1. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 19. Dezember 2003 zu folgender Neufassung
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.832,41 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins ab 20.9.2003 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegen einander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.
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Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird verwiesen auf die angefochtene Entscheidung.
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Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich geltend gemachten Zahlungsansprüche, soweit sie abgewiesen wurden, weiter. Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte habe schon keine richtigen Aufrechnungserklärungen abgegeben. Das Landgericht habe sie unzulässigerweise zu Gunsten der Beklagten schlüssig gemacht. Auf jeden Fall sei die Aufrechnung aber unzulässig. Die Beklagte habe nicht, wie das Landgericht meinte, Masse-, sondern nur Insolvenzforderungen. Das Ufergelände habe der Kläger seit der Insolvenzantragstellung nicht mehr genutzt und damit die Gegenleistung im Sinne von § 55 Abs. 2 InsO nicht mehr in Anspruch genommen. Der Erbbauzins unterfalle nicht § 55 InsO. §§ 54, 55 InsO regelten abschließend, was Masseverbindlichkeiten seien. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO helfe der Beklagten nicht, weil der Erbbauzinsanspruch nicht durch ein Verhalten des Insolvenzverwalters begründet werde. Über § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO komme man ebenfalls nicht zu einer Masseverbindlichkeit, weil es sich beim Erbbaurecht nicht um ein Dauerschuldverhältnis handele, sondern um einen kaufähnlichen Vertrag. Nach dem Erbbaurechtsvertrag gebe es keine Verpflichtung zur Nutzungsüberlassung. Der Vertrag sei mit der Einräumung des geschuldeten Erbbaurechts bei Vertragsschluss bereits voll erfüllt. Anders wie das Landgericht meine, sei der Erbbauzins gerade nicht die Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung. Es handele sich nicht um eine mietähnliche Zahlung. Deshalb könne der Erbbaurechtsvertrag nur als Austauschvertrag im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO angesehen werden. Aus einem Austauschvertrag entstünden aber nur dann Masseverbindlichkeiten, wenn bei einem gegenseitigen Vertrag von beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllt sei und der Insolvenzverwalter die Erfüllung wähle. Hier habe die Beklagte mit der dinglichen Einräumung des Erbbaurechts bereits voll erfüllt, weshalb kein Fall von § 103 InsO vorliege und er, der Kläger, als Insolvenzverwalter auch keine Erfüllung wählen könne. Der Beklagten stünden damit nur Insolvenzforderungen zu, die zur Tabelle anzumelden seien. Die Aufrechnung richte sich nach §§ 94 ff InsO. Die von der Insolvenzmasse erhobenen Ansprüche für die Zeit ab Februar 2001 stammten aus der Zeit nach Kenntnis der Beklagten von der Insolvenzantragstellung, die spätestens am 20.1.2001 gegeben gewesen sei. Die Gegenforderungen für das 4. Quartal 2000 und das 1. Quartal 2001 seien zwar zuvor fällig geworden. Die Aufrechnungslage sei aber erst nach Kenntnis der Beklagten vom Insolvenzantrag entstanden, da die von der Masse geltend gemachten Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen (Miete und Pacht) monatlich neu entstünden. Es sei nicht entscheidend, dass die Verträge, aus denen die Beklagte ihre Ansprüche herleite, aus der Zeit vor dem anfechtungsrelevanten Zeitraum stammten. Die Aufrechnungserklärungen stammten aus der anfechtungsrelevanten Zeit und seien in Kenntnis vom Insolvenzantrag abgegeben worden, weshalb die Anfechtung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO greife. Nehme man eine inkongruente Deckung an, weil der Gläubiger keinen Anspruch auf Befriedigung seiner Forderung durch Entstehung einer Aufrechnungslage habe, führe das direkt zu § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. § 110 Abs. 3 InsO helfe der Beklagten nicht, da diese Vorschrift Bezug nehme auf die Aufrechnungshindernisse der §§ 95 ff InsO und damit auf § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die Beklagte habe keine schutzwürdige Position im Sinne von § 110 Abs. 3 InsO erlangt. Zu Unrecht habe das Landgericht selbst eine Aufrechnungsreihenfolge festgelegt und mit dem Pachtzins für das Ufergelände aufgerechnet, nachdem die Beklagte das nicht getan habe. Zu Unrecht seien auch die Nebenkostenvorauszahlungen für August 2001 bis Mai 2003 nicht zugesprochen worden, nachdem die Nebenkostenabrechnung für 2001 bis 2003 erfolgt sei, für die Austraße 14 sogar für den Zeitraum 2000 bis 15.3.2003 (K 17). Im Übrigen habe die Beklagte die klägerische Forderung der Höhe nach anerkannt, weshalb nicht verständlich sei, dass die Nebenkostenvorauszahlung jetzt bestritten werde.
