Urteil vom Sächsisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 K 108/16

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für einen Ersatzneubau eines ca. 9 km langen Teilstücks der 110 kV-Hochspannungsleitung Marke – Piesteritz Nord nördlich von Bitterfeld-Wolfen.

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Die vorhandene 110 kV-Freileitung verläuft vom Umspannwerk Marke, Siedlung Bahnhof Marke, nördlich von Priorau in ostsüdöstlicher Richtung über die Muldeaue nördlich Retzau über Möhlau und erreicht den westlichen Ortsrand von Zschornewitz bei Gräfenhainichen.

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Unter Datum vom 17.10.2014 beantragte die Beigeladene die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens zur Errichtung des Ersatzneubaus gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetztes (EnWG). Im Erläuterungsbericht wird dazu ausgeführt, der Abschnitt vom Umspannwerk Marke bis zum Abzweig Bitterfeld/Mitte stelle bei Realisierung der aktuell angemeldeten EEG-Vorhaben bereits im Szenario Schwachlast bei maximaler EEG-Einspeisung des genannten Leitungsabschnitts einen Übertragungsengpass dar. Zur Sicherstellung der Übertragungsleistung nach Realisierung der angemeldeten und zukünftigen EEG-Vorhaben sei der Ersatzneubau des genannten Leitungsabschnitts als Vierfachleitung geplant. Am Mast 29n solle die Aufteilung der vier vom Umspannwerk Marke kommenden Stromkreise in zwei Stromkreise auf eine bestehenden Abzweig in Richtung Bitterfeld/Mitte und zwei Stromkreise auf die bisherige Stammleitung nach Piesteritz/Nord erfolgen. Die 28 vorhandenen Masten des Typs "Einebene" würden im Vorfeld demontiert. Geplant seien 29 Masten des AA3.0-Gestänges. In Abhängigkeit vom Masttyp und Mastabständen umfasse der Schutzstreifen bei einer 110-kV-Freileitung eine Gesamtbreite von ca. 50 m. Aufgrund der Neuausteilung der Maststandorte und der geringfügig breiteren Traversen zum Altgestänge ergebe sich punktuell ein etwas breiterer Schutzstreifen als der derzeit dinglich gesicherte. Die Auswahl eines viersystemigen Gestänges erfolge aufgrund der Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Trassenabschnitts. Die einzuhaltenden senkrechten Abstände ergäben sich durch die Höhe der zu überquerenden Hindernisse und der notwendigen seitlichen Abstände. Die Mastabstände hingen u.a. von den topografischen Gegebenheiten ab. Sie betrügen bei dem geplanten Vorhaben zwischen ca. 280 und ca. 385 m. Die Masthöhen lägen bei ca. 24 bis 41 m, die Höhe der vorhandenen Masten liege bei ca. 23 bis 35 m. In Abhängigkeit vom Baugrund komme auf Basis eines Baugrundgutachtens für die betrachteten Maststandorte eine Gründung als Plattenfundament zur Anwendung. Dabei entstünden oberhalb der Erdoberkante an den Eckstellen vier Betonköpfe, die je ca. 1 m² Fläche beanspruchten. Je Maststandort würden durchschnittlich ca. 60 m² Fläche benötigt, wovon lediglich 4 m² versiegelt seien.

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Mit notariellem Kaufvertrag vom 08.06.2016 erwarb der Kläger die Grundstücke der Gemarkung (E.), Flur A, Flurstück 6/7 mit einer Größe von 73.093 m² und Flurstück 7/1 mit einer Größe von 12.742 m² von Herrn (H.), der die Grundstücke am 13.05.2015 von Frau (F.) erworben hatte und am 15.12.2015 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Am 28.06.2016 wurde zu Gunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, und am 20.12.2016 wurde er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Inzwischen hat der Kläger das Grundstück weiterveräußert; der Erwerber wurde am 26.04.2018 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

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Auf dem Flurstück 6/7 befanden sich bislang schon die (Alt-)Masten 1 und 2. Der neue Mast 1n soll ca. 10 bis 12 m südöstlich des bisherigen Standortes des Mastes 1 errichtet werden, der neue Mast 2n am bisherigen Standort des Mastes 2. Aufgrund der Lageänderung des Mastes 1/1n verschiebt sich die für die Freileitung in Anspruch genommene Fläche (Schutzstreifen) im Bereich dieses Grundstücks etwas nach Süden. Für die Verlegung eines Erdkabels bis zum Mast 1n wird zusätzliche Fläche in Anspruch genommen, die nicht bebaut werden darf. Weitere Flächen für die Baumaßnahmen an den Masten und für die Zuwegung zum Mast 2n werden vorübergehend in Anspruch genommen.

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Die Planunterlagen wurden in den Stadtverwaltungen der Städte Raguhn-Jeßnitz, Gräfenhainichen und Bad Schmiedeberg vom 01.06.2015 bis 30.06.2015 ausgelegt. Die Auslegung wurde zuvor im Amtsblatt der Stadt Raguhn-Jeßnitz vom 29.05.2015, in den Bekanntmachungskästen der Stadt Gräfenhainichen durch Aushang vom 11.05.2015 bis 01.07.2015 und in den Bekanntmachungskästen der Stadt Bad Schmiedeberg durch Aushang vom 13.05.2015 bis 28.05.2015 bekannt gemacht. Zusätzlich wurden nicht ortsansässige Grundstückseigentümer, so auch die damalige Grundstückseigentümerin (F.), mit Schreiben vom 11.05.2015 unter Beilegung des Bekanntmachungstextes über die Auslegung benachrichtigt.

