Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 5 K 1696/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger begehrt im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens die Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Berufsqualifikation als Arzt.
3Der am 00.00.0000 in ………………… geborene Kläger ist Staatsangehöriger Saudi-Arabiens. Er schloss das 2003 an der King Abdulaziz Universität in Jeddah begonnene Studium der Humanmedizin im Jahr 2009 mit dem Bachelor in Medizin und Chirurgie (MBBS) ab und absolvierte vom 1. August 2009 bis 31. Juli 2010 ein Praktikumsjahr. Nach der von der saudischen Kommission für Fachgebiete im Gesundheitswesen ausgestellten Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 27. Dezember 2010 ist der Kläger seit dem 17. Oktober 2010 bei der Kommission registriert und berechtigt im Königreich Saudi-Arabien als Allgemeinmediziner zu praktizieren.
4Am 25. Februar 2011 reiste der Kläger mit einem Visum zum Zwecke der Absolvierung eines Sprachkurses mit anschließender Weiterbildung in die Bundesrepublik Deutschland ein. Unter dem 7. November 2011, eingegangen am 18. November 2011 beantragte er über die saudische Botschaft bei der Bezirksregierung Köln die Erteilung der Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs für eine sechsjährige medizinische Facharztausbildung auf dem Gebiet der "Plastischen und Ästhetischen Chirurgie" an der Universitätsklinik………, Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie (im Folgenden: Klinik für Plastische Chirurgie) bei Prof. Dr. Dr……….. Die saudische Botschaft bescheinigte am 10. November 2011, dass der Kläger bis zum Abschluss seiner medizinischen Weiterbildung zum Facharzt der Plastischen Chirurgie ein monatliches Stipendium in Höhe von ca. 1.804,47 € sowie einmal jährlich ein Rückflugticket erhalte; darüber hinaus erklärte sie die Kostenübernahme für eventuelle medizinische/zahnmedizinische Behandlungen in Deutschland. Dem Antrag waren u.a. beigefügt:
5- eine Bescheinigung des Direktors der Klinik für Plastische Chirurgie vom 4. November 2010, in der die Bereitschaft erklärt wird, den Kläger für eine Weiterbildung auf dem Gebiet der Plastischen Chirurgie aufzunehmen; die Ausbildung umfasse nach der Weiterbildungsordnung sechs Jahre und sei zunächst für die Dauer eines Jahres vereinbart, vorausgesetzt sei die Gewährung eines Stipendiums und gute deutsche Sprachkenntnisse; im Übrigen würden für die Facharztausbildung einschließlich der akademischen Fortbildungsveranstaltungen 30.000,-- € als jährliche Vorauszahlung in Rechnung gestellt;
6- eine Bescheinigung des saudischen Ministeriums für Gesundheit vom 23. November 2010, wonach Saudi-Arabien Bedarf an qualifizierten praktischen Ärzten auf dem Gebiet der Plastischen Chirurgie habe und der Kläger gegenüber der Regierung des Landes schriftlich versichert habe, dass er nach Beendigung der Ausbildung in Deutschland nach Saudi-Arabien zurückkehren werde und beabsichtige, Medizin im gesuchten Fachgebiet zu praktizieren.
7Zu seiner Ausbildung im Heimatland legte der Kläger folgende Urkunden mit deutscher Übersetzung vor:
8- Studienabschlusszeugnis vom 10. August 2010,
9- Praktikumszeugnis vom 1. August 2010,
10- Notenübersicht/Transcript des Dekanats für Zulassung und Einschreibung der King Abdulaziz Universität, ausgedruckt am 10. August 2010.
11Mit Bescheid vom 2. Februar 2012 erteilte die - vormals zuständige - Bezirksregierung Köln die beantragte Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs gemäß § 10 der Bundesärzteordnung, beschränkt auf eine nicht selbstständige und nicht leitende Tätigkeit unter Aufsicht, Anleitung und Verantwortung einer approbierten Ärztin oder eines approbierten Arztes zum Zwecke der Weiterbildung im Universitätsklinikum…….., Klinik für Plastische Chirurgie für die Zeit vom 2. Februar 2012 bis zum 1. Februar 2014. Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 verlängerte die Bezirksregierung Köln die erteilte Berufserlaubnis bis zum 1. Februar 2016.
12Unter dem 27. November 2014 beantragte der Kläger bei der Bezirksregierung Köln die Erteilung der ärztlichen Approbation. Als beabsichtigten Tätigkeitsort nannte der Kläger die Klinik für Plastische Chirurgie der……..; er versicherte bei keiner anderen Behörde in der Bundesrepublik einen Approbationsantrag gestellt zu haben. Neben den bereits zum Antrag auf vorläufige Berufserlaubnis eingereichten Unterlagen legte der Kläger u.a. vor
13- ein Zwischenzeugnis des Direktors der Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie vom 10. November 2014
14sowie folgende undatierte arabische Urkunden:
15- eine Bescheinigung der King Abdulazis Universität, wonach der Kläger seinen Abschluss an der Medizinischen Fakultät erworben habe, nachdem er 14 Semester studiert und danach das einjährige Praktikum absolviert habe; daher sei der "Studiengang ausführlich mit den Kontaktstunden für jedes besuchte Fach" im anliegenden Curriculum aufgeführt,
16- Curriculum, das die absolvierten Kursnummern, den Kursnamen, teilweise mit Untergliederungen und die Stundenzahl (Theorie/Praxis/Gesamt) für die Studienjahre eins bis sechs ausweist,
17- eine Bescheinigung der King Abdulazis Universität zum praktischen Jahr, das die klinischen Teilgebiete mit den absolvierten Monaten bzw. Stunden benennt.
18Da verschiedene Unterlagen nicht in der vorgeschriebenen Form eingereicht worden waren, erteilte die Bezirksregierung mit Mail vom 19. Dezember 2014 Hinweise zur erforderlichen amtlichen Beglaubigung sowie zur Einreichung fremdsprachiger Dokumente.
19Der von der Bezirksregierung Köln nach Vorlage der Unterlagen in korrekter Form mit der Prüfung der Gleichwertigkeit der Ausbildung des Klägers beauftragte Gutachter Prof. Dr………., TU Berlin kommt in seinem Gutachten vom 12. Februar 2015 zum Ergebnis, dass das Studium des Klägers einem deutschen Medizinstudium zwar im grundsätzlichen Aufbau entspreche; es sei diesem auch in der theoretischen, nicht aber in der klinischen Ausbildung äquivalent. Aus dem klinischen Studienabschnitt lägen keine oder nur ungenügende Nachweise vor für die Scheine:
20- Allgemeinmedizin
21- Anästhesiologie
22- Dermatologie, Venerologie
23- Klinische Chemie, Laboratoriumsdiagnostik
24- Neurologie
25- Psychiatrie und Psychotherapie
26- psychosomatische Medizin und Psychotherapie
27Querschnittsbereiche
28- Infektiologie, Immunologie
29- Klinische Umweltmedizin
30- Medizin des Alterns und des alten Menschen
31- Notfallmedizin
32- Klinische Pharmakologie/Parmakotherapie
33- Prävention, Gesundheitsförderung
34- Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilverfahren
35- Palliativmedizin
36- Klinisch pathologische Konferenz.
37Die Scheine klinisch pathologische Konferenz, Anästhesiologie und Notfallmedizin seien durch die - in Deutschland ausgeübte - ärztliche Tätigkeit ausgeglichen worden; die restlichen fehlenden Scheine stellten klinisch relevante Defizite dar, so dass die Ausbildung des Klägers nicht gleichwertig sei und die Approbation erst nach erfolgreicher Absolvierung einer Kenntnisprüfung erteilt werden könne.
38Auf die mit Schreiben der Bezirksregierung vom 25. Februar 2015 erfolgte Anhörung des Klägers zu den vom Gutachter festgestellten Defiziten erhob der Direktor der Klinik für plastische Chirurgie Prof. Dr. …………unter dem 9. März 2015 "Einspruch gegen das Gutachten". Er verwies u.a. darauf, dass sich in seinem Team aktuell vier weitere Stipendiaten befänden, die alle Absolventen der King Abdulazis Universität in Jeddah seien und deren Ausbildung von der Bezirksregierung Köln als gleichwertig anerkannt worden sei. Die vom Kläger begonnene Weiterbildung umfasse eine Mindestzeit von sechs Jahren, so dass der Kläger noch bis Anfang 2018 an seiner Klinik weiterbeschäftigt werde. Mit Schreiben vom 18. März 2015, gerichtet an den Klinikdirektor verwies die Bezirksregierung darauf, dass es sich bei der Überprüfung der Gleichwertigkeit um Einzelfallentscheidungen handle. Soweit der Kläger deutliche und nachvollziehbare Nachweise seiner Universität übersende, aus denen hervorgehe, dass die als defizitär festgestellten Fächer in ausreichender Stundenzahl gelehrt worden seien, könnten diese Unterlagen dem Gutachter mit der Bitte um Erstellung eines Nachtragsgutachtens übersandt werden.
