I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 12.4.2019 (3 O 333/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 9 % und die Beklagte 91 %.
IV. Das Urteil des Senats sowie – im Umfang der Zurückweisung der Berufung – auch das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung der Gegenseite abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht zuvor die vollstreckende Partei Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
V. Die Revision wird zugelassen.
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| Die zulässige Berufung der Beklagten hat insoweit in der Sache Erfolg, als infolge der weiteren Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ein höherer Vorteilsausgleich (s.u. 2.) zulasten der Klägerin in Abzug zu bringen ist, und insoweit, als das Landgericht der Klägerin zu Unrecht Zinsen nach § 849 BGB (s.u. 3.) zugesprochen hat. |
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| Die weiter gehende Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg (s.u. 1.). |
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| Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht auf der Grundlage von §§ 826, 31 BGB zu Schadensersatz verurteilt. |
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| Die hiergegen von der Beklagten angeführten Argumente, die im Wesentlichen denjenigen gleichen, wie sie in vielen Hundert weiteren gleich oder ähnlich gelagerten Rechtsstreitigkeiten mit der Beklagten von dieser erhoben werden, haben keinen Erfolg. Im Einzelnen ist hierzu auszuführen: |
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| Die Beklagte hat - wozu auch der Ehemann der Klägerin gehörte - die (Erst-)Käufer von Fahrzeugen, die mit dem von ihr produzierten Motor der Baureihe EA 189 und mit der inkriminierten Software ausgestattet waren, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise geschädigt, wobei die Verantwortlichen im Zeitpunkt des Inverkehrbringens wenigstens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben. Die Beklagte hat, um den Absatz ihrer Fahrzeuge mit Dieselmotoren der Serie EA 189 zu steigern, die Abgasreinigung des Motors des streitgegenständlichen Fahrzeugs so gefertigt oder fertigen lassen und in Verkehr gebracht, dass bei dem Betrieb auf einem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) das Fahrzeug in einen Zustand versetzt war, in dem die für die Fahrzeugprüfung maßgeblichen Abgasgrenzwerte eingehalten werden. Demgegenüber wurde im Alltagsbetrieb des Fahrzeugs eine Abgasreinigung nicht in gleicher Weise durchgeführt, was von vornherein zu einem höheren Schadstoffausstoß geführt hat. Die Beklagte hat durch ihr Vorgehen eine Schädigung der Käufer von Dieselfahrzeugen aus eigennützigem Gewinnstreben in sittlich anstößiger Weise billigend in Kauf genommen, was geeignet war, einen Schaden der Käufer der betroffenen Kraftfahrzeuge zu verursachen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.07.2019, 17 U 160/18; Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, WM 2019, 881; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237; OLG Köln, Urt. v. 04.10.2019, 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559; Beschl. v. 29.04.2019, 16 U 30/19; Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NJW-RR 2019, 984; OLG Oldenburg, Urt. v. 30.10.2019, 14 U 93/19; Urt. v. 02.10.2019, 5 U 47/19; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, NJW-RR 2019, 1428; a. A. OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, DAR 2019, 261). |
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| Das haftungsbegründende Verhalten der Beklagten i. S. v. § 826 BGB ergibt sich aus dem Herstellen und Inverkehrbringen eines Fahrzeugs unter gezieltem Einsatz eines Schadstoffreinigungssystems, das auf dem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) für die Einhaltung der für die EG-Typengenehmigung erforderlichen Emissionswerte gesorgt, im Alltagsbetrieb jedoch keine gleichwertige Reinigung vorgenommen hat, und dessen Betriebserlaubnis im Hinblick auf die im Rahmen des EG-Typgenehmigungsverfahrens nicht offengelegte streitgegenständliche „Umschaltlogik“ in Frage stand. Soweit ein Hersteller nicht ausdrücklich Abweichendes mitteilt, bringt er mit dem Herstellen und Inverkehrbringen eines Fahrzeugs, das nicht ausdrücklich ohne Straßenzulassung angeboten wird, zum Ausdruck, dass der Einsatz des Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt und dauerhaft zulässig ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 10; OLG Koblenz, Urt, v, 12.06.2019, 5 U 1318/18, Rn. 18, NJW 2019, 2237, 2238). |
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| Insbesondere wird dadurch auch zum Ausdruck gebracht, dass das fragliche Fahrzeug den Zulässigkeitsanforderungen einer zum Zeitpunkt seines Inverkehrbringens (hier: mit der Erstzulassung am 3.1.2008) zwar noch nicht gültigen (vgl. die Regelung in Art 18 Abs. 2 VO (EG) 715/2017), aber in Kürze (hier: am 3.1.2009, also ein Jahr nach der Erstzulassung) wegen des bereits in Kraft getretenen Regelwerks (vgl. Art 18 Abs. 1 VO (EG) 715/2017) geltenden europarechtlichen Vorschrift genügen wird, es sei denn, auf die in Bälde eintretende fehlende Konformität würde ausdrücklich hingewiesen. |
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| Ein Fahrzeugkäufer geht berechtigterweise davon aus, dass die insoweit notwendige Typgenehmigung und Betriebszulassung nicht mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet sind, die sich daraus ergeben, dass sie durch Verheimlichen der „Umschaltlogik“ gegenüber den maßgeblichen öffentlichen Stellen erschlichen wurden (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249, 253 Rn. 42) oder durch Verheimlichen der Abschalteinrichtung behördliche Maßnahmen nach Beginn der Gültigkeit der Regelung, nach welcher die Abschalteinrichtung unzulässig wurde, unterbleiben. |
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| Auch vorliegend war der dauerhafte Betrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Straßenverkehr bei Erwerb des Fahrzeugs gefährdet (s.u. (7)). |
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| Von einer Schädigungshandlung ist auch gegenüber solchen Käufern auszugehen, die – wie vorliegend – das Fahrzeug (gebraucht) von einem (möglicherweise unwissenden) Dritten erworben haben. Die Beklagte ging davon aus, dass die mit der ab 3.1.2009 unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Fahrzeuge später auch als Gebrauchtwagen unverändert durch Dritte weiterveräußert würden. Gerade darauf basiert das Geschäftsmodell der Beklagten. Für den Weiterverkauf von Neufahrzeugen durch ihre Vertragshändler liegt das auf der Hand. Es gilt jedoch auch für den späteren Verkauf als Gebrauchtwagen durch diese Händler oder Dritte, denn auch die spätere Weiterveräußerbarkeit durch einen Fahrzeugkäufer ist für die Attraktivität der (Neu-) Fahrzeuge und damit deren Absatz entscheidend (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249; OLG Karlsruhe, Hinweisbeschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZVertriebsR 2019, 178). |
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| Das streitgegenständliche Fahrzeug zeigte nach unstreitigem Vortrag auf dem Prüfstand - jedenfalls im Genehmigungsverfahren nach dem NEFZ - ein anderes Abgasreinigungsverhalten als im Alltagsbetrieb. Hierbei handelte es sich um eine absichtlich verdeckte Verschlechterung, die für die Kaufpreisbildung von Bedeutung ist. Während auf dem Prüfstand die maßgeblichen Grenzwerte (wohl) eingehalten worden sind, war der Schadstoffausstoß im Alltagsbetrieb, der die Klägerin betrifft, höher, und zwar nicht nur aufgrund anderer Rahmenbedingungen, sondern aus technischen Gründen. Dies ergibt sich aus den insoweit schlüssigen Behauptungen der Klägerin. Die unterschiedliche Abgasreinigung beim streitgegenständlichen Motor hat die Beklagte nicht bestritten. Insbesondere ist nicht in Abrede gestellt, dass das Abgasreinigungsverfahren im laufenden Alltagsbetrieb nicht in gleicher Weise erfolgt wie auf dem Prüfstand im NEFZ im Genehmigungsverfahren, sondern die Schadstoffemissionen dann technisch bedingt weit höher sind. |
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| Bei der im Fahrzeug der Klägerin vorhandenen Einrichtung, die bei erkanntem Prüfstandlauf eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert, handelt es sich um eine nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29.06.2007; nachfolgend: VO (EG) 715/2007) - seit 3.1.2009 - unzulässige Abschalteinrichtung (BGH, Beschl. v. 08.01.2019, VIII ZR 225/17, Rn. 6 ff., NJW 2019, 1133, 1134 m. w. N.; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Urt. v. 04.10.2019, 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Dresden, Urt. v. 20.08.2019, 9 U 851/19, BeckRS 2019, 21364). |
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| Durch das Verhalten der Beklagten ist von einem Schaden des Käufers auszugehen, wenn das Fahrzeug beim Erwerb für die Zwecke des Käufers nicht uneingeschränkt brauchbar ist. In diesem Fall liegt ein Schaden bereits im Abschluss des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug. |
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| Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie – bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit – die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch das Eingehen eines nachteiligen Geschäfts (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 21.12.2004, VI ZR 306/03, NJW-RR 2005, 611, 612; BGH, Urt. v. 28.10.2014, VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275, 276 Rn. 19; BGH Urt. v. 19.07.2004, II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2669). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt. |
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| Die Eigenschaften des streitgegenständlichen Fahrzeugs und damit der abgeschlossene Vertrag entsprachen nicht den berechtigten Erwartungen des getäuschten Ehemanns der Klägerin und die Leistung war für seine Zwecke zunächst nicht voll brauchbar (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2014, VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 276, 276 Rn. 18). Aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung drohte zunächst ihm (jedenfalls wegen Art 10 Abs. 3 der VO (EG) 715/2007 ab 1.1.2011) und sodann der Klägerin der Widerruf der erteilten, aber lediglich formal wirksamen EG-Typgenehmigung und in der Folge die Betriebsuntersagung oder -beschränkung auf öffentlichen Straßen gem. § 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (im Folgenden: FZV; BGH, Beschluss vom 08.01.2019, VIII ZR 225/17, Rn. 18 ff., NJW 2019, 1133, 1135; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012). |
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| Bevor ein Kraftfahrzeughersteller berechtigt ist, ein Fahrzeug für die Nutzung im Straßenverkehr auf den Markt zu bringen, hat er die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren erfolgreich zu absolvieren. Insbesondere ist die sogenannte EG-Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt als zuständiger Behörde (§ 2 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung; im Folgenden: EG-FGV) einzuholen und eine Übereinstimmungsbescheinigung auszustellen (§ 27 Abs. 1 EG-FGV). Stellt das Kraftfahrtbundesamt nach Erteilung einer formell wirksamen Typgenehmigung fest, dass ein Fahrzeug nicht die materiellen Voraussetzungen für den genehmigten Typ einhält, kann es zur Beseitigung aufgetretener Mängel und zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit auch bereits im Verkehr befindlicher Fahrzeuge zum einen gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung anordnen oder gemäß § 25 Abs. 3 EG-FGV die EG-Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen (vgl. VG Magdeburg, Beschl. v. 02.07.2018, 1 B 268/18, Rn. 11 f.). Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 FZV dürfen Fahrzeuge nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind, was gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 FZV voraussetzt, dass sie einem genehmigten Typ entsprechen. Wird die EG-Typgenehmigung entzogen oder mit Nebenbestimmungen versehen, entspricht das Fahrzeug ‒ im Fall der Nebenbestimmung: bis zur Nachrüstung ‒ keinem genehmigten Typ mehr. Die Zulassungsbehörde kann dem Eigentümer oder Halter dann gemäß § 5 Abs. 1 FZV eine Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn 11). Die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr und damit der Hauptzweck des abgeschlossenen Kaufvertrages war somit unmittelbar gefährdet. Denn wird die EG-Typgenehmigung widerrufen, droht die Stilllegung, werden Nebenbestimmungen angeordnet, ist die fortdauernde Nutzbarkeit von einer Nachrüstung des Fahrzeugs durch den Hersteller abhängig, das heißt, im Auslieferungszustand droht ebenfalls die Stilllegung (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 18; OLG Koblenz, Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289). |
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| Das Oberlandesgericht Koblenz hat zwar nach Einbau des Software-Updates sowohl einen Mangel als auch einen Schaden verneint. Ein Mangel habe ausschließlich in der drohenden Betriebsuntersagung aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung gedroht, da es entscheidend darauf ankomme, ob die Sache (Pkw) für die Nutzungsart geeignet sei, die die Parteien dem Vertrag zugrunde gelegt hätten (unter Verweis auf BGH, Urt. v. 20.03.2019, VIII ZR 213/18, NJW 2019, 1937). Sonstige, bei Abschluss des Kaufvertrages vorhandene oder später aufkommende Erwartungen des Käufers spielten keine Rolle. Die Gefahr der Nutzungsuntersagung sei aber mit dem Update beseitigt (OLG Koblenz, Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289). |