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Mit Schreiben vom 25.11.2015 erhoben die früheren Eigentümer, Herr (H.), und Frau (F.), Einwendungen gegen das Vorhaben. Sie trugen vor: Baumbestand und Grünflächen würden komplett in Mitleidenschaft gezogen, das Gesamtbild werde verschlechtert. Der Standort des Mastes sei nicht abgestimmt worden, weil auf dem Gelände verschiedene Baumaßnahmen ergriffen würden. Im Zuge der Umstrukturierung sei eine kurzfristige Vermietungsstrategie erarbeitet worden, eine Vermietung in den Flächen erscheine schier unmöglich. Im Rahmen des am 20.05.2016 durchgeführten Erörterungstermins trug Herr (H.) (ergänzend) vor: Sein Grundstück sei früher gewerblich genutzt worden. Die Fläche sei zwar derzeit im Flächennutzungsplan nicht als Gewerbegebiet oder sonstiges Gebiet vorgesehen. Er wolle die Fläche aber mittelfristig entwickeln. Es gebe schon Interessenten, die überlegten, auf dieser Fläche wieder Gewerbe anzusiedeln. Durch das Vorhaben der Beigeladenen könnte eine solche Nutzung eingeschränkt werden.

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Mit Beschluss vom 26.08.2016 stellte der Beklagte den Plan für den Ersatzneubau der Hochspannungsleitung fest. Die Einwände der Rechtsvorgänger des Klägers wies der Beklagte zurück und führte dazu u.a. aus: Auf dem Flurstück werde es über die erforderliche (sicherheitsrelevante) Trassenpflege hinaus zu keinen Holzungen kommen. In den Lageplänen zur Wuchshöhenbeschränkung sei an der Böschung vor Mast 2n eine Gehölzfläche markiert, welche bei unzulässiger Annäherung an die Freileitung im Zuge der jährlichen Trassenpflege eingekürzt werden müsse, aber dennoch erhalten bleibe. Die notwendigen Baustellenzufahrten seien so geplant worden, dass es zu keiner zusätzlichen Holzung auf dem betreffenden Flurstück komme. Zum Schutz des Bodens habe der Vorhabenträger zudem die Auslegung des Bodens mit Wegeplatten angeboten. In diesem Zusammenhang sei das Grundstück als ehemaliges Gewerbe- und Industriegebiet, einschließlich der bisherigen 110 kV-Leitung, vorgezeichnet, so dass die geplanten Baumaßnahmen aus Sicht der Planfeststellungsbehörde keine merkliche Verschlechterung des Gesamtbildes der Anlage zur Folge haben würden. Gleichsam unerheblich sei das Vorbringen, der Standort des Mastes 1n sei nicht abgestimmt worden. Der Mast 1n werde um ca. 12 m verschoben. Mast 2n werde standortgerecht gegründet. Durch die Verschiebung trete keine Vergrößerung des Schutzstreifens ein. Die entgegenstehende und ggf. im Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigende Planung von Baumaßnahmen seitens der Einwender habe im Anhörungsverfahren inhaltlich nicht weiter aufgeklärt werden können. Der diesbezügliche Vortrag sei nicht hinreichend substantiiert. Solange ein Mindestabstand zu den stromführenden Kabeln der Freileitung eingehalten werde, stünden die darunterliegenden Flächen weiterhin der Ansiedlung von Gewerbe offen, zumal die Freileitung in der Ortschaft Möhlau auch Gärten und Wohngrundstücke in zulässiger Art und Weise überspanne. Ebenso bedinge die Realisierung des Vorhabens keine Zerschneidung vorhandener Wirtschaftswege auf dem Grundstück. Das Vorhaben lasse die Vermietung von Flächen weiterhin grundsätzlich zu. Nach der am 17.06.1999 abgeschlossenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sei der Vorhabenträger berechtigt, auf den Grundstücken in einem Schutzstreifen elektrische Leitungen nebst Zubehör auf einem Gestänge zu führen, die dafür erforderlichen Masten nebst Zubehör aufzustellen und die Grundstücke zum Zwecke des Bauens, des Betriebes und der Unterhaltung (einschließlich altersbedingter Erneuerung) der Leitungen jederzeit zu benutzen, zu betreten und zu befahren. Das Grundstück habe eine Gesamtgröße von 73.093 m². Die geplante Inanspruchnahme betreffe eine Fläche von 72 m² für den Bau der zwei Masten, eine Fläche von 675 m² für Kabel unter Schutzstreifenfläche sowie eine Fläche von 14.851 m² für den Schutzstreifen der Freileitung selbst. Für die momentan bestehende Freileitung würde eine Fläche von 74 m² für die Maststandorte und eine Fläche von 14.907 m² für den Schutzstreifen benötigt. Im Rahmen der Planänderung sei zur Reduzierung der notwendigen Flächeninanspruchnahme auf dem Flurstück 6/7 der Kabelaufführungsmast 1n überplant und die technische Ausprägung der Kabelaufführung verändert worden. Die Kabelendanlage werde danach auf einer zusätzlichen Traverse montiert und belege daher keine Grundstücksfläche mehr. Somit verringere sich die für die Kabelverlegung in Anspruch zu nehmende Fläche um 104 m². Folglich entfalle auch die bisher notwendige Einzäunung des Mastes inklusive Kabelaufführungsanlage. Gleichzeitig komme der Vorhabenträger damit auch dem Minimierungsgebot nach und beschränke die Inanspruchnahme fremder Grundstücke auf das technisch mögliche Minimum. Die verbleibende Inanspruchnahme des Grundstücks sei für die Umsetzung des Vorhabens erforderlich. Eine weniger belastende, aber gleich wirksame Maßnahme sei nicht ersichtlich. Die bauzeitliche und dauerhafte Beeinträchtigung privater Eigentumsrechte sei als gewichtiger Belang in der Abwägung berücksichtigt.

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Der Planfeststellungsbeschluss wurde den Bevollmächtigten der Voreigentümer des klägerischen Grundstücks am 11. bzw. 12.10.2016 zugestellt. Er wurde zudem in den Stadtverwaltungen der Städte Raguhn-Jeßnitz, Gräfenhainichen und Bad Schmiedeberg in der Zeit vom 01.11.2016 bis 14.11.2016 ausgelegt. Die Auslegung wurde im Amtsblatt der Stadt Raguhn-Jeßnitz vom 28.10.2016, durch Aushang in den Bekanntmachungskästen der Stadt Gräfenhainichen vom 10.10.2016 bis 15.11.2016 sowie durch Aushang in den Bekanntmachungskästen der Stadt Bad Schmiedeberg in der Zeit vom 11.10.2016 bis 19.11.2016 bekannt gemacht.

