Urteil vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (9. Senat) - 9 K 26/07

Tenor

Der Widerspruchsbescheid des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern vom 23.07.2007 wird aufgehoben.

Das Ministerium wird verpflichtet, über den Widerspruch der Klägerin erneut zu verhandeln und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen den Bodenordnungsplan in dem Bodenordnungsverfahren A. Sie ist Eigentümerin der Flurstücke 17, 20 und 45 der Flur 1 Gemarkung B, der Flurstücke 7, 18, 39 und 43 der Flur 2 Gemarkung B sowie der Flurstücke 204 und 216 der Flur 1 Gemarkung A.

2

Am 20.09.1999 führte die Beklagte einen Aufklärungstermin zum Bodenordnungsverfahren A durch, an dem die Klägerin nicht teilnahm.

3

Mit Beschluss vom 22.11.1999 wurde das Bodenordnungsverfahren angeordnet. Das Verfahrensgebiet wurde durch Beschluss vom 09.02.2005 geändert. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin keine Rechtsbehelfe ein.

4

Am 02.10.2001 wurde eine Hofraumverhandlung durchgeführt, an der die Klägerin nicht teilnahm.

5

Die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung vom 27.01.2005 wurde für sofortig vollziehbar erklärt und am 04.02.2005 öffentlich bekannt gemacht. Die Klägerin legte auch hiergegen keine Rechtsbehelfe ein.

6

Über den Planwunschtermin mit der Klägerin am 28.07.2004 ist Folgendes protokolliert : "Die Erschienene äußert folgende Wünsche für die Lage der Abfindung: Alle Flurstücke wie im jetzigen Bestand wieder einpassen, Wiesenflurstücke möglicherweise zusammenfassen." Unter "Sonstiges/Ergänzungen" ist niedergelegt: "Nur Wiesenflurstücke - ohne Torflöcher".

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Am 21.02.2006 wurde der Bodenordnungsplan erlassen. Er wurde durch Nachträge vom 26.09.2006, 15.02.2007, 15.05.2007 und 06.08.2007 geändert. Gegen die Nachträge sind seitens der Klägerin keine Rechtsbehelfe eingelegt worden.

8

Hinsichtlich der Klägerin als Ordnungsnummer 154 werden darin folgende Regelungen getroffen: Die Flurstücke 20 und 45 der Flur 1 Gemarkung B werden in fast unveränderter Lage als Flurstücke 34 und 37 Flur 4 Gemarkung B neu ausgewiesen. Die übrigen Flurstücke werden hinter dem Hof der Klägerin in einem Flurstück (Flurstück 52 Flur 4 Gemarkung B) ausgewiesen. Im 2. Nachtrag des Bodenordnungsplans vom 15.02.2007 wird die Zuwegung (Gemeindeflurstück 42 der Flur 4 Gemarkung B) in Richtung auf das künftige Flurstück 52 verlängert und als sonstiger öffentlicher Weg ausgewiesen.

9

Gegen den Bodenordnungsplan legte nach individueller Bekanntgabe vom 20.06.2006 die Klägerin im Anhörungstermin am 13.07.2006 Widerspruch ein. Er erfolgte in schriftlicher Form, übergeben durch die nachträglich bevollmächtigte Frau C.

10

Hierin wird ausgeführt: Das Bodenordnungsverfahren werde generell abgelehnt. Die - zunächst allein vorgesehene - Erschließung des Flurstückes 52 Flur 4 Gemarkung B führe dazu, dass man gezwungen sei, ein Überfahrtsrecht über das Flurstück 35 zu beantragen. Der Eigentümer dieses Flurstücks werde für das Wegerecht Kosten erheben. Außerdem verlaufe auf dem Flurstück 52 mittig ein Findlingsstreifen zur Breite von 5 - 6 m und einer Länge von ca. 100 m. Er sei Unland, eine Pachterzielung sei nicht möglich. Es sei außerdem eine Flächenverminderung von 1,987 ha eingetreten. Das Altflurstück 17 Flur 1 Gemarkung B habe verkehrsgünstig an einer öffentlichen Straße gelegen, was einen besonderen Wert darstelle. Diese Anbindung sei durch die Neuzuteilung entfallen.

