Gesetzes verfolgten Zwecke ("historisch-teleologische" Auslegung; siehe Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, Seite 450, 451).

Sprachlich indizieren die Formulierungen der Gesetzesbegründung zum "Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen" einen der Interpretation des Betroffenen nahekommenden gesetzgeberischen Willen. Unter Buchst. B. der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 10/3403, Seite 2) werden Fälle in Bezug genommen, in denen "weiterhin als gefährlich eingestufte Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden oder bereits entlassen wurden". Der Begriff des "Entlassens" impliziert vorangegangenen Vollzug. Dem entsprechend wird in der Erläuterung zu § 1 ThUG die Therapieunterbringung als eine neue Form von Freiheitsentziehung "im Anschluss an eine aus bestimmten Gründen zu beendende oder bereits beendete Sicherungsverwahrung" bezeichnet (Seite 53 der Gesetzesbegründung).

Wie dargelegt, war im Fall des Betroffenen eine Sicherungsverwahrung jedenfalls aufgrund des vorläufigen Unterbringungsbefehls vollzogen und anschließend zu beenden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber diese vorläufige Sicherungsverwahrung nicht als solche im Sinne des § 1 ThUG hätte ansehen wollen. Der Betroffene sucht dies zu widerlegen (Schriftsatz vom 16.9.2011). Er beruft sich auf einen vom Saarland im Rechts- und Innenausschuss gestellten Antrag zur Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel, § 1 Abs. 2 ThUG ausdrücklich um den Fall eines vollzogenen Unterbringungsbefehls gemäß § 275a StPO zu erweitern, weil man die Fallgestaltung als vom Wortlaut des § 1 ThUG nicht erfasst sah (anders die später von Minister Rauber abgegebene Protokollerklärung – Anlage 14 zum Plenarprotokoll der 878. Sitzung des Bundesrats vom 17.12.2010). Warum der Bundesrat den Vermittlungsausschuss nicht anrief, ist nicht ersichtlich, aber auch nicht erheblich. Unabhängig davon, welches Gewicht etwaigen gegen die hier vertretene Auslegung sprechenden Stellungnahmen im Ergebnis beizumessen wäre, lässt der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens schon keine belastbaren Schlüsse auf das Meinungsbild der beteiligten Personen zu. Das Ministerium der Justiz des Saarlandes hat unter dem 14.9.2011 mitgeteilt, man habe ein bloß schriftliches Umfrageverfahren (per E-Mail) durchgeführt, ohne dass das Stimmverhalten zu einzelnen Anträgen begründet worden sei. Letztlich gibt es gewisse Anhaltspunkte dafür, dass eine Anrufung des Vermittlungsausschusses aus zeitlichen – damit für die Auslegung belanglosen – Gründen vermieden werden sollte (in diesem Sinne die Staatsministerin Dr. Beate Merk, Bayern, in der 878. Sitzung des Bundesrates vom 17.12.2010 [Protokoll im Internet abrufbar unter www.bundesrat.de]: man könne es sich nicht leisten, durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses das Inkrafttreten des Gesetzes zu blockieren).

Ungeachtet der Einbeziehung der gemäß § 275a Abs. 5 StPO a. F. vorläufig untergebrachten Personen, sind die oben zitierten Formulierungen der Gesetzesbegründung, soweit sie solche Fälle, in denen es nie zu einem Vollzug von Sicherungsverwahrung gekommen ist, auszuschließen scheinen, zu kurz gegriffen. Ihre Bedeutung tritt hinter der gewichtigeren historisch-teleologischen Interpretation zurück (vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, Seite 451). Die Gesetzesbegründung sieht das Ziel der Therapieunterbringung in dem möglichst nachhaltigen Schutz der Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter. Des Weiteren hebt sie die Subsidiarität der Therapieunterbringung im Verhältnis zur Sicherungsverwahrung hervor (Seite 53 der Gesetzesbegründung, BT- Drs. 17/3403), überantwortet der Ersteren mithin offenbar das Schließen derjenigen Lücken, die durch das konventionsrechtlich begründete "Verbot rückwirkender Verschärfungen" entstanden sind. Das ist aber auch in Konstellationen geboten, in denen eine Anordnung (erstmaliger) Sicherungsverwahrung wegen jenes Verbots scheitert. Die Gesetzesbegründung benennt diese Konstellationen nicht ausdrücklich, schließt sie aber auch nicht aus, so dass die Rechtsansicht des Senats sich nicht über einen manifestierten gegensätzlichen Willen des Normgebers hinwegsetzt. Dass hinter Gesetzen stehende Vorstellungen der im Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen und Gremien, wie sie in Entwurfsbegründungen oder dergleichen in Worte (zusammen-)gefasst wurden, hinter den Anwendungsmöglichkeiten von Normen zurückbleiben können, liegt in der Natur der Sache (siehe Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, Seite 150, 151).