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Nach Reduzierung seiner Forderung um versehentlich zu viel verlangte 27,01 EUR beantragt der Kläger,
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das Urteil des Landgerichts Heilbronn insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen wurde und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 29.099,78 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Sie weist darauf hin, dass ihre Aufrechnungserklärungen K 6 bis 15 = B 2 klar und überdies in zwei Schriftsätzen noch erläutert worden seien. Entsprechendes gelte für die Aufrechnungserklärungen nach Verfahrenseröffnung (B 24 bis 26). Gemäß § 108 InsO bestehe ein Mietverhältnis des Schuldners nach Insolvenzverfahrenseröffnung fort, weshalb die Ansprüche hieraus Masseverbindlichkeiten seien und die Beklagte mit den nach Verfahrenseröffnung fällig gewordenen Ansprüchen uneingeschränkt aufrechnen könne. Dies gelte wegen der ähnlichen Lage für den Erbbaurechtsvertrag entsprechend. Auch die Ansprüche aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung seien aufrechenbar, da sie Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 und § 55 Abs. 2 InsO seien. Die zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungslage werde durch die Eröffnung nicht berührt (§ 94 InsO). Für eine Anfechtung sei kein Raum. Vorsorglich werde mit den nicht verbrauchten überschießenden eigenen Forderungen aufgerechnet gegen je bestehende Forderungen des Klägers und die dem Kläger vom Landgericht zugesprochene Miete für Januar 2001, wobei diese Hilfsaufrechnung aber auch bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 28.11.2003 geschehen sei. Das habe das Landgericht übersehen.
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Mit ihrer Anschlussberufung wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung der Miete für Januar 2001. Diese sei mit der am 12.1.2001 eingegangenen Überweisung bezahlt. Die Leistungszweckbestimmung ergebe sich aus dem Zahlungszeitpunkt. Die Dezember-Miete sei bereits bezahlt gewesen durch die im November erfolgte Überweisung von zwei Monatsmieten. Im Übrigen sei mit den erstinstanzlichen Schriftsätzen vom 3.9. und 21.10.2003 die nach Auffassung des Landgerichts fehlende Tilgungsbestimmung abgegeben worden.
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Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung,
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das Urteil des Landgerichts Heilbronn abzuändern und die Klage abzuweisen.
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die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Insoweit trägt er vor, das Landgericht habe ihm die Januar-Miete zu Recht zugesprochen. Die Beklagte habe die Bezahlung der Dezember-Miete nicht nachgewiesen. Er bestreite die Bezahlung von 7.600,00 DM im November 2000 und dass dieser Betrag die Miete für November und Dezember 2000 darstelle.
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Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. Die Anschlussberufung ist insgesamt, die Berufung teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 12.832,41 EUR nebst Zinsen.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bezahlung von 1.942,91 EUR. Die Beklagte hat sowohl die Miete für Januar 2001 wie die für Dezember 2000 für das Mietobjekt ... bezahlt.