11

Den Widerspruch wies das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern durch Widerspruchsbescheid vom 23.07.2007 zurück. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Klägerin habe insgesamt 9 Flurstücke mit einer Gesamtgröße von 33,14 ha im Wertverhältnis von 210.637 WVZ eingebracht. Die Neuvermessung des in alter Lage zugewiesenen Hofflurstückes Gemarkung B Flur 1 Nr. 45 habe eine Differenz von - 286 m² ergeben. Der Bodenordnungsplan weise für die Klägerin lediglich 3 Flurstücke mit einer Gesamtgröße von 33,0247 ha, aber einem Wertverhältnis von 209.492 WVZ aus. Durch den 2. Nachtrag sei zwischenzeitlich das Abfindungsflurstück 52 der Flur 2 Gemarkung B mit einer weiteren Zuwegung über einen öffentlichen Feld- und Waldweg versehen worden. Im Übrigen werde die Klägerin im Wesentlichen in alter Lage abgefunden. Die landwirtschaftlichen Flächen würden arrondiert und bei Ausführung des Flurneuordnungsplans unmittelbar an die Hofstelle angeschlossen sein bzw. bleiben. An die Stelle von 9 Flurstücken in 7 Besitzstücken würden 3 Flur- und Besitzstücke treten. Die Bewirtschaftung des zusammengelegten 31 ha großen Flurstücks 52 sei kostengünstiger als die Bewirtschaftung von 31 ha an zur Zeit 5 Standorten. Das rückwärtig liegende Flurstück 52 Gemarkung B Flur 4 sei an das öffentliche Straßen- und Wegenetz hinreichend angeschlossen. Der mittig im Abfindungsflurstück Gemarkung B Flur 4 Nr. 52 liegende Findlingsstreifen sei wertmäßig entsprechend als Holzung - HO 5 - berücksichtigt. Insgesamt mindere sich die Fläche nicht um 1,987 ha sondern um 893 m², was wertmäßig im Umfang von - 1.145 WVZ letztlich wegen der Neuvermessungsdifferenz im Werte von 1.144 WVZ nicht zu Buche schlage. Hinsichtlich des Altflurstücks 17 der Flur 2 Gemarkung B bestehe kein Anspruch auf Abfindung in alter Lage. Eine nach Augenmaß der Widerspruchsführerin angenommene Verdoppelung des Grünlandes bestätige sich nicht. Grünlandflächen würden lediglich um 6,6 % oder 0,1771 ha vergrößert.

12

Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin sowie ihrem Sohn, Herrn D jeweils am 26.07.2007 zugestellt.

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Am 20.08.2007 hat Herr D im Namen der Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Widerspruchsvorbringen und vertieft es im einzelnen. Er führt aus: Im Planwunschtermin am 28.07.2004 sei eindeutig niedergelegt worden, dass "alle in Familienbesitz befindlichen Grundstücke in alter Form einzupassen sind". Es sei ihnen mitgeteilt worden, dass ihre Wünsche voll berücksichtigt würden. Den einzigen Wunsch, den sie seinerzeit geäußert hätten, sei der gewesen, die Wiesengrundstücke Nr. 7 und 18 zusammenzulegen. Durch zwei hiesige Großbauern habe er eine Neuberechnung der Pachtzinsen vornehmen lassen. Danach müsse er mit einem Verlust von ca. 30,00 Euro rechnen, ohne jeglichen Pachterhöhungszuschlag. Die Ermöglichung einer großflächigen Bewirtschaftung sei kein angemessenes Ziel. Es werde nun der Hof, der mit viel Idealismus und einer besonderen Verrücktheit wieder aufgebaut worden sei, beeinträchtigt.