Die sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen des anwendbaren § 1 ThUG sind erfüllt.

Der Betroffene ist eine wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art verurteilte Person, für die aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung, nämlich derjenigen des Bundesgerichtshofs vom 12.5.2010 (4 StR 577/09), feststeht, dass sie deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist.

Die Annahme einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 1 Abs. 1 ThUG scheitert nicht daran, dass Grundlage der gescheiterten Sicherungsverwahrung das Urteil des Landgerichts Trier gewesen wäre, das allein eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnete.

Der Betroffene meint, für eine solche Fallgestaltung gelte § 1 ThUG nicht (Bl. 140, 141 d. A.). Der Senat sieht das anders.

Ohne Zweifel ist der Betroffene eine wegen einer Straftat im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB (u. a. Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, vorsätzlicher Vollrausch mit einer solchen Tat als Rauschtat) verurteilte Person. Das folgt, worauf das Landgericht in seinen Nichtabhilfebeschluss zutreffend hinweist, jedenfalls aus den Verurteilungen wegen Mordes am 11.12.1970, wegen gefährlicher Körperverletzung am 9.5.1980 und wegen vorsätzlichen Vollrauschs am 28.9.1989 (Verwirklichung der Tatbestände der Körperverletzung, der versuchten Vergewaltigung und des versuchten Totschlags durch Unterlassen).

Auch die von § 1 Abs. 1 ThUG tatbestandlich weiter geforderte rechtskräftige Entscheidung liegt vor.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.5.2010 (4 StR 577/09) ist entgegen der Auffassung des Betroffenen eine solche Entscheidung. Das ThUG katalogisiert die in Betracht kommenden Entscheidungstypen nicht, so dass es allein darauf ankommt, ob der Entscheidungsinhalt den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 ThUG entspricht. Das war der Fall. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 12.5.2010 ausgeführt, das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 66b Abs. 3 StGB (a. F.) – der im Übrigen ebenso wie § 1 Abs. 1 ThUG auf die in § 66 Abs. 3 StGB genannten Taten Bezug genommen hatte – rechtsfehlerfrei bejaht. Weiter hat er ausgeführt, nach Maßgabe des Urteils des EGMR vom 17.12.2009 sei diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK auf vor ihrem Inkrafttreten begangene Taten nicht anwendbar. Damit war rechtskräftig festgestellt, dass die Möglichkeit, den Betroffenen in Sicherungsverwahrung unterzubringen, wegen des Verbots rückwirkender Verschärfungen weggefallen ist. Die Begründung des Bundesgerichtshofs lässt auf den gemäß § 1 Abs. 1 ThUG erforderlichen ursächlichen Zusammenhang ("deshalb [...], weil [...]") zwischen dem konventionsrechtlichen Verbot und der fehlenden Unterbringungsmöglichkeit schließen.

