Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 LA 117/08
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Einzelrichterin der 2. Kammer – vom 14. Oktober 2008 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert beträgt 3.750,-- Euro.
Gründe
I.
- 1
Die Kläger erwarben durch notariellen Kaufvertrag vom 14.05.2007 das Flurstück … der Flur …; das 933 qm große Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 53.3 der Beklagten. Eine Erklärung des Vorkaufsrechtsverzichts lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2007 ab. Die Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, eine Negativbescheinigung über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts zu erteilen, wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 14.10.2008 ab. Die Kläger erstreben die Zulassung der Berufung unter Bezugnahme auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO.
II.
- 2
Der Antrag auf Zulassung der Berufung kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch.
- 3
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden.
- 4
1.1 In der Parallelsache 1 LA 116/08 hat der Senat zu den – auch vorliegend geltend gemachten – Zulassungsgründen ausgeführt:
- 5
» (Das) Vorkaufsrecht (ist), wie von § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gefordert, im „Geltungsbereich eines Bebauungsplans“ ausgeübt worden. …
- 6
Richtigkeitszweifel … lassen sich auch aus den Einwänden … gegen eine Anhörung (§ 87 LVwG) nicht ableiten. … Festzustellen bleibt insoweit, dass die Anforderungen an eine „förmliche“ Anhörung … von vornherein gemindert waren durch die beiden (Verwaltungs-)Verfahrensbeteiligten bekannte Sachlage (Grundstückssituation und –nutzung [Tierhaltung], Planungsinhalte, „Zusage“ der Beklagten). ….
- 7
Die aus § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB abgeleiteten Einwände … führen ebenfalls nicht zur Berufungszulassung. …. Der Verwendungszweck der betroffenen Vorkaufsflächen ist im angefochtenen Bescheid … angegeben worden; er war dem Kläger … auch präzise bekannt. …. Einer nochmaligen, in den Gründen der angefochtenen Bescheide dargelegten Abwägung der konfligierenden Interessen bedurfte es angesichts des Umstandes, dass diese Abwägung bereits auf der planerischen Ebene (s. Protokolle des Bauausschusses der Bekl. vom 10.05.2007, zu TOP 9, und der Stadtvertretung vom 07.06.2007; Urt. des Senats v. 25.08.2008, 1 KN 16/07, S. 10-14 des Urt.-Abdr.,Glied.-Nr. 3 b dd) umfassend erfolgt ist und wesentliche, eine abweichende Beurteilung rechtfertigende neue Gesichtspunkte nicht ersichtlich waren (und sind), nicht. Die planerischen Abwägungsgründe sind, wie bereits im Urteil des Gerichts vom 25.08.2008 (a.a.O.) ausgeführt, auch in Bezug auf die Ausübung eines Vorkaufsrechts rechtlich nicht zu beanstanden.
- 8
Der Vorkaufsrechtsausübung lässt sich auch keine Treuwidrigkeit der Beklagten (§ 242 BGB) entgegensetzen.
- 9
Eine Erklärung der Beklagten dahingehend, dass „keine Enteignung“ erfolgen solle, und die Ankündigung, dass die Erschließung erst nach einer Einigung über die Übernahme von Erschließungskosten durchgeführt werden solle, stehen schon ihrem Wortlaut nach der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegen. Abgesehen davon übersieht der Kläger, dass nach Ziff. 9 der (ergänzten) Begründung zum Bebauungsplan vom 08.06.2007 bodenordnende Maßnahmen nach §§ 85 ff. BauGB ausdrücklich angesprochen werden, um die planerischen Ziele umzusetzen. Der Kläger verkennt überdies, dass die Beklagte im öffentlichen Interesse und im Interesse der übrigen Planbetroffenen nach Inkrafttreten des Bebauungsplans gehalten ist, für eine Realisierung der Planung, insbesondere, soweit sie öffentliche Erschließungsanlagen (§ 127 Abs. 2 BauGB) betrifft, zu sorgen. Dazu kann sie auch – vorrangig vor bodenordnenden Maßnahmen (§ 85 Abs. 2 BauGB) - Vorkaufsrechte nutzen.