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Die Klägerin beantragt,

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den Widerspruchsbescheid des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern vom 23.07.2007 aufzuheben und das Ministerium zu verpflichten, über den Widerspruch erneut zu verhandeln und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

16

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge des Bodenordnungsverfahrens und die Widerspruchsvorgänge sowie die Gerichtsakte 9 K 19/07 ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

20

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist begründet. Die Beklagte hat in Ausübung des ihr im Landwirtschaftanpassungsgesetz - LwAnpG - und Flurbereinigungsgesetz - FlurbG - eingeräumten planerischen Gestaltungsermessens die bei der Abfindung eines Teilnehmers zu beachtenden gesetzlichen Grundsätze bei der Abfindung der Klägerin grundsätzlich ermessensgerecht berücksichtigt. Die Einwendungen der Klägerin gegen die angefochtenen Entscheidungen greifen nicht durch. Jedoch ist die Erschließung des künftigen Flurstücks 52 der Flur 4 Gemarkung B nicht ordnungsgemäß festgesetzt worden (§ 63 Abs. 2 LwAnpG, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 146 Nr. 2 FlurbG, § 114 Satz 1 VwGO).

21

1. Der Einwand der Klägerin, die Ladung zum Termin zur Bekanntgabe des Bodenordnungsplans im engeren Sinne sei mit der Mitteilung erfolgt, nur in diesem Termin könne Widerspruch eingelegt werden, dies sei aber ein Unding, da sie eine Anreise von 1.000 km habe, ist unbegründet. Die Verfahrensweise der Beklagten entspricht den Vorgaben des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes in Verbindung mit dem Flurbereinigungsgesetz. Gemäß § 63 Abs. 2 LwAnpG sind für das Verfahren die Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes entsprechend heranzuziehen. Gemäß § 59 Abs. 2 FlurbG sind Widersprüche gegen den bekannt gegebenen Flurbereinigungsplan zur Vermeidung des Ausschlusses in einem Anhörungstermin vorzubringen; hierauf ist in der Ladung im Termin hinzuweisen. Zwar können nach § 59 Abs. 5 FlurbG die Länder abweichende Regelungen vorsehen, jedoch hat Mecklenburg-Vorpommern eine derartige Bestimmung in dem Gesetz zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes vom 17.05.1993 - GVOBl. M-V 1993, S. 509 nicht vorgenommen.

22

2. Soweit die Klägerin sich weiterhin grundsätzlich gegen die Durchführung des Bodenordnungsverfahrens mit dem Ziel einer Arrondierung der landwirtschaftlich genutzten Flächen wendet, ist dies unbegründet.

23

Verfassungsrechtlich ist es nicht zweifelhaft, dass eine Flächenzusammenlegung Vorrang vor den Entsprechungsgeboten genießt, wenn sie in stärkerem Maße der Verbesserung der Arbeits- und Produktionsbedingungen der Landwirtschaft dient. Denn dieses Hauptanliegen der Flurbereinigung (vgl. § 1 FlurbG) genießt Vorrang vor dem Erhalt des "status quo", gleich, ob man die Verbesserung der landwirtschaftlichen Arbeits- und Produktionsbedingungen verfassungsrechtlich als Umwandlungs- oder Enteignungszweck qualifiziert. Die Soll-Vorschrift des § 44 Abs. 4 FlurbG verfolgt den Zweck, eine Verschlechterung der Arbeits- und Produktionsbedingungen der beteiligten Landwirte zu verhindern. Dies geht schon daraus hervor, dass die Norm an erster Stelle auf die Entfernung zum Wirtschaftshof abstellt und dass sie ausdrücklich einer großzügigen Flächenzusammenlegung den Vorrang vor einer gleichbleibenden Entfernung einräumt. Die Norm ermöglicht es daher den Flurbereinigungsbehörden, ihr Planungsermessen in Richtung auf eine stärkere Flächenzusammenlegung zu betätigen (BVerfG 1. Senat 1. Kammer , B. v. 08.07.1998 - 1 BvR 851/87 - NVwZ 1999, 62).

24

Im Übrigen kann die Klägerin mit diesen Einwendungen nicht mehr gehört werden, soweit sie die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens betreffen. Diese Entscheidung der Beklagten vom 22.11.1999 ist - auch gegenüber der Klägerin - bestandskräftig geworden.