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Der Kläger kann nicht die Zahlung der Beklagten vom 11. Januar 2001 auf die Miete für Dezember 2000 verrechnen. Erstmals in der Berufung hat der Kläger bestritten, dass die sich aus der Anl. B 5 ergebenden 7.600,00 DM die Mieten für November und Dezember 2000 darstellen und dass dieser Betrag tatsächlich bezahlt wurde (Bl. 220). Dieser Vortrag ist unzulässig und damit unbeachtlich (§§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 ZPO). Der Kläger behauptet zwar, dies werde noch einmal bestritten. Doch ist dies nicht richtig.
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Die Beklagte hatte in erster Instanz vorgetragen (Bl. 51), im November 2000 die Monatsmieten November und Dezember 2000 auf das von der Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 19.10.2000 (B 4, Bl. 58) angegebene Konto überwiesen zu haben. Der Kläger erwiderte (Bl. 111 f), dass es sich bei diesem Konto um eines der ebenfalls mittlerweile insolventen Firma ... handelte und „nach derzeitigem Kenntnisstand ... der Betrag in Höhe von DM 7.600,00, welcher die Miete für November und Dezember 2000 darstellen soll, tatsächlich auf dem Konto mit der Nummer ... eingegangen“ sei. Er habe sich mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung gesetzt, eine ausdrückliche Bestätigung aber bisher nicht erhalten. Damit liegt seitens des Klägers kein ausdrückliches Bestreiten der Zahlung durch die Beklagte vor. Die Beklagte hat substanziierten Vortrag zur Zahlung gehalten. Dadurch ist die ursprüngliche Behauptung des Klägers (Bl. 30), der Zahlungseingang im Januar 2001 sei mit der Miete für Dezember 2000 verrechnet worden bzw. habe verrechnet werden können, weil diese noch nicht entrichtet gewesen sei, hinfällig. Bereits mit Schreiben vom 23.11.2000 (B 6, Bl. 60) wurde die Beklagte wieder aufgefordert, auf ein anderes Konto zu bezahlen. Die Dezember-Miete hatte sie jedoch bereits zusammen mit der November-Miete 2000 noch im November 2000 auf das Konto gemäß Anl. B 4 überwiesen. Diese Zahlung ist als Erfüllung auch hinsichtlich der Dezember-Miete anzusehen. Eine Zahlung wenige Tage vor Fälligkeit entfaltet Erfüllungswirkung. Angesichts des raschen Kontenwechsels, der von der Gemeinschuldnerin veranlasst wurde, sind dadurch entstehende Probleme dieser bzw. dem Kläger zuzurechnen, insbesondere da der Kläger lediglich vorgebracht hat, nicht ganz sicher zu wissen, ob der Vortrag der Beklagten zutrifft. § 110 Abs. 1 InsO steht der Erfüllungswirkung nicht entgegen, da es nicht um den Zeitraum nach Insolvenzverfahrenseröffnung geht.
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Dem Kläger stehen 12.832,41 EUR nebst Zinsen zu. Im Übrigen ist die mit der Berufung geltend gemachte Forderung durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Keinen Anspruch hat der Kläger auf 2.249,68 EUR Nebenkostenvorauszahlungen.
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1. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Forderungen
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Dem Kläger standen für diesen Zeitraum zu:
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2, 5, 6/2001 = 3 x 552,50 DM = |
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Hinzu kommen 3 x 200,00 DM = 600,00 DM Nebenkosten für die ....