39Nachdem der Kläger mit Mail vom 14. August 2015 um die Anmeldung zur Fachsprachprüfung sowie um einen Termin für die Kenntnisprüfung gebeten hatte, erließ die Bezirksregierung den mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 17. August 2015, per Postzustellungsurkunde am 19. August 2015 zugestellt mit folgendem Tenor:
40"1. Sie weisen eine abgeschlossene ärztliche Ausbildung nach, die dem Qualifikationsniveau nach Artikel 11 Buchstabe e) der Richtlinie 2005/36/EG zuzuordnen ist und grundsätzlich dem in der Bundesrepublik Deutschland geforderten Niveau entspricht.
412. Die von Ihnen abgeschlossene ärztliche Ausbildung weist im Vergleich zur deutschen ärztlichen Ausbildung wesentliche Unterschiede auf, die nicht durch Berufserfahrung ausgeglichen sind.
423. Die Approbation als Arzt kann Ihnen erst nach erfolgreicher Teilnahme an einer Kenntnisprüfung erteilt werden, die sich auf die Inhalte der staatlichen Abschlussprüfung bezieht."
43In der Begründung wird ausgeführt, dass unter Zugrundelegung der Anforderungen des § 27 der Approbationsordnung für Ärzte keine oder nur ungenügende Nachweise aus dem Studium bzw. anrechenbare Leistungen für folgende Fächer und Querschnittsbereiche erbracht worden seien:
44- Allgemeinmedizin
45- Dermatologie, Venerologie
46- Klinische Chemie, Laboratoriumsdiagnostik
47- Neurologie
48- Psychiatrie und Psychotherapie
49- Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
50- Infektiologie, Immunologie
51- Klinische Umweltmedizin
52- Medizin des Alterns und des alten Menschen
53- Klinische Pharmakologie/Pharmakotherapie
54- Prävention, Gesundheitsförderung
55- Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilverfahren
56- Palliativmedizin.
57Diese festgestellten Defizite beträfen klinisch relevante Fächer, die für die allgemeinärztliche Versorgung unerlässlich und daher als wesentlich einzustufen seien. Ein Ausgleich dieser Defizite durch nachgewiesene Berufserfahrung lasse sich nicht herleiten.
58Die erforderliche Kenntnisprüfung beziehe sich auf die Fächer Innere Medizin und Chirurgie. Die Fragestellungen sollten ergänzend die Aspekte Notfallmedizin, Klinische Pharmakologie/Pharmakotherapie, bildgebende Verfahren, Strahlenschutz und Rechtsfragen der ärztlichen Berufsausübung berücksichtigen.
59Für die Anmeldung zur Kenntnisprüfung seien der in der Anlage beigefügte Antrag auf Teilnahme sowie ein aktueller unterschriebener Lebenslauf vorzulegen.
60Mit Schreiben vom 24. August 2015 übersandte der Kläger nochmals das Curriculum der King Abdulaziz University sowie die Bescheinigung zum praktischen Jahr und bat "um eine erneute, den Umständen und Anforderungen gerechte Prüfung". Er habe zumindest erwartet, dass der Gutachter beim Stundenvergleich des Curriculums etwaige Defizite detailliert darlege und nach Stunden beziffere. Unter dem 27. August 2015 erklärte die Bezirksregierung, dass sie an dem Bescheid festhalte und verwies auf ihr Antwortschreiben vom 18. März 2015 an den Klinikdirektor. Weiter wies sie darauf hin, dass bislang kein unterschriebener Antrag auf Teilnahme an der Kenntnisprüfung vorliege. Unter dem 3. September 2015 stellte der Kläger den Antrag auf Teilnahme an der Kenntnisprüfung. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 teilte die Ärztekammer Nordrhein mit, dass der Kläger am 12. Oktober 2015 die Fachsprachprüfung bestanden habe. Nach Vorlage einer Bescheinigung des Direktors der Klinik für Plastische Chirurgie vom 11. Januar 2016, wonach der Kläger planmäßig im Februar 2018 seine deutsche Facharztprüfung absolvieren sollte, verlängerte die Bezirksregierung mit Bescheid vom 28. Januar 2016 die Berufserlaubnis bis zum 1. Februar 2017.
61Die vom Kläger am 17. Februar 2016 beim Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie bei der Bezirksregierung Düsseldorf absolvierte Kenntnisprüfung wurde mit Bescheid vom 25. Februar 2016 als nicht bestanden bewertet. Die Prüfungskommission nannte als tragende Gründe: "mündlich-praktische Prüfung: Defizite im Fach Chirurgie. Zusätzliche Defizite in sämtlichen Querschnittsbereichen". Bereits zuvor unter dem 22. Februar 2016 hatte der Kläger in einem an das Landesprüfungsamt gerichteten Schreiben bezüglich des Ablaufs des Prüfungstermins Einwendungen erhoben und um eine schriftliche Begründung der Prüfungskommission zum Prüfungsergebnis "nicht bestanden" gebeten. Die Bezirksregierung Köln wertete das Schreiben vom 22. Februar 2016 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Februar 2016 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2016, zugestellt am 15. April 2016 zurück.
62Unter dem 27. Juli 2016 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Teilnahme an der Kenntnisprüfung, die er am 11. Januar 2017 beim Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie bei der Bezirksregierung Düsseldorf ablegte und die mit Bescheid vom 27. Januar 2017 (bei der Jahreszahl 2016 handelt es sich um eine offensichtliche Verschreibung) erneut als nicht bestanden bewertet wurde. Die Prüfungskommission nannte als tragende Gründe: "mündlich-praktische Prüfung: fehlende Kenntnisse in Strahlenschutz, fehlende radiologische und chirurgische Basiskenntnisse, Diagnose und Differentialdiagnose".
63Mit Mail vom 25. April 2017 teilte der Kläger der Bezirksregierung Köln mit, dass er die Kenntnisprüfung in Baden-Württemberg ablegen wolle. Diese erwiderte mit Mail vom 28. April, dass der Kläger dann beim Regierungspräsidium Stuttgart einen Approbationsantrag unter Hinweis auf das Approbationsverfahren in Köln stellen müsse und den Antrag bei der Bezirksregierung Köln schriftlich zurücknehmen solle. Sobald die Aktenanforderung der Approbationsbehörde in Baden-Württemberg vorliege, werde die Akte übersandt.
64Durch eine Mail des Klägers vom 7. Dezember 2017 erfuhr die Bezirksregierung Köln, dass der Kläger bereits unter dem 3. März 2017, eingegangen am 22. Mai 2017 beim Regierungspräsidium Stuttgart - unter Vermittlung der Freiburg International Academy gGmbH - einen Antrag auf Erteilung der Approbation bzw. auf Erteilung der Berufserlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs gestellt hatte. Diesen Antrag nahm der Kläger mit Mail vom 7. Dezember 2017 zurück.
65Mit Mail vom 15. Februar 2018 bat die saudische Botschaft die Bezirksregierung Köln für ihren Stipendiaten um Prüfung, ob die Berufserlaubnis verlängert werden könne oder eine Approbation beantragt werden müsse. Der Kläger könne seine am Uniklinikum ………begonnene Fortbildung dort nicht beenden und wolle an ein anderes Krankenhaus im Regierungsbezirk Köln wechseln. Die Bezirksregierung verwies darauf, dass die Berufserlaubnis zur Durchführung der Weiterbildung bereits seit dem 1. Februar 2017 abgelaufen sei und deshalb eine Verlängerung nicht möglich sei. Weiter informierte sie die Botschaft über den Stand des Approbationsverfahrens.
66Mit Schreiben vom 1. März 2018 stellte der Kläger einen Antrag nach § 51 LVwVfG auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und legte weitere Unterlagen vor. Er führte aus: Die von ihm beigefügten Unterlagen der King Abdulaziz University habe er erst im Februar 2018 erhalten. Er sei darüber informiert worden, dass es ein langer Prozess gewesen sei, diese Dokumente aus den Universitätsabteilungen herauszugeben und vom Dekanat und der Universitätsverwaltung und Registrierung zu unterzeichnen. Er bitte zudem die Unterlagen zur fünfjährigen Facharztweiterbildung in der plastischen Chirurgie, davon sechs Monate in der Intensivmedizin zu berücksichtigen.