25

3. a) Für die inhaltliche Überprüfung eines Flurbereinigungsplans gelten folgende Grundsätze: Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann jeder Teilnehmer eine wertgleiche Abfindung in Land beanspruchen. Das Gebot wertgleicher Abfindung ist oberster Grundsatz des Flurbereinigungsverfahrens. Es verlangt, dass der Wert der gesamten Neuzuteilung unter Berücksichtigung der Abzüge für Folgeeinrichtungen dem Wert der Gesamteinlage entspricht. Maßgebend ist zunächst die Bemessung der Abfindung, bei der gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG die nach den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten, am Nutzwert für jedermann ausgerichteten Grundstückswerte zu Grunde zu legen sind. Diese Werte bilden indes nicht den ausschließlichen Maßstab für die Bestimmung einer wertgleichen Abfindung. Zusätzlich sind vielmehr nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG noch weitere den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmende Faktoren einzubeziehen. Hierbei ist auch auf die Verhältnisse des konkreten Betriebs abzustellen; insbesondere sind auch wertbildende Faktoren, die sich aus der Gestaltung der Abfindung ergeben, wie z.B. der Zuschnitt der Flächen und der Zusammenlegungsgrad, zu berücksichtigen. Dabei ist stets die gesamte Einlage der gesamten Abfindung gegenüberzustellen. Ein Vergleich einzelner alter mit einzelnen neuen Grundstücken findet nicht statt. Ein Teilnehmer hat keinen Anspruch auf Abfindung mit einem bestimmten Flurstück in der von ihm begehrten Größe. Ein dahingehender Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 44 Abs. 1 FlurbG (Senat, U. v. 24.06.2009 - 9 K 29/07; Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, 8. Aufl., § 44, Rn. 8).

26

Die planerische Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG ist somit mit dem Gebot wertgleicher Abfindung des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG in spezifischer Weise verknüpft; eine wertgleiche Abfindung ist sowohl wesentlichstes Ziel der Abwägung als auch bindende Abwägungsvorgabe, deren Beachtung zugleich eine zweckmäßige Gestaltung der Abfindung gewährleistet. Diese spezifische Verknüpfung lässt für eine gesonderte gerichtliche Abwägungskontrolle neben der Gleichwertigkeitsprüfung keinen Raum, soweit es um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmender Faktoren in der Abwägung geht. Eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle hat aber hinsichtlich der Frage zu erfolgen, ob die Abfindungsgestaltung "qualifizierte" Planwünsche in Gestalt konkretisierter und verfestigter Entwicklungsperspektiven, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und deshalb für die Wertgleichheit der Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hat. Der Planwunsch, durch Zuweisung geeigneter Flächen die Möglichkeit zur Realisierung einer Aussiedlungsabsicht zu erhalten, ist nur dann in diesem Sinne "qualifiziert", wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Finanzierung gesichert ist. Ein Teilnehmer, der lediglich einen "einfachen" Planwunsch zur Gestaltung seiner Abfindung angemeldet hat, kann im Abfindungsstreit über die Prüfung, ob er wertgleich abgefunden worden ist, hinaus keine auch den Abwägungsvorgang erfassende Abwägungskontrolle verlangen, wie sie Planbetroffenen im Bau- und Fachplanungsrecht mit dem Anspruch auf gerechte Abwägung zusteht (BVerwG, U. v. 23.08.2006 - 10 C 4/05 - BVerwGE 126, 303 = NVwZ-RR 2007, 85).

27

b) In diesem Zusammenhang kann der Vortrag der Klägerin hinsichtlich des Planwunschtermins so zu verstehen sein, dass ihr dort Zusagen gemacht worden seien, die in dem angefochtenen Plan nicht umgesetzt worden sind. Dies ist indes nicht der Fall.