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| Zutreffend weist das Oberlandesgericht Köln demgegenüber darauf hin, dass ein Schaden nicht durch die Installation eines Updates entfallen sei. Denn der Schaden, nämlich die ungewollte Belastung mit einer Verbindlichkeit, sei nach wie vor gegeben (OLG Köln, Urt. v. 04.10.2019, 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559). In der Durchführung des Updates kann daher weder ein Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gesehen werden (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237, 2245 Rn. 79), noch entfällt dadurch nachträglich ein bereits beim Kläger eingetretener Schaden. |
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| Auf die – nur nach Behauptung der Beklagten geringe - Höhe der Kosten des Updates kommt es daher von vornherein nicht an. |
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| Der Schaden in Form der Verbindlichkeit durch den Kaufvertragsabschluss ist auch kausal durch das Handeln der Beklagten (das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne die erforderlichen Hinweise auf die ab 3.1.2009 eintretende Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung, s.o.) bewirkt worden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt es bei “sittenwidriger Vertragserschleichung“, dass der Geschädigte Umstände dartut, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 12.05.1995, V ZR 34/94, NJW 1995, 2361, 2362). |
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| Ein Käufer wird regelmäßig erwarten, das Fahrzeug dauerhaft und ohne Gefahr der Stilllegung aufgrund eines Erlöschens der EG-Typgenehmigung bzw. der Betriebserlaubnis nutzen zu können. Diese Erwartung prägt maßgeblich den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar. Nach der Lebenserfahrung ist praktisch auszuschließen, dass ein potentieller Fahrzeugkäufer das streitgegenständliche Fahrzeug zu denselben Bedingungen erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde bzw. maßgebliche Umstände wie die Abschalteinrichtung verheimlicht werden, die gerade dazu führen, dass die zuständigen Behörden nicht die erforderlichen Maßnahmen auf der Grundlage der VO (EG) 715/2007 ergreifen können und deshalb die dauernde Nutzbarkeit des Fahrzeugs im Straßenverkehr gefährdet ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249, 253 juris Rn. 42). Die weiteren für den Kauf eines bestimmten Kraftfahrzeugmodells im Einzelfall maßgeblichen Motive treten demgegenüber in den Hintergrund (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 26). |
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| Das Handeln der Beklagten – das Inverkehrbringen der von der Abschalteinrichtung betroffenen Fahrzeuge – geschah in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise. |
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| Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250, 251 f. Rn. 16; Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 9 f., 19 ff. m. w. Nachw.). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (BGH, Urt. v. 19.07.2004, II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 f.). |
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| In der Autoindustrie spielt die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da angesichts der in hohen Stückzahlen produzierten Fahrzeuge systematische Defizite eine große Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Die Verkehrserwartung geht dahin, dass die Hersteller sich an die gesetzlichen Vorgaben im Zulassungsverfahren halten und sich nicht durch falsche Angaben oder Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Angaben zu Verbrauchs- und Emissionswerten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschaffen. An die Redlichkeit werden insoweit besonders hohe Erwartungen gestellt, weil der Käufer nicht zu einer eigenen Überprüfung in der Lage und deshalb auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19). |
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| Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte, die als Entwicklerin und Herstellerin des Motors ebenso wie des streitgegenständlichen Fahrzeugs für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlich war, in erheblichem Maße verstoßen. Die Verwendung einer ab 3.1.2009 unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Prüfstandserkennung mit „Umschaltlogik“ widersprach offensichtlich den Vorgaben der VO (EG) 715/2007, die schon ab 3.7.2007 in Kraft getreten war (vgl. Art Art 18 Abs. 1). Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit keinerlei Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19), von deren Gültigkeitsbeginn ab 3.1.2009 die Beklagte schon beim Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs wusste. |
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| Als Beweggrund für das Handeln der Beklagten ist allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung ersichtlich (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 31). Es erscheint lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 31; OLG Köln, Beschl. v. 16.07.2018, 27 U 10/18, juris Rn. 20). Zwar ist ein Handeln aus Gewinnstreben allein noch nicht als verwerflich anzusehen. Die Sittenwidrigkeit resultiert jedoch insbesondere aus den zur Gewinnmaximierung angewandten unlauteren und gesetzeswidrigen Mitteln in Kombination mit dem Ausmaß des angerichteten Schadens (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; OLG Koblenz, NJW 2019, 2237, 2239 f., Rz. 37 ff.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 33 ff.; OLG Köln, Beschl. v. 29.04.2019, 16 U 30/19, Rn. 5; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981 m. w. Nachw.). Dabei ist die große Zahl der betroffenen Fahrzeuge ebenso zu berücksichtigen wie der den Käufern drohende erhebliche Schaden in Form einer Stilllegung ihrer Fahrzeuge. Hinzu kommt die Art und Weise der Täuschung seitens der Beklagten, die sich für den Absatz ihrer Motoren und Fahrzeuge das Vertrauen der Käufer in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch die Objektivität der staatlichen Behörde zunutze gemacht hat. Die Beklagte hat Behörden wie Käufer getäuscht und dabei deren Schädigung ebenso wie eine Schädigung der Umwelt allein aus Profitstreben in Kauf genommen. |
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| Der Senat schließt sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich den prägnanten und in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des 12. Zivilsenats in dessen Entscheidung vom 26.11.2019 (12 U 142/19, BeckRS 2019, 30074) an, wonach |
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| „die Beklagte ... die illegale Abschalteinrichtung in ihre Fahrzeuge verbaute, dabei mit hoher krimineller Energie die staatlichen Behörden systematisch täuschte und zu Werkzeugen machte, indem sie diese nämlich zur Ausstellung scheinbar rechtsgültiger Zulassungsbescheinigungen veranlasste, um auf diese Weise massenhaft Fahrzeugkäufer täuschen zu können, und sich dabei zudem allein aus wirtschaftlichen Erwägungen über die Belange des Umweltschutzes, denen die Zulassungsvorschriften dienen, hinwegsetzte. Hinzu kommt, dass die Aufklärung der „Diesel-Affäre“ nicht etwa aus dem Unternehmen der Beklagten heraus betrieben wurde, sondern erst voranging, als die Beweislage erdrückend wurde (ebenso OLG Koblenz, NJW 2019, 2237, 2240 Rz. 42) und die Beklagte bis heute ihr gesetzeswidriges Verhalten bagatellisiert (so auch OLG Koblenz, NJW 2019, 2237, 2240 Rz. 45), indem sie z.B. weiterhin entgegen der einhelligen Auffassung der Behörden und soweit ersichtlich aller mit der Frage befassten Obergerichte (selbst das OLG Braunschweig, s. BeckRS 2019, 2737, Rn. 96, das im Ergebnis eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB als einziges Obergericht grundsätzlich ablehnt) vortragen lässt, es habe sich bei der „Umschaltlogik“ nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt. |
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| Dieses Ergebnis ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren, wie die Beklagte immer wieder einwendet (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; a. A. OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, DAR 2019, 261, Rn. 172 ff.). Grundsätzlich beschränkt sich die Haftung auf die Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen, also in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 11.11.1985, II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 838; Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 22). Anders als etwa eine Haftung der Beklagten gem. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit bestimmten europarechtlichen Normen knüpft der Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB aber vorliegend gerade nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 an, sondern folgt aus der mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundenen aktiven Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typgenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis des Käufers ersichtlich von Bedeutung, weil über einen Umstand getäuscht wird, der die Kaufentscheidung wesentlich beeinflusst hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 40 f.). |
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| Aus diesen Gründen kann auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von einem Unterlassen einer Aufklärung durch die Beklagte ausgegangen werden, sondern eben von einem (sittenwidrigen) aktiven Tun in Form des Inverkehrbringens des vom Ehemann der Klägerin erworbenen Fahrzeugs ohne den erforderlichen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung ab dem 3.1.2009 bzw. unter Verheimlichung letzterer. |
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| Auch die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 826 BGB lagen im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs vor. |
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| Der erforderliche Schädigungsvorsatz im Rahmen von § 826 BGB, der getrennt von der Sittenwidrigkeit, und zwar auch von deren subjektiver Seite, festzustellen ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 12.07.1966, VI ZR 1/65, WM 1966, 1148; Urt. v. 28.06.1966, VI ZR 287/64, WM 1966, 1150), bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Fahrlässigkeit, auch grobe, genügt nicht (BGH, Urt. v. 06.06.1962, V ZR 125/60, NJW 1962, 1766; Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 25). Der Vorsatz muss sich auf den Schaden erstrecken, eine nur allgemeine Vorstellung über eine etwa mögliche Schädigung reicht nicht aus (BGH, Urt. v. 24.04.2001, VI ZR 36/00, NJW 2001, 2880, 2882). Andererseits ist eine Schädigungsabsicht nicht erforderlich. Es genügt, dass der Schädiger den Schadenseintritt vorausgesehen und die Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt oder jedenfalls im Sinne eines bedingten Vorsatzes billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urt. v. 20.11.2012, VI ZR 268/11, NJW-RR 2013, 550, Rn. 32; Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250, 253 Rn. 25; BGH, Urt. v. 13.09.2004, II ZR 276/02, NJW 2004, 3706, 3710; Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, § 826 Rn. 11 f.). Eine genaue Vorstellung von dem zu erwartenden Kausalverlauf ist nicht erforderlich. Insbesondere muss der Schädiger nicht wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden (BGH, Urt. v. 19.07.2004, II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 m. w. Nachw.). Für den eigens festzustellenden subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (BGH, Urt. v. 13.09.2004, II ZR 276/02, NJW 2004, 3706, 3710). |
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| Die Beklagte kannte vorliegend die Umstände, welche die Sittenwidrigkeit rechtfertigen, und hat demzufolge bei dem gleichwohl erfolgten Inverkehrbringen des Fahrzeugs auch mit Schädigungsvorsatz gehandelt. |
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| Das vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebrachte Argument, die Regelung in Art 10 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 stehe im vorliegenden Fall der Annahme der Sittenwidrigkeit des Handelns der Beklagten entgegen, weil das Kaufvertragsdatum vor dem in Art 10 Abs. 2 genannten Zeitpunkt lag, kann nach Auffassung des Senats keinen Erfolg haben. |
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| Die zitierte Vorschrift richtet sich mit einem Befehl des Verordnungsgebers („versagen“) an die nationalen Behörden, ändert aber nichts an der gleichsam materiellen, wegen Art 5 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 gegebenen Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung seit dem 3.1.2009, wie sie von der Beklagten millionenfach in Motoren der Reihe EA 189 eingebaut wurde. Einzuräumen ist freilich, dass nach Art 18 Abs. 2 der genannten Verordnung diese erst seit dem 3.1.2009 gilt, das Fahrzeug der Klägerin aber schon am 3.1.2008 erstmals zugelassen und damit in Verkehr gebracht worden war (vgl. die Eintragung im Kaufvertrag, Anlage K 1, Blatt 10 d.A.). Andererseits trat die Verordnung schon am dritten Tag nach ihrer am 29.6.2007 erfolgten Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, also am 2.7.2007 (vgl. Art 18 Abs. 1 der VO). |