67Zum Wiederaufgreifensantrag legte der Kläger vor:
68- Weiterbildungszeugnis des Direktors der Klinik für Plastische Chirurgie vom 31. Juli 2017,
69- Zeugnis des Direktors der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care vom 11. Juli 2016,
70- Logbuch, Dokumentation der Weiterbildung gemäß Weiterbildungsordnung über die Facharztweiterbildung Plastische und Ästhetische Chirurgie, abgestempelt vom Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie unter dem 31. Juli 2017,
71- Bescheinigungen der King Abdulaziz Universität, sämtlich datierend vom Januar bzw. Februar 2018 betreffend die Kurse und Fächer
72-- Bevölkerungsgesundheit MCOM 401 und Allgemeine Medizin MCOM 502 (im Folgenden 1. Bescheinigung),
73-- Pharmakologie PHAM 401 und MEDM 505 (im Folgenden 2. Bescheinigung),
74-- Dermatologie und Venerologie MEDM 502, MEDM 603,
75klinische Chemie, Labordiagnostik MEDM 502, MEDM 603,
76Neurologie MEDM 401, MEDM 502, MEDM 603,
77Psychiatrie MEDM 502,
78Palliativmedizin MEDM 603,
79(im Folgenden 3. Bescheinigung)
80- Medizinische Mikrobiologie und Immunologie (Infektiologie und Immunität, im Folgenden 4. Bescheinigung).
81Ebenfalls unter dem 1. März 2018 stellte der Kläger - unter Vorlage einer Beschäftigungszusage des ……….. ………. zur Weiterbildung zum Plastischen und Ästhetischen Chirurgen vom 28. Februar 2018 - einen Antrag auf Erteilung/Verlängerung der Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs gemäß § 10 Bundesärzteordnung.
82Mit Mail vom 12. März 2018 teilte die Bezirksregierung Köln dem Kläger unter dem Betreff "AW: Antrag nach § 51 LVwVfG auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Berufserlaubnis" mit, dass die Erteilung einer weiteren Berufserlaubnis leider nicht möglich sei, da nach den aktuell maßgeblichen Vorschriften nur noch eine Erlaubnis für maximal zwei Jahre erteilt werden könne. Die weitere Prüfung der Angelegenheit werde ca. vier Wochen dauern.
83Mit Bescheid vom 28. März 2018, zugestellt am 31. März 2018 lehnte die Bezirksregierung Köln den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und erneute Überprüfung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes ab. Sie führte aus:
84Da der Bescheid vom 17. August 2015 bestandskräftig sei, komme die Abänderung grundsätzlich nur im Rahmen eines Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in Betracht. Der Wiederaufgreifensantrag sei bereits unzulässig, weil die nun vorgelegten Bescheinigungen der King Abdulaziz Universität bereits früher hätten vorgelegt werden können. Der Antrag sei auch unbegründet. Die neu vorgelegten Arbeitszeugnisse und Tätigkeitsnachweise seien zwar als Berufspraxis und im Rahmen des lebenslangen Lernens zu berücksichtigen; sie bezögen sich aber ausschließlich auf den Bereich der plastischen und ästhetischen Chirurgie und nicht auf die als defizitär festgestellten Bereiche. Die Bescheinigungen der King Abdulaziz Universität begegneten erheblichen inhaltlichen Bedenken, da sie "passgenau" die Defizite abdeckten. Eine inhaltliche Überprüfung scheitere schon daran, dass kein vollständiges Curriculum mit detailliert aufgeschlüsselten Ausbildungsinhalten vorliege. Schließlich sei die erhebliche Indizwirkung der zweimal nicht bestandenen Kenntnisprüfungen zu berücksichtigen.
85Der Kläger hat am 23. April 2018 Klage erhoben. Er trägt vor:
86Er habe einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, denn er habe die Unterlagen der King Abdulaziz Universität erst mit dem Wiederaufgreifensantrag vom 1. März 2018 vorlegen können. Diese Urkunden hätten im Jahr 2015 nicht vorgelegen und deshalb auch nicht im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Verfügung vom 17. August 2015 geltend gemacht werden können. Entsprechende Dokumente hätten bei der King Abdulaziz Universität zwar vorgelegen, allerdings nicht in einer vorlegbaren Form, nämlich amtlich übersetzt. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die in Rede stehenden Urkunden sowie die notwendigen Übersetzungen zu beschaffen. Den Beklagten habe insoweit eine Hinweispflicht nach § 25 LVwVfG getroffen. Mit den vorgelegten Unterlagen sei die Ausbildung in den maßgeblichen Fächern und Querschnittsbereichen sowie darüber hinaus praktische Erfahrung hinreichend nachgewiesen. Der Beweiswert der Unterlagen sei zweifellos gegeben. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte für formale oder inhaltliche Zweifel an den vom Kläger vorgelegten Unterlagen. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 18. März 2015 ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, Unterlagen nachzureichen, die dann dem Gutachter zur Erstellung eines Nachtragsgutachtens zugeleitet würden. Dies sei nicht geschehen. Auch habe es während seiner fünfjährigen ärztlichen Tätigkeit in Deutschland keinerlei Beanstandungen gegeben. Den zweimal erfolglos absolvierten Kenntnisprüfungen komme keine Indizwirkung zu; die Prüfungen seien keiner gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden; die Bewertung sei nicht bestandskräftig. Der Beklagte habe in vier vergleichbaren Fälle, in denen jeweils ein saudischer Hochschulabschluss in Humanmedizin vorgelegen habe, die Gleichwertigkeit der Ausbildung anerkannt. Es sei kein Grund erkennbar, von dieser Verwaltungspraxis abzuweichen. Schließlich sei die begehrte Erlaubnis bei tatsächlich vorliegenden Ausbildungsdefiziten jedenfalls unter Beifügung von entsprechenden Nebenbestimmungen nach § 36 VwVfG zu erteilen. Es werde bestritten, dass sich das vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegte sogenannte Mustergutachten der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen auf den identischen, von ihm absolvierten Studiengang beziehe.
87Der Kläger beantragt,
88den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28. März 2018 zu verpflichten, die Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation des Klägers festzustellen.
89Der Beklagte beantragt,
90die Klage abzuweisen.
91Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens sei bereits unzulässig, weil die Gründe für das Wiederaufgreifen im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens hätten geltend gemacht werden können. Der Kläger habe selbst eingeräumt, dass die nun vorgelegten Urkunden bei der King Abdulaziz Universität vorgelegen hätten, allerdings nicht in einer vorlegbaren Form. Es wäre dem Kläger aber zumutbar gewesen, die Unterlagen anzufordern und sie in eine vorlegbare Form zu bringen. Es entstehe der Eindruck, dass der Kläger sich erst nach zweimaliger erfolgloser Teilnahme an der Kenntnisprüfung um die Beschaffung der Unterlagen gekümmert habe. Es bestünden weiter Bedenken hinsichtlich des Beweiswertes der nun nachgereichten Unterlagen. Insbesondere lasse sich der Inhalt nicht mit den bisher vorgelegten Dokumenten in Einklang bringen, da kein ausführliches Curriculum vorliege. Hinsichtlich beider erfolglos absolvierter Kenntnisprüfungen lägen bestandskräftige Feststellungen des Prüfungsergebnisses vor. Der gegen die Prüfung vom 17. Februar 2016 erhobene Widerspruch sei als unbegründet zurückgewiesen worden. Die Niederschriften beider Kenntnisprüfungen belegten deutlich die beim Kläger bestehenden Ausbildungsdefizite. Schließlich sei auch die bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) eingerichtete Gutachtenstelle für den Gesundheitsberuf in einem Vergleichsfall nach inhaltlicher Auswertung des vollständigen Curriculums der King Abdulaziz Universität zu dem Ergebnis gelangt, dass wesentliche Unterschiede bestünden. Die in Deutschland ausgeübte ärztliche Tätigkeit habe sich ausschließlich auf den Bereich der plastischen Chirurgie beschränkt und sei deshalb nicht geeignet, fachfremde Defizite, z.B. in Neurologie oder Psychiatrie auszugleichen.
92Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die beigezogene Ausländerakte Bezug genommen.