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Diese Forderungen des Klägers sind insgesamt erloschen durch die von der Beklagten erklärten Aufrechnungen mit den Grundsteuer-Mahnkosten von 275,50 DM und 53,10 DM, der Baurechtsamtsgebühr von 190,00 DM, der Pacht Ufergelände 4. Quartal 2000 bis 2. Quartal 2001 und der Erbpacht 4. Quartal 2000 bis 2. Quartal 2002. Der Kläger meint zwar, die Aufrechnungserklärungen der Beklagten seien nicht ausreichend gewesen, weil keine richtige Reihenfolge angegeben war. Die Beklagte rechnete immer nur auf mit „Miete für gewerbl. Plätze“, ohne zwischen Pacht und Erbpacht zu unterscheiden. Doch ist das kein Problem, das die Aufrechnung von vornherein unzulässig macht. Der Kläger erhebt gegen beide Forderungen keinerlei Einwendungen, sodass sie gleichrangig nebeneinander stehen. Nachdem die Beklagte nicht zwischen Uferpacht und Erbbauzins unterschied bzw. nicht in einer bestimmten Reihenfolge aufrechnete, liegt ein Fall von § 396 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wonach § 366 Abs. 2 BGB entsprechende Anwendung findet, wenn eine Aufrechnung mit mehreren Forderungen ohne nähere Bestimmung erfolgt. Nach § 366 Abs. 2 BGB werden die Forderungen der Beklagten anteilig verbraucht.
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Auch der weitere Einwand des Klägers, die Beklagte habe die Aufrechnungsreihenfolge im Prozess gegenüber ihren vorgerichtlichen Erklärungen verändert, führt nicht zur Unzulässigkeit der Aufrechnung. Soweit die Aufrechnungen wirksam waren, sind die Forderungen hierdurch erloschen. Dies führte dazu, dass die vom Kläger für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beanspruchten Forderungen insgesamt erloschen sind. Auf eine Aufrechnungserklärung im Prozess kommt es nicht mehr an.
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Die von der Beklagten erklärten Aufrechnungen sind insolvenzbeständig.
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Gemäß § 94 InsO wird das Recht zur Aufrechnung durch das Insolvenzverfahren nicht berührt, wenn ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung berechtigt ist. Unzulässig ist die Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist und gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Anfechtung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Nr. 2 und 4 sind ohne Bedeutung, sie passen auf den vorliegenden Sachverhalt nicht. Nr. 1 gilt hier nach § 110 Abs. 3 InsO nicht. Die Grenze der Verfahrenseröffnung ist schon in § 110 eingebaut. Doch diese Grenze ist irrelevant für alle Forderungen des Klägers gegen die Beklagte, die diese bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldig geworden ist, d.h. für alle bis zum 2.7.2001 fällig gewordenen Miet- und Nebenkostenforderungen des Klägers bzw. der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte. § 110 InsO steht also einer Aufrechnung der Beklagten gegen die mit der ursprünglichen Klage vom Kläger geltend gemachten Miet- und Nebenkostenforderungen nicht entgegen. Die Stromkosten beruhen auf Rechnungen vom 5.12.2000 (K 3 und 4). Die Mieten betreffen die Monate Februar bis Juli 2001 (...) bzw. Februar, Mai und Juni 2001 (...). Aufgerechnet werden kann gegen die gesamte Miete für Juli 2001. Die Verweisung in § 110 Abs. 3 InsO auf den in Absatz 1 genannten Zeitraum erfasst beide dort genannten Zeitgrenzen (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. Rn. 12), also Eröffnung und zur Zeit der Eröffnung laufender Monat.
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§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO steht nicht entgegen, da die Beklagte die Möglichkeit zur Aufrechnung in nicht anfechtbarer Weise erlangt hat. Entscheidend ist, dass es auf die Möglichkeit zur Aufrechnung ankommt und nicht auf die Aufrechnung selbst. Die Möglichkeit zur Aufrechnung meint den Erwerb von Forderungen, die gegeneinander aufgerechnet werden können, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich um Forderungen der Beklagten oder gegen sie gerichtete Forderungen des Klägers handelt. Sie dürfen beide nicht in anfechtbarer Weise erworben worden sein. Hier geht es vor allem um Forderungen aus Verträgen, für die eine Gegenleistung erbracht wird (Miete, Pacht, Erbbaurecht), sodass § 130 InsO (kongruente Deckung) maßgeblich ist. Entsprechendes gilt für die Baurechtsamtsgebühr, da ihr eine Leistung des Amtes zugrunde liegt. Lediglich bei den Verzugskosten fehlt die Gegenleistung, so dass für sie § 131 InsO (Inkongruente Deckung) maßgeblich ist.