28

Zusicherungen sind im Anwendungsbereich des Flurbereinigungsgesetzes nicht ausgeschlossen. Eine Zusicherung im Sinne von § 38 VwVfG MV erfordert einen Bindungswillen der Behörde. Er liegt v.a. vor, wenn sich ihre Erklärung nicht lediglich in der Erörterung von Lösungsmöglichkeiten oder bloßen Zuteilungsabsichten in Bezug auf den zu erstellenden Flurbereinigungsplan erschöpft, sondern im Zusammenhang mit dem Verzicht eines Teilnehmers auf eine besondere eigene Rechtsposition steht (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 10 C 1/06 - BVerwGE 128, 87 = NVwZ-RR 2007, 456). Ob eine behördliche Erklärung mit dem für eine Zusicherung i.S.v. § 38 VwVfG MV oder für eine Zusage erforderlichen Bindungswillen abgegeben wurde, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln; maßgebend ist danach der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei Würdigung des objektiven Erklärungswerts und der weiteren Begleitumstände, insbesondere des Zwecks der Erklärung, verstehen konnte (BVerwG, B. v. 10.11.2006 - 9 B 17/06).

29

Für eine solche bindende Erklärung ist danach nichts ersichtlich. Aus dem Protokoll des Planwunschtermins, auf das sich die Klägerin bezieht, geht lediglich hervor, dass sie die genannten Wünsche geäußert hat: Alle Flurstücke seien wie im jetzigen Bestand wieder einzupassen, Wiesenflurstücke möglicherweise zusammenzufassen. Es sollten nur Wiesenflurstücke - ohne Torflöcher - zugewiesen werden. Eine Zusage der Beklagten, so zu verfahren, enthalten die protokollierten Erklärungen nicht. Die Unterschrift der Sachbearbeiterin Frau E beinhaltet die Protokollierung der Erklärungen der Klägerin, nicht die Fixierung einer Zusage. Daher fehlt einer etwaigen Zusage auch die zu ihrer Wirksamkeit erforderliche Schriftform (§ 38 Abs. 1 S. 2 VwVfG MV).

30

c) Die Klägerin hat mit den von ihr angeführten Wünschen auch keine "qualifizierten" Planwünsche im Sinne der oben dargelegten Grundsätze geäußert. Sie hat keine besondere Nutzungsabsicht dargelegt, bei deren Realisierung konkrete Planungsabsichten bestehen. Der bloße Wunsch, die Einlageflurstücke in gleicher Lage zurückzuerhalten, enthält einen solchen Wunsch nicht. Die Klägerin hat weder dargelegt noch wäre dies für die Beklagte erkennbar - auch für den Senat sind derartige Gesichtspunkte nicht deutlich - dass dieser Wunsch im Zusammenhang mit dem Betrieb und den Entwicklungsmöglichkeiten eines landwirtschaftlichen Betriebs steht. Sie stellten und stellen sich vielmehr entsprechend der Begründung der Klägerin als den - aus der Sicht der Klägerin und dem Schicksal ihrer Familie verständlichen - Wunsch dar, die im Familienbesitz befindlichen Grundstücke in alter Form zu erhalten.

31

4. Die Klägerin trägt des Weiteren vor, sie werde einen Verlust von ca. 30,00 Euro Pachtzins erleiden, wenn ihr die in dem angefochtenem Bodenordnungsplan zugeteilten Flächen zugewiesen würden. Sie legt hierzu Schreiben der A. Agrarproduktions- und Handels GmbH, A und der Agrarproduktions- und Vermarktungs GmbH, F vom 09.08 bzw. 19.09.2007 vor. Zudem ergebe sich aus dem Schreiben der A. Agrarprdukte- und Handels GmbH vom 09.07.2008, dass die für das Flurstück 17 der Flur 1 Gemarkung B vorgesehene Abfindungsfläche nicht wie jene vollständig entwässerbar sei.

32

Damit sind indes keine tragfähigen Einwendungen gegen die Entscheidung der Beklagten geltend gemacht. Maßgebend ist, ob die Klägerin wertgleich abgefunden worden ist. Dies beurteilt sich auf der Grundlage des festgestellten Ergebnisses der Wertermittlung. Die im Flurbereinigungsgesetz des näheren genannten Kriterien sind hierfür maßgebend. Die Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung und damit der Wertermittlungsrahmen ist gegenüber der Klägerin bestandskräftig geworden. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass auf dieser Grundlage die Klägerin wertgleich abgefunden worden ist. Dem Einzelgesichtspunkt leicht reduzierter Pachtzahlungen oder Entwässerbarkeit kommt somit keine Bedeutung zu.