- 10
Ob der (politische) Beschluss, das Vorkaufsrecht auszuüben, in öffentlicher oder in nichtöffentlicher Sitzung gefasst wird, ist für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide dem Kläger gegenüber unerheblich. …
- 11
Nach alledem kann offenbleiben, ob die auf Erteilung eines Negativzeugnisses (§ 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB) gerichtete Verpflichtungsklage, wie das Verwaltungsgericht meint, unzulässig ist, weil die Richtigkeit der Klagabweisung zum „Anfechtungselement“, d. h. der Vorkaufsrechtsausübung, keinen ernstlichen Zweifeln unterliegt. «
- 12
An diesen Ausführungen ist auch für die vorliegende Entscheidung festzuhalten. Insbesondere war keine (nochmalige) Auseinandersetzung mit dem von den Klägern geltend gemachten Interesse an der Fortsetzung ihrer „Schafzucht“ erforderlich. Diese ist nach den – aus Angaben der Kläger selbst hervorgegangenen - Feststellungen im Verfahren 1 KN 16/07 (S. 12-13 der Urt.-Gründe) „nicht auf die Erzielung von Einnahmen (i. S. v. Gewinnerzielung)“ angelegt. Die „Schafzucht“ ist „mit einer Hobby-Tierhaltung vergleichbar“; ihre Einordnung als „Landwirtschaft“ i. S. d. § 201 BauGB ist nach den bis heute gegebenen Umständen nicht begründet. Der Hinweis im Zulassungsantrag (S. 3) auf Sammelanträge beim Amt für ländliche Räume in Husum ist für das Vorliegen eines nachhaltigen landwirtschaftlichen Betriebs ebenso unergiebig wie die „betriebliche“ Entwicklung ab 2007 bis heute (Flächenerweiterung um 0,09 ha, Tierbestandszunahme um 4 Tiere auf 31 Schafe); das Gesamtbild einer Hobby-Tierhaltung wird dadurch nicht entkräftet.
- 13
Die auf Treu und Glauben bzw. eine „Zusicherung“ der Beklagten gestützten Argumente gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts hat das Verwaltungsgericht zur Kenntnis genommen (s. S. 7 u. des Urt.-Abdr.); der in der Antragsbegründung (S. 4) insoweit gerügte Verfahrensfehler i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht gegeben.
- 14
1.2 Die im Zulassungsantrag mehrfach vorgetragene Ansicht, für die Entscheidung sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich, ist unzutreffend.
- 15
1.2.1 Auch wenn man – der Ansicht der Kläger folgend und dem Verwaltungsgericht (S. 6 d. Urt.-Abdr.) widersprechend – vorliegend eine Verpflichtungsklage für statthaft hält, ist bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen der Ausübung des Vorkaufsrechts vorliegen, auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen.
- 16
Die Kläger legen in ihrer Antragsbegründung zutreffend dar, dass der für die gerichtliche Überprüfung maßgebliche Zeitpunkt nach dem materiellen (Fach-)Recht zu bestimmen ist (BVerwG, Urt. v. 31.03.2004, 8 C 5.03, BVerwGE 120, 246 ff. [bei Juris Tz. 35]); dieses fordert, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Vorkaufsrechtsausübung in dem Zeitpunkt vorliegen müssen, in dem – mit dessen Ausübung durch Verwaltungsakt – die zivilrechtliche Gestaltungswirkung eintritt (§ 464 Abs. 2 BGB). Das folgt – ergänzend – auch daraus, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts gem. § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB im Ermessen der Gemeinde steht, so dass erst nach der letzten Behördenentscheidung hervortretende Ermessensgesichtspunkte im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen sind. Dem entsprechend sind Änderungen der Sach- oder Rechtslage, die später, also erst nach Erlass des nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (mit) einzubeziehenden Widerspruchsbescheides eintreten, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr relevant. Anders ausgedrückt: Eine nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit des Vorkaufsrechts-Ausübungsbescheides in der Fassung des Widerspruchsbescheides eingetretene (zivilrechtliche) Gestaltungswirkung geht durch spätere rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nicht mehr „unter“ oder verloren; entsprechendes gilt für nachträglich begründete Ermessensgesichtspunkte (ebenso OVG Schleswig, Urt. v. 24.10.2007, 1 LB 11/07, zu 3 c der Gründe).