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Anfechtbar ist gemäß § 130 Abs. 1 InsO eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war oder wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte (Nr. 1) oder wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zu berücksichtigen ist, dass es für § 96 Nr. 3 InsO nicht auf die Aufrechnungserklärung ankommt, sondern auf die Erlangung der Möglichkeit der Aufrechnung. Die Möglichkeit zur Aufrechnung erlangt hat die Beklagte aufgrund der Verträge (so zur vergleichbaren Rechtslage nach §§ 17, 55 KO BGH NJW 1995, 1966). Durch die Verträge wurde sie Gläubigerin und Schuldnerin, erwarb also Forderungen, die sie aufrechnen konnte und Schulden, gegen die sie aufrechnen konnte. Die Forderungen gegen die Beklagte beruhen auf den Mietverträgen. Die Forderungen der Beklagten beruhen auf dem Pacht- und dem Erbbaurechtsvertrag sowie dem Bescheid über die Baurechtsamtsgebühr. Pacht- und Erbbaurechtsvertrag wurden 1961 bzw. 1960 geschlossen und damit längst vor dem nach § 130 InsO relevanten Zeitraum von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Baurechtsamtsgebühr beruht auf einem Bescheid vom 16.1.2001, dem Tag der Antragstellung und wurde nach unbestrittenem Vortrag am 19.1.2001 fällig. Der Bescheid stammt damit nicht aus den letzten drei Monaten vor der Antragstellung, weshalb nicht § 130 Nr. 1 InsO, sondern § 130 Nr. 2 InsO maßgeblich ist. Hieraus ergibt sich aber deswegen keine Anfechtbarkeit des Forderungserwerbs, weil nicht dargetan ist, dass der Beklagten zur Zeit der Erstellung des Bescheids die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Nach Behauptung des Klägers hatte die Beklagte am 20.1.2001 Kenntnis vom Antrag, nach eigenem Vortrag am 23.1.2001. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es für die Beurteilung der Zulässigkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der einzelnen Forderungen an, ebenso wenig auf den der Aufrechnungserklärungen. § 130 InsO ist auch nicht unmittelbar auf die Aufrechnungserklärungen anwendbar, weil § 96 InsO eine Spezialregelung für die Aufrechnung enthält, die § 130 InsO ersetzt.
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Die Grundsteuerverzugskosten beruhen auf Schreiben vom 18.12.2000. Gemäß § 131 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Die Beklagte hat unwidersprochen dargelegt, dass und warum sie Anspruch auf die in Rechnung gestellten Säumniszuschläge und Mahnkosten hatte, so dass davon auszugehen ist, dass sie am 18. 12. 2000 Anspruch hierauf hatte. Sie hat die Aufrechnungslage also nicht in anfechtbarer Weise herbei geführt.
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Die Beklagte kann somit gegen alle vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Forderungen des Klägers, die mit der Klage geltend gemacht wurden, mit eigenen Forderungen, die bis zur Insolvenzeröffnung entstanden, aufrechnen. Zu Recht hat deswegen das Landgericht die Klage abgewiesen, soweit es um die mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten Forderungen geht.
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Die Beklagte hat unstreitig mit weit überschießenden Forderungen aufgerechnet. Gänzlich erloschen sind diejenigen wegen der Grundsteuer-Mahnkosten und der Baurechtsamtsgebühr. Gemäß §§ 396 Abs. 1 S. 2, 366 Abs. 2 BGB anteilig erloschen sind diejenigen aus Pacht- und Erbbaurechtsvertrag, wobei hier die genauen Anteile offen bleiben können.
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Erloschen sind auch die Nebenkostenforderungen des Klägers für die Monate Februar, Mai und Juni 2001 das Mietobjekt ... betreffend. Die von der Beklagten am 30.1.2001 (K 8) und am 5.6.2001 (K 14) erklärten Aufrechnungen gegen die Nebenkostenforderung des Klägers sind wirksam. Die Beklagte kann nicht jetzt nachträglich im Prozess insoweit ein Zurückbehaltungsrecht ausüben. Die Aufrechnung ist ein Gestaltungsrecht, über das nicht beliebig verfügt werden kann.