93E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
94Die Klage ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (§ 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) für die erhobene Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO), mit der der Erlass eines Bescheides nach § 3 Abs. 3a Bundesärzteordnung (BÄO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist, begehrt wird. Gemäß § 3 Abs. 3a BÄO gilt in Fällen, in denen die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO auf eine Ausbildung gestützt wird, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, dass die Voraussetzungen der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation nach den Absätzen 2 oder 3 vor den Voraussetzungen nach Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3 und 5 geprüft werden sollen (Satz 1). Auf Antrag ist dem Antragsteller ein gesonderter Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Berufsqualifikation zu erteilen (Satz 2). § 3 Abs. 3a BÄO ist durch Art. 4 Nr. 1 Buchst. c des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“) für bundesrechtlich geregelte Heilberufe und andere Berufe vom 18. April 2016 (BGBl. I 886) in die Bundesärzteordnung eingeführt worden und am 23. April 2016 in Kraft getreten. Er setzt den durch die RL 2013/55/EU neu eingefügten Art. 53 Abs. 3 Unterabs. 2 der RL 2005/36/EG um. Die Regelung berücksichtigt, dass ein Antragsteller auch an der isolierten Anerkennung der Berufsqualifikation ein eigenständiges Rechtsschutzinteresse haben kann, selbst wenn der Antrag auf Erteilung der Approbation wegen des Fehlens der anderen Voraussetzungen (vorliegend fehlen Unterlagen, die geeignet sind darzulegen, dass der im Februar 2019 in sein Heimatland zurückgekehrte Antragsteller im Inland den ärztlichen Beruf ausüben will, § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2a BÄO, weiter fehlen ein aktuelles sogenanntes Certificate of good standing, also eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von den Behörden des Herkunftsstaates, § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BÄO sowie ein aktueller Nachweis der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des ärztlichen Berufs, § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 BÄO, gemäß Abs. 6 Satz 2 dürfen die Nachweise nach Nr. 3 und 4 bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein) von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hat.
95Vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, BÄO § 3 VII.
96Dass der Kläger den nach § 3 Abs. 3a Satz 2 BÄO erforderlichen Antrag im Verwaltungsverfahren nicht gestellt hat, weil er von der Gleichwertigkeit seiner Ausbildung ausgegangen ist und deshalb unmittelbar einen Antrag auf Erteilung einer Approbation gestellt hat, ist unschädlich, denn die Bezirksregierung Köln hat die begehrte Erteilung der Approbation mit Bescheid vom 17. August 2015 maßgeblich wegen der aus ihrer Sicht nicht gegebenen Gleichwertigkeit des klägerischen Ausbildungsstands abgelehnt. Unter diesen Umständen ist kein vorheriger Verwaltungsantrag zu verlangen.
97Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2020 - 13 A 1115/17 -, juris Rn 39; vgl. zur Auslegung des Rechtsschutzbegehrens auch: OVG Bremen, Beschluss vom 10. Februar 2021 - 2 B 442/20 -, juris Rn 17.
98Es kann insoweit offen bleiben, ob die auf den gerichtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung erfolgte Umformulierung des Klageantrags als Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO zu werten ist, denn der Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung rügelos eingelassen (§ 91 Abs. 2 VwGO) und überdies wäre mit Blick auf den dargelegten Inhalt der ablehnenden Entscheidung der Bezirksregierung Köln vom 17. August 2015 die Klageänderung jedenfalls sachdienlich (§ 91 Abs. 1 2. Alt VwGO).
99Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2020 - 13 A 1115/17 -, juris Rn 34-37
100Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 28. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Bescheids, mit welchem der Beklagte die Gleichwertigkeit seiner Ausbildung feststellt, weil die Gleichwertigkeitsfeststellung bereits mit Bescheid vom 17. August 2015 bestandskräftig abgelehnt wurde (I.) und weder ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - LVwVfG (Anspruch auf Wiederaufgreifen im engeren Sinne, II.) noch nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG (Wiederaufgreifen nach Ermessen, III.) besteht.
101I. Mit Bescheid vom 17. August 2015, dem Kläger per Postzustellungsurkunde am 19. August 2015 zugestellt, hat der Beklagte im Tenor folgende Feststellungen getroffen:
102"1. Sie weisen eine abgeschlossene ärztliche Ausbildung nach, die dem Qualifikationsniveau nach Artikel 11 Buchstabe e) der Richtlinie 2005/36/EG zuzuordnen ist und grundsätzlich dem in der Bundesrepublik Deutschland geforderten Niveau entspricht.
1032. Die von Ihnen abgeschlossene ärztliche Ausbildung weist im Vergleich zur deutschen ärztlichen Ausbildung wesentliche Unterschiede auf, die nicht durch Berufserfahrung ausgeglichen sind.
1043. Die Approbation als Arzt kann Ihnen erst nach erfolgreicher Teilnahme an einer Kenntnisprüfung erteilt werden, die sich auf die Inhalte der staatlichen Abschlussprüfung bezieht."
105Damit ist in den Ziffern 2. und 3. die vom Kläger begehrte Anerkennung der Gleichwertigkeit seines Ausbildungsstandes gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 BÄO - bestandskräftig - abgelehnt worden.
106Die Bezirksregierung Köln hat zwar mit Schreiben vom 18. März 2015 - nach formloser Mitteilung des Ergebnisses des vom Gutachter Prof. Dr. ………erstellten Gleichwertigkeitsgutachtens mit Anhörungsschreiben vom 25. Februar 2015 - darauf hingewiesen, dass der Kläger Unterlagen nachreichen könne und diese gegebenenfalls dem Gutachter mit der Bitte um Erstellung eines Nachtragsgutachtens übersandt würden. Der Hinweis ist aber vor Erlass des Bescheides vom 17. August 2015 erfolgt und stellt die abschließende, negative Entscheidung nicht in Frage.
107Mit Schreiben vom 24. August 2015 - also nach Zustellung des Bescheids vom 17. August 2015 - übersandte der Kläger nochmals das Curriculum der King Abdulaziz University sowie die Bescheinigung zum praktischen Jahr, bat "um eine erneute, den Umständen und Anforderungen gerechte Prüfung" und führte aus, er habe zumindest erwartet, dass der Gutachter beim Stundenvergleich des Curriculums etwaige Defizite detailliert darlege und nach Stunden beziffere. Von der in der damaligen Rechtsmittelbelehrung zutreffend aufgeführten Klagemöglichkeit hat der Kläger aber keinen Gebrauch gemacht, so dass der Ablehnungsbescheid unanfechtbar geworden ist. Eine erneute Überprüfung seines Ausbildungsstandes kann der Kläger daher nur im Wege des - von ihm ausdrücklich beantragten - Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 LVwVfG erreichen.
108Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 9 S 1099/08 -, juris Rn. 3; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28. Juli 1989 - 7 C 78/88 -, juris; zur Abgrenzung zwischen Wiederaufgreifensantrag und Neuantrag: Schoch, § 51 VwVfG, Rn 18ff, Stand Juli 2020.
109Dabei ist der vom Kläger gestellte Antrag auf Wiederaufgreifen umfassend zu verstehen, also sowohl unter dem Gesichtspunkt des Wiederaufgreifens im engeren Sinne als auch unter dem Aspekt des Wiederaufgreifens im weiteren Sinne zu prüfen.
110II. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 LVwVfG sind nicht erfüllt (sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne). Nach dieser Vorschrift hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn einer der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG abschließend aufgeführten Wiederaufgreifensgründe gegeben ist.
111Auf der ersten Stufe des Wiederaufnahmeverfahrens ist nur über die Frage zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG, nämlich die Zulässigkeit und Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags, und damit für die Wiedereröffnung des Verfahrens zur Sache erfüllt sind. Ist danach ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zulässig und begründet, steht der Behörde kein Ermessen zu, sie muss vielmehr auf der zweiten Stufe auf der Grundlage des materiellen Rechts erneut in der Sache selbst entscheiden.
112Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. November 2019 - 11 A 836/17 -, juris Rn. 43f m.w.N.
113Für den Fall mehrerer selbständig tragender Ablehnungsgründe reicht es für einen erfolgreichen Wiederaufnahmeantrag nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht aus, wenn nur hinsichtlich eines Ablehnungsgrunds ein durchgreifender Wiederaufnahmegrund geltend gemacht wird. Vielmehr muss dies für jeden selbständig tragenden Ablehnungsgrund geschehen.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2018 - 1 C 23.17 -, juris, Rn 19.
115Die mit dem Antrag (und im weiteren Verlauf des Verfahrens) geltend gemachten Wiederaufnahmegründe bestimmen und begrenzen dabei den Gegenstand der behördlichen und gerichtlichen Prüfung.
116Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2018 - 1 C 23.17 -, juris, Rn 12, und Beschluss vom 11. Dezember 1989 - 9 B 320.89 -, juris, Rn. 4.
117Das Gericht ist nicht befugt, der Prüfung des Antrags andere als vom Kläger geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zugrunde zu legen. Wie sich wiederum die Tatsache, dass ein Wiederaufnahmegrund erst im Verlaufe eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geltend gemacht wird, auf den Fortgang des Rechtsstreits auswirkt, beurteilt sich nicht nach § 51 LVwVfG, sondern nach dem einschlägigen Prozessrecht. Nach § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG ist dem Beklagten hinsichtlich des erstmals im Rechtsstreit geltend gemachten Wiederaufnahmegrunds rechtliches Gehör zu gewähren. Das Gericht kann mithin auch dann, wenn sich sowohl aus dem erstmals im Prozess vorgetragenen Wiederaufnahmegrund ein Anspruch auf Wiederaufgreifen „schlüssig" ergibt als auch der genannte Grund objektiv vorliegt, der Klage nur stattgeben, wenn der Beklagte Gelegenheit gehabt hat, sich zu diesem Wiederaufnahmegrund zu äußern.
118Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 1989 - 9 B 320.89 -, juris, Rn. 4.
119a) Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist der Antrag des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (im engeren Sinne) bereits unzulässig; im Übrigen ist er auch unbegründet.
120aa) Der Kläger macht geltend, dass seine im Rahmen der in Deutschland absolvierten Facharztweiterbildung in der plastischen Chirurgie erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen zu berücksichtigen seien und legt insoweit folgende Unterlagen vor:
121- Zeugnis des Direktors der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care vom 11. Juli 2016,
122- Weiterbildungszeugnis des Direktors der Klinik für Plastische Chirurgie vom 31. Juli 2017,
123- Logbuch, Dokumentation der Weiterbildung gemäß Weiterbildungsordnung über die Facharztweiterbildung Plastische und Ästhetische Chirurgie, abgestempelt vom Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie unter dem 31. Juli 2017.
124Insoweit beruft er sich auf den Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde über einen Wiederaufgreifensantrag in der Sache zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach-oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine - hier allein in Betracht kommende - Änderung der Sachlage liegt vor, wenn sich die für den ergangenen Verwaltungsakt entscheidungserheblichen tatsächlichen Grundlagen in der Weise geändert haben, dass eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung zumindest möglich wäre.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2018 - 1 C 23/17 -, juris Rn 13 m.w.N.
126Der Kläger hat die geltend gemachte berufliche Weiterbildung während und zu einem großen Teil erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens im August 2015 im Rahmen seiner Beschäftigung bis zum 1. Februar 2017 bzw. bis zum 31. Juli 2017 (hinsichtlich des Beschäftigungszeitraumes ist das vorgelegte Weiterbildungszeugnis vom 31. Juli 2017 widersprüchlich, die dem Kläger erteilte Berufserlaubnis war letztmals bis 31. Januar 2017 befristet) in der Klinik für Plastische Chirurgie der ………. ……… absolviert und die Zeugnisse sowie das Logbuch erst im Juli 2016 bzw. Juli 2017 erhalten. Er macht insoweit neue Tatsachen geltend. Der Umstand, dass er hierfür auch neue Beweismittel in Form von Zeugnissen und einer schriftlichen Dokumentation der Weiterbildung (Logbuch) vorlegt, eröffnet nicht den Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG, denn diese Ziffer findet auf neue Beweismittel für neue Tatsachen keine Anwendung.
127Vgl. Schoch in Schoch, VwVfG, § 51 Rn 67, Stand Juli 2020.
128Gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG muss der Wiederaufgreifensantrag binnen drei Monaten gestellt werden. Nach Satz 2 beginnt die Frist - für jeden Wiederaufgreifensgrund - mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat. Der Fristbeginn setzt die positive Kenntnis der maßgeblichen Umstände voraus; deren rechtliche Einordnung als Wiederaufgreifensgrund ist für den Fristbeginn nicht erforderlich.
129Vgl. Schoch in Schoch, VwVfG, § 51 Rn 43, Stand Juli 2020.
130Das vorgelegte Zeugnis des Direktors der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care datiert vom 11. Juli 2016, das Weiterbildungszeugnis des Direktors der Klinik für Plastische Chirurgie datiert vom 31. Juli 2017; unter dem gleichen Datum ist das sogenannte Logbuch, die Dokumentation der Weiterbildung gemäß der Weiterbildungsordnung über die Facharztweiterbildung Plastische und Ästhetische Chirurgie abgestempelt. Erstmals eingereicht hat der Kläger diese Unterlagen mit seinem Wiederaufgreifensantrag vom 1. März 2018. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist entsprechend der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kläger die Zeugnisse und das Logbuch jeweils zeitnah zur Ausstellung erhalten hat, zumal sein Beschäftigungsverhältnis an der RWTH spätestens am 31. Juli 2017 endete. Die Dreimonatsfrist war bei Vorlage und Geltendmachung des durch die Weiterbildung erzielten Erkenntiszuwachses somit längst abgelaufen.
131Der - insoweit - unzulässige Antrag ist auch unbegründet, denn die vorgebrachten Änderungen der Sachlage würden im Falle der Berücksichtigung keine dem Kläger günstigere Entscheidung ermöglichen. Die Sachlage stellt sich zwar im Vergleich zur Lage beim Erlass des ablehnenden Bescheides vom 17. August 2015 objektiv günstiger dar, weil der Kläger zweifellos durch die absolvierte Weiterbildung seine beruflichen Kenntnisse vertieft und erweitert hat; allerdings ist der Bescheid der Bezirksregierung Köln auf Defizite in folgenden - von der Bezirksregierung als wesentlich eingestuften - Fächern und Querschnittsbereichen gestützt:
132- Allgemeinmedizin
133- Dermatologie, Venerologie
134- Klinische Chemie, Laboratoriumsdiagnostik
135- Neurologie
136- Psychiatrie und Psychotherapie
137- Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
138- Infektiologie, Immunologie
139- Klinische Umweltmedizin
140- Medizin des Alterns und des alten Menschen
141- Klinische Pharmakologie/Pharmakotherapie
142- Prävention, Gesundheitsförderung
143- Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilverfahren
144- Palliativmedizin.
145Da der Bescheid vom 17. August 2015 bestandskräftig ist, sind auch die im Bescheid genannten Defizite rechtlich verbindlich festgestellt. Dem steht nicht entgegen, dass die Defizitfeststellungen nicht im Tenor des Bescheids, sondern in den Gründen getroffen wurden. Eine behördliche Erklärung, deren feststellende Regelungsqualität nicht durch Aufnahme in den Tenor des Bescheids dokumentiert worden ist, ist im Wege der Auslegung (nur) dann als feststellender Verwaltungsakt zu qualifizieren, wenn der Regelungswille der Behörde in anderer Weise klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommt.
146Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 -, juris, Rn. 20.
147Dies ist hier der Fall. Eine Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB ergibt, dass der Kläger den Bescheid bei objektiver Würdigung der relevanten Umstände nur so verstehen konnte, dass die Bezirksregierung trotz des Fehlens einer entsprechenden Tenorierung eine feststellende Regelung hinsichtlich der die Notwendigkeit einer Kenntnisprüfung begründenden wesentlichen Unterschiede treffen wollte. Dafür spricht maßgeblich, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 17. August 2015 eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung für die Bezirksregierung bestand, einen sogenannten Defizitbescheid zu erlassen. Denn nach § 3 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 8 BÄO in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I 2515) war ein rechtsmittelfähiger Bescheid über die wesentlichen Unterschiede zu erlassen. § 3 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 8 BÄO in der seit dem 23. April 2016 geltenden Fassung sieht nunmehr ausdrücklich die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids über die Feststellung der wesentlichen Unterschiede vor, die zur Auferlegung einer Kenntnisprüfung führen, wenn ohne eine solche Prüfung keine Approbation erteilt werden kann. Vor diesem Hintergrund musste der Kläger bei objektiver Würdigung davon ausgehen, dass die Bezirksregierung sich nicht auf die Auferlegung einer Kenntnisprüfung beschränken wollte, ohne in diesem Zusammenhang zugleich gemäß der gesetzlichen Vorgabe die dem zugrunde liegenden Defizite verbindlich festzustellen.
148Vgl. zum materiell-rechtlichen Gehalt eines vergleichbaren Bescheids: OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2020 - 13 A 1115/17 -, juris Rn 53ff.
149Das Weiterbildungszeugnis und das Logbuch beziehen sich ausschließlich auf vom Kläger erworbene Fähigkeiten im Bereich der Plastischen Chirurgie und Handchirurgie; im Bereich Chirurgie wurden aber keine Ausbildungsdefizite festgestellt. Auch im Falle der Berücksichtigung würde sich deshalb keine für den Kläger günstigere Bewertung ergeben. Gleiches gilt im Ergebnis für das Zeugnis der Klinik für Operative Intensivmedizin vom 11. Juli 2016. Dieses bezieht sich auf die Tätigkeit des Klägers als Assistenzarzt vom 3. August 2014 bis 30. Januar 2015; der Kläger beherrsche die "pathophysiologischen Grundlagen und Techniken in der Intensivmedizin", er habe an den Weiterbildungsmaßnahmen der Klinik und an externen Veranstaltungen regelmäßig und mit großem Erfolg teilgenommen. Auch die Berücksichtigung dieser - wenig substantiierten - Ausführungen würde nicht zu einer für den Kläger günstigeren Neubewertung der oben genannten, bestandskräftig festgestellten Defizite führen.