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Am 14.11.2016 hat der Kläger Klage erhoben und diese mit am 20.12.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 19.12.2016 wie folgt begründet:

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Er sei in seinem Eigentumsrecht aus Art 14 GG verletzt. Andere mögliche Trassenvarianten gerade im Bereich seines Grundstücks, die eine geringere Betroffenheit seines Grundstücks zur Folge gehabt hätten, seien nicht in die Abwägung einbezogen und geprüft worden. Sein Grundstück werde durch die geplante Stromtrasse diagonal durchschnitten, so dass die Trassenführung die längst mögliche auf seinem Grundstück sei. Dabei sei zu bedenken, dass die Inanspruchnahme nicht nur lediglich durch die relativ geringe tatsächliche Beanspruchung von Grundstücksfläche für die ausstehenden Strommasten erfolge, sondern sich eine weitaus weitergreifende Einschränkung aus den zwischen den Masten gespannten Hochspannungsleitung und den zu diesen zu beachtenden Schutzabständen ergebe. Mit Blick auf die in den Planungsunterlagen angegebene Spannweite der Freileitungen von jeweils 21 m rechts und links sei ein Korridor von 50 m in der Breite über die gesamte Diagonale des Flurstücks freizuhalten, die in dem Korridor liegenden Flächen seien daher nur eingeschränkt nutzbar. Eine vergleichende Gegenüberstellung von Trassenvarianten sei unterblieben. Insbesondere sei nicht die Möglichkeit der Bündelung der in Rede stehenden Trasse mit den sonst im Gebiet bereits vorhandenen Trassen erwogen worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die zu transportierenden Stromkapazitäten in dem in Rede stehenden Streckenabschnitt nicht auch über bereits vorhandene Trassen zusätzlich hätten abgewickelt werden können oder ob ggf. durch Neuerrichtung entsprechend erweiterter Stromleitungsanlagen auf einem bisher vorhandenen Trassenverlauf die in Rede stehende Trasse mit einer anderen, etwas nördlich verlaufenden Trasse hätte gebündelt werden können, um auf diese Weise eine zusätzliche Belastung von Grundstücksflächen auszuschließen bzw. zu minimieren.

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Die Betroffenheit in seinem Eigentumsrecht verdeutliche sich vor dem Hintergrund, dass er eine zeitnahe wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks dergestalt plane, dass die gesamte Grundstücksfläche Gewerbetreibenden zur Pacht angeboten werden solle. In den Blick genommen würden dabei Gewerbe der Deponie und Lagerung von Baustoffen, Reststoffen, Werkstoffen oder etwa Abfällen. Gerade der Betrieb eines solchen Gewerbes mache den Betrieb von Transportmaschinen verschiedener Art unabdingbar. In den Blick zu nehmen seien dabei Kräne, die dazu dienen könnten, an- und abliefernde Lastkraftwagen mit den jeweiligen Stoffen zu be- bzw. entladen oder je nach Bedarf die gelagerten Stoffe umzulagern, zu sortieren oder zu stapeln. Eine solche Krannutzung sei auf großen Teilflächen seines Grundstücks mit Blick auf die Hochspannungsleitung und die darüber hinaus einzuhaltenden Sicherheitsbereiche tatsächlich bzw. aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Wegen des diagonalen Leitungsverlaufs über die gesamte Grundstückslänge seien auch die verbleibenden Teilflächen mit Blick auf die geplanten Nutzungsvarianten ohne wirtschaftlichen Wert.

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Der Kläger beantragt,

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den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 26. August 2016 aufzuheben,

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er erwidert: Soweit der Kläger eine fehlende Planrechtfertigung beanstande, sei er mit diesem Vorbringen gemäß § 43a EnWG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen, da hierzu weder der Kläger noch die Voreigentümer im Verfahren Einwendungen erhoben hätten. Unabhängig davon sei eine Planrechtfertigung gegeben. Nach § 11 Abs. 1 EnWG seien Betreiber von Energieversorgungsnetzen verpflichtet, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz zu betreiben, zu warten und bedarfsgerecht auszubauen. Nach dem EEG müsse der Betreiber Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig an das Netz anschließen, den gesamten erzeugten Strom vorrangig abnehmen, übertragen und verteilen und bei Nichtabnahme entschädigen. Das Vorhaben auf dem streitigen Netzabschnitt diene der Absicherung der Versorgungssicherheit und Abwendung von Übertragungsengpässen.