33

6. Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Abfindungsgrundstücke Flurstücke 52 und 37 Flur 4 Gemarkung B seien über ihr Hofgrundstück Flurstück 36 nicht erreichbar, weil eine Änderung der Scheunendurchfahrt nicht möglich sei, hat dem die Beklagte im 2. Nachtrag dadurch Rechnung tragen wollen, dass das vorgesehene Flurstück 42 als sonstige öffentliche Straße im Sinne des § 3 Nr. 4 Straßen- und Wegegesetz Mecklenburg-Vorpommern auch die Erschließung der genannten Flurstücke sicherstellt.

34

Für die Erschließung von Abfindungsgrundstücken gelten folgende Grundsätze: § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG, § 63 Abs. 2 LwAnpG enthält nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 30.09.1992 - 11 C 8.92 - RdL 1993, 13) nicht nur einen Planungsgrundsatz, der im Rahmen des behördlichen Gestaltungsermessens zurückgestellt werden könnte, sofern dafür zwingende sachliche Gründe angeführt werden können. Denn im Gegensatz zu anderen Regelungen des § 44 FlurbG (s. etwa Absatz 3 Satz 1: "müssen ... möglichst"; Absatz 3 Satz 3 Halbsatz 2: "ist, soweit möglich"; Absatz 4: "soll ..., soweit ... mit ... vereinbar") weist Absatz 3 Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift ("müssen") die Flurbereinigungsbehörde strikt und ohne jeden einschränkenden Zusatz an, die Abfindungsgrundstücke zu erschließen. Jeder Teilnehmer hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf eine Erschließung, die ihm die Benutzung seiner Abfindungsflurstücke jederzeit ohne besondere Schwierigkeiten ermöglicht. Im Vordergrund steht dabei bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken deren wirtschaftliche Nutzung. Doch ist das Zugänglichmachen im Sinne des § 44 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 FlurbG nicht auf die Ermöglichung derartiger Nutzungen beschränkt. "Zugänglich" sein soll der Neubesitz dem Teilnehmer vielmehr für jede dort mögliche und erlaubte funktionsgerechte Benutzung. Nach § 44 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 39 Abs. 1 FlurbG hat somit jeder Teilnehmer Anspruch auf ordnungsgemäße Aufschließung seiner Abfindungsgrundstücke, d.h. Wegeführung und Wegeausbau müssen so beschaffen sein, dass die Bewirtschaftung der Grundstücke ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist (BVerwG, U. v. 25.11.1970 - IV C 80.66 - RdL 1971, 97 ff.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene früher keine rechtlich gesicherte angemessene Zufahrt zu seinem Grundstück hatte. Ohne Rücksicht auf diese Umstände gilt die Bestimmung des § 44 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 FlurbG (VGH München, U. v. 07.04.1967 - 68 VII 66 - RzF § 44 III S. 3 Nr. 5). Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich dann erfüllt, wenn das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne - nicht ein einzelnes Flurstück - erschlossen ist. Wenn ein großes Grundstück einen erheblichen Anteil an Wald enthält und eine weitere große Teilfläche der landwirtschaftlichen Nutzung zu dienen bestimmt ist, ist dieses Grundstück nur dann hinreichend erschlossen, wenn die Bewirtschaftung des Grundstücks in beiden Nutzungsarten ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist. Ist dies nur durch mehrere Erschließungen des Buchgrundstücks möglich, muss der Grundsatz eine Ausnahme erleiden, dass kein Anspruch auf mehrere Erschließungen besteht (Senat, U. v. 24.06.2009 - 9 K 29/07 mit näherer Begründung für die besonderen Anforderungen hinsichtlich der Bewirtschaftung von Waldgrundstücken).