Ohne Belang ist, ob die rechtskräftige Entscheidung sich (bejahend) dazu äußert, dass die gescheiterte Sicherungsverwahrung gerade infolge der in § 1 Abs. 1 ThUG in Bezug genommenen strafgerichtlichen Verurteilung hätte erfolgen können. Diese Argumentation verfängt deshalb nicht, weil nach Ansicht des Senats die rechtskräftige Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 ThUG lediglich die Feststellung zum Ausschluss einer Sicherungsverwahrung aus bestimmten rechtlichen Gründen treffen muss. Daneben muss der Betroffene eine wegen bestimmter Taten verurteilte Person sein, was eigenständiges Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 1 ThUG und von den mit der Therapieunterbringung befassten Gerichten festzustellen ist. Sind, wie hier, beide Voraussetzungen erfüllt, bieten weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des ThUG einen Anhaltspunkt dafür, dass gerade die abgeurteilte Straftat – hier jedenfalls der Mord, die gefährliche Körperverletzung und der vorsätzliche Vollrausch – "Anlasstat" für die (hypothetische) nachträgliche Anordnung oder Aufrechterhaltung der Sicherungsverwahrung hätte sein müssen und dass die geforderte rechtskräftige Entscheidung sich (auch) auf diese Verbindung zu beziehen hätte. Die Gesetzesbegründung bestätigt das. Sie stellt klar, die Anordnung der Sicherungsverwahrung "anlässlich der geforderten Verurteilung" sei nicht erforderlich (BT-Drs. 17/3403, Seite 53). Soweit es dort allerdings auch heißt, es genüge, "wenn die Verurteilung wegen dieser Straftaten eine Sicherungsverwahrung möglich gemacht" hätte (so auch Bumiller/Harders, FamFG, 10. Auflage 2011, § 1 ThUG, Rdn. 2), ist diese Formulierung nach Ansicht des Senats irreführend und mit Blick auf die in Rede stehende Konstellation unpassend. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 ThUG fordert diesem Zusammenhang nicht, und er kann mit Blick auf die oben dargelegte Systematik und den Regelungszweck auch nicht verlangt werden. Sähe man das anders, erhielte man eine sachlich nicht zu rechtfertigende Lücke. Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, warum das ThUG einen zuvor nach § 63 StGB untergebrachten, demzufolge von Beginn an vom Strafgericht als gefährlich für die Allgemeinheit angesehenen Täter, der außerdem wegen bestimmter Katalogtaten strafgerichtlich verurteilt wurde, für den aber (nur) eine Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB im Raum stand, besser stellen sollte als einen ebenso gefährlichen Täter, der nicht untergebracht war, sondern – wie im Übrigen der Betroffene wegen der außer der "Anlasstat" begangenen Taten auch – zu Strafhaft verurteilt wurde (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.8.2011 – 3 Ws 761/11, 3 Ws 762/11 –).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hauptsacheverfahren setzt weiter voraus, dass Gründe für die Annahme bestehen, dass der Betroffene an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit, seines Vorlebens und seiner Lebensverhältnisse ergibt, dass er infolge seiner psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG), ferner, dass die Unterbringung des Betroffenen aus den vorgenannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ThUG).

Beides hat das Landgericht zu Recht bejaht.

Damit knüpft § 1 ThUG an die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK entwickelten Voraussetzungen für eine Freiheitsentziehung an, die eine solche ausdrücklich "bei psychisch Kranken" – in der englischen Fassung "persons of unsound mind" – erlaubt (vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 53). Das Tatbestandsmerkmal des "unsound mind" setzt nach der Rechtsprechung des EGMR voraus, dass es sich um eine zuverlässig nachgewiesene psychische Störung – "true mental disorder" – handelt, die eine zwangsweise Unterbringung erfordert – "warranting compulsory confinement" –, und die fortdauert – "the validity of continued must depend upon the persistence of such a disorder" – (zuletzt EGMR, Urt. v. 21.6.2005, Beschwerde-Nr. 517/02, K. ./. Vereinigtes Königreich); zu einer Einschränkung der Schuldfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB muss sie hingegen gerade nicht führen (vgl. BVerfG, Urt. v. 4.5.2011 – NJW 2011, 1931; BGH, Urt. v. 21.6.2011 – 5 StR 52/11 – NJW 2011, 2744). Ihr sind spezifische Störungen der Persönlichkeit, des Verhaltens, der Sexualpräferenz, der Impuls- und Triebkontrolle zuzurechnen; hierunter fällt insbesondere die dissoziale Persönlichkeitsstörung (vgl. EGMR, Urt. v. 20.3.2003, Beschwerde-Nr. 50272/99, H.R. ./. Vereinigtes Königreich; BVerfG, aaO.; BGH, aaO.; siehe auch BT-Drucks. 17/3403).

Letzteres hat das Landgericht angenommen. Dabei hat es seine Einschätzung, der Betroffene leide an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren auf die bislang vorliegenden Sachverständigengutachten – die beiden letzten stammen aus dem Jahr 2007 – stützen dürfen.

Diese sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Betroffenen eine Persönlichkeitsstörung vorliegt. Deren Kern besteht nach der zusammenfassenden Beschreibung des Sachverständigen Prof. Dr. Re. in seinem Gutachten vom 6.3.2007 in einer "Bindungsschwäche, der fehlenden gemüthaften Ansprechbarkeit, der egozentrischen, auf die eigenen Bedürfnisse gerichteten Sicht- und Verhaltensweisen und daraus letztlich resultierenden dissozialen Verhaltensmustern". Die Sachverständigen Dr. B. und N. heben in ihrem Gutachten vom 21.3.2007 ferner das "herzlose Unbeteiligtsein gegenüber den Gefühlen anderer im Sinne einer Empathiestörung", "die Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das eigene Verhalten anzubieten" sowie "die deutliche Orientierung am Augenblick", als charakteristisch hervor. Diese schon in früheren Gutachten – der Sachverständigen Prof. Dr. W. vom 3.3.1970, 13.3.1978 und vom 8.3.1982 und Prof. Dr. Rö. vom 21.12.1988 – beschriebene Wesensart entspricht nach den weiteren Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. Re. dem "modernen" Begriff der "Psychopathy" und überlappt sich mit dem in späteren Gutachten – insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. Kr. in dessen Gutachten vom 22.12.1998 und vom 25.7.2005 – verwandten Begriff der "dissozialen Persönlichkeitsstörung" im Sinne der Klassifikation psychischer Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10). Neben der dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.2) haben der Sachverständige Prof. Dr. Kr. ebenso wie die Sachverständigen Dr. B. und N. in ihrem Gutachten vom 21.3.2007 eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus diagnostiziert, die sie aus einer feststellbaren Affektinstabilität ableiten, aus der immer wieder auch eine aggressive Komponente des Betroffenen erwachsen sei; dieser neige dazu, impulsiv und aggressiv zu reagieren, wenn die Dinge nicht so liefen, wie er sie sich wünsche.