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2. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Forderungen
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Dem Kläger stehen unstreitig zu:
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8/01, 1, 4, 5/03 = 4 x 3.800,00 DM = |
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Nicht zu steht dem Kläger die geltend gemachte Nebenkostenforderung ... von 200,00 DM für 22 Monate = 4.400,00 DM. Die Beklagte verweigert die Zahlung zu Recht. Ein Anerkenntnis dieses Forderungsanteils liegt nicht vor.
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Der Mieter kann gemäß § 273 BGB die Zahlung weiterer (Nebenkosten-)Vorschüsse verweigern, wenn der Vermieter nicht innerhalb angemessener Zeit abrechnet, weil ihm ein Anspruch auf die Abrechnung zusteht (vgl. etwa BGH NJW 1984, 1684; Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl., Rn. 528 und Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 6. Aufl., § 37 Rn. 50).
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Unstreitig haben weder die Insolvenzschuldnerin noch der Kläger bisher eine Nebenkostenabrechnung betreffend die Austraße für das Jahr 1999 vorgelegt. In erster Instanz war außerdem unstreitig, dass die Nebenkostenabrechnung auch für das Jahr 2000 nicht vorgelegt worden ist. In der Berufung hat der Kläger nun behauptet, dies sei mit Schreiben vom 19.9.2001 geschehen (Bl. 190), welches als Anl. K 17 vorgelegt werde. Dies ist sowohl falsch als auch unbeachtlich. Das vorgelegte Schreiben datiert vom 19.9.2003 und wurde bereits als Anl. K 16 in erster Instanz vorgelegt. Aus diesem Schreiben ergibt sich eine Abrechnung der Nebenkosten für 2001 bis zum 15.3.2003, auch wenn es in der Überschrift heißt „Nebenkostenabrechnung 2000 bis 15.3.2003“. Im Übrigen wäre neuer Vortrag in der zweiten Instanz verspätet. Ein Entschuldigungsgrund wird nicht genannt (§§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 ZPO).
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Im Hinblick auf das ihr zustehende Zurückbehaltungsrecht war die Beklagte nicht zur Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage der Nebenkostenabrechnungen 1999 und 2000 zu verurteilen. Der Kläger hat nur noch Anspruch auf den Saldo nach Abrechnung.
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Vom an den Kläger zu zahlenden Betrag ist ein Anteil von 2.257,00 DM durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Wirksam aufrechnen konnte sie mit der ihr zustehenden Pachtzinsforderung für das 3. und 4. Quartal 2001, wobei der Quartalspachtzins von 1.372,50 DM jeweils etwas zu kürzen war, und zwar für das 3. Quartal für die zwei Tage bis zur Verfahrenseröffnung am 2.7.2001 um 2/90, sodass 1.342,00 DM verbleiben und für das 4. Quartal um 1/3, weil der Pachtvertrag zum 30. November 2001 gekündigt wurde, sodass 915,00 DM verbleiben.
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Mit diesen Beträgen kann die Beklagte aufrechnen.
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Gemäß § 108 InsO bestehen Pachtverhältnisse des Schuldners mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Die Pachtzinsansprüche, die nach Verfahrenseröffnung entstehen, sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO Masseverbindlichkeiten und nicht nur Insolvenzforderungen wie die bis dahin entstandenen Pachtzinsansprüche (§ 108 Abs. 2 InsO). Darauf, dass der Insolvenzverwalter nicht nutzte, kommt es entgegen seiner Meinung nicht an. Bis zur Wirksamkeit der Kündigung, die der Kläger gemäß § 109 InsO ausgesprochen hat und dies auch durfte, schuldet die Insolvenzmasse den Pachtzins.