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Er habe sich ohne Rechtsfehler für den geplanten Trassenverlauf entschieden. Unabhängig davon, ob der Kläger (auch) mit seinem diesbezüglichen Vortrag ausgeschlossen sei, sei dieser in der Sache zurückzuweisen. Mit dem Ersatzneubau werde gerade das Ziel verfolgt, die vorhandene Trasse mit einer weiteren bereits existierenden Trasse zu bündeln. Das Vorhaben umfasse die Anpassung der 110 kV-Freileitung an die nunmehr erforderlichen größeren Leitungsquerschnitte, verursacht durch die größeren Energieeinspeisungen u.a. von Windkraftanlagen. Dem Gesichtspunkt der Trassenbündelung komme besondere Bedeutung zu, da diese, wie die Nutzung des bereits vorhandenen Leitungskorridors und der vorbelasteten Flächen, die Natur und Landschaft am wenigsten belasteten. Als Eigentümer eines zu Zwecken der öffentlichen Energieversorgung vorbelasteten Grundstücks habe der Kläger keinen Anspruch auf eine aus seiner Sicht "gerechtere Lastenverteilung". Es stelle eine sachgerechte Auswahlentscheidung dar, wenn bei der Trassenwahl bereits in der Vergangenheit vorhandene Belastungen erneuert oder verstärkt und weitere Eingriffe in Natur und Landschaft vermieden werden. Das vom Kläger erworbene Grundstück sei seit dem 03.09.1999 rechtlich in Form einer zugunsten der (M) Aktiengesellschaft im Grundbuch eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und tatsächlich mit der vorhandenen Freileitung vorbelastet. Diese Einschränkungen seien bereits zum Zeitpunkt des Grunderwerbs durch den Kläger vorhanden gewesen. Weitere Varianten der Leitungsverbindung vom Umspannwerk Marke zur Stammleitung und dem Abzweig Bitterfeld/Mitte seien aufgrund der bisherigen Leitungsführung mit den vorhandenen gesicherten Leitungskorridoren nicht ableitbar. Die Prüfung der Dimensionierung und Ausgestaltung des Vorhabens unter sachgerechter Abwägung der widerstreitenden Interessen hätten es nicht geboten, eine großräumige vollständige Neutrassierung in die Abwägung einzustellen. Entgegen der Auffassung des Klägers seien Planungsalternativen geprüft und in die Abwägung eingestellt worden. Eine andere Trassenwahl sei nicht in Betracht gekommen, da sich der Vorhabenträger in der bestehenden Trasse bewege, die Bestandsschutz genieße. Eine sich aufdrängende andere Trassierung sei nicht ersichtlich. Die Standorte der Leitungen und der Maste 1 und 2 seien nachvollziehbar begründet. Die Belastung des Klägers werde durch die Verschiebung des Mastes 1 um 11 m hin zur südlichen Grundstücksgrenze reduziert. Die technische Alternative der Erdverkabelung sei mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43h EnWG auszuschließen gewesen. Die geplante Veränderung bestehe in der Erhöhung des Mastes 1, der Veränderung des Masttyps und die leichte Verschiebung des Trassenschutzstreifens. Das klägerische Grundstück werde in geringerem Umfang in Anspruch genommen als vor dem Ersatzneubau und als ursprünglich geplant. Das Grundstück sei als ehemaliges Gewerbe- und Industriegebiet einschließlich der Überbauung mit der bisherigen 110 kV-Leitung vorgezeichnet, so dass das Bauvorhaben keine wesentliche Verschlechterung mit sich bringe. Durch den Ersatzneubau werde sich die vorgefundene Nutzbarkeit des Grundstücks nicht signifikant ändern. Konkrete Planungen des Klägers oder der Voreigentümer hinsichtlich der Nutzung des Grundstücks seien weder im Einzelnen dargelegt noch nachvollziehbar begründet worden. Inwieweit geplante Vorhaben überhaupt zulassungsfähig seien, sei nicht erkennbar. Die Möglichkeit der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks bleibe trotz der von der Hochspannungsleitung ausgehenden anlage- und betriebsbedingten Wirkungen grundsätzlich im bestehenden Umfang gewährleistet. Im Übrigen betrage an der Stelle des größten Leiterseildurchhanges der Abstand zum Erdboden rund 16,7 m; unter Abzug des Mindestsicherheitsabstandes verbleibe danach eine Arbeitshöhe von 10 m über der Erdbodenoberkante, so dass eine gewerbsmäßige Nutzung bei Einhaltung der Mindestabstände zu den stromführenden Kabeln weiterhin nicht ausgeschlossen sei.

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Die Beigeladene beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, die Klagebefugnis des Klägers sei entfallen, weil er nicht mehr Eigentümer des von der Planfeststellung betroffenen Grundstücks sei und der neue Eigentümer zudem die Eintragung einer geänderten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch bewilligt habe. Im Übrigen schließt er sich den Ausführungen des Beklagten an.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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A. Das Oberverwaltungsgericht ist sachlich zuständig.

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Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht über sämtlich Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) betreffen, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO begründet ist. Eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO ist hier nicht gegeben, insbesondere handelt es sich vorliegend nicht um ein Planfeststellungsverfahren nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG). Gemäß § 1 Abs. 1 EnLAG ist für Vorhaben nach § 43 Satz 1 EnWG im Bereich der Höchstspannungsnetze mit einer Nennspannung von 380 Kilovolt oder mehr, die der Anpassung, Entwicklung und dem Ausbau der Übertragungsnetze zur Einbindung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen, zur Interoperabilität der Elektrizitätsnetze innerhalb der Europäischen Union, zum Anschluss neuer Kraftwerke oder zur Vermeidung struktureller Engpässe im Übertragungsnetz dienen und für die daher ein vordringlicher Bedarf besteht, ein Bedarfsplan diesem Gesetz als Anlage beigefügt. Nach § 1 Abs. 3 EnLAG gilt für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. Zu diesen in der Anlage zum EnLAG aufgezählten Vorhaben zählt das hier in Rede stehende Vorhaben nicht.

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B. Die Klage ist zulässig.

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1. Sie ist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses erhoben worden. Dabei kann dahinstehen, ob die Klagefrist für den Kläger bereits mit Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses an den (damaligen) Prozessbevollmächtigten des Voreigentümers, Herrn (H.), und zugleich jetzigen Prozessbevollmächtigen des Klägers am 12.10.2016 oder – weil der Kläger im Planfeststellungsverfahren keine Einwendungen erhoben hatte – erst mit Ende der Auslegungsfrist und Eintritt der Zustellungsfiktion des § 43b Satz 1 EnWG i.V.m. § 74 Abs. 4 Satz 3 VwVfG am 14.11.2016 zu laufen begann. Selbst wenn sich der Kläger die Zustellung an seinen jetzigen und früheren Prozessbevollmächtigten seines Rechtsvorgängers am 12.10.2016 zurechnen lassen müsste, wäre mit der Klagerhebung am 14.11.2016 die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO gewahrt, weil der 12.11.2016 auf einen Sonnabend fällt mit der Folge, dass die Klagefrist erst am Montag, dem 14.11.2016 ablief (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO).