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| Wenn demnach zwar die materielle Unzulässigkeit einer Abschalteinrichtung wie der hier zu beurteilenden erst ab 3.1.2009 gelten sollte, war aber jedem Fahrzeughersteller, der nach Inkrafttreten der Verordnung nach dem 2.7.2007 Fahrzeuge in Verkehr brachte, auch die Regelung in Art 10 Abs. 3 der Verordnung bekannt, nach welcher gilt: |
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| „Mit Wirkung vom 1. Januar 2011, ..., sehen die nationalen Behörden für neue Fahrzeuge ausgestellte Übereinstimmungsbescheinigungen für die Zwecke des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 70/156/EWG als nicht mehr gültig an, wenn diese Fahrzeuge dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen, ..., nicht entsprechen und verweigern aus Gründen, die die Emissionen oder den Kraftstoffverbrauch betreffen, ihre Zulassung und untersagen ihren Verkauf oder ihre Inbetriebnahme...“ |
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| Mit dem Inverkehrbringen des hier streitgegenständlichen Fahrzeugs im Zuge der Erstzulassung am 3.1.2008 hat die Beklagte dem Erstkäufer und jedem weiteren Käufer des Fahrzeugs das infolge Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung ab 3.1.2009 bewirkte „Damoklesschwert“ der drohenden Stilllegung des Fahrzeugs vor dem Hintergrund der Regelung in Art 10 Abs. 3 der Verordnung mit auf den Weg gegeben. Entscheidend für die Annahme der Sittenwidrigkeit ist damit nicht der 1.9.2009, nicht der 3.1.2009, sondern der 2.7.2007, der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung. |
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| Die Beklagte hat sich entsprechend § 31 BGB das Wissen und Wollen ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter (sog. Repräsentanten) zurechnen zu lassen. |
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| Eine „mosaikartige“ Zurechnung von Wissen mehrerer Personen eines Unternehmens scheidet dabei in der Regel aus. Sämtliche subjektiven Tatbestandselemente müssen angesichts des personalen Charakters der sittenwidrigen Schädigung vielmehr grundsätzlich in einer natürlichen Person verwirklicht sein (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250, Rn. 23). Entsprechend § 31 BGB findet eine Zurechnung des Handelns von Organen im aktienrechtlichen Sinne, also insbesondere von Vorstandsmitgliedern, aber auch anderer „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ statt. Der Begriff des „verfassungsmäßig berufenen Vertreters“ wird dabei weit im Sinne eines Repräsentanten des Unternehmens ausgelegt (BGH, Urt. v. 30.10.1967, VII ZR 82/65; NJW 1968, 391, 392; Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 31 Rn. 6), um zu verhindern, dass sich insbesondere Großunternehmen allein aufgrund ihrer Größe und durch ihre arbeitsteilige Organisationsstruktur einer Haftung für schuldhaftes Verhalten ihrer Mitarbeiter ohne weiteres entziehen können (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19). Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ist nicht erforderlich. Es genügt, dass einer Person durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind und sie die juristische Person insoweit repräsentiert (BGH, Urt. v. 30.10.1967, VII ZR 82/65, NJW 1968, 391, 392; Urt. v. 21.09.1971, VI ZR 122/70, NJW 1972, 334; Urt. v. 05.03.1998, III ZR 183/96, NJW 1998, 1854, 1856). Der personelle Anwendungsbereich von § 31 BGB deckt sich in etwa mit dem Begriff des leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsrechtes (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 31 Rn. 6). |
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| Die Beklagte hat die Behauptung des Klägers bezüglich einer Kenntnis und Billigung des Handelns durch ihre Repräsentanten nicht ausreichend bestritten, jedenfalls der sie insoweit treffenden sekundären Darlegungslast nicht genügt. |
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| Die Beklagte hat ihren Vortrag im Wesentlichen auf das Bestreiten der Kenntnis ihrer organschaftlichen Vertreter beschränkt, ohne darzulegen, wann ihre Vertreter Kenntnis erlangt haben oder wann mit einer Kenntnis innerhalb der Organisationsstruktur der Beklagten zu rechnen gewesen wäre. Dieses Bestreiten kann bereits als unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO angesehen werden (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.2019, 17 U 160/18) und ist nicht ausreichend (OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012). |
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| Jedenfalls hat die Beklagte nicht durch substantiierten Vortrag die Behauptung des Klägers erschüttert, dass ein Repräsentant Kenntnis von der Verwendung der offensichtlich unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Prüfstandmodus hatte. Dies genügt im vorliegenden Fall, um eine sog. sekundäre Darlegungslast der Beklagten auszulösen, zumal der Kläger im Rahmen des § 138 Abs. 1 ZPO auch gehalten ist, keine reinen Behauptungen „ins Blaue hinein“ aufzustellen (vgl auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249, 251 f. Rn. 28 ff.; a. A. OLG München, Beschl, v, 25.07.2017, 13 U 566/17, Rn. 5 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine nicht beweisbelastete Partei ausnahmsweise eine Substantiierungslast treffen kann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht kennt, während sie der anderen Partei bekannt sind und ihr nähere Angaben zuzumuten sind (st. Rspr., so BGH, Versäumnisurt. v. 24.10.2014, V ZR 45/13, NJW 2015, 619, 621, Rn. 22; Urt. v. 03.05.2016, II ZR 311/14, NJW 2017, 886, 887 Rn. 19 f.). Der insoweit sekundär Darlegungspflichtige kann dabei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und Mitteilung der Ergebnisse verpflichtet sein (vgl. BGH, Urt. v. 30.03.2017, I ZR 19/16, NJW 2018, 65, Rn. 14 ff.; Urt. v. 11.06.2015, I ZR 75/14, NJW 2016, 953, 955 - sekundäre Darlegungslast eines Internetanschlussinhabers – Tauschbörse III, Rn. 37 ff.). Für die Beurteilung ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass es um die Zurechnung einer objektiv feststehenden gezielten Manipulationsstrategie geht. Einer solchen Vorgehensweise immanent ist die Verschleierung der Verantwortlichkeit für den Fall, dass die Manipulation entdeckt wird. Wenn aber eine objektiv sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB vorgenommen und hierbei zugleich naturgemäß dafür Sorge getragen wird, dass die Zurechnung einer solchen sittenwidrigen Schädigung zu einzelnen verantwortlichen Personen verschleiert wird, ist es nicht Aufgabe des Geschädigten, der nicht einmal bei unterbliebener Verschleierung hinreichenden Einblick in die Entscheidungsvorgänge und Verantwortlichkeiten hat, die Zurechnung zu verantwortlichen Entscheidungsträgern darzulegen (so auch LG Heilbronn, Urt. v. 24.04.2018, Ve 6 O 26/18). |
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| Die Beklagte ist der Behauptung des Klägers nicht substantiiert entgegengetreten. Unstreitig haben Mitarbeiter der Beklagten die streitgegenständliche Software in Kenntnis von deren Funktionsweise in die Motorsteuerung sämtlicher Motoren der Generation EA 189 Euro 5 integriert, die konzernweit in vielen Millionen Dieselfahrzeugen zum Einsatz kommen sollten. Die Funktionsweise widersprach für jeden offensichtlich dem Verbot einer Abschalteinrichtung im Sinne eines „defeat device“ gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/EG. Angesichts der Tragweite der Entscheidung über die riskante Gestaltung der Motorsteuerungssoftware in einer solch hohen Anzahl von Motoren liegt es fern, dass die Entscheidung für eine greifbar rechtswidrige Software ohne Einbindung des Vorstands erfolgt und lediglich einem Verhaltensexzess untergeordneter Konstrukteure zuzuschreiben sein könnte (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 16.07.2018, 27 U 10/18 Rn. 26; Heese NJW 2019, 257, 260). Es handelt sich der Sache nach um eine Strategieentscheidung mit außergewöhnlichen Risiken für den gesamten Konzern und massiven persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen, der bei untergeordneten Konstrukteuren in Anbetracht der möglichen nachteiligen arbeits- und strafrechtlichen Folgen kein annähernd adäquater wirtschaftlicher Vorteil gegenübersteht. In Anbetracht der Tatsache, dass die fragliche Software durch einen Zulieferer programmiert und geliefert wurde und es sich bei der Motorsteuerung um ein Kernstück des Motors handelt, widerspricht es jeder Lebenswahrscheinlichkeit, wenn die Führungsebene des Unternehmens nicht eingebunden worden wäre. Wer die Zustimmung zur Entwicklung und zum Einsatz einer Software in der Motorsteuerung für Millionen von Neufahrzeugen erteilt und damit ein Geschäftsmodell begründet, muss eine wichtige Funktion in einem Unternehmen haben und mit erheblichen Kompetenzen ausgestattet sein. Soweit es sich dabei nicht um einen Vorstand im aktienrechtlichen Sinne handelt, spricht im Hinblick auf das Gewicht der Entscheidung zumindest eine starke tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich um einen Repräsentanten im Sinn der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt, weil er Entscheidungen trifft, die üblicherweise der Unternehmensführung vorbehalten sind (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 55 ff.). |
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| Die Beklagte durfte sich als Folge der sie treffenden Darlegungslast daher nicht auf das Bestreiten der seinerzeitigen Kenntnis oder Billigung von einzelnen Vorstandsmitgliedern beschränken. Die Beklagte hätte mindestens zu den von ihr behaupteten internen Untersuchungen sowie Ermittlungen durch beauftragte externe Personen im Einzelnen vortragen und darlegen müssen, welche Personen die Entwicklung der Softwarefunktion beauftragt bzw. bei dem Zulieferer bestellt haben und wie die üblichen Abläufe innerhalb der Beklagten bei einem solchen Auftrag bzw. einer Entscheidung von derartiger Tragweite sind (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 71 ff. m. w. N.). Der Beklagten ist eine genaue Darlegung auch zumutbar und wird von ihrem Vorstand explizit befürwortet. In einer Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG bei Bekanntwerden der Abgasproblematik hat die Beklagte am 22.09.2015 mitgeteilt: „Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran. [...] Volkswagen duldet keinerlei Gesetzesverstöße. Oberstes Ziel des Vorstands bleibt es, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und Schaden von unseren Kunden abzuwenden. Der Konzern wird die Öffentlichkeit über den weiteren Fortgang der Ermittlungen fortlaufend und transparent informieren.“ |
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| Nachdem die Beklagte das Vorbringen der Klägerin weder ausreichend bestritten hat noch ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, gilt der Vortrag des Klägers, dass der Vorstand i. S. v. § 31 BGB den Einsatz der Manipulationssoftware gekannt und gebilligt hat, als zugestanden gem. § 138 Abs. 3 ZPO. Damit sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 insgesamt erfüllt. |
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| Wenn, wie hier, der Geschädigte durch Täuschung eines Dritten zum Abschluss eines Vertrags veranlasst wurde, steht ihm (bzw. im vorliegenden Fall der Klägerin als Erbin des getäuschten Käufers) im Rahmen der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrags zu, das heißt, Ausgleich der für den Vertrag getätigten Aufwendungen durch den Schädiger gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 19.07.2004, II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2974; Urt. v. 28.10.2014, VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275, 277 Rn. 26). Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dürfen dem Geschädigten dabei neben dem Ersatzanspruch nicht zusätzlich die Vorteile verbleiben, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urt. v. 12.03.2009, VII ZR 26/06, NJW 2009, 1870, 1871 Rn. 15; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Auflage 2020, vor § 249 Rn. 71). Soweit Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten (BGH, Urt. v. 23.06.2015, XI ZR 536/14, NJW 2015, 3160 Rn. 22). |
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| Eine Berücksichtigung der vom Ehemann der Klägerin und später von ihr gezogenen Nutzungen entfällt weder aufgrund der sittenwidrigen Schädigung der Beklagten noch unter verbraucherrechtlichen Gesichtspunkten. |
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| Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde über einen mehrjährigen Zeitraum genutzt, wodurch ein erheblicher geldwerter Vorteil entstand. Auch in Anbetracht einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung ist die Berücksichtigung dieses Vorteils nicht unbillig und insbesondere nicht von einer ungerechtfertigten Entlastung des Schädigers auszugehen. Es ist regelmäßig nicht Aufgabe des Schadensrechts, das Verhalten des Schädigers in einer über die faktische Rückabwicklung des Vertrages hinausgehenden Weise zu sanktionieren (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 99 ff.). Eine Berücksichtigung der Nutzung ist im vorliegenden Fall auch sachgerecht, weil davon auszugehen ist, dass der Ehemann der Klägerin und später sie auch ohne das schädigende Ereignis ein Kraftfahrzeug geführt und die daraus resultierenden Nutzungsvorteile auf eigene Kosten für sich in Anspruch genommen hätten (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2239, 2245 Rn. 84). |