- 17
1.2.2 Nach den vorstehenden Ausführungen ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die – erst im Laufe des Klageverfahrens – auf dem Vorkaufsgrundstück errichtete Holzhütte (s. Schriftsatz der Kläger vom 29.08.2008 mit Anlage 1) nicht als entscheidungserheblich angesehen hat (S. 7 des Urt.-Abdr.). Die Anforderung nach § 24 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, wonach das Grundstück im maßgeblichen Zeitpunkt unbebaut gewesen sein muss, war zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung erfüllt, wie die am 05.06.2008 durchgeführte Ortsbesichtigung (Bl. 54 d. A.) bestätigt hat.
- 18
Anzumerken bleibt, dass die Errichtung der Holzhütte – unbeschadet ihrer Genehmigungsbedürftigkeit (§ 68 Abs. 1, § 69 Abs. 1 Nr. 1, 22 LBO, wobei kein „landwirtschaftliches“ Gebäude vorliegt, s. o.) – auch aus materiell-baurechtlichen Gründen nicht entscheidungsrelevant ist. Ob es zutrifft, dass die Hütte nach einem Brand wieder errichtet worden ist (Schriftsatz vom 29.08.2008), mag dahinstehen, weil § 35 Abs. 4 Nr. 3 BauGB nach Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht mehr anwendbar ist. Die Holzhütte widerspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 53.3. Die Kläger bezeichnen sie in der Antragsbegründung (S. 5) als „Stallung“, die „Tieren als Unterstand dienen“ soll. Ein solches Gebäude ist in einem Allgemeinen Wohngebiet (§ 4 BauNVO) auch als Nebenanlage i. S. d. § 14 Abs. 1 BauNVO unzulässig (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2002, § 4 Rn. 15.1, 16.6, 16.8). Eine materiell-rechtswidrige Bebauung, die – wie hier – in Kenntnis eines entgegenstehenden Bebauungsplans errichtet wird, kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB der Vorkaufrechtsausübung nicht entgegengesetzt werden.
- 19
1.3 Die Kläger führen an, die Ausübung des Vorkaufsrechts entspreche nicht dem Wohl der Allgemeinheit (§ 24 Abs. 3 S. 1 BauGB), weil wegen der in § 2 des Kaufvertrages vereinbarten Auflage das Grundstück „weiterhin als landwirtschaftliche Nutzfläche zur Tierhaltung“ zu nutzen sei und nicht „versiegelt“ oder bebaut werden dürfe. Die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung wird dadurch nicht in Frage gestellt.
- 20
Zwar bewirkt (auch) das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 2 S. 2 BauGB i. V. m. § 464 Abs. 2 BGB, dass der Kaufvertrag zwischen der Beklagten und den Verkäufern „unter den Bestimmungen“ zustande kommt, wie er zuvor zwischen Klägern und Verkäufern vereinbart worden war, doch ist daraus entgegen der Ansicht der Kläger nicht abzuleiten, dass die Beklagte wegen § 2 des Kaufvertrages das Grundstück der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung (WA, Straße) nicht (mehr) zuzuführen kann.
- 21
1.3.1 Eine dingliche „Unterlassungsdienstbarkeit“ vermag die mit der Vorkaufsrechtsausübung verfolgten Ziele nicht zu vereiteln.
- 22
Wäre sie nach § 1018 BGB zu beurteilen, müsste ein „herrschendes“ Grundstück der Verkäufer gegeben sein (§ 1018 [2. Alt.] BGB); ein solches Grundstück der in … bzw. … ansässigen Verkäufer ist in der Vertragsurkunde nicht angegeben. Es ist auch nicht ersichtlich, dass und ggf. welcher Vorteil des „herrschenden“ Grundstücks durch eine (ggf. einzutragende) Grunddienstbarkeit gesichert werden soll (§ 1019 BGB). Fehlt ein solcher Vorteil, ist der dingliche Bestellungsakt nichtig, fällt der Vorteil nachträglich weg, erlischt die Dienstbarkeit und der belastete Grundstückseigentümer kann deren Löschung beanspruchen (Palandt-Bassenge, BGB, 2008, § 1019 Rn. 1).