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2. Der Kläger hat die Klage auch fristgerecht begründet. Gemäß § 43e Abs. 3 Satz 1 EnWG und dem bis zum 01.06.2017 geltenden § 4a Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) hatte der Kläger innerhalb einer Frist von sechs Wochen die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Nach dem seit dem 02.06.2017 geltenden § 6 Satz 1 UmwRG beträgt die Frist nunmehr zehn Wochen. Die Frist beginnt mit Klageerhebung (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.1993 – BVerwG 7 A 14.93 –, juris, RdNr. 47; SächsOVG, Beschl. v. 03.07.2018 – 4 B 335/17 –, juris, RdNr. 12). Da der Kläger die Klagebegründung am 20.12.2016 eingereicht hat, wäre auch die kürzere Frist gewahrt.

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3. Der Kläger ist als – zwischenzeitlicher – Eigentümer eines durch die Planfeststellung unmittelbar betroffenen Grundstücks (Gemarkung (E.), Flur A, Flurstück 6/7) auch klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Im Zeitpunkt der Klageerhebung am 14.11.2016 war er zwar noch nicht als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen, zu seinen Gunsten war lediglich am 28.06.2016 eine Eigentumsübertragungsvormerkung eingetragen. Er hat aber bereits zu diesem Zeitpunkt eine Verletzung von Eigentumsrechten geltend machen können. Eine Klagebefugnis gegen den Planfeststellungsbeschluss vermitteln alle Rechtspositionen, die Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sind und von den enteignungsrechtlichen Vorwirkungen eines Planfeststellungs- oder sonstigen Beschlusses erfasst werden. Diese Voraussetzungen erfüllt regelmäßig ein durch Vormerkung nach § 883 BGB gesicherter Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück ("Auflassungsvormerkung"), ohne dass es darauf ankommt, ob Besitz sowie Nutzungen und Lasten bereits auf den Vormerkungsberechtigten übergegangen sind (BVerwG, Urt. v. 14.11.2012 – BVerwG 9 C 14.11 –, juris). Im Übrigen wurde er am 20.12.2016 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Zwar hat er das Grundstück am 22.01.2018 weiterveräußert, und der Erwerber ist am 26.04.2018 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden. Da aber gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 ZPO die Veräußerung der Sache auf den Prozess keinen Einfluss hat, kann der Veräußerer den Prozess mit eigener Prozessführungsbefugnis, also im eigenen Namen weiterführen; erst mit der Übernahme des Verfahrens durch den Erwerber scheidet er aus dem Prozess aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2015 – BVerwG 4 B 48.15 –, juris, RdNr. 4, m.w.N.). Die Klagebefugnis bleibt erhalten (BVerwG, Beschl. v. 24.02.1999 – BVerwG 7 B 14.99 –, juris, RdNr. 2). Wenn selbst der Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber die Klagebefugnis des Veräußerers nicht entfallen lässt, vermag auch der Umstand, dass der neue Eigentümer des von der Planfeststellung betroffenen Grundstücks die Eintragung einer geänderten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bewilligt hat und die Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen worden ist, an der Prozessführungs- und Klagebefugnis des Veräußerers nichts zu ändern.

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C. Die Klage ist unbegründet.

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Der Planfeststellungsbeschluss lässt keine Rechtsfehler erkennen, die seine Aufhebung oder die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigen.

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Rechtsgrundlage des Planfeststellungsbeschlusses ist § 43 EnWG i.V.m. §§ 72 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Gemäß § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG bedürfen die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Hochspannungsfreileitungen, ausgenommen Bahnstromfernleitungen, mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr, der Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde. Nach § 43 Satz 7 EnWG gelten für das Planfeststellungsverfahren die §§ 72 bis 78 VwVfG nach Maßgabe dieses Gesetzes.

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I. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geht der Senat von folgendem Prüfungsmaßstab aus:

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1. Die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ist unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur innerhalb des Rahmens der vorgetragenen Tatsachen zu prüfen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planaufstellungsverfahren sich der Kläger beschwert fühlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.1995 – BVerwG 4 A 1.93 –, juris, RdNr. 16; OVG NW, Urt. v. 17.11.2017 – 11 D 12/12.AK –, juris, RdNr. 108). Das folgt aus § 43e Abs. 3 Satz 1 EnWG, dem bis zum 01.06.2017 geltenden § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG sowie § 6 Satz 1 UmwRG in der seit dem 02.06.2017 geltenden Fassung. Diese Vorschriften setzen dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs bzw. zehn Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus dem er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.1995, a.a.O.; OVG NW, Urt. v. 17.11.2017, a.a.O.).

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2. Der Senat geht zugunsten des Klägers davon aus, dass er – im Rahmen der von ihm vorgetragenen Tatsachen – einen Anspruch auf umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses hat und nicht lediglich solche Rechtsfehler geltend machen kann, die ihn im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzen.

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Da nach § 45 Abs. 2 Satz 1 EnWG der Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung hat, haben die betroffenen Eigentümer einen Anspruch aus Art. 14 Abs. 1 GG, von einer nicht dem Wohl der Allgemeinheit dienenden, insbesondere nicht gesetzmäßigen Entziehung ihres Grundeigentums verschont zu werden; sie können grundsätzlich eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.07.2010 – BVerwG 7 VR 4.10 –, juris, RdNr. 18, m.w.N.). Dabei genügt es für eine unmittelbare Betroffenheit eines Grundstückseigentümers, wenn das Grundstück (teilweise) mit einer Dienstbarkeit belastet werden soll (BVerwG, Urt. v. 28.04.2016 – BVerwG 9 A 14.15 –, juris, RdNr. 15; Beschl. v. 23.01.2015 – BVerwG 7 VR 6.14 –, NVwZ-RR 2015, 250 [251], RdNr. 11).