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| Der Berücksichtigung des Nutzungsvorteils im Wege der Vorteilsausgleichung stehen auch die Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs bzw. die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hierzu nicht entgegen. |
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| Die Entscheidung des EuGH vom 17.04.2008 (1. Kammer, C 404/06, NJW 2008, 1433 – Kein Wertersatz für Nutzung vertragswidrigen Verbrauchsguts – Quelle AG), nach der im Rahmen der Nachlieferung bei einem Verbrauchsgüterkauf Wertersatz für die zurück zu gewährende zuerst gelieferte mangelhafte Sache nicht verlangt werden kann, ist nicht auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar. Im streitgegenständlichen Fall geht es zum einen um einen deliktischen Anspruch gegen den am Kaufvertrag nicht beteiligten Hersteller des Fahrzeugs. Zum anderen ist die vorliegende Konstellation allenfalls einem Rücktritt vergleichbar, nicht aber der Nachlieferung einer mangelfrei geschuldeten Sache. Für den Rücktritt aber ordnet § 346 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB ausdrücklich die Verpflichtung zur Herausgabe gezogener Nutzungen bzw. zum Wertersatz an. § 475 Abs. 3 S. 1 BGB erklärt die Nutzungsherausgabe bzw. den Wertersatz nur für den Fall der Nachlieferung beim Verbrauchsgüterkauf für unanwendbar (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2239, 2245 Rn. 85). |
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| Vorliegend kann die Klägerin deshalb die Erstattung der für den Erwerb des Fahrzeugs verauslagten Kosten verlangen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs an die Beklagte. Von der Schadensersatzforderung der Klägerin sind als Vorteilsausgleich jedoch die gezogenen Nutzungen durch den tatsächlichen Gebrauch des Fahrzeugs abzuziehen. |
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| Für die Anrechnung des Nutzungsersatzes ist es bei der im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO zu ermittelnden Höhe sachgerecht, entsprechend der Rückabwicklung beim Fahrzeugkauf die gefahrenen Kilometer ins Verhältnis zum Kaufpreis und der bei Vertragsabschluss zu erwartenden Restlaufleistung zu setzen (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 99 ff.; BGH, Urt. v. 17.05.1995, VIII ZR 70/94, NJW-RR 1995, 2159, 2161). Dies greift auch die Klägerin nicht an. Dass die Gesamtausführung und -ausstattung neuerer Fahrzeuge eine deutlich längere Gesamtlaufleistung gestattet als die in vergleichbaren Fällen zugrunde gelegte Kilometerzahl von bis zu 300.000 km, ist nicht ersichtlich und widerspricht den Ausführungen von Kfz-Sachverständigen, die vom Senat in zahlreichen anderen Rechtsstreitigkeiten zur erwartbaren Laufleistung von Kraftfahrzeugen befragt worden sind. Der Senat schätzt deshalb im vorliegenden Fall die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Pkws wie in anderen Verfahren, in denen die Laufleistung bei vergleichbaren Fahrzeugen unter sachverständiger Beratung zu bemessen war, auf jedenfalls die 250.000 km (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 108), die die Klägerin von vornherein ihrer Schadensberechnung zugrunde gelegt hat und die das Landgericht – von der Klägerin auch im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt – angenommen hat. |
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| Die Klägerin hat demzufolge das streitgegenständliche Fahrzeug an die Beklagte herauszugeben und an sie zu übereignen. |
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| Die Schadensersatzforderung der Klägerin reduziert sich um gezogene Nutzungen im Wert von 14.680,62 EUR, ausgehend von einem Kaufpreis von 28.509,- EUR, einer unstreitigen Laufleistung von 135.770 km zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung und einer Restlaufleistung von (250.000 – 14.500 =) 235.500 bei Abschluss des Kaufvertrags und in Anwendung der üblichen Formel (Nutzungsentschädigung = Kaufpreis x gefahrene km / Restlaufleistung bei Vertragsschluss). |
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| Daraus folgt ein der Klägerin noch zuzusprechender Betrag in Höhe von 13.828,38 EUR. |
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| Der von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachte und vom Landgericht zugesprochene Zins aus § 849 BGB ist nicht gerechtfertigt. |
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| Die Vorschrift des § 849 BGB erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jeden Sachverlust durch ein Delikt und erstreckt sich auch auf Geld (Versäumnisurt. v. 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084). Anders als bei einer Kapitalanlage, die der zitierten Entscheidung zugrunde liegt, hätte der Ehemann der Klägerin sein Geld im vorliegenden Fall aber wohl nicht gewinnbringend „arbeiten lassen“, sondern sich ein anderes Fahrzeug gekauft, bei dem kein Wertzuwachs zu erwarten gewesen wäre, so dass es der Kompensation durch eine Verzinsung nicht bedarf. |
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| Die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu ist nicht einheitlich. |
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| So hat beispielsweise das OLG Köln einen Anspruch auf Zinsen aus § 849 BGB bejaht. Umfasst sei jeder Sachverlust durch Delikt und damit auch jede Form von Geld. Denn Zweck der Regelung sei es, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (OLG Köln, Hinweisbeschl. nach § 522 Abs. 2 ZPO v. 29.04.2019, 16 U 30/19 Rn. 67). Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat Deliktszinsen aus § 849 BGB zugesprochen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 110 ff., anders als der 13. Zivilsenat, Urt. v. 06.11.2019, 13 U 37/19). Es komme nicht darauf an, wie der Kläger das Geld im Falle der Abstandnahme vom Geschäft verwendet hätte, ob er sich dafür also ein anderes Kraftfahrzeug gekauft oder das Geld angelegt und wieviel Zinsen er dabei erwirtschaftet hätte. Denn § 849 BGB wolle dem Geschädigten – ähnlich der Regelung zu den Verzugszinsen – die Beweislast dafür abnehmen, welchen Schaden er durch die Einbuße an Nutzbarkeit der Sache erlitten habe, indem er ihm ohne Nachweis eines konkreten Schadens – als pauschalierten Mindestbetrag des Nutzungsentgangs – Schadensersatz in Form von Zinszahlungen zuerkenne (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 113). Unerheblich sei, ob und in welcher Höhe die Gegenleistung werthaltig gewesen sei (entgegen der nachfolgend zitierten Entscheidung des OLG Koblenz vom 16.09.2019, 12 U 61/19). Nur für die Zeit, in der sich eine pauschalierte Entschädigung für entgangene Gebrauchsvorteile des Geldbetrags und die Verzinsung nach § 849 BGB zeitlich überschnitten, sei kein Raum für beide Ansprüche nebeneinander (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 118). Auch das OLG Oldenburg ist der Auffassung, dass der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach § 849 BGB zu verzinsen sei. Dass der Käufer sich des Geldes nicht ersatzlos begebe, sondern das Auto zur Nutzung erhalte, sei nicht überzeugend, da der Geschädigte diese Nutzung bereits durch den vom Kaufpreis abgezogenen Nutzungsersatz „bezahle“ (OLG Oldenburg, Urt. v. 02.10.2019, 5 U 47/19, Rn. 41 ff.). |
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| Das OLG Koblenz geht davon aus, dass dem Käufer der Kaufpreis bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise entzogen war (Urt. v. 16.09.2019, 12 U 61/19, r+s 2019, 657, 662 f.). In diesem Fall wäre (nur) derjenige Betrag zu verzinsen, der den endgültigen Verlust an Nutzbarkeit kompensieren soll (Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 849 Rdnr. 5). Dies ist in Fällen, in denen kein vollständiger Verlust der Sache bzw. der Nutzbarkeit vorliegt, der Betrag der Wertminderung (BGH, Urt. v. 15.03.1962, III ZR 17/61, VersR 1962, 548). Das OLG Koblenz ist im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO in seinem VW-Fall von einem Anteil von 10 % des Kaufpreises ausgegangen. Der Kläger hätte danach einen Anspruch auf Verzinsung der Differenz, um die das streitgegenständliche Fahrzeug durch die Bemakelung mit der manipulierten Abgassteuerung im Zeitpunkt des Kaufs im Wert gemindert ist. |
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| Nach einer nach Auffassung des erkennenden Senats überzeugenden Entscheidung des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19) besteht kein Anspruch auf Zinsen aus § 849 BGB, weil der Vorschrift des § 849 BGB der Gedanke zugrunde liegt, dass ein Geschädigter, dem durch eine deliktische Handlung eine Sache entzogen worden ist oder dessen Sache beschädigt wurde, für die Zeit der Vorenthaltung bzw. Instandsetzung gehindert war, die Sache zu nutzen (Wagner, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2017, § 849 Rn. 2; Riehm, NJW 2019, 1105, 1109). Weil diese entgangene Nutzungsmöglichkeit schwer zu beziffern und ein entsprechender wirtschaftlicher Nachteil schwer nachzuweisen ist, gewährt § 849 BGB eine Art pauschale Nutzungsausfallentschädigung (Wagner, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2017, § 849 Rn. 2). |
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| Auch im vorliegenden Fall hat der Ehemann der Klägerin aber gegen Zahlung des Kaufpreises einen Gegenstand erhalten, den er – und später seine Frau - tatsächlich ohne Einschränkungen hat nutzen können. Der Geldbetrag wurde nicht ersatzlos weggegeben, sondern hat für die maßgebliche Zeit bis zur Rückabwicklung des Kaufvertrages seinen Zweck, dem Käufer ein funktionsfähiges Fahrzeug zu beschaffen, erfüllt, weshalb eine Anwendung von § 849 BGB nicht geboten ist (Riehm, NJW 2019, 1105, 1109). |
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| Mit vergleichbarer Begründung hat auch das OLG Hamm einen Zinsanspruch aus § 849 BGB abgelehnt (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, Rn. 81). Auch der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe spricht sich gegen Deliktszinsen nach § 849 BGB aus. Dort wird aufgeführt, der Regelung des § 849 BGB könne kein allgemeiner Rechtssatz dahin entnommen werden, dass deliktische Schadensersatzansprüche stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen seien. Der Normzweck gehe vielmehr dahin, den endgültig verbleibenden Verlust an der Nutzbarkeit der weggegebenen Sache – als pauschalierten Mindestbetrag – auszugleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden könne. Der Käufer habe in den streitgegenständlichen Fällen den bezahlten Kaufpreis jedoch nicht ersatzlos weggeben, sondern im Gegenteil Eigentum und Besitz am streitgegenständlichen Fahrzeug einschließlich abstrakter Nutzungsmöglichkeit erhalten. Anders als vom OLG Oldenburg (und nachfolgend auch vom 17. Zivilsenat des OLG Karlsruhe) angenommen, zahle der Geschädigte bei einer Ablehnung der Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs die Nutzung des Fahrzeugs auch nicht „zweifach“. Denn im Wege des Vorteilsausgleichs werde nur ein Entgelt für die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs abgezogen. Dem Kläger sei darüber hinaus aber ständig eine Nutzungsmöglichkeit am Fahrzeug eingeräumt gewesen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.11.2019, 13 U 37/19 Rn. 131 ff. m. Nachw.). |
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| Der Senat sieht im Übrigen auch nicht eine Vergleichbarkeit des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts mit demjenigen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.6.2018 (NJW 2018, 2479 ff, RZ 44- 46 nach juris) zugrunde lag. Ungeachtet der dort zu beachtenden Besonderheit eines Kartellrechtsverstoßes, bei dem nach Auffassung des Kartellsenats des BGH eine entsprechende Anwendung von § 849 BGB einem unionsrechtlichen Postulat genügen sollte, kann hier schon wegen der uneingeschränkten Nutzung des Fahrzeugs durch die Klägerin und zuvor durch ihren Ehemann nicht erkannt werden, dass und inwieweit vom Ehemann der Klägerin ein überhöhter Preis im Sinne der kartellrechtlichen Erwägungen des BGH gezahlt worden wäre. |
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| Die vom Landgericht zuerkannten vorgerichtlichen Anwaltskosten sind auch in der tenorierten Höhe gerechtfertigt, da es für diese auf die Höhe des Anspruchs der Klägerin zum Zeitpunkt der Beauftragung ihres Anwalts ankommt, nicht auf den bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung infolge des Gebrauchs des Fahrzeugs und damit zusammenhängend kontinuierlich anwachsenden Vorteilsausgleichs sich immer weiter reduzierenden Klaganspruch. Zum Zeitpunkt der Klageinreichung war die Klägerin – zu Recht - von einem Anspruch in Höhe von 16.112,73 EUR ausgegangen, sodass die Berechnung der vorgerichtlichen Anwaltskosten durch das Landgericht (eine 1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert bis 19.000,- EUR) zutreffend ist. |
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| Die Revision ist wegen der zu einer Reihe von Einzelfragen differierenden Rechtsprechung der zitierten Obergerichte gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen. |