- 23
Die in § 2 Abs. 3 des Vertrages als „beschränkt persönlich“ bezeichnete Dienstbarkeit deutet auf § 1090 BGB hin. In diesem Fall wäre § 1019 BGB nicht anwendbar (Palandt, a.a.O., § 1090 BGB Rn. 49). Allerdings muss auch dem Inhaber einer solchen Dienstbarkeit ein eigenes oder ein fremdes, zu förderndes Interesse zur Seite stehen, das schutzwürdig ist (BGH, Urt. v. 11.03.1964, V ZR 78/62, BGHZ 41, 209 [Ls. 2]). Ein solches Interesse der Verkäufer ist vorliegend weder dem Vorbringen der Kläger zu entnehmen noch aus den Gesamtumständen des Falles auch nur ansatzweise ersichtlich. Selbst wenn angenommen wird, dass die Verkäufer aus ideellen Gründen die Grundstücksnutzung zur Tierhaltung sichern wollten, wäre dieses ideelle Interesse nicht schutzwürdig, zumal es den den Vertragsparteien bekannten Planinhalten widerspricht. Dies führt, wie im Fall des § 1018 BGB, zur Unwirksamkeit des dinglichen Rechts bzw. zu dessen Erlöschen (Palandt, a.a.O., § 1090 Rn. 8 mit Hinweis auf § 1018, Rn. 35)
- 24
1.3.2 Ist – danach – nicht von einer wirksamen dinglichen Sicherung der Unterlassungspflicht auszugehen, vermag allein eine schuldrechtliche Vereinbarung den Planvollzug nicht zu verhindern. Dabei kann offen bleiben, ob nicht schon ein fehlender Vorteil bzw. ein fehlendes schutzwürdiges Interesse im o. a. Sinne auf die Wirksamkeit der schuldrechtlichen Unterlassungspflicht durchschlägt. Der Durchsetzung der schuldrechtlichen Unterlassungspflicht durch die Verkäufer stünde – jedenfalls – der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegen (vgl. zu dieser Fallgruppe: Palandt-Heinrichs, BGB, 2008, § 242 Rn. 50, § 226 Rn. 1), denn ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Verkäufer an einer solchen Rechtsdurchsetzung ist nicht ansatzweise zu erkennen.
- 25
Eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks (als „Weidefläche“ mit Unterstand) ist ab (rückwirkendem) Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 53.3 öffentlich-rechtlich unzulässig. Die Geltung dieser Rechtsnorm wird durch die privatrechtliche Vereinbarung in § 2 des Kaufvertrages nicht in Frage gestellt; der Inhalt des Bebauungsplans war bekannt. Mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des „geheilten“ Bebauungsplans musste zur Zeit des Vertragsschlusses gerechnet werden (s. Beschl. des Senats v. 22.01.2009, 1 LA 116/08, zu II.1.1 der Gründe); sie war nach den Umständen des Falles naheliegend.
- 26
Soweit Grundstücksflächen der Herstellung der öffentlichen Erschließungsanlagen dienen, wie es bei den Verkehrsflächen der Fall ist (§ 123 Abs. 1 BauGB), kann nach Ausübung des Vorkaufsrechts die Unterlassung der Grundstücksnutzung i. S. d. § 2 des Kaufvertrages von den Verkäufern nicht mehr beansprucht werden. Dies gilt umso mehr, als öffentlich-rechtliche Belastungen (z. B. Erschließungsbeiträge) nach Maßgabe der in § 3 Abs. 7 und 8 des Vertrages getroffenen Regelungen nicht die Verkäufer, sondern die Beklagte (als Käuferin nach Ausübung des Vorkaufsrechts) treffen werden.