35

Nach diesen Grundsätzen steht eine angemessene Erschließung des Flurstücks 52 und des hinteren Bereichs des Flurstücks 37 in Rede unabhängig davon, ob derzeit oder künftig das Flurstück 52 einheitlich bewirtschaftet wird.

36

Die Erschließung des neuen Abfindungsflurstücks 52 ist grundsätzlich durch die Bestimmungen des 2. Nachtrags gesichert. Das Flurstück 52 grenzt an das als öffentlichen Weg vorgesehene Flurstück 42. Dieser Weg mündet am südlichen Ende in einen öffentlichen Weg. Die Erschließung muss aber so beschaffen sein, dass die Benutzung der Abfindungsgrundstücke jederzeit ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist. Eine ausreichende Erschließung erfordert eine angemessene Wegebreite (VGH München, U. v. 07.04.2008 - 13 A 07.1117 - RdL 2010, 14 m.w.N.). Durch den Plan selbst muss daher die Breite des Weges festgesetzt werden. Dies kann durch eine Festlegung im Plan nach § 41 FlurbG erfolgen. Besteht ein solcher Plan nicht oder ist der Weg dort nicht aufgenommen, weil er nicht ausgebaut werden soll, wie es hier nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung der Fall ist, muss die Breite anderweitig im Flurbereinigungsplan festgesetzt werden. Die Aufnahme von Flurstückgrenzen in einem Plan mit Maßstab 1:2.000 genügt hierfür nicht. Dieser Maßstab ist nicht geeignet, eine Wegebreite festzulegen. Der Spielraum, den die Messung an diesem Plan ergibt, ist angesichts der Unterschiede der in Betracht kommenden erforderlichen Breiten zwischen 3 und 4 m zu ungenau, um eine hinreichende Bestimmtheit zu gewährleisten. Gleiches gilt für die Festlegung der Ausgestaltung einer Kurve, wie sie hier ebenfalls geboten ist. In der Sache muss die Ausgestaltung des Wegs für jede dort mögliche und erlaubte funktionsgerechte Benutzung hinreichend sein, d.h. sich an der Bodenart und der tatsächlichen und möglichen Nutzung, wie sie insbesondere der Wertermittlung zu Grunde gelegt worden ist, orientieren. Dabei kann sachgerecht auf die Richtlinien für den ländlichen Wegebau (RLW 1999 des Deutschen Verbandes für Wasserwirtschaft und Kulturbau e.V.) zurückgegriffen werden (vgl. VGH München a.a.O.; siehe auch BVerwG, U. v. 21.12.2005 - 9 A 12/05).

37

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, §§ 138 Abs. 1 Satz 2, 147 Abs. 1 FlurbG. Bei dem Verständnis des § 147 Abs. 1 FlurbG lässt sich der Senat von dessen Sinn und Zweck leiten: Nach § 147 Abs. 1 FlurbG ist zwischen dem Kostenpauschsatz und der Gebühr zu unterscheiden. Im Kostenpauschsatz werden die baren Auslagen des Verfahrens zusammengefasst. Die Gebühr tritt an die Stelle der sonst üblichen gerichtlichen Gebühren. Nur der Kostenpauschsatz muss erhoben werden. Die Festsetzung der Gebühr liegt im Ermessen des Gerichts. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber vermeiden, dass die Landwirte, die sich an das Flurbereinigungsgericht wenden, im Falle ihres Unterliegens ohne weiteres mit den gerichtlichen Gebühren belastet werden, die der unterliegenden Partei in anderen Verfahren in der Regel ohne weiteres kraft Gesetzes auferlegt werden müssen. Vielmehr soll das Gericht hierüber von Fall zu Fall entscheiden (so BVerwG, U. v. 13.12.1956 - I C 203.55 - BVerwGE 4, 202-203 = RdL 1957, 52 = NJW 1957, 843). Da somit diese Regelung nicht der beklagten Behörde im Falle der Klagstattgabe zugute kommen soll, sind insoweit die allgemeinen Vorschriften der VwGO maßgebend.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 167 Abs. 2 VwGO, 708 ff. ZPO.

39

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), sieht der Senat nicht.

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