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| Die zulässige Berufung der Beklagten hat insoweit in der Sache Erfolg, als infolge der weiteren Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ein höherer Vorteilsausgleich (s.u. 2.) zulasten der Klägerin in Abzug zu bringen ist, und insoweit, als das Landgericht der Klägerin zu Unrecht Zinsen nach § 849 BGB (s.u. 3.) zugesprochen hat. |
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| Die weiter gehende Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg (s.u. 1.). |
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| Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht auf der Grundlage von §§ 826, 31 BGB zu Schadensersatz verurteilt. |
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| Die hiergegen von der Beklagten angeführten Argumente, die im Wesentlichen denjenigen gleichen, wie sie in vielen Hundert weiteren gleich oder ähnlich gelagerten Rechtsstreitigkeiten mit der Beklagten von dieser erhoben werden, haben keinen Erfolg. Im Einzelnen ist hierzu auszuführen: |
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| Die Beklagte hat - wozu auch der Ehemann der Klägerin gehörte - die (Erst-)Käufer von Fahrzeugen, die mit dem von ihr produzierten Motor der Baureihe EA 189 und mit der inkriminierten Software ausgestattet waren, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise geschädigt, wobei die Verantwortlichen im Zeitpunkt des Inverkehrbringens wenigstens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben. Die Beklagte hat, um den Absatz ihrer Fahrzeuge mit Dieselmotoren der Serie EA 189 zu steigern, die Abgasreinigung des Motors des streitgegenständlichen Fahrzeugs so gefertigt oder fertigen lassen und in Verkehr gebracht, dass bei dem Betrieb auf einem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) das Fahrzeug in einen Zustand versetzt war, in dem die für die Fahrzeugprüfung maßgeblichen Abgasgrenzwerte eingehalten werden. Demgegenüber wurde im Alltagsbetrieb des Fahrzeugs eine Abgasreinigung nicht in gleicher Weise durchgeführt, was von vornherein zu einem höheren Schadstoffausstoß geführt hat. Die Beklagte hat durch ihr Vorgehen eine Schädigung der Käufer von Dieselfahrzeugen aus eigennützigem Gewinnstreben in sittlich anstößiger Weise billigend in Kauf genommen, was geeignet war, einen Schaden der Käufer der betroffenen Kraftfahrzeuge zu verursachen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.07.2019, 17 U 160/18; Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, WM 2019, 881; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237; OLG Köln, Urt. v. 04.10.2019, 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559; Beschl. v. 29.04.2019, 16 U 30/19; Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NJW-RR 2019, 984; OLG Oldenburg, Urt. v. 30.10.2019, 14 U 93/19; Urt. v. 02.10.2019, 5 U 47/19; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, NJW-RR 2019, 1428; a. A. OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, DAR 2019, 261). |
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| Das haftungsbegründende Verhalten der Beklagten i. S. v. § 826 BGB ergibt sich aus dem Herstellen und Inverkehrbringen eines Fahrzeugs unter gezieltem Einsatz eines Schadstoffreinigungssystems, das auf dem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) für die Einhaltung der für die EG-Typengenehmigung erforderlichen Emissionswerte gesorgt, im Alltagsbetrieb jedoch keine gleichwertige Reinigung vorgenommen hat, und dessen Betriebserlaubnis im Hinblick auf die im Rahmen des EG-Typgenehmigungsverfahrens nicht offengelegte streitgegenständliche „Umschaltlogik“ in Frage stand. Soweit ein Hersteller nicht ausdrücklich Abweichendes mitteilt, bringt er mit dem Herstellen und Inverkehrbringen eines Fahrzeugs, das nicht ausdrücklich ohne Straßenzulassung angeboten wird, zum Ausdruck, dass der Einsatz des Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt und dauerhaft zulässig ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 10; OLG Koblenz, Urt, v, 12.06.2019, 5 U 1318/18, Rn. 18, NJW 2019, 2237, 2238). |
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| Insbesondere wird dadurch auch zum Ausdruck gebracht, dass das fragliche Fahrzeug den Zulässigkeitsanforderungen einer zum Zeitpunkt seines Inverkehrbringens (hier: mit der Erstzulassung am 3.1.2008) zwar noch nicht gültigen (vgl. die Regelung in Art 18 Abs. 2 VO (EG) 715/2017), aber in Kürze (hier: am 3.1.2009, also ein Jahr nach der Erstzulassung) wegen des bereits in Kraft getretenen Regelwerks (vgl. Art 18 Abs. 1 VO (EG) 715/2017) geltenden europarechtlichen Vorschrift genügen wird, es sei denn, auf die in Bälde eintretende fehlende Konformität würde ausdrücklich hingewiesen. |
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| Ein Fahrzeugkäufer geht berechtigterweise davon aus, dass die insoweit notwendige Typgenehmigung und Betriebszulassung nicht mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet sind, die sich daraus ergeben, dass sie durch Verheimlichen der „Umschaltlogik“ gegenüber den maßgeblichen öffentlichen Stellen erschlichen wurden (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249, 253 Rn. 42) oder durch Verheimlichen der Abschalteinrichtung behördliche Maßnahmen nach Beginn der Gültigkeit der Regelung, nach welcher die Abschalteinrichtung unzulässig wurde, unterbleiben. |
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| Auch vorliegend war der dauerhafte Betrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Straßenverkehr bei Erwerb des Fahrzeugs gefährdet (s.u. (7)). |
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| Von einer Schädigungshandlung ist auch gegenüber solchen Käufern auszugehen, die – wie vorliegend – das Fahrzeug (gebraucht) von einem (möglicherweise unwissenden) Dritten erworben haben. Die Beklagte ging davon aus, dass die mit der ab 3.1.2009 unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Fahrzeuge später auch als Gebrauchtwagen unverändert durch Dritte weiterveräußert würden. Gerade darauf basiert das Geschäftsmodell der Beklagten. Für den Weiterverkauf von Neufahrzeugen durch ihre Vertragshändler liegt das auf der Hand. Es gilt jedoch auch für den späteren Verkauf als Gebrauchtwagen durch diese Händler oder Dritte, denn auch die spätere Weiterveräußerbarkeit durch einen Fahrzeugkäufer ist für die Attraktivität der (Neu-) Fahrzeuge und damit deren Absatz entscheidend (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249; OLG Karlsruhe, Hinweisbeschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZVertriebsR 2019, 178). |
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| Das streitgegenständliche Fahrzeug zeigte nach unstreitigem Vortrag auf dem Prüfstand - jedenfalls im Genehmigungsverfahren nach dem NEFZ - ein anderes Abgasreinigungsverhalten als im Alltagsbetrieb. Hierbei handelte es sich um eine absichtlich verdeckte Verschlechterung, die für die Kaufpreisbildung von Bedeutung ist. Während auf dem Prüfstand die maßgeblichen Grenzwerte (wohl) eingehalten worden sind, war der Schadstoffausstoß im Alltagsbetrieb, der die Klägerin betrifft, höher, und zwar nicht nur aufgrund anderer Rahmenbedingungen, sondern aus technischen Gründen. Dies ergibt sich aus den insoweit schlüssigen Behauptungen der Klägerin. Die unterschiedliche Abgasreinigung beim streitgegenständlichen Motor hat die Beklagte nicht bestritten. Insbesondere ist nicht in Abrede gestellt, dass das Abgasreinigungsverfahren im laufenden Alltagsbetrieb nicht in gleicher Weise erfolgt wie auf dem Prüfstand im NEFZ im Genehmigungsverfahren, sondern die Schadstoffemissionen dann technisch bedingt weit höher sind. |
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| Bei der im Fahrzeug der Klägerin vorhandenen Einrichtung, die bei erkanntem Prüfstandlauf eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert, handelt es sich um eine nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29.06.2007; nachfolgend: VO (EG) 715/2007) - seit 3.1.2009 - unzulässige Abschalteinrichtung (BGH, Beschl. v. 08.01.2019, VIII ZR 225/17, Rn. 6 ff., NJW 2019, 1133, 1134 m. w. N.; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Urt. v. 04.10.2019, 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Dresden, Urt. v. 20.08.2019, 9 U 851/19, BeckRS 2019, 21364). |
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| Durch das Verhalten der Beklagten ist von einem Schaden des Käufers auszugehen, wenn das Fahrzeug beim Erwerb für die Zwecke des Käufers nicht uneingeschränkt brauchbar ist. In diesem Fall liegt ein Schaden bereits im Abschluss des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug. |
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| Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie – bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit – die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch das Eingehen eines nachteiligen Geschäfts (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 21.12.2004, VI ZR 306/03, NJW-RR 2005, 611, 612; BGH, Urt. v. 28.10.2014, VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275, 276 Rn. 19; BGH Urt. v. 19.07.2004, II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2669). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt. |
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| Die Eigenschaften des streitgegenständlichen Fahrzeugs und damit der abgeschlossene Vertrag entsprachen nicht den berechtigten Erwartungen des getäuschten Ehemanns der Klägerin und die Leistung war für seine Zwecke zunächst nicht voll brauchbar (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2014, VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 276, 276 Rn. 18). Aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung drohte zunächst ihm (jedenfalls wegen Art 10 Abs. 3 der VO (EG) 715/2007 ab 1.1.2011) und sodann der Klägerin der Widerruf der erteilten, aber lediglich formal wirksamen EG-Typgenehmigung und in der Folge die Betriebsuntersagung oder -beschränkung auf öffentlichen Straßen gem. § 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (im Folgenden: FZV; BGH, Beschluss vom 08.01.2019, VIII ZR 225/17, Rn. 18 ff., NJW 2019, 1133, 1135; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012). |
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| Bevor ein Kraftfahrzeughersteller berechtigt ist, ein Fahrzeug für die Nutzung im Straßenverkehr auf den Markt zu bringen, hat er die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren erfolgreich zu absolvieren. Insbesondere ist die sogenannte EG-Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt als zuständiger Behörde (§ 2 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung; im Folgenden: EG-FGV) einzuholen und eine Übereinstimmungsbescheinigung auszustellen (§ 27 Abs. 1 EG-FGV). Stellt das Kraftfahrtbundesamt nach Erteilung einer formell wirksamen Typgenehmigung fest, dass ein Fahrzeug nicht die materiellen Voraussetzungen für den genehmigten Typ einhält, kann es zur Beseitigung aufgetretener Mängel und zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit auch bereits im Verkehr befindlicher Fahrzeuge zum einen gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung anordnen oder gemäß § 25 Abs. 3 EG-FGV die EG-Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen (vgl. VG Magdeburg, Beschl. v. 02.07.2018, 1 B 268/18, Rn. 11 f.). Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 FZV dürfen Fahrzeuge nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind, was gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 FZV voraussetzt, dass sie einem genehmigten Typ entsprechen. Wird die EG-Typgenehmigung entzogen oder mit Nebenbestimmungen versehen, entspricht das Fahrzeug ‒ im Fall der Nebenbestimmung: bis zur Nachrüstung ‒ keinem genehmigten Typ mehr. Die Zulassungsbehörde kann dem Eigentümer oder Halter dann gemäß § 5 Abs. 1 FZV eine Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn 11). Die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr und damit der Hauptzweck des abgeschlossenen Kaufvertrages war somit unmittelbar gefährdet. Denn wird die EG-Typgenehmigung widerrufen, droht die Stilllegung, werden Nebenbestimmungen angeordnet, ist die fortdauernde Nutzbarkeit von einer Nachrüstung des Fahrzeugs durch den Hersteller abhängig, das heißt, im Auslieferungszustand droht ebenfalls die Stilllegung (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 18; OLG Koblenz, Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289). |
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| Das Oberlandesgericht Koblenz hat zwar nach Einbau des Software-Updates sowohl einen Mangel als auch einen Schaden verneint. Ein Mangel habe ausschließlich in der drohenden Betriebsuntersagung aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung gedroht, da es entscheidend darauf ankomme, ob die Sache (Pkw) für die Nutzungsart geeignet sei, die die Parteien dem Vertrag zugrunde gelegt hätten (unter Verweis auf BGH, Urt. v. 20.03.2019, VIII ZR 213/18, NJW 2019, 1937). Sonstige, bei Abschluss des Kaufvertrages vorhandene oder später aufkommende Erwartungen des Käufers spielten keine Rolle. Die Gefahr der Nutzungsuntersagung sei aber mit dem Update beseitigt (OLG Koblenz, Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289). |