- 27
Ein anzuerkennendes Eigeninteresse der Verkäufer an einer Durchsetzung der schuldrechtlichen Unterlassungspflicht gem. § 2 des Kaufvertrages ist auch in Bezug auf die außerhalb der Erschließungsstraße liegende Teilfläche des Grundstücks nicht gegeben. Nach Ausübung des Vorkaufsrechts wird die beklagte Stadt auf dem Grundstück keine „landwirtschaftliche“ Nutzung bzw. Schafhaltung mehr ausüben, so dass die „Auflage“ in § 2 Abs. 1 S. 1 des Kaufvertrages dann leer läuft. Die Regelungen in § 2 des Kaufvertrages sind im Hinblick auf die derzeit bestehende „Schafzucht“ der Kläger vereinbart worden; Gesichtspunkte, die nach einem Übergang des Grundstücks an die Beklagte ein Interesse der Verkäufer daran, dass dort weiterhin „Tierhaltung“ stattfindet, markieren könnten, fehlen. Es kommt hinzu, dass eine Nutzung des Grundstücks zur Tierhaltung wohngebiets-unverträglich (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 02.10.2006, 8 B 11048/06, Juris) und – insbesondere nach der plankonformen Bebauung der Nachbargrundstücke mit Wohngebäuden – rücksichtslos i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 01.03.2007, 3 M 14/07, Juris, s. auch oben zu 1.2.2). Angesichts dieser Situation wäre eine Durchsetzung der schuldrechtlichen Vertragsinhalte des § 2 des Kaufvertrages vom 14.05.2007 durch die Verkäuferin eine unzulässige Rechtsausübung. Das gilt auch, soweit es um die Abwehr einer „Versiegelung“ oder Bebauung des Grundstücks geht. Abgesehen davon, dass dingliche Ansprüche gegenüber weiteren Erwerbern des Grundstücks nicht bestehen (s. o.), ist auch insoweit ein anzuerkennendes Interesse der Verkäufer an der Abwehr der Grundstücksnutzung nicht festzustellen. Ein lediglich ideelles Interesse wäre nicht schutzwürdig: Öffentliche Interessen stehen dann der Ausübung privater Rechte entgegen; gerade zur Erfassung dieser Fälle greift der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (vgl. Roth, in: Münchner Kommentar, BGB, 2. Aufl., § 242 Rn. 234 sowie Rn. 415, 416). Die Beklagte kann nach Ausübung des Vorkaufsrechts für eine plankonforme Nutzung des Grundstücks sorgen, was nicht nur dem allgemeinen Interesse des Planvollzugs, sondern auch dem Interesse der anderen Grundstückseigentümer im Plangebiet, die ihre Grundstücke zu Wohnzwecken nutzen wollen, dient. Dies genügt unter den speziellen Umständen des vorliegenden Falles, um die Ausübung des Vorkaufsrechts als dem Wohl der Allgemeinheit entsprechend anzuerkennen.
- 28
1.4 Die von den Klägern angegriffene (S. 7 der Antragsbegründung) These des Verwaltungsgerichts, dass sie sich auf § 2 des Kaufvertrages nicht berufen dürfen, weil damit die Ausübung des Vorkaufsrechts „vereitelt“ werden solle (s. S. 8 u. des Urt.-Abdr.), bedarf keiner weiteren Erörterung. Es kann dahinstehen, ob in Bezug auf § 2 des Kaufvertrages der Unwirksamkeitsgrund des § 465 BGB oder ein anderer Nichtigkeitsgrund eingreift, weil die Beklagte nach den Ausführungen zu 1.3 hinreichende Gründe dafür anführen kann, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts dem Wohl der Allgemeinheit entspricht.
- 29
2. Die angeführten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
- 30
Die Interessen des Klägers hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung, der am 05.06.2008 ein Ortstermin vorausgegangen ist, berücksichtigt, wie sich – hinreichend deutlich – aus dem Urteilstatbestand und den Entscheidungsgründen (S. 9 d. Urt.-Abdr.) ergibt. Die – (auch) erstinstanzlich anwaltlich vertretenen – Kläger sind i. ü. darauf zu verweisen, dass sie sich in zumutbarer Weise rechtliches Gehör verschaffen konnten.
- 31
Die Bezugnahme auf das Normenkontrollurteil des Senats vom 25.08.2008 (a.a.O) im erstinstanzlichen Urteil (S. 7 d. Urt.-Abdr.) ist weder im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs noch auf die Wahrung des gesetzlichen Richters zu beanstanden. Der Umstand, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist, schließt die Bezugnahme darauf nicht aus, zumal die Beteiligten in jenem Verfahren identisch mit denen des vorliegenden Verfahrens sind.
- 32
Die Ansicht der Kläger, der Bebauungsplan sei – entgegen dem Normenkontrollurteil des Senats vom 25.08.2008 (a.a.O.) – unwirksam, begründet keine Verfahrensmängel.
- 33
3. Der Zulassungsantrag ist nach alledem abzulehnen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird zugleich rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
- 34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
- 35
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).
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