Auf der Grundlage der vorgenannten Gutachten hat das Landgericht außerdem Gründe für die Annahme bejaht, dass der Betroffene mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Der Senat teilt diese (vorläufige) prognostische Einschätzung.

Gemäß dem seinerzeitigen Stand der forensischen Psychiatrie haben die Sachverständigen Dr. B. und N. in ihrem Gutachten vom 21.3.2007 für die Gefährlichkeitsprognose die abstrakte, auf statistischen Wahrscheinlichkeiten aufbauende Wiederholungsgefahr der hier in Betracht kommenden Deliktkategorien mit den individuellen Risiko- und Prognosemerkmalen des Betroffenen in Beziehung gesetzt, wie sie sich aus der Gesamtbeurteilung seiner Persönlichkeit und der begangenen Straftaten ergeben. Das statistische Rückfallrisiko ist hoch: Es beträgt – auf lange Sicht – für Körperverletzungsdelikte 25 bis 50 %, für sexuelle Gewaltdelikte 39 %.

Es wird durch die individuellen Merkmale des Betroffenen weiter ungünstig beeinflusst. Für dessen Affektinstabilität – mit aggressiven Komponenten – bei gleichzeitiger Empathiestörung und Orientierung am Augenblick liegt dies auf der Hand. In Bezug auf die begangenen Straftaten wirken sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. B. und N. die Beliebigkeit der Opferwahl, die hohe Rückfallgeschwindigkeit und ein einheitliches Verlaufsmuster mit massiven Gewaltanwendungen gegen den Hals der Tatopfer ungünstig aus. Bedingt durch ein Versagen beim Geschlechtsverkehr aufgrund eines vorzeitigen Samenergusses bzw. ausgelöst durch Erektionsschwierigkeiten hätten sich Ärger und Wut eingestellt, die sich in den bekannt gewordenen Gewaltdelikten in einem Würgen entladen hätten. Die besondere Gefährlichkeit des Betroffenen haben die Sachverständigen dabei vor allem aus der fehlenden Bereitschaft abgeleitet, von anderen Menschen, insbesondere von Frauen, irgendwelche Zurückweisungen und Grenzsetzungen zu akzeptieren; einer differenzierten Auseinandersetzung stehe auch die unterdurchschnittliche Intelligenz des Betroffenen im Wege. Zudem habe die Gefährlichkeit des Betroffenen sich zwischenzeitlich dadurch weiter erhöht, dass nach der Aufnahme homosexueller Kontakte nunmehr auch Übergriffe auf männliche Opfer möglich erschienen.

Als weiteren ungünstigen Faktor haben die Sachverständigen den Umgang des Betroffenen mit Alkohol genannt, der – soweit ersichtlich – regelmäßig mit der Begehung der Gewalttaten einherging.

Als "alarmierend" hat der Sachverständige Prof. Dr. Re. in seinem Gutachten vom 6.3.2007 schließlich den Umstand gewertet, dass die Beschäftigung des Betroffenen mit Beziehungs- und sexuellen Themen an Dynamik weiter gewonnen habe. Die Sachverständigen Dr. B. und N. haben hiermit übereinstimmend eine deutliche Sexualisierung von Alltagssituationen konstatiert, die auch in der persönlichen Anhörung des Betroffenen deutlich geworden ist. Die sexuellen Auffälligkeiten hätten zwischenzeitlich sogar ein Ausmaß erreicht, dass sie als eigenständige Störung aufgefasst werden müssten. Günstige Tendenzen haben die Sachverständigen in keiner Hinsicht feststellen können.