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| Zutreffend weist das Oberlandesgericht Köln demgegenüber darauf hin, dass ein Schaden nicht durch die Installation eines Updates entfallen sei. Denn der Schaden, nämlich die ungewollte Belastung mit einer Verbindlichkeit, sei nach wie vor gegeben (OLG Köln, Urt. v. 04.10.2019, 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559). In der Durchführung des Updates kann daher weder ein Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gesehen werden (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237, 2245 Rn. 79), noch entfällt dadurch nachträglich ein bereits beim Kläger eingetretener Schaden. |
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| Auf die – nur nach Behauptung der Beklagten geringe - Höhe der Kosten des Updates kommt es daher von vornherein nicht an. |
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| Der Schaden in Form der Verbindlichkeit durch den Kaufvertragsabschluss ist auch kausal durch das Handeln der Beklagten (das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne die erforderlichen Hinweise auf die ab 3.1.2009 eintretende Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung, s.o.) bewirkt worden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt es bei “sittenwidriger Vertragserschleichung“, dass der Geschädigte Umstände dartut, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 12.05.1995, V ZR 34/94, NJW 1995, 2361, 2362). |
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| Ein Käufer wird regelmäßig erwarten, das Fahrzeug dauerhaft und ohne Gefahr der Stilllegung aufgrund eines Erlöschens der EG-Typgenehmigung bzw. der Betriebserlaubnis nutzen zu können. Diese Erwartung prägt maßgeblich den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar. Nach der Lebenserfahrung ist praktisch auszuschließen, dass ein potentieller Fahrzeugkäufer das streitgegenständliche Fahrzeug zu denselben Bedingungen erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde bzw. maßgebliche Umstände wie die Abschalteinrichtung verheimlicht werden, die gerade dazu führen, dass die zuständigen Behörden nicht die erforderlichen Maßnahmen auf der Grundlage der VO (EG) 715/2007 ergreifen können und deshalb die dauernde Nutzbarkeit des Fahrzeugs im Straßenverkehr gefährdet ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249, 253 juris Rn. 42). Die weiteren für den Kauf eines bestimmten Kraftfahrzeugmodells im Einzelfall maßgeblichen Motive treten demgegenüber in den Hintergrund (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 26). |
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| Das Handeln der Beklagten – das Inverkehrbringen der von der Abschalteinrichtung betroffenen Fahrzeuge – geschah in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise. |
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| Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250, 251 f. Rn. 16; Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 9 f., 19 ff. m. w. Nachw.). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (BGH, Urt. v. 19.07.2004, II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 f.). |
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| In der Autoindustrie spielt die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da angesichts der in hohen Stückzahlen produzierten Fahrzeuge systematische Defizite eine große Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Die Verkehrserwartung geht dahin, dass die Hersteller sich an die gesetzlichen Vorgaben im Zulassungsverfahren halten und sich nicht durch falsche Angaben oder Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Angaben zu Verbrauchs- und Emissionswerten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschaffen. An die Redlichkeit werden insoweit besonders hohe Erwartungen gestellt, weil der Käufer nicht zu einer eigenen Überprüfung in der Lage und deshalb auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19). |
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| Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte, die als Entwicklerin und Herstellerin des Motors ebenso wie des streitgegenständlichen Fahrzeugs für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlich war, in erheblichem Maße verstoßen. Die Verwendung einer ab 3.1.2009 unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Prüfstandserkennung mit „Umschaltlogik“ widersprach offensichtlich den Vorgaben der VO (EG) 715/2007, die schon ab 3.7.2007 in Kraft getreten war (vgl. Art Art 18 Abs. 1). Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit keinerlei Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19), von deren Gültigkeitsbeginn ab 3.1.2009 die Beklagte schon beim Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs wusste. |
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| Als Beweggrund für das Handeln der Beklagten ist allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung ersichtlich (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 31). Es erscheint lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 31; OLG Köln, Beschl. v. 16.07.2018, 27 U 10/18, juris Rn. 20). Zwar ist ein Handeln aus Gewinnstreben allein noch nicht als verwerflich anzusehen. Die Sittenwidrigkeit resultiert jedoch insbesondere aus den zur Gewinnmaximierung angewandten unlauteren und gesetzeswidrigen Mitteln in Kombination mit dem Ausmaß des angerichteten Schadens (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; OLG Koblenz, NJW 2019, 2237, 2239 f., Rz. 37 ff.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863, Rn. 33 ff.; OLG Köln, Beschl. v. 29.04.2019, 16 U 30/19, Rn. 5; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981 m. w. Nachw.). Dabei ist die große Zahl der betroffenen Fahrzeuge ebenso zu berücksichtigen wie der den Käufern drohende erhebliche Schaden in Form einer Stilllegung ihrer Fahrzeuge. Hinzu kommt die Art und Weise der Täuschung seitens der Beklagten, die sich für den Absatz ihrer Motoren und Fahrzeuge das Vertrauen der Käufer in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch die Objektivität der staatlichen Behörde zunutze gemacht hat. Die Beklagte hat Behörden wie Käufer getäuscht und dabei deren Schädigung ebenso wie eine Schädigung der Umwelt allein aus Profitstreben in Kauf genommen. |
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| Der Senat schließt sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich den prägnanten und in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des 12. Zivilsenats in dessen Entscheidung vom 26.11.2019 (12 U 142/19, BeckRS 2019, 30074) an, wonach |
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| „die Beklagte ... die illegale Abschalteinrichtung in ihre Fahrzeuge verbaute, dabei mit hoher krimineller Energie die staatlichen Behörden systematisch täuschte und zu Werkzeugen machte, indem sie diese nämlich zur Ausstellung scheinbar rechtsgültiger Zulassungsbescheinigungen veranlasste, um auf diese Weise massenhaft Fahrzeugkäufer täuschen zu können, und sich dabei zudem allein aus wirtschaftlichen Erwägungen über die Belange des Umweltschutzes, denen die Zulassungsvorschriften dienen, hinwegsetzte. Hinzu kommt, dass die Aufklärung der „Diesel-Affäre“ nicht etwa aus dem Unternehmen der Beklagten heraus betrieben wurde, sondern erst voranging, als die Beweislage erdrückend wurde (ebenso OLG Koblenz, NJW 2019, 2237, 2240 Rz. 42) und die Beklagte bis heute ihr gesetzeswidriges Verhalten bagatellisiert (so auch OLG Koblenz, NJW 2019, 2237, 2240 Rz. 45), indem sie z.B. weiterhin entgegen der einhelligen Auffassung der Behörden und soweit ersichtlich aller mit der Frage befassten Obergerichte (selbst das OLG Braunschweig, s. BeckRS 2019, 2737, Rn. 96, das im Ergebnis eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB als einziges Obergericht grundsätzlich ablehnt) vortragen lässt, es habe sich bei der „Umschaltlogik“ nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt. |
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| Dieses Ergebnis ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren, wie die Beklagte immer wieder einwendet (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; a. A. OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, DAR 2019, 261, Rn. 172 ff.). Grundsätzlich beschränkt sich die Haftung auf die Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen, also in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 11.11.1985, II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 838; Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 22). Anders als etwa eine Haftung der Beklagten gem. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit bestimmten europarechtlichen Normen knüpft der Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB aber vorliegend gerade nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 an, sondern folgt aus der mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundenen aktiven Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typgenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis des Käufers ersichtlich von Bedeutung, weil über einen Umstand getäuscht wird, der die Kaufentscheidung wesentlich beeinflusst hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 40 f.). |
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| Aus diesen Gründen kann auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von einem Unterlassen einer Aufklärung durch die Beklagte ausgegangen werden, sondern eben von einem (sittenwidrigen) aktiven Tun in Form des Inverkehrbringens des vom Ehemann der Klägerin erworbenen Fahrzeugs ohne den erforderlichen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung ab dem 3.1.2009 bzw. unter Verheimlichung letzterer. |
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| Auch die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 826 BGB lagen im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs vor. |
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| Der erforderliche Schädigungsvorsatz im Rahmen von § 826 BGB, der getrennt von der Sittenwidrigkeit, und zwar auch von deren subjektiver Seite, festzustellen ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 12.07.1966, VI ZR 1/65, WM 1966, 1148; Urt. v. 28.06.1966, VI ZR 287/64, WM 1966, 1150), bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Fahrlässigkeit, auch grobe, genügt nicht (BGH, Urt. v. 06.06.1962, V ZR 125/60, NJW 1962, 1766; Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 25). Der Vorsatz muss sich auf den Schaden erstrecken, eine nur allgemeine Vorstellung über eine etwa mögliche Schädigung reicht nicht aus (BGH, Urt. v. 24.04.2001, VI ZR 36/00, NJW 2001, 2880, 2882). Andererseits ist eine Schädigungsabsicht nicht erforderlich. Es genügt, dass der Schädiger den Schadenseintritt vorausgesehen und die Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt oder jedenfalls im Sinne eines bedingten Vorsatzes billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urt. v. 20.11.2012, VI ZR 268/11, NJW-RR 2013, 550, Rn. 32; Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250, 253 Rn. 25; BGH, Urt. v. 13.09.2004, II ZR 276/02, NJW 2004, 3706, 3710; Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, § 826 Rn. 11 f.). Eine genaue Vorstellung von dem zu erwartenden Kausalverlauf ist nicht erforderlich. Insbesondere muss der Schädiger nicht wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden (BGH, Urt. v. 19.07.2004, II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 m. w. Nachw.). Für den eigens festzustellenden subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (BGH, Urt. v. 13.09.2004, II ZR 276/02, NJW 2004, 3706, 3710). |
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| Die Beklagte kannte vorliegend die Umstände, welche die Sittenwidrigkeit rechtfertigen, und hat demzufolge bei dem gleichwohl erfolgten Inverkehrbringen des Fahrzeugs auch mit Schädigungsvorsatz gehandelt. |
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| Das vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebrachte Argument, die Regelung in Art 10 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 stehe im vorliegenden Fall der Annahme der Sittenwidrigkeit des Handelns der Beklagten entgegen, weil das Kaufvertragsdatum vor dem in Art 10 Abs. 2 genannten Zeitpunkt lag, kann nach Auffassung des Senats keinen Erfolg haben. |
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| Die zitierte Vorschrift richtet sich mit einem Befehl des Verordnungsgebers („versagen“) an die nationalen Behörden, ändert aber nichts an der gleichsam materiellen, wegen Art 5 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 gegebenen Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung seit dem 3.1.2009, wie sie von der Beklagten millionenfach in Motoren der Reihe EA 189 eingebaut wurde. Einzuräumen ist freilich, dass nach Art 18 Abs. 2 der genannten Verordnung diese erst seit dem 3.1.2009 gilt, das Fahrzeug der Klägerin aber schon am 3.1.2008 erstmals zugelassen und damit in Verkehr gebracht worden war (vgl. die Eintragung im Kaufvertrag, Anlage K 1, Blatt 10 d.A.). Andererseits trat die Verordnung schon am dritten Tag nach ihrer am 29.6.2007 erfolgten Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, also am 2.7.2007 (vgl. Art 18 Abs. 1 der VO). |