150bb) Der Kläger macht weiter geltend, dass als Wiederaufgreifensgrund vier Bescheinigungen der King Abdulaziz Universität, sämtlich datierend aus Januar bzw. Februar 2018, betreffend unterschiedliche Kurse des von 2003 bis 2010 absolvierten Studiums zu berücksichtigen seien und zwar
151-- 1. Bescheinigung vom 4. Februar 2018: Bevölkerungsgesundheit MCOM 401 und Allgemeine Medizin MCOM 502
152-- 2. Bescheinigung vom 4. Februar 2018: Pharmakologie PHAM 401 und MEDM 505
153-- 3. Bescheinigung vom 1. Februar 2018: Dermatologie und Venerologie MEDM 502, MEDM 603,
154klinische Chemie, Labordiagnostik MEDM 502, MEDM 603,
155Neurologie MEDM 401, MEDM 502, MEDM 603,
156Psychiatrie MEDM 502,
157Palliativmedizin MEDM 603,
158- 4. Bescheinigung vom 31. Januar 2018 betreffend das Fach Medizinische Mikrobiologie und Immunologie (Infektiologie und Immunität).
159Insoweit kommt nur der Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG in Betracht. Danach sind von der Behörde neue Beweismittel, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, zu berücksichtigen.
160"Neu" sind Beweismittel, wenn sie als solche im Zeitpunkt der Erstentscheidung nicht existent waren, aber auch dann, wenn sie bereits vor Erlass des Verwaltungsakts bestanden, aber nicht mehr in das Verfahren eingeführt werden konnten oder von der Behörde tatsächlich nicht verwertet worden sind.
161Vgl. Sachs in Stelkens, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 51 Rn 119.
162Da die Bescheinigungen der King Abdulaziz Universität sämtlich aus Januar und Februar 2018 datieren, handelt es sich um neue Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG.
163Der Wiederaufgreifensantrag ist insoweit gemäß § 51 Abs. 2 LVwVfG unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Erfasst ist jede Schuldform, neben Vorsatz also auch grobe Fahrlässigkeit. Leichte Fahrlässigkeit erfüllt die Anforderungen an „grobes Verschulden“ nicht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene die ihm gebotene, im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerwiegender Weise außer Acht gelassen hat. Anzulegen ist ein konkret-individueller Maßstab. Danach ist grobes Verschulden i.S.d. § 51 Abs. 2 LVwVfG anzunehmen, wenn dem Betroffenen die Umstände für das Vorliegen eines Wiederaufgreifensgrundes (z. B. Fakten zur Sachlage, Vorhandensein eines Beweismittels) bekannt waren oder sich ihm aufdrängen mussten und er sich dennoch unter Verletzung der einem Verfahrensbeteiligten zumutbaren Sorgfaltspflicht (vgl. § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 LVwVfG) nicht weiter darum kümmerte. Dabei ist die Pflicht, alle Unterlagen insbesondere betreffend die Ausbildung im Heimatstaat vorzulegen, für Antragsteller aus Drittstaaten ausdrücklich in § 3 Abs. 6 Nr. 6 BÄO normiert. Auf die Pflicht zur Vorlage der Unterlagen und zur notwendigen Form der Unterlagen ist der Kläger bereits im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der vorläufigen Berufserlaubnis nach § 10 BÄO hingewiesen worden ebenso wie nachfolgend mehrfach im Approbationsverfahren. Vor der Beauftragung des Gutachters Prof. Dr. …….. wurde der Kläger mit Mails der Bezirksregierung vom 19. Dezember 2014 und vom 8. Januar 2015 erneut zur Vorlage aller Unterlagen betreffend den Ausbildungsstand hingewiesen; er wurde darüber hinaus gebeten, gegebenenfalls mitzuteilen, dass keine weiteren Unterlagen mehr vorgelegt werden sollen. Im Rahmen der Anhörung nach der Übersendung des - negativen - Gutachtens bzw. vor Erlass des Bescheids vom 17. August 2015 wurde dem mit der Weiterbildung des Klägers an der …….. ……… betrauten Prof. Dr. ……. mit Schreiben vom 18. März 2015 mitgeteilt, soweit der Antragsteller deutliche und nachvollziebare Nachweise seiner Universität übersende, aus denen hervorgehe, dass die als defizitär festgestellten Fächer in ausreichender Stundenzahl gelehrt worden seien, könnten diese Unterlagen dem Gutachter mit der Bitte um Erstellung eines Nachtragsgutachtens übersandt werden. Abgesehen davon, dass der Kläger dieses Schreiben über seinen Professor erhalten haben dürfte, ist es ihm auch nach Erlass des Bescheides vom 17. August 2015 mit Schreiben vom 27. August 2015 übermittelt worden. Der Kläger hatte also genaue Kenntnis davon, welche Unterlagen in welcher vorzulegenden Form zu einer positiven Gleichwertigkeitsprüfung beitragen könnten.
164Zur erstmaligen Vorlage der arabischen Urkunden im Februar 2018 erklärte der Kläger im Verwaltungsverfahren: Er habe die Unterlagen im Februar 2018 erhalten. Er sei darüber informiert worden, dass es ein langer Prozess gewesen sei, diese Dokumente aus den Universitätsabteilungen herauszugeben und vom Dekanat und der Universitätsverwaltung und Registrierung zu unterzeichnen. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat er folgendes vorgetragen: Er habe die Unterlagen der King Abdulaziz Universität erst mit dem Wiederaufgreifensantrag vom 1. März 2018 vorlegen können. Diese Urkunden hätten im Jahr 2015 nicht vorgelegen und deshalb auch nicht im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Verfügung vom 17. August 2015 geltend gemacht werden können. Entsprechende Dokumente hätten bei der King Abdulaziz Universität zwar vorgelegen, allerdings nicht in einer vorlegbaren Form, nämlich amtlich übersetzt. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die in Rede stehenden Urkunden sowie die notwendigen Übersetzungen zu beschaffen. Den Beklagten habe insoweit eine Hinweispflicht nach § 25 LVwVfG getroffen. Abgesehen davon, dass diese Erklärungen des Klägers schon inhaltlich unklar sind - so wird einerseits erklärt, die Urkunden hätten im Jahr 2015 nicht vorgelegen, andererseits sie hätten zwar vorgelegen, aber nicht in einer vorlegbaren Form, nämlich amtlich übersetzt -, sind die Einlassungen des Klägers unsubstantiiert und legen in keiner Weise dar, ab wann, in welcher Form und bei welchen Stellen sich der Kläger überhaupt um die Bescheinigungen bemüht hat. Naheliegend wäre insoweit gewesen, entsprechende Mails, schriftliche Anfragen an die Universität, Reaktionen der Universität sei es per Mail oder per Post, Vermerke etc. hierzu vorzulegen. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs ist der Kläger zudem im Rahmen des Antrags auf Erteilung der Berufserlaubnis bei der Vorlage von Unterlagen von seiner Botschaft unterstützt worden. Auch an diese hat er sich offensichtlich nicht gewandt. Zur Überzeugung des Gerichts hat der Kläger sich erst dann um die Unterlagen bemüht, als nach den nicht bestandenen Kenntnisprüfungen im Februar 2016 sowie Januar 2017, der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der RWTH Aachen zum 1. Februar oder zum 31. Juli 2017 und dem bevorstehenden Ablauf der zuletzt befristet bis 2. März 2018 erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 17 a Abs. 1 AufenthG - nur gültig zur Vorbereitung auf die Approbation/Prüfung/Qualifizierung im Medizinischen Bereich bei der Freiburg International Academy - die Beendigung des Aufenthalts drohte. Gründe dafür, dass der Kläger die Bescheinigungen bei entsprechendem Bemühen nicht früher erhalten hätte, sind weder dargetan noch ersichtlich. Nach der Lebenserfahrung ist sogar davon auszugehen, dass es einfacher und zügiger möglich gewesen wäre, die Bescheinigungen zeitnah zum Abschluss des Studiums statt - wie vorliegend - neun Jahre nach Abschluss der universitären Ausbildung zu erlangen. Es ist damit von einem groben Verschulden i.S.d. § 51 Abs. 2 LVwVfG auszugehen.
165Unabhängig davon ist der Wiederaufgreifensantrag auch unbegründet. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG müssen die neuen Beweismittel so beschaffen sein, dass sie "eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden". Es muss feststehen, dass das neue Beweismittel, wäre es seinerzeit bereits verfügbar gewesen, tatsächlich eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte; es genügt nicht, dass es dazu lediglich geeignet erscheint. Darüber haben sich die Verwaltungsbehörde und im Streitfall das Gericht durch Beweisaufnahme Überzeugung zu verschaffen.
166Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2015 - 3 B 3/14 -, juris Rn 8;
167Die vorgelegten Unterlagen der saudischen Universität sind im Wege des Urkundenbeweises (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 415 ff. ZPO) auszuwerten. Die Kammer hat keinen Anlass an der Echtheit der legalisierten Urkunden (vgl. § 438 Abs. 2 ZPO) zu zweifeln. Allerdings ist insoweit zwischen der (formellen) Echtheit einer öffentlichen Urkunde und deren (materieller) Beweiskraft zu unterscheiden. Denn die Reichweite der Beweiskraft öffentlicher Urkunden - auch ausländischer öffentlicher Urkunden i.S.v. § 438 ZPO -, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 ZPO bezeichneten Inhalt haben, bestimmt sich nach der gesetzlichen Beweisregel des § 418 Abs. 3 ZPO. Danach erbringt die in der öffentlichen Urkunde bezeugte Tatsache nur dann den vollen Beweis, wenn diese von der Behörde oder Urkundsperson selbst wahrgenommen wurde oder wenn eigene Handlungen der Behörde oder Urkundsperson bezeugt werden. Dies trifft auf die Beschreibung des Inhalts eines Studiums durch Universitätsangehörige nahezu ein Jahrzehnt nach Beendigung des Studiums nicht zu.
168Im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung der Gleichwertigkeit einer Ausbildung in einem Drittstaat, ist es Sache des Antragstellers Nachweise vorzulegen aus denen hinreichend konkret, in sich schlüssig und widerspruchsfrei hervorgeht, welche Ausbildungsinhalte sich hinter einer Fächer-(Gesamt-)Bezeichnung verbergen.
169Vgl. BayVGH, Beschluss vom 10. Mai 2021 - 21 ZB 16.1016 -, juris Rn 18, 19.
170Vorliegend ergeben sich mit Blick auf die Notenübersicht (Transcript) vom 10. August 2010, die im - nicht datierten - Curriculum, das der Kläger Ende 2014 im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat, verzeichneten Kurse und die in den neuen Urkunden dargestellten Lerninhalte einzelner Kurse unauflösbare Widersprüche; die "neuen" Unterlagen sind deshalb bereits grundsätzlich nicht geeignet, zu einer günstigeren Entscheidung zu führen. Sie hätten im Falle der Vorlage im - bestandskräftig abgeschlossenen - Verfahren allenfalls zu einer weiteren Sachaufklärung gedrängt; diese war aber dem Erstverfahren vorbehalten. Die Vorschrift des § 51 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG hat nicht die Funktion, das Erstverfahren in vollem Umfang wiederzueröffnen. Insbesondere ist das Gericht bei der Prüfung des Wiederaufgreifensantrags darauf beschränkt, die Eignung der vom Kläger neu vorgelegten Beweismittel zur Änderung des Ausgangsbescheids zu prüfen. Das Gericht ist dagegen nicht befugt, weitere Tatsachen zu ermitteln, die den Anspruch erst begründen würden.
171Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2015 - 3 B 3/14 -, juris Rn 9.
172Im Einzelnen:
173Der Kläger hat mit seinem Antrag auf Erteilung einer Berufserlaubnis vom 10. November 2011 ein sogenanntes Transcript (Notenübersicht) vorgelegt; dieses wurde am 10. August 2010, also sehr zeitnah zum Abschluss der Ausbildung im Heimatland im Juli 2010 ausgedruckt. Es listet für jedes einzelne Semester (Herbst 2003/2004 bis Herbst 2009/2010) die absolvierten Kurse mit Kursnummer (Spalte 1), Kurstitel (Spalte 2) und u.a. den erzielten Noten (Spalte 4) auf. Mit seinem Approbationsantrag vom 27. November 2014 legte der Kläger eine - nicht datierte - Bescheinigung der Medizinischen Fakultät der Heimatuniversität vor; die Heimatbehörde bescheinigt, dass der Kläger vierzehn Semester studiert und das einjährige Praktikum absolviert habe. Weiter wird ausgeführt: "Daher haben wir den Studiengang ausführlich mit den Kontaktstunden für jedes besuchte Fach aufgeführt". In der Anlage befindet sich das - ebenfalls nicht datierte - Curriculum. Diese Urkunden waren Grundlage der gutachterlichen Bewertung der Ausbildung im bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren.
174Die neu vorgelegte erste Bescheinigung der King Abdulaziz Universität vom 4. Februar 2018 bezieht sich auf folgende Kurse:
175Kurs MCOM 401 Bevölkerungsgesundheit |
Erfolgreich abgeschlossen im Frühjahr 2006/2007 |
Kurs MCOM 502 Kurs Allgemeine Medizin |
Erfolgreich abgeschlossen im Frühjahr 2007/2008 |
Beide Kursnummern finden sich nicht im Curriculum. Die Kursnummern finden sich zwar im Transcript, was aber nichts daran ändert, dass eine Einordnung in das vom Kläger eingereichte Curriculum, das den von ihm absolvierten Studiengang insgesamt vollständig abbilden soll, nicht möglich ist. Der Kurs MCOM 401 könnte allenfalls dem Kurs MED 401 des Curriculums zugeordnet werden; insoweit widersprechen sich aber die angegebenen Stunden. Während der Kurs MED 401 im Curriculum mit 364 Gesamtstunden verzeichnet ist, wird der Kurs MCOM 401 in der neu vorgelegten Bescheinigung mit 263 Stunden angegeben. Der Kurs MCOM 502 könnte dem Kurs MED 502 des Curriculums zugeordnet werden; insoweit widersprechen sich aber ebenfalls die angegebenen Stunden. Während der Kurs MED 502 im Curriculum mit 179 Gesamtstunden, unter Einbeziehung von Psychiatrie (72 Stunden), Ophthalmologie (62 Stunden) und Forensischer Medizin und Toxikologie (34 Stunden) mit 347 Stunden verzeichnet ist, wird der Kurs MCOM 502 in der neuen Bescheinigung mit "Allgemeine Medizin 150 Stunden" angegeben. Auch bezogen auf den Teil "Innere Medizin" des Kurses MED 502 des Curriculums ergibt sich keine Übereinstimmung, denn dieser Teil wird mit 157 (27 + 130) Stunden angegeben.
177Die weitere neue vorgelegte zweite Bescheinigung vom 4. Februar 2018 bezieht sich auf die Kurse Pharmakologie PHAM 401 und MEDM 505.
178Der Kurs PHAM 401 findet sich in der Notenübersicht im Herbst und Frühjahr 2006-2007. Er dürfte dem Kurs PHAR 401 im Curriculum entsprechen und ist übereinstimmend im Curriculum und der Anlage zur Bescheinigung vom 4. Februar 2018 mit insgesamt 124 Stunden ausgewiesen, allerdings differenziert die Bescheinigung - im Gegensatz zum Curriculum - nicht zwischen Vorlesungsstunden und klinischen Stunden. Der Kurs MEDM 505 findet sich weder im Curriculum noch im Transcript, so dass nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger den Kurs absolviert hat.
179In der neu vorgelegten Bescheinigung vom 1. Februar 2018 wird ausgeführt, dass der Kläger "seit dem Studienjahr 2006-2007, 2007-2008 die klinische Rotation durchgeführt hat, bis er dann im Studienjahr 2008-2009 seinen Abschluss erhielt". In der Anlage zur Bescheinigung finden sich Angaben zu den Kontaktstunden und dem Lehrplan betreffend die Kurse
180MEDM 401,
181MEDM 502 und
182MEDM 603.