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Zwar wurde das Grundstück des Klägers bereits durch die bisher vorhandene 110 kV-Freileitung in vergleichbarem Umfang in Anspruch genommen, und diese Inanspruchnahme war auch bereits durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Leitungsrecht) für die (M) AG (M-AG) vom 03.09.1999 dinglich gesichert. Ein Vollüberprüfungsanspruch kann dann ausscheiden, wenn bereits bestehende Dienstbarkeiten zivilrechtlich die Inanspruchnahme des betroffenen Grundstücken für das Vorhaben erlauben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.07.2010 – BVerwG 7 VR 4.10 –, juris, RdNr. 18). Das bestehende Leitungsrecht dürfte aber nicht ausgereicht haben, um den Ersatzneubau der Hochspannungsleitung dinglich abzusichern. Der Umstand, dass am 07.11.2018 eine neue besondere persönliche Dienstbarkeit (Leitungs- und Anlagenrecht Kabelstrecke, Nutzungsrecht, Wegerecht, Nutzungsbeschränkung) für die … (N) AG im Grundbuch eingetragen wurde, spricht dafür, dass das bereits bestehende dinglich gesicherte Leitungsrecht nicht ausreichte, um den planfestgestellten Ersatzneubau zu errichten und zu betreiben.

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3. Soweit der Kläger erst im gerichtlichen Verfahren Einwendungen erhoben hat, ist er damit nicht präkludiert.

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Nach der gemäß § 43a Satz 1 EnWG anzuwendenden Vorschrift des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG kann jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG sind mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen.

39

Die Vorschrift findet jedoch gemäß § 7 Abs. 4 UmwRG im Rechtsbehelfsverfahren gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 2 b UmwRG, auch in den Fällen des Absatzes 8, keine Anwendung. Eine solche Entscheidung ist Gegenstand der vorliegenden Klage. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a UmwRG ist dieses Gesetz anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Insoweit genügt es, wenn nach dem UVPG eine (allgemeine oder standortbezogene) Vorprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.06.2017 – BVerwG 9 A 8.16 –, juris, RdNr. 5). Bei dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss ist dies der Fall. Nach Nr. 19.1.3 der Anlage 1 zum UVPG bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von 5 km bis 15 km und mit einer Netzspannung von 110 kV oder mehr der allgemeinen Vorprüfung. § 7 Abs. 4 UmwRG gilt nach der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG für (sämtliche) Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG, die nach dem 25.06.2005 ergangen sind oder hätten ergehen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.2017 – BVerwG 4 C 6.16 –, juris, RdNr. 9; Urt. v. 14.03.2018 – BVerwG 4 C 5.17 –, juris, RdNr. 18), mithin auch für den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss.

40

II. Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabes, hält der Planfeststellungsbeschluss einer rechtlichen Prüfung stand.

41

1. Es sind keine Verfahrensfehler vorgetragen, die zum Erfolg der Klage führen könnten. Insbesondere hat der Kläger keine Bekanntmachungsmängel geltend gemacht.

42

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt auch keine materiell-rechtlichen Fehler erkennen.

43

a) Soweit der Klagebegründung die Rüge zu entnehmen sein sollte, es fehle an der erforderlichen Planrechtfertigung, vermag der Kläger damit nicht durchzudringen.

44

Die Planrechtfertigung ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung. Es ist erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemäß den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern schon dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.07.2017 – BVerwG 9 B 49.16 –, juris, RdNr. 4, m.w.N.).

45

Das Vorhaben der Beigeladenen ist gemessen an dem nach § 1 EnWG anzustrebenden Ziel einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität „vernünftigerweise geboten“. In Abschnitt IV der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (Seite 86 ff.), hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass das Vorhaben erforderlich ist, weil die vorhandene 110-kV-Leitung an ihre Kapazitätsgrenzen angelangt ist und eine Erhöhung der Kapazität mit Blick auf eine zunehmende Nutzung der Windenergie geboten erscheint. Der Kläger hat die Planrechtfertigung auch nicht näher in Frage gestellt.

46

b) Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an den vom Kläger geltend gemachten Abwägungsmängeln.

47

Gemäß § 43 Satz 4 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

48

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – BVerwG 4 A 9.04 –, juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.

49

aa) Zu den abwägungserheblichen Belangen im Rahmen einer hoheitlichen Planungsentscheidung gehört selbstverständlich und in hervorgehobener Weise das unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Eigentum. Dabei bedeutet die in der Abwägung gebotene Berücksichtigung des Eigentums nicht etwa, dass das Eigentum vor Eingriffen überhaupt geschützt wäre. Vielmehr gilt für das Eigentum nicht anders als für andere abwägungserhebliche Belange, dass es in der Abwägung zugunsten einer durch eine hinreichende Planrechtfertigung gedeckten und mit den Planungsleitsätzen übereinstimmenden Planung zurückgestellt werden kann. Eine solche Zurückstellung ist umso leichter möglich, je weniger gewichtig die betroffene Eigentumsposition und je bedeutsamer die ihr entgegenstehenden planstützenden (öffentlichen oder privaten) Belange sind. Umgekehrt ist die planerische Überwindung von Eigentumspositionen umso schwerer, je gewichtiger die betroffene Position ist und je schwerer der Eingriff in sie wiegt (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 23.01.1981 – BVerwG 4 C 4.78 –, juris, RdNr. 32, m.w.N.).

50

Die vom Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss unter dem Gliederungspunkt "14.2.1 Gesamtergebnis – private Belange – Eigentum" (S. 142 ff.) eine (Gesamt-)Abwägung vorgenommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die von den Beteiligten vorgetragenen Argumente gegen die Planung dieser nicht entgegenstehen, und wegen der Einzelheiten hierzu auf die Ausführungen unter Teil C VIII 13.1 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen. Dort (S. 137 ff. PFB) hat er sich mit den Einwendungen der Voreigentümer des in Rede stehenden Flurstücks 6/7 auseinandergesetzt. Dabei hat der Beklagte zu Recht berücksichtigt, dass das Grundstück durch die bisher bestehende Hochspannungsleitung tatsächlich und durch bestehende Leitungsrechte rechtlich vorbelastet ist. Vorbelastungen prägen in ihrem Einwirkungsbereich liegende Grundstücke und mindern im Grundsatz ihre Schutzwürdigkeit. Eine Grenze der Berücksichtigung von Vorbelastungen wird erst durch rechtswidrige Eigentums- und Gesundheitsbeeinträchtigungen gezogen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.07.2010 – BVerwG 7 VR 4.10 –, juris, RdNr. 38; Urt. v. 28.02.2013 – BVerwG 7 VR 13.12 –, juris, RdNr. 21, m.w.N.). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Dabei durfte der Beklagte auch in Rechnung stellen, dass das Grundstück auch durch gewerbliche/industrielle Nutzung vorgeprägt ist und eine Beeinträchtigung von Wohnqualität jedenfalls auf diesem Grundstück nicht in Rede steht.