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| Wenn demnach zwar die materielle Unzulässigkeit einer Abschalteinrichtung wie der hier zu beurteilenden erst ab 3.1.2009 gelten sollte, war aber jedem Fahrzeughersteller, der nach Inkrafttreten der Verordnung nach dem 2.7.2007 Fahrzeuge in Verkehr brachte, auch die Regelung in Art 10 Abs. 3 der Verordnung bekannt, nach welcher gilt: |
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| „Mit Wirkung vom 1. Januar 2011, ..., sehen die nationalen Behörden für neue Fahrzeuge ausgestellte Übereinstimmungsbescheinigungen für die Zwecke des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 70/156/EWG als nicht mehr gültig an, wenn diese Fahrzeuge dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen, ..., nicht entsprechen und verweigern aus Gründen, die die Emissionen oder den Kraftstoffverbrauch betreffen, ihre Zulassung und untersagen ihren Verkauf oder ihre Inbetriebnahme...“ |
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| Mit dem Inverkehrbringen des hier streitgegenständlichen Fahrzeugs im Zuge der Erstzulassung am 3.1.2008 hat die Beklagte dem Erstkäufer und jedem weiteren Käufer des Fahrzeugs das infolge Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung ab 3.1.2009 bewirkte „Damoklesschwert“ der drohenden Stilllegung des Fahrzeugs vor dem Hintergrund der Regelung in Art 10 Abs. 3 der Verordnung mit auf den Weg gegeben. Entscheidend für die Annahme der Sittenwidrigkeit ist damit nicht der 1.9.2009, nicht der 3.1.2009, sondern der 2.7.2007, der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung. |
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| Die Beklagte hat sich entsprechend § 31 BGB das Wissen und Wollen ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter (sog. Repräsentanten) zurechnen zu lassen. |
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| Eine „mosaikartige“ Zurechnung von Wissen mehrerer Personen eines Unternehmens scheidet dabei in der Regel aus. Sämtliche subjektiven Tatbestandselemente müssen angesichts des personalen Charakters der sittenwidrigen Schädigung vielmehr grundsätzlich in einer natürlichen Person verwirklicht sein (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250, Rn. 23). Entsprechend § 31 BGB findet eine Zurechnung des Handelns von Organen im aktienrechtlichen Sinne, also insbesondere von Vorstandsmitgliedern, aber auch anderer „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ statt. Der Begriff des „verfassungsmäßig berufenen Vertreters“ wird dabei weit im Sinne eines Repräsentanten des Unternehmens ausgelegt (BGH, Urt. v. 30.10.1967, VII ZR 82/65; NJW 1968, 391, 392; Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 31 Rn. 6), um zu verhindern, dass sich insbesondere Großunternehmen allein aufgrund ihrer Größe und durch ihre arbeitsteilige Organisationsstruktur einer Haftung für schuldhaftes Verhalten ihrer Mitarbeiter ohne weiteres entziehen können (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19). Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ist nicht erforderlich. Es genügt, dass einer Person durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind und sie die juristische Person insoweit repräsentiert (BGH, Urt. v. 30.10.1967, VII ZR 82/65, NJW 1968, 391, 392; Urt. v. 21.09.1971, VI ZR 122/70, NJW 1972, 334; Urt. v. 05.03.1998, III ZR 183/96, NJW 1998, 1854, 1856). Der personelle Anwendungsbereich von § 31 BGB deckt sich in etwa mit dem Begriff des leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsrechtes (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 31 Rn. 6). |
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| Die Beklagte hat die Behauptung des Klägers bezüglich einer Kenntnis und Billigung des Handelns durch ihre Repräsentanten nicht ausreichend bestritten, jedenfalls der sie insoweit treffenden sekundären Darlegungslast nicht genügt. |
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| Die Beklagte hat ihren Vortrag im Wesentlichen auf das Bestreiten der Kenntnis ihrer organschaftlichen Vertreter beschränkt, ohne darzulegen, wann ihre Vertreter Kenntnis erlangt haben oder wann mit einer Kenntnis innerhalb der Organisationsstruktur der Beklagten zu rechnen gewesen wäre. Dieses Bestreiten kann bereits als unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO angesehen werden (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.2019, 17 U 160/18) und ist nicht ausreichend (OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012). |
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| Jedenfalls hat die Beklagte nicht durch substantiierten Vortrag die Behauptung des Klägers erschüttert, dass ein Repräsentant Kenntnis von der Verwendung der offensichtlich unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Prüfstandmodus hatte. Dies genügt im vorliegenden Fall, um eine sog. sekundäre Darlegungslast der Beklagten auszulösen, zumal der Kläger im Rahmen des § 138 Abs. 1 ZPO auch gehalten ist, keine reinen Behauptungen „ins Blaue hinein“ aufzustellen (vgl auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019, 18 U 70/18, NZV 2019, 249, 251 f. Rn. 28 ff.; a. A. OLG München, Beschl, v, 25.07.2017, 13 U 566/17, Rn. 5 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine nicht beweisbelastete Partei ausnahmsweise eine Substantiierungslast treffen kann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht kennt, während sie der anderen Partei bekannt sind und ihr nähere Angaben zuzumuten sind (st. Rspr., so BGH, Versäumnisurt. v. 24.10.2014, V ZR 45/13, NJW 2015, 619, 621, Rn. 22; Urt. v. 03.05.2016, II ZR 311/14, NJW 2017, 886, 887 Rn. 19 f.). Der insoweit sekundär Darlegungspflichtige kann dabei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und Mitteilung der Ergebnisse verpflichtet sein (vgl. BGH, Urt. v. 30.03.2017, I ZR 19/16, NJW 2018, 65, Rn. 14 ff.; Urt. v. 11.06.2015, I ZR 75/14, NJW 2016, 953, 955 - sekundäre Darlegungslast eines Internetanschlussinhabers – Tauschbörse III, Rn. 37 ff.). Für die Beurteilung ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass es um die Zurechnung einer objektiv feststehenden gezielten Manipulationsstrategie geht. Einer solchen Vorgehensweise immanent ist die Verschleierung der Verantwortlichkeit für den Fall, dass die Manipulation entdeckt wird. Wenn aber eine objektiv sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB vorgenommen und hierbei zugleich naturgemäß dafür Sorge getragen wird, dass die Zurechnung einer solchen sittenwidrigen Schädigung zu einzelnen verantwortlichen Personen verschleiert wird, ist es nicht Aufgabe des Geschädigten, der nicht einmal bei unterbliebener Verschleierung hinreichenden Einblick in die Entscheidungsvorgänge und Verantwortlichkeiten hat, die Zurechnung zu verantwortlichen Entscheidungsträgern darzulegen (so auch LG Heilbronn, Urt. v. 24.04.2018, Ve 6 O 26/18). |
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| Die Beklagte ist der Behauptung des Klägers nicht substantiiert entgegengetreten. Unstreitig haben Mitarbeiter der Beklagten die streitgegenständliche Software in Kenntnis von deren Funktionsweise in die Motorsteuerung sämtlicher Motoren der Generation EA 189 Euro 5 integriert, die konzernweit in vielen Millionen Dieselfahrzeugen zum Einsatz kommen sollten. Die Funktionsweise widersprach für jeden offensichtlich dem Verbot einer Abschalteinrichtung im Sinne eines „defeat device“ gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/EG. Angesichts der Tragweite der Entscheidung über die riskante Gestaltung der Motorsteuerungssoftware in einer solch hohen Anzahl von Motoren liegt es fern, dass die Entscheidung für eine greifbar rechtswidrige Software ohne Einbindung des Vorstands erfolgt und lediglich einem Verhaltensexzess untergeordneter Konstrukteure zuzuschreiben sein könnte (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Köln, Beschl. v. 16.07.2018, 27 U 10/18 Rn. 26; Heese NJW 2019, 257, 260). Es handelt sich der Sache nach um eine Strategieentscheidung mit außergewöhnlichen Risiken für den gesamten Konzern und massiven persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen, der bei untergeordneten Konstrukteuren in Anbetracht der möglichen nachteiligen arbeits- und strafrechtlichen Folgen kein annähernd adäquater wirtschaftlicher Vorteil gegenübersteht. In Anbetracht der Tatsache, dass die fragliche Software durch einen Zulieferer programmiert und geliefert wurde und es sich bei der Motorsteuerung um ein Kernstück des Motors handelt, widerspricht es jeder Lebenswahrscheinlichkeit, wenn die Führungsebene des Unternehmens nicht eingebunden worden wäre. Wer die Zustimmung zur Entwicklung und zum Einsatz einer Software in der Motorsteuerung für Millionen von Neufahrzeugen erteilt und damit ein Geschäftsmodell begründet, muss eine wichtige Funktion in einem Unternehmen haben und mit erheblichen Kompetenzen ausgestattet sein. Soweit es sich dabei nicht um einen Vorstand im aktienrechtlichen Sinne handelt, spricht im Hinblick auf das Gewicht der Entscheidung zumindest eine starke tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich um einen Repräsentanten im Sinn der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt, weil er Entscheidungen trifft, die üblicherweise der Unternehmensführung vorbehalten sind (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 55 ff.). |
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| Die Beklagte durfte sich als Folge der sie treffenden Darlegungslast daher nicht auf das Bestreiten der seinerzeitigen Kenntnis oder Billigung von einzelnen Vorstandsmitgliedern beschränken. Die Beklagte hätte mindestens zu den von ihr behaupteten internen Untersuchungen sowie Ermittlungen durch beauftragte externe Personen im Einzelnen vortragen und darlegen müssen, welche Personen die Entwicklung der Softwarefunktion beauftragt bzw. bei dem Zulieferer bestellt haben und wie die üblichen Abläufe innerhalb der Beklagten bei einem solchen Auftrag bzw. einer Entscheidung von derartiger Tragweite sind (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019, 13 U 142/18, ZIP 2019, 863 Rn. 71 ff. m. w. N.). Der Beklagten ist eine genaue Darlegung auch zumutbar und wird von ihrem Vorstand explizit befürwortet. In einer Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG bei Bekanntwerden der Abgasproblematik hat die Beklagte am 22.09.2015 mitgeteilt: „Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran. [...] Volkswagen duldet keinerlei Gesetzesverstöße. Oberstes Ziel des Vorstands bleibt es, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und Schaden von unseren Kunden abzuwenden. Der Konzern wird die Öffentlichkeit über den weiteren Fortgang der Ermittlungen fortlaufend und transparent informieren.“ |
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| Nachdem die Beklagte das Vorbringen der Klägerin weder ausreichend bestritten hat noch ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, gilt der Vortrag des Klägers, dass der Vorstand i. S. v. § 31 BGB den Einsatz der Manipulationssoftware gekannt und gebilligt hat, als zugestanden gem. § 138 Abs. 3 ZPO. Damit sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 insgesamt erfüllt. |
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| Wenn, wie hier, der Geschädigte durch Täuschung eines Dritten zum Abschluss eines Vertrags veranlasst wurde, steht ihm (bzw. im vorliegenden Fall der Klägerin als Erbin des getäuschten Käufers) im Rahmen der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrags zu, das heißt, Ausgleich der für den Vertrag getätigten Aufwendungen durch den Schädiger gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; BGH, Urt. v. 19.07.2004, II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2974; Urt. v. 28.10.2014, VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275, 277 Rn. 26). Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dürfen dem Geschädigten dabei neben dem Ersatzanspruch nicht zusätzlich die Vorteile verbleiben, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urt. v. 12.03.2009, VII ZR 26/06, NJW 2009, 1870, 1871 Rn. 15; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Auflage 2020, vor § 249 Rn. 71). Soweit Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten (BGH, Urt. v. 23.06.2015, XI ZR 536/14, NJW 2015, 3160 Rn. 22). |
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| Eine Berücksichtigung der vom Ehemann der Klägerin und später von ihr gezogenen Nutzungen entfällt weder aufgrund der sittenwidrigen Schädigung der Beklagten noch unter verbraucherrechtlichen Gesichtspunkten. |
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| Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde über einen mehrjährigen Zeitraum genutzt, wodurch ein erheblicher geldwerter Vorteil entstand. Auch in Anbetracht einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung ist die Berücksichtigung dieses Vorteils nicht unbillig und insbesondere nicht von einer ungerechtfertigten Entlastung des Schädigers auszugehen. Es ist regelmäßig nicht Aufgabe des Schadensrechts, das Verhalten des Schädigers in einer über die faktische Rückabwicklung des Vertrages hinausgehenden Weise zu sanktionieren (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 99 ff.). Eine Berücksichtigung der Nutzung ist im vorliegenden Fall auch sachgerecht, weil davon auszugehen ist, dass der Ehemann der Klägerin und später sie auch ohne das schädigende Ereignis ein Kraftfahrzeug geführt und die daraus resultierenden Nutzungsvorteile auf eigene Kosten für sich in Anspruch genommen hätten (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2239, 2245 Rn. 84). |