183Diese Kurse finden sich im Transcript mit identischen Bezeichnungen und - vermutlich - mit als Kurse MED 401, MED 502 und MED 603 im Curriculum. Während das Curriculum allerdings durchgängig unterscheidet zwischen ausgewiesenen Stunden für Theorie und Praxis bzw. Vorlesung und Klinische Praxis (vergleichbar der Unterscheidung in der deutschen Ausbildung zwischen Klinik und Vorklinik), lässt sich den nun allgemein als Kontaktstunden bezeichneten Stundenzahlen in der Anlage zur neu vorgelegten Bescheinigung diese Unterscheidung nicht mehr entnehmen. Mit Ausnahme der 72 Stunden für das Fach Psychologie als Teil des Kurses MEDM 502 bzw. MED 502 im Curriculum, dort unter der Bezeichnung Psychiatrie mit 20 Stunden Vorlesung + 52 Stunden Klinische Praxis ausgewiesen, ist es im Übrigen nicht ansatzweise möglich zu erkennen, in welchem Kurs die nun ausgewiesenen Stunden gelehrt worden sein sollen. Beispielhaft sei dies zum Kurs MED 603 erläutert. Dieser soll laut Curriculum folgende Fächer und Stunden umfasst haben:
184Kursname |
Vorlesung/Stunden |
Klinische Praxis/Stunden |
Innere Medizin II: Innere Medizin |
27 |
242 |
Dermatologie |
10 |
- |
Radiologie |
15 |
33 |
Nunmehr werden aus diesem Kurs 10 Stunden der Dermatologie und Venerologie, 20 Stunden der Klinischen Chemie, Labordiagnostik, 30 Stunden der Neurologie und 15 Stunden der Palliativmedizin zugeordnet, ohne dass erkennbar wäre, ob es sich um Vorlesungs- oder Praxisstunden handelt und in welchen Fächern die Stunden gelehrt worden sein sollen.
186Die neu vorgelegte vierte Bescheinigung vom 31. Januar 2018 bezieht sich auf das Fach "Medizinische Mikrobiologie und Immunologie (Infektologie und Immunität)" und verweist auf den in der Anlage befindlichen Lehrplan mit Angabe der Kontaktstunden. Dieser Lehrplan bezieht sich auf die Kurse
1871. Allgemeine Mikrobiologie
1882. Grundlagen Immunologie und
1893. Systematische Mikrobiologie.
190Diese Kursbezeichnungen finden sich weder im Transcript noch im Curriculum. Es könnte sich allenfalls um Unterkurse des Kurses MICM 301 Mikrobiologie handeln. Nach dem Curriculum untergliedert dieser sich allerdings in die Kurse -Bakteriologie, - Virologie, - Mykologie und - Klinische Mikrobiologie und Antibiotika. Es ist auch hier nicht ansatzweise möglich die in der neuen Bescheinigung angegebenen Stundenzahlen dem Curriculum zuzuordnen. So werden für die o.g. Kurse 1. bis 3. 12, 16 und 24 Stunden angegeben und unter "Lehrmethoden" nochmals 62 Stunden für Vorlesungen, 15 Stunden für Seminare/Übungen, 8 Stunden für audiovisuelle Programme und Leseaufgaben und 48 Stunden für klinische und molekulare Mikrobiologie Laborpraktika, also insgesamt 185 Stunden, während für den Kurs MICM 301 im Curriculum 208 Stunden (110 Vorklinik, 98 Klinik) verzeichnet sind.
191Die vier Bescheinigungen hätten somit auch dann, wenn sie bereits der Entscheidung der Bezirksregierung vom 17. August 2015 zugrunde gelegt worden wären, zu keiner für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt, weil der Inhalt der Urkunden mit Blick auf die weiteren vorgelegten Unterlagen hinsichtlich des absolvierten Studiums widersprüchlich ist.
192cc) Schließlich macht der Kläger mit dem - bereits im Approbationsverfahren wiederholt erfolgten - Vortrag, der Beklagte habe in vier vergleichbaren Fällen eines saudischen Hochschulabschlusses in Humanmedizin die Gleichwertigkeit der Ausbildung anerkannt und er habe aufgrund dieser Verwaltungspraxis des Beklagten einen Anspruch auf Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Ausbildung, bereits keinen Wiederaufgreifensgrund im Sinne des § 51 Abs. 1 LVwVfG geltend. Klarstellend weist das Gericht darauf hin, dass eine tatsächliche Verwaltungspraxis aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und aufgrund des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 3 GG) zwar zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt mit der Folge, dass eine von der Verwaltungspraxis abweichende Entscheidung rechtswidrig ist. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der vorliegend begehrten Gleichwertigkeitsfeststellung (ebenso wie bei der Approbation) um eine gebundene Entscheidung handelt. Eine Selbstbindung aufgrund einer früheren Verwaltungspraxis kann nur im Rahmen eines der Verwaltung - hier nicht - eingeräumten Beurteilungsspielraums oder Ermessens eintreten. Im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Vorgaben kann keine Selbstbindung der Verwaltung entstehen; einen aus Art 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" gibt es nicht.
193Vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. September 2021 - L 7 R 936/18-, juris Rn 55 m.w.N.
194Ob und aus welchen Gründen der Beklagte in anderen Fällen die immer mit Blick auf den Einzelfall zu prüfende Gleichwertigkeit festgestellt hat, ist deshalb unerheblich.
195Weitere Wiederaufgreifensgründe hat der Kläger nicht geltend gemacht. Insbesondere ist nichts zur aktuellen Tätigkeit - und dem damit möglicherweise verbundenen Erkenntniszuwachs - des im Februar 2019 ausgereisten und nach Angaben des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung im Heimatland als Arzt beschäftigten Klägers vorgetragen.
196III. Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48 Abs. 1 Satz 1 oder 49 Abs. 1 LVwVfG.
197Die Behörde kann - auch wenn (wie hier) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG nicht vorliegen - ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren über § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG wiederaufgreifen. Allerdings hat der Betroffene insoweit nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Ist die Aufrechterhaltung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts nicht „schlechthin unerträglich“ und das Wiederaufgreifensermessen damit auf Null reduziert, ist es in aller Regel ermessensfehlerfrei, wenn die Behörde dem Aspekt der Rechtssicherheit den Vorzug gibt, ohne dass es ins Einzelne gehender Ermessenserwägungen bedarf.
198Hier hat die Bezirksregierung allerdings nicht nur keine Ermessenserwägungen angestellt, sie hat vielmehr ausweislich der Gründe des Bescheides überhaupt keine Entscheidung nach § 51 Abs. 5 LVwVfG getroffen. Dies ist im vorliegenden Einzelfall allerdings unschädlich, weil bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Abs. 1 LVwVfG nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift ist ein Widerruf ausgeschlossen, wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste.
199Vgl. zu dieser Tatbestandsvoraussetzung: OVG NRW, Urteil vom 2. April 1998 - 20 A 3010/96 -, juris Rn 34; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Februar 2000 - A 6 S 675/99 -, juris Rn 27 (hier allerdings vermengt mit der Ermessensreduzierung auf Null).
200Maßgeblich ist insoweit die Regelung des Verwaltungsakts, sein verfügender Teil. Wie bereits oben ausgeführt sind weder die vom Kläger geltend gemachte Änderung der Sachlage in Form der vorgelegten Unterlagen betreffend seine Weiterbildung an der ……. noch die neuen Beweismittel in Form der Bescheinigungen der saudischen Universität geeignet, einen Anspruch auf die begehrte Feststellung der Gleichwertigkeit zu begründen. Die Gleichwertigkeitsfeststellung müsste also erneut abgelehnt werden.
201Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- §§ 415 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2a BÄO 1x (nicht zugeordnet)
- 2004 bis Herbst 2009/20 1x (nicht zugeordnet)
- 13 A 1115/17 3x (nicht zugeordnet)
- 2 B 442/20 1x (nicht zugeordnet)
- § 51 Abs. 2 LVwVfG 3x (nicht zugeordnet)
- § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 BÄO 1x (nicht zugeordnet)
- § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 48, 49 LVwVfG 4x (nicht zugeordnet)
- 3 B 3/14 2x (nicht zugeordnet)
- 6 S 675/99 1x (nicht zugeordnet)
- § 25 LVwVfG 2x (nicht zugeordnet)
- 20 A 3010/96 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 417 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung 1x
- § 3 Abs. 3a BÄO 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 1x
- ZPO § 438 Echtheit ausländischer öffentlicher Urkunden 2x
- 2 der RL 2005/36 1x (nicht zugeordnet)
- § 51 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)
- § 51 Abs. 5 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)
- § 17 a Abs. 1 AufenthG 1x (nicht zugeordnet)
- 1 C 23/17 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 42 1x
- 7 C 78/88 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 36 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt 1x
- VwGO § 154 1x
- §§ 48 Abs. 1 Satz 1 oder 49 Abs. 1 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)
- § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 91 3x
- VwGO § 98 1x
- § 51 LVwVfG 4x (nicht zugeordnet)
- § 10 BÄO 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BÄO 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens 1x
- 9 S 1099/08 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 6 Nr. 6 BÄO 1x (nicht zugeordnet)
- 7 R 936/18 1x (nicht zugeordnet)
- § 51 Abs. 1 LVwVfG 3x (nicht zugeordnet)
- § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 415 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Erklärungen 1x
- ZPO § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt 1x
- § 3 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 BÄO 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 11 A 836/17 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 108 1x
- § 51 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG 5x (nicht zugeordnet)
- § 49 Abs. 1 LVwVfG 1x (nicht zugeordnet)