51

Der Beklagte hat sich auch hinreichend mit dem Einwand auseinandergesetzt, dass die gewerbliche Nutzung durch die Hochspannungsleitung (weiterhin) eingeschränkt wird. Er durfte dabei in Rechnung stellen, dass von den (früheren) Grundstückseigentümern ins Feld geführte Planungen nicht näher konkretisiert wurden und im Übrigen eine bauliche Nutzung des 73.093 m² großen Grundstücks weiterhin möglich bleibt und auch unter den stromführenden Leitungen bei Einhaltung des gebotenen Mindestabstandes eine Nutzung des Grundstücks möglich ist. Die erst im Klageverfahren vorgebrachten Details zur beabsichtigten Nutzung (Verwendung eines Krans) konnte der Beklagte bei seiner Abwägung naturgemäß nicht berücksichtigen. Für die gerichtliche Überprüfung einer Entscheidung nach dem Maßstab des Abwägungsgebots kommt es (im Grundsatz) auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung an (BVerwG, Beschl. v. 08.05.2008 – BVerwG 4 B 3.08 –, juris, RdNr. 4, m.w.N.; Beschl. v. 09.05.1989 – BVerwG 7 B 185.88 –, juris RdNr. 3).

52

bb) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss weist auch in Bezug auf in Betracht kommende Planungsvarianten keinen Abwägungsmangel auf.

53

(1) Der Beklagte hat zunächst geprüft, ob eine "Nullvariante" in Betracht kommt (vgl. S. 115 PFB), dies aber mit der Begründung verneint, dass der betroffene Leitungsabschnitt überaltert sei und selbst bei Schwachlast einen Übertragungsengpass darstelle. Eine Sanierung bzw. Aufrüstung der bestehenden Leitung sei nicht möglich, da die statische Belastbarkeit des vorhandenen Gestänges nicht gegeben sei. Dies lässt keinen Fehler erkennen. Im Übrigen wäre der Kläger mit der "Nullvariante" in vergleichbarer Weise belastet wie durch die erneuerte Hochspannungsleitung.

54

(2) Der Beklagte hat ferner geprüft, ob die Verlegung eines Erdkabels anstelle einer Freileitung in Betracht kommt, und auch diese Variante mit tragfähigen Erwägungen verworfen.

55

Zutreffend ist er zunächst davon ausgegangen (S. 115 f. PFB), dass die Vorschrift des § 43h EnWG hier keine Anwendung findet. Danach sind Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 KV oder weniger als Erdkabel auszuführen, soweit die Gesamtkosten für Errichtung und Betrieb des Erdkabels die Gesamtkosten der technisch vergleichbaren Freileitung den Faktor 2,75 nicht überschreiten und naturschutzfachliche Belange nicht entgegenstehen; die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde kann auf Antrag des Vorhabenträgers die Errichtung als Freileitung zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Vorliegend handelt es sich gerade nicht um eine "neue Trasse" im Sinne dieser Regelung, sondern um einen Ersatzneubau auf einer bestehenden Trasse (vgl. OVG NW, Urt. v. 06.09.2013 – 11 D 118/10.AK –, juris, RdNr. 143).

56

Im Übrigen hat der Beklagte die Verlegung eines Erdkabels, wie sie von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz vorgeschlagen wurde, mit nicht zu beanstandenden Erwägungen verworfen (vgl. Punkt C VIII 12.10, S. 132 ff. PFB). Er hat insbesondere darauf abgehoben, dass ein Erdkabel zwar im Betrieb weniger in das Landschaftsbild eingreifen würde, die Schutzgüter Biotope, Boden und Wasser allerdings durch die Erderwärmung und den Eingriff durch Kabelgraben und Schutzstreifen mindestens ebenso belastet seien. Im Zuge der Verlegung eines Erdkabels würden im Vergleich zur Freileitung erheblich stärkere Eingriffe in Grund und Boden, Natur und Landschaft sowie aufwändigere Kreuzungsbauwerke notwendig sein, insbesondere da das Vorhaben das Welterbegebiet Dessau-Wörlitz quere. Aus Wartungsgründen müsste zudem jede Stelle des Kabels mit schwerem Gerät angefahren werden können. Außerdem wären für den gesamten Trassenverlauf die Grunddienstbarkeiten und Leitungsrechte zu erneuern, da sich die bestehenden Rechte nur auf die Anfrage als Freileitung bezögen und nicht übertragbar seien. Im Falle von Störungen seien diese bei Freileitungen oft in wenigen Stunden behebbar. Bei Erdarbeiten könne die Reparatur aufgrund des unverhältnismäßig großen Aufwandes regelmäßig Wochen dauern. Im Falle einer Erdverkabelung könne das Netz zudem nicht als gelöschtes Netz betrieben werden, was auftretende Erdschlüsse zur Folge hätte, die zur Abschaltung des Netzes führen würden. Insoweit wären auch die vom Vorhabenträger zu garantierende Stabilität und Sicherheit des Netzes nicht mehr gewährleistet. Auch im Hinblick auf die elektromagnetische Verträglichkeit sei einer Erdverkabelung kein zwingender Vorzug zu geben. Zwar wiesen Erdkabel kein äußeres elektrisches Feld auf, da die anliegende Spannung vollständig über der inneren Isolation des Kabels abgebaut werde, die elektrische Feldstärke, die von der Freileitung ausgehe, liege aber deutlich unterhalb der gesetzlich zulässigen Werte. Hinsichtlich der magnetischen Flussdichte bestünden zwischen Erdkabel und Freileitung nur geringe Unterschiede, wobei auch hier beide Werte deutlich die zulässigen Grenzwerte unterschritten.