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Mit den Masseforderungen kann die Beklagte ohne weiteres gegen die Forderungen des Klägers aufrechnen. Sie muss diese nicht wie bloße Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Da die Masseforderungen vorweg zu befriedigen sind (§ 53 InsO), entsteht den Insolvenzgläubigern durch eine solche Aufrechnung kein Nachteil.
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Nicht aufrechnen kann die Beklagte die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Erbbauzinsansprüche. Sie sind nicht Masseschulden, die aufrechenbar wären, sondern nur Insolvenzforderungen. Ein Fall von § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO liegt nicht vor. Voraussetzung hierfür wäre, dass es sich um einen beidseits noch nicht voll erfüllten Vertrag handelt. Die Vorschrift korrespondiert mit § 103 InsO, wonach der Insolvenzverwalter Erfüllung eines zur Zeit der Eröffnung beidseits nicht (voll) erfüllten Vertrages verlangen kann.
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Der Erbbaurechtsvertrag fällt nicht unter § 108 InsO. Ebenso wenig ist eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den Erbbaurechtsvertrag angezeigt.
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Beim Erbbaurechtsvertrag handelt es sich nicht um ein Dauerschuldverhältnis. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass die Nutzungsüberlassung beim Erbbaurechtsvertrag keine Vertragspflicht ist. Die Beklagte hat ihre Vertragspflichten erfüllt mit der Einräumung des Erbbaurechts. Gemäß § 1 ErbbRVO kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass demjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Der Grundstückseigentümer übernimmt also keine (dauernde) Duldungspflicht, sondern räumt ein Recht ein. Zwar verweist § 9 ErbbRVO auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Reallasten, wenn für die Bestellung des Erbbaurechts ein Entgelt in wiederkehrenden Leistungen ausbedungen wird. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass das Erbbaurecht als Dauerschuldverhältnis oder zumindest ein ähnliches Schuldverhältnis anzusehen ist. Der Verweis auf die Vorschriften über die Reallast bedeutet lediglich, dass für den Fall eines dinglichen Erbbauzinses (nur für diesen gilt der Verweis) das Grundstück für die Erfüllung der Verpflichtung haftet. Ein Dauerschuldverhältnis oder ein ähnliches Rechtsverhältnis wird deswegen nicht begründet. Entscheidend ist, dass der Grundstückseigentümer mit der Einräumung des Erbbaurechts bereits voll erfüllt hat.
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Ein Fall von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO liegt nicht vor, da bezüglich des Erbbaurechtsvertrags keine Handlung des Insolvenzverwalters vorliegt, die den von der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des Erbbauzinses begründete. Die Begründung erfolgte mit dem Vertragsschluss im Jahr 1960.
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Da auch nicht mit nicht verbrauchten Restforderungen aus den vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Ansprüchen aufgerechnet werden kann, da diese keine Masseschulden sind und somit nur zur Aufrechnung gegen Forderungen des Klägers aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung geeignet sind, können gegen die Ansprüche des Klägers aus der Zeit nach der Insolvenzverfahrenseröffnung nur die 2.257,00 DM = 1.153,99 EUR aufgerechnet werden. Der Gesamtforderungsbetrag des Klägers von 16.236,08 EUR reduziert sich um diesen Betrag und die dem Kläger nicht zustehenden 2.249,68 EUR Nebenkostenvorauszahlungen. Es verbleiben 12.832,41 EUR. Sie sind wie beantragt ab Rechtshängigkeit zu verzinsen, die am 20.9.2003 eingetreten ist (Bl. 123 i.V.m. Bl. 116).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO, wobei für die Berufung die nicht erfolgreiche Hilfsaufrechnung der Beklagten zu berücksichtigen war, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Bei der Streitwertfestsetzung war die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit ihren nicht durch Aufrechnung verbrauchten Forderungsteilen aus der Zeit vor der Insolvenzverfahrenseröffnung gegen eventuell dem Kläger zustehende Forderungen zu berücksichtigen, deren Wert sich der berechtigten Forderung des Klägers entsprechend auf 12.832,41 EUR beläuft.
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