Auf dieser Grundlage sind die Sachverständigen übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass "von einer sehr hohen Wiederauftretenswahrscheinlichkeit erneuter Delikte der gleichen Oberkategorien" ausgegangen werden müsse; mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit seien "aggressiv gefärbte Impulsdurchbrüche, also Gewaltdelikte" vorherzusagen, die "auch eine sexuelle Konnotation" beinhalteten.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass auf dieser Grundlage mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren schweren (Sexual-) Straftaten zu rechnen ist, die selbst den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 4.5.2011 geforderten erhöhten Gefährlichkeitsmaßstab erfüllt (NJW 2011, 1931; vgl. auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.7.2011 – 15 W 1400/11 –, das diesen auf das ThUG nicht für anwendbar hält). Er teilt ferner die Ansicht des Landgerichts, dass derzeit ein milderes Mittel als die Therapieunterbringung nicht erkennbar ist.

Die hiergegen erhobenen Einwände des Betroffenen verfangen nicht. Der Senat hält die umfassenden Weisungen und Auflagen der Führungsaufsicht nach dem derzeitigen Erkenntnisstand auch nach dem Eindruck aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen nicht für ausreichend.

Ob solche Maßnahmen tatsächlich zu einer deutlichen Absenkung des Gefährlichkeitspotentials führen, hängt nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. B. und N. zunächst von der Bereitschaft des Betroffenen ab, die Ernsthaftigkeit seiner Störung zu erkennen. Hieran fehlt es. Die Frage, ob er an einer psychischen Störung leide, hat der Betroffene bereits bei seiner persönlichen Anhörung durch das Landgericht verneint. Nach dem Eindruck des Senats fehlt es ihm auch in Bezug auf die begangenen Straftaten an Einsicht. So hat der Betroffene, konkret auf die erste einschlägige Tat, das Tötungsdelikt, angesprochen, jedenfalls vordergründig Reue gezeigt – "das hätte nie passieren dürfen" –, in anderem Zusammenhang aber weit von sich gewiesen, jemals eine Sexualstraftat begangen oder versucht zu haben – "um Gottes willen, eine Vergewaltigung, so etwas darf man doch nicht". Der Senat hat in der Anhörung vielmehr eine Tendenz des Betroffenen feststellen können, sich möglichst "günstig" darzustellen. Hierzu gehören dessen Behauptungen, körperlich extrem abgebaut zu haben – wofür sich keinerlei äußere Anhaltspunkte fanden – und keinerlei sexuelle Bedürfnisse mehr zu verspüren, was allerdings durch die Angaben des Vertreters der Führungsaufsichtsstelle relativiert wurde, der aus intimen Gesprächen mit dem Betroffenen von einer gewissen (homoerotischen) Neigung zu einem Herrn K. berichtete. Hinzu kommen die mehrfachen Beteuerungen des Betroffenen, er wisse, dass er "an allem selbst schuld sei und niemandem sonst die Schuld an seiner Situation geben" könne, ebenso wie die Erklärung seiner Bereitschaft, sich in Freiheit selbstverständlich jeder ihm auferlegten Behandlung unterziehen zu wollen, sich sogar – auch wegen seines Alters – operieren zu lassen, um einen Sexualtrieb zu verhindern, den er aber ohnehin nicht habe. Insoweit deckt sich der Eindruck des Senats mit dem Ergebnis der von den Sachverständigen Dr. B. und N. durchgeführten testpsychologischen Untersuchung, der Betroffene habe eine starke Antworttendenz im Sinne einer sozialen Erwünschtheit gezeigt. Ferner bleibt unklar, ob durch die in der persönlichen Anhörung geschilderten sozialen Kontakte – mit der Familie R. und mit Frau S. - tatsächlich eine gewisse Stabilität gewährleistet werden könnte. Der Betroffene wünscht sich, ein "altes Mütterchen" zu finden, das ihn betreue und versorge; wie realistisch dessen Vorstellung ist, nach seiner Entlassung entweder mit Frau R. oder mit Frau S. zusammenleben zu können, vermag der Senat nicht zu beurteilen.

Danach kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden, dass die durchaus günstigen Aspekte der aktuellen Entwicklung des Betroffenen – insbesondere dessen Enthaltsamkeit in Bezug auf Alkohol – und die positive Beurteilung durch den Vertreter der Führungsaufsicht die Annahme rechtfertigen könnten, dieser werde in einem System von Auflagen und Weisungen der Führungsaufsicht auch künftig dauerhaft straffrei bleiben. Dies gilt umso mehr, als die Alkoholproblematik von den Sachverständigen lediglich als "Teilfaktor" gewertet worden ist, allein aus der Alkoholabstinenz deshalb nicht auf eine günstige Prognose geschlossen werden kann.

Der Senat ist sich jedoch bewusst, dass es sich hierbei nur um eine vorläufige Einschätzung handelt und eine endgültige Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Die dort in Auftrag zu gebenden psychiatrischen Gutachten (§ 9 ThUG) werden sich deshalb eingehend damit auseinanderzusetzen haben, wie sich die aktuelle Entwicklung des Betroffenen, vor allem dessen Umgang mit Alkohol, aber auch dessen fortgeschrittenes Alter auf die Gefährlichkeitsprognose auswirken, insbesondere ob es zwischenzeitlich – wie der Betroffene behauptet – aufgrund einer Erkrankung der Prostata zu einem Verlust der sexuellen Bedürfnisse gekommen ist, ferner – mit Blick auf die Bedeutung "eines geeigneten sozialen Empfangsraums" (vgl. BVerfG, Urt. v. 4.5.2011 - NJW 2011, 1931) – wie die sozialen Verhältnisse des Betroffenen zu bewerten sind.

Für die (endgültige) Gefährlichkeitsprognose kann außerdem eine Rolle spielen, ob der Betroffene – entgegen seinen Angaben (etwa gegenüber den Sachverständigen Dr. B. und N., vgl. deren Gutachten vom 21.3.2007, S. 30) – auch in der Zeit während seines Aufenthalts in England von 1983 bis 1988 (einschlägig) straffällig geworden ist; Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4.4.2007 (14-AR 26/06SchwG, dort S. 14) und dem Gutachten der vorgenannten Sachverständigen (dort S. 81). Dem wird das Landgericht nachzugehen haben.

Die Beschwerde hat auch nicht deshalb Erfolg, weil, wie der Beschwerdeführer meint, seine vorläufige Unterbringung in der Saarländischen Klinik für forensische Psychiatrie nicht zulässig sei.

Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass die angefochtene Entscheidung lediglich "die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung zur Therapieunterbringung" anordnet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung verlangt die angefochtene Entscheidung (Seite 17 des Beschlussabdrucks) als Voraussetzung einer zulässigen vorläufigen (und endgültigen) Unterbringung nach § 1 ThUG, dass eine zum Vollzug der Therapieunterbringung geeignete geschlossene Einrichtung zur Verfügung steht. Das folgt aus § 1 Abs. 1 ThUG i.V.m. § 2 ThUG, wonach eine Person nur in einer bestimmte Kriterien erfüllenden und deshalb geeigneten geschlossenen Einrichtung untergebracht werden darf.

Nach § 5 Abs. 1 SThuZVollzG wird die Therapieunterbringung vollzogen in Einrichtungen des Landes, die im Sinne des § 2 ThUG vom Ministerium der Justiz in einem Vollzugplan für den Zweck der Therapieunterbringung bestimmt sind (Nr. 1) oder in nach § 2 ThUG geeigneten Einrichtungen außerhalb des Landes (Nr. 2). Ist eine solche Unterbringung nicht möglich, kann nach § 5 Abs. 2 SThuZVollzG die Unterbringung auch in Einrichtungen des Landes vollzogen werden, die – wie die Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie – Maßregeln der Besserung und Sicherung vollzieht und die die Voraussetzungen des § 2 ThUG erfüllt.

§ 5 SThuVollzG ist nach Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsgemäß. Das gilt für § 5 Abs. 1 SThuVollzG schon deshalb, weil in materieller Übereinstimmung mit § 2 ThUG lediglich die Einrichtung der zur Ausführung des ThUG berufenen Verwaltungsbehörde bestimmt wird. Gegen § 5 Abs. 2 SThuVollzG bestehen gleichfalls keine Bedenken, weil Voraussetzung des Vollzuges der Therapieunterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Sinne des § 63 StGB ist, dass diese Anstalt zugleich die Voraussetzungen des § 2 ThUG erfüllt, Bundesrecht also materiell nicht widerspricht (Art. 31 GG).

Dass die Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie den Anforderungen des § 2 Nr. 1 und 2 ThUG entspricht – die Therapieunterbringung muss unter medizinisch-therapeutischen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit die angemessene Behandlung der psychischen Störung eines Betroffenen unter ihn möglichst wenig belastenden Umständen mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten – steht außer Frage und wird von dem Beschwerdeführer auch nicht angegriffen. Die durch das Gesetz vorgesehene und verfassungsrechtlich gebotene Behandlung muss dem Beschwerdeführer allerdings auch tatsächlich zu Teil werden können. Ein lediglich formal erscheinendes und nicht näher konkretisiertes Angebot würde den Anforderungen an eine sich von Strafe unterscheidende Therapie auch dann nicht genügen, wenn sich der Beschwerdeführer ihm verweigerte, und – wenn sich die Unmöglichkeit oder die fehlende Fähigkeit oder Bereitschaft der Einrichtung, dem Verlangen von Gesetz und Verfassung zu entsprechen herausstellen sollte – einer (weiteren) Therapieunterbringung entgegen stehen.

Das Ministerium der Justiz hat in einer durch den Senat eingeholten Stellungnahme dargestellt, dass der ärztliche Leiter der Einrichtung dem Beschwerdeführer die Erstellung eines individuellen Behandlungsplans angeboten habe und ihm für den Fall der Annahme geeignetes therapeutisches Personal zur Verfügung gestellt werde. Der Senat hat keine Zweifel, dass das in der Saarländischen Klinik für Forensische Psychiatrie auch möglich ist.

Die Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie erfüllt auch die Voraussetzungen des § 2 Nr. 3 ThUG. Danach darf die Unterbringung nur in Einrichtungen vollzogen werden, die räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

Das Trennungsgebot des § 2 Nr. 3 ThUG verböte es gewiss, Betroffene in Justizvollzugsanstalten im Sinne von § 139 StVollzG unterzubringen oder auch nur in Einrichtungen, die lediglich der Form nach von einer Justizvollzugsanstalt abgeschieden, materiell jedoch mit ihr durch örtliche, organisatorische oder personelle Verflechtungen verbunden sind (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.5.2011 – 14 Wx 20/11).

Die Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie ist jedoch keine Einrichtung des Strafvollzuges sondern eine solche des Maßregelvollzuges und zwar – ausschließlich – des Vollzuges der Maßregeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) und in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) sowie der sie vorbereitenden Maßnahmen.

Der Betroffene weist zwar zu Recht darauf hin, dass der EGMR die Maßregel der Sicherungsverwahrung (§§ 66 ff. StGB) – allerdings unter dem Gesichtspunkt ihrer Rechtfertigung nach Art. 5 Abs. 1 EMRK – als "Strafe" betrachtet hat. Das – im Saarland bislang fortgeltende Strafvollzugsgesetz – enthält auch in seinen §§ 136-138 StVollzG – als Teile der Gesamtregelung des "Strafvollzugs" – rudimentäre Regelungen über die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt. Schon § 136 StVollzG zeigt indessen, dass sich der Strafvollzug (§ 2 ff. StVollzG) und der Vollzug der Maßregeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt strukturell und konzeptionell grundlegend unterscheiden: Weder geht es ihnen um die Verwirklichung der "Vollzugsziele" der Vollziehung einer Freiheitsstrafe nach § 2 StVollzG noch um den Vorrang genießenden und daher Art und Tiefe der Freiheitsentziehung bestimmenden Schutzzweck der Sicherungsverwahrung nach § 129 StVollzG. Vielmehr prägen schon normativ ärztliche Behandlung und gesundheitliche Heilung oder Besserung die Unterbringung (§§ 136, 137 StVollzG). Ihnen allein dienen "Aufsicht, Betreuung und Pflege". Das zeigt, dass auch nach Sinn und Zweck des § 2 ThUG keine Bedenken bestehen, wenn eine Unterbringung Betroffener – mit den aus den Vorgaben des § 2 Nr. 1 und 2 ThUG folgenden Besonderheiten – in oder in Verbindung mit einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt erfolgt.

In Bezug auf die tatsächliche Ausgestaltung der Therapieunterbringung, für die gemäß § 10 Abs. 2 SThUZVollzG die Einrichtung zuständig ist, sieht der Senat sich jedoch aufgrund der Erkenntnisse aus der Anhörung des Betroffenen und des Leiters der Einrichtung und aus der Inaugenscheinnahme der Station, auf der der Betroffene untergebracht ist, zu folgenden Hinweisen veranlasst:

Nach § 7 Abs. 1 SThUZVollzG ist für die Untergebrachten binnen sechs Wochen nach ihrer Zuführung ein Behandlungsplan im Sinne des § 2 Nr. 1 ThUG aufzustellen, der sich gemäß § 7 Abs. 2 SThUZVollzG neben der medizinischen und therapeutischen Behandlung auch auf die Form der Unterbringung, die Arbeit und das Maß des Freiheitsentzugs erstreckt.

Der Behandlungsplan ist deshalb auch dann zu erstellen, wenn ein Untergebrachter die Wahrnehmung therapeutischer Angebote – aus welchen Gründen auch immer – (zunächst) verweigert. Dass auch bei fehlender Mitwirkung des Untergebrachten ein umfassender Behandlungsplan zu erstellen ist, folgt aus dem für die Therapieunterbringung nicht minder als für die Sicherungsverwahrung geltenden Motivierungsgebot, das in § 3 Abs. 1 SThUZVollzG seinen Niederschlag gefunden hat. Danach ist die Bereitschaft der Untergebrachten zu Mitwirkung und Verantwortungsbewusstsein zu wecken und zu fördern. Entsprechendes hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931) für die Sicherungsverwahrung bekräftigt. Es gilt um so mehr für die Therapieunterbringung.

Dies erlaubt ein Untätigbleiben der Einrichtung auch bei fehlender Mitwirkung oder gar Verweigerung des Untergebrachten nicht.

Hinsichtlich der Form der Unterbringung, der Arbeit und des Maßes des Freiheitsentzugs ist bei der Erarbeitung des Behandlungsplans zunächst § 3 Abs. 2 SThUZVollzG zu beachten, der dem präventiven Charakter der Therapieunterbringung Rechnung trägt. Danach ist das Leben in der Einrichtung den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit anzugleichen, wie es ohne Beeinträchtigung der Ziele nach § 2 SThUZVollzG möglich ist. Die Einrichtung hat deshalb durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass über den unabdingbaren Entzug der "äußeren" Freiheit hinaus weitere Belastungen vermieden werden. Auch dieses sogenannte Minimierungsgebot (§ 2 Nr. 2 ThUG) hat das Bundesverfassungsgericht in seiner vorgenannten Entscheidung zur Sicherungsverwahrung als Erfordernis für die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung angesehen. Der Behandlungsplan wird sich unter diesem Gesichtspunkt – mit Blick auf deren Bedeutung für die Prognose – insbesondere mit Fragen der Vollzugslockerungen auseinanderzusetzen haben (vgl. BVerfG, aaO.). Bei der tatsächlichen Ausgestaltung der Unterbringung wird die Einrichtung außerdem den Neigungen des Untergebrachten, hier etwa das Sporttreiben, nach Möglichkeit Rechnung zu tragen haben.

Weitere Anforderungen an die Rechtmäßigkeit ergeben sich aus der Zielsetzung, eine möglichst kurze Unterbringungsdauer zu gewährleisten (§ 2 Nr. 1 ThUG). Auch insoweit zieht der Senat die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4.5.2011 aufgestellten Grundsätze heran. Danach muss sich aus dem individuell zugeschnittenen und fortlaufend zu aktualisierenden Behandlungsplan ergeben, ob und gegebenenfalls mit welchen Maßnahmen die Gefährlichkeit des Untergebrachten gemindert werden kann, um diesem eine Perspektive auf Wiedererlangung der Freiheit zu eröffnen. In Betracht zu ziehen sind dabei etwa "berufliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlungen sowie Maßnahmen zur Ordnung der finanziellen und familiären Verhältnisse und zur Vorbereitung eines geeigneten sozialen Empfangsraums"; zu diesem Zweck sind insbesondere im therapeutischen Bereich alle Möglichkeiten auszuschöpfen (sogenanntes Individualisierungs- und Intensivierungsgebot, BVerfG, aaO.).

Gegenwärtig werden die Anforderungen des Gesetzes jedoch möglicherweise aufgrund eines Verkennens dieser rechtlichen Voraussetzungen einer zulässigen Therapieunterbringung nicht erfüllt. Die Saarländische Klinik für Forensische Therapie darf sich jedenfalls nicht damit begnügen, ohne Vorlage eines konkret-individuellen Behandlungskonzepts auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Anforderungen genügenden Analyse des Behandlungsbedarfs und der Behandlungsmöglichkeiten die Ablehnung einer Therapie durch den Beschwerdeführer – solange sie allein auf eine Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung und das Fehlen eines Konzepts gestützt wird – hinzunehmen und in der Folge den Beschwerdeführer lediglich zu verwahren.

Es besteht ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden im Sinne des § 14 ThUG. Das Landgericht hat diese Voraussetzungen zu Recht bejaht (Seite 18 des Beschlusses, Bl. 99 d. A.). Die Abwägung der hypothetischen Folgen ist nicht zu beanstanden. Der Senat erachtet den Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheit und sexueller Selbstbestimmung potentieller Opfer, deren Gefährdung sich nach den Feststellungen der Sachverständigen jederzeit realisieren könnte, als zeitlich unaufschiebbar.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 19 ThUG).

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