57

(3) Die Abwägung erweist sich auch in Bezug auf die Trassenwahl nicht als abwägungsfehlerhaft.

58

Die Auswahl unter verschiedenen in Frage kommenden Trassenvarianten ist ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Sie ist gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin (§ 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG) zugänglich. Eine Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer "besseren" Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. Läuft eine Variante auf ein anderes Projekt hinaus, kann von einer Alternative nicht mehr gesprochen werden. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Ernsthaft in Betracht kommende Trassenalternativen müssen allerdings untersucht und im Verhältnis zueinander gewichtet werden; die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – BVerwG 4 A 4.15 –, juris, RdNr. 32, m.w.N.).

59

Gemessen daran lässt die Entscheidung des Beklagten, die neue Hochspannungsleitung auf der bestehenden Trasse zu verlegen, keine Abwägungsmängel erkennen. Er durfte als gewichtigen Belang berücksichtigen, dass die betroffenen Grundstücke, insbesondere auch das Grundstück des Klägers durch die bestehende Leitung bereits vorbelastet sind.

60

Zwar entfällt eine plangegebene Vorbelastung eines Grundstückseigentümers und seiner Belange mit einem planfestgestellten Rückbau der Bestandsleitungen und kann ihr deswegen im Rahmen der Abwägung nicht entgegengehalten werden. Das schließt aber wegen der Situationsgebundenheit der betroffenen Grundstücke die Berücksichtigung der tatsächlichen Vorbelastung durch Bestandstrassen nicht aus. Denn Bau- und Nutzungsverhalten der betroffenen Grundstückseigentümer haben sich ebenso wie die Verkehrsanschauung und der Verkehrswert auf das Vorhandensein der Bestandstrasse eingestellt. Die dadurch bewirkte tatsächliche Gebietsprägung entfällt nicht durch die Veränderung der rechtlichen Situation. Deswegen ist die Planfeststellungsbehörde nicht gehindert, bei der Variantenauswahl an diesen noch fortdauernden Umstand anzuknüpfen, und es ist nicht zu beanstanden, dass sich in der energieleitungsrechtlichen Praxis entsprechende Trassierungsvorgaben herausgebildet haben. Hierzu gehören das sogenannte Bündelungsgebot, wonach mehrere lineare Infrastrukturen, z.B. Straßen, Schienenwege oder Energieleitungen, möglichst parallel zu führen sind, und das Gebot der Nutzung bestehender Trassen, wonach der Ausbau des Netzes unter Nutzung vorhandener Trassenräume grundsätzlich Vorrang hat vor dem Neubau von Leitungen auf neuen Trassen. Denn eine vollkommene Neutrassierung würde Konflikte nur verlagern, neue Konflikte schaffen und, da Einwirkungen der bisherigen Trasse in Natur und Landschaft auch nach deren Abbau zumindest eine geraume Zeit fortwirken, in gewissem Umfang verdoppeln. Diese Trassierungsvorgaben sind im Rahmen der Abwägung mit dem ihnen im konkreten Fall zukommenden Gewicht zu berücksichtigen, genießen aber nicht per se Vorrang vor anderen öffentlichen oder privaten Belangen. Sie gelten zudem nicht einschränkungslos. Ist die zusätzliche Belastung durch die Änderung der Nutzung einer bestehenden Trasse erheblich größer als die Neubelastung durch eine bislang nicht genutzte Trasse, greifen sie ebenso wenig wie im Fall, dass die zu erwartenden Einwirkungen rechtswidrige Eigentums- und Gesundheitsbeeinträchtigungen darstellen (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 15.12.2016, a.a.O., RdNr. 35, m.w.N.).

61

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, die bereits bestehende Trasse beizubehalten, nicht zu beanstanden. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass durch den Ersatzneubau eine zusätzliche Belastung entsteht, die erheblich größer wäre als die Neubelastung durch eine bislang nicht genutzte Trasse. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die zu erwartenden Einwirkungen rechtswidrige Eigentums- und Gesundheitsbeeinträchtigungen darstellen. Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine Bedenken daran, dass der Beklagte andere Trassenverläufe allein mit der Begründung ausgeschlossen hat, die Leitungsverbindung zum Umspannwerk Marke zum verbleibenden Mast 29 der Stammleitung und zum Abzweig Bitterfeld/Mitte müsse über den vorhandenen und gesicherten Leitungskorridor als Ersatzneubau erfolgen und weitere Varianten seien nicht ableitbar (S. 116 PFB).

62

Ohne Erfolg rügt der Kläger, es sei nicht geprüft und ausgeschlossen worden, dass die zu transportierenden Stromkapazitäten in dem in Rede stehenden Streckenabschnitt auch über bereits vorhandene Trassen zusätzlich hätte abgewickelt werden können oder ggf. durch Neuerrichtung entsprechend erweiterter Stromleitungsanlagen auf einem bisher vorhandenen Trassenverlauf die in Rede stehende Trasse mit einer anderen, etwas nördlich verlaufenden Trasse hätte gebündelt werden können, um auf diese Weise eine zusätzliche Belastung von Grundstücksflächen auszuschließen bzw. zu minimieren. Da die früheren Grundstückseigentümer dies im Planfeststellungsverfahren nicht vorgetragen haben, könnte der Verzicht auf die Prüfung einer solchen Variante nur dann abwägungsfehlerhaft sein, wenn sich diese Variante dem Beklagten hätte aufdrängen müssen. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung – auch anhand von Lichtbildern – nachvollziehbar erläutert, dass die vom Kläger ins Feld geführte Bündelung mit anderen Freileitungen aus technischen Gründen, insbesondere wegen zu geringer Abstände der Leitungen zueinander, nicht umsetzbar wäre. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob eine solche Bündelung mit anderen bestehenden Freileitungen weiter nördlich letztlich auf ein anderes Projekt hinausliefe, so dass von einer Variante nicht mehr gesprochen werden könnte.

63

D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

64

E. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

65

F. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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