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| Der Berücksichtigung des Nutzungsvorteils im Wege der Vorteilsausgleichung stehen auch die Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs bzw. die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hierzu nicht entgegen. |
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| Die Entscheidung des EuGH vom 17.04.2008 (1. Kammer, C 404/06, NJW 2008, 1433 – Kein Wertersatz für Nutzung vertragswidrigen Verbrauchsguts – Quelle AG), nach der im Rahmen der Nachlieferung bei einem Verbrauchsgüterkauf Wertersatz für die zurück zu gewährende zuerst gelieferte mangelhafte Sache nicht verlangt werden kann, ist nicht auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar. Im streitgegenständlichen Fall geht es zum einen um einen deliktischen Anspruch gegen den am Kaufvertrag nicht beteiligten Hersteller des Fahrzeugs. Zum anderen ist die vorliegende Konstellation allenfalls einem Rücktritt vergleichbar, nicht aber der Nachlieferung einer mangelfrei geschuldeten Sache. Für den Rücktritt aber ordnet § 346 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB ausdrücklich die Verpflichtung zur Herausgabe gezogener Nutzungen bzw. zum Wertersatz an. § 475 Abs. 3 S. 1 BGB erklärt die Nutzungsherausgabe bzw. den Wertersatz nur für den Fall der Nachlieferung beim Verbrauchsgüterkauf für unanwendbar (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, NJW 2019, 2239, 2245 Rn. 85). |
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| Vorliegend kann die Klägerin deshalb die Erstattung der für den Erwerb des Fahrzeugs verauslagten Kosten verlangen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs an die Beklagte. Von der Schadensersatzforderung der Klägerin sind als Vorteilsausgleich jedoch die gezogenen Nutzungen durch den tatsächlichen Gebrauch des Fahrzeugs abzuziehen. |
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| Für die Anrechnung des Nutzungsersatzes ist es bei der im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO zu ermittelnden Höhe sachgerecht, entsprechend der Rückabwicklung beim Fahrzeugkauf die gefahrenen Kilometer ins Verhältnis zum Kaufpreis und der bei Vertragsabschluss zu erwartenden Restlaufleistung zu setzen (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19; Urt. v. 24.09.2019, 10 U 11/19; OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 99 ff.; BGH, Urt. v. 17.05.1995, VIII ZR 70/94, NJW-RR 1995, 2159, 2161). Dies greift auch die Klägerin nicht an. Dass die Gesamtausführung und -ausstattung neuerer Fahrzeuge eine deutlich längere Gesamtlaufleistung gestattet als die in vergleichbaren Fällen zugrunde gelegte Kilometerzahl von bis zu 300.000 km, ist nicht ersichtlich und widerspricht den Ausführungen von Kfz-Sachverständigen, die vom Senat in zahlreichen anderen Rechtsstreitigkeiten zur erwartbaren Laufleistung von Kraftfahrzeugen befragt worden sind. Der Senat schätzt deshalb im vorliegenden Fall die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Pkws wie in anderen Verfahren, in denen die Laufleistung bei vergleichbaren Fahrzeugen unter sachverständiger Beratung zu bemessen war, auf jedenfalls die 250.000 km (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 108), die die Klägerin von vornherein ihrer Schadensberechnung zugrunde gelegt hat und die das Landgericht – von der Klägerin auch im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt – angenommen hat. |
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| Die Klägerin hat demzufolge das streitgegenständliche Fahrzeug an die Beklagte herauszugeben und an sie zu übereignen. |
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| Die Schadensersatzforderung der Klägerin reduziert sich um gezogene Nutzungen im Wert von 14.680,62 EUR, ausgehend von einem Kaufpreis von 28.509,- EUR, einer unstreitigen Laufleistung von 135.770 km zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung und einer Restlaufleistung von (250.000 – 14.500 =) 235.500 bei Abschluss des Kaufvertrags und in Anwendung der üblichen Formel (Nutzungsentschädigung = Kaufpreis x gefahrene km / Restlaufleistung bei Vertragsschluss). |
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| Daraus folgt ein der Klägerin noch zuzusprechender Betrag in Höhe von 13.828,38 EUR. |
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| Der von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachte und vom Landgericht zugesprochene Zins aus § 849 BGB ist nicht gerechtfertigt. |
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| Die Vorschrift des § 849 BGB erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jeden Sachverlust durch ein Delikt und erstreckt sich auch auf Geld (Versäumnisurt. v. 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084). Anders als bei einer Kapitalanlage, die der zitierten Entscheidung zugrunde liegt, hätte der Ehemann der Klägerin sein Geld im vorliegenden Fall aber wohl nicht gewinnbringend „arbeiten lassen“, sondern sich ein anderes Fahrzeug gekauft, bei dem kein Wertzuwachs zu erwarten gewesen wäre, so dass es der Kompensation durch eine Verzinsung nicht bedarf. |
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| Die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu ist nicht einheitlich. |
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| So hat beispielsweise das OLG Köln einen Anspruch auf Zinsen aus § 849 BGB bejaht. Umfasst sei jeder Sachverlust durch Delikt und damit auch jede Form von Geld. Denn Zweck der Regelung sei es, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (OLG Köln, Hinweisbeschl. nach § 522 Abs. 2 ZPO v. 29.04.2019, 16 U 30/19 Rn. 67). Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat Deliktszinsen aus § 849 BGB zugesprochen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 110 ff., anders als der 13. Zivilsenat, Urt. v. 06.11.2019, 13 U 37/19). Es komme nicht darauf an, wie der Kläger das Geld im Falle der Abstandnahme vom Geschäft verwendet hätte, ob er sich dafür also ein anderes Kraftfahrzeug gekauft oder das Geld angelegt und wieviel Zinsen er dabei erwirtschaftet hätte. Denn § 849 BGB wolle dem Geschädigten – ähnlich der Regelung zu den Verzugszinsen – die Beweislast dafür abnehmen, welchen Schaden er durch die Einbuße an Nutzbarkeit der Sache erlitten habe, indem er ihm ohne Nachweis eines konkreten Schadens – als pauschalierten Mindestbetrag des Nutzungsentgangs – Schadensersatz in Form von Zinszahlungen zuerkenne (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 113). Unerheblich sei, ob und in welcher Höhe die Gegenleistung werthaltig gewesen sei (entgegen der nachfolgend zitierten Entscheidung des OLG Koblenz vom 16.09.2019, 12 U 61/19). Nur für die Zeit, in der sich eine pauschalierte Entschädigung für entgangene Gebrauchsvorteile des Geldbetrags und die Verzinsung nach § 849 BGB zeitlich überschnitten, sei kein Raum für beide Ansprüche nebeneinander (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019, 17 U 146/19, Rn. 118). Auch das OLG Oldenburg ist der Auffassung, dass der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach § 849 BGB zu verzinsen sei. Dass der Käufer sich des Geldes nicht ersatzlos begebe, sondern das Auto zur Nutzung erhalte, sei nicht überzeugend, da der Geschädigte diese Nutzung bereits durch den vom Kaufpreis abgezogenen Nutzungsersatz „bezahle“ (OLG Oldenburg, Urt. v. 02.10.2019, 5 U 47/19, Rn. 41 ff.). |
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| Das OLG Koblenz geht davon aus, dass dem Käufer der Kaufpreis bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise entzogen war (Urt. v. 16.09.2019, 12 U 61/19, r+s 2019, 657, 662 f.). In diesem Fall wäre (nur) derjenige Betrag zu verzinsen, der den endgültigen Verlust an Nutzbarkeit kompensieren soll (Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 849 Rdnr. 5). Dies ist in Fällen, in denen kein vollständiger Verlust der Sache bzw. der Nutzbarkeit vorliegt, der Betrag der Wertminderung (BGH, Urt. v. 15.03.1962, III ZR 17/61, VersR 1962, 548). Das OLG Koblenz ist im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO in seinem VW-Fall von einem Anteil von 10 % des Kaufpreises ausgegangen. Der Kläger hätte danach einen Anspruch auf Verzinsung der Differenz, um die das streitgegenständliche Fahrzeug durch die Bemakelung mit der manipulierten Abgassteuerung im Zeitpunkt des Kaufs im Wert gemindert ist. |
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| Nach einer nach Auffassung des erkennenden Senats überzeugenden Entscheidung des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urt. v. 26.11.2019, 12 U 142/19) besteht kein Anspruch auf Zinsen aus § 849 BGB, weil der Vorschrift des § 849 BGB der Gedanke zugrunde liegt, dass ein Geschädigter, dem durch eine deliktische Handlung eine Sache entzogen worden ist oder dessen Sache beschädigt wurde, für die Zeit der Vorenthaltung bzw. Instandsetzung gehindert war, die Sache zu nutzen (Wagner, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2017, § 849 Rn. 2; Riehm, NJW 2019, 1105, 1109). Weil diese entgangene Nutzungsmöglichkeit schwer zu beziffern und ein entsprechender wirtschaftlicher Nachteil schwer nachzuweisen ist, gewährt § 849 BGB eine Art pauschale Nutzungsausfallentschädigung (Wagner, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2017, § 849 Rn. 2). |
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| Auch im vorliegenden Fall hat der Ehemann der Klägerin aber gegen Zahlung des Kaufpreises einen Gegenstand erhalten, den er – und später seine Frau - tatsächlich ohne Einschränkungen hat nutzen können. Der Geldbetrag wurde nicht ersatzlos weggegeben, sondern hat für die maßgebliche Zeit bis zur Rückabwicklung des Kaufvertrages seinen Zweck, dem Käufer ein funktionsfähiges Fahrzeug zu beschaffen, erfüllt, weshalb eine Anwendung von § 849 BGB nicht geboten ist (Riehm, NJW 2019, 1105, 1109). |
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| Mit vergleichbarer Begründung hat auch das OLG Hamm einen Zinsanspruch aus § 849 BGB abgelehnt (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, Rn. 81). Auch der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe spricht sich gegen Deliktszinsen nach § 849 BGB aus. Dort wird aufgeführt, der Regelung des § 849 BGB könne kein allgemeiner Rechtssatz dahin entnommen werden, dass deliktische Schadensersatzansprüche stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen seien. Der Normzweck gehe vielmehr dahin, den endgültig verbleibenden Verlust an der Nutzbarkeit der weggegebenen Sache – als pauschalierten Mindestbetrag – auszugleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden könne. Der Käufer habe in den streitgegenständlichen Fällen den bezahlten Kaufpreis jedoch nicht ersatzlos weggeben, sondern im Gegenteil Eigentum und Besitz am streitgegenständlichen Fahrzeug einschließlich abstrakter Nutzungsmöglichkeit erhalten. Anders als vom OLG Oldenburg (und nachfolgend auch vom 17. Zivilsenat des OLG Karlsruhe) angenommen, zahle der Geschädigte bei einer Ablehnung der Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs die Nutzung des Fahrzeugs auch nicht „zweifach“. Denn im Wege des Vorteilsausgleichs werde nur ein Entgelt für die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs abgezogen. Dem Kläger sei darüber hinaus aber ständig eine Nutzungsmöglichkeit am Fahrzeug eingeräumt gewesen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.11.2019, 13 U 37/19 Rn. 131 ff. m. Nachw.). |
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| Der Senat sieht im Übrigen auch nicht eine Vergleichbarkeit des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts mit demjenigen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.6.2018 (NJW 2018, 2479 ff, RZ 44- 46 nach juris) zugrunde lag. Ungeachtet der dort zu beachtenden Besonderheit eines Kartellrechtsverstoßes, bei dem nach Auffassung des Kartellsenats des BGH eine entsprechende Anwendung von § 849 BGB einem unionsrechtlichen Postulat genügen sollte, kann hier schon wegen der uneingeschränkten Nutzung des Fahrzeugs durch die Klägerin und zuvor durch ihren Ehemann nicht erkannt werden, dass und inwieweit vom Ehemann der Klägerin ein überhöhter Preis im Sinne der kartellrechtlichen Erwägungen des BGH gezahlt worden wäre. |
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| Die vom Landgericht zuerkannten vorgerichtlichen Anwaltskosten sind auch in der tenorierten Höhe gerechtfertigt, da es für diese auf die Höhe des Anspruchs der Klägerin zum Zeitpunkt der Beauftragung ihres Anwalts ankommt, nicht auf den bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung infolge des Gebrauchs des Fahrzeugs und damit zusammenhängend kontinuierlich anwachsenden Vorteilsausgleichs sich immer weiter reduzierenden Klaganspruch. Zum Zeitpunkt der Klageinreichung war die Klägerin – zu Recht - von einem Anspruch in Höhe von 16.112,73 EUR ausgegangen, sodass die Berechnung der vorgerichtlichen Anwaltskosten durch das Landgericht (eine 1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert bis 19.000,- EUR) zutreffend ist. |
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| Die Revision ist wegen der zu einer Reihe von Einzelfragen differierenden Rechtsprechung der zitierten Obergerichte gